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Das Neue Leben

Nach dem Erwachen
von

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~ Unruhe ~

Hizaki saß in einem großen, weiten Stuhl vor einem noch größeren, den Raum fast bis zur Decke messenden Spiegel und kämmte sein Haar. Beide Möbelstücke waren im gleichen Stil gehalten, sie beide waren von ein und demselben Handwerker angefertigt worden. Dieser verstand wahrlich sein Handwerk, hatte er es doch geschafft, dass die beiden Stücke in ihrer Pracht fast zu einer Einheit verschmolzen. Kunstvoll getischlerte Ornamente aus Holz, welche mit golden schimmernder Farbe lackiert waren, umschlungen den Spiegel und die Armlehnen des Stuhls. Das sich darin reflektierende Licht der Kerzen erweckte den Anschein, als bestünde der Rahmen des Spiegels aus siedender Lava, welche zäh, doch unaufhaltbar den Hang eines Vulkanes hinabfloss. Es war, als hörte Hizaki das Flüstern des Feuerstroms, welches erst ganz dumpf, dann immer wuchtiger in seinen Kopf zu dringen schien, bis es zu einem dröhnenden Grollen und Poltern wurde, bedrohlich und laut.

Hizaki atmete jäh und tief ein und öffnete weit seine tiefschwarzen Augen. Nichts war zu hören, das riesige Anwesen um ihn herum war in Schweigen gehüllt. Etwas Bedeutsames ging vor sich, Hizaki fühlte es schon seit geraumer Zeit. Es war wie ein Flimmern, welches die Luft durchzog, von Nacht zu Nacht wuchs seine Gewissheit, dass etwas von unsagbar großer Wichtigkeit im Gange war. Doch so sehr er auch seine Sinne schärfte und dem Geflüster aller Elemente um ihn herum lauschte, konnte er dessen Sinn nicht entschlüsseln. Fast schien es ihm, als würde etwas ... oder jemand ... nach ihm rufen, als sollte er den tuschelnden Stimmen folgen und sehen, wohin sie ihn führten. Die Anspannung in ihm wuchs stetig angesichts dieser seiner Gedanken und doch machte er sich nicht auf, um in den Weiten der Nacht nach der Quelle oder dem Urheber dieser mysteriösen Schwingungen zu suchen, denn weder diese, noch die folgenden Nächte würde er einen Schritt nach draußen setzen. Er hatte es versprochen.
 

Inmitten all des dunklen dichten Rotes, welches der Spiegelrahmen und der Spiegel selbst in den riesigen hohen Raum reflektierten, saß er in dem weichen, mit edlen Stoffen gepolsterten Stuhl und musterte, was ihm das prächtige Schmuckstück vor ihm offenbarte.

Einen großen Teil des Raumes beanspruchte ein ausladendes, reich verziertes und geschmücktes Himmelbett für sich, überzogen und verhangen mit dunkel schillernden Tüchern aus Samt in den edelsten Farben. Eine Kommode aus dunklem Holz und ein im Stil dazu passender Schminktisch beherbergten eine Vielzahl an großen und kleinen Laden und Kästchen, und an der Wand gegenüber der Fenster füllte ein mit geschmackvollen Schnitzereien überzogener Kleiderschrank einen beträchtlichen Teil dieser Seite des Raumes.

Die Fenster waren mit schweren Stoffen verhangen, welche die eisblauen Strahlen des Mondes davon abhielten, in den dunkelrot glimmernden Raum einzudringen. Hizaki seufzte fast unmerklich. Auch dies war Teil des Versprechens, das er gegeben hatte.

Und dann stand da schließlich der Stuhl, in welchem er saß. Nur eine kleine, fast unmerkliche Mulde im Stoff ließ erahnen, dass hier jemand Platz genommen hatte. Der mit funkelnden Edelsteinen besetzte Kamm schwebte wie von Geisterhand einige Handbreit über der Lehne, während Hizaki sich weiter seinem goldblonden Haar widmete und sich immer tiefer in dem Irrgarten seiner eigenen Gedanken verlor ...
 

Ein Poltern, welches von den Wänden des Anwesens zu ihm herangetragen wurde, ließ ihn aufhorchen, denn es verriet ihm, dass sein Herr zurückgekehrt war. Er lächelte, denn nun endlich begann der spannende Teil der Nacht.

Er legte den Kamm beiseite und erhob sich aus dem Stuhl. Fast unmerklich verschwand die kleine Mulde im Stoff im Spiegel vor ihm. Sein prächtiges Kleid schien ebenfalls das Glühen des Raumes angenommen zu haben und indem er einen letzten Blick an sich hinab warf vergewisserte er sich, dass er so seinem Herren unter die Augen treten konnte. Mit einer kurzen, fast achtlosen Bewegung seiner Hand erloschen die Kerzen im Raum und das Rot wich einem schier vollkommenen Schwarz.

Hizaki verließ das Zimmer und schritt langsam den langen Flur entlang. Eigentlich hätte der Mond seine silbrigen Fluten durch die hohen Fenster zu seiner Linken in den Raum ergießen und ihn auf dem Weg in den Speisesaal geleiten müssen, doch auch hier lag nun nur die Schwärze der dichten Vorhänge, welche jedem noch so zarten Strahl unerbittlich den Zutritt verwehrten.

Während Hizaki fast lautlos durch die Finsternis schritt, konnte er nicht umhin, sich erneut zu fragen, was wohl dieses seltsame Gefühl in ihm auslöste. Natürlich freute er sich, dass sein Herr endlich zu ihm kam und er den Rest der Nacht ausschließlich ihm gehörte und doch schafften es diese unergründlichen Schwingungen, die in der Luft lagen, seine Gedanken immer wieder in Bann zu ziehen und immer mehr das Verlangen in ihm zu wecken, dem nachzugehen. Unwillkürlich manifestierte sich in ihm gar immer mehr die Überzeugung, dass er dazu nicht mehr allzu viel Zeit hatte ...

Mit einem Mal stand er vor der großen Türe zum Speisesaal ohne dass ihm bewusst gewesen war, dass er den Flur bereits zur Gänze durchschritten hatte. Überrascht hielt er kurz inne und zögerte.

Da war aus dem Saal vor ihm die tiefe, kräftige Stimme seines Herren zu hören: „Warum zögerst du, mein Liebster?“ Obwohl es nur ganz leise über die Lippen des Sprechenden am anderen Ende des Saales hinter der geschlossenen Türe drang, vernahm Hizaki die Worte, als stünde er direkt hinter ihm in den Schatten der Vorhänge.

Daraufhin hob er rasch seine zarte Hand, deren porzellanernes Weiß selbst in dieser Dunkelheit noch einen fast unmerklichen blassen Schimmer auszustrahlen schienen, und öffnete mit einer leichten Bewegung die schwere Flügeltüre.

Seine großen schwarzen Augen erblickten sofort die Gestalt seines Herren, welcher am anderen Ende der Tafel stand, die fast den gesamten Speisesaal durchzog. Zu Lebzeiten mussten hier wahrlich rauschende Feste gefeiert worden sein, und selbst jetzt noch, nach all der langen Zeit, war noch immer eine vage Ahnung der Pracht zu vernehmen, welche einst hier geherrscht hatte. Die Fenster in diesem Raum, welche natürlich ebenfalls verhangen waren, befanden sich hoch oben und hätten normalerweise einen Blick auf den sternenüberfluteten Himmel gewährt. Hätten nicht die vielen Kerzen in den wuchtigen Kronleuchtern über ihnen den Raum in ihr flammendes Flackern getaucht, würde nun auch hier nur die Dunkelheit schwer vor sich hinwabern. Doch dieses Kerzenlicht war anders, nicht träge und fließend wie Magma, wie das zuvor in Hizakis Zimmer, sondern tänzelnd, fast unruhig. Die Wände des Saales waren voll riesiger Spiegel, die vom Boden bis knapp unter die Decke reichten, und welche das Flackern vielfach zurückwarfen. Das Schattenspiel, welches so durch die Rahmen und Ketten der Kronleuchter und den vereinzelten Ritterrüstungen im Saal entstand wirkte fast so, als würden sich dunkle Gestalten eine wilde, unerbittliche Verfolgungsjagd liefern.

„Worauf wartest du ...?“, wehte abermals die unwiderstehliche Stimme an Hizakis Ohren. Er lächelte erneut und schwebte zu ihm hinüber. Mit erhobenem Haupt stand sein Herr da und erwartete ihn scheinbar fast teilnahmslos. Als Hizaki vor ihm stand, senkte dieser seinen Blick auf den etwas Kleineren hinab und musterte ihn. Hizaki bemühte sich, dass sein Gegenüber ihm nicht anmerkte, dass ihn zurzeit etwas beschäftigte und machte einen eleganten Knicks.

„Wie schön, dass Ihr wieder da seid, Herr“, sprach er und ergriff die Hand, welche ihm der Mann mit ernster Miene reichte, erhob sich und blickte in diese leuchtenden, silbergrauen Augen. Er wusste, dass sein Herr zwar ernst und unnahbar anmutete, doch genau das fand er an ihm so faszinierend.

Ein fast unmerkliches Lächeln wurde ihm erwidert: „Ich habe mich beeilt, rasch wieder bei dir zu sein, mein Liebster. Du ... musst schon sehr hungrig sein ...“

„Wie könnte ich nicht hungrig sein, Herr?“, entgegnete Hizaki mit bedeutungsschwerem Unterton und neckischem Blick.

Sein Herr zog eine seiner dünnen Augenbrauen in die Höhe und nun konnte er ein weiteres kurzes Lächeln nicht unterdrücken. „Das ist gut ...“ Mit einer kurzen Handbewegung warf er sein weißblondes Haar, welches er in seinem Nacken mit einem schwarzen Seidenband zu einem Zopf gebunden hatte, nach hinten und geleitete Hizaki zur Tafel. „Es wird bereits alles für uns vorbereitet ...“ Er zog einen Stuhl heran, sodass Hizaki darauf Platz nehmen konnte und ließ sich dann mit überkreuzten Beinen ihm gegenüber nieder. Das flackernde Kerzenlicht umspielte seine eleganten Züge, welche die Blicke seines Gefährten mühelos auf sich zogen. Doch war natürlich auch Hizakis Schönheit unwiderstehlich und so vergingen einige Momente der Stille, in denen sie sich gegenseitig betrachteten.

Jedoch schon kurz darauf öffnete sich eine Türe am Ende des Saales und ein Mann, in edle Kleider gehüllt, welche so tiefschwarz wie sein Haar waren, das ihm fast beiläufig und doch elegant ins Gesicht fiel, betrat den Saal. Seine Augen glommen in einem dunklen beeindruckenden Rot. In seinen Händen trug er ein silbernes Tablett, auf welchem zwei reich verzierte Kelche standen.

„Ich habe mich zurückgehalten“, sagte Hizakis Gegenüber verheißungsvoll und bleckte dabei kurz seine spitzen Zähne, „um es mit dir gemeinsam zu genießen. Das Blut eines Adeligen schmeckt am Süßesten ...“

Der Mann mit dem Tablett trat heran und machte eine kurze Verbeugung zu Hizaki. „Guten Abend, Herr.“

Dieser nickte kurz, doch wanderten seine Augen ob des verführerischen Duftes, den ihr Inhalt verbreitete, zu den Kelchen.

Das Gesicht des Mannes jedoch war finster, es zeigte nicht die kleinste Regung. Er stellte die Kelche auf dem Tisch ab. „Ich wünsche eine angenehme Nacht“, sprach er danach und machten Anstalten, sich zu entfernen.

„Hab Dank, Masashi ... hast du all das, was ich dir auftrug, erledigt?“, fragte Hizakis Gegenüber mit einem fast unmerklich scharfen Unterton in der Stimme.

Masashi hielt kurz inne. Seine steinerne Miene verriet nicht die leiseste Gefühlsregung. „Natürlich ... Herr.“ ~

...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Forest_soul
2015-02-10T18:25:45+00:00 10.02.2015 19:25
Wow, endlich geht es weiter!!! :D
Und gleich wieder so spannend!!!
Masashi kommt ja vor *////* sehr toll! :D
Lass uns nicht wieder so lange warten!!


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