Goshinki
Kikyou wandte sich um, nachdem sie aufgelegt hatte: „Der Polizeipräsident klang nicht so, als ob er eine Blutprobe von mir wollte.“
So ganz hatte sie noch immer nicht verstanden, was passiert war. Da war die Erinnerung an den heimtückischen Überfall in ihrer eigenen Küche, den schrecklichen Schmerz, als dieser Dämon sie in Stücke gerissen hatte – und die Erinnerung an ihren Tod. Und dann war sie aufgewacht, im Leichenschauhaus, nur bedeckt mit einem Laken – und zwei Dämonen neben sich. Der Arzt hatte sie sichtlich fassungslos angestarrt, während der Älteste des Taishou ein Schwert in die Scheide geschoben hatte, die er in der Hand trug. Bekleidet war er mit einem Anzug und der üblichen Boa.
„Ich habe davon gehört, Sesshoumaru-sama“, hatte der Arzt gemeint: „Aber Tenseiga so zu erleben…das grenzt an ein Wunder!“
„Das ist ein Wunder“, hatte dieser nur erwidert: „Geben Sie ihr etwas zum Anziehen. – Kikyou, es eilt. Sie müssen für Inu Yasha ein Telefonat mit dem Polizeipräsidenten führen.“ Falls es Bokuseno nicht geschafft haben sollte, ihn herauszuholen, was er eigentlich vermutete. Aber Vater hatte beschlossen, zweigleisig zu fahren. Jemand hatte dem Welpen eine böse Falle gestellt und Sesshoumaru zweifelte eigentlich nicht am Urheber dieses Mordes. Wobei das Opfer nun ja wieder lebte. Naraku war gewiss zu geschickt, als das man ihm etwas nachweisen konnte. Hoffentlich würde der nun Ruhe geben
Jetzt meinte er nur: „Gut.“ Er sah zu dem Medizinier. „Sie geben in Ihrem Bericht an, dass Kikyou-sama zwar verletzt aber lebendig war, als sie hergebracht wurde. Die Aussagen wird Myouga abstimmen.“
Der Arzt nickte nur.
„Inu Yasha wurde wegen Mordes an mir verhaftet?“ vergewisserte Kikyou sich. Irgendwie klang das eigenartig: „Aber das wäre illegal. Er ist minderjährig und sein Erziehungsberechtigter ist ein Dämon. Das geht die menschliche Polizei nichts an.“
„Stimmt. Deswegen bekam ihn der Familienanwalt wohl auch unverzüglich frei.“
Sie neigte den Kopf: „Ich danke Ihnen für mein Leben, Sesshoumaru-sama“, meinte sie höflich.
Er wandte sich um: „Fahren wir.“
Im Schrein zog sie sich eilig um. Schließlich wartete nicht nur Sesshoumaru sondern auch sein Vater im Wohnzimmer auf sie und Inu Yasha, der auf dem Weg aus dem Krankenhaus war, in Begleitung eines Leibwächters. Sowohl der Taishou als auch sein Ältester waren erbost, sie konnte die gestiegene Energie spüren. Aber sie verstand es nur zu gut. Den armen Jungen in so etwas zu stürzen. Hätte Sesshoumaru nicht dieses seltsame Schwert benutzt…
Nein, daran wollte sie nicht mehr denken. Dachte sie daran, dachte sie auch an den Überfall durch diesen Dämon und die Schmerzen und an ihren Tod. Nichts, was besonders schön war.
Als sie in ihr Wohnzimmer trat, neigte der Inu no Taishou höflich den Kopf: „Ich bin wirklich erfreut, Sie wiederzusehen, Kikyou-sama.“
„Danke, oyakata-sama.“ Sie nahm Platz.
„Ich bedauere, dass Sie in Familienangelegenheiten hineingezogen wurden – und vor allem, dass Inu Yasha wieder das Ziel war. Naraku hat in ihm wohl das schwächste Glied der Kette vermutet.“
„Sie sind sicher, dass er dahintersteckt?“
„Ryuukossei hätte ein Attentat direkt auf mich oder einen meiner Söhne veranlasst. Der Umweg über die scheinbar formelle Anklage durch Menschen, das auf diese Weise in Unehre-Bringen der gesamten Familie, sieht nach dem ehemaligen Berater aus. Er ist nicht zu unterschätzen und ich werde Gegenmaßnahmen einleiten müssen. - Dazu möchte ich Sie gern um einen Gefallen bitten, Kikyou-sama. Sie erwähnten, dass Sie und Kagome den Schutzbann auf den Lavafeldern schufen. Könnten Sie so etwas auch um mein neues Haus legen?“
„Ja, mit Kagomes Hilfe sicher. Sie ist recht talentiert und wollte mit mir üben. Nur, oyakata-sama – in einem solchen Bann könnte es für Dämonen schwierig werden. Zum Beispiel, wenn Ihre Wächter zu nahe herankommen, könnten sie geläutert werden.“
„Sie erhalten ihre Befehle entsprechend, keine Sorge. Ich möchte nur Narakus weiteren Ideen und denen der schwarzen Priesterin, Tsubaki, nannte Ryuukossei sie, einen Riegel vorschieben.“
„Tsubaki? Ich erinnere mich. Eine sehr fähige Priesterin, die ausgeschlossen wurde, da sie Schadenszauber betrieb.“ Sie stand auf, da sie hörte, wie jemand hereinkam, unwillkürlich beruhigt, dass sich auch Sesshoumaru erhob – sicher, um sie zu schützen. Das war sehr nett von ihm, auch, wenn sie zurecht annahm, dass das mehr Inu Yasha und Rin geschuldet war, als ihr persönlich.
Kagome kam herein: „Kikyou-sama!“ sagte sie erleichtert, ehe sie sich auf ihre Höflichkeit besann: „Verzeihung, oyakata-sama, Sesshoumaru-sama...“ Dern dritten Dämon kannte sie vom Sehen, aber der Name fiel ihr nicht ein. So nickte sie ihm zu, ehe sie sagte: „Bin ich froh, dass alles nur ein Missverständnis war. Wo ist Inu Yasha?“
„Er müsste jeden Moment kommen. Sie hatten ihn ins Krankenhaus gebracht, um festzustellen, ob ihn die Polizisten geschlagen haben.“
„Das würden sie nicht wagen!“
„Setz dich, Kagome,“ sagte der Herr der Hunde: „Kikyou, erzählen Sie ihr von meinem Plan.“
„Ja. - Woher wusstest du es eigentlich?“
„Kouga rief mich an. Er meinte, ich solle wissen, dass man Inu Yasha wohl verhaftet hat. Und dann kam in den Nachrichten etwas von einem Mord in einem Schrein...“ Kagome nahm neben der jungen Priesterin Platz: „Was soll ich tun?“
Nur Minuten später kam Inu Yasha mit Hiroyuki als Leibwächter. Er wirkte etwas matt, lachte aber fast auf, als er Kikyou sah und meinte: „Mann, bin ich froh, dich zu sehen.“
„Alles in Ordnung, mein Junge?“ Der Inu no Taishou musterte ihn,. Aber die Prellungen im Gesicht waren am Verblassen.
„Ja. Das ist nur passiert, als ich in Ohnmacht gefallen bin,“ gestand der Halbdämon ehrlich: „Aber diese Bilder waren schon sehr....echt, schlimmer als Ryukossei.“ Er setzte sich zwischen Kagome und Kikyou, die ihm Platz machten.
Rin, dachte Sesshoumaru plötzlich. Der Angriff auf Kikyou hätte durchaus auch Rin mittreffen können, wenn sie schon hier leben würde. Dieser Mistkerl hätte kaum davor zurückgeschreckt, auch ein kleines Mädchen zu zerreißen. Den musste man dringend aus dem Verkehr ziehen: „Können Sie sich daran erinnern, wer Sie überfiel, Kikyou-sama?“ Dass Naraku der Auftraggeber war, sollte klar sein.
Sie beschrieb das Monster, das sie überfallen hatte, so gut es eben ging.
„Goshinki!“ sagte Royakan sofort: „Verzeihen Sie, oyakata-sama, ich wollte Ihnen nicht vorgreifen.“
Der Taishou hob nur die Hand: „Was weißt du über ihn? Er ist früher der Eliminator des Spinnenclans gewesen.“
„Er ist es wohl noch. Und er ist, verzeihen Sie alle, wenn ich das so sage: ein schierer Sadist. Er tötet nie sauber und schnell. Es laufen Gerüchte um, dass er Menschen entgegen den Verträgen frisst, aber niemand konnte ihm je etwas beweisen.“
„Na, klasse, “ murmelte Inu Yasha: „Das hört sich ganz nach einem Typen an, dessen Ableben diese Welt ein wenig schöner machen würde.“
Der Taishou sah zu der Gastgeberin. Sie schien noch etwas blass, aber das war kein Wunder. Dennoch strahlte sie wieder diese Ruhe aus: „Wir werden ihn suchen, Kikyou-sama. Welche Kleidung trug er, als er Sie überfiel?“
„Die gleiche, die er im Sarg tragen wird.“ Sesshoumaru erhob sich bereits: „Sie entschuldigen mich, chichi-ue?“ Strafaktionen übernahm er.
„Geh.“
Kikyou seufzte etwas, aber sie schwieg. Sie wusste nur zu gut, wie es sich anfühlte, zwischen den Klauen dieses Goshinki zu stecken – und das war nichts, was sie einem anderen Menschen oder auch Dämon wünschen würde. Überdies sollte sie sich nicht in eine Dämonensache einmischen. Sie unterlagen ihrem eigenen Recht – und damit den beiden Anführern der Organisationen.
Inu Yasha hatte ihr Seufzen gehört und legte den Arm um sie: „Ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass das nur ein Irrtum war. Ich war so erschrocken, als diese Idioten mir erzählten….“ Nein, das konnte er nicht aussprechen.
Sie erwiderte die Umarmung mit mütterlicher Fürsorge: „Schon gut, ich lebe ja wieder….Ich danke Ihnen, oyakata-sama.“
Dieser stand auf: „Ich würde vorschlagen, dass Sie und auch du, Inu Yasha, auf jeden Fall für einige Tage zu mir zieht. Oder hier Leibwächter herkommen. Nicht, dass jemand seinen Fehler korrigieren möchte.“ Falls es wirklich Narakus Plan gewesen war, würde der zwar vermutlich erst einmal stillhalten, aber noch war nicht klar, wie weit dieser sich als neuer Chef durchgesetzt hatte. Womöglich waren es interne Probleme des Clans gewesen, in denen sich jemand profilieren wollte. Und der würde kaum damit aufhören.
„Ja, otou-sama,“ meinte Inu Yasha auch nur, dem dieser Tag völlig reichte: „Wir packen nur zusammen, dann fährt Kikyou uns zu Ihnen.“ Er sah zu ihr: „Ich weiß, der Schrein und so, aber ein paar Tage werden schon gehen. Von einigen Dämonenkriegern hier als Wache wärst du noch weniger begeistert.“
Das stimmte und so nickte sie nur etwas resigniert.
Der Taishou ging, Royakan und Hiroyuki schlossen sich ihm an.
Naraku vernahm die Neuigkeiten mit gelassenem Gesicht, ehe er zum Telefon griff, als er allein war: „Lieber, dummer Goshinki,“ sagte er: „Du erwartest doch hoffentlich keine Bezahlung.“
„Was meinen Sie? Ich habe die Priesterin zerrissen, wie Sie wollten. Wollen Sie mich jetzt um meinen Lohn betrügen?“
„Der Betrug liegt ja wohl eher auf deiner Seite. Wie kannst du zu mir sagen, der Auftrag sei erledigt - und die gute Kikyou ist momentan in ihrem Schrein?“
„Das ist unmöglich!“
„Entweder du wolltest mich betrügen oder du hast die Falsche getötet.“
„Ich kümmere mich darum, Naraku-sama!“ beteuerte Goshinki eilig. Betrug am Clanoberhaupt war ein tödlicher Fehler – und falsche Ausführung eines Auftrages auch.
„Du hast zwei Stunden.“
„Ja, natürlich.....“ Goshinki legte auf, trotz seiner gewöhnlich emotionslosen Art mit zitternden Beinen. Was war da nur passiert? Gleich. Er musste seinen Fehler schleunigst korrigieren – oder nicht nur die Familie sondern auch der Clan würden ihn jagen, bis sie ihn hatten. Und für einen verzweifelten Moment betete er, dass das Ende unter Narakus Befehl nie eintreffen möge. Er hatte nur zwei Stunden um zu dem Schrein zu gelangen, diese Kikyou zu töten und Bericht zu erstatten, dann würde der Clan die Jagd auf ihn eröffnen, dessen war er sich sicher. Naraku machte keine leeren Drohungen. Dämonen der Familie sollte er sowieso jetzt besser nicht in die Hände laufen. Hm. Hatte er noch menschliches Geld dabei? Er guckte nach, ehe er ein Taxi winkte und sich zum Schrein fahren ließ. Selbst, falls dieser komische Halbdämon schon wieder da sein sollte – mit so einer halben Portion fertig zu werden, sollte für ihn, den geübten und gefürchteten Eliminator doch kein Problem darstellen.
Kagome wartete vor dem Schrein auf Inu Yasha und Kikyou, die beide noch rasch zusammenpackten. Sie hatte ihr Gepäck dabei – einen Bogen und einen Pfeilköcher. Kikyou hatte ihr die geschenkt, damit sie auch zuhause damit üben konnte. Leider war sie nicht gerade eine talentierte Bogenschützin, aber das musste mit Übung eben besser werden. Immerhin war es ihr nach nur wenigen Stunden gelungen, den Pfeil aufleuchten zu lassen – sicheres Zeichen, dass dieser läuternd wirkte. Sie hörte, dass Kikyou kam und wandte sich um. Die junge Priesterin ließ ihre Reisetasche fallen.
„Inu Yasha braucht wohl noch, da er die Schulbücher für die mündliche Prüfung einpacken will“, erklärte sie: „Lernst du auch noch?“
„Nur Chemie, da muss ich ins Mündliche, alle anderen Noten stehen bei mir.“ Und da sah Kagome, was oder eher wer soeben mit einem gewaltigen Satz auf den Schreinvorplatz gesprungen kam. Solch ein zähnebewehrtes Monster hatte sie noch nie gesehen. Sie wollte aufschreien, aber kein Laut drang aus ihrer zugeschnürten Kehle. Pfeile, dachte sie irgendwo im Hinterkopf noch, aber sie konnte sich nicht bewegen.
Kikyou bemerkte ihr plötzlich aschfahl gewordenes Gesicht und fuhr herum. Entsetzt starrte sie auf Goshinki. Er hatte sie heute schon einmal getötet...
„Ich habe dich doch heute schon mal umgebracht,“ meinte der auch: „Wieso lebst du wieder? Und machst mir solchen Ärger, hm? Das muss ich wohl korrigieren.“
Kagome löste sich endlich aus ihrer Erstarrung und ließ den Bogen von der Schulter gleiten, griff zu einem Pfeil.
Goshinki bemerkte es. Er konnte und wollte nicht das Risiko eingehen, auszuprobieren, wie fähig oder läuternd diese Unbekannte war. Mit einem Satz stand er vor der Schülerin und beförderte sie mit einem Armschlag meterweit durch die Luft. Kagome blieb regungslos liegen. „So, Priesterin....“
„Lass sie sofort in Ruhe!“ brüllte Inu Yasha schon an der Tür, der erschreckt bemerkt hatte, was passierte: „Hau ab, du Vollidiot, oder du bekommst es mit mir zu tun!“ Er hatte seine Schwertscheide samt Tessaiga in der Hand, die Reisetasche lag neben ihm auf dem Boden.
Gohinki wandte sich ihm zu: „Oh, nein, wen haben wir denn da? Den Halbblutwelpen des Taishou. Wie amüsant. Naraku will nur den Tod dieser Priesterin, aber ich frage mich, ob er nicht noch etwas drauflegt, wenn ich ihm deine Ohren mitbringe.“
„Und von was träumst du nachts?“ Inu Yasha zog Tessaiga: „Kikyou, sieh nach Kagome!“ befahl er.
Sie zögerte für einen Moment, aber dann gehorchte sie. Bei Kagome waren auch Pfeile und Bogen und womöglich konnte sie dieses Monster läutern. Der Junge konnte doch unmöglich gegen den Riesen bestehen, auch, wenn der kein Schwert trug und Inu Yashas sich jetzt deutlich verbreiterte.
Das war auch dem jungen Halbdämon aufgefallen. Kein Schwert – das bedeutete nur, dass der wohl was anderes auf Lager hatte. Auf jeden Fall hatte der Mistkerl Kikyou buchstäblich zerrissen, hatte Kagome bewusstlos geschlagen, hatte dafür gesorgt, dass er selbst fast eine Mordanklage am Hals gehabt hätte. Der war fällig. Nun, er würde gleich sehen, was der konnte. Er sprang hoch und ließ Tessaiga in weitem Bogen auf Goshinki zuschlagen.
Der duckte seinen großen Körper mit scheinbar müheloser Eleganz weg. Wie dumm und naiv diese halbe Portion doch war. Hatte der Taishou seinem Welpen etwa nie davon erzählt, dass es Dämonen gab, die Gedankenlesen konnten? So war er seinem Gegner immer einen Schritt voraus. Ach, nicht schon wieder das Gleiche..
Erneut duckte er weg. Diesmal griff er allerdings selbst an. Seine rechte Klaue schlug mit aller Kraft in die Brust des Halbdämonen, zerfetzte auch das T-Shirt. Blut färbte es rasch ein.
Kikyou hatte Kagome geweckt: „Ich brauche den Bogen.....“ flüsterte sie.
Inu Yasha keuchte unter Schmerzen, war aber nicht gewillt, aufzugeben. Ryuukossei war schlimmer gewesen. Noch eine so direkte Attacke, um den Narren glauben zu lassen, dass er nicht mehr drauf habe, dann einmal die Windnarbe ausprobieren, beschloss er. Und der Vollidiot wandte sich ihm direkt zu...
Goshinki wusste, dass er mit seinem Widersacher nun schleunigst zu Rande kommen musste. Die Priesterin hatte etwas vor und da sie laut Naraku äußerst fähig im Läutern war, sollte es mit dem Halbmenschen schnell gehen. So erwartete er dessen Angriff frontal – und biss mit aller Kraft zu.
Noch ehe Inu Yasha begriffen hatte, was das werden sollte, hing Tessaiga quer im Maul des Dämons und er konnte hören, wie die Klinge knirschte. Der wollte die doch nicht etwa zerbeißen? Er selbst hatte Tessaiga nicht losgelassen und hing nun ebenfalls in der Luft, während die Klauen Goshinkis sich abwechselnd tief in Brust und Bauch gruben.
„Inu Yasha!“ keuchte Kagome entsetzt auf, als sie bemerkte, wie viel Blut er verlor: „Schießen Sie doch, Kikyou-sama!“
„Er hält sich hinter Inu Yasha – die Gefahr, dass ich diesen treffe ist zu hoch....“ Die junge Priesterin war ebenso angespannt wie ihr Bogen. Aber sie wagte den Schuss nicht. Sie wäre sicher in der Lage auch einen Halbdämon zu läutern.
Inu Yasha hatte unterdessen wütend festgestellt, dass Goshinki nicht willens war, Tessaiga wieder herauszurücken, ja sich Mühe gab, es zu zerbeißen. Das Metall knirschte förmlich immer lauter, im gleichen Maße, wie seine eigenen Schmerzen anstiegen – und sein Zorn.
Na schön, dieser Mistkerl wollte es ja wohl nicht anders haben. Und wenn der dachte, dass er ohne sein Schwert hilflos wäre, hatte er sich eben geschnitten. Dieses Monster sollte weder Kagome noch Kikyou etwas antun, er musste seine beiden Freundinnen beschützen....
So ließ er selbst den Schwertgriff los und sprang zu Boden, wütend wie eigentlich nur in der Nacht auf den Lavafeldern. Und doch war etwas anders. Da war er ebenfalls wütend gewesen, ja, aber nicht so. Er warf einen raschen Blick seitwärts, keuchend vor Schmerzen, die ihm seine zerrissene Brust, sein Bauch verursachten. Kikyou....sie hatte mindestens ebenso zwischen Goshinkis Klauen leiden müssen, Kagome schien verletzt....Seine eigenen Verletzungen, sein Blut, das über ihn strömte, und jetzt auch noch Tessaiga, das Goshinki fast höhnisch in zwei Teilen ausspuckte...
Langsam wandte er sich wieder seinem Gegner zu, vollständig ignorierend, dass er noch immer in Kikyous Schusslinie stand und so Goshinki deckte. Alles war gleich, die ganze Welt um ihn versunken. Nichts zählte mehr außer dem einen, heißen Wunsch, diesen da umzubringen. Zorn und Mordlust überschwemmten ihn, als er mit einem Knurren auf den Dämon zusprang.
Goshinki erkannte entsetzt, dass er die Gedanken des Kleinen nicht mehr lesen konnte. Alles, was der noch dachte war: Tod! Auch in den plötzlich rot gewordenen Augen lag nur mehr dieses Versprechen. Was war bloß passiert?
Der letzte Gedanke, ehe ihn ein Klauenhieb buchstäblich in Stücke riss.
Mit einem Knurren und noch immer roten Augen drehte sich der Halbdämon um, suchte nach neuer Beute.
„Inu Yasha!“ schrie Kagome auf: „Was ist mit dir?“
„Er hat sich verwandelt,“ erklärte Kikyou, den Boden noch immer angespannt: „Inu Yasha, erkennst du uns nicht? Inu Yasha!“ Sie konnte ihn doch nicht einfach läutern....
Beute, dachte der Angesprochene nur: Tod....
Im nächsten Moment ließ ihn ein heftiger Faustschlag zu Boden taumeln. Noch ehe er sich wieder aufgerappelt hatte, drückte ihm der Taishou die beiden Teile von Tessaiga in die Arme. Fast sofort entspannte sich der Körper und die Augen leuchteten in gewohntem Goldton.
„Oyakata-sama....“ Kikyou versuchte ihrer Verwunderung Ausdruck zu verleihen, während Kagome sich neben Inu Yasha warf:
„Du bist verwundet....oh, was war denn mit dir bloß los?“
„Keine Ahnung,“ murmelte der Halbdämon: „Das....Es war, als er Tessaiga zerbissen hat. Irgendwie hörte ich da das Denken auf.“
Der Taishou musterte ihn: „Du wirst einige Tage verletzt sein, mein Junge, das sind tiefe Kratzer. - Du hast dich unter akuter Lebensgefahr in einen Volldämon verwandelt. Da du allerdings keiner bist, überfordert das deinen Körper und deinen Verstand. Ich ließ Tessaiga darum so schmieden, um dein Dämonenblut, mein Erbe, zu unterdrücken, so dass du im Kampf auch in Lebensgefahr ruhig bleiben kannst.“
„Das habe ich nie zuvor gehabt.....“ wandte der Junge ein, der sich durchaus der Nacht auf den Lavafeldern erinnerte. Aber stimmte, da war Tessaiga an seiner Hüfte gewesen...
„Nein. Aber unter Menschen warst du auch nie in solcher Lebensgefahr. Es war eine reine Vorsichtsmaßnahme meinerseits für eine weit entfernte Zukunft. Ich ahnte nicht, dass es so kurz darauf schon notwendig werden könnte...“
„Seit er Sie kennt, ist er in Lebensgefahr,“ erklärte Kikyou, bemüht, ihre Stimme ruhig zu halten: „Aber das lässt sich kaum mehr rückgängig machen.“
„In der Tat. - Ich ließ den Wagen umdrehen, als mir bewusst wurde, dass niemand hier mehr bei euch ist und Goshinki seinen Fehler rasch bereinigen musste. Toutousai wird Tessaiga sicher unverzüglich wieder zusammenschmieden können. Nur zur Vorsorge.“
„Was...“ Der Halbdämon erhob sich: „Was passiert denn, wenn ich Tessaiga nicht habe? Und in Lebensgefahr bin?“
„Das hast du gesehen. Du verwandelst dich. Gewöhnlich gleichen sich der Anteil deiner Mutter und der meine in dir aus, was ein schieres Wunder ist. Es gibt nicht ohne Grund wenige Halbdämonen. Bist du aber in Lebensgefahr, übernimmt mein Erbe dich, um dich zu schützen. Leider kannst du es so nicht verkraften und wirst...ja, verrückt. Wenn das öfter passieren sollte, kannst du dich nicht mehr zurückverwandeln und tötest nur mehr alles um dich. Darum Tessaiga. Es soll dich davor beschützen.“
„Also rechnen Sie mit Krieg und Mord unter Dämonen,“ stellte Kikyou fest.
„Natürlich. Aber ich gab Ihnen mein Wort, Inu Yasha nicht in Schwierigkeiten zu bringen. Daran halte ich mich. Und letzten Endes ist auch Tessaiga der Ausdruck eines gewissen Schutzes. - Fahren wir jetzt zu mir. - Royakan, lass die Überreste von Goshinki zusammenpacken und an Naraku schicken. Er wird wissen, woher es kommt. Und lass Sesshoumaru suchen, sage ihm, Inu Yasha hat Goshinki getötet.“ Im Zweifel würde sein Ältester zwar bedauern, Goshinkis Tod nicht selbst herbeigeführt zu haben, sich aber damit trösten, dass es in der Familie geblieben war.
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Wie...äh...tröstlich, wenn sich Brüder Tote teilen...
Das nächste Kapitel bringt Neuigkeiten und einen ersten Einblick in Nrakus nächsten Plan...
bye
hotep