Entführung
When the storm arrives
Would you be seen with me
By the merciless eyes I've deceived?
Chris Cornell: You know my name
Inu Yasha ging vom Hotel zur U-Bahn ohne sich umzudrehen, als er sein Handy ausschaltete. In der U-Bahn würde es sowieso nicht funktionieren und er wäre bald zuhause. Kagome würde ihn sicher nie mehr anrufen...Sollte er? Aber wie sah das aus? Als ob er ihr wie ein Hund hinterherlaufen würde? Sollte er sich das noch deutlichere Nein wirklich anhören?
Derart in Gedanken entgingen ihm auch die fünf Dämonen, die ihm folgten, rasch aufholten, als ein Lieferwagen langsam neben dem jungen Halbdämon fuhr. Der war ein wenig darüber erstaunt, nahm aber an, der Fahrer wolle ihn nach dem Weg fragen und blieb stehen. Seine Mutter und Kikyou hatten ihn in menschlichem Umfeld aufgezogen und er hatte gerade erst gelernt, dass unter Dämonen noch immer Duelle üblich waren – um Ehre, aber auch um Kriege zu ersparen. So war er nur mehr erschreckt, als er plötzlich gepackt wurde, sich etwas brennend Anfühlendes um seinen Hals schlang. Er versuchte loszukommen, aber die fünf Dämonen des Clans hatten sich abgesprochen, rissen seine Arme nach hinten und banden seine Handgelenke ebenfalls mit Bannfesseln, froh, diese los zu sein. Selbst durch die Handschuhe hatten sie geschmerzt.
„Was soll das…?“ brachte Inu Yasha hervor, aber einer zog schon die Tür des Lieferwagens auf, vier andere warfen den Jungen mehr oder weniger hinein.
Der Halbdämon trat um sich, wollte fliehen, aber dann sprangen zwei buchstäblich auf ihn um ihn zu halten, während die Partner die Füße aneinanderfesselten, dann diese an seine Hände, so dass er rückwärts zusammengebogen auf dem Bauch liegen musste.
„Meine Güte“, meinte ein Dämon: „Der ist ganz schön stark für so eine halbe Portion.“
„Sei lieber froh, dass wir DIESEN Auftrag bekommen haben“, betonte ein anderer und rieb sich die Krallenspuren auf dem Oberkörper: „Immerhin haben wir ihn und leben. Gib schon auf, Kleiner. Ryuukossei-sama will dich sehen.“
Ryuukossei? Das war doch der Anführer des Clans? Der auch im Casino gewesen war? Was sollte das? Er stellte die Frage laut und ergänzte: „Kikyou hat sicher kein Geld für eine Lösegeldzahlung.“
„Kikyou? Red keinen Unsinn. Du brauchst uns nicht weismachen wollen, dass wir den falschen Halbdämon hätten.“ Die Tür des Lieferwagens wurde zugeschlagen und er blieb im Dunkeln, während das Auto anfuhr.
Also wussten sie nichts von Kikyou? Aber natürlich. Er hätte sich selbst ohrfeigen mögen. Der Clan und die Familie. Es ging um Vater. Sie würden den erpressen wollen. Verdammt.
Und was waren das für Fesseln? Es tat weh, selbst wenn er sich nicht bewegte. Dann erkannte er es. Kikyou konnte das auch: die läuternde Energie einer mächtigen menschlichen Priesterin oder eines Priesters. Diese Mistkerle hatten sich gut vorgesehen. Erstaunlich, dass sie die Bannketten überhaupt transportieren und benutzen konnten. Immerhin waren sie doch auch Dämonen.
Aber das sollte weniger sein Problem sein. Er musste diese Fesseln loswerden und irgendwie aus diesem Auto verschwinden. Ryuukossei ließ sicher nicht den Sohn seines Gegenspielers entführen, um mit ihm eine Tasse Tee zu trinken.
Irgendwie kam er sich gerade wie in einem Film vor – nur war das hier leider Ernst. Er sollte sich wirklich etwas einfallen lassen. Bloß was? In Filmen half ja immer der Drehbuchschreiber mit, aber da waren auch keine Bannketten und keine Dämonen.
Verdammt, war das peinlich hier wie ein Paket transportiert zu werden. Hoffentlich fiel ihm etwas ein, hoffentlich würde Vater ihn vermissen und suchen, wenn er nicht zu Kikyou zurückkehrte. Er versuchte erneut die Fesseln zu zerreißen, aber er lernte rasch, dass er sich nur selbst dadurch Schmerzen zufügte. Es würde eine Chance geben, ganz sicher. Er war ein Halbdämon und sie würden ihn unterschätzen, das war ja immer der Fall.
Endlich hielt das Auto und er bekam ein eigenartiges Gefühl im Magen. Was immer mit ihm passieren sollte - es würde jetzt geschehen. Hoffentlich würden sie ihn nicht einfach umbringen wollen….
Zwei Dämonen zerrten ihn nicht sonderlich rücksichtsvoll aus dem Wagen und warfen ihn auf den Boden. Inu Yasha erkannte, dass er sich wohl in einem leeren Lagerhaus befand, in das sie hinein gefahren waren. Alles hier roch alt und verstaubt.
Jemand rief: „Ah, sehr schön. – Schlagt ihn zusammen, bis er bewusstlos ist. Und du filmst. Dann bringt ihn ins Büro.“
„Reizender Empfang“, entfuhr es dem Jungen. Er wollte seine Angst nicht zeigen.
„Noch immer mit dem Mund vorneweg?“ fragte einer der Männer: „Das wird sich gleich ändern.“
Zwei zogen ihn auf, so dass er in Anbetracht seiner Fesselung knien musste.
Verdammt, dachte er. Die meinten das ernst. Er kannte solche Lagen von Zusammentreffen mit Kouga und seiner Bande. Als die Dämonen zuschlugen war alles, was ihm blieb, sich möglichst schlaff zu machen, um den Schlägen und Tritten nicht noch Widerstand zu bieten. Aber er bereute seine Fähigkeit viel einstecken zu können. Bis er bewusstlos wurde dauerte es lange. Sehr lange.
Die kleine abendliche Feierstunde im Waisenhaus war nur von den Kindern und Lehrern sowie zwei Reportern besucht, die die Scheckübergabe am nächsten Tag in die Zeitung setzen würden. Sie beobachteten das kleine dunkelhaarige Mädchen, das dem Dämon einen Strauß Blumen überreichte und ihn fasziniert anstrahlte. Sesshoumaru stellte fest, dass er es nicht fertig brachte den Strauß nicht zu nehmen, zumal es diese Menschen ja wohl nur gut gemeint hatten und Rin ihn schon wieder so anlächelte…
So nahm er mit seiner Dämonenklaue behutsam die Blumen aus den Fingern des Mädchens.
Dieses Lächeln. Warum nur hatte es so eine Wirkung auf ihn? Noch keine Menschenfrau oder ein anderes Wesen dieser erbärmlichen Rasse hatte das vermocht. Und doch glaubte er plötzlich seinen Vater zu verstehen. War es dem mit Izayoi ähnlich ergangen? Nicht, dass er in diesem Kind eine Lebensgefährtin erkennen konnte. Aber dieses Lächeln faszinierte ihn. Wusste sie nichts von Dämonen oder war es ihr gleich? So offen, so freundlich…. Er nahm sich zusammen und legte die Blumen auf den Tisch. Da ein Schatten über das kleine Gesicht huschte, sah er sich gezwungen zu erklären:
„Ich nehme die Blumen später mit, Rin. Jetzt muss ich das Geld überreichen.“
Sie nickte ernsthaft, sichtlich nicht in Erwägung ziehend, dass er lügen würde. So machte sie nur eine Verneigung, wie es ihr gesagt worden war, ehe sie sich zurückzog.
Die beiden Reporter blickten sich an. Sie hatten schon einige offizielle Termine der Familie begleitet. Der Taishou selbst dachte an so etwas, aber sein Sohn war bisher eher weniger durch Menschenfreundlichkeit aufgefallen. Nun, er hatte auch derartige Treffen in der Regel nicht wahrgenommen. Änderte der sich etwa, wurde erwachsener?
Während der formellen Scheckübergabe dachte Sesshoumaru zum ersten Mal daran, dass ein kleiner Halbdämonenbruder auch positive Seiten haben könnte. Derartige Termine konnte doch auch der wahrnehmen, nun, solange es nicht um dieses Waisenhaus ging. Das würde er sich selbst vorbehalten. Doch. Das war eine gute Idee. Vater wäre sicher angetan. Der Halbdämon fühlte sich einbezogen und konnte doch nichts gegen die Interessen der Familie unternehmen. Denn für ihn selbst stand eigentlich fest, dass Ryuukossei den beeinflusste oder gar gekauft hatte, gleich, ob Inu Yasha das wusste oder nicht. Dazu war diese Stelle als Praktikant zu gezielt ausgesucht worden, direkt vor Vaters feine Nase. Zu wohl gezielt. Daneben der Anschlag, die weitergegebenen Informationen…Nein. Mochte Vater auch Takemaru für den allein Schuldigen gehalten haben – er selbst würde ein mehr als wachsames Auge auf den ach so unschuldigen Kleinen haben.
Er überreichte den Scheck, duldete die Dankesreden, ehe er noch einige Worte pflichtgemäß mit den Reportern wechselte. Dann verließ er die Versammlung, nicht ohne die Blumen mitzunehmen, eine Geste, die von Rin erneut mit einem aufstrahlenden Lächeln belohnt wurde. Sie sollte nicht in diesem Waisenhaus sein, dachte er plötzlich.
Im Park war es noch hell, war es doch fast die Zeit der Tag- und Nachtgleiche, auch, wenn man hier in der Stadt nur wenig davon mitbekam. Manchmal vermisste er das Leben draußen, das ungebundene Streifen durch die Wälder, aber das war eben der Preis gewesen, den die Verträge mit den Menschen forderten. Man musste sich mit ihnen abfinden. Oder nicht einmal nur das. Da war dieses Lächeln, das ihn wärmte, wie nie etwas zuvor...
Rin. Nein, sie sollte nicht da mit all den anderen im Waisenhaus sein. Nur, was konnte er schon tun, außer Geld zu geben und sie ab und an zu besuchen? Immerhin lebte die Familie ja nun in dieser Stadt. Was konnte er nur sonst noch für sie tun? Er ging zu seinem Auto und schloss auf, als er herumfuhr, alarmiert durch das nahe Gefühl anderer Dämonen. Zu nahe.
Er ließ die Blumen fallen, als er endlich verstand, dass er umzingelt worden war, zu sehr gedankenverloren wie er gewesen war. Und es gehörte keinerlei Phantasie dazu zu erkennen, dass das zehn Männer des Clans waren – und was die hier wollten.
Er war seit Kindertagen in Schwertfechten und Nahkampf ausgebildet worden – und er war ein Dämon nach Dämonenart erzogen. Er hatte keine Skrupel zu töten und setzte seinen Klauenangriff ohne zu zögern ein. Aber auch, wenn er stark war – gegen eine zehnfache Übermacht sahen seine Chancen nicht gerade gut aus.
Er spürte die Bewegung hinter sich und erkannte, dass er einen Dämon aus den Augen verloren hatte. Aber da war es zu spät. Etwas schlang sich wie eine Schnur um seine Kehle, brennend, schmerzend, läuternd. Er wollte herumfahren, aber andere packten mit zu, rissen ihn nieder, seine Hände auf den Rücken, während sich ein Knie in seine Rücken drückte, seinen Oberkörper mit dem magischen Band um seinen Hals so quälend zurückzog. Seine Hände steckten nun auch in schmerzenden Bannfesseln. Sie hatten sich gut vorgesehen.
„Fünf Kameraden hast du umgebracht“, sagte jemand: „Ryuukossei-sama wird nicht erfreut sein. Aber das sind deine Probleme.“
„Du kennst meinen Namen!“ brachte Sesshoumaru heraus, während er erneut versuchte, die letzten Fünf von sich abzuschütteln. Sein Name bedeutete: der perfekt tötet. Also wirklich der Clan. Und das besagte, der Drache wollte entweder seinen verehrten Vater mit ihm erpressen oder sich an diesem rächen. Beides würde ihm selbst erhebliche Schwierigkeiten einbringen. Denn Vater würde sich nicht erpressen lassen. Er konnte nur mehr hilflos spüren, dass auch seine Füße gefesselt waren, nun mit seinen Händen verbunden wurden, so dass er zusammengekrümmt auf dem Bauch liegen musste. Diese Bannketten hatte ein Mensch fabriziert – und ein leider sehr fähiger dazu. Wann würde Vater ihn vermissen, wenn er von dem Termin nicht in das Hotel zurückkehrte? Sicher würde er ihn suchen lassen – aber Ryuukossei würde ihn verstecken wollen.
Sie hoben ihn zu fünft empor und warfen ihn in einen Kofferraum. Wo war dieses Auto hergekommen? Er hatte es im Kampf nicht bemerkt. Dafür würde er sie auch noch töten, wenn er nur eine Hand freibekam. Während der Deckel geschlossen wurde und der Wagen anfuhr, versuchte er die Bannketten loszuwerden. Er verfügte durchaus wie jeder Dämon über eigene Magie, aber er musste feststellen, dass er scheiterte. Er vermochte nicht einmal seine wahre Gestalt anzunehmen.
Fast eine halbe Stunde später hielt das Auto und er spürte ein eigenartiges Gefühl im Magen, das er rasch verdrängte. Er war es sich, Vater und der Familie schuldig keine Angst zu zeigen. Wieder packten ihn fünf Dämonen, die sich gewöhnlich winselnd im Eck verkrochen hätten, wären sie ihm einzeln gegenübergestanden und zerrten ihn aus dem Kofferraum, eine Rampe empor, in einen Büroraum. Das war ein altes Lagerhaus am Hafen. Würde man ihn hier finden?
Wie ungemein peinlich so durch die Gegend geschleift zu werden, nun mit dem Gesicht nach unten auf den Boden geworfen zu werden – vor die Füße eines Mannes, den er auch so erkannte. Das war Ryuukossei. Verdammt. Dieser Mistkerl…
„Wie schön, dass du mich besuchen kommst, Sesshoumaru“, sagte der höhnisch: „Ich hoffe, du hast einen angenehmen Aufenthalt. – Zieht ihn auf.“
Der junge Hundedämon fühlte sich zum Knien emporgezogen. Das klang nicht gerade verheißungsvoll. Er konnte sich nicht selbst von den schmerzenden Bannfesseln befreien und der Drache war nicht gut auf die Familie zu sprechen. Vater….er durfte ihm doch keine Schande machen. Das dort musste Naraku sein, der Berater. Und wer war der junge Dämon daneben, der fast gedankenverloren etwas auf dem Schreibtisch in Alufolie wickelte? Zwei Männer hielten ihn nun fest und Ryuukossei trat zu ihm. Er sah zu ihm auf. Auch, wenn er knien musste – er würde keine Angst zeigen.
Der Drache lächelte: „So stolz? Mal sehen, was davon in, sagen wir, einer halben Stunde noch übrig ist.“
„Was willst du?“
„Nur deinen Tod. Bin ich nicht bescheiden? Aber leider kann ich dich erst töten, wenn dein lieber Papi tut, was ich will. Er könnte ja auf die Idee kommen, ein Lebenszeichen von dir zu wollen. Nun ja, das bekommt er auch gleich. – Hast du die Kamera fertig?“
„Ja“, sagte jemand, den Sesshoumaru nicht sehen konnte.
Er begriff. Sie würden ihn misshandeln – und seinem verehrten Vater den Film senden um ihn zu erpressen. Nein, er musste sich zusammennehmen…
Jemand trat gegen seine Rippen. Wenn ihn die anderen nicht festgehalten hätten, wäre er seitwärts gestürzt.
Der Drache lächelte: „Du kannst ruhig fester zutreten. Das bringt ihn nicht um.“
Der Dämon gehorchte. Diesmal gaben die anderen beiden Sesshoumaru frei und er stürzte mit dem Gesicht auf den Betonboden, schürfte mit der Wange darüber. Das tat weh, aber schmerzhafter war die Demütigung hilflos diesem minderwertigen Pack ausgesetzt zu sein.
Er wollte sich instinktiv zusammenziehen um die empfindlichen Körperteile zu schützen, aber der scharfe Schmerz der Bannfesseln erinnerte ihn nur zu deutlich daran, dass das ihm versagt war. Wieder traten sie zu und diesmal hörte er das unnatürliche Knacken im linken unteren Rippenbogen, noch ehe er unter der jähen Qual aufstöhnte.
„Gut so. Schrei jetzt noch ein bisschen, “ forderte ihn jemand auf. War das der Drache?
Sie zerrten ihn an der Halsfessel wieder empor. Ein Dämon schlug ihn rechts und links ins Gesicht, zweimal mit der flachen Hand, dann mit der Faust. Erneut stürzte der junge Hundedämon auf den Boden. Sein Kiefer schmerzte und er spürte den metallischen Geschmack nach Blut.
Wieder wurde er hochgezogen, wieder und wieder…
Endlich ließen sie von ihm ab. Er bemühte sich flach zu atmen, um die gebrochenen Rippen nicht noch mehr zu belasten. Seine Kehle schmerzte durch das Ziehen an der Halsfessel. Luft bekommen war zu einer Mühsal geworden. Das alles würde bald heilen, das wusste er, ebenso wie die Schürfwunden und Prellungen im Gesicht, aber es war fraglich, ob er diese Zeit erhalten würde.
Etwas in ihm trieb ihn dazu, sich trotz der Schmerzen aufzurichten, nicht liegen zu bleiben. Leider bedeutete das in Anbetracht seiner Fesselung, dass er vor Ryuukossei knien musste – dafür würde er den Mistkerl umbringen, wenn er nur wieder je ein Schwert in die Hand bekam. Für alles hier.
Die Tür wurde geöffnet und zwei Dämonen schleppten einen weiteren Gefangenen herein.
Sesshoumaru war für einen Moment überrascht. Inu Yasha? Was wollten sie denn mit dem Bastard hier? Er war ebenso gefesselt wie er selbst und nach seinem Gesicht zu urteilen war der ebenfalls geschlagen worden. Wollte ihm der Drache eine Falle stellen? Ja, das musste es sein. Um ihn zum Reden über die Familie zu bringen, taten sie so, als ob das Halbblut ebenfalls gefangen wäre. Denn es gab keinen anderen Grund, warum sie den Jungen hergeholt haben sollten. Entweder war er in den Diensten des Clans oder er war unschuldig. Da er keine Ahnung von der Familie hatte, würde er in letzterem Fall auch nichts sagen können.
„Keh!“ machte Inu Yasha matt, als er seinen Halbbruder entdeckte. Nein, den hatten sie auch nicht gerade freundlicher behandelt als ihn. Diese Mistkerle…Und man warf ihn neben ihn, vor diesen Ryuukossei.
„Das reinste Familientreffen“, lächelte der: „Gut. Schneide die Filme zusammen und bringe sie dem lieben Papi in das Hotel. – Und ihr zwei Hübschen: ich werde euch erzählen, was nun passieren wird. Ich erzähle den Leuten gern wie sie sterben werden, das macht die Sache spannender, finde ich.“
Sesshoumaru richtete sich unwillkürlich etwas auf, soweit es seine Fesseln und die Schmerzen gestatteten: „Du willst meinen verehrten Vater erpressen? Er wird nicht darauf eingehen.“
„Kennst du deinen eigenen Papi so schlecht? Natürlich wird er es tun, solange er annimmt euch damit zu retten. Er ist recht berechenbar. Und die Heldenrolle steht ihm doch.“
Inu Yasha hatte durchaus bemerkt, dass sein Halbbruder nicht von „unserem“ Vater gesprochen hatte, aber er fragte nur: „Du willst uns wirklich umbringen?“ Irgendwie war er hier im falschen Film. Wo war ein Stuntman, wenn man ihn mal wirklich brauchte? Und sein Magen schien sich momentan unangenehm zu verknoten.
„Aber ja, Kleiner.“
Sesshoumaru traf seine Entscheidung. Entweder war Inu Yasha eine Falle, um ihn zum Reden zu bringen, aber wenn nicht, so…. Vater sollte doch noch wenigstens einen Sohn behalten. Für Vater: „Eben. Er ist noch ein Welpe und hat mit dem Streit zwischen dem Clan und der Familie nichts zu tun. Lass ihn in Ruhe.“
Ryuukossei lachte kurz auf, ehe er sich bedrohlich über seinen Gefangenen neigte, in trügerischer Freundlichkeit über dessen verletzte Wange strich: „Was für ein braver großer Bruder! Nein, dieser halbe Hund hat gar nichts mit dem Streit zu tun! Er hat nur deinem lieben Papi das Leben gerettet, du verdammter Idiot. Schneit aus dem Nichts herein und macht meinen schönen Plan kaputt.“ Er schlug zu.
Der Halbdämon dachte nicht recht gehört zu haben. Ryuukossei hatte das gesagt – und Sesshoumaru würde ihm glauben, da er ja der Gegner war. Der junge Hundedämon wandte das zerschundene Gesicht auch ihm zu und Inu Yasha lächelte ein wenig, selbst, wenn ihm das wehtat. Dieser hatte ihn beschützen, aus der Sache raushalten wollen und er sah ihn jetzt auch so an…Das gab ihm irgendwie den Mut zu sagen: „Du hast keine Ahnung, was du Vollidiot gerade getan hast, Ryuukossei, denn sonst würdest du es bedauern.“ Er hatte ihm einen großen Bruder gegeben – Zwickmühle hin oder her.
„Ich weiß allerdings, was ich tun werde, Bastard“, knirschte der Drache prompt wütend: „Euer lieber Papi ist schon so gut wie auf dem Weg in die Falle, also brauche ich euch nicht mehr. Fesselt das Halbblut Rücken an Rücken an seinen Bruder. Die netten Bannfesseln machen ja umso mehr Spaß, je stärker ein Dämon ist…nun ja. Mir. - Dann hat der gute Sesshoumaru wenigstens einen würdigen Reisebegleiter ins Jenseits.“
Während die Dämonen gehorchten und die genötigt knienden Halbbrüder mit den Handfesseln Rücken an Rücken aneinander banden, fuhr der Drache ruhiger fort: „Aber, ich lasse mich so leicht ablenken. Wo war ich…Ach ja, ich wollte euch doch erzählen, wie ihr sterben werdet. Das hier ist, das werdet sogar ihr bemerkt haben, das Büro eines Lagerhauses. In den Schränken hier befindet sich im Moment eigentlich nur noch Sprengstoff. Das genügt, um euch eine schöne Himmelfahrt zu bescheren. Falls euer lieber Papi euch suchen sollte – und dazu wird er kaum mehr kommen – wird er ein nettes Dämonenpuzzle vorfinden. Oder Halbdämonenpuzzle.“ Er bemerkte amüsiert, dass der Jüngere etwas zusammenzuckte. Aber beide sagten nichts. Stur und stolz waren sie ja. Hätte er sich nicht vorgenommen, sich mit Hundi ausführlich zu befassen, hätte es ungemeinen Spaß machen können zuzusehen, wann diese Fassade bröckeln würde. Nun, er würde es beim Taishou sehen. Und es stand doch zu hoffen, dass der ihn nicht enttäuschen würde. „Naraku, mach weiter...“
Der Berater nickte ein wenig: „Dann nehmen Sie die Männer mit. Byakura wird das erledigen. Auf wann soll der Zeitzünder gestellt werden?“
„Mal sehen. Sagen wir, in einer halben Stunde dürfte der Film im Hotel sein, bis Hundi ihn angeguckt hat, eine weitere halbe Stunde. Nun, eigentlich ist es gleich. Ich werde Mitternacht mit ihm telefonieren und das Duell für drei Uhr ansetzen.“
„Ist das nicht Zeitverschwendung?“ wagte Naraku erstaunt zu sagen. Seiner Meinung nach sollte man Gegner immer gleich umbringen.
„Ich will ihm doch Zeit lassen, über das Schicksal der beiden hier zu grübeln. Langsamkeit tut manchmal weh. – Aber das hat nichts mit dem hier zu tun. Stelle den Zeitzünder auf zwei Stunden. Da haben sie auch genug Zeit darüber nachzudenken….“ Er ging.
Inu Yasha starrte ihm nach. In was war er hier nur hereingeraten? Dieser Idiot sprach über Sprengungen und Morde als sei das etwas ungemein Erheiterndes. Wenn er den Drachen zwischen die Finger bekommen würde….Aber er spürte auch die Hände seines Halbbruders nahe an den seinen und das war irgendwie etwas, das ihm Halt in dieser irrealen Situation bot. Sesshoumaru mochte ihn nicht leiden können – aber er hatte in der kritischsten Phase seines Lebens nicht gezögert ihn schützen zu wollen. Das war etwas, das er kaum mehr gut machen konnte. Es war sinnlos gewesen, aber dennoch – es hatte ihm den Mut und die Selbstbeherrschung gegeben nicht vor diesem Drachen und seinem missratenen Gefolge zusammenzubrechen, um Gnade zu winseln, ihn stattdessen in eine Stimmung gebracht, die er so nie zuvor erlebt hatte: kalten Zorn. Er würde sich seines Vaters und seines Bruders würdig erweisen und es diesem Mistkerl zeigen. Egal wie, gleich wann.
Er wandte den Kopf, um zu dem Mann zu sehen, der soeben irgendetwas hantiert hatte, jetzt ein Kabel in der Hand hielt.
„Ich denke, Naraku, wir sollten den Raum verlassen.“
„Der Zeitzünder ist gestellt?“ erkundigte sich der Berater gleichmütig.
„Ja. Und ich würde dieses Kabel hier mit der Tür verbinden. Falls jemand die Tür öffnet, wird die Sprengung ebenfalls ausgelöst.“
Mist, dachten die Halbbrüder in ungeahnter Einigkeit. Irgendwie hatten beide gehofft, dass Vater sie doch suchen, vielleicht finden würde, ehe…
„Zu schade, dass ihr keine Menschen seid, nicht wahr?“ Naraku betrachtete die Gefangenen noch einmal, ehe er sich abwandte: „Dann würden die Bannfesseln euch nichts ausmachen. Schwarze Priesterinnen sind ihr Geld schon wert. Frohes Warten.“ Er nickte zu der Uhr auf dem Schreibtisch, ehe er das Büro verließ.
**
Die Hundejungen stecken in der Klemme – und im nächsten Kapitel wird Ryuukossei ihrem Vater seine harten Bedingungen nur zu deutlich machen: Erpressung.
Inu Yasha ist in einer Stimmung, die er nie zuvor hatte?
bye
hotep