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Shadowwalkers II

Kampf und Flucht
von

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Das Versteck im Wald

Am Abend bereits kämpften sich Ashley und Trinity einen Trampelpfad in einem Wald im Nirgendwo entlang. Ashley war inzwischen wirklich am Ende ihrer konditionellen Fähigkeiten. Schwüle lag in der Luft und sorgte dafür, dass ihr dicke Schweißperlen die Stirn hinabrannten. Bis zu dem Zeitpunkt, wo Trinity das Auto an einem verlassen Parkplatz am Waldrand abgestellt hatte, war diese Reise wenig beschwerlich gewesen.

Ryan hatte sie nach ein paar Stunden Autofahrt vor einem ziemlich schäbigen und verfallenen Haus auf dem Land abgesetzt. Der Zauberer, der ein magisches Portal in seinem Keller versteckte, hatte sie durch dieses zu einem anderen Zauberer geschickt, welcher in einem mindestens genauso verfallenen Haus inmitten einer kleinen Ortschaft lebte.

Mit Trinitys Wagen, welcher hinter dem Haus in einer Scheune parkte, waren sie dann hier her gefahren und Ashley war keineswegs begeistert gewesen, dass sie ein letztes Stück zu Fuß durch den dichten Wald gehen mussten. Und Trinity war nur bedingt bereit, ein langsameres Tempo einzuhalten. Immer wieder wurde der Abstand zwischen den Beiden größer und Trinity musste anhalten, um Ashley wieder aufholen zu lassen.

Ashley war kurz davor mit ihren letzten Atemzügen ihren Unmut lautstark kund zu tun, als sie urplötzlich auf einer riesigen Lichtung standen. Mit Gebäuden und geschäftigem Treiben von vielen, sehr vielen Menschen. Nur aus den Augenwinkeln widmete sich Ashley diesem Bild, denn sie war damit beschäftigt, langsam wieder zu Atem zu kommen.

Wortlos bugsierte Trinity sie schließlich auf das große Haupthaus zu. In der Tür stand ein Mann mit kurzen Haaren. Als Ashley näher kam, erkannte sie, dass er hinter dem rechten Ohr eine lange Haarsträhne hatte, die zu dem restlichen Teil seiner Frisur nicht so recht passte. Er lächelte ein freundliches und warmes Lächeln und als sie bei ihm angekommen war, reichte er Ashley die Hand. „So, du bist also die Kleine, die Ilyana so dermaßen den Kopf verdreht hat, dass sie gar heldenhafte Dinge angestellt hat.“

Ashley nickte nur kurz, beim Erwähnen von Lilys richtigen Namen lief ihr ein Schauer über den Kopf. Lily hatte ihr verboten sie jemals so zu nennen oder zu erwähnen, dass sie den Namen wusste. Namen haben Macht, hatte sie damals gesagt, und es ist schlecht, wenn alle Welt weiß, wieviel Macht du über jemanden hast. Trinity sah Ashley nur kurz von der Seite an und schien zu bemerken, dass sie wieder dabei in dunkle Gedanken abzurutschen.

„Wir sollte mal kurz rein gehen, dann kann Sam sich mit dir in Ruhe unterhalten.“ Meinte sie und legte beruhigend ihren Arm um die Schultern von Ashley. Sam ging voraus und führte sie in einen kleinen Raum im ersten Stock. Es sah aus wie eine kleine Bibliothek, denn eine Seite war mit Regalen, die vor Büchern nur so barsten zu gestellt. Auf der anderen stand ein kleines Sofa und vor dem Fenster, gegenüber von der Tür war ein passender Sessel.

Er bedeutete Ashley und Trinity sich auf dem Sofa nieder zu lassen und nahm selbst auf dem Sessel Platz. Ashley sah an ihm vorbei aus dem Fenster und beobachtete die Menschen draußen. Schließlich brach Sam das Schweigen „Ich bin mir sicher, dass du eine Menge Fragen hast, Ashley, aber wir sollten uns erst ein paar eher unwichtigen Fakten widmen.“ Ashley sah ihn an, dann sagte sie: „Ich will Lily wieder zurück holen.“

Sam sog tief die Luft ein. „Das kann ich verstehen, aber im Augenblick gibt es – auch wenn du mir da nicht zustimmen wirst – eine Sache, die wichtiger ist und dieser sollten wir uns jetzt widmen.“ Er sah Trinity an, die ihn vor einigen Stunden, als sie noch mit Ryan unterwegs waren, angerufen und kurz geschildert hatte, was vorgefallen war. Sie schien seinen Blick zu verstehen und wandte sich an Ashley.

„Sam denkt, dass er eine Erklärung hat, für das was dir in den letzten Tagen passiert ist. Aber er möchte auf Nummer Sicher gehen und deshalb musst du ihm ein paar Fragen beantworten, damit er weiß, ob es stimmt, was er vermutet.“ Trinity garnierte ihre Erklärung mit einem milden Lächeln. Ashley erwiderte es mit einem Blick, der die Milch sauer werden lassen könnte. Dennoch protestierte sie nicht. Es machte ohnehin keinen Sinn. Alleine konnte sie Lily nicht helfen. Sie brauchte Hilfe. Also beschloss sie sich anzuhören, was Sam von ihr wissen wollte.

„Trinity hat mir ein paar Dinge über dich erzählt und ich muss zugeben, dass ich neugierig geworden bin. Deshalb bitte ich dich, erzähl mir etwas über deine Kräfte. Wann und wie hast du sie erhalten und worin genau bestehen sie?“ Sam lehnte sich im Sessel zurück. Ashley fing an, in ihren Gedanken nach den richtigen Erinnerungen zu kramen. Und dann fing sie zu erzählen an.

„Ich hab sie erst spät bekommen, weil Lily sie immer mit ihren Kräften unterdrückt hat. Da war ich schon fast ein halbes Jahr im Training der Schattengänger.“ Sam unterbrach sie kurz: „Es hat ein halbes Jahr gedauert, bis du deine Fähigkeiten gezeigt hast? Das ist ungewöhnlich. Normalerweise hätten sie relativ bald nachdem Lily aufgehört hatte, sie zurück zu halten, hervorbrechen sollen. Aber gut, welche Fähigkeit war es, die du erhalten hast?“ Ashley runzelte die Stirn. Die Art und Weise wie er sprach, verunsicherte sie, aber sie beschloss, einfach weiter zu erzählen: „Ich kann mich durch Wände und andere Gegenstände hindurch bewegen. Zumindest durch nicht allzu dicke.“

Sam lächelte: „Gibt es jemanden bei den Schattengängern, der die gleiche Fähigkeit besitzt oder eine ähnliche?“ Nun war Ashley mehr als verwirrt. Sie sah ihn an und versuchte in seinem Gesicht zu lesen, warum das so wichtig war. Aber sie antwortete auf seine ungewöhnliche Frage: „Da gab es jemanden. Sie war während der ersten zwei Monate meine Trainerin. Sie konnte das besser als ich es je gekonnt habe.“

In Sams Augen erschien ein Ausdruck, der Ashley bestätigte, dass das in etwa war, was er erwartet hatte. Er fragte weiter: „Wieso nur zwei Monate?“ Nun war Ashley endgültig misstrauisch, aber in ihr stieg das Gefühl auf, dass er auch wirklich die richtigen Fragen stellte. Und sie gab wohl die passenden Antworten. „Sie ist gestorben. Bei einer meiner Trainingsmissionen wurde sie so schwer verletzt, dass ich ihr nicht mehr helfen konnte. Und ich konnte auch niemanden mehr um Hilfe bitten. Es ging zu schnell.“

Nun stand Sam auf und ging ein paar Schritte Richtung Tür und zog dann aus dem Regal ein Buch heraus. Ashley erkannte, dass es sich dabei um ein Notizbuch handelte. Sam fragte weiter: „Bist du in irgendeiner Form in den letzten Monaten Charons Kräften ausgesetzt gewesen oder hat er sie an dir eingesetzt?“ Diese Frage beantworte diesmal Trinity: „Er hat sie geheilt, als sie schwer verletzt wurde. Mum hat ihn dazu gezwungen.“

Sam klappte das Buch aus und schien nach etwas zu suchen. „Verstehe.“ Murmelte er, dann herrschte wieder ein beinahe unangenehmes Schweigen im Raum. Schließlich fuhr er fort: „Ich glaube, dass es ganz einfach ist, der Grund warum du diese Anfälle hast und die Kräfte von jemand anderem hast ist schlichtweg, dass du deine wahren Kräfte noch niemals bewusst eingesetzt hast.“ Trinity und Ashley starrten ihn beide an, als hätte er gerade bekannt, verrückt zu sein.

„Ich habe meine Fähigkeiten früher oft eingesetzt. Ich bin fast ständig durch Türen gewandert oder durch Wände und auch durch Böden in Keller oder Gewölbe.“ Sagte Ashley scharf. Sam lächelte: „Mit Sicherheit, aber bis zu dem Zeitpunkt, als deine Trainerin starb, hast du diese Fähigkeit nicht besessen.“ Der jetzige Gesichtsausdruck der beiden Frauen war nicht annähernd zu beschreiben. Es war völlig klar, dass beide glaubten, Sam würde völligen Schwachsinn reden und er merkte das, weswegen er fort fuhr.

„Du hast an dem Tag, an dem sie gestorben ist, ihre Kräfte übernommen und nach einer Weile, als du nichts Brauchbares den Schattengängern präsentieren konntest, hat sich diese Fähigkeit auf dich eingeschossen. Du hast gelernt sie zu meistern, weißt wie du sie einsetzt und kannst sie in jeder Situation nutzen. Aber darin besteht deine Macht nicht.“ Ashley blinzelte ihn fragend an: „Was soll das bitte heißen?“

Sam setzte sich wieder in den Sessel. „Als Charon dich geheilt hat, hast du auch einen kleinen Teil seiner Kräfte dir aneignen können. Du warst damals wohl sehr geschwächt, sonst hättest du wohl auch die anderen Aspekte seiner dämonischen Kräfte in dir aufnehmen können. Ich bin mir sicher, dass deine Trainerin dich das eine oder andere mal durch eine Wand ‚mitgenommen’ hat. Und so hast du diese Kräfte übernommen.“ Trinity erhob sich mit einem triumphierenden Blick.

„Soll das heißen, ihre wahre Fähigkeit besteht darin, sich andere Fähigkeiten beliebig anzueignen?“ Ashley untermalte Trinitys Frage mit einem unsicheren und ängstlichen Blick. Sam nickte den beiden zu und sagte: „Ja und nein. Ashley, du kannst dir Fähigkeiten anderer aneignen, aber nur unter bestimmten Umständen. So kannst du nicht einfach hier mit meinen oder den Fähigkeiten von Trinity hinausspazieren. Es ist ein klein wenig komplizierter.“

Ashley klang nun endlich wirklich interessiert: „Inwiefern?“ fragte sie. Trinity setzte sich, als Sam weitersprach: „Die Person, von der du sie übernimmst, muss eine ihrer Fähigkeiten an dir oder gegen dich anwenden. Dann kannst du sie übernehmen. Sie schlummert in dir und in einem Fall wie Charons dämonische Fähigkeiten, können sie unangenehme Nebenwirkungen haben und bei ihrem Hervortreten schwer kontrollierbar sein. Schließlich bist du ja kein Dämon - schon gar nicht einer wie Charon.“ Ashley nickte verstehend. „Warum habe ich dann nie vorher eine andere Kraft benutzen können oder zum Beispiel eine von Lilys Kräften angenommen. Sie hat sie doch all die Jahre ständig an mir angewandt?“

Sam schwieg einen Moment, dann meinte er: „Ich denke, dass du dich mit deiner ersten Fähigkeit, durch Gegenstände hindurchgehen zu können, so abgefunden hast, dass du allen anderen, die du vielleicht hättest aufnehmen können, instinktiv die Möglichkeit verwehrt hast. Nach dieser schweren Verletzung und deinem Selbstmordversuch ist dein inneres Gleichgewicht auseinander geraten und damit deine Selbstkontrolle, deshalb brach diese Kraft hervor und jetzt musst du endlich anfangen, damit umzugehen, sonst wird sie dich zerstören. Ich denke, dass in dir viele latente Kräfte schlummern, die nur darauf warten, jetzt hervorzubrechen - was der Grund für deine Schmerzen und deinen schlechten Zustand ist.“ Er schwieg einen Moment und beobachtete Ashley eingehend.

„Was Ilyanas Kraft angeht, kann ich nur vermuten, dass die Zauber, welche deine Fähigkeiten jahrelang unterdrückten vielleicht daran Schuld sind, dass du ihre Fähigkeiten nicht übernommen hast. Genau kann ich mir das leider auch nicht erklären.“ Ashley sah von Trinity zu Sam, dann sagte sie: „Und was soll ich jetzt tun?“ Sam schenkte ihr ein Lächeln: „Deine Wunden heilen lassen und dann lernen, wie du deine wahre Kraft nutzen kannst, dann wird es dir auch leichter fallen, mit neu erworbenen Kräften umzugehen.“

Trinity fügte hinzu: „Das heißt, wenn sie es richtig anstellt, kann sie so was wie ein unbesiegbarer Supermann sein?“ Sam verzog das Gesicht: „Das denke ich nicht. Ich denke, dass sowohl die Anzahl als auch die Stärke der einzelnen Kraft begrenzt ist. Wie sie sagte, sie konnte die Fähigkeit durch Wände zu gehen nie so gut einsetzten wie ihre Trainerin. Man könnte sagen, es ist eine abgeschwächte Kopie. Und je mehr Kräfte sie besitzt, desto schwächer werden die anderen.“

Ashley schnaubte verächtlich: „Das heißt ich muss jetzt nur noch lernen, wie ich aussiebe, was annehme und wie ich diese Fähigkeit gezielt nutzen kann, oder? Und wie soll ich das anstellen, ich hab noch nie von so was gehört.“ Sam grinste breit: „Ich glücklicherweise schon. Und in diesem Notizbuch stehen die Eigenheiten von mehr als 300 verschiedenen Fähigkeiten, die bei Unterweltlern oder Schattengängern in Erscheinung treten können. Und darin steht auch, wie sie auf kürzestem Weg zu meistern sind.“

Ashley sah das Notizbuch an, als wäre es der Heilige Gral. Langsam glaubte sie wirklich, dass es eine gute Idee gewesen war, Sam um Rat zu fragen. Aber da war noch etwas anderes, was ihr auf dem Herzen lag. „Was ist mit Lily? Wir können sie nicht Duncan überlassen!“

Sam nickte: „Das stimmt. Und deshalb werden wir sofort mit deinem Training beginnen. Denn wenn du gelernt hast, diese Fähigkeit effektiv zu nutzen, kannst du Lily befreien. Und falls du sie willst, die Hilfe von mir und meinen Leuten ist dir gewiss.“

Ashley entkam zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit ein ehrliches, befreiendes Lächeln: „Und wer sind deine Leute?“ fragte sie mit einem neckenden Unterton. Sam erwiderte das Lächeln und meinte schlicht: „Wir sind die Ausgestoßenen.“ Ashley lehnte sich zurück. Da gab es wohl so einiges, was sie noch von ihm zu lernen hatte und sie wollte sofort damit beginnen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  BlackSherry22
2012-10-22T18:53:16+00:00 22.10.2012 20:53
Warum so wenig Kommis?Diese FF hat echt mehr verdient! ._.
Finde es toll,dass du an der Story dranbleibst!!
Bin schon ganz gespannt aufs nächste Kapite...weiter so!;3

schöne Grüße
ColdAsIce18


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