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Wenn du bei mir bist

von

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Der vertraute Fremde

Heftige Windböen ließen das Gemäuer seines Schlosses erzittern. Regen prasselte unaufhörlich und mit voller Wucht gegen das Glas der Fenster. Immer wieder erhellten Blitze für kurze Momente den rabenschwarzen Himmel und die darauf folgenden Donner jagten ihm wohlige Schauer über den Rücken.

Fasziniert betrachtete Graf Bela das Spektakel, welches die Natur ihm bot. Wieder zuckte ein greller Lichtstrahl über die Landschaft und zeigte schwarze Silhouetten der Bäume, die sich ob des starken Windes gefährlich gen Boden neigten. Immer wieder flackerte das Licht der neuartigen Glühlampen, was den Grafen dazu veranlasste, Kerzen griffbereit zu halten, sollten die Lampen endgültig ihren Dienst versagen.

Ein Blick auf seine silberne Taschenuhr verriet dem Adeligen, dass es bereits nach zehn Uhr abends war. Mit einer eleganten Bewegung schob er sie zurück in die kleine Tasche seiner dunkelrot karierten Weste, während er mit der anderen Hand den Knoten seiner schwarzen Krawatte lockerte und den ersten Knopf des weißen, gestärkten Hemdes öffnete. Hier im Schutz der Einsamkeit konnte er getrost auf ein gepflegtes Äußeres verzichten.

Seufzend wandte der Schwarzhaarige seinen Blick ab und ging zu seinem Schreibtisch zurück. Beinahe schwerfällig ließ er sich auf den beige gepolsterten Holzstuhl nieder, griff nach seinem Füllfederhalter und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Brief zu, den er seinem treuen Freund in das weit entfernte Chile schicken wollte. Er hatte kaum drei weitere Sätze geschrieben, als ihn ein fürchterliches Donnergrollen und ein erneutes Flackern des Lichtes aus seiner Konzentration rissen. Entschlossen stand der Graf auf und wollte die schweren, dunkelroten Vorhänge vor sein Fenster ziehen, damit ihn die Naturgewalt nicht noch einmal in ihren Bann ziehen konnte, als er eine Bewegung unten auf dem Feld ausmachte. Das Licht, welches der nächste Blitz mit sich brachte, offenbarte ihm die Gestalt eines Menschen, der scheinbar Schutz vor dem Unwetter suchte. Gebannt starrte der Graf der Person nach, bis er bemerkte, dass sie zu seinem Schloss wollte. Schnell stürzte der Schwarzhaarige aus seinem Zimmer und lief den langen Gang und die imposante Marmorstiege hinunter in die Empfangshalle. Nervös fuhr sich der Schlossherr durch die Haare, überlegend, wie er nun vorgehen wollte. Sollte er der Person Einlass gewähren? Was, wenn sie von dem, ihm feindlich gesinnten, Nachbarn von Hohenwalde kam? Vielleicht ahnte dieser, dass er zurzeit alleine und mit wenig Bediensteten im Schloss verweilte und wollten einen Angriff starten.
 

Ein kaum vernehmbares Klopfen an der großen Eingangstür riss den Adeligen aus den Gedanken. Vorsichtig lugte der Schwarzhaarige durch eines der Fenster und öffnete dann die Tür einen Spalt breit, als er erkannte, dass ein großgewachsener blonder Mann davor stand. Unmöglich konnte dieser hagere Mensch ihn bezwingen wollen.

„Bitte, lasst mich ein“, bat dieser mit gequälter Stimme, die den Grafen durch Mark und Bein ging. Und, als wollte die Natur ihm seine Entscheidung abnehmen, stieß der Wind die Tür mit solch einer Wucht auf, dass der Schwarzhaarige einige Schritte zurücktaumelte und nur mit größter Mühe das Gleichgewicht hielt.

„Komm herein“, forderte er den verängstigen Mann auf, der ihm nur allzu gern folgte. Mit großer Anstrengung erlangte der Graf die Macht über die Tür wieder und sperrte das Unwetter hinaus aus dem Schloss. Nun endlich konnte er sein Gegenüber näher betrachten. Zitternd stand der Mann in der großen Eingangshalle und hielt sich die dünnen Arme schützend um seinen Körper geschlungen, während er den Blick stumm auf den weißen Marmorboden gerichtet hatte. Dreck bedeckte die einfache weiße Kleidung, doch auch Blutflecken konnte der Graf erkennen.

„Komm mit“, sagte der Schwarzhaarige bestimmend und während er seinen Gast über die Treppe hinauf in seine Gemächer führte, rief er nach seiner Bediensteten, Marie.

Warum er den Fremden mit in sein persönliches Schlafzimmer nahm, in das außer ihm, seinem Kammerdiener Frederik und Marie niemand durfte, wusste er nicht. Auch nicht, woher diese Vertrautheit kam, die er vom ersten Augenblick an spürte, als dieser blonde Hüne vor ihm gestanden hatte, wo er doch normalerweise immer Distanz zwischen ihm und seinen Mitmenschen bewahrte.
 

Kaum hatte er mit dem geheimnisvollen Fremden sein Zimmer betreten, erschien auch schon Marie in ihrem hochgeschlossenen, schwarzen Kleid mit der weißen gerüschten Schürze in der dunkelbraunen, kunstvoll verzierten Doppeltür.

„Ihr wünscht, Graf von Felsenheimer?“, fragte die junge Frau, die ihre brünetten Haare zu einem strafen Zopf geflochten hatte, und machte ehrfürchtig einen Knicks. Der Adelige konnte sehen, dass sie den Besucher, der nun in der Mitte des Zimmers stand und noch immer auf den Boden starrte, neugierig, aber doch auch kritisch beäugte. Der blasse Mann in den einfachen Gewändern schien in den prunkvollen Gemächern mit der dunkelblauen Tapete, die mit dezenten goldenen Mustern verziert war, etwas deplatziert zu sein.

„Lass warmes Wasser in die Badewanne ein und bring mir Verbandszeug“, befahl er ihr in einem sanften Ton. Der Graf bemühte sich, ein strenges aber gutes Verhältnis zu seinen Angestellten zu haben und war stolz darauf, noch nie gröbere Streitereien mit ihnen gehabt zu haben. Nicht so, wie sein weit entfernter nächster Nachbar, Fürst von Hohenwalde, über den in ihren Kreisen Gerüchte über ein fast schon sadistisches Verhalten seinen Bediensteten gegenüber kursierten. Während Marie durch die zweite Tür in seinem Zimmer ins Bad verschwand, fragte sich der Schwarzhaarige, ob sein Gast wohl zu der Dienerschaft seines Nachbarn gehörte.

„Wie heißt du?“, fragte er den ihm an Größe Überlegenen. Dieser schien überlegen zu müssen, bevor er leise und ohne aufzusehen mit „Farin“ antwortete. Vorsichtig, aber bestimmt, dirigierte der Graf den Anderen zu dem gepolsterten Stuhl aus dunklem Holz, der, mit einem kleinen Tischchen und zwei weiteren Sesseln, in einer der vorderen Ecken stand, und drückte ihn sanft auf ihn.

„Kommst du von Fürst von Hohenwalde?“, wollte der Schwarzhaarige dann wissen. Zaghaft nickte Farin und als er endlich seinen Blick hob, konnte Graf Bela grenzenlose Angst in den braun-grünen Augen ablesen.

„Du brauchst keine Angst zu haben, du bist bei mir in Sicherheit“, versuchte der Adelige ihn zu beruhigen.

„Danke“, sprach der Blonde und ein kleines Lächeln umspielte die schmalen Lippen.
 

Aus den Augenwinkeln nahm Bela wahr, wie Marie aus dem Badezimmer kam und aus seinem Gemach verschwand.

„Komm“, wies er seinen Gast an und ging mit ihm ins Bad. Dort zeigte er auf die kupferne Badewanne und meinte: „Hier, ein Bad wird dir sicher gut tun.“

„Ihr seid zu gütig, Graf von Felsenheimer“, widersprach Farin, sich an die Etikette erinnernd.

„Bitte, nenn mich doch Bela“, bat der Adelige und schob den anderen näher zur Wanne.

„Aber…“, setzte der Blonde an.

„Kein aber. Ich bin Bela und du gehst jetzt baden“, befahl der Kleinere immer noch mit sanften Ton und einem Lächeln auf den Lippen.

Zaghaft knöpfte der Andere sein schmutziges Hemd auf und ließ es zum Boden gleiten. Bela zog scharf die Luft ein, als er die vielen Verletzungen auf dessen Oberkörper sah. Vor allem die vielen Striemen auf dem Rücken, die unverkennbar von einer Peitsche stammten, stachen ihm ins Auge. Aber auch die vielen blauen Flecken auf der Brust, an den Oberarmen und am Bauch waren besorgniserregend.

„Dann stimmen die Gerüchte also“, wisperte der Graf entsetzt und beobachtete den Mann, wie er sich von seiner Hose befreite und in die Wanne stieg.

Als Bela zum Sprechen ansetzen wollte, ging die Tür auf und Marie erschien mit dem, von ihm gewünschten, Verbandszeug. Auf sein „Danke“ hin lächelte sie höflich und knickste, bevor sie wieder verschwand. Während er sich auf den einzigen, im geräumigen Badezimmer stehenden, beige gepolsterten Holzstuhl setzte, lenkte der Schwarzhaarige seine Aufmerksamkeit wieder auf den Schönling in der Badewanne.

„Du warst ein Diener des Fürsten, oder?“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage, die durch ein Nicken seitens Farins bestätigt wurde.

„Ich war zuletzt der Kammerdiener seines Sohnes“, fügte dieser noch hinzu.

„Wie kam es dazu, dass du mitten in der Nacht und bei diesem schlimmen Unwetter…flüchtest?“

„Vor vier Monaten hat der Fürst mein Dienstverhältnis gekündigt, mich aber nicht gehen lassen. Er hat mich vielmehr…eingesperrt. Heute hatte ich endlich die Gelegenheit zur Flucht und die musste ich ergreifen. Lieber wollte ich vom Blitz getroffen werden, als diese Möglichkeit unversucht zu lassen“, erklärte Farin und nahm dankbar die Seife entgegen, die ihm der Schlossherr nun gab.

Bedauernd schüttelte Bela den Kopf. Die Verletzungen allein waren der Beweis, dass der Blonde nicht nur eingesperrt gewesen war. Viele Blaublütige schienen scheinbar ihre eigenen Gesetze zu haben und behandelten ihre Angestellten wie Vieh. Er selbst könnte so etwas nicht, waren seine Bediensteten doch die einzigen, die nach dem Tod seiner Eltern noch bei ihm waren. Auch sein treuer Freund Rodrigo hatte ihn verlassen, als er vor fünf Jahren in seine Heimat Chile zurückgekehrt war. Warum sollte er die Menschen, die dafür sorgten, dass er sich nicht alleine fühlte, verletzten?
 

Gespannt, aber unauffällig verfolgte der Graf, wie sich sein Gast nun einseifte. Er musste zugeben, dass, wenn man einmal davon absah, dass der Blonde verletzt und etwas zu dünn war, er ein durchaus schöner Mann war. Nur zu gerne würde Bela jetzt selbst die Seife in die Hand nehmen und sie über den Körper des Anderen gleiten lassen.

‚Wo bleibt deine Contenance’, hörte er auf einmal die Stimme seiner Kammerdienerin, die er als Kind hatte, in seinem Kopf. Schnell schickte der Graf seine Gedanken auf ein weniger verfängliches Gebiet und reichte Farin ein Handtuch, als dieser, vom Dreck befreit und gut duftend, aus dem Wasser wollte. Während sich sein Gast abtrocknete, bemerkte der Graf, dass dieser keine frische Kleidung zum Anziehen hatte. Schnell rief er nach Marie und ließ sich von ihr Wäsche für seinen Gast bringen. Bevor er sich aber bekleiden durfte, musste der Blonde noch die Wundversorgung über sich ergehen lassen. Das Handtuch um die Hüfte gewickelt setzte er sich auf den nun freien Sessel, so wie sein Gastgeber es wollte.

„Wie alt bist du?“, fragte Bela neugierig, während er die Verletzungen desinfizierte.

„Vierundzwanzig“, erwiderte der Größere, der immer wieder ob des Brennens zusammenzuckte.

„Dann bist du nur ein Jahr jünger, als ich“, meinte der Graf schmunzelnd.

„Was verschlägt dich hierher?“, wollte er dann wissen.

„Meine Eltern haben mich vor zehn Jahren auf den Hof des Fürsten geschickt.“

„Hast du Geschwister?“, fragte der Schwarzhaarige, als er begann, den Verband um den Oberkörper des Jüngeren zu wickeln.

„Eine jüngere Schwester“, antwortete Farin, der seine Arme hochhielt, um dem Anderen die Arbeit zu erleichtern.

„Hast du noch Kontakt zu ihr?“

„Nein“, bedauerte der Blonde. „Der Fürst hat uns jeglichen Kontakt zu unseren Familien untersagt.“

„Heißt das, du hast seit zehn Jahren nichts mehr von deiner Familie gehört?“, wollte der Adelige entrüstet wissen.

„Leider nein“, erwiderte der Jüngere. „Habt Ihr Geschwister, Graf von…Bela?“ Er schien sich etwas unwohl dabei zu fühlen, einen Höhergestellten mit Vornamen anzureden.

„Eine Zwillingsschwester. Sie lebt in Hamburg und ist mit dem Sohn des englischen Botschafters verheiratet“, erklärte der Schwarzhaarige und bedeutete Farin, dass er sich anziehen konnte. Kaum war er in die Kleidung geschlüpft, führte der Schlossherr ihn auch schon in das, dem gräflichen Schlafzimmer am nächstgelegenem Gästezimmer. Wie alle Räumlichkeiten in seinem Schloss ging man auch hier durch eine dunkelbraune Doppeltür aus Holz ins Innere. Die Wände waren in einem zarten Beige gehalten, das große Bett mit der weißen Seidenbettwäsche stand quer zur Tür an der Wand. Vor der Glastür, die hinaus auf einen kleinen Balkon führte, stand ein kleiner runder Tisch aus dunklem Holz mit zwei dazu passenden Stühlen mit rot gepolsterter Sitzfläche. Zwischen der Balkontür und einem bodenlangen Fenster war ein großer Spiegel angebracht, unter dem eine dunkle Kommode stand. Eine weitere dieser Art stand auf der, der Tür gegenüberliegenden Wand.

„Hier kannst du schlafen, bis es dir wieder besser geht“, erklärte der Graf seinem Gast.

„Graf…Ihr seid zu gütig zu mir“, erwiderte Farin eingeschüchtert, der scheinbar nicht wahrhaben konnte, dass er tatsächlich in solch einem prächtigen Schlafzimmer nächtigen durfte. Vorsichtig setzte der Hüne seine Beine auf das Parkett auf, als würde er sich bestätigen müssen, dass er sich wirklich in der Realität befand.

„Ich möchte mit dir, wenn du damit einverstanden bist, morgen, so das Wetter besser ist, zum Doktor fahren. Ich bin kein Mediziner und habe deine Wunden nur notdürftig versorgen können. Während deines Aufenthalts werde ich dir Jonas zur Seite stellen, der dir hoffentlich jeden Wunsch erfüllen kann“, fuhr der Adelige mit einem leichten Lächeln fort.

„Graf, womit habe ich das verdient? Ich bin doch nur ein einfacher Diener?“, wehrte der Jüngere ab.

„Du bist hier aber nicht als Diener, sondern als Gast und als dein Gastgeber möchte ich dir deinen Aufenthalt so angenehm wie möglich gestalten“, widersprach der Schwarzhaarige sanft und drückte den Anderen auf das Bett. „Und jetzt ruh dich aus, du bist bestimmt sehr müde.“

Leise verließ Graf Bela das Zimmer und konnte somit nicht sehen, wie sich Farin entzückt unter die weiche Bettwäsche kuschelte und mit einem seligen Lächeln auf den Lippen einschlief.

Ein verlockendes Angebot

Als Graf Bela am nächsten Morgen aufwachte, drangen schwache Sonnenstrahlen unter den schweren Samtvorhängen hervor. Mit einem müden Lächeln auf den Lippen schwang sich der Schwarzhaarige aus dem Bett und trat an eines der drei bodenlangen Fenster gegenüber dem Bett, um den dunkelroten Stoff beiseite zu schieben und das wärmende Licht auf seinem Körper zu spüren. Vorsichtig öffnete er die Flügel des Fensters und sog wohlig den markanten Duft ein, den die Natur nach einem Unwetter trug. Der Adelige lehnte sich hinaus und musste blinzeln, als er direkt in die Strahlen der Sonne blickte. Als sich seine Sicht wieder klärte, betrachtete er die Landschaft, der man das Gewitter der vergangenen Nacht nur schwer ansehen konnte. Das feuchte Gras glänzte im Licht und die Blätter, die auf dem Kieselweg der Auffahrt lagen, wurden gerade von seinem Gärtner Herbert und dessen Gehilfin Franziska weggeschafft. Leise hörte er das Wiehern eines seiner Pferde, das von der Weide, die sich hinter dem Schloss erstreckte, zu ihm durchdrang. Graf Bela zog sich zurück, blickte auf die große Standuhr und erkannte, dass sein Kammerdiener Frederik bald kommen würde, um ihm, wie jeden Morgen, bei der Rasur und beim Anziehen behilflich zu sein. Er schloss das Fenster wieder, drehte sich um und lehnte sich an das kühle Glas. In diesem Moment der Ruhe ließ er seinen Blick durch das Zimmer gleiten, in dem bis zu ihrem Tod noch seine Eltern gelebt hatten. Als er, als neu ernannter Schlossherr, sich pflichtgemäß in dieses Zimmer einquartiert hatte, hatte er vieles so stehen lassen, wie es das Ehepaar hinterlassen hatte. Die vier Spiegel, die auf Geheiß seiner Mutter in jeder Ecke hingen, die aus diesem Grund breit abgeschrägt werden mussten, das große Familienporträt, das über dem, quer zur Tür stehenden, Ehebett hing und die kleine Sitzgruppe in der Ecke links neben der Tür. Die drei Kommoden, von denen eines an der, der Tür gegenüberliegenden Seite neben dem Eingang in sein persönliches Badezimmer und zwei neben ihm standen, waren, wie die meisten Möbel im Schloss, aus dunklem Holz. Einzig und allein die prunkvollen Akzente und der Schreibtisch, der auf der anderen Seite der Badezimmertür stand, unterschieden seine Schlafgemächer von denen der Gäste. Der junge Graf seufzte und sinnierte, ob er sein Zimmer etwas umarrangieren sollte, da ihn die Eintönigkeit bisweilen langweilte. Etwas Frische würde diesem Raum gut tun. Vielleicht sollte er die Wände neu tapezieren lassen?
 

Kaum hatte er den Gedanken zu Ende geführt, wurde die Tür in sein Zimmer leise geöffnet und sein, in schwarzer Uniform gekleideter, Kammerdiener trat ein.

„Ihr seid schon wach, Graf von Felsenheimer?“, entgegnete Frederik überrascht, als er seinen Dienstgeber nicht, wie gewöhnlich, im Bett schlafend vorfand. Sogleich besann er sich aber wieder, verneigte sich höflich und legte dann die Kleidung des Adeligen, die er aus dem Ankleidezimmer geholt hatte, über einen der Stühle, ehe er im Badezimmer verschwand und die Utensilien für die Rasur vorbereitete. Währenddessen stellte der Schwarzhaarige seinen Schreibtischsessel so hin, dass er durch die Fenster hinaus in den Garten und über einen der Spiegel die Arbeit seines persönlichen Dieners sehen konnte. Unweigerlich musste er daran denken, dass genau an dieser Stelle vor nicht einmal einem halben Tag jener geheimnisvolle Fremde gestanden hatte, der ihm seither nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte. Der Schlossherr lächelte, als er den blonden Hünen vor seinem geistigen Auge sah. Wie gerne würde er jetzt sofort zu ihm gehen, ihm durch die Haare streichen und ihn mit einem sanften Kuss aufwecken, so er denn noch schliefe.

Kaum hatte er sich auf das Möbelstück niedergelassen, kam Frederik auch schon aus dem Bad zurück.

„Hattet Ihr einen erholsamen Schlaf, Graf?“, erkundigte sich der ergraute Diener, als er begann, die zu rasierende Haut des Blaublütigen einzuseifen.

„Die hatte ich durchaus“, erwiderte dieser und reckte den Kopf etwas, um dem Anderen die Arbeit zu erleichtern. „Ist unser Gast denn schon aufgewacht?“, wollte er dann neugierig wissen.

„Noch nicht, Graf“, antwortete Frederik und setzte vorsichtig das Messer an, um dann in gekonnten Bewegungen Seife und Bartstoppeln abzurasieren.

„Es scheint mir, als hätte er viel erlitten, in letzter Zeit“, bedauerte der Schwarzhaarige.
 

Als der Bedienstete die Morgentoilette beendet hatte, nahm er die Kleidung seines Arbeitgebers, um sie jenem Stück für Stück zu reichen. Still schlüpfte der Adelige in die graue Hose und das weiße, gestärkte Hemd. Erst als er sich die schwarze, seidene Weste überzog, befahl er dem Älteren: „Sag Jonas, er soll unseren Gast wecken und Heinrich, er soll die Kutsche für elf Uhr bereitstellen. Ich will mit unserem Gast zum Herrn Doktor in die Stadt fahren.“

„Wird sofort erledigt, Graf“, erwiderte Frederik und verneigte sich höflich. Er nahm die Gegenstände, die er für die Rasur benötigt hatte, an sich und verließ leise die Gemächer des Schlossherren. Dieser schlüpfte in die spitzen, schwarzen Lederschuhe, kontrollierte sein Aussehen im Spiegel und ging dann mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen in den Speisesaal, um mit seinem Gast das Frühstück einzunehmen.
 

Farin wurde wach, als ein braunhaariger Mann die dunkelroten Vorhänge zur Seite schob und somit den Sonnenstrahlen Einlass in das Zimmer gewährte. Erschrocken fuhr der Gast hoch, doch schon im nächsten Augenblick wurde ihm klar, dass er sich nicht mehr in der überaus kleinen Kammer auf dem Hof des Fürsten befand. Hier im Schloss von Graf von Felsenheimer war er sicher.

„Guten Morgen, Herr Farin“, grüßte der Andere ihn höflich, als er sich zu ihm wandte und sah, dass er erwacht war.

„Guten Morgen, ähm…?“

„Ich bin Jonas und werde Ihnen während Ihres Aufenthaltes bei Graf von Felsenheimer zu Diensten sein“, beantwortete der Diener die noch unausgesprochene Frage.

„Äh…danke“, erwiderte der Blonde unbeholfen. Noch nie war er in den Genuss gekommen, von jemandem bedient zu werden. Sonst war er es immer, der diese Tätigkeit ausführte.

Noch etwas benommen schlug Farin seine Decke weg und setzte seine Beine auf das Parkett auf. Kaum war er aufgestanden, führte ihn der etwas Ältere zu einem der Stühle und bedeutete ihm, sich hinzusetzen. Dabei inspizierte der Gast das Gewand näher, in dem er geschlafen hatte. Bisher hatte er nur in Nachthemden geschlafen und er hatte auch noch nie jemanden gesehen, der in so einem Zweiteiler aus weißem Baumwollstoff nächtigte. War dies wohl diese Kleidung, die der Fürst so verspottete und daher nicht auf seinem Hof duldete? Wie hieß das noch gleich?

„So etwas nennt man Pyjama“, erklärte Jonas, der wohl die Gedankengänge des Gastes nachvollziehen konnte. „Diese Art von Nachtbekleidung stammte aus Indien, die Briten haben sie nach Europa gebracht.“

„Dieser…Pyjama?…ist durchaus bequem. Zudem muss ich zugeben, dass ich Nachthemden immer gehasst habe – sind mir etwas zu luftig…untenrum“, erwiderte Farin, als er sich auf den Stuhl niederließ, wobei er das letzte Wort eher genuschelt hatte. Der Bedienstete hatte ihn trotzdem verstanden und lachte leicht.

„Ja, der Graf mag ihn auch sehr gerne. Er meint, früher oder später wird dieser Pyjama schon noch an Beliebtheit gewinnen. Wünschen Sie irgendeine spezielle Rasur?“

„Nein, danke. Es wär mir recht, wenn alles abkommt“, bat der Hüne, der sehr darauf bedachte, sich nicht anzulehnen, um seinen geschundenen Oberkörper zu schonen. Sofort begann der Braunhaarige, die Barthärchen, die seit ein paar Tagen schon nicht mehr gestutzt wurden, einzuseifen.

„Wie alt bist du?“, wollte Farin dann wissen.

„Dreißig“, erwiderte Jonas und setzte das Rasiermesser an.

„Wie lange arbeitest du schon für den Grafen?“

„Seit fünfeinhalb Jahren.“

„Wie ist der Graf so als Dienstgeber?“

„Sehr angenehm, wirklich. Es gab bis auf die ein oder andere Verwarnung noch nie gröbere Auseinandersetzungen zwischen ihm und den Bediensteten“, erwiderte Jonas. Der Blonde beneidete den Angestellten. Wie gerne hätte er so einen guten Arbeitgeber gehabt, wie es der Graf zu sein schien. Die Zeit bei Fürst von Hohenwalde war für ihn die Hölle gewesen. Kaum ein Tag verging, ohne dass er geschlagen wurde. An die letzten Monate, in denen er gegen seinen Willen auf dem Hof festgehalten wurde, wollte er gar nicht mehr denken. Hoffentlich hatte er bald die Gelegenheit, einen Brief an seine Familie zu schreiben, oder sie gar zu besuchen.
 

Der Schlossherr wurde etwa eine halbe Stunde warten gelassen, ehe der hochgewachsene Blonde, gekleidet in schwarzen Schuhen, schwarzer Hose, weißem Hemd und schwarzer, seidener Weste, unsicher den Speisesaal betrat. Er sah schon etwas erholter und entspannter aus, als noch am vergangenen Abend. Und wieder gefiel dem Schwarzhaarigen, was er sah.

„Guten Morgen, Farin. Ich hoffe, du hattest eine angenehme Nacht?“, begrüßte Graf Bela ihn und bedeutete ihm, sich an die Tafel zu setzen. Eine Aufforderung, der der Jüngere nur zu gern nachkam, wenn er es auch vermied, sich anzulehnen, da sein Rücken noch immer sehr schmerzte.

„Die hatte ich durchaus,…Bela. Danke. Ich hoffe doch, Ihr auch?“, entgegnete er schüchtern. Es war noch immer ungewohnt für ihn, seinen Gastgeber nicht mit seinem Titel ansprechen zu müssen. Währenddessen betrachtete er mit leuchtenden Augen den herrlich gedeckten Frühstückstisch. Der Graf musste zugeben, Magdalena, seine Köchin, hatte sich wieder alle Mühe gegeben, um ihn zu erfreuen. Neben einem großen Korb voll Äpfel und einem mit geschnittenem Brot gab es Honig und einen frisch gebackenen Schokoladenkuchen.

„Ich auch ja, aber mach dir um meinen Schlaf mal keine Sorgen. Bitte, greif doch zu!“

Graf Bela beobachtete, wie sein Gast nun mit seinen schlanken, langen Fingern nach der Serviette griff, um sie dann auf seinem Schoß auszubreiten. So konnte er auch erkennen, wie der Größere sich scheinbar neuen Mut fasste, ihm in die Augen sah und zum Sprechen ansetze: „Bela, ich…möchte mich herzlich dafür bedanken, für alles, was Ihr mir…zur Verfügung stellt. Ich –“

„Schon gut, schon gut, du brauchst dich nicht zu bedanken“, wehrte der Adelige ab. „Ich tue das gern.“

Verlegen lächelte Farin und strich sich durch die etwas längeren, blonden Haare.

„Um elf Uhr werden wir in die Stadt fahren, damit dich der Doktor noch einmal untersuchen kann“, wechselte der Ältere dann das Thema und griff nach einem Stück des Kuchens.
 

Kurz vor elf standen die beiden Herren in der imposanten Eingangshalle und nahmen die schwarzen Fracks von Jonas und Frederik entgegen. Graf Bela setzte sich noch seinen ebenfalls schwarzen Zylinder auf. Auch auf den Gehstock, der mehr als Accessoire denn als Gehhilfe diente, verzichtete der Adelige nicht. Sie verabschiedeten sich von den beiden Angestellten und traten durch die Tür. In der bekiesten Auffahrt stand schon die Droschke bereit, vor der zwei prachtvolle Rappen gespannt waren.

„Guten Tag, Graf von Felsenheimer, Herr Farin“, begrüßte Heinrich die beiden und hielt ihnen die Tür des schwarzen Gefährts mit der goldenen Linierung auf.

„Guten Tag, Heinrich“, grüßte der Schlossherr den Kutscher und stieg ein. Auch Farin ließ einen schüchternen Gruß über seine Lippen gleiten, ehe er seinem Gastgeber folgte und sich neben ihn auf die rote Sitzbank setzte. Der grauhaarige, etwas untersetzte Mann schloss die Tür, nahm auf dem Kutschbock platz und wenig später setzte sich die Kutsche auch schon in Bewegung.

Aus dem Augenwinkel sah Graf Bela, dass sein Gast schmerzvoll das Gesicht verzog, wann immer der Weg etwas holpriger war. Er konnte nur hoffen, dass die Verletzungen des Anderen schnell verheilen würden.

„Der Fürst hat noch deine persönlichen Sachen, nicht wahr? Ich hätte Jonas sagen sollen, dass er sie holen soll“, versuchte er Farin abzulenken.

„Es hat keine Eile. Außer meiner Kleidung besitze ich nichts, da ich meinen Lohn größtenteils meiner Familie geschickt habe“, erwiderte dieser und versuchte zu lächeln, was ihm gründlich misslang, da just in diesem Moment die Kutsche über eine gröbere Unebenheit fuhr.

„Hast du große Schmerzen?“, erkundigte sich der Ältere besorgt.

„Es geht, danke. Ihr braucht Euch keine Sorgen zu machen.“
 

Der Besuch beim Arzt fiel relativ kurz aus, denn Graf Bela hatte sich bei der Wundversorgung letzte Nacht als ziemlich geschickt erwiesen. So brauchte der Doktor nur eine Salbe aufzutragen, neue Verbände anzulegen und den beiden etwas Medizin gegen die Schmerzen mitzugeben. So war auch die Retour-Fahrt für Farin gleich viel angenehmer. Zwar tat es ihm noch immer weh, wenn sie über holprige Stellen kamen, aber nicht mehr so sehr wie bei der Hinfahrt.
 

Kaum waren sie im Schloss angekommen, schickte der Adelige Jonas und zur Sicherheit noch einen der Wachbediensteten zum Hof des Fürsten, um die Habseligkeiten Farins zu holen. Währenddessen zog sich der Gast in sein Zimmer zurück, um seiner Familie zu schreiben. Es fiel ihm leicht, passende Worte zu finden, da er vieles über die vergangenen zehn Jahre erfahren wollte und auch selbst einiges zu berichten hatte. Er hoffte so sehr, dass es seinen Eltern und seiner jüngeren Schwester gut ginge. Vielleicht könnte er sie sogar einmal besuchen, in nächster Zeit. Er hatte kaum Geld, aber vielleicht wäre Graf von Felsenheimer so gütig, …

‚Nein, Farin. Du solltest seine Gastfreundschaft nicht überstrapazieren’, ermahnte sich der blonde Hüne selbst. Aber vielleicht könnte er ihn um eine Anstellung bitten, damit er die Fahrtkosten schnell beisammen hatte? Allerdings schien der Schlossherr genug Bedienstete zu haben.
 

Er hatte seinen Brief gerade beendet, als jemand an der Tür klopfte.

„Herein?“, rief Farin durch das Zimmer. Mit einem Bündel unter dem Arm, das augenscheinlich seine Kleidung war, betrat Jonas die Gemächer des Gastes.

„Ihre Habseligkeiten, Herr Farin“, erklärte der Bedienstete auch schon mit einer höflichen Verbeugung und schickte sich an, jene sogleich in eine der Kommoden zu räumen.

„Danke“, erwiderte der Blonde etwas überfordert. „Gab es denn Schwierigkeiten?“

„Nein. Als der Fürst hörte, wer uns gesandt hat, hat er Ihre Kleidung sofort aushändigen lassen. Er mag zwar in der Hierarchie über dem Grafen stehen, dennoch hat die Familie von Felsenheimer schon seit Jahrzehnten mehr Einfluss als die Familie von Hohenwalde“, antwortete der Ältere. „Ach, ehe ich es vergesse: Der Graf lässt fragen, ob Sie hungrig sind und dem Mittagessen beiwohnen möchten?“

„Gerne“, meinte Farin und stand auf, wobei sein Blick auf sein Briefkuvert fiel. Er nahm es an sich und wandte sich dann an den Anderen: „Jonas, weißt du zufällig, wie ich den Brief hier aufgeben kann?“

„Oh, wenn Sie möchten kann Marie ihn mitnehmen. Sie wollte in einer Stunde in die Stadt fahren, um die Post des Grafen zu erledigen“, erwiderte der Diener und nahm das Kuvert, da der Größere nichts dagegen hatte, an sich.
 

Entgegen Farins Erwartung führte Jonas ihn nicht wie am Morgen in den Speisesaal, sondern den langen Gang im Erdgeschoss entlang, bis sie vor einer weitern dunkeln Doppelflügeltür stehen blieben. Der Ältere klopfte an und auf das „Herein“ vom Grafen traten sie in das Zimmer. Der Blonde sah sich mit großen Augen um. Sie waren augenscheinlich in der Bibliothek des Schlosses, wie sonst sollte man solch einen Raum nennen, der sch über zwei Geschosse erstreckte und über voll gestellte Bücherregale an den Wänden verfügte. Licht kam über die sechs bodenlangen Fenster, die sich auf der rechten Seite von der Tür aus gesehen zu je drei pro Ebene befanden. In der Nacht würde der Kristallluster Helligkeit spenden. Das Obergeschoss, auf dem man nur auf einen breiten Gang vor den Regalen gehen konnte, konnte man über die kleine Wendeltreppe in der linken hinteren Ecke erreichen. In der unteren Ebene befand sich in der Mitte des Raumes eine gemütliche Sitzecke mit blau gepolsterten Stühlen und einem runden Glastisch. Auf genau dieser wartete Graf von Felsenheimer auf ihn.
 

Der Adelige hatte mit Genuss beobachtet, wie euphorisch seinen Gast den Raum inspizierte. Scheinbar lag er richtig mit seiner Einschätzung, dass Farin klug und wissbegierig war. Er nickte Jonas zu, der daraufhin die Bibliothek verließ und stand auf, um auf den Blonden zuzugehen.

„Dieses Schloss hier wurde vor vielen Generationen von meiner Familie erbaut. Besonders mein Urgroßvater liebte Bücher über alles. Er war es auch, der diese Bibliothek auf das Obergeschoss hatte ausbauen lassen“, erklärte er und führte Farin zu einem der Ohrensessel, um danach auf dem gegenüberliegenden Platz zu nehmen. Kaum eine Minute später betrat Marie mit einem Tablett das Zimmer.

„Ich hoffe, du magst Fisch“, erwiderte Graf Bela, während die Bedienstete ihr Mittagessen auf den Glastisch platzierte.

„Sehr sogar“, antwortete Farin lächelnd.

„Na dann, lass es dir schmecken“, sprach der Schlossherr und begann zu essen.
 

„Und, hat es gemundet?“, erkundigte sich der Schwarzhaarige, nachdem sie beide fertig geworden sind.

„Es war vorzüglich“, lobte der Jüngere.

Graf Bela schüttelte das Glöckchen, das bis jetzt unbeachtet auf dem Tisch gelegen hatte und wenige Augenblicke später kam Marie ins Zimmer und räumte das Geschirr ab.

„Richte Magdalena bitte ein Lob aus. Der Fisch war wieder exzellent“, bat der Adelige die junge Frau.

„Wird gemacht, Graf.“

Farin beneidete die Angestellten hier. Auf dem Hof des Fürsten hatte niemand auch nur ein klitzekleines Lob bekommen. Immer wurden sie angeschrieen, nie hatten sie ihrem Arbeitgeber etwas Recht machen können.
 

Graf Bela merkte sofort den bedauernden Blick in den Augen seines Gastes.

„Alles in Ordnung, Farin?“

„Oh ja, natürlich…ich hab nur gerade an den Fürsten denken müssen“, erwiderte der Jüngere sofort und setzte sein charmantes Lächeln auf.

Der Graf erwiderte es und erkannte, dass nun ein geeigneter Augenblick wäre, um den Anderen in seine Pläne einzuweihen.

„Farin, ich…möchte mit dir über deinen weiteren Aufenthalt sprechen“, begann er. Er bemerkte, wie der Blonde leicht zusammen zuckte und sich verkrampfte.

„Hab keine Angst, ich werde dich nicht rauswerfen“, fügte er deshalb schnell hinzu, was Farin aufatmen ließ. „Ich habe mir gedacht…du kannst solange hier in meinem Schloss bleiben, wie du möchtest, als mein Gast. Und ich würde mich freuen, wenn du für längere Zeit hier bleiben würdest.“

„Bela, warum…warum seid Ihr so gütig zu mir?“

„Ich denke, dass wir beide gute Freunde werden könnten. Sieh mich doch an, außer meinen Bediensteten habe ich hier niemand und mein einziger Freund ist zurück nach Chile gegangen. Du bist mir sympathisch, also bitte ich dich, mich zu verstehen, wenn ich dir sage, dass ich dich gerne bei mir habe und das auch weiterhin so haben möchte.“

„Aber…“ Farin verstummte. Es war natürlich ein sehr verlockendes Angebot, aber er wollte nicht von seinem Gastgeber abhängig sein. Außerdem: Wer konnte ihm schon garantieren, dass der Graf ihn nicht rauswerfen wollte, sobald er seiner überdrüssig geworden war? Dann würde er dastehen mit nichts in der Tasche, außer ein bisschen Kleingeld und seiner Kleidung. Andererseits fand auch er, dass sie beide gute Freunde werden könnten, sah man von dem Standesunterschied ab, den der Graf sowieso gewillt war, zu vergessen.

„Ich verstehe deine Zweifel und ich kann sie auch gut nachvollziehen! Deshalb garantiere ich dir, dass ich dich nicht vor die Tür setze, sollten wir einmal nicht derselben Meinung sein. Und solltest du von dir selbst aus gehen wollen, so werde ich dir genug mitgeben, damit du dir eine eigene Existenz aufbauen kannst“, argumentierte der Adelige. „Mach dir darum keine Sorgen. Ich verfüge über genug Geld, um dir eine sichere Unterkunft gewähren zu können.“

„Bela, ich…weiß nicht was ich sagen soll“, hauchte Farin gerührt.

„Ich bitte dich, bleib hier!“

Der Jüngere atmete tief ein und aus. Konnte er es wagen? „Ich bin einverstanden“, antwortete er schließlich lächelnd. Was hatte er schon zu verlieren?

Der Brief und andere Großzügigkeiten

Die kommenden Tage verbrachte Farin größtenteils damit, seinen geschundenen Körper zu schonen und dabei seine neue Bleibe zu erkunden. Leider verzweifelte er immer wieder, denn das Anwesen der Familie von Felsenheimer war doch recht groß. Relativ schnell jedoch hatte er die geräumige Küche gefunden, in der die Köchin Magdalena, deren Gehilfe Tobias und bei Bedarf auch Marie die köstlichen Mahlzeiten zubereiteten. Sein Gastgeber hatte ihm erklärt, dass er sich ruhig etwas holen durfte, sollte er einmal Hunger verspüren. Es war nicht so wie auf dem Hof des Fürsten, wo er mit einer äußerst kleinen Portion zufrieden sein musste, oder den Bediensteten manchmal als Bestrafung gar das Essen verwehrt wurde. Farin dachte oft an seine Freunde, die noch immer auf dem Hof unter diesen unwürdigen Bedienungen arbeiten mussten und bedauerte, dass er ihnen nicht helfen konnte. Denn so wütend der Graf auch sein mochte, gegen den Fürsten konnte er nichts ausrichten, denn es war jedem freigestellt, seine Angestellte so zu behandeln, wie er wollte.

Sein neu gewonnener Freund hatte ihm auch noch den Pferdestall gezeigt, wo neben den zwei Rappen, die Farin schon gesehen hatte, als sie zum Arzt gebracht wurden, noch drei Schimmel und eine zutrauliche Fuchsstute mit ihrem Fohlen untergebracht waren. Die meiste Zeit verbrachte der große Blonde jedoch in der großen Bibliothek, sodass es bald den Anschein hatte, als würde er dort leben.
 

An diesem sonnigen Sommermorgen besuchte der ehemalige Kammerdiener des Erbprinzen von Hohenwalde die Stallungen. Er grüßte den etwas in die Jahre gekommenen Friedrich, der sich um die Pferde kümmerte und ging dann zu seiner neuen Freundin, der englischen Vollblut-Stute Morning Star. Sie war ein Geschenk des nunmaligen Schwagers von Bela gewesen, sozusagen als Dankeschön, dass er dessen Schwester heiraten durfte. Liebevoll streichelte Farin ihr über den Kopf, besonders über die weiße Schnippe zwischen den Nüstern. Mit flacher Hand hielt er ihr eine Karotte entgegen, die sie sich mit ihren weichen Lippen schnappte. Wie gerne würde er jetzt seine Familie besuchen! Noch immer wartete der Hüne auf eine Antwort, musste sich aber gedulden, da der Postweg bekanntlich sehr lange dauerte. Dennoch wollte er so schnell wie möglich etwas von seinen nächsten Verwandten erfahren. Schon oft hatte er in den letzten Tagen überlegt, wie er seine Bitte an Bela herantragen könnte und immer wieder hielten ihn die Bedenken zurück. Er wollte die Gastfreundschaft des Grafen keinesfalls ausnützen.
 

Gemeinsam mit Friedrich brachte Farin die insgesamt neun Pferde auf die Weide und nachdem er dem Fohlen noch etwas beim Spielen zugesehen hatte, wandte er sich zum Gehen ab. Er ließ seinen Blick über das weitläufige Anwesen der Familie von Felsenheimer schweifen und wäre so fast mit Marie zusammengestoßen.

„Du hast Post bekommen, Farin“, schnaufte die Brünette, deren Wangen vor Aufregung rot gefärbt waren. Da sie gleich alt waren, hatten sich die beiden schnell angefreundet und so wusste die Bedienstete, was der Brief, den sie noch in der Hand hielt, für den Blonden bedeutete.

„Danke Marie. Das ging aber schnell!“ Entzückt nahm dieser das einfache Kuvert an sich, wartete mit dem Öffnen aber noch, bis er für sich alleine war. Er wollte beim Lesen ungestört sein, damit er sich gänzlich auf die Zeilen seiner Familie, was auch immer sie ihm erzählen wollten, konzentrieren konnte.

Gemeinsam gingen die beiden nun den bekiesten Weg entlang, der von den Stallungen zum Schloss führte. Voller Euphorie erzählte Marie dem Blonden von ihren Plänen für das kommende Wochenende, an dem sie vom Grafen frei bekommen hatte. Sie wollte ihren Freund, der in der Stadt als Schmied arbeitete, abholen und mit ihm die Tage an einem nahe gelegenen See verbringen.
 

Am Hintereingang des Gebäudes angekommen verabschiedeten sich die beiden, da sich die Brünette nun daran machte, den großen Tisch im Speisesaal für das Frühstück zu decken. Seufzend ließ sich Farin auf einen der weißen Korbsessel nieder, die auf der, vor der weißen Doppeltür gelegenen, Terrasse eine Sitzgruppe bildeten. Aufgeregt riss er nun das weiße Kuvert auf und faltete den Brief auseinander. Auf der Unterlippe kauend verschlang er die Worte, die durchwegs Gutes verkündeten. So bemerkte er auch nicht, wie sich ein schwarzhaariger Mann auf den Stuhl neben ihm niederließ. Umso mehr zuckte er dann zusammen, als dieser ihn plötzlich ansprach.

„Na? Was schreiben sie denn?“

„Bela! Musst du mich so erschrecken?“, fragte der Hüne daraufhin entrüstet. Nach den anfänglichen Schwierigkeiten fiel es ihm nun leicht, den Standeshöheren mit dem Vornamen anzusprechen und auch das angebotene Du zu verwenden.

„Tut mir Leid, mein Freund. Das hatte ich nicht beabsichtigt“, entschuldigte sich dieser lächelnd. „Aber sag, wie geht es deiner Familie?“

„Es geht ihnen gut und sie haben sich sehr gefreut, von mir zu lesen“, erwiderte Farin glücklich. „Meine Schwester Julia lernt gerade bei einer Schneiderin. Sie schreiben auch, dass sie schon früher versucht hätten, mir Briefe zu schreiben, aber nachdem ich nie geantwortet habe… nun, diese Briefe habe ich nie bekommen.“

„Es tut mir Leid, das zu hören! Aber sieh’s von der positiven Seite – deiner Familie geht es gut, sie haben dich vermisst“, versuchte der junge Graf ihn zu besänftigen.

Kurz darauf trat Marie durch die Doppeltür und servierte mit einem Tablett das Frühstück.
 

Am frühen Nachmittag fand Bela seinen neuen Freund wie fast immer in der Bibliothek. Seit dieser am vorigen Tag Jule Vernes ‚Reise um die Erde in 80 Tagen‘ entdeckt hatte, war er kaum noch ohne es anzufinden. Der Graf konnte sehen, dass dem Blonden etwas bedrückte, auch wenn dieser sich bemühte, ein fröhliches Gemüt an den Tag zu legen. Er konnte sich schon denken, was es war. Nach so vielen Jahren von der Familie getrennt würde er auch darauf brennen, sie endlich wieder zu sehen. Warum äußerte er dann keinen derartigen Wunsch? Er hatte ihm doch mehrmals versichert, dass er, was immer er haben wollte, bekommen könnte. Nun, dann lag es also an dem Älteren, den Stein ins Rollen zu bringen.

„Sag Farin, woher kommt deine Familie noch gleich?“, fragte er seinen Gast deshalb, als er sich in den Sessel neben ihn niederließ.

„Aus Berlin. Warum fragst du?“

„Nun, mein Schwager Jethro bat mich, ihn auf seine Reise nach Preußen zu begleiten. Scheinbar wurde er, als Vertreter Britanniens, von Bismarck um ein Gespräch gebeten. Jedenfalls dachte ich mir, du könntest uns begleiten und so deine Familie besuchen.“

„Bela, ich…ich weiß nicht, was ich sagen soll“, erwiderte der Jüngere, sichtlich überrumpelt von diesem unerwarteten Angebot.

„Sag einfach ja.“

„Ich…das kann ich doch nicht von dir verlangen“, lenkte Farin ein. Wieder fragte er sich, womit er diese Großzügigkeit verdient hatte.

„Oh doch, das kannst du. In der Kutsche ist genug Platz, da macht es nichts aus, wenn eine Person mehr mitfährt. Und ich sehe doch, wie sehr es dich bedrückt, deine Familie nicht sehen zu können“, erklärte der junge Adelige.

„Also…ich…also…wann fahren wir?“, wollte der Blonde wissen. Die Unsicherheit, aber auch die Vorfreude konnte man ihm deutlich in den grünbraunen Augen ablesen.

„In sieben Tagen“, antwortete Bela und tätschelte seinen Freund auf den Oberschenkel. „Ich freue mich!“

„Wie kann ich mich jemals für deine Güte revanchieren?“

„Nun denn“, begann der Schwarzhaarige und blickte auf das Buch, welches in Farins rechter Hand ruhte. Es war geschlossen, doch sein Zeigefinger teilte die Seiten an der Stelle, an der er aufgehört hatte, zu lesen. „erzähl mir doch, worum es darin geht. Oder, noch besser: Ließ mir vor!“

„Bitte?“

„Ja, man hat mir schon lange nicht mehr vorgelesen. Und ich finde es sehr entspannend, einer Stimme zuzuhören, die das geschriebene Wort vertont.“

„Nun denn.“ Der Blonde schlug das Buch auf Seite eins auf und begann, seinem Freund vorzulesen.

Ein Gespräch zwischen ihnen beiden

Schon seit jener Nacht, in der Farin vor seiner Tür gestanden hatte, verspürte Graf Bela von Felsenheimer eine gewisse Anziehung zu diesem blonden Hünen. Er entdeckte ein Gefühl in sich, dass er schon lange verloren geglaubt hatte, seit ihm einmal vor vielen Jahren das Herz von einer jungen Dame gebrochen wurde. Er wusste jedoch auch, dass gleichgeschlechtliche Liebe zu dieser Zeit in seinem Land verpönt war, ja sogar bestraft wurde. Er befand also in einer Zwickmühle. Einerseits könnte Farin seine Gefühle erwidern und in ihrem eigenen kleinen Reich könnten sie glücklich zusammen leben. Andererseits könnte er ihn auch verstoßen, verachten und den Behörden ausliefern. Was also tun?
 

Die Lösung zu seinem Problem fand Bela bei einem der abendlichen Spaziergänge, die Farin und er zu einem Ritual gemacht hatten. Sie beide würden am nächsten Tag Richtung Preußen aufbrechen und der Blonde erzählte gerade, wie sehr er sich freute, endlich seine Familie wieder zu sehen. Seine Familie – sein früheres Zuhause. Wäre dies nicht der perfekte Zeitpunkt für den Grafen, seine Karten offenzulegen? Denn würde der Jüngere ihn verachten, hätte er dann sogleich die Gelegenheit, zurück zu seinen Eltern zu ziehen. Er müsste den Schwarzhaarigen also nie wieder sehen, wenn er nicht wollte. Er kannte Farins Loyalität und wusste, dass er ihn nicht verraten würde, egal wie abstoßend er ihn finden würde. Das alles brachte ihn aber nur zu einer weiteren Frage: Wie sollte er das bloß anstellen?

„Was meinst du?“, holte ihn der Größere zurück in die Gegenwart.

„… Was?“, gab Bela überrumpelt von sich.

„Habt Ihr mir überhaupt zugehört, Graf von Felsenheimer?“, erwiderte Farin übertrieben pikiert, was sein Gegenüber dazu veranlasste, zu lachen.

„Verzeih mir Farin, ich war grad in Gedanken.“

„Gut, ich wollte eigentlich bloß wissen, wann wir morgen wegfahren sollten, aber wenn es dich sowieso nicht interessiert, was ich zu sagen habe, sollte ich von nun an lieber schweigen, oder was meinst du?“

„So habe ich das doch nicht gemeint, mein Freund“, antwortete Bela und zog seinen Freund näher an sich heran. Wohlige Wärme breitete sich in seinem Inneren aus, als der Duft des Größeren in seine Nase stieg.

„Nun denn mein Freund, erklär mir, was dich so tief in Gedanken versinken ließ.“

„Das, mein Lieber, ist nicht für Ohren eines Jünglings wie dich gedacht“, gab der Graf verschmitzt zurück.

„DAS wage ich zu bezweifeln.“

„So ist es aber. Und was deine Frage betrifft: Sobald der erste Sonnenstrahl die Blumen erreicht, sollten wir aufstehen.“

„Das hast du aber schön gesagt, Bela. Und ich werde dich bei Gelegenheit daran erinnern, wenn morgen wieder dein Morgenmuffel zum Vorschein kommt“, gab Farin lachend zurück.
 

Nach dem Abendessen zogen sich die beiden in ihre Gemächer zurück, um für die Reise zu packen. Ihre erste Etappe am nächsten Tag würde der Hafen von Hamburg sein, wo sie Belas Schwager Jethro abholen würden. Unterwegs würden sie in einer Unterkunft nächtigen, ehe sie am zweiten Tag ihrer Reise in Berlin ankämen. Diese Nacht war also die letzte Möglichkeit für den jungen Grafen, sich Farin zu offenbaren. Auf leisen Sohlen ging er den Gang hinunter und blieb dann vor der Doppeltür, hinter der sich das Zimmer Farins verbarg, stehen. Seine Hand zitterte vor Nervosität, als er klopfte.

„Herein“, drang die fröhliche Stimme des Blonden durch die Tür zu ihm vor, woraufhin er sie öffnete. Sein Freund stand nur mit einer Pyjamahose bekleidet vor seinem Bett und schien gerade für die Reise zu packen. Bei diesem Anblick erschauderte Bela leicht. Er dachte daran, wie Farin ausgesehen hatte, als er zu ihm gekommen war: abgemagert, der Körper mit Verletzungen übersät und scheu wie ein Reh. Nun aber strahlte er Selbstbewusstsein aus und sah durch und durch gesund aus. Verdammt, wie sollte man sich da nicht in ihn verlieben?

„Bela, was treibt dich denn zu mir?“, riss ihn der Blonde aus seinen Gedanken.

„Ach, nun weißt du…ich, also…“, stotterte der Graf, bevor er gänzlich abbrach. Vielleicht hätte er sich doch besser vorher überlegen sollen, was er sagen wollte!

„Haha, nun komm doch erst einmal richtig herein und setz dich zu mir“, meinte der Andere daraufhin sanft und wies ihn zu sich aufs Bett.

Der Ältere tat wie ihm geheißen und setzte sich nieder, hielt den Blick aber stets gen Boden gerichtet. Nur ein kurzer Augenkontakt mit denen seines Freundes und er wäre für immer verloren. Er spürte, wie sich Farin neben ihn setzte.

„Was bedrückt dich denn, mein Freund?“, fragte dieser und Bela kam nicht umhin, die Besorgnis aus dessen Stimme herauszuhören.

„Nun, wie soll ich es sagen? Es ist alles so kompliziert“, antwortete der Graf wahrheitsgemäß.

„Ist es wegen der Reise? Ist es wegen deinem Schwager? Oder gar meinetwegen?“, hakte der Jüngere nach.

„Es ist...irgendwie schon deinetwegen, Farin. Weißt du, seit du hier hergekommen bist, steht mein Leben auf dem Kopf. Und nicht nur mein physisches Dasein, auch mein psychisches, verstehst du? Wenn ich dich ansehe, spüre ich Gefühle in mir, von denen ich nicht wusste, dass ich sie noch habe! Wenn ich in deiner Nähe bin, werde ich auf einmal nervös, unsicher und ich verstehe die Welt nicht mehr. Der Gedanke an dich hält mich abends wach, wenn ich einschlafen will. Er weckt mich morgens auf und zaubert ein Lächeln in mein Gesicht. Was immer ich auch tue, wo immer ich auch hingehe, meine Kopf ist immer bei dir und schon allein der Gedanke, dass du mich eines Tages verlassen könntest, bringt mich beinahe um.“ Einmal angefangen, sprudelten die Worte nur so aus Belas Mund heraus.

Sich nervös die Hände reibend wartete er auf die Reaktion des Anderen. Als er endlich wagte aufzublicken, konnte er sehen, dass Farin sich, wann auch immer, das Oberteil des Pyjamas angezogen hatte. Doch in seinem Gesicht waren keine Emotionen zu erkennen. Die grünbraunen Augen huschten ohne Fixpunkt einmal hierhin, einmal dorthin. Er dachte nach. Der leicht geöffnete Mund setzte dann und wann zum Sprechen an, doch nichts kam über diese wunderschönen, hellroten Lippen.

'Wie sie sich wohl anfühlen würden?', schoss es Bela durch den Kopf. Sogleich verbot er sich diesen Gedanken und wandte den Blick wieder ab. Der Ältere wollte sich keine Hoffnungen machen. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, als er endlich die Stimme seines Freundes vernahm.

„Bela...ich -“, begann Farin langsam, doch wurde er vom Anderen unterbrochen.

„Du spürst nicht dasselbe, verstehe.“

Schnell stieß sich Bela vom Bett ab und ging zur Tür, ohne den Blonden noch einmal anzusehen. Er versuchte, seine Enttäuschung zu verbergen, als er fortfuhr: „Dir steht es natürlich frei, ob du bei mir bleiben willst, oder nicht. Ich habe den Zeitpunkt so gewählt, damit du zu deiner Familie zurückkehren kannst, wenn es dir nicht genauso geht, wie mir – was ja nun der Fall ist. Du hast also noch bis morgen Zeit, es dir zu überlegen“.

Er hatte die Hand schon auf der Türklinke liegen, als er die empörte Stimme Farins vernahm: „Lässt du mich gefälligst ausreden!“

Der Schwarzhaarige wandte sich nun doch seinem Freund zu und sah ein Lächeln in dessen Gesicht.

„Wie lange hattest du dieses Gespräch schon in deinem Kopf? Drei Tage? Vier Tage? Wie lange hast du dir überlegt, was du mir sagen willst? Und ich soll innerhalb fünf Sekunden eine Antwort finden? Das ist nicht fair!“

Der Größere stand nun ebenfalls auf und ging auf den Hausherren zu. Er lachte leise auf. Doch war es kein spottendes oder verachtendes Lachen – nein, es war ein liebevolles Lachen. Als er vor Bela stand, nahm er dessen Gesicht in seine Hände und lehnte sich Stirn an Stirn an ihn.

„Denkst du denn, mir ergeht es anders?“, hauchte er.

„Dann heißt das also ...“ Der Kleinere brach seinen Satz ab und ließ sich von seinen Gefühlen leiten, indem er vorsichtig seine Lippen auf Farins legte.
 

Es war ein leidenschaftlicher Kuss, der die Liebe zwischen den beiden Männern besiegelte.



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von:  yamina-chan
2012-07-12T00:27:06+00:00 12.07.2012 02:27
Ein AU ist für eine Ärzte FanFiction noch immer das geeignetste Genre =)
Mir gefällt diese Story, das du den uns als Graf Bela bekannten Menschen in der Tat zu einem Grafen gemacht hast ist interessant. Schprachweise und Handlung sind zwar nicht immer Zeitgemäß aber im großen und ganzen stört es nicht.
Der Schreibstiel passt sich der Geschichte an und alles in allem lässt sich dein Text flüssig lesen ^^
Kritik muss ich allerdings an der länge, beziehungsweise an der Geschwindigkeit der Geschichte üben. Es geschied alles etwas sehr hastig, so das die Glaubwürdigkeit darunter leidet. Ferner hat man gerade angefangen sich an dieses Universum der Geschichte zu gewöhnen, da ist sie auch schon wieder vorbei. Erzählerisch ist das eindeutig ein Minus, da die an sich gute Idee darunter leided.
Persönlich finde ich es schade das Rod nur andeutend erwähnt wird und wir zu seiner Person nichts weiter erfahren.
Wie kam es zu der Freundschaft zwischen dem Grafen und dem nach Chiele zurückgekehrten? Wer ist Rodrigo in dieser Welt, was ist sein Status; seine Verpflichtung? Warum kehrte er zurück? usw. Als Leser sind dies alles Fragen die mich interessieren. Wäre "der in seine Heimat zurückgekehrte Freund" ein komplett eigener Charakter wäre es nicht anders. Verschenktes Potential.
Fest steht jedoch das du dem ÄrzteFandom in dem es drastisch von einigermaßen lesenswerten FanFictions mangelt eine durchaus interessante wenn auch ausbaufähige Story hinzugefügt hast. ^^
Danke dafür.
Ich für meinen Teil hatte zumindest etwas Spaß beim lesen =D
Von:  poisonsis
2012-07-02T22:48:12+00:00 03.07.2012 00:48
so eine schöne Geschichte!! Schreibst du noch mehr davon? bitte :)
Von:  Krachgarten
2011-10-12T19:03:16+00:00 12.10.2011 21:03
Ich finds toll dass es hier weiter geht gefällt mir gut
hoffentlich kommt der nächste teil bald ich bin gespannt ;-)
Von: abgemeldet
2010-07-04T18:08:55+00:00 04.07.2010 20:08
^////^
Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie süß ich deine FF momentan finde *smile*
wirklich ne gute idee, die du da hattest und du setzst sie auch noch super um!! Außerdem mag ich deinen Bela *ihn kuschel*
der ist ja echt sowas von süß und goldig!! Einfach zum drücken und liebhaben ^^
Ich hoffe, dass es bald weitergeht und freu mich schon, wie die beiden miteinander umgehen werden und so *gg*
lg ;)
Von: abgemeldet
2010-06-15T19:06:32+00:00 15.06.2010 21:06
Oh, es gibt wieder was neues von dir *freu* und dann gleich so ne tolle story - ich freu mich jetzt schon auf die nächsten kapitel *schwärm*

Was das erste angeht, war das ein sehr guter und gelungener anfang!^^
Mir gefällt es, wie du alles genau beschreibst, dann kann man sich besser in die zeit hineinversetzen. Dein schreibstil ist klasse und passt wunderbar zur geschihcte^^
DIe story ist ja auch wirklch putizg - armer FU *ihn kuschel*
aber jetze ist er ja bei bela, wa ;) Ich freu mich schon so darauf, was die beiden alles machen *hüstel* werden *g*

Ein tolles kapi, ich freu mich auf alles weitere ^^
Lg
Vanitas ;)


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