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Waldtraum

von

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An dieser Nacht lag ich abends in meinem Bett und dachte über Jason nach.

Was wollte er mir damit eigentlich sagen? Oder eben nicht sagen? Viel gesprochen haben wir ja nicht. Wieder sprangen meine Gedanken zum See über. Es schien mir, als ob der Wald mit seinen vielen Bäumen und Gestrüpp, Hecken und was weiß ich wie ein Eingang zu einer neuen Welt ist. Die Luft erscheint ganz klar und frisch und kein Geräusch dring an das Ohr, bis auf das Rauschen der Bäume, wenn der Wind mit den Blättern spielt und die Wellen leise vor sich hin spielen. Im Schatten ist das Wasser des Sees so dunkel, dass man glauben könnte es sei so tief wie ein Ozean und im Lichte… es funkelt im Sonnenlicht. Als Blexy hineingesprungen ist, spritzte das Wasser und jeder Tropfen glitzerte im Lichte, dass es aussah, als würden mehrere kleine Regenbögen sich in diese winzigen Teile vereinen. Wenn die Luft nicht mit das Wasser von seiner starren Haltung löste, wirkte das ganze wie eine weite offene Fläche, auf der man gerade zu entlang tanzen wollte. Das Gras grünt so grün, wie in Pygmalion, wenn Spaniens Blüten blühen. Jason und ich saßen stundenlang am Ufer, ohne auch nur ein Wort über unsere Lippen zu lassen, oder gar in vollkommendes Schweigen zu treten, wenn wir nicht gerade Blexy riefen…

Es war aber angenehm, einmal nicht gezwungen zu werden zu sprechen. Zu sagen was man denkt und sich der Umwelt anzupassen, wie es gerade nötig ist. Als es zum Abend dämmerte meinte Jason wir sollten aufbrechen und auf einmal war der ganze Zauber dahin, als wir wieder auf betonierten Straßen entlang gingen.

„Komm doch vorbei, wenn du noch einmal raus möchtest“, meinte er, bis er und Blexy rein gingen.

Komischer Junge. Wirklich komisch. Mit einem Zug drehte ich mich um meine eigene Achse und zog die Decke etwas höher. Vielleicht würde ich wirklich noch einmal zu ihm gehen. Aber nur weil ich mich im Wald alleine vermutlich verlaufen würde, legte ich mir meine Aussage im Kopf schon zu recht, während ich wohlig einschlummerte…

Als ich am nächsten Tag aufwachte, bemerkte ich einen kleinen gelben Zettel, der an meiner Tür hing. Normale Menschen würden den auf den Küchentisch legen, meine Tante klebte ihn mir an die Tür, jawohl. Mühselig schleppte ich mich aus dem Bett und las die Nachricht, die Melissa mir hinterlassen hatte: „Hallo Kleine.“ Schon dabei verdrehte ich die Augen.

„Essen steht alles unten bereit, musst es dir nur warm machen. Ich bin heute in der Großstadt, wenn du etwas brauchst, schreib mir eine SMS. Ich bin heute gegen acht zurück. Mach keine Dummheiten.“ Ein erneutes Augenverdrehen.

Was dachte sie eigentlich? Dass ich ein kleines sechsjähriges Kind bin? Ich schüttelte nur meinen Kopf bei dem Gedanken dabei. Ich hatte sie lieb, aber mit der Fürsorge nahm sie es zu ernst. Ein Blick auf die Uhr genügte und ich wusste dass ich noch viel Zeit zum Duschen hatte, dennoch beeilte ich mich und schlang das Essen hinunter, als würde es um alles oder nichts gehen. Vielleicht ging es dabei auch um alles oder nichts. Wer weiß, wer weiß.

Ich schnappte mein Handy, die Schlüssel und schlüpfte in meine Schuhe, rannte hinaus auf den Weg zum Wald. Auf den Weg dorthin überlegte ich. Sollte ich Jason mitnehmen? Besser nicht.

Also ging ich zügig an seinem Haus vorbei, geradewegs in den Wald. Den Zauberwald, wenn ich es mir wohl überlegte. Ich sah mir die ganzen Abbiegungen genau an, bis ich dann entschied, spontan rüber zu gehen, irgendwann würde ich eh wieder an diese eine Stelle kommen.

Hier waren viele Moose, Sträucher… ich wusste nicht mehr alles, wo wir gestern vorbei kamen. Ich drehte mich um und wollte schauen, wie viel ich eigentlich schon zurückgelegt habe, als ich auf einen Busch trat, stolperte und nach hinten fiel… genau ins Wasser. Ich strampelte und versuchte oben und unten herauszufinden, während ich viel Wasser schluckte. Ich spürte etwas Festes und klammerte mich daran fest. Ich spuckte viel Wasser und keuchte, während ich meine Haare irgendwie nach hinten kippte. „Na super“, brabbelte ich leise und fing an zu bibbern.

Das Wasser war genauso kalt, wie es aussah. Ich robbte mich auf das Ufer und drehte mich auf den Rücken. Mein Handy ist aus der Tasche gefallen vorm Sturz und lag trocken und ruhig auf diesen dummen Busch. Ich musste schnell aus den Sachen hinaus. Schnell rappelte ich mich auf und versuchte den Weg zurückzulegen, aber ich verirrte mich immer mehr, bis ich mich mit meinen nassen Sachen auf den Boden fallen ließ und anfing zu schluchzen. Ich war hier allein, kalt, nass, frierend und hatte mich auch noch im Wald verlaufen. Alleine. Meine Freunde hatten sich von mir getrennt, ich sei zu schwierig, meine Eltern stritten sich nur noch die ganze Zeit und nun war ich in diesen Nest gefangen, allein, hilflos und in diesen Wald verlaufen!

Konnte es noch schlimmer kommen?

„Blexy, komm her“.

Oh nein, das durfte doch nicht sein. Nicht er. Ich machte mich so klein wie möglich, in der Hoffnung er würde mich nicht finden. Doch der Hund kam schon und wedelte voller Freude, als es mich entdeckte.

„Blexy…du bist eine Verräterin“, sagte ich und fing nun richtig an zu weinen.

„…“, auf einmal trat Jason hervor und hielt inne, als er sich zu mir beugte: „Hey… was ist denn los, Louise…?“, fragte er nach und legte eine Hand auf meine Schulter, doch zog sie sofort zurück. Vermutlich stank ich auch noch…und war ekelig! Meine Tränen kullerten immer mehr herunter und ich konnte nichts dazu sagen.

„Louise.. was… Blexy, aus!“ er trat von einen Fuß auf den anderen. „Louise…komm mit“, sagte er sanft und hob mich am Oberarm hoch, als wäre ich eine Feder, kein nasser Mensch.

Ich ließ meinen Kopf hängen, versuchte alles zu verbergen. Ich weinte, war… war einfach hoffnungslos und er, ausgerechnet er fand mich auch noch.

Er führte uns zum Waldweg zurück und wir gingen anschließend zurück. Es war komisch. Sobald er mich aufgehoben hatte so gesagt, ließ er mich sofort los. Er ging langsam, sagte kein Ton. Ich dachte, er wolle mich wirklich nur zur Straße zurückführen, doch er machte das Gartentor auf und wartete darauf, dass ich hindurch ging. Ich schüttelte jedoch nur meinen Kopf und wollte weitergehen, nach Hause. Oder besser gesagt mein vorläufiges Zu Hause.

Ich hörte ein paar Schritte und auf einmal wurde mir eine Jacke umgelegt. „Louise.“

Er sagte das so komisch, dass ich anhielt und mich umdrehte, seit dem ich seine Stimme im Wald gehört hatte, hatte ich es vermieden ihm in die Augen zu schauen. Doch nun, nun blickte ich ihm geradewegs in seine glänzenden Augen.

Er strich mir eine Strähne aus dem Gesicht und lächelte nur verhalten. „Komm mit rein…du wirst dich nur erkälten“.

Ich nickte nur. Warum hörte ich auf ihn?

Jason legte wieder seine Hand auf meine Schulter und schob mich durch das Gartentor und führte mich direkt in sein Haus. Warum berührte er mich nun, wo die Jacke da war, aber eben nicht?

Sein Haus war wirklich klein, ob hier noch jemand wohnte? Zu Besuch kam? …?

Er schob mich weiter durch die Tür links und wir standen in ein schwarz getäfeltes Badezimmer. Er nahm mir die Jacke von der Schulter und zuppelte an meinem Shirt, doch ich schlug ihm auf die Finger. „Hey!“, sagte ich empört, doch er grinste nur.

„Du musst aus den nassen Sachen raus, meine Kleine! Also..“, versuchte er sich zu rechtfertigen, mir an die Wäsche gegangen zu sein. Ein böser Blick meinerseits genügte und er hob die Arme zur Verteidigung hoch, drehte sich um und gab mir zwei Handtücher.

„Ich komme gleich wieder und bringe dir trockene Sachen.“ Und schon war er aus dem Bad. Ich sah ihm nach, wartete bis er um die Ecke war und begann mich auszuziehen und schnell mich in das Handtuch zu wickeln. Blexy kam angewackelt und leckte an mein Bein. Ich hockte mich zu ihr hin und streichelte ihr über den Kopf, während ihre Augen mich treu anschauten. „Ach.. Blexy… ich weiß ich bin doof“, murmelte ich leise.

„Ja…alleine in den Wald.. als Neuling.. also bitte. Wie bist du nass geworden?“, fragte Jason mich, er war wieder da und stand an der Tür. Wieder ein böser Blick meinerseits, und er gab mir die Sachen und drehte sich zum Flur.

„Tut mir leid.“, nuschelte ich und stieg in seine Sachen hinein, versuchte diese dumme Hose irgendwie zu zukriegen...warum war der Knopf denn bitteschön auf der anderen Seite?

„Busch. Nicht gesehen. Drüber gefallen. Nass.“, beendete ich dann meine doch so lange Geschichte. Jason schüttelte nur den Kopf und wartete geduldig, bis ich ihm auf die Schulter klopfte. Er musterte mich kurz und ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht, verschwand aber ganz schnell wieder.

„Komm… du kriegst noch eine Decke um, du musst doch kalt sein“, sagte er und ging mit Blexy weiter den langen Flur entlang. Die Räume wirkten viel größer, als es von draußen den Anschein hatte. Überall hingen Fotografien vom Ort und vom See, doch man sah nirgends auch nur eine andere Person mit drauf.

Im Wohnzimmer, wo er letztendlich mich hinführte, klopfte er auf eine große dunkle Couch und schmiss mir die Decke zu, also gehorchte ich wieder brav und ruschelte mich mit Decke ins Sofa.

„Also…“

Uh, wie ich das hasste. Gleich würde eine Ansprache kommen, was mir alles im Wald hätte passieren können und wie dumm ich gewesen bin und was…-

„Warum hast du geweint? Es kann doch einmal passieren, sich zu verlaufen..“, sagte Jason ruhig und sah mich mit seinen mandelförmigen Augen an, die keine meiner Bewegungen verpassten.

Ich blinzelte nur verwirrt. Er fragte mich tatsächlich, warum ich geweint hatte? Einen Moment dachte ich selber darüber nach, bis ich dann zum Boden schaute und die Decke enger um mich zog. „Meine langweilige Lebensgeschichte willst du sicher nicht hören…“, brummte ich nur leise, doch als Antwort bekam ich nur ein empörtes Schnaufen.

„Würde ich das nicht wissen wollen, hätte ich gar nicht danach gefragt, Louise.“, sagte er verärgert. Als ich hochblickte, konnte ich nicht genau sagen, was er gerade dachte. Sonst besaß ich eine gute Menschenkenntnis und konnte meist schon anhand der Augenbrauen sagen, was ein Mensch dachte und fühlte, doch bei ihm kam ich mir etwas nutzlos vor. Jason blickte mich ernst, verwirrt, besorgt und belustigt zu gleich an. Ohje, und ich hatte mir immer etwas auf meine ‚Gunst‘ eingebildet.

Ist es das was einen Menschen ausmachte, dass er sich irrte?



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