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Schweinehunde unter sich

von

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Eine Leiche in einer Waldlichtung

Wenn es gute Momente für einen Waldlauf gab, dann waren es Momente wie diese.

Die Sonne schien vom blauen Himmel, ein paar Cirruswölkchen gaben ein schönes Bild ab und die Aussentemperatur lag bei angenehmen 23 Grad Celsius.

Prima Bedingungen, um sich in die Büsche zu schlagen und einen kleinen Lauf zu veranstalten.

Petty Officer Laura McConnaugh joggte für ihr Leben gerne und tat dies jede freie Minute.<

Wäre man voyeuristisch veranlagt gewesen, könnte man nun en Detail die Schweißtropfen beschreiben, die den Weg über ihre Haut nahmen, oder wie sich durch den Schweiß das Top, das sie trug, näher an ihren Körper drückte, aber – wie gesagt, das täte man nur, wenn man voyeuristisch veranlagt wäre.

Jeden Morgen lief McConnaugh diese Route, jeden Morgen dieselbe Strecke und jeden Morgen – peinlich genau – die entsprechende Zeit. Ein-einhalb Stunden joggte sie, 45 Minuten hin, 45 Minuten zurück, duschen und dann angemessen gekleidet zum Dienst auf dem Navy-Yard.
 

Sie fuhr ihren Ford Shelby GT 500 KR, wie eigentlich jeden Morgen, auf den Parkplatz am Navy Yard und machte sich auf den Weg zu ihrer Arbeitsstelle – leider hatte es nie zum Offizier zur See gereicht, sie war Aufgrund unterschiedlicher Faktoren nie zum Seedienst zugelassen worden. Stattdessen arbeitete sie in der Schreibstube für den Captain.

Naja, selbst dieser Job hatte seine Vorteile.
 

Als sie das Büro Captain Stones betrat, war eigentlich alles wie immer. Das Büro war in Stille getaucht – das würde sich aber noch ändern, wusste McConnaugh. Spätestens, wenn das Gurgeln des Kaffees, der durch die Maschine lief, zu hören war, würde die Stille verschwunden sein. Und spätestens, wenn der Geruch des Kaffees sich verbreitete, würde er den typischen Bürogeruch, dieser Mischung aus Teppichausdünstungen und Rasierwasser, Parfum und anderen Gerüchen, die einander überlagerten, verdrängt haben. Noch war es nicht soweit, aber noch war sie auch die einzige Person, die in diesem Büro war. Der Captain war natürlich auch noch nicht im Büro. Wahrscheinlich – so vermutete sie – schlief er noch mit seiner mehr als perfekten Frau in diesem mehr als perfekten Bett und träumte den mehr als perfekten Traum. Sie hatte das „Glück“ gehabt, einmal auf einer Party des Captains eingeladen gewesen zu sein und – ehrlich gesagt – war die Party langweilig gewesen und die ‚anregende Gesellschaft’ noch langweiliger. Und seine Frau? Man stelle sich ein Supermodell vor, entsprechende Kurven, verlängere die Beine plus X und füge dieser perfekten äußerlichen Hülle den Grips einer Kernphysikerin oder sonstigen Physiknobellpreisempfängerin hinzu. Dazu einen subtilen Witz und eine Schlagfertigkeit, die fast schon ans Unmögliche grenzte. Das alles war die Frau des Captains und der Captain war jeden Tag aufs neue in dieses überirdisch schöne Geschöpf verliebt.

Eine Frau mit Witz, Aussehen, Welt, Kultur, Art, menschlicher Anteilnahme – sie spendete für wohltätige Zwecke – und McConnaugh konnte dazu nur eines sagen: „Langweilig.“
 

Für McConnaugh war diese Frau der Inbegriff dessen, was Fanfiction-Autoren, zu denen sie selbst ebenfalls gehörte, als Mary Sue abtaten, der unmöglichen, der Perfekten Frau mit Körper und Grips, die unfehlbar ist, die einfach nur „Über“ ist.

Und unter Fanfictionautoren galt es eigentlich als unschicklich, eine Mary Sue zu erfinden.
 

Und wo sie gerade an eine Mary Sue dachte, fiel ihr dieser wunderschöne Rotschopf auf, die da gerade zur Tür hereinkam. Ihr folgte das klassische Gegenstück zu einer wunderschönen Frau, ein Typ der zwar recht groß und recht gut gebaut war, aber offenbar nicht sonderlich helle zu sein schien.

Dieser Typ lächelte sie an, trat auf sie zu und lehnte sich, seitlich, auf ihren Schreibtisch.

Dabei riss er einige Gegenstände um, was er bemerkte und, beim Versuch, die Sache zu beheben, die Sache dadurch verschlimmerte, das er es versuchte.
 

McConnaugh rollte mit den Augen, schaute den Mann an und lächelte dann gezwungen-freundlich: „Wie kann ich Ihnen helfen?“

Ihr Gegenüber lächelte ebenfalls, leider nicht freundlich und auch nicht sonders hübsch und sprach dann mit einer Stimme, die mit viel Fantasie an ein quietschendes Garagentor erinnerte: „Ich bin auf der Suche nach Captain Stone.“

„Der Captain ist zur Zeit nicht am Platz, aber wenn Sie warten möchten? Ich nehme an, dass sie einen Termin haben?“, fragte sie mit zusammengekniffenen Augen und der Mann mit der Garagentorstimme drehte wandte sich an die junge Frau, die mit einem Gegenstand von der Größe einer Playersschachtel im Raum herumfuchtelte. Naja, sie „fuchtelte“ nicht, sie bewegte den Gegenstand so, als würde sie etwas scannen – als wäre es ein Gerät, mit dem man Wärmeveränderungen ausfindig machen könne.

Stirnrunzelnd betrachtete sie die Frau, was der Mann offenbar merkte, sich wieder zu ihr umwandte und erklärte: „Das is’n Taschenrechner.“
 

Stirnrunzelnd wandte sich McConnaugh an den Typen und lächelte: „Taschenrechner, ja?“

„Neuestes Modell.“, erklärte der Mann lächelnd und wandte sich an seine Gefährtin: „Bianca, hast Du inzwischen was herausgefunden?“

‚Bianca’ wandte ihm ihren Kopf zu und kicherte: „Du wirst es nicht glauben – zwei mal zwei bleibt vier. Auch hier.“

Er schien ein wenig enttäuscht von diesem Ergebnis, atmete tief durch und schaute dann anschließend McConnaugh an: „Es tut mir leid, wenn wir sie gestört haben sollten.“

„Kein Problem.“, lächelte McConnaugh, wenn auch ein wenig genervt, „Ich bin aber sicher, der Captain kommt gleich.“

Der Mann schüttelte den Kopf: „Ähm, nicht weiter notwendig.“

Damit nickte er ihr zu, verließ den Raum, ebenso die Frau mit den Modelmaßen.

Nun war es an McConnaugh, den Kopf zu schütteln.
 

Die Frau bückte sich kurz, schaltete den PC an, richtete sich auf und aktivierte den Monitor. Die Passwortanfrage beantwortete sie mit dem entsprechenden Codewort – „Gary 7“ – und machte sich an die erste Aufgabe des Tages.

Kaffee kochen.

Normalerweise gingen die hohen Tiere ja alle in den Officers Club ausserhalb des Yards, einen knappen Kilometer von hier, aber Stone war da anders. Er bevorzugte den Kaffee, den sie zubereitete und das empfand sie als Lob, schließlich gab sie sich für den Kaffee auch Mühe.

Anschließend wandte sie sich wieder ihrem Rechner zu und lud Termine aus dem E-Mail Account in den Terminplaner, druckte diesen aus und machte sich auf den Weg zum Büro ihres Bosses.

Sie öffnete die Tür, legte die Akten auf den Tisch, kehrte zu ihrem Arbeitsplatz zurück und arbeitete weiter.
 

Als ihr Blick auf die Uhr fiel, war es kurz nach 12.

Captain Stone war immer noch nicht da, was sie nun langsam, aber sicher als Merkwürdig erachtete. Sie beschloss, ihn anzurufen.

Um viertel nach 12 hatte sie alle Kommunikationsmöglichkeiten zu Stone ausprobiert und alle Versuche, ihn zu erreichen, waren ergebnislos.

Zu Hause war er nicht, ans Handy ging er nicht, den Beeper ignorierte er. Das besorgte sie nun wirklich, also schaltete sie den Computer in den Standby-Modus, dank der Passwortabfrage konnte keiner an entsprechende Daten kommen, stand auf und ging zur Tür, um zum NCIS zu gehen.

Doch kaum, dass sie an der Tür war, ging selbige auf und ein extrem atemloser Captain Thaddeus Stone stand im Raum.

„Boss, ich hab mir schon Sorgen gemacht.“, sagte McConnaugh und zog die Jacke wieder aus. Thaddeus Stone schaute sie einen moment lang wie ein Gespenst an, fing sich dann wieder und lächelte.

„Ich war ein wenig … unterwegs.“, erklärte er, ging an ihr vorbei zu seinem Büro, während sie ein wenig unintelligent dreinblickend in der Tür stand und sich zu ihm umdrehte.

„Sie waren unterwegs, Sir?“, fragte sie verblüfft, „Knappe zwei Stunden waren Sie unterwegs, ohne bescheid zu geben?“

Stone wandte sich ihr zu – milder Spott funkelte in seinen Augen: „Habe ich irgendwo Ihre Ernennung zu meinem Kindermädchen verpasst?“

In diesem Moment merkte McConnaugh, dass sie nicht nur einen, sondern gleich zwei bis drei Schritte zu weit gegangen war, und nicht nur gegangen, sie war diese drei Schritte gesprungen.

„Natürlich nicht, Sir, es tut mir leid. Ich…“, setzte sie an und Stone lächelte nur: „Ist doch kein Thema. Was gibt es Neues für mich?“

„Nun, Sir“, jetzt war McConnaugh in ihrem Element, „Um 13 Uhr sind Sie mit dem SECNAV zum Mittagessen verabredet, 14 Uhr sollen Sie einen Lehrgang an der Academy abhalten und um 15 Uhr…“

„Bin ich hier weg.“, sagte Stone und schaute sie an, „Ich hab heute noch genug Anderes zu tun.“

DAS war wirklich ein Novum. Normalerweise war Thaddeus Stone ein Musterbeispiel an Pedanterie, nahm jeden Termin beim Wort und beim verabredeten Zeitpunkt, blieb länger, wenn die Arbeit liegengeblieben war, nahm jede, noch so kleine, Gelegenheit war, auf Fortbildungen zu gehen… und eben jener Thaddeus Stone stand nun vor ihr und behauptete tatsächlich, dass er noch Anderes zu tun hätte und eben nicht länger bleiben würde, als unbedingt notwendig – schlimmer noch, er ging einfach so.
 

Im Psychologiekurs an ihrer High School hatte sie gelernt, dass wenn jemand einen solch starken Charakterwandel durchmacht, dass er seine vertrauten Gewohnheitsmuster ablegte und sich Neue zulegte, eine gewisse Krise von dieser Person durchlebt wird - zumindest wäre dies eine Möglichkeit, diesen Wandel zu erklären.

Was mochte Captain Stone auf der Seele liegen, das er sich so verhielt? Gab es zu Hause Streit? Was beschäftigte ihren Boss?

Es war eine Frage, mit der sie sich noch einige Stunden beschäftigte, doch um 15 Uhr, als Stone ging, drehte er sich zu ihr um und lächelte ihr zu: „Wissen Sie was? Machen Sie heute auch eher Feierabend. Der Yard ist auch morgen noch da.“
 

Das war nun wirklich merkwürdig und es beschäftigte sie so sehr, das auch sie entgegen ihrer normalen Gewohnheiten nicht ihre normale Strecke joggte, sondern sich im, dem Yard gegenüberliegenden, Anacostia Park in die Büsche schlug.

Noch etwas, das sie normalerweise nicht tat, war, in ihrer Uniform zu joggen.

Warum sie das alles tat, wusste sie auch nicht, sie wusste nur, das ihr der Charakterwechsel Captain Stones ein wenig Kopfzerbrechen bereitete. Naja, vielleicht würde man morgen mal darüber reden können.

Sie joggte weiter, kam nun in die Sektion C des Parks, eine mit Bäumen bewachsene Grünfläche und stockte, als sie etwas auf einer Lichtung schimmern sah.

„Was ist das denn?“, murmelte sie und trat näher.

Und dann schrie sie entsetzt auf.

Mitten auf der Waldlichtung befand sich Captain Stone, mit einem Schwert im Brustkorb.
 

Eine Leiche in einer Waldlichtung

Eine Zigarettenschachtel mit höchst merkwürdigem Inhalt

eine Zigarettenschachtel mit höchst merkwürdigem Inhalt
 

Aufzugstüren haben ein ganz Charakteristisches Geräusch – dieses „Ding“, das einen daran erinnert, das jender Raum, in dem man sich befindet, keineswegs ein Konferenzraum ist, auch, wenn Leroy Jethro Gibbs ihn gerne als solchen verwendete. Aber, wenn der Lift hielt und die Tür sich mit diesem „ding“ öffnete, dann wurden lächelnde Freunde zu verknöcherten Feinden, wurden aus Leroy und Jenny wieder „Gibbs“ und „Madame Director“ aus Leroy und Leon wieder „Gibbs“ und „Director“ – kurz, dieses „ding“ verursachte regelmäßig einen Riss im Raum-Zeit-Kontinuum.
 

Ding!
 

Die Aufzugtüren glitten auseinander und Anthony DiNozzo verließ den Lift. Es gab Tage, an denen man lieber im Bett hätte bleiben sollen und heute war ein solcher Tag. Morgens früh war er von Lustbekundungen geweckt worden. Nicht, dass er selbst selbige ausgestoßen hätte, oder eine hübsche Frau neben ihm – nein, die Lustbekundungen kamen von draußen.

Verdammte Katzen. Es war Mai und wenn Katzen schnurrten hieß es meistens nur „Meow!“. Und das Katzen sehr schnell in ihre „Hitze“ kommen konnten, wusste er. Er hatte die Fernsehserie „Dark Angel“ oft genug gesehen und Jessica Alba war nicht nur als Max heiß, nein, sie verfiel drei Mal pro Jahr in einen Zustand, in dem sie – nach eigenem Bekunden – „vor Geilheit die Wände hochging“. Oh, er hatte diesen „Jessica Alba-Crush“ seinerzeit gehabt, aber wie so jede Schwärmerei für einen „Star“ ist, wuchs man irgendwann raus.

Und das hatte er getan, spätestens seit Ziva David den NCIS betreten hatte.

Na gut, vielleicht nicht direkt, nachdem sie ihn betreten hatte, schließlich trauerte er zu dem Zeitpunkt gerade um Catelyn „Kate“ Todd, aber, als er weiter mit ihr arbeitete, kam er nicht umher, festzustellen, dass Ziva David durchaus attraktiv war.
 

Die Finger der hübschen Frau huschten über die Tastatur und sie stieß dabei wilde, arabisch klingende Flüche aus.

„Funktioniert der Computer nicht, Ziva?“, fragte er grinsend und betonte das A ziemlich lange – so wie er es immer tat.

Augenblicklich fand er sich ein einer Art Scheinwerferlicht gefangen, denn ihre hübschen braunen Augen schauten ihn an und er war wie gelähmt.

„Ich verstehe den Computer nicht.“, klagte sie mit ihrer angenehmen Stimme, „Er meint, mein Passport sei fehlerhaft.“

„Passwort, Ziva“

Diese typische Korrektur ihrer leicht fehlerhaften Aussprache nahm Tony immer wieder gerne vor, besonders, wenn es eine Möglichkeit war, ihm selbst eine bessere Laune zu verschaffen. Und – bei Gott – das hatte er heute nötig.

„Dein Passwort ist fehlerhaft.“, sagte er erneut und trat um den Tisch herum und neben sie, „Lass mich mal sehen.“

Er klickte auf „Neuen Login“ und versuchte sich selbst an der Arbeitsstation einzuloggen.

„Dinozzo“ gab er als Benutzernahmen ein und wandte sich dann an Ziva: „Wenn Du kurz wegschauen könntest.“

Mit einem „hmpf“ kam sie dieser Aufforderung nach und Tonys Finger glitten über die Tastatur.
 

Er hatte damals ein neues Passwort ordern müssen, da das alte Passwort mit zuviel schlechten Erinnerungen verbunden war.

Genauergesagt hatte er aus diesem Grunde schon zwei Passwortänderungen beantragt, was bei den entsprechenden Stellen für einen Brief an ihn gesorgt hatte.

„Sorgen Sie gefälligst dafür, dass das nächste Passwort einen permanenten Charakter hat.“, war die Kernaussage dieses Briefes gewesen und er hatte doch nochmal die Chance bekommen, sein Passwort auszusuchen.

Und so gab er ein: „Z12I11V19A79“

Er drückte die Entertaste und sofort blinkte auf dem Bildschirm eine Nachricht.

„Passwort fehlerhaft.“

Stirnrunzelnd versuchte Tony es erneut, doch an der Bildschirmaussage änderte sich nichts.

„Tony, das würde ich nicht tun.“

Mit diesen Worten betrat Timothy McGee den Bullpen – also ihre Arbeitsstätte – und schaute zu Tony: „Offenbar haben wir einen Hackerangriff hinter uns – sämtliche Daten sind verschlüsselt worden, als wir es bemerkt haben. Jedes Passwort, jedes Kilobyte an Daten kann gerade von irgendwoher abfangen werden.“

„Ein Hackerangriff, McGoogle?“, echote Tony und schaute den Agenten an, „Warum hat uns unsere Firewall nicht davor geschützt?“

„Nun, offenbar hat der Angreifer eine fortschrittliche, sich mehrfach-kodierende Software verwendet, die es einfach macht, in jedes System einzudringen.“, gab der jüngere der beiden Agenten zurück und begann, auf die Tastatur seines Computers einzuhacken.

Das verwirrte Tony.

„Was tust du da, Bambino?“, fragte er, „Ich meine, wenn all unsere Informationen gerade abgezogen werden, ist es unsinnig, dem Hacker weitere Informationen zu geben.“

„Das schon, aber ich kann versuchen, mich quasi auf dem Rücken des Signales in die entsprechende Software einzuklinken. Vielleicht finde ich was.“

Dies erklären und weiterhacken war für McGee eines.

Und gerade als Tony eine erneute Frage stellen wollte, betrat Leroy Jethro Gibbs den Raum.

„Tony, Ziva, packt eure Sachen. Ein toter Marine im Anacostia-Park, Sektion C.“, sagte er mit der typischen Routine des erfahrenen Chefermittlers, „Ducky und Palmer sind schon vor Ort. Elfenkönig, du kümmerst dich um den Hackerangriff.“

„Verstanden, Boss.“, erwiderte McGee und tippte erneut auf die Tastatur ein, ein Musterbeispiel an Konzentration.
 

Mit dem Auto bräuchte man normalerweise 4 Minuten um zum Tatort zu gelangen – wohlgemerkt normalerweise, will heißen: Wenn Ziva David nicht fahren würde. Da sie jedoch diejenige war, die am Steuer saß, brauchte man für diese Strecke rund 2 Minuten 15. Zeitersparnisse ließen grüßen. Der Tote hätte es ihnen gedankt, wenn er dazu in der Lage gewesen wäre.
 

Als sie am Tatort ankamen, war dieser schon großzügig mit jenem gelben Flatterband abgesperrt, dass den Tatort als eben solchen auswies. Gerade, als sie ankamen, lies der Leichenbeschauer, Donald Mallard, der von seinen Freunden nur Ducky genannt wurde, sein Adlerblick über das Schwert streifen.

„Eine sehr interessante Waffe!“, sagte er, mit Blick zu seinem Assistenten, dem Coroner James ‚Jimmy’ Palmer, der zu Füßen des älteren Ducky gerade die ersten Vermessungen vornahm. Typisches Standardprozedere eben.

„Was hast Du für mich, Duck?“

Diese Frage wurde von Gibbs gestellt, der mit langen, gemessenen Schritten über den grünen Rasen auf Ducky und Jimmy zukam, Ziva und Tony im Schlepp, an die er sich nun mit den Worten „DiNozzo, Tatortzeichnungen, David Tatortfotografie!“ wandte.

Sofort machten sich die beiden Agenten an ihre Arbeit.

Gibbs und Ducky kannten sich seit mindestens 10 Jahren und seit genau dieser Zeit war es eine unumstößliche Konstante, mit der der Leichenbeschauer seinen Monolog eröffnete.

Stets verwandte er die Floskel „Nun Jethro“ und er tat es, sehr zu Gibbs innerer Beruhigung, auch dieses mal.

„Nun Jethro“, setzte er also an, „dieser arme Mann wurde von hinten mit einem typischen Langschwert erstochen. Dieses wunderschöne Schmuckstück mißt in der Länge einen Meter vierzig und kann“, er richtete sich auf, „sowohl von nur einer Hand, wie auch als Beidhänder geführt werden – deswegen nennt man es auch Bastardhänder. Weißt du, Jethro, das erinnert mich an die Zeit als junger Student, als ich diesen Fechtkurs bei…“
 

„Ducky?“, machte Gibbs, ebenfalls nach alter Tradition, um den Älteren in seinem Redefluss zu mindern.

„Unser Opfer wurde von hinten erstochen. Es kann sein, dass er seinen Mörder nie gesehen hatte.“, sagte Ducky und Gibbs schaute ihn an: „Haben wir einen Namen?“

„Haben wir.“, meldete Palmer und hielt den neuen, tragbaren „AFIS“-Scanner hoch, „Unser Toter heißt Captain Thaddeus Stone.“

„Gibt es irgendwelche Zeugen?“, fragte Gibbs und schaute zu Ducky herüber, der auf eine junge Frau deutete: „Ihr Name ist Laura McConnaugh. Sie ist Petty Officer.“
 

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Mit solchen und ähnlichen Anweisungen, die einem Computerlaien ungefähr so sinnvoll wie “Tschitty-tschitty-bäng-bäng” erscheinen mögen, hackte Timothy “Tim” McGee auf seinen Computer ein.

Er versuchte seit geschlagenen drei Stunden diesem merkwürdigen Hackerangriff Herr zu werden, der da auf den Hauptrechner des NCIS geführt wurde und er merkte, wie wenig er diesem Angriff doch entgegen zu setzen hatte. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er vermuten, dass diese Technik, die dort zum Einsatz kam, fortschrittlicher war, als es der momentane Wissensstand die Informatik betreffend in allen Ländern dieser Erde vereint sein konnte. Jedes mal, wenn er dachte, eine Firewall geknackt zu haben, tat sich eine neue auf und jedes mal, wenn er eine Firewall um den Computer aufbaute, wurde sie binnen Nanosekunden selbst geknackt.

Das war irgendwie komplett unverständlich für den damaligen Leiter der Cybercrime-Abteilung.

Hier stimmte doch definitiv etwas nicht.
 

Das tat es wirklich nicht, denn plötzlich hatte er das Gefühl, dass jemand da wäre. Er hob den Kopf und sah in zwei unglaublich schöne, grasgrüne Augen, die zu einer Frau mit feuerroten Haaren und einer Figur gehörten, die eindeutig Modelmaße hatte.

Beinahe wäre ihm die Kinnlade heruntergeklappt, aber – er war Gentleman, das schickte sich nicht. Allerdings würde er ihr eine Rolle in seinem neuen Roman, so er denn irgendwann mal einen schreiben würde, zukommen lassen.

„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte er mit neugieriger Stimme.

Die Frau lächelte: „Ja, ich bin Silvia Esperanza und ich suche jemanden. Vielleicht kennen sie ihn? Er ist ungefähr zwei Meter groß, hat kurzes blondes Haar – einen Igelschnitt – und blaue Augen. Haben sie ihn gesehen?“

„Nein, habe ich nicht.“, erwiderte McGee und Silvia schaute ihn ein wenig enttäuscht an: „Schade, Agent McGee. Ich dachte, man hätte sich vielleicht ein wenig unterhalten können.“

Nun runzelte Tim die Stirn: „Sekunde, woher kennen Sie meinen Namen?“

„Sie hat gute Augen“, garagentorquietschte die Stimme eines jungen Mannes, der wie aus dem Boden gewachsen neben ihr auftauchte und mit einer Art Taschenrechner herumzufuchteln schien.

„Und Peter?“, fragte Silvia und der Angesprochene zuckte mit den Schultern: „Die Wurzel aus 49 ist und bleibt 7.“

Erneut schien Silvia enttäuscht, winkte zu McGee herüber und machte sich dann auf den Weg zum Aufzug. Der junge Mann verneigte sich, folgte ihr und schaute sie an: „Wer is’n das?“

„Das, Schatz, ist Timothy McGee.“

„Was?“, fragte Peter und drehte sich um: „Kann… kann ich ein Auto… AU!“

Der letzte Laut war darauf zurückzuführen, dass Silvia ihn am Arm griff und mit sich in den Aufzug zog.

Verdattert schaute McGee auf seinen Monitor, tippte, mehr oder weniger verdrossen auf die Entertaste seines ergonomisch-geformten Keyboards und staunte nicht schlecht, als der Computer plötzlich – ohne elektronisches Murren und datentechnisches Knurren – hochfuhr und seinen Dienst wieder aufnahm.

„Was ist denn jetzt los?“, fragte er sich.
 

„Was ist denn jetzt los?“, fragte sich an einem anderen Ort auch Petty Officer Laura McConnaugh, als sie den grauhaarigen Mann auf sich zukommen sah. Sie kannte ihn – nicht nur die regelmäßigen Auftritte in den Medien, die sich meistens auf ein trockenes „Kein Kommentar“ von ihm beschränkten, auch ein Artikel in der monatlich erscheinenden „Navy Yard Gazette“, einer eigentlich ganz gut recherchierten Zeitung, die sich wohltuend von den ganzen populär-journalistischen Ausflügen anderer Presseorgane in die Welt der „yellow-press“ abhob, hatten ihn, zumindest unter regelmäßigen Mitarbeitern des Navy Yard bekannt gemacht. Leroy Jethro Gibbs trat auf sie zu, nahm Verhörposition ein und stellte, in einer angenehmen Stimmfärbung die Fragen, die ihn interessierten.
 

Eigentlich war es die übliche Befragung. „Wo waren Sie zur Tatzeit?“, fragte er beispielsweise, oder „Wann haben Sie das Opfer zuletzt gesehen?“

Sie erklärte ihm alles – das sich Stone heute schon den ganzen Tag so merkwürdig verhalten habe, dass sie nicht wüsste, was da genau los wäre, was sie vermutet hatte… und natürlich sparte sie auch nicht die beiden merkwürdigen Zeitgenossen mit ihrem Taschenrechner aus dem Bericht nicht aus.
 

„Ein … Taschenrechner?“, fragte Gibbs und schaute McConnaugh verdattert an, „Was meinen Sie mit ‚Taschenrechner’?“

„Naja“, setzte Laura an und zuckte mit den Schultern, „Wie soll ich es sagen? Der Mann hatte einen Taschenrechner in der Hand. Er hatte ungefähr die Maße einer herkömmlichen Zigarettenschachtel oder Taschentuchpackung. Der Gegenstand war grau und musste offenbar eine Art Display oder so haben, denn der Mann mit der merkwürdigen Stimme schaute andauernd darauf.“

„Und Sie kamen nicht auf die Idee, nachzufragen, was das für ein Gegenstand sein könnte?“, mischte sich Tony ein, der gerade mit der Tatortskizze fertig war und langsam herübergeschlendert kam. Er hatte ein Telefon in der Hand und schaute Gibbs an: „Boss, ich hab einen Anruf für dich. Es ist McGeek.“
 

Am Ufer des Anacostia-Rivers, dort, wo man einen Blick darauf hat, wie der Anacostia in den ungleich breiteren Potomac-River einmündet, standen zwei Personen. Die eine, mit rotem Haar und grünen Augen, die klug in die Gegend blickten, schaute zu der Anderen, die immer wieder auf den Gegenstand in seiner Hand eintippte, herüber und lächelte belustigt.

„Schatz, kann es sein, dass Du mal wieder rettungslos überfordert mit der modernen Technik bist?“, fragte sie mit einem Gurren in der Stimme, das einerseits ihr Amüsement und zum anderen eine leicht erotische Spannung verriet.

Der Angesprochene blickte verdattert hoch, machte einen unintelligenten Laut („Hä?“) und blickte dann wieder auf den Gegenstand.

„Schatz, ich rede mit dir.“, lächelte sie, griff den Gegenstand und dann seinen Kopf um ihn langsam ihr zu zudrehen. Er blinzelte sie verdattert an: „Ich… arbeite gerade.“

„Das tue ich auch.“, schnurrte sie, „Aber … wir sind in Washington, das ist lebende, atmende Geschichte. Interessierst Du dich denn gar nicht dafür?“

„Natürlich.“, erklärte er, „Mich würde schon interessieren, wie Präsident McClintock sich vom Weißen Haus aus nach San Francisco aufgemacht hatte, um den Waffenstillstand mit der ÖKol zu unterzeichnen und damit Colonel Green mundtot zu machen. Aber – das können wir nicht… zumal McClintock…“

„McClintocks Vater arbeitet gerade an Dreharbeiten zu Warehouse 13. Den Besuch kannst Du knicken, Cal.“

„Ich weiß, Agatha, aber…“

Die mit Agatha angesprochene Frau stockte plötzlich und schaute in die Ferne. Dort, wo die aufgespießte Leiche Captain Thaddeus Stones mit einem Leichentuch bedeckt worden war, stand Laura McConnaugh und hatte auf die Beiden gedeutet. Es waren keine 400 Meter, die die Beiden von McConnaugh und den Agenten trennten, und Agatha wusste, dass 400 Meter für trainierte Agenten keine Distanz sind.

Wie Wikipedia zu berichten weiß, erreichen Spitzensportler Zeiten um 44 Sekunden, um die Distanz von 400 Metern zu überbrücken und Spitzensportlerinnen Zeiten um 48 Sekunden.

Ziva jedoch war keine Spitzensportlerin – sie war besser.

Während Cal und Agatha noch überlegten, was zu tun wäre, war die athletische Frau herangekommen und hatte ihre Pistole gezogen.

„Keine Bewegung.“, bellte sie und Cal nahm, in einer sehr schnellen Bewegung die Hände hoch, was Agatha zu einem Augenrollen nötigte, „Gehorchst Du eigentlich jeder Frau so schnell, Schatz? Ich dachte, das machst Du nur bei mir.“

„Naja – wenn Sie eine Waffe auf mich richtet, schon.“, erklärte der Mann ihr und schaute zu Ziva: „Erm, Hallo – ich bin friedlich, könnten Sie bitte dieses archaische Schusswerkzeug nicht direkt auf meinen Kopf richten?“
 

„Na Ziva, machst Du dir schon wieder Freunde?“, fragte ein locker über den Rasen schlendernder Tony DiNozzo und schaute die beiden Fremden an. Es war mal wieder ein toller Anblick gewesen – kaum das Gibbs den Anruf erhalten hatte, der ihn offenbar alarmierte, hatte er Ziva einen Wink gegeben, auf die Beiden, die da 400 Meter von ihnen entfernt am Ufer herumknutschen wollten, gezeigt und Ziva war schneller und eleganter losgelaufen, als er sich das je hätte vorstellen können. Aber so war es halt mit ihr. Er liebte sie dafür.
 

Für Gibbs hatte der Tag schon einige merkwürdige Wendungen genommen – da war dieser merkwürdige Hackerangriff auf den Computer des NCIS, die bizarre Tötung von Captain Stone und jetzt auch noch dieser Anruf. Es war McGee gewesen – er hatte ihm erzählt, das bei ihm im Bullpen zwei komische Gestalten aufgetaucht waren, merkwürdige Fragen gestellt hätten und dann wieder verschwunden seien. Als er sich dann wieder um seinen Computer habe kümmern wollen, sei alles wieder wie beim Alten gewesen. Was Gibbs allerdings alarmierte, war die Erwähnung dieses merkwürdigen Gegenstandes, den sowohl McGee, als auch McConnaugh beschrieben hatten. Und dann hatte Laura plötzlich auf ein Pärchen in der Ferne gedeutet und gesagt: „Das sind sie.“

Daraufhin hatte er Ziva angeschaut, ihr das militärische Zeichen für „Schnapp sie dir!“ gegeben und sie war losgesprintet. Nun ging auch er auf die Beiden zu, griff sich den Gegenstand, den der Mann noch in der Hand hatte und klappte ihn auf.

Verwirrt betrachtete er, was er da in der Hand hielt.

Es war eine Zigarettenschachtel – schon klar.
 

eine Zigarettenschachtel mit höchst merkwürdigem Inhalt
 

tbc

Ein leblos daliegender Gibbs

Ein leblos daliegender Gibbs
 

Es war eiserne Routine – die rothaarige Frau saß in dem einen Verhörraum, der braunhaarige Mann in einem Anderen.

Gemäß Gibbs Regel Nummer 1 „Lass Verdächtige niemals zusammensitzen“, hatte man die Beiden getrennt, was die Rothaarige besser wegsteckte, als ihr Partner. Schaute sie beinahe ausdruckslos drein, verriet der Blick des Mannes eine gehörige Menge Missmut.

Die Tür öffnete sich und Ziva betrat den Raum, in dem der junge Mann saß und schaute ihn neugierig an.

„Wer sind Sie?“, fragte die Frau und er legte den Kopf schief.

„Ich bin nicht befugt, das zu sagen.“, erklärte er dann und verschränkte die Arme vor der Brust, ehe er zur Seite blickte.

Die israelische Schönheit lächelte ihn an, ging dann auf ihn zu und beugte sich vor.

„Wer sind Sie?“, fragte sie erneut und der Mann schüttelte den Kopf: „Nein, nicht in einer Millionen Jahre.“

„Nicht in einer Millionen Jahre?“, echote die Frau und lächelte ihn freundlich an: „Das wollen wir doch mal sehen.“

„Hören Sie, ich kenne meine Rechte.“, sagte der junge Mann und blickte Ziva in die Augen: „Ich bin, gemäß der Verfassung des Jahres 2012 befugt…“

„2012?“, fragte die Israelin und schaute ihn verdattert an: „Was meinen Sie mit 2012?“

„Sie wissen schon. Die konstitutionelle Verfassung, deklariert am 18. August 2012, die mir das Recht gibt…“

„Wenn Sie versuchen, mich übers Kreuz zu legen, dann sind Sie bei mir an der falschen Adresse.“, sagte Ziva und setzte sich vor ihm auf den Stuhl, die Beine verschränkt, Hände parallel zueinander auf den Tisch gelegt und ihn anschauend, „Wer sind Sie?“

„Ich bin nicht befugt, das zu sagen.“
 

Im anderen Verhörraum saß die Rothaarige auf einem Stuhl, vor ihr saß, mit einem freundlichen Lächeln Anthony DiNozzo.

Er legte vor ihr die Fotos von Captain Stone auf den Tisch: „Kommt er Ihnen bekannt vor?“

„Nein.“, sagte sie und schaute ihm in die Augen, „Tut er nicht. Wieso?“

„Weil Sie gesehen wurden, wie Sie das Vorzimmer seines Büros betreten hatten.“

„Von wem?“

„Einer Zeugin.“, antwortete DiNozzo und erwiderte ihren Blick. Sie schien kurz über das nachzudenken, was er sagte, legte den Kopf schief und schüttelte dann den Kopf: „Ihre Zeugin lügt.“

„Warum sollte sie?“

Ein Schulternzucken. Das war tatsächlich ihre Antwort, ein einfaches, fast schon gelangweiltes Schulterzucken. Dann blickte sie auf die Fotos von Captain Stone.

„Er ist wirklich tot, ja?“

„Unser Pathologe meint das zumindest. Was sollte er auch sonst sein?“

Nun schaute sie ihn an, verschränkte ihre Arme vor der Brust, verengte ihre Augen zu Schlitzen, ehe sie sagte: „Ich habe schon von Leichen gehört, die gar nicht tot waren. Die stehen einfach auf und gehen.“

Tony lachte. „Klar, wie Zombies, ja? Die Leichen erheben sich aus den Gräbern?“

„Nein“, schüttelte sie den Kopf, „Nicht wie Zombies. Es ist etwas viel Schrecklicheres, und wenn Sie sie gesehen hätten, würde ihnen der kalte Schauer über den Rücken laufen, wenn sie im Radio diesen einen Satz hören. Ich vergesse ihn niemals.“

„Und wie lautet dieser Satz?“, fragte Tony nach und legte den Kopf schief. Sie beugte sich vor, so weit, dass sie sich beinahe berühren konnten. Mit ernstem Blick, der sich durch die Augen tief in Tonys Seele bohrte, wisperte sie: „Widerstand ist zwecklos.“

Der NCIS-Agent schaute die Frau mit angehaltenem Atem an, merkte, dass sie diesen Satz komplett ernst meinte und offenbar daran GLAUBTE, was sie sagte. In ihrem Blick gefangen wand er sich, spürte, wie die unterschwellige Panik, die in diesem Satz innewohnte aus ihr heraus in sein Bewusstsein brandete. Er wollte sich dagegen auflehnen, dagegen kämpfen, er…

Das Klopfen an der Tür ließ Tony kurz zusammenschrecken, ehe er sich wieder fasste. Ziva stand dort, winkte ihn zu sich. Er stand auf und ging zu ihr.
 

„Ich weiß nicht, wie es mit Deinem ist, aber meine ist komplett verrückt. Sie glaubt tatsächlich, dass Zombies existieren.“, eröffnete DiNozzo, grinste dann schräg: „Aber sie kriegt eine Eins für „Atmosphäre“. Sie hat das wirklich gut verkauft.“

„Meiner ist aber auch ein wenig merkwürdig, Tony. Ich glaube, er hat nicht mehr alle Gläser im Schrank.“

„Tassen, Ziva. Das heißt ‚Tassen im Schrank’.“, korrigierte er sie, was sie dazu brachte, ihn böse anzufunkeln: „Wann wirst Du damit endlich aufhören, Tony?“

Er grinste schuljungenhaft: „Nie, dazu macht es viel zu viel Spaß.“

„Wenn Ihr fertig seid, euch in den Haaren zu liegen, könntet Ihr mir vielleicht mitteilen, was es Neues gibt?“, fragte plötzlich die etwas ungeduldig klingende Stimme von Leroy Jethro Gibbs. Kein Wunder – mitten auf dem Navy-Yard war ein Mord geschehen. Das setzte nicht nur Gibbs, sondern auch den Chef des NCIS, Leon Vance unter enormen Druck.

„Gibbs, unsere beiden Verdächtigen sind reif für die Klapsmühle.“, erklärte Ziva und stockte, als sie merkte, wie Tony sie verblüfft ansah. Sie fuhr herum: „Was?!“

DiNozzo grinste: „Ich finde es nur verblüffend, dass Du tatsächlich ein Idiom richtig verwenden konntest.“

Ihr „Ach, halt die Klappe“ nahm er mit einem noch breiteren Grinsen zur Kenntnis, das sich jedoch verflüchtigte, als er das Räuspern des Bosses wahrnahm. „’Tschuldige, Boss.“, machte er und in seinen Tonfall schlich sich so was wie Schuldbewusstsein.

Dann begann Ziva zu erzählen.
 

„Todesursache ist eine gewaltsame, penetrierende Durchspießung des Mediastinums von dorsal nach ventral-cranial, unter Beteiligung des Hemithorax, des Diaphragmas, des Herzbeutels, der rechten Herzkammer sowie des rechten Lungenflügels. Das Schwert befand sich zum Zeitpunkt der Untersuchung noch in situ. Das Austreten der Klingenspitze hatte eine Sternumfraktur zur Folge.", sprach Doktor Donald Mallard, der von seinen Freunden nur „Ducky“, von Gibbs aber manchmal auch „Duck“ genannt wurde, den Bericht in das kleine Tonbandgerät. Der Pathologe stand mit seinem Kollegen, dem Coroner Jimmy Palmer, neben dem toten Navy Captain Thaddeus Stone, als sich die Tür öffnete und Gibbs den Raum betrat.

„Gibt es was Neues, Duck?“, fragte er und der Angesprochene schüttelte den Kopf: „Nun, Jethro, die Todesursache ist tatsächlich genau so brutal, wie sie scheint. Die Verwundungen wurden nicht post mortem zugefügt, er wurde, in der Tat von hinten erstochen, ohne seinen Mörder je zu Gesicht bekommen zu haben.“

„Gibt es Fingerabdrücke am Schwert?“

„Nein, Jethro. Nichts dergleichen – unser Täter war sehr gerissen.“

Seufzend zog sich Ducky die Latexhandschuhe ab, die er getragen hatte, um die Autopsie durchführen zu können: „Jethro, wir haben es mit einem sehr, sehr kranken Täter zu tun.“

„Wie kommst Du darauf, Duck?“

„Schau Dir die Wunden an. Der Täter hat in einem einzigen, präzisen Schlag zugeschlagen – die Leiche wurde von hinten aufgespießt, unser guter Captain konnte den Mörder also noch nicht einmal sehen und der Täter hat das Opfer einfach so mitten in der Grünanlage liegen lassen – als ob es ihn gar nicht interessierte, ob die Leiche gefunden würde, oder nicht. Ich – kenne eigentlich nur eine Person, die dermaßen kaltblütig vorgehen würde.“

Gibbs nickte grimmig. „Ich auch – aber Ari Haswari ist seit knapp fünf Jahren tot.“
 

Ziva beugte sich vor, schaute dem jungen Mann in die Augen und suchte darin nach irgendwelchen emotionalen Reaktionen. Sie fand welche, aber keine, die ihn dazu bringen konnten, sich auszuweisen.

Was würde Tony nun tun?

„Kennen Sie den Miranda-Akt?“, fragte sie und der Mann nickte: „Ja – das Miranda-Protokoll. Und ja – ich kenne Red Heat.“

Ziva seufzte, schaute ihr Gegenüber ein wenig ungehalten an, ehe sie sich räusperte.

„Ich habe Durst und hol mir was zu trinken.“, informierte sie ihn, „Kann ich Ihnen etwas mitbringen?“

Ja – da war durchaus ein wenig Überraschung in des Mannes Augen zu sehen, als er kurz nachdachte, den Kopf schief legte und Ziva misstrauisch beäugte.

„Okay“, sagte er nach einer kurzen Sekunde des Schweigens, „Wenn Sie zu diesem Kaffeeanbieter im Erdgeschoss gehen, hätte ich gerne eine…“

Er überlegte, legte die Hand an das Kinn, ehe er wieder zu Ziva blickte: „Einen Iced White Café Mocha – aber ohne Kaffee – und eine große Schlagsahnehaube oben drauf. Größe? Die Elefantennummer – groß, größer, am größten. Muss passen. Und wenn es keine Umstände machte, bitte ohne Wahrheitsserum drin, ja?“

„Wo denken Sie hin.“, lächelte Ziva und ging dann.
 

Sie kam nach ein paar Minuten wieder, einen weißen und einen durchsichtigen Becher in der Hand haltend. „War gar nicht so einfach zu bekommen – aber für Sie mache ich das gerne.“, erklärte sie, mit einem der freundlichsten Lächeln, das man sich vorstellen konnte. Der Mann schaute zu ihr und grinste dünnlippig.

„Wird nicht funktionieren.“, erklärte er, trank einen Schluck seiner eiskalten weißen Schokolade mit Sahne und schaute dann zu ihr: „Ich würde Ihnen wirklich gerne helfen, aber … wissen Sie, erstens brauch ich das gar nicht, weil ich mich keiner Straftat schuldig gemacht habe und zweitens…“

Er stockte, trank erneut einen Schluck und lächelte sie entschuldigend an: „Miss… Sie sind wirklich freundlich. Ich mag sie – ehrlich. Aber… Sehen Sie, ich unterstehe einer Verpflichtung, einem Eid, der mich dazu zwingt… ich darf es nicht sagen.“

Zivas hübsches Gesicht verfinsterte sich, doch sie blieb ruhig, auch wenn sie am Liebsten ein paar Mossad-Verhörtechniken an diesem Mann ausprobieren wollte. Sie war sowieso eingerostet, was das anging. Übung machte den Meister.

Aber – inzwischen war sie US-Staatsbürgerin, Feldagentin beim NCIS… vielleicht war es ganz gut, dass sie zwar noch wusste, wie man mit dem geringsten Aufwand den größtmöglichen Schmerz bei einer Person verursachte, aber… sie scheute es.

Und das ärgerte sie – sie war mal effektiver und effizienter gewesen.

Der Mann räusperte sich: „Also … Entschuldigung, Miss… ähm… Miss?“ Er schaute sie fragend an und während er das tat, fiel ihm ein, dass sie sich ihm gar nicht vorgestellt hatte.

„Eine Unsitte ist das hier.“, grinste er, „Sie erwarten von mir, dass ich mich vorstelle, aber ich weiß nicht, wer die Person hinter diesen hübschen, nussbraunen Augen ist, die da dieses Detail über mich wissen möchte.“
 

Sie schüttelte verwirrt-amüsiert den Kopf: „Moment mal, jetzt fragen Sie mich aus?“

Der Mann trank einen Schluck weiße Schokolade und zuckte lächelnd mit den Schultern.

„Ziva David.“, stellte sie sich vor. Das ein Name Macht hat, war nichts Neues, aber diese Reaktion hatte Ziva nicht erwartet. Der Mann, der gerade eben einen Schluck getrunken hatte, spuckte das Getränk aus, schaute sie mit hervortretenden Augen an, in denen nichts als purer Unglaube stand und sprang dann auf.

„Das… das ist ja…“, stammelte er und hielt ihr dann die Hand hin: „Ich bin Calvin Cat – einer ihrer größten Fans. Ich meine, wie Sie die Bombe entschärft haben… einfach nur … genial.“

Gut – innerhalb ihrer Dienstzeit sowohl beim Mossad, als auch beim NCIS hatte sie viele „Heldentaten“ vollbracht und sicherlich war auch die eine oder andere Bombenentschärfung dabei gewesen, aber… das der Mann, der seine Identität hütete, wie seinen Augapfel, aufsprang und sich ihr vorstellte, die Hand hinhielt, und sie nun wartend anblickte, das war doch etwas, was sie ein wenig stutzig machte.

„Der Mann ist bekloppt.“, schoss es ihr durch den Kopf und sie schaute ihn fragend an: „Von… welcher Bombe reden Sie eigentlich?“

„Na, die Bombenentschärfung am Memorial Day… 2014… Sie wissen schon.“

Der Mann ist verrückt, verrückt, verrückt. , wiederholte sie im Geiste und schaute ihn immer noch verdattert an: „Ich weiß nicht wovon Sie reden, aber … wir haben definitiv erst den 27. September 2011.“

Nun schaute der Mann sie noch verdatterter an, als er es vorher getan hatte: „W… was? Wir h… haben 2011?“

Er schluckte: „Heiliges Temporales Paradoxon, Batman.“

„Temporales Paradoxon?“, echote Ziva und Cal schaute sie lächelnd an: „Nichts… hat nichts zu sagen…“

Er grinste: „Sagte ich gerade Bombe und Memorial Day 2014? Ist quatsch… ich erzähl hier nur rum, damit Sie mich nicht weiter mit Fragen behelligen.“

„Mister Cat…“, setzte Ziva an, doch Cal, der sich nun ganz wie ein verliebter Schuljunge grinsend auf dem Tisch niederließ und zu Ziva vorneigte, schnitt ihr das Wort ab: „Nennen Sie mich Cal – das tun alle meine Freunde.“

„Wie kommen Sie darauf, dass ich Ihre Freundin bin?“, fragte Ziva mit hochgezogener Augenbraue, was den Mann dazu veranlasste, laut zu lachen, sich zurückzulehnen, aufzustehen und auf ihre Augenbraue zu deuten. „SPOCK-Augenbrauen!“, schrie er in nahezu-manischer Begeisterung und Ziva schaute ihn einfach nur verdattert an.

Der Mann ist verrückt, verrückt, verrückt. , schoss es ihr durch den Kopf.
 

Im anderen Verhörraum saß die hübsche Rothaarige vor Tony und schaute ihn durchdringend an. Er räusperte sich, warf einen Blick auf das Foto des Toten und erwiderte dann ihren Blick.

„Die Zeugin hat Sie in der Nähe gesehen, Miss.“

Kurz schaute die Rothaarige ihn an, ihr Blick änderte sich, wurde nachdenklicher, dann schüttelte sie den Kopf: „Ihre Zeugin lügt.“

„Warum sollte sie das tun?“, fragte DiNozzo und warf erneut einen Blick auf Captain Stone.

Er hatte ihn nie gekannt – warum auch? Die meisten Navy-Offiziere kannte man in seiner Branche erst dann, wenn sie tot oder verdächtig waren. Nun war Stone in die erste Kategorie gefallen. Tony hatte sich seine Akte angesehen, einen Blick auf das Hochzeitsfoto geworfen, das irgendwie seinen Weg in diese Akte gefunden hatte und wusste, dass ein Offizier eben dieser Navy irgendwann das Herz dieser hübschen Frau mit einem einfachen Satz brechen musste. Dieser Satz – er hatte ihn schon einige Male gesagt und jedes Mal war es am Anfang nicht einfach.

Vermutlich sollte es das auch nicht sein.

„Ma’am“, stellte er sich vor, diesen Mann – jetzt zu diesem Zeitpunkt - mit professionell-ausdrucksloser Stimme sagen zu hören, „Es tut mir leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihr Mann, Captain Thaddeus Alexander Stone, heute morgen im Anacostia Park leblos aufgefunden wurde.“

Die Reaktion würde die Gleiche sein, wie sonst auch immer.

Sie – Captain Stones Frau – würde durch die vier Phasen der Trauerbewältigung gehen.

Verdrängung, Aufbrechende Emotionen, Trennung, Damit-Klar-kommen. Es lief jedes Mal so ab und Tony wusste das – er hatte, während seiner Zeit beim Baltimore P.D. oft genug diese Nachrichten überbracht und die Reaktionen oft genug miterlebt. Er beneidete diesen jungen Mann – oder die junge Frau – die gerade vor Captain Stones Frau stand und aus erster Hand miterlebte, wie die Frau den Wäschekorb fallen ließ, um die Überbringerin der Todesnachricht ihres Mannes ungläubig anzustarren, nicht um diese undankbare Aufgabe.
 

Tony schaute die Rothaarige an: „Gegenfrage – warum sollte sie es tun? Warum sollte die Zeugin lügen?“

Pause.

Sein Gegenüber schaute zur Decke, wiegte abwägend den Kopf hin und her und zog die Stirn kraus. Dann fixierte sie ihn mit einem Blick aus diesen unglaublich grünen Augen: „Vielleicht hatte sie ein Verhältnis mit Captain Stone und hat ihn umgebracht, weil sie verrückt ist?“

Tony runzelte seinerseits die Stirn und schüttelte dann den Kopf: „Ich glaub nicht, dass sie Gaga ist.“

Die Rothaarige grinste: „Das heißt, die Zeugin, die uns gesehen haben will ist nicht Stefani Joanne Angelina Germanotta?“

„Bitte?“, blinzelte Tony überrascht und schaute sie an, ein einziger Ausdruck des Unglaubens, „Bitte wer?“

„Na, Sie sagten doch, die Zeugin, die mich belasten will, ist nicht „Gaga“. Na, wie viele Gagas kennen sie denn? Mir ist nur eine bekannt. Und das ist Stefani Joanne Angelina Germanotta – alias Lady Gaga.“

Der NCIS-Agent starrte sie verblüfft an und schüttelte dann den Kopf. Er wollte gerade etwas erwidern, als plötzlich aus dem Nachbarraum drei Schüsse gellten.

Die Rothaarige schaute entsetzt zu Tony, der starrte entsetzt zurück – im Nu waren beide auf den Beinen und hechteten zur Tür. Eigentlich wollte er noch stehenbleiben und ihr sagen, dass sie nicht mitkommen dürfte, doch da war sie schon bei der Tür, öffnete sie und rannte, mit wehenden roten Haaren zur Quelle der Geräusche. Tony folgte ihr – hoffentlich war Ziva nichts passiert. Was war da wohl geschehen?

Er erreichte die Tür, die Rothaarige stand dort, die Augen entsetzt aufgerissen und er sah auch den Grund. In der Tür lag jemand.

Einen Blick auf die Schuhe werfend stellte er fest, dass es nicht Zivas Dienstschuhe waren – die hatten einen leichten Absatz, diese hier waren flach. Gerade als er die Tür erreicht hatte, merkte er, wie ihm schlecht wurde.
 

Die Leiche vor ihm lag in einer Lache aus Blut, die Augen, die er oft genug gesehen hatte, starrten blick- und leblos in die Ferne und das braune Jackett, das er trug, war blutbesudelt.

Nicht er!“, schoss es Tony durch den Kopf, „ Alles, nur nicht er!“
 

Ziva kniete neben dem Mann, tastete nach seinem Puls, doch Tony war klar, dass die hübschen, braunen Augen der Israelin sich gleich mit Tränen füllen würden, so wie er spürte, dass es seine grünen Augen ebenfalls taten. Hart schluckte er und warf dann einen Blick zu dem Mann, der die Waffe in der Hand hielt und sich gerade vom Boden aufrappelte.

„Ich hoffe, Sie wissen, was Sie da getan haben.“, knurrte er, versuchte, seine Beherrschung zu waren. Der Mann nickte. „Ja, ich habe gerade ihren Mörder umgebracht.“
 

McGee saß an seinem Computer, versuchte immer noch herauszufinden, wer sie den ganzen Tag gehacked hatte, aber – er fand keine Spuren eines Tracers oder eines Trojaners. Nichts – als wäre der Computer wieder das, als was er angepriesen worden war. Nutzerfreundlich.

Als er Tony vor ein paar Jahren den Vorteil dieses neuen Modells aufzeigen wollte, hatte dieser nur ein müdes Lächeln dafür übrig gehabt. „Dieser Computer erledigt die Hälfte unserer Arbeit!“, hatte McGee begeistert gesagt, worauf hin Tony nur mit den Schultern gezuckt hatte: „Dann bestell doch zwei.“

Jetzt, heute, ein paar Jahre später, war ihm irgendwie klar, dass der Italiener mit seiner Einschätzung der Situation nicht unbedingt unrecht gehabt hatte. Je toller ein solcher Computer ist, je neuer und je effizienter, umso einfacher kann man in solche Rechner eindringen, das hatte der Hackerangriff heute bewiesen.

Er ließ gerade noch einen Antivirenscan über die Festplatte laufen, als Leroy Jethro Gibbs auf einmal, wie aus dem Boden gewachsen, vor ihm stand.

„Wo sind die Beiden?“, fragte er und Tim schaute ihn verdattert an: „Welche Beiden, Boss?“

„Die Beiden, die wir festgenommen haben.“, klarifizierte der Mann mit den eisblauen Augen und McGee überlegte kurz: „Sie… müssten noch in den jeweiligen Verhörräumen sein, wieso?“

„Gut. Weitermachen.“, machte Gibbs, drehte sich um und ging in Richtung der Toiletten.

McGee tat, wie ihm geheißen, versuchte immer noch, heraus zu finden, welche Daten kopiert worden waren – und vor allem, was dahinter steckte.

Er war so in die Arbeit vertieft, dass er gar nicht mitbekam, was um ihn herum geschah – erst als er ein mädchenhaftes Räuspern hörte, blickte er auf und war verwundert. Direkt vor ihm stand eine junge Frau, die um die 25 sein mochte. Sie war hochgewachsen und kam ihm bekannt vor.

„Tim? Ich bin’s. Sarah Knox.“

Sarah Knox hatte er vor knapp einem Jahr kennengelernt, als die junge Frau ihm und dem Team als Praktikantin über die Schulter geschaut hatte. Damals hatten sie ein verschwundenes Mädchen finden müssen.

„Sarah?“, fragte McGee verwundert, „Wo kommst Du denn her?“

„Ich mach hier einen Aushilfsjob. Akten sortieren.“, lächelte sie.

Er lächelte zurück, als er die drei lauten und hässlichen Geräusche, jeder ein beinahe-Überschallknall, hörte, schreckte er auf.

„Was war das?“, fragte Sarah erschrocken und Tim war auf den Beinen: „Ein Schuss! Und er kam aus Richtung der Verhörräume!“

Er rannte los.

Nur ein Gedanke schoss ihm durch den Kopf: „Gibbs!“
 

Der Mann, der sich selbst Cal nannte, trieb Ziva gerade in den Wahnsinn. Das Grinsen lies sein Gesicht ein wenig idiotisch wirken, das Funkeln in den Augen trug auch nicht dazu bei, ihn in irgendeiner Art und Weise sonderlich mental-gesund da stehen zu lassen.

„Entschuldigen Sie vielmals, Miss Ziva.“, sagte er, machte eine große Runde und betrachtete sich selbst im Spiegel: „Die Ohren hätten besser kommen können. Na ja, die nächste Regeneration sieht wieder anders aus. Ich könnte ohne Nase herumlaufen.“

Grinsend schaute er zu Ziva: „Stellen Sie sich vor: Ich ohne Nase.“

Die Israelin bedachte ihn mit einem sehr sparsamen Blick, der mit der Grenze zur bloßen Genervtheit flirtete: „Bitte?“

„Doctor Who.“, sagte er und grinste: „Ich versuche hier gerade ein wenig Kultur in den Laden zu bringen.“

„Kultur?“, echote Ziva und stand auf: „Ein Navy-Offizier wurde ermordet. Die Tat ist bar jeder Menschlichkeit und Sie wollen Kultur in den Laden bringen?!“

„Cal“ schaute die schöne Frau verdattert an, dann nickte er: „Ach so – der.“

Er schüttelte den Kopf und ging zu seinem Sitzplatz.

„Ist nicht wirklich tot. Der kommt wieder. Ich kenn das.“, sagte er und sein Tonfall verriet eine gewisse Unbekümmertheit.

„Sie sind wirklich verrückt, oder?“, fragte Ziva und „Cal“ schaute sie an. Er überlegte, nickte dann mit dem Kopf: „Ja.“

Als die Tür aufging, schauten der Befragte und die Befragerin überrascht auf. Gibbs stand in der Tür, schaute zu Ziva und fixierte dann Cal mit den eisblauen Augen. „Agent David? Lassen Sie uns beide bitte allein.“

Verwundert hob die Israelin die Augenbrauen, stand auf und fand sich im nächsten Moment gegen Cal gepresst wieder. Sie spürte, wie seine Hand an ihre Hüfte und zu ihrem Halfter glitt, dann die Waffe nahm und ihr einen Stoß gab, der sie zu Boden gehen ließ.

Die Waffe auf Gibbs gerichtet, starrte Cal den leitenden Ermittler des NCIS an, der seinerseits still stehen blieb, die Hände ausgebreitet, so, wie man es ihm, Ziva und den anderen Aussendienstmitarbeitern des NCIS als Geste der De-Eskalation beigebracht hatte.

„Was…“

Weiter kam Gibbs nicht, denn in diesem Moment drückte der Mann, der vorher noch so nett und freundlich lächelnd geplaudert hatte, mit todernstem Gesichtsausdruck drei Mal ab.

Zivas Reaktion war schnell.

Mit einem Kampfschrei trat sie Cal zuerst die Waffe aus der Hand, wirbelte herum und trat ihm dann noch mal gegen das Kinn. Benommen – oder bewusstlos – taumelte der junge Mann gegen die nächste Wand und rutschte an ihr herunter.

Dann erschien DiNozzo im Raum, starrte entsetzt auf Gibbs Körper, der einfach im Türrahmen kollabiert war. Die Rothaarige, die sie ebenfalls festgenommen hatten, schaute schockiert aus grasgrünen Augen auf den bewusstlosen – oder benommenen Mann – der sich in diesem Moment aufrappelte und aufstand.

Und als McGee ebenfalls in den Raum kam, prallte er entsetzt zurück und warf einen Blick auf das Bild, das er vor sich sah.

Ein leblos daliegender Gibbs
 

tbc

Ziva und Tony standen am zerstörten Fenster und schauten nach unten. Der Wind wehte in ihren Haaren und sie schauten einander verblüfft an.

Ziva und Tony standen am zerstörten Fenster und schauten nach unten. Der Wind wehte in ihren Haaren und sie schauten einander verblüfft an.
 

Der Mann, der sich selbst Calvin Cat nannte, rappelte sich gerade vom Boden auf, schaute in mehrere gezückte und auf ihn gerichtete Waffen und schluckte unbehaglich.

Tony richtete sich von der knienden Position auf, die er neben seinem Freund und Lehrmeister, Leroy Jethro Gibbs eingenommen hatte, um zu Ziva zu blicken, die den am Boden liegenden auf Lebenszeichen hin untersuchte.

„Ich hoffe, Sie wissen, was Sie da getan haben.“, knurrte Tony, versuchte, seine Beherrschung zu waren. „Cal“ nickte. „Ja, ich habe gerade ihren Mörder umgebracht.“

Dann blickte er freudestrahlend an Tony vorbei, winkte der Rothaarigen, rief ein „Hey, Agatha, wie isses?“, und machte einen Schritt auf die Frau zu, als Tony die Waffe wieder anhob und auf Cals Kopf richtete.

Erneut schluckte dieser unbehaglich.

„Würden… würden Sie bitte … also… dieses Ding aus meinem Gesicht nehmen?“, fragte er und schaute Tony ein wenig erschrocken an: „Was machen Sie hier für einen Aufriss? Der kommt doch wieder – ich kenn ihn.“

Verblüfft blickte Tony zu Ziva herum, die seinen Blick erwiderte, ihm ernst in die Augen schaute und den Kopf schüttelte. Damit war es klar – Gibbs war tot.
 

Ehe sich „Cal“ versah, hatte Tony ihm die linke Hand mit einer Handschelle „verziert“, während die andere Schelle am Tisch befestigt wurde. Ein wenig verwundert blickte der Mann, der gerade seinen Boss erschossen hatte, auf das Gerät.

„Toll.“, machte er und schaute ihn an: „Können Sie mich jetzt wieder losmachen?“

Tony merkte, wie die Wut, die er empfand, aus ihm herausbrechen wollte, aber, er zwang sich, ruhig zu bleiben. Er war Senior-Field-Agent, durfte sich durch Gefühle nicht so beeinflussen lassen, wie ein…
 

Er warf einen Blick zu McGee und Ziva. Was beide empfanden, konnte er nur erahnen. Er selbst empfand Wut und Trauer – er hatte doch heute Morgen noch einen belanglosen Scherz mit Gibbs gemacht. Man hatte sich unterhalten, das heißt, so gut das mit Gibbs eben ging, aber er hätte niemals gedacht, dass er einmal den Tod seines Bosses untersuchen würde müssen.

Wobei es da nicht viel zu untersuchen gab. Der Täter war geständig, wenngleich verwirrt.

Also könnte man ihn gleich ins Gefängnis werfen.

„Cal“ schaute zu Tony herüber, legte den Kopf schief und räusperte sich: „Können Sie mich jetzt wieder losmachen?“

Der Angesprochene stand auf, schüttelte den Kopf und ging aus dem Raum. Ziva und McGee blieben zurück, schauten erschüttert zuerst auf die Leiche Gibbs’, dann auf den Mörder ihres Vorgesetzen und väterlichen Freundes. Dieser schaute immer noch verwirrt in Richtung Tür, dorthin, wo DiNozzo verschwunden war.

„Sehr komisch.“, lachte Cal, ging einen Schritt auf die Tür zu und wurde beim nächsten Schritt vom Tisch daran gehindert, weiter zu kommen.

Er stockte in seiner Bewegung, rollte die dunklen Augen überlegend und versuchte es noch mal. Der Tisch blieb standhaft.

Nun drehte sich der Mann zu seiner Handschelle um, umfasste sie und versuchte loszukommen. Er rüttelte am Tischbein, machte kurze, ruckartige Bewegungen – nichts.

Dann wandte er sich an die Rothaarige, die immer noch in der Tür stand und ihn betrachtete, als müsse sie sich jeden Moment ein Lachen verkneifen.

„Gathy, könntest Du mir bitte helfen?“, fragte er und sie hob, hilflos mit den Schultern zuckend, beide Hände: „Mich darfst Du nicht fragen – ich hab die Schlüssel nicht bei mir.“
 

Die blauen Augen des älteren Mannes, der da nach ein paar Minuten in den Verhörraum kam, wirkten so, als habe er schon viele Abscheulichkeiten gesehen. Eine seltsame Abgeklärtheit umgab ihn und als Ducky neben der Leiche seines Freundes Gibbs kniete, schüttelte er den Kopf.

„Ich hätte nie gedacht, dass ich Dich mal auf meinem Tisch haben würde, Jethro.“, eröffnete er den Dialog, mit einem Mann, der nie wieder antworten würde. Dessen war er sich auf elementarer Ebene bewusst und es schmerzte ihn, dass er nie wieder die Gelegenheit haben würde, diese alltäglichen Rituale, die er so lieb gewonnen hatte, mit Gibbs zu wiederholen.

Es war einfach etwas Anderes, wenn ein Leroy Jethro Gibbs sein „Was hast Du für mich, Duck?“ raunt, oder ein Timothy McGee die Frage stellt. Das beginnt bei der Wortwahl, der Tonlage und ist nicht zu letzt dem Fakt geschuldet, dass niemand anders als Gibbs Gibbs war.

Auf den ersten Blick mochte sich dies wie eine hohle Phrase ausnehmen, aber es war für Ducky schon etwas Anderes, ob sich jemand wie Gibbs benahm, ihn ähnlich ansprach, die Fragen genau so formulierte, oder ob er Gibbs war .

„Mister Palmer“, wandte sich Ducky dann an den Coroner und schaute ihn an. Jimmy erwiderte seinen Blick und zuckte innerlich erschrocken zusammen. Binnen Sekunden schien Ducky um Jahre gealtert und sämtlichen Lebenswillen verloren zu haben. Doch er holte Luft, die Resignation, die Trauer in den blauen Augen des Schotten ebbte ab und verschwand letzten Endes ganz aus seinen Zügen und Palmer konnte sehen, wie so etwas wie Entschlossenheit sich in den Augen festsetzte. „Bringen wir Jethro nach unten. Ich werde ihm die Kugeln aus der Brust operieren und sie zu Abby schicken.“
 

Kaum, dass der Gerichtsmediziner den Namen Abby gesagt hatte, ob McGee verwundert den Kopf. Ziva bemerkte dies und schaute ihn an: „Was ist?“

Den Kopf schief gelegt, verengte der Mann die Augen zu Schlitzen und Ziva wusste, dass es genau dieser Gesichtsausdruck war, den er dann aufsetzte, wenn er grübelte.

„Wo ist Abby eigentlich?“

„Vielleicht hat sie von Gibbs’ Tod gehört und möchte lieber alleine sein?“, schlug Ziva vor und McGee überlegte kurz: „Ja, das könnte hinkommen. Ich erinnere mich noch, wie sie Kates Tod mitgenommen hatte – vermutlich hört sie gerade diese Trauermusik aus Louisiana.“

„Vermutlich.“, meinte Ziva, stand auf und fixierte den Mann, der immer noch versuchte, sich aus den Ketten zu befreien.

Gerade saß er auf dem Hosenboden und ließ sich immer wieder nach hinten sinken, den Fuß auf dem Tischbein, offenbar in der Hoffnung, es irgendwie auszuhebeln. Nun zog er die Beine an und stieß sie mit einem kräftigen Ruck gegen das Tischbein, was zur Folge hatte, dass er laut schrie.

Er hatte seine Hand getroffen.

McGee schaute ihn verblüfft an und dann zu Ziva: „Und er hat unseren Boss erschossen?“

Die Israelin zuckte mit den Schultern: „Vermutlich ist er … wie sagt ihr? Schizophren?“

„Also Erstens bist Du ja nun auch Amerikanerin und zweitens: Ja, so sagen wir.“, machte McGee und schaute noch mal zu dem inzwischen die Zähne zusammenbeißenden Cat: „Ich kann mir das Elend nicht mehr mit ansehen.“

Damit drehte er sich um und ging.
 

Die Frau, die sich selbst Agatha nannte, folgte dem davoneilenden McGee mit den Augen, ehe sie sich umblickte. Sie trat einen Schritt auf die Tür zu und fand im nächsten Moment ihren Arm in einem kräftigen Griff wieder. Ziva schaute sie an: „Wo wollen Sie hin?“

„Ich würde gerne zu meinem Freund – ich meine, er ist verletzt.“

„Ihr Freund hat gerade einen Bundesagenten umgebracht. Ich würde sagen, er hat gerade größere Schwierigkeiten, als das er sich auf den Fuß getreten hat.“, meinte die Frau mit dem dunkleren Teint und die Rothaarige nickte: „Da haben Sie natürlich recht. Aber – meinen Sie nicht, dass ich kurz zu ihm könnte?“

„Sie können von hier mit ihm reden.“, sagte Ziva und Agatha nickte: „Danke, Agent David.“
 

Tony saß im Videoraum, in dem die Bandaufzeichnungen der Unterhaltungen in den beiden Verhörräumen gelagert wurden. Und je häufiger, er die Szene sah, in der Gibbs eigentlich nur da stand, die Hände in einer klaren „Nicht-Aggressions-Geste“ ausgebreitet und als Dank dafür von dem Mann, der ihn nicht kannte, drei Kugeln in die Brust bekam, desto wütender wurde er.

Das konnte nicht sein – das war nicht fair, verdammt.

Wütend hieb er auf die Stuhllehne ein, spulte die Aufzeichnung, bis zu dem Punkt zurück, an dem Gibbs den Raum betrat und ließ den Film erneut laufen.

Die drei Schüsse klangen gedämpft, fast leise, in seinen Ohren wieder und er konnte immer noch nicht glauben, dass sein Boss nun nicht mehr war.

Vor allem überstieg es sein Fassungsvermögen, dass die Legende, der Mann, den er nur „Gibbs“ oder „El Chefe“ nannte, sein Leben bei einem heimtückischen Anschlag hier im NCIS Hauptquartier aushauchen würde.

Er hatte immer gedacht, wenn, dann würde er von Darkseid getötet, oder von einem Mafiaboss. Oder er würde einfach alt und dann in Frieden sterben, sanft entschlummern.

Aber nicht so – das war ein Tod, der Leroy Jethro Gibbs nicht gerecht wurde.

Es war nicht fair.

„Was siehst Du da?“, fragte plötzlich eine rauchig-mädchenhafte Stimme und er merkte, wie sein Herz schneller schlug.

Die Besitzerin dieser Stimme, Abigail Sciuto, hatte zu Gibbs ein sehr besonderes Verhältnis. So war Gibbs – für sein Team war er der väterliche Freund, der auch mal Strenge walten lies.

Der Gedanke, dass sie die Nachricht vom Tod ihres Mentors gerade von ihm hören musste, brach ihm das Herz.

Er drehte sich um, stand auf und nahm Abby in den Arm.

„Ich muss… dir was sagen.“
 

Sie würde gleich kommen.

Ducky hatte das Gefühl, als würde Abby gerade in diesem Moment von einem Mitglied des Teams in den Fakt eingeweiht werden, dass Jethro nicht mehr lebte. So lange, wie sie brauchte, um sich von ihm zu verabschieden, so lange würde er den Körper seines Freundes nicht mit Skalpellen traktieren.

Gibbs Körper lag nackt, mit einem Tuch um die Lendenpartie, auf einem der kalten Metalltische, auf denen Ducky die Obduktionen durchführte. Der Körper Captain Stones lag nur zwei Tische neben ihm.

„Es tut mir leid, Captain, ich fürchte, wir haben hier heute eine Doppelbelegung.“, versuchte der Schotte die Stimmung, die er als sehr gedrückt wahrnahm, aufzuheitern, aber – logischerweise lachte niemand.

Von draußen hörte er Schritte.

Er wusste, dass sich nun alles entscheiden würde – er wusste, dass nun Abby Sciuto entweder in einen Weinkrampf ausbrechen, oder sich in einen eiskalten Profi verwandeln würde.

Was er dann sah, ließ ihn jedoch den Glauben an alles verlieren, an das er je geglaubt hatte.

Die Ruhe, die von Abby Sciuto ausgestrahlt wurde, ließ Tony beinahe selbst wahnsinnig werden.

„Abby, ich weiß, es ist schwierig, aber… Gibbs ist tot.“

Die Forensikerin nahm einen Schluck des koffeeinhaltigen Kaltgetränks, das er als Caf-Pow kannte. Es war so was wie Red Bull, nur in der 10 oder 20-Fachen Potenz.

Sie schüttelte den Kopf – sie schüttelte ihren hübschen, verdammt-sturen Kopf, sodass ihre Zöpfe die Bewegung mitmachten, und schaute ihn aus grünen Augen herausfordernd an: „Ich weiß, dass es nicht stimmt. Aber guter Versuch.“

„Ich habe ihn sterben sehen.“, sagte DiNozzo und man konnte ihm deutlich anhören, dass es für ihn immer schwerer wurde, die Fassung zu wahren. So schlimm hatte er sich nicht mehr gefühlt, seit er Zeuge war, wie direkt neben ihm Caitlin Todd erschossen wurde.

Beinahe mit der Naivität eines Kindes, dem man erzählte, dass es den Weihnachtsmann nicht gäbe, schüttelte Abby den Kopf und trank erneut einen Schluck Caf-Pow.

„Ich spüre es, wenn Gibbs etwas geschieht. Als die Bombe ihn beinahe zerfetzt hätte, habe ich es gefühlt – ich wusste , dass mit ihm etwas nicht stimmt. Jetzt merke ich, dass es ihm gut geht.“

In diesem Moment klopfte es im Türrahmen und ein um einige Nuancen bleicherer Donald Mallard betrat den Raum.

Er hielt sich die Brust, atmete tief durch und schaute zu Tony: „Da… ist jemand, der dich sprechen möchte.“

„Ich habe gerade keine Zeit.“, sagte der Italiener und man konnte deutlich hören, dass er genervt war.

Das war ja auch kein Wunder – er hatte den Tod von Gibbs gesehen, er hatte neben seiner Leiche gekniet und er hatte …

Er hatte offenbar gerade eine Vision.

Die Person, die hinter Duck in der Tür erschien, schaute ihn aus eisblauen Augen an und räusperte sich: „Haben Sie auch für mich keine Zeit, Special Agent DiNozzo?“
 

„Agatha, ich hab SCHMERZEN! “, machte der Mann, der sich als Cal bezeichnete und biss die Zähne zusammen. Die Rothaarige kniete im Türrahmen unter den wachsamen Augen Zivas und schaute ihn an: „Knirsch nicht mit den Zähnen, Cal, du weißt, was Gina gesagt hat. Wenn Du so weiter machst, brauchst Du doch Kronen.“

Der Mann funkelte sie an, die Pein, die er empfand, war deutlich in seinen Augen zu sehen: „Ich weiß! Aber es tut weh, vadorrinoeins !“

Nun schaute Ziva zu dem Mann und herrschte ihn an: „ Jetzt halten Sie den MUND!

Cal blickte die Israelin verdutzt an und schluckte.

Die Frau blickte zu Agatha herüber, blinzelte ihr zu und murmelte: „Vielleicht sollten Sie das auch mal tun, offenbar funktioniert es.“

Verwunderten Blickes schaute die Rothaarige zwischen Cal und Ziva hin und her, ehe der Mann erneut ein Geräusch des Unbehagens von sich gab. Die ehemalige Mossad-Agentin rollte mit den Augen und warf die Arme in die Luft: „Ich geb es auf.“
 

Nur der schnelle und überraschende Auftitt Timothy McGees hielt Ziva davon ab, sich auf Cal zu werfen und ihm einen Kinnhaken zu verpassen, auf das er Ruhe gäbe. Mit schnellen Schritten ging er an der hübschen Frau aus Israel vorbei, neben Cal in die Knie und entledigte ihn seines Armschmucks.

„Danke.“, murmelte Cal und ließ sich nun komplett auf den Boden sinken, um sich auszustrecken.

Verdutzt blickte die ehemalige Verbindungsoffizierin zwischen Mossad und NCIS zu McGee herüber: „Warum hast Du das getan?“

„Befehl vom Boss.“, erklärte dieser, was Ziva noch verwunderter die Augenbrauen heben ließ: „Warum lässt Director Vance ihn laufen?“

„Nicht Vance.“, sagte Tony, der ebenfalls den Raum betrat und Cal, sowie Agatha anblickte: „Und jetzt sagen Sie uns besser, was hier los ist.“
 

„Dann wollen wir mal an die Arbeit gehen.“, sagte Ducky und beugte sich vor, um mit dem Skalpell den ersten Schnitt zu tun. Der Mann, der mit ihm im Raum stand, schaute ihn an. Sein Blick ruhte auf Duckys Bewegungen und auf dem Leichnam, den der Gerichtsmediziner gerade zu obduzieren begann.

Die kleine, scharfe Klinge des Skalpells schnitt in die Haut der Leiche auf dem Metalltisch. Dies bewirkte zweierlei. Zum Einen begann die Wunde zu Bluten, zum anderen öffnete Leroy Jethro Gibbs in genau diesem Moment die Augen, starrte Ducky und dann den Mann an.

„Wie Sie es sagten, Direktor Vance“, schaute der Gerichtsmediziner zu dem Mann, der vor ein paar Minuten in sein Labor gekommen war, dann trat er einen Schritt von Gibbs Körper zurück, dessen Wunden sich in diesem Moment schlossen.

Verdattert blickte der ehemalige Tote auf seine genau so ehemaligen Wunden und schaute zu Ducky herüber: „Was… ist passiert?“

„Sie können sich und uns diese Dramatik ersparen, Gibbs.“, sagte der Chef des NCIS und betonte den Namen des Angesprochenen so, dass Ducky verwirrt dir Stirn runzelte.
 

Verwundert rieb sich Antony DiNozzo über die Augen.

„Das kann nicht Ihr Ernst sein.“, sagte er und schaute den Mann, der sich selbst Cal nannte, an. Dieser nickte, mit dem breitesten und wohl unverschämtesten Grinsen auf dem Mund, das man sich vorstellen kann. Er stand auf, verschränkte die Hände hinter dem Rücken, und schaute zu der hübschen Rothaarigen, die ihn missbilligend anblickte.

„Cal? Schon mal was von der temporalen ersten Direktive gehört?“, fragte sie, was diesen dazu veranlasste, sich zu ihr umzudrehen und zu zwinkern: „Meine Güte, sie haben mit eigenen Augen gesehen, was hier los ist, meinst Du im Ernst, wir könnten denen immer noch vorspielen, dass wir zwei Bekloppte sind, die hier mit einem Taschenrechner herumlaufen? Das wird nix, Gathy. Und ausserdem können wir ihre Erinnerungen später immer noch löschen.“

Damit wandte sich der Mann zu Tony und salutierte: „Wenn ich mich vorstellen darf? Mein Name ist Calvin Nathan Cat – ich kommandiere die USS Dragonfly. Wir sind auf der Jagd nach einem Verbrecher namens Traceless.“

„Cal!“, unterbrach ihn die samtweiche Stimme der hübschen Rothaarigen, ehe sie zu Tony, Ziva und McGee blickte und dann in eine andere Sprache wechselte.

„Hältste dat wirklich für so’ne gute Idee?“, sagte sie und der Mann blinzelte sie an: „Klaaro – dat is doch wohl ma logisch, dat wir uns die besten Agenten zum Fall dazuholen, die wir brauchen können – zumal se sowieso den Fall Stone am bearbeiten sind.“
 

Tony blickte verdattert zu den Beiden, von denen sich der eine gerade als Kommandant eines Schiffes vorgestellt hatte, und dann zu Ziva.

„Verstehst Du, was die beiden sagen?“, fragte er und Ziva grinste, ehe sie ihm zuflüsterte: „Offenbar denken die Beiden, nur weil sie in Amerika sind, versteht man sie nicht, wenn sie deutsch sprechen – oder besser eine schlechte Imitation dessen, was man für gewöhnlich im Ruhrgebiet spricht. Vielleicht wissen sie es ja wirklich nicht, aber – ich spreche deutsch.“

„Ach?“, machte Tony und schaute sie überrascht an: „Seit wann das?“

„Ich war vor knapp 20 Jahren mit meinem Vater in Essen – im Herzen des Ruhrgebiets. Eli hatte dort einen Mann gejagt, die Sache mit der Essener Polizei koordiniert und man hatte mir einen Beschützer zugeteilt, mit dem ich mich unterhalten habe.“

„Und wie hieß dein Beschützer?“

„Oh, er war nett. Sein Name war Mick Brisgau… er… – ich habe gehört, er wurde dann bei einer Wohnungsdurchsuchung in den Kopf geschossen und fiel ins Koma.“

Zivas Stimme wurde dunkler und melancholischer, ehe sie Tony anblickte, „Also… ich kenne mich mit der Sprache aus. Nur – was mir immer wieder durch die Tücher geht, sind diese Idiome.“

„Lappen, Ziva. Dir geht etwas durch die Lappen.“

„Tony, manchmal nervst Du mich.“, zischte sie und Tony grinste: „Ich weiß.“

Dann räusperte sich jemand im Hintergrund.

Ziva fuhr herum und war fassunglos: „Gibbs?“
 

Cal, der gerade zu Agatha schaute, blickte, als Ziva den Namen Gibbs aussprach, verdattert in Richtung Tür und erstarrte.

„Hab ich dich nicht vorhin schon erschossen, Traceless?“, fragte er verblüfft und Gibbs schaute ihn an: „Nein.“

Damit trat er näher, stellte einen der weißen Kaffeebecher mit dem Aufdruck der berühmten Kaffeerösterei auf den Tisch und schaute den Offizier mit amüsiert funkelnden Augen an: „Aber ich bin nicht Traceless.“
 

Ziva schaute verwundert erst zu Gibbs, dann zu Cal, der gerade aussah, als wolle er erneut einen Angriff starten. Rein prophylaktisch legte sie ihre rechte Hand auf ihre Hüfte, dorthin, wo ihre Waffe im Halfter steckte.

„Machen Sie jetzt keine Dummheiten, Cat.“, sagte sie und Agatha nickte bestätigend.

Captain Cat!“, korrigierte der Mann mit ermahnend gehobenem Zeigefinger, bis er zu Gibbs schaute, auf ihn zutrat, und ihm in die Augen sah.

„Na, die Augen zeigen keine Anzeichen von Nanitenbefall, der Blick ist ruhig und ‚steady’ und alles in allem bin ich geneigt, Ihnen zuzustimmen, dass sie wirklich nicht Traceless sind. Aber – wer sind Sie dann?“
 

Agatha rollte die Augen: „Schatz, das ist Leroy Jethro Gibbs?“

Cal blinzelte.

„Chef des ersten Ermittlerteams?“, schlug sie vor, worauf hin Cal sie immer noch mit diesem Gesichtsausdruck anstarrte, der deutlich sagte ‚This person is temporaly not available’.

„Boss von Ziva?“, fragte die Rothaarige erneut und als Cal wieder verständnislos blinzelte, grinste sie. Wohl kalkulierten Schrittes, mit schwingenden Hüften und einem, in die Augen des Captain gerichteten Blick trat sie auf ihn zu, bis nur noch Millimeter ihre Lippen voneinander trennten. Cal schloss die Augen, schien bereit, sie jeden Moment hingebungsvoll und lang zu küssen, ihre linke Hand strich über die Uniform, den Nacken, bis sie den Hinterkopf erreichte.

Dann verpasste sie ihm einen hörbaren Schlag auf selbigen, was Cal die Augen verblüfft öffnen lies und seine braunen in ihre grasgrünen Augen blickten. Dann verstand er.
 

Er drehte sich grinsend zu Gibbs um, der am Tisch saß und die Szenerie, zusammen mit Tony, Ziva und McGee mit einer gewissen Spur Amüsement beobachtet hatte.

„SIE sind das! Sie sind der Erfinder des … des Dings! Ich hab in der Akademie so viel von Ihnen gehört!“

Damit trat er auf ihn zu, salutierte erneut und sagte: „Captain Calvin Cat, Kommandant der USS Dragonfly, Registriernummer NCC 0815-A.“

Gibbs betrachtete ihn, deutete auf den Stuhl und sagte nur: „Setzen Sie sich.“

Verwirrt blickte der Mann, der sich als Captain ausgab, zu seiner rothaarigen Begleiterin und nickte dann.

Sich setzend, verschränkte er die Arme vor der Brust und schaute sein Gegenüber an.

„Sie erwähnten gerade einen Verbrecher…“

Cal schnellte vor, legte eine Hand auf den Tisch und schaute Gibbs an: „Der Mann heißt Buzz Intrupper. Er ist Wissenschaftler gewesen… Cleveres Kerlchen. Entwickelte so was wie Intelligente Masken.“

Er schaute in die Runde: „Stellt euch eine Karnevalsmaske vor, die mit eurem Kopf verbunden ist. Ihr denkt an ein Gesicht und automatisch verwandelt sich die Maske in das Gesicht, das ihr euch vorgestellt habt. Ihr wollt aussehen wie Michael Wheatherly in ‚Dark Angel’? Kein Problem. Ihr wollt die Lippen von Angelina Jolie haben? Auch kein Thema. Der Geheimdienst hatte ihn … unter Vertrag.“

„Welcher Geheimdienst?“, fragte Gibbs und Cal räusperte sich: „Der Geheimdienst… der… erm…“

Tief atmete er durch und schaute dann hilfesuchend zu Agatha, die, nun die Arme vor der Brust verschränkt an die Wand gelehnt da stand und mit den Schultern zuckte: „Du wolltest es so machen – jetzt sieh zu.“

„Danke.“, schnitt er eine Grimasse und schaute zur Tür, in der plötzlich Direktor Vance auftauchte und sich räusperte.

Gibbs wandte sich zu ihm um: „Und, Leon?“

„Doktor Mallard ist verletzt. Ihr Doppelgänger ist aufgestanden und…“

Weiter kam er nicht. Cal war sofort auf den Beinen und an der Tür.

Vance schaute ihn an: „Wo wollen Sie hin?“

„Na Traceless fangen.“

Erneut starrten ihn die braunen Augen von Direktor Vance durchdringend an, ehe er nickte: „Okay, folgen Sie mir.“
 

Cal betrat die Leichenhalle, in der sich gerade Ducky seine Schulter verband.

„Was ist denn hier passiert?“, fragte der Captain, ehe ihm auffiel, das auf dem Tisch nicht etwa Gibbs lag, sondern Direktor Leon Vance.

„Was zur Hölle…“

Weiter kam er nicht, denn in diesem Moment spürte er einen harten Schlag auf den Hinterkopf und stürzte nach vorne. Er war schon bewusstlos, als er aufschlug.
 

Kurz vorher

„Sie können sich und uns diese Dramatik ersparen, Gibbs.“, sagte der Chef des NCIS und betonte den Namen des Angesprochenen so, dass Ducky verwirrt die Stirn runzelte. Der angesprochene richtete sich auf, lächelte zu Vance herüber und schmolz .

Die grauen Haare vereinten sich mit dem Kopf, der Mann schloss die Augen, sodass das Gesicht um selbige herum vortrat und sich der komplette Körper in ein etwas verwandelte, das Vance gedanklich am Ehesten mit einer Art Gallerte gleichsetzen konnte. Diese Masse hatte eine bräunliche Färbung und der Direktor hatte den Eindruck, als würde es dauerhaft im Zustand des Fließens sein.
 

Entsetzt trat Ducky einen Schritt zurück, legte den Kopf schief und betrachtete das Ding, in das sich sein Freund verwandelt hatte. Kurzzeitig nahm das Gesicht dann wieder menschliche Formen an und die blauen Augen Duckys sahen sein eigenes Ich dort im Zustand des Entstehens. Plötzlich wuchs eine Art Tentakel aus dem Wesen, schoss auf ihn zu und durchbohrte seine Schulter. Mit einem entsetzten Aufschrei ging der Gerichtsmediziner zu Boden, sah dann, wie das Wesen sich erneut verwandelte. Die Farbe wurde dunkler, schokoladenbraun.

Dann formten sich aus dem großen Tropfen zwei Arme und zwei Beine aus, während der Tropfen als solcher um ungefähr 3 Zentimeter zu schrumpfen schien.

In Duckys Gehirn ratterte es und er hatte binnen Nanosekunden den Plan des Tropfens erkannt.

„DIREKTOR!“, schrie er einen warnenden Laut, doch der Tropfen umfasste eine Spritze, verlängerte seinen Arm und stach sie in Duckys Hals. Der ältere Schotte versuchte, bei Bewusstsein zu bleiben, aber er merkte, wie sich eine bleierne Müdigkeit über ihn legte.
 

Vance starrte das Ding wie betäubt an und bemerkte erst, was los war, als er den warnenden Ruf hörte. Sofort verfiel er in jenen lebensrettenden Automatismus, der ihm innerhalb der letzten Jahre schon oft gute Dienste erwiesen und den er sich mühevoll antrainiert hatte. Schnell sprang er zur Seite, als der Tropfen den Tentakel, mit dem er Ducky eine Spritze verabreicht hatte, in seine Richtung bewegte. Einen Ausweg sah er in diesem Moment nicht, denn das Wesen versperrte ihm durch den Tentakel die lebensrettende Tür.

Also zog er seine Dienstwaffe, entsicherte sie und feuerte.

Das Wesen wurde getroffen – drei, vier Kugeln durchschlugen die Gallerte, doch die Treffer blieben ergebnislos.
 

Was war hier los? Kein Lebewesen auf diesem Planeten war so widerstandsfähig gegen Kugeln. Mindestens eine davon hätte es stoppen müssen, aber – genau das taten die Kugeln nicht. In diesem Moment erkannte er, dass es keinen anderen Ausweg gab und er warf sich mit voller Wucht aus seiner Deckung gegen das Wesen. Sie krachten gegen den Metalltisch und Vance hob seine Waffe, zielte auf das, was er für den Kopf hielt und drückte ab.
 

Der Kampf, der in diesem Moment zwischen dem Tropfen und Vance stattfand, war genau so episch, wie der, der im Körper des Gerichtsmediziners losbrach. Willen gegen Narkotikum. Als Arzt wusste er, dass das Mittel, das ihm der Tropfen verabreicht hatte, einen starken Wunsch zu schlafen verursachen würde, aber er musste wach bleiben und durfte sich nicht dem Drang hingeben.

„Es… tut mir leid…“, murmelte er, bevor er die Augen schloss und sich der Müdigkeit ergab.
 

Der Schuss war laut, hallte in seinen Ohren wider, doch ansonsten war der Angriff ergebnislos. In dem Moment, indem er sich aufrichtete, um seine Faust in den Tropfen treiben zu können, verspürte er einen Stich im Nacken, sah vor dem inneren Auge die Spritze mit dem Babiturat, das auch schon Ducky ausser Gefecht gesetzt hatte und fluchte in Gedanken. Dann zerfaserte alles um ihn herum.
 

Wenig später
 

„Cal? Cal komm zu dir.“, hörte er eine samtweiche Stimme und lächelte, als er sie identifizierte. Die grasgrünen Augen, die er sah, als er seine Augen öffnete, schauten ihn hypnotisch und mit einer derartigen Erleichterung an, das er nur lächeln konnte.

„Ich nehme mal an, dass ich nicht tot bin?“, fragte er und rappelte sich verwundert auf.

Er wandte sich an den Mann, der gerade von dem silbernen Metalltisch aufstand, auf den er vorhin noch gebettet gelegen hatte.

„Wo ist er hin?“, fragte Vance ihn und Cal zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung, ich hab `n Ding übern Kopp bekommen und war in Morpheas Armen.“

„Schatz, der heißt Morpheus.“, korrigierte Agatha ihn und Cal grinste: „Ich weiß, aber ich weigere mich zu behaupten, ich hätte Stunden lang in den Armen eines Mannes gelegen.“

Mit den Augen rollend grinste die Rothaarige ihn an, ehe sich Cal an Vance wandte: „Und wie sieht es aus? Könnte ich mal Ihre Identifikation sehen?“

Vance zuckte mit den Schultern und übergab ihm seine Dienstmarke.

„Nicht die!“, sagte der Offizier unwirsch und griff nach einem Skalpell.

„Traceless ist ein wenig… wie soll ich sagen… gründerisch geworden.“, sagte er, „Er kann nicht bluten – oder nicht lange.“

Damit schnitt er sich quer über das, was die Wahrsagerin beim Akademie-Straßenfest damals als „Kopflinie“ bezeichnet hatte, also die Linie die knapp über dem Mittelhandknochen entlang läuft.

Er drehte die Hand um, dass das Blut auf den silbernen Tisch lief und verzog schmerzerfüllt das Gesicht. Dann gab er das blutige Skalpell an Agatha weiter, die es, ohne mit der Wimper zu zucken ebenfalls verwendete. Sie stach sich lediglich in den kleinen Finger, ließ ein paar Tropfen auf den Tisch laufen und überreichte das Ding an Leon.

Cal schaute die Frau verwundert an.

„Das war alles? Ich schneid mir hier halb die Hand auf und du machst nur so’n kleinen Piekser?“

Sie zuckte lächelnd mit den Schultern: „Wenn Du dich in den nächsten Stunden so einschränken willst, bitte. Ausserdem, Schatz, bist Du alt genug, um zu wissen, was Du tust.“

Währenddessen hatte Vance ebenfalls das Skalpell geführt und sein Blut tropfte ebenfalls auf den Tisch.

„Gut“, machte er und schaute in die Runde, „Sind wir dann damit fertig?“

„Japp.“, machte Cal und griff nach einer Bandage, um sich die Wunde auf der Handinnenfläche zu verbinden.

„Gib her.“, machte Agatha und nahm ihm den Mull ab, wickelte ihn professionell um die Hand des Mannes und lächelte: „Wir wollen doch, dass es richtig gemacht wird, oder?“

„Jaja, schon gut.“, machte Cal, „Also, wo ist Traceless?“

„Das wüssten wir auch gerne“, erklärte Agatha, „als Du nach ein paar Minuten nicht wiederkamst, bin ich runter um nach dir zu sehen. Du lagst da – ich hab mir richtig Sorgen gemacht.“

Ihre Stimme zitterte immer noch und Cal schaute die hübsche Rothaarige an: „Schatz, ist doch nix passiert.“

Damit umarmte er sie, und als sie seine Umarmung erwiderte, ihre linke Hand auf seinen Hinterkopf legte, sog er schmerzerfüllt die Luft ein.

„Ich bring ihn um.“, murmelte er gegen ihre Halsbeuge.
 

„Haltet Ihr das für möglich?“, fragte McGee und schaute von Ziva zu Tony, „Ein Mann, der sich in jeden Menschen, an den er denkt, verwandeln kann? Wie finden wir so jemanden?“

Der grünäugige Italiener grinste: „Der T-1000. Toller Film. Arnold Schwarzenegger, Robert Patrick, Linda Hamilton. Oh, was hab ich für Träume von ihr gehabt. 1992 war ein tolles Jahr.“

„Du warst 16, Tony.“, sagte Ziva und Tony lächelte: „Da läuft bei einem Mann die Libido auf Hochtouren. Und Linda Hamilton, in diesem Tanktop, komplett verschwitzt… yummy.“

„Keine anderen Sorgen, DiNozzo?“, erklang die Stimme Gibbs und Tony fuhr erschrocken herum: „Boss?“

Der Angesprochene setzte sich und schaute ungeduldig zu Tony empor: „Was ist?“

Wenn es je einen Moment gab, der den Klischeesatz „Die Zeit schien stillzustehen“ verdiente, dann war es dieser. Der grünäugige Italo-Amerikaner betrachtete seinen Vorgesetzten, der ihn aus eisblauen Augen mit einer Ungeduld anstarrte, dass sie beinahe körperlich zu spüren war.

‚Ist er es?’, dachte sich Tony, ‚oder ist es am Ende doch dieser Verkleidungskünstler?’

Er wusste es nicht – aber er würde es herausfinden, er war ja nicht umsonst ein NCIS Special Agent, im Umgang mit Sachen wie dem Finden der Wahrheit geübt. Das war doch alles kein Problem für ihn.

Wie hatte es dieser Captain noch gemacht?
 

Er trat auf Gibbs zu, ging vor ihm in die Hocke und erlaubte sich, die eisblauen Augen seines Vorgesetzten genauer zu studieren. Waren sie lebhaft und „steady“, wie es der Mann genannt hatte? Oder wirkten sie leblos?

Bei Gibbs war es nie einfach, schließlich hatte dieser soviel Schmerz erlebt und als Gunny so viele Möglichkeiten gefunden, mental abzuschalten, dass die Augen dieser Untersuchungsmethode nicht gerecht wurden. Vielleicht musste es andere Möglichkeiten geben, vielleicht…
 

„RAAAH!“, machte Gibbs plötzlich und Tony sprang entsetzt einen Schritt zurück, die Waffe gezogen und sie auf einen plötzlich lächelnden Jethro gerichtet. Dieser griff nach seinem Kaffeebecher, schüttelte den Kopf und trank.

„DiNozzo, du solltest wirklich mehr auf deine Deckung achten.“, sagte er und – es war kein wirkliches Lächeln, mehr ein Grinsen – dieses Gibbs-Grinsen, was er schon des Öfteren bei seinem Freund und Mentor gesehen hatte.

„Haha, lustig, Boss.“, machte er und sich danach wieder an die Arbeit. Sich an seinen Platz setzend, wollte er gerade seine E-Mails checken, als sein Blick auf die ihn anschauende Ziva David fiel und er in diesem intensiven Blick aus ihren nussbraunen Augen gefangen war.

Er merkte unwillkürlich, wie sein Hals trocken wurde, als direkt neben ihm ein in ein graues Sacko gekleideter Mann auftauchte und im nächsten Moment verschwand. Er maß dem Ganzen erst Bedeutung bei, als er einen Schrei und das Geräusch von splitterndem Glas hörte.
 

Cal betrat gerade den Bullpen und sah Leroy Jethro Gibbs vor sich stehen. Dieser schaute ihn aus eiskalten, eisblauen Augen an und hob fragend eine Augenbraue. Der Captain legte den Kopf schief, nickte dann und erstarrte, als ein weiterer Gibbs direkt hinter dem Original auftauchte. Er brauchte sich gar nicht zu vergewissern. Der Mann neben ihm war Gibbs, das spürte er, denn die Ermittlerlegende des NCIS hatte eine unglaubliche Präsenz. Daher stieß er einen Kampfschrei aus und sich – den Kopf voran – auf den Gibbs, der neben dem Arbeitsbereich von DiNozzo aufgetaucht war.

„Cal, NICHT!“, schrie Agatha.

Die beiden gleichgroßen Körper kollidierten und da Cal sich mit voller Körperwucht gegen den zweiten Gibbs, von dem sich jeder im Raum nicht sicher sein konnte, dass es der Verbrecher Traceless war, warf, krachten beide Männer erst gegen und dann in einem Glassplitterregen aus dem Fenster.
 

Verdattert stand Agatha da, lehnte sich an den Tisch, als sei ihr plötzlich übel geworden und bekam nicht mit, was um sie herum passierte.

Die beiden Agenten – DiNozzo und David – waren auf den Beinen und liefen zu dem Fenster, von dem jetzt nur noch einige Glasscherben zeugten, dass es einmal da gewesen war.

Ziva und Tony standen am zerstörten Fenster und schauten nach unten. Der Wind wehte in ihren Haaren und sie schauten einander verblüfft an.

Tbc

Eine Leiche in einer Waldlichtung

Eine Leiche in einer Waldlichtung
 

Die braunen Augen Calvin Nathan Cats blinzelten, als das grelle Licht in sie fiel. Er konnte es nicht fassen, was er direkt vor sich sah. Der Bildschirm zeigte klar und deutlich, wie die U.S.S. RanmaSaotome von mehreren Salven getroffen, förmlich auseinanderplatzte.

„… ich wiederhole, hier ist die U.S.S. ShinichiKudo unter Captain Peterson. Wir sind unter Beschoss von Borg und benötigen Hilfe. Dragonfly , können Sie uns hören?“

„Cal?“, drang die Stimme Agatha Silverbirds an sein Ohr und er schüttelte den Kopf, um sich ins Hier und Jetzt zurückzufinden.

„Bitte?“, fragte er und schaute in die grasgrünen Augen der Frau, die er als erste Offizierin respektierte und als Frau abgöttisch liebte.

Sie schaute ihn an: „Welche Befehle, Sir?“

Das Schiff begann zu beben und Cal schluckte. Auf dem Bildschirm war diese Monstrosität zu sehen, die er so sehr gehofft hatte, nicht sehen zu müssen. Der Würfel befand sich auf Kollisionskurs mit seinem Schiff.

„Mein Gott.“, murmelte er und stand auf, wandte sich dann an seine taktische Offizierin und bellte: „Volle Breitseite.“ Er wirbelte herum, schaute zu Alexander Strange, seinem Steuermann, „Bring uns von hier weg. Kurs egal, Geschwindigkeit egal, Hauptsache weg

„Sir?“, erklang die Stimme Jill Menacers, seiner taktischen Offizierin und der Captain der Dragonfly wandte sich zu ihr: „Ja?“

„Unsere Waffensysteme sind leer – wir haben keine Phaser und keine Photonentorpedos mehr.“

„Auch unser Antrieb spinnt.“, meldete Alex und dann hörte er das laute Krachen, als der Borgwürfel das so viel kleinere Sternenflottenschiff rammte. Um ihn herum wurde alles weiß und er fand sich in einer Holodecksimulation wieder.
 

Agatha schaute zu ihm und schüttelte den Kopf: „Soviel zum Thema Kobayashi Maru, Cal. Naja, nicht jeder kann den Test manipulieren.“

„Ich wollte ihn gar nicht manipulieren – bin doch nicht Kirk.“, machte Cal und wirkte tatsächlich ein wenig beleidigt.

Seine hübsche erste Offizierin holte gerade Luft, als aus dem Kommunikator des jungen Mannes die angenehme Stimme der Frau erklang, die er als Jill Menacer kannte.

„Brücke für Captain Cat?“

Kurz zögerte er und betätigte dann das Funkgerät, das Uneingeweihte immer an eine Brosche erinnerte.

„Ja, Cat hier?“

„Wir empfangen einen Ruf von der Erde. Es ist Counselor Troi.“

Verwundert blickte der blonde Captain zu seiner rothaarigen Freundin: „Warum will Deanna uns sprechen?“

„Keine Ahnung, aber Du könntest ihr einen Gefallen tun, wenn Du sie nicht immer mit Deanna ansprechen würdest. Ich glaub, das mag sie nicht unbedingt.“

„Jaja.“, machte Cal und betätigte erneut seinen Kommunikator: „Sag ihr, ich bin gleich in meinem Raum.“

Damit machte er sich auf den Weg. In der Tür drehte er sich noch mal zu Agatha um und lächelte.
 

Die Liebelei zwischen dem Captain und dem ersten Offizier - oder besser gesagt, die immer wieder angestrebte Liebelei zwischen Captain und erstem Offizier - war schiffsweiter Klatsch, und obwohl Cal es in den ersten Wochen versucht hatte, zu unterbinden, hatte er in den folgenden Wochen die Segel gestrichen und für sich beschlossen, zu akzeptieren, dass sein Schiff mit Klatschonkeln und Klatschtanten besetzt war.

Wobei eine gewisse Portion Klatsch ja auch ihn interessierte - solange sie nicht ihn persönlich betraf.
 

Das Projekt Teen Squadron war ein Gewagtes gewesen. Die Idee, die dahinter stand, war, dass man ein Raumschiff, bzw. einen Raumschiffrahmen - und von denen gab es ja als Raumschiffwracks nach dem Ende des Dominionkrieges ja zuhauf - wieder zu einem Raumschiff aufbaute, auch in der Zukunft wird Recycling groß geschrieben - ist ja klar, ist ja auch ein Nomen - und dieses neugebaute Schiff mit Teenagern besetzte, beziehungsweise einem verhältnismäßig jungen Personal.

Verhältnismäßig jung meint hierbei das zuerst gesagte, nämlich ein mit Teenagern bzw. Twens besetztes Schiff, sodass man von einer Art Raumschulschiff, ähnlich der Gorch Fock auf der Erde, sprechen konnte.

Natürlich konnte man – wenn man sich die Crew ansah – wirklich eher von Twens sprechen, von Leuten also, die schon einige Jahre in der Sternenflotte gedient hatten. Daher war der Name „Teen Suqadron“ für das Projekt eher sehr euphemistisch, denn es befand sich kein einziger Teen mehr darunter.

Initiatoren dieses Projektes waren die Gebrüder Cat gewesen - Calvin Nathan, der das Schiff auch heute noch kommandiert – und vorher drei Jahre lang auf der Enterprise gedient hatte - , sowie Richard Nathaniel, der sich nach dem dritten Einsatz eher in die Administrative Ebene gezogen fühlte.

Die Crew besetzte man, nach der Erlaubnis der Sternenflotte, mit den Mitschülern des Captains und seines Bruders - und die Ränge nach Fähigkeit und Sympathie.

So hatte Cal zwar die leicht-despotische Ader durchblitzen lassen, und sich selbst zum Captain ernannt, aber die qualifizierteste Person, die darüber hinaus auch seine Freundin war, wurde zum ersten Offizier ernannt, ein Posten, der eigentlich, Richard gehört hätte, wenn er diesen gewollt hätte.
 

Die ersten Einsätze der Dragonfly waren extrem fordernd, aber im Laufe der Zeit kam man mit der Situation klar und man arrangierte sich mit dem Leben als Teenager, bzw. Twen, und dem damit verbundenen Gefühlschaos, und den Pflichten als seriöser Sternenflottenoffizier.
 

Mit einem pneumatischen Zischen glitt die Tür zu seinem Bereitschaftsraum auf, der neben der Brücke lag, auf der just in diesem Moment Agatha ihr Hemd über ihrem flachen, durchtrainierten Bauch glattzog und die Position bezog, das Kommando solange zu übernehmen, wie Cal brauchte, um mit der Counselor der U.S.S. Enterprise 1701-E zu sprechen.
 

Das Allererste, was Cal sah, waren wunderschöne braune Augen. Er lächelte: „Counselor – wie ist das Leben als frischgebackene Ehefrau.

„Danke, es geht gut, Captain Cat – und die Dragonfly?“

Schulternzuckend antwortete Cal: „Och – Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft. – Raumschiff fliegt.“

„Bitte?“, fragte die hübsche Betazoidin und Cal zuckte mit den Schultern: „Die tschechische Lokomotive. Emil Zátopek. Leicht abgewandelt. Was gibt es denn?“

„Sie haben doch einige Jahre auf der Enterprise gedient, Captain.“, eröffnete Deanna und ihr Gesprächspartner legte den Kopf schief, als er bemerkte, wie in ihren hübschen, braunen Augen Tränen zu sehen waren.

„Deanna“, sagte er dann, ohne auf das Protokoll zu achten, „Was ist los?“
 

Als sich die Tür zum Captainsbüro wieder öffnete, wirkte der Agatha entgegenkommende Cal ein wenig bleich um die Nase.

„Schatz, ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte die Frau und fing den Captain auf, bevor seine Beine nachgaben.

„Was ist denn los?“, fragte sie und nachdem Cal erzählt hatte, was geschehen war, seufzte auch Agatha schwer.

„Meine Güte…“, brachte sie hervor, „Wann ist das passiert?“

Der Captain holte einmal tief Luft: „Er … hat sich geopfert. Für das Wohl der gesamten Besatzung der Enterprise.“

Kurz verfluchte er sich, als er merkte, wie verräterische Nässe auf seinen Wangen spürbar war, er schüttelte den Kopf und legte seine Hand auf die Agathas. Dann räusperte er sich und sagte, ohne seine taktische Offizierin anzuschauen: „Jill? Schaltung aufs Schiff, bitte.“

Verwirrt nickte sie, sagte nach ein paar Sekunden: „Schaltung ist erfolgt.“

„Hier ist der Captain. Vor ein paar Tagen wurde die U.S.S. Enterprise ins romulanische Imperium entsandt…“

Er unterbrach sich, schluckte hart und schüttelte dann den Kopf.
 

Weiß.

„Wir haben uns heute hier versammelt, um einem großen Mann die letzte Ehre zu erweisen.“

Weiße Galauniformen. Sie alle trugen sie und einige sahen in ihnen noch schöner aus, als man es je für möglich erachtete.

Es schien richtig , das fast die komplette Sternenflotte anwesend war – auch wenn Jean Luc Picard nicht gedacht hätte, dass er ein solches Medienereignis je gut heißen würde.

Der Captain der Enterprise-E schaute in traurige Gesichter – einige der Anwesenden waren ehemalige Mitglieder der Crew, andere fühlten sich bemüßigt anwesend zu sein, weil man einen wahren Helden zu Grabe trug.

Oder besser zu Grabe getragen hätte, doch die Explosion, die das Leben seines Crewmitgliedes auslöschte, hatte nichts übrig gelassen.

Während sein Schiff im Orbit repariert wurde, hatte man den Fall untersucht und sich für eine symbolische Beerdigung entschieden.

Die große Gestalt, die am Grab stand, schien – zumindest entnahm Picard das den Gesten mancher Besucher – ein Affront zu sein. Wen wunderte es, ähnelte die Person doch der, die da gestorben war, aufs Haar. Bei einem Zwillingsbruder wären die Emotionen vielleicht nicht so gewesen – und hier zeigte sich die Bigotterie der Einstellung, denn, die Person, die am Grab stand war, aus seiner Sicht, ein Zwillingsbruder.

„Lieutenant Commander Data gab sein Leben in selbstloser Pflicht, seinen Kommandanten zu beschützen.“, sagte die Person, die neben dem Grab stand, in das nun – symbolisch – ein leerer Sarg gelassen wurde.

Picard schaute sich um. Deanna Riker-Troi, seine ehemalige Counselor, nun bald als diplomatischer Offizier auf der U.S.S. Titan tätig, gelang es, ihre eigene innere Aufgewühltheit zusammen, mit der Trauer, die auf sie von allen Seiten einströmte, in sich zu verschließen. Die linke Hand der Betazoidin klammerte sich um die Rechte ihres Mannes, William Thomas Riker, der bald die Titan kommandieren würde. Er fragte sich, wie oft Will eine solche Ansprache noch halten würde und beneidete ihn nicht um diese Pflicht. Er selbst würde – dessen war er sich sicher – solange er Kapitän eines eigenen Raumschiffes war, oft genug solche Reden halten müssen.

Just, als er diesen Gedanken gefasst hatte, schauten ihn zwei Frauen an – die hübsche Betazoidin und seine Chefärztin und beide lächelten ihn aufmunternd an. Deanna, weil sie sein emotionales Chaos gespürt hatte und Beverly Crusher, weil sie ihn einfach kannte. Er lächelte zurück und wandte sich dann, tief durchatmend ab, weil er wusste, dass nun die Kondolenzen kommen würden.
 

Der Leichenschmaus war so, wie man es erwarten würde… laut.

Da wurden Geschichten ausgetauscht, über Situationen, die man mit Data erlebt hatte, weise Worte, die der Androide irgendwann einmal gesagt und Heldentaten, die er irgendwann begangen hatte. Sich all das anzuhören, lies Deanna Troi ihren Freund Data wieder mehr vermissen.

Als die Kellnerin kam, räusperte sich zwei Plätze neben ihr jemand und sagte: „Entschuldigen Sie… haben Sie frische Erdbeeren?“

„Natürlich, Sir, ganz frisch aus dem Garten.“, flötete die Kellnerin und man konnte den Besitzer der Stimme förmlich lächeln hören: „Dann nehm ich doch welche.“

„Mit Sahne?“

„Natürlich, Ma’am.“, lächelte die Stimme und Deanna wusste genau, wem diese Stimme gehörte. Sie lehnte sich erst nach hinten, doch offenbar hatte sich der Mann gerade nach vorne gelehnt. Also beugte sie sich vor, doch da hatte sich der Mann wieder nach hinten gelehnt und Deanna seufzte.

Die hübsche Rothaarige neben ihr drehte sich zu ihr um, zuckte entschuldigend mit den Schultern und wandte sich dann an den Mann, der da gerade die Erdbeeren bestellt hatte.

„Cal? Da möchte dich jemand sprechen.“

Der angesprochene schaute zuerst verwundert zu Agatha, dann zu Deanna und lächelte. „Schön Sie wieder zu sehen, Counselor.“, sagte er und reichte ihr die Hand, die sie ergriff und kurz, angemessen kräftig schüttelte, „Ich wünschte nur, es wäre zu anderen Umständen gewesen.“

„Ja, doch“, nickte sie, „Das … auf jeden Fall.“

Er schaute sie verträumt lächelnd an, räusperte sich, als er sowohl den Gesichtsausdruck von Agatha, als auch den von Deanna bemerkte und wurde ungefähr so rot, wie die Erdbeeren, die da gerade von der adretten Kellnerin gebracht worden waren.

„Danke.“, lächelte Cal der Frau aus dem dienstleistenden Gewerbe zu und wandte sich dann wieder an Deanna: „Danke auch an Sie, dass Sie uns eingeladen haben.“

„Das erachtete der Captain, nachdem Sie die ersten drei Jahre an Bord der Enterprise-D Dienst getan hatten, auch eigentlich nur für richtig.“

„Dann sollte ich mich gleich beim Captain bedanken.“, meinte Cal und Deanna blinzelte: „Haben Sie das noch gar nicht getan?“

„Nein, ich dachte, Sie hätten mich eingeladen.“

„Och Cal!“, machte Agatha und schüttelte den Kopf, „Da denkt man nach!“

Gerade, als sich der Captain der Dragonfly erheben wollte, um diesen faux-pas auszubügeln, tauchte neben ihm eine junge Frau auf und überreichte ihm ein PADD.

Er blickte in die Runde, kratzte sich verwundert am Kinn und lehnte sich kurz zurück, um zu lesen, was da denn so wichtig wäre.

Mit gerunzelter Stirn gab er das PADD an Agatha weiter und schaute sie dann verblüfft an.

Er stand auf, ging gefassten Schrittes zur Tür, die zu den Nasszellen führte und wusch sich erstmal die Hände, als die Tür aufglitt und Jean Luc Picard im Raum stand.
 

Sofort erstarrte Cal, schaute ihn wie geschockt an, schluckte.

„Captain?“, machte er ruhig und lächelte ihm freundlich zu.

„S… Sir“, setzte er an, holte tief Luft und sagte: „Ich … wollte mich entschuldigen, dass ich mich bei Ihnen nicht sofort für die Einladung bedankt habe.“

„Ich verstehe nicht ganz?“, machte Picard und Cal runzelte verblüfft die Stirn: „Sie haben mich über Counselor Troi einladen lassen. Ich bin… Captain Calvin Cat, Sir.“

Nun hob Picard verwundert beide Augenbrauen.

Der Calvin Cat?“, fragte er lächelnd, “Der sich schon in der Nachtschicht immer gerne mit Captain Cat hat anreden lassen?”

Cal merkte, wie er leicht errötete: „Ja… der.“

Picard blickte verschwörerisch von links nach rechts: „Ich hab Ihre Karriere beobachtet. Guter Mann.“

Der Captain der Dragonfly riss überrascht die Augen auf: „S… Sie hab… haben…“

Innerlich schüttelte Picard den Kopf. Er könnte ihm jetzt auf den Kopf zusagen, dass er eigentlich befürchtet hatte, das Einzige, was Cal je kommandieren würde, wäre ein Taxi gewesen, aber… er beschloss, es nicht zu machen. Im Laufe der Jahre hatte er gelernt, dass man mit freundlichen, aufmunternden Worten weiter kam, als mit der schmerzhaften Wahrheit. Er hatte seine Karriere beobachtet, das war richtig – oder besser gesagt, die ewigen Versuche, die Lieutenantprüfung zu schaffen. Wenn er mit seinen Freunden damals nicht das Projekt „Teen Squadron“ in Angriff genommen hätte, er wäre nie Kommandant geworden.

„Ja, Sie sind ein leuchtendes Vorbild dafür…“, setzte Picard an und komplettierte den Satz gedanklich mit: „Wie man mit absoluter Inkompetenz an die Spitze einer Kommandohierarchie stolpern kann.“

In der Wirklichkeit setzte er den Satz jedoch anders fort: „… wie man mit harter Arbeit und sehr viel Fleiß in kurzer Zeit riesige Karrieresprünge machen kann.“

„D… danke Sir.“, stammelte der Captain der Dragonfly und schaute zu Picard herüber, ehe er sich dachte: „Warum hab ich gerade das Gefühl, als wäre ich ein Gary-Stu?“
 

„Was ist ihr nächster Auftrag?“, riss ihn die Stimme Picards aus seinen Gedanken und Cal fing sich: „Oh… ja, der ist gerade reingekommen. Ich muss zum Ewigkeitsplaneten. Einer unserer Beobachter meldet sich nicht.“

„Wie darf ich das verstehen?“, fragte Picard und Cal schaute ihn neugierig an: „Kennen Sie einen Thaddeus Alexander Stone?“

„TAS? Klar. Das ist einer der besten Captains, die ich je gesehen habe. Er kommandierte die Challenger, soweit ich weiß. Ich erinnere mich noch gut an ihn – er hat mir auf Mehetnar seinerzeit das Leben gerettet. Wieso fragen sie?“, erklärte der Kapitän der Enterprise und Cal nickte: „Ja und er hat mich und Agatha mal mitgenommen, als wir zum Konzert von Rihanna wollten. Der Mann arbeitet ja im Navy Yard vor knapp vierhundert Jahren.“

„Ah, er ist dieser Beobachter?“

„Ja… was genau seine Aufgabe ist weiß ich nicht, ich weiß nur, dass ich schnell zum Wächter der Ewigkeit fliegen muss, um herauszufinden, was mit Stone passiert ist.“
 

Knappe 12 Stunden später war die U.S.S. Dragonfly im Orbit um den Ewigkeitsplaneten.

Zwar murrte der Chefingenieur des Schiffes, da man seine Maschinen so stark beansprucht hatte, aber Cal hatte ihn angeschaut und gesagt: „Sorry, Seb, was sein muss, muss sein.“

Nun beamte man sich herunter auf den Planeten und als sich Cal das erste mal diesem beinahe-Donut-Förmigen Ding gegenübersah, legte er den Kopf schief.

„Sag mal, Schatz“, wandte er sich an Agatha, „An wat erinnert mich dat Dingen gleich noch mal?“

Er starrte wie hypnotisiert in den Lauf einer Stabwaffe. Einer drei mal verfluchten Stabwaffe an deren anderem Ende sich ein Jaffa befand und bereit war, abzudrücken.

„Noch einen letzten Wunsch, Tau’ri?“, hörte er die Stimme des Goa’Uld, der sich neben dem Jaffa positioniert hatte, um der Exekution des Mannes beizuwohnen.

Cal schluckte und zuckte dann zusammen, als Querschläger von der Rüstung des Jaffa, wie kleine Feuerwerkskörper, abprallten. Verwundert drehte er sich in die Richtung, aus der die Schüsse gekommen waren – da stand, mit feuerbereit gemachter Fabrique Nationale P-90, der Standardwaffe, den drahtigen Körper in voller Kampfanspannung gehalten, Samantha Carter und zielte auf den Goa’uld.

„Ja, ich hätte noch einen.“, flachste plötzlich Jack O`Neill, schaute den Goa’Uld aus grauen, amüsiert-funkelnden Augen an und rückte sich seine grüne Kappe zurecht, „Lass uns in Ruhe.“

„Ihr wagt es, mich anzugreifen?“, donnerte das Wesen, das sich für einen Gott hielt und richtete sein Kara’kesh – ein, entfernt an einen Handschuh, mit einem roten Kristall in der Handflächenmitte, erinnerndes Gerät - auf den Colonel.

Cal ahnte schon, was nun passieren würde. Mit einem „Ich dachte, ich versuch’s mal“ richtete sich Jack auf, nahm Ziel und warf sein Armeemesser zielgenau in die Hand des Ausserirdischen.
 

„Gut geworfen.“, machte Cal vom Boden her und schaute zu Jack und Sam herüber. Letztere lächelte ihr berühmtes 1000-Watt-Lächeln und der Captain der Dragonfly merkte, wie seine Gesichtsmuskeln die Arbeit aufnahmen und grinsten…

„Hey, was grinst Du so?“, riss ihn die Stimme seiner Freundin aus den Gedanken und er schüttelte den Kopf.

„Was, wie, wo?“, machte er, räusperte sich, in die Gegenwart zurückfindend.

Dann nickte er in Richtung des entfernt stehenden „Wächters der Ewigkeit“ und sagte: „Tut mir leid, aber – das Ding erinnert mich an das Stargate. Du weißt ja… früher…“

„Jaja“, machte Agatha und wirkte leicht genervt, „Du hast mir schon ein paar mal erzählt, wie toll es war, mit der großartigen Samantha Carter zusammen Abenteuer zu erleben.“

„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, Du bist eifersüchtig.“, grinste der Captain frech und als sie ihn ansah, erkannte sie wieder einmal, dass sie eigentlich für diesen Posten viel zu jung waren.

„Naja, es nervt mich schon, dass Du sie immer auf so ein Podest stellst.“, sagte sie und schaute ihn an, als er die Schultern zuckte: „Aber Schatz – ich bin doch wieder zurück zu dir gekommen.“

„Á prospos ‚gekommen’, Cal, da vorne kommt die Gruppe, die die Ruinen und den Wächter erforscht.“
 

Damit deutete sie auf die Gestalten, die sich ihnen näherten. Für den Bruchteil einer Sekunde machte sich das Gefühl in Cal breit, in eine Falle gelaufen zu sein. Vier zu zwei – da konnte man, wenn man nur einen talentierten Kämpfer und jemanden hat, der sich schon mit einfachsten Kampfmanövern schwer tut, durchaus von „in der Unterzahl“ sprechen. Aber, da sie auf einem Föderationsplaneten waren… was könnte schon passieren?

„Immerhin“, dachte sich Cal, „ist es ja nicht so, als haben wir gegen Formwandler krieg geführt.“

Natürlich hatte man genau das getan, aber – nach dem Ende des Dominionkrieges war man sich aber eigentlich so ziemlich sicher, dass eine solche Bedrohung nie wieder ins Haus stehen würde. Die Personen, die ihnen entgegen kamen, waren zwei Männer und zwei Frauen. Die Eine war eine Blondine, bei der der Ausdruck „Die Zeit hat es an einigen Stellen ein wenig zu gut gemeint“ durchaus und ohne despektierlich sein zu wollen, zutreffend gewesen wäre. Sie nahm Haltung an und salutierte: „Captain Cat, darf ich mich vorstellen? Ich bin Svetlana McGarrett. Dies ist meine Crew – Andrea Brennan, Julian Cane und Anthony DiNozzo, der Dritte.“

Letzterer fasste Agatha ins Auge und lächelte: „Tony – meine Freunde nennen mich Tony.“
 

Sich räuspernd schaute Cal Tony an, legte den Kopf schief und sagte: „Wie wäre es, wenn Sie ihre Hormone wieder in den Gefrierschrank stellen würden? Das is meine Freundin, und ich kann da sehr ungehalten werden.“

Der Ton, den die hübsche Rothaarige neben ihm anschlug, ließ ihn sich überrascht zu ihr umdrehen.

„Cal, ich kann meine Kämpfe alleine ausfechten.“, sagte sie und der Captain blickte sie verdattert an: „Ja… klar, das… äh… wusste ich. Aber… naja, ich dachte… erm… dass … du… äh…“

Seufzend schaute die erste Offizierin ihren Captain an, dessen Gesichtsausdruck verriet, dass er wirklich keine Ahnung hatte, weswegen sie diesen etwas härteren Tonfall angeschlagen hatte. Sie schüttelte den Kopf und machte eine wegwerfende Handbewegung, schaute dann zu McGarrett und räusperte sich: „Können wir dann mal zum Wächter?“
 

Erneut erinnerte den Captain dieser große Stein mit der annähernd kreisrunden Aussparung in der Mitte ihn an das Sternentor, durch das er selber ein paar mal gegangen war. Er räusperte sich, schaute zu Agatha und … stockte, als er sah, wie einer der Wissenschaftler plötzlich etwas tat, das mit „durchdrehen“ noch extrem euphemistisch umschrieben werden würde. Der Typ zog tatsächlich eine Pistole – eine dieser archaischen Schusswaffen, wie sie James Bond verwandt hatte, und die man ihm auch im SGC zuerst nahegelegt hatte, zu verwenden, aber dann schließlich davon absah. Anthony DiNozzo, der Dritte, Tony, wie ihn seine Freunde nannten, zog urplötzlich eben jene Waffe und begann „rumzuballern“, wie es O’Neill sagen würde. Entsetzt warf sich Cal auf Agatha, als der Schuss losheulte. Seinen Körper als Schutzschild verwendend, presste er sie auf den Boden, griff nach seinem Phaser und wollte auf DiNozzo schießen… doch dieser rannte gerade zum Wächter der Ewigkeit und sprang hindurch.

„Na, da haben wir noch mal Glück gehabt, hm?“, murmelte der Captain, stand auf und klopfte sich den uralten Staub von der Kleidung.

Agatha antwortete nicht, was Cal dazu veranlasste, zu ihr zu sehen: „Oder was meinst Du?“

Dann erstarrte er.

Unter dem kurvenreichen Körper seiner Freundin bildete sich eine Blutlache.
 

Auf der Krankenstation der Dragonfly ging der Captain in immer schnelleren Abständen immer kürzer auf und ab, stoppte, wandte sich um, drehte sich zur Bordärztin, der blonden Gina Intrupper und ging dann wieder auf und ab.

„Gina, was is nun?“, fragte er und schaute zu ihr herüber.

Die blauen Augen der jungen Ärztin verrieten eine Mischung aus Genervtheit, Sorge und Konzentration: „Ich könnte hier definitiv schneller weiterarbeiten, wenn Du mich nicht alle fünf Minuten stören würdest, Cal.“

Der doch recht scharfe Tonfall ließ ihn zusammenzucken und sie verblüfft anschauen, ehe er sich auf dem nächsten Biobett niederließ.

„’Tschuldigung. Ich bin nervös.“

Gina seufzte, wandte sich kurz zu ihm und nickte: „Kann ich verstehen. Man hat deine Freundin vor deinen Augen angeschossen.“

„Ja“, machte Cal, suchte den Blickkontakt zur schönen Ärztin und zuckte mit den Schultern: „Ich hab mich noch auf sie geworfen…“

Die hübsche Frau grinste: „Du bist nicht Superman. Weder kannst du fliegen, noch dir ‚faster than a speeing bullett’ auf die Stirn tätowieren lassen.“

„Das is auch ganz praktisch, sonst müsste ich mit der Unterhose über der normalen Hose rumlaufen. Und auf Cape hab ich nun wirklich keinen Bock.“, meinte der Captain und merkte, wie er gegen seinen Willen schmunzeln musste. Dieser Spruch von ihr hatte förmlich nach einer blöden Reaktion geschrien und wenn es etwas gab, dem Cal nicht widerstehen konnte, war es seine Freundin – und blöde Kommentare auf diverse Situationen abzugeben.

Dann fiel sein Blick auf die Frau, deren durchtrainierter Bauch frei lag und die von Gina mit einem Hautregenerator behandelt wurde.

Er stand auf, schaute zu Gina, dann zu Agatha und erschrak.

Wie bleich die Frau, die er liebte, gerade wirkte.

„Wird sie es schaffen?“, fragte er und die Ärztin nickte: „Was erwartest Du? Sie ist eine Kämpferin. Meinst Du im Ernst, eine Kugel in den Bauch haut sie um? Zwei Tage Krankenstation und sie ist wieder wie neu.“

„Ein Hoch auf die moderne Medizin.“, meinte der Captain und schaute seine Ärztin dann an: „Aber ich versteh immer noch nicht, weswegen DiNozzo durchgedreht hatte.“

Gina zuckte mit den Schultern: „Ich hab keine Ahnung…“

Er wollte sich gerade noch äußern, da erklang die Stimme seiner Sicherheits- und Taktikoffizierin aus der Brosche, dem sogenannten Kommunikator.

„Brücke für Captain Cat?“

„Ja, Cat hier?“

Er konnte förmlich hören, wie Jill aus dem Kommunikator grinste: „Wir haben eine Spur gefunden. Ich leg sie dir auf den Untersuchungsbildschirm in der Krankenstation.“

„Sekunde mal, woher weißt Du, wo ich bin?“, fragte Cal verwirrt und dieses mal lachte sie: „Cal – deine Freundin ist verletzt worden, sie wird es zwar packen, da sind wir uns alle einig, aber wir alle wissen doch, wie es emotional um dich bestellt ist, wenn sie wieder mal verletzt wurde. Natürlich bist du auf der Krankenstation.“

Der Captain räusperte sich: „Bin ich so durchschaubar?“

„Oh ja.“, machte Gina, deren italienische Wurzeln ausgerechnet in diesem Moment zum sprachlichen Vorschein kamen.

Seufzend wandte sich der Captain zu einem der Bildschirme, auf dem nun etwas erschien.
 

Es war ein Text.

Ein eigentlich harmloser Text, der offenbar mit einem Phaser in einen der uralten Steine auf dem Ewigkeitsplaneten eingebrannt worden war.
 

Tempus fugit.

Reflecting pool

Anacostia, Potomac,

Capitol.

Es ist wirklich schön hier.

Leider wird mir der Urlaub

Extrem vermiest.

Steine sterben, Fremde sind hier.

Scheidung MMXI

Cal las sich die Nachricht noch mal durch und stellte fest, dass sie absolut keinen Sinn machte. Er konnte zwar einige Landmarken herausfinden – Anacostia, Reflecting Pool Potomac, Capitol – das waren Sehenswürdigkeiten in Washington D.C. aber…

„Steine sterben?“, fragte Agatha und der Captain zuckte zusammen, als er plötzlich ihren Atem in seinem Nacken spürte.

„Hast Du mich erschreckt.“, keuchte er und presste sich die Hand theatralisch auf die Brust, „Mach das nich wieder, oder dein alter Captain kriegt’n Herzkasper, der sich gewaschen hat.“

Sie zwinkerte ihm zu und küsste ihn auf die Stirn: „Du bist nicht alt.“

Dann nahm sie ihn in den Arm: „Danke, das Du mich hast retten wollen.“
 

Kurz trachtete er danach, ihr zu sagen, dass man sich gerade mal auf diese Botschaft konzentrieren musste, aber die Anwesenheit Agathas brachte ihn völlig aus dem Konzept. Er starrte sie, wie betäubt, hypnotisiert und unter jeder anderen Art der Telegedankenkontrolle an und lächelte: „Schatz… wenn ich kann, werf ich mich immer vor dich. Du kennst mich – für dich mach ich alles, da werf ich mich sogar hinter den fahrenden Zug.“

„Halt die Klappe, Cal.“, grinste sie, packte ihn und drückte ihm einen sinnlichen Kuss auf die Lippen. Als sie sich lösten, starrte er sie an, blinzelte und schüttelte den Kopf, um wieder klar zu werden.

„Erm… ja.“, stammelte er dann und schaute zu ihr: „W… was meintest Du eigentlich gerade?“
 

Sie grinste.

Hatte sie es wieder einmal geschafft, ihn aus der Fassung zu bringen? Das tat sie wirklich gerne, immerhin liebte sie es, wenn er gerade einen Gedanken ausformuliert hatte, ihn durch eine Geste so fertig zu machen, dass er vergas, was er eigentlich sagen wollte. Es ist zwar nicht nett, das mit jemandem zu machen, der sowieso nie all zu viele Geistesblitze hat, aber – ein bisschen Spaß muss sein. Besonders, nachdem man einen Bauchschuss erhalten hatte. Sie konnte sich nicht daran erinnern, das sie getroffen wurde, nur daran, dass sie plötzlich knappe 73 Kilo auf dem Rücken hatte und dann merkte sie erst diesen unsäglichen Schmerz in der Seite, der sie langsam, aber sicher das Bewusstsein verlieren ließ.
 

Sie erinnerte sich nicht an viel, nur daran, das sie immer wieder Cal sah, hörte, spürte, wie er in der Krankenstation auf und ab ging, besorgt nach ihr fragte und sie konnte eigentlich nicht mehr tun als da zu liegen und zwischen Ohnmacht und Wachsein hin und her zu pendeln. Dann erwachte sie endlich, als sie sah, wie Cal sich der Nachricht auf dem Bildschirm widmete, zwinkerte Gina zu und stand auf.
 

„So“, räusperte sich die Ärztin, „Agatha, du hast deinen Spaß gehabt, leg dich wieder hin. Ich möchte nur noch ein paar Tests machen.“

„Ja, gleich.“, sagte Agatha, beugte sich vor und warf einen Blick auf den Text auf dem Bildschirm.

Cal tat es ihr gleich.

„Was meint der Typ mit ‚sterbende Steine?’“, fragte er und Gina zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung, aber – der Schreibstil erinnert mich an meinen Bruder.“

Cal blinzelte sie an: „Du meinst diesen Überflieger, der mit 20 ein besserer Doktor war als Julian Bashir – ohne dabei genetisch hochgewertet zu sein?“

Gina nickte.

„Ja, er versteckte gerne kleine Botschaften in seinen Briefen. Er hatte mal von sogenannten Akrostichons – oder acrosstic.“

Erneut blinzelte Cal: „Wat soll dat denn sein?“

„Erinnert Ihr beide euch an das Symbol der Christen?“, fragte Gina und Agatha nickte: „Das Kreuz, oder?“

„Nein, ich meine den Fisch. Angeblich sollen damals die Urchristen dieses Zeichen verwendet haben, um sich anderen Christen erkennen zu geben.“, erklärte Gina, „Und ich sag euch auch, warum. Der Fisch – zu griechisch „Ichtys“, ist das kurz gefasste Glaubensbekenntnis und erhält den Satz: „Jesus Christus, Gottes Sohn und Erlöser“ – auf Griechisch. Also Iēsous Christós Theoú Hyiós Sōtér.“
 

Dieses mal blinzelten nicht nur Cal, sondern auch Agatha die hübsche Blonde verdattert an und antworteten wie aus einem Munde. „HÄ?“

Ein Lächeln zierte die vollen Lippen Ginas und sie schaute die XO und den Captain an: „Schreibt man nun Iēsous Christós Theoú Hyiós Sōtér unter einander und nimmt von Iēsous das I, von Christós das CH, von Theoú das Th, von Hyiós das Y und von Sōtér das S, erhält man das Wort ICHTYS, also Fisch. Und aus diesem Grunde ist, der Legende nach, der Fisch ein Symbol der Christen.“

„Ja, okay, hab ich verstanden.“, meinte Cal und Agatha blickte ihn verdattert an, als wolle sie verschmitzt ein „Das glaube ich nicht, Cal.“ einwerfen, was sie aber nicht tat. Stattdessen räusperte sie sich: „Aber was hat nun der Fisch – oder das Akrostichon mit dieser Nachricht zu tun?“

Gina grinste: „Im Grunde ist es ganz einfach.“

Sie räusperte sich.

„Computer, bitte alle Buchstaben, bis auf die jeweils ersten der Zeile löschen.“

Der Rechner der Dragonfly tat wie ihm geheißen und plötzlich erschien auf dem Bildschirm ein neues Wort.

T

R

A

C

E

L

E

S

S

Cal blinzelte verwundert: „Traceless? Aber… was hat der denn hier verloren? Ich meine, operiert er als Dieb, Terrorist und A-Loch extraordinaire nicht eigentlich eher so… ich weiß auch nicht, im Zentrum der Föderation?“

Dann stöhnte er auf, schaute zu Gina und lächelte: „Entschuldigung, ich weiß… er ist den Bruder und… aber… es tut mir leid, er ist ein Verbrecher.“

„Ich weiß.“, knirschte Gina mit den Zähnen, „Das macht es aber auch nicht leichter. Es ist eigentlich so einfach – was er tut ist kriminell, aber… meine Güte, wie kann man von mir erwarten, zwischen der Loyalität zu meinen Freunden und meiner Familie zu wählen?“

Agatha legte ihr lächelnd die Hand auf die Schulter: „Das kann man nicht. Dein Bruder liebt dich, deswegen hat er uns bei der Konferenz auf der Erde seinerzeit verschont.“

„Sprecht da nur für euch.“, murrte Cal, „Mir tat noch zwei Tage lang der Kopf weh, weil er mich ausgeknocked und meine Rolle angenommen hatte.“

Die beiden Frauen grinsten ihn an: „Hätten wir eigentlich merken müssen, da warst Du ja kompetent wie sonst nie.“

„Na danke schön“, machte Cal mit einem leicht genervt klingenden Unterton, grinste aber, ehe er sich räusperte und dann wieder dem Bildschirm zuwandte.

„Okay, wir wissen, das Traceless da war, aber… wir wissen nicht, was er uns sonst noch mitteilen wollte.“

Gina schüttelte den Kopf: „Im Gegenteil, das wissen wir eigentlich sogar sehr konkret.“

„Ach ja?“, machte Cal und dieses mal nickte Agatha: „Jupp. Cal, pass auf, ich zeig es dir.“

Damit wandte sie sich wieder an den elektronischen Datenknecht: „Computer? Bitte den letzten Arbeitsschritt zurücknehmen.“

Sofort erschien auf dem Bildschirm wieder der komplette Text.
 

Tempus fugit.

Reflecting pool

Anacostia, Potomac,

Capitol.

Es ist wirklich schön hier.

Leider wird mir der Urlaub

Extrem vermiest.

Steine sterben, Fremde sind hier.

Scheidung MMXI

Cal legte den Kopf schief: „Okay, Reflecting pool, Anacostia und Potomac, sowie das Capitol lassen ja nun auf D.C. schließen - soweit war ich auch schon. Er macht also Urlaub in Washington, aber – und jetzt kommt der Caius Kaktus…“

„Casus knacktus.“, murmelte Agatha, was vom Captain aber wohlweißlich überhört wurde, der sich gar nicht stören ließ, und fortfuhr: „Was heißt ‚Steine Sterben, Fremde sind hier – Scheidung MMXI?“

Gina lächelte: „Das weißt Du wirklich nicht? Ich weiß auf jeden Fall schon mal, was mit MMXI gemeint ist.“

„Ach so?“, fragte Cal, „Und was?“

„Römische Zahlen, mein Freund.“, sagte die Italienerin, „Das M steht ja wohl für Tausend, das X für 10 und das I für die Eins. Also Zwei Tausend Zehn und 1 – ergibt 2011.“

Mit nun in die andere Richtung geneigtem Kopf rechnete der Captain nach und nickte: „Ja, wenn Du das sagst, wird das stimmen. Und was meint er mit Scheidung?“

„Buzz hat mir früher immer aus dieser Datenbank vorgelesen… man sagte dazu ja mal ‚Wiki’, aber - ich nenn es weiterhin „Datenbank“. Also in dieser Datenbank stand, dass ein bestimmter Monat, früher ‚Scheidung’ hieß – auch Herbstmonat, Holzmonat oder Engelmonat genannt.“

„Und welcher Monat soll das sein?“, fragte nun Agatha und Gina grinste: „Der September, meine Liebe. Buzz lässt uns mitteilen, dass er im September des Jahres 2011 ist.“

„Ja, gut okay“, meinte Cal, „Aber was heißt bitte schön ‚Steine sterben’? Ich meine, er wird ja wohl kaum…“

Der Captain stockte und wandte sich dann an Agatha: „Schatz, wie heißt noch mal der Kontrolloffizier, der sich nicht mehr meldet?“

Agatha schaute ihn an: „Thaddeus Alexander…“

„Stone“, komplettierte Cal den Satz: „Er will uns mitteilen, dass Stone stirbt!“

Damit wandte er sich um, griff Agatha bei der Hand und zog sie mit sich, stoppte in der Tür und wandte sich zu Gina um: „Scheint so, als sei dein Bruder doch nicht nur ein A-Loch.“

Die Ärztin räusperte sich: „Ihr geht runter zum Ewigkeitsplaneten, oder?“

„Ja, wieso?“, fragte Cal und wandte sich an Agatha, die sich in diesem Moment wieder den Magen hielt und Schmerzlaute von sich gab.

„Deswegen.“, meinte Gina, „Meine Güte, das Ding ist ein Tor durch Raum und Zeit, da werdet ihr noch ein paar Tage haben, bis sich dein Schatz wieder auskuriert hat, oder?“

„Stimmt.“, lächelte Cal.
 

Was der Captain nicht wissen konnte, war, dass alle seine Bemühungen, das Leben Captain Stones zu retten, nicht fruchten würden und das am Schluss Petty Officer McConnaugh immer wieder das Endergebnis dieses Kampfes zwischen Raum, Zeit und Planeten sehen würde.

Eine Leiche in einer Waldlichtung .
 

TBC.

Die nussbraunen Augen Ziva Davids rollten in ihren Augenhöhlen nach oben und ihr Körper erschlaffte.

Kapitel 6

Die nussbraunen Augen Ziva Davids rollten in ihren Augenhöhlen nach oben und ihr Körper erschlaffte.
 

Klirr!

Er hatte, ohne groß darüber nachzudenken, was er getan hatte, gehandelt und sich mit voller Wucht gegen den Mann im grauen Sakko geworfen. Den Ruf seiner Liebsten hatte er gerade in dem Moment vernommen, in dem beide gegen das Fenster krachten und dann …
 

Bemerkte er, wie er sich im freien Fall befand.

‚Scheiße!’, schoss es ihm durch den Kopf, ‚Wenn ich jetzt unten aufpralle…“

Da hatte der Mann, der das Gesicht von NCIS Ermittlerlegende Leroy Jethro Gibbs spazieren trug, ihn aber schon gegriffen und gegen seinen Kommunikator gedrückt. Mit einer Stimme, die die Cals war, sagte Gibbs plötzlich: „Cat an Dragonfly! Notfalltransport. Beamen Sie uns hoch.“

Und dann – kurz bevor der Aufschlag erfolgte – dematerialisierte er. Dunkelheit umfing ihn.
 

„Cal!“, hatte sie geschrien und dann war er vor ihren Augen auf Traceless zugestürmt und hatte sich mit ihm aus dem Fenster geworfen. In Sachen „Selbstzerstörungsfreudigkeit“ erinnerte sie das an seinen legendären Einsatz auf Optimus Prime , der nur deswegen Optimus Prime hieß, weil Cal, der den Planeten zusammen mit seiner Crew als Erster entdeckt hatte, ihn im Angedenken an eine Kinderserie, die er offenbar gerne schaute, den Namen gegeben hatte.

Aus diesem Grund fanden sich ab den Tagen, ab denen es der Crew der Dragonfly oblegen hatte, kühn dorthin zu gehen, wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist, Planeten, die Namen wie Ultra Magnus , Thor oder auch Blablawuffwuff in den Sternenkarten und -Atlanten. Man hatte versucht Cal – dem frühen Cal – die Vorliebe für bekloppte Namen auszutreiben, man hatte mit dem Legal Department der Sternenflotte gesprochen, die sich mit Crane, Poole & Schmidt beraten hatten, aber – nein, gegen alte Traditionen kam man halt nur ganz schwer an.
 

Auf Optimus Prime hatte sich der todesmutige und offenbar intelligenzallergische Cal zusammen mit dem Prime Minister aus einem Hochhaus geworfen, nachdem es auf dem Planeten zu einem Bürgerkrieg gekommen war. Damals waren seine Handlungen von der Sternenflotte genau so gerügt worden, wie sie es jetzt werden würden, wenn der Captain einen Sturz aus einem knapp 5 Meter hohen Gebäude überlebte. Wenn man einen Köpper , also einen Kopfsprung, hinlegte, konnte selbst ein Sprung aus einem Fenster im ersten Stock gefährlich enden.
 

Ding

Die Tür glitt auf und ein freudestrahlender Cal kam ihnen entgegen. Gibbs war wenig begeistert – und das ist noch ein Euphemismus. „Gute Nachrichten“, grinste der Captain Agatha zu, „Wir haben ihn. Traceless ist gefangen, wir können verschwinden. Fall gelöst, Case closed.“

„… ist eine deiner Lieblingsanime-Serien. Du fühlst dich doch immer noch sehr mit dem Charakter des Shinichi verbunden, hm?“, lächelte Agatha und Cal zuckte mit den Schultern: „Wenn ich ehrlich bin, fühl ich mich in letzter Zeit mehr so wie Kaito KID.“, gab der Captain zurück und schaute sie an: „Aber ich bin ehrlich, wenn ich sage: Wir können uns von hier zurückziehen. Wir haben unseren Mistkerl gefangen, er ist hinter schwedischen Gardinen und atmet auch ohne Feinstaubfilter gesiebte Luft. Zu deutsch: Wir können verschwinden.“

Agatha war verblüfft: „Wie, wirklich?“

„Ja“, nickte Cal bestätigend, „Ich hab ihn selber in der Arrestzelle abgeliefert und – alles ist in bester Butter.“
 

Als er das letzte Mal hier gewesen war, hatte es geregnet. Er hatte in einem Auto gesessen, mit seinem Gewehr gezielt und abgedrückt. Er hatte nicht vorgehabt, die Frau, auf die er angelegt hatte, zu töten. Nein, das wäre viel zu simpel gewesen. Wenn er gewollt hätte, dass sie tot wäre – und damit davon zu kommen - hätte er andere Mittel verwendet, Mittel, die ihn nicht mit diesem Verbrechen in Verbindung gebracht hätten. Es war eine Mitteilung gewesen – eine Mitteilung an den Mann, der ihn tot sehen wollte. Und er hatte diesen Mann ebenfalls tot sehen wollen, da ihn dieser an seinen Vater erinnerte.
 

Der Mann erinnerte sich deutlich daran, wie verwirrt er sich gefühlt hatte, als seine Auftraggeber ihn von seiner aktuellen Mission abgezogen hatten. Er hatte sie nie gesehen, hatte nur in dem Moment, in dem er in das Haus hatte gehen wollen, um seinem Ziel eine Kugel in den Kopf zu jagen, gespürt, wie man ihn griff, ihm etwas injizierte, das ihn schlafen ließ.
 

Hier, im Anacostia Park, gegenüber des NCIS, hatte man ihn aus dem Lieferwagen gelassen, ihm ein Gewehr in die Hand gedrückt und „Gute Jagd“ gewünscht.

Und als er erfahren hatte, wer sein Ziel war, hatte sich ein Lächeln auf seine Lippen gelegt.

Sein erstes Opfer war nicht wichtig. Es war ein Offizier, ein gewisser Thaddeus Stone gewesen. Er hatte nicht einmal gewusst, warum seine Auftraggeber gerade diesen Navy-Captain tot sehen wollten, aber er hatte auch nicht nachgefragt.

Neugierig war er eigentlich nie gewesen, das schickte sich nicht.
 

Stone hatte gejoggt und die Tatsache, dass er ihn, seinen Mörder, so gut wie gar nicht bemerkte, hatte ihn amüsiert. Es war schnell gegangen. In einer einzigen, raschen Bewegung hatte er sein Opfer getötet, das Schwert, dieses lächerlich-lange Schwert präzise dorthin getrieben, wo es den meisten Schaden verursachte und hatte ihn dann zu Boden gehen lassen, auf dass das Schwert schön sichtbar blieb. Hätte er ihn nach vorne fallen lassen, wäre vermutlich einer der Passanten auf die glorreiche Idee gekommen, dass der Mann nur schliefe.

Wenn der Mann jedoch ein Schwert hatte, das aus der Brust ragte, war es schon schwieriger, zu meinen, dass Stone nur schliefe.
 

Auch, als man die Leiche gefunden hatte, war er in der Nähe geblieben, hatte sich im Gebüsch versteckt, sich auf die Lauer gelegt und immer wieder seinen Widersacher im Auge behalten.

Natürlich waren ihm die anderen Leute aufgefallen, die bei ihm waren. Er hatte sie alle mit Namen gekannt und es schmerzte ihn sehr, zu sehen, mit welcher Selbstverständlichkeit nicht nur sein Widersacher den Dienst tat, sondern auch die Person, von der er es eigentlich nicht erwartet hatte.
 

Kurzzeitig spielte er mit dem Gedanken, mit einem einzigen Schuss die Sache zu beenden. Es würde so sein, wie bei Kate, nur, dass sie der Tod nicht auf einem Dach, sondern mitten im beschaulichen Anacostia-Park ereilen würde. Das könnte er tun, aber er sträubte sich dagegen. Immerhin waren sie verwandt.

Und Verwandte ermordete man nicht.
 

Also schwenkte er sein Zielfernrohr wieder zu dem Mann herum, den er hasste und betrachtete die konzentrierten Züge Leroy Jethro Gibbs. Es war eigentlich nur ein kurzes Zucken seines Zeigefingers nötig, um ihn zu eliminieren. Vor seinem Inneren Auge sah er schon, wie der Kopf des grauhaarigen Mannes nach links ruckte, er dann in die Knie ging und dann zur Seite wegsackte.

Es wäre kein Problem – und mit dem Tod Gibbs wäre auch einer der fähigsten Ermittler und derjenige, der ihn zweifelsohne überführen würde können, aus dem Weg geschafft.
 

Und kurz, bevor er mit dem nötigen Maß an Kraft den Abzug drückte, stand Tony DiNozzo im Schussfeld und die ganze Sache war dahin.

‚Verdammt’, murmelte Ari Haswari und seufzte, ‚Konnte es nicht einfach so funktionieren?’
 

In den folgenden Stunden hatte er sich mit der Präzision, der Ruhe und der Ausdauer eines Army-Snipers darauf vorbereitet, seinem eigenen, kleinen, persönlichen Vergnügen, dem Töten Gibbs, nachzukommen. Es überkam ihn ein gewisses Gefühl der Melancholie, als er an genau der Stelle seine Position bezog, an der er seinerzeit in das Fenster geschossen hatte, hinter dem die quirlige Forensikerin Abigail Sciuto ihr Labor hatte. Seinerzeit hatte er mit einem gezielten Schuss in dieses Fenster einiges an Chaos verursacht, aber er war sich sicher, dass Gibbs alle Hebel in Bewegung gesetzt hatte, um dort Panzerglas zu installieren.
 

Nun starrte er durch das Zielfernrohr des Scharfschützengewehres in das Büro des NCIS – sah, wie Gibbs vom Büro des Direktors zum Schreibtisch von McGee ging, mit ihm sprach, dann in die Richtung verschwand, in der die Toiletten gelegen waren, dann tauchte eine hübsche Frau neben McGee auf und die beiden redeten miteinander. Worüber konnte er über die Distanz natürlich nicht hören und es interessierte ihn auch nicht. Als dann McGee und die hübsche Frau zusammenzuckten und der Agent in Richtung Verhörräume davon lief, überlegte Ari, an was für einem miesen Tag er aufgetaucht war.
 

Die größte Überraschung jedoch folgte, als er sah, wie ein junger Mann an Gibbs vorbei ging, sich dann auf einen zweiten Gibbs warf. Als dann beide aus dem Fenster fielen, lösten sie sich auf, wie Schneemänner in der Sonne.

Verwundert rieb sich Ari die Augen, schüttelte den Kopf und spähte dann durchs Zielfernrohr wieder in das Gebäude. Ein sowieso zerstörtes Fenster bot Möglichkeiten. Wenn eine Kugel zuerst durch Glas brechen musste, um in den Körper einer Person einzuschlagen, würde sie einiges an Moment verlieren. So nicht.

Ari lächelte, zielte auf den Gibbs, der sich gerade verwundert zu Ziva und DiNozzo umgedreht hatte und wollte gerade abdrücken, als die rothaarige Frau, die im Hintergrund besorgt dreingeblickt hatte, plötzlich verwundert guckte und dann der Typ, der gerade aus dem Fenster gefallen war, wieder auftauchte.

Er betrachtete das Profil des Typen, legte den Kopf schief und tastete nach seiner Hosentasche.
 

Das Foto, das er hervorholte, hatte man ihm geben und gesagt, wenn er diesen Mann je zu Gesicht bekommen sollte, solle er das tun, was er am Besten könne.

Kurz studierte er die braunen Augen, die blonden Haare und den verwegen-mutigen Gesichtsausdruck, der mit der Grenze zur Dämlichkeit flirtete. Ari wusste, hier hatte er es mit einem sogenannten „Spezialisten“ zu tun, jemandem, dessen Handlungsweisen für ihn selbst logisch erscheinen, aber nicht unbedingt für seine Umwelt genau so erscheinen mussten. Aber – waren nicht alle Entscheidungen, die ein Mensch traf, eher der inneren Logik geschuldet, als der, der Aussenwelt?
 

Dennoch – Auftrag war Auftrag und der Mann, der da gerade den Raum betreten hatte, glich seiner Zielperson aufs Haar. Logik oder nicht – hier hieß es: „Pech gehabt.“.

Und genau mit der selben Abwesenheit von Reue, Schuld und Erbarmen, die er schon bei dem Schuss, der das Leben von Kate Todd beendete, gefühlt hatte, legte er nun auf den jungen Mann an und überlegte, was er nun tun solle.

Ein Schuss in den Kopf?

Nein – das wäre eine billige Widerholung, und diese werden immer im Nachtprogramm gebracht. Seine Taten waren eines Prime-Time-Events würdig, um 20.15 Uhr, bei dem sich die ganze Familie mit Chips und Cola auf der Couch lümmelte und ihm zusah, wie er seine ganz persönlichen Feinde aus dem Weg räumte.

Ein Schuss in den Kopf – nein, das war er nicht wert.
 

Er sah sich schon in der Talkshow – Ophra, Lettermann, Anne Will, Hart, aber Fair – sitzen und vom Moderator befragt werden. „Warum haben Sie Kate seinerzeit in den Kopf geschossen?“.

Die Antwort war einerseits völlig simpel, andererseits jedoch…

„Kate“, sah er sich mit einer neutralen, um Aufklärung bemühten Stimme sagen, „trug zu diesem Zeitpunkt eine schusssichere Weste. Sie hat sich vor Gibbs geworfen und zwei Kugeln für ihn aufgefangen und selbst mit einer Kate kommt man nicht durch eine schusssichere Weste. Der Kopfschuss ist die einzig logische Alternative.“

Sein Interviewpartner würde ihn kennen – er hätte seine Biografie gelesen, ‚Thoughts of a serial killer’ und würde wissen, wie er zu der Frau stand, die er da ermordet hatte.

„War es nicht auch so, dass sie ihr unnötiges Leid ersparen wollten?“, hörte er Winfrey, Lettermann, Will oder Plasberg fragen und sah sich nicken.

Ja, er hatte Kate geliebt und wollte ihr durch diesen Schuss in den Kopf das Leid ersparen, das bei Treffern in andere Körperregionen eingetreten wäre. Wenn am Schluss der Tod steht, dann sollten die Tode derer, die man im Herzen hat, schmerzlos sein.
 

Für diesen jugendlichen Typen allerdings empfand er diese Zuneigung nicht – hier konnte er kreativ werden. Ein Schuss in die Brust? Die Kugel dringt – durch das zerstörte Glas ungehindert – in den Brustkorb ein, verursacht dort größtmöglichen Schaden und verlässt ihn dann wieder, um in der Wand hinter ihm steckenzubleiben?

Den Kopf schiefgelegt kalkulierte der Scharfschütze, ehe er Ziel nahm und abdrückte.

„Treffer“, dachte er sich, grinsend.
 

Das Lächeln, das der Mann, der sich selbst Cal nannte, aufgesetzt hatte, ließ Leroy Jethro Gibbs kalt. Dieser Mann hatte sich einfach – ohne auf Backup zu warten – auf seinen Feind gestürzt und war mit ihm aus dem Fenster gefallen. Ein solcher Plan hätte ‚Cal’ bei ihm eine Kopfnuss eingebracht. Aber – die Mission des jungen Mannes schien, nach dem Grinsen Cals und Agathas zu schließen, erfolgreich gewesen zu sein.

„Ich hab ihn selber in der Arrestzelle abgeliefert und – alles ist in bester Butter.“, erklärte der Mann gerade, als ein leises Sirren, beinahe wie von einem Moskito zu hören war, das langsam immer lauter wurde, bis Cal aufschrie und nach hinten fiel.

Nicht schon wieder! , schoss es Gibbs durch den Kopf und er sah, statt des jungen Mannes plötzlich die mit weit-aufgerissenen Augen daliegende Caitlynn Todd, deren Kopf ein großes Loch aufwies.

„Cal!“, hörte er Agathas entsetzte Stimme, riss sich in die Realität zurück, war bei ihr und gab ihr einen Stoß, der sie zu Boden gehen ließ, ehe er in dem bestem Kommandotonfall, den er gerade aufbringen konnte, ein raues „Alle auf den Boden und in Deckung“ bellte.
 

Er selbst warf sich direkt am Fenster, dort, wo eine ungefähr 60 Zentimeter hohe Mauer in Backsteinoptik die untere Begrenzung zum mausgrauen Teppichboden bildete, zu Boden und hatte seine Pistole gezogen. Angestrengt lauschte er, horchte in die Ferne, ob erneut ein solches Geräusch erklingen würde, das er selbst oft genug gehört und oft genug verursacht hatte. Irgendjemand feuerte von der Werft – oder dem Anacostia-Park – aus auf das Büro.

Er musste gar nicht lange überlegen, wer für so einen Anschlag verantwortlich zeichnen könnte – er erkannte den modus operandi, erkannte die Signatur und wusste, dass die Kugel, die man aus dem jungen, toten Mann ziehen würde, eine Lapua war, eine, wie er sie benutzt hatte.
 

Eine Tac-Ops Bravo 51, die Waffe, die Marines eine „Kate“ nannten, hatte er verwendet um, vor knapp 5 Jahren, das Teammitglied Caitlynn Todd zu erschießen. Vor seinen Augen – durch einen Treffer in den Kopf. Er – der Bastard, der Schweinehund. Ari Haswari, der Terrorist, der sich ihnen immer wieder gezeigt, sie immer wieder genarrt hatte und auf den Gibbs einen regelrechten Hass entwickelt hatte. Dieses Gefühl war jedoch gegenseitig, wie Ari damals, als sie sich im Keller gegenüberstanden, erwähnt hatte.
 

Und hier kam die Crux, hier kam das, was Gibbs nicht verstand.

Er hatte gesehen, wie Ziva Ari erschossen hatte. Er selbst hatte überprüft, ob Ari tot war, oder nicht – und dennoch verwendete jemand, von dem er genau wusste , das es Ari war, die Taktiken des Toten. Wenn es nicht Haswari war, dann ein verdammt guter Nachahmungstäter.
 

Die Stimme einer Person klingt, wenn diese Person sie selbst hört, überraschenderweise immer anders. Eigentlich sollte man meinen, das man selbst seine eigene Stimme am Besten kennt – aber dem ist nicht so. So konnte sich Agatha Silverbird nur darauf verlassen, wenn Cal ihr sagte, dass sie die für ihn betörendste, bezauberndste und hypnotischste Stimme habe, die er sich vorstellen könne.

Gut, er sagte „Gleich hinter den Sirenen“ und da war sie eigentlich schon wieder versucht, ihn in der nächstbesten Badewanne zu ertränken oder ihn mit Honig zu bestreichen und in den nächsten Bienenkorb zu jagen, aber sie verzichtete darauf.

Jetzt aber klang Agathas Stimme, die ihr Freund – nach eigenem Bekunden - für das Erotischste auf der Welt hielt, eher nach einem kreischenden Affen, denn nach einer schnurrenden Katze.

„CAL!“, schrie sie, als sie das Sirren gehört und gesehen hatte, wie ihr Freund zusammengezuckt und kollabiert war. Sie hatte keine Ahnung, ob er noch lebte, wusste gar nichts, merkte nur in diesem Moment wie ein, in ein graues Sakko gekleidetes Schemen bei ihr war und sie so hart zu Boden stieß, dass sie mit dem Kopf aufschlug und wie durch einen Schleier die Worte „Alle auf den Boden und in Deckung“ wahr nahm.
 

Dann kehrte die Welt zurück und Agatha wusste nicht, wohin. Die Soldatin in ihr herrschte sie an, dass sie sich in Deckung begeben solle, dem Befehl Gibbs gehorchen und sich in Sicherheit begeben. Die Freundin in ihr hatte das Verlangen, Cal aus der Schusslinie zu holen, auch, wenn sie getroffen würde.

„Verdammt“, murmelte sie, „was…“

Weiter kam sie nicht.
 

Für Ziva hatte sich der Tag zu einem der wohl verwirrendsten Tage in ihrem Leben entwickelt. Er war so bizarr, bizarrer als ihre Drogenträume damals. Sie erinnerte sich an die Sachen, die sie sich in Somalia vorgestellt hatte, als das Wahrheitsserum, das Saleem Ulman – ihr Häscher - ihr injiziert hatte, nicht die gewünschten Informationen aus ihr herausgekitzelt und der Terrorist sie mit einem weiteren Serum betäubt hatte. Und das waren schon Träume gewesen, die sie eigentlich niemandem erzählen konnte.

Nun aber hatte sie innerhalb eines Tages erlebt, wie ein Mann, den sie erst für eigentlich ganz vernünftig, dann wahnsinnig und schließlich wieder vernünftig gehalten hatte, sie überwältigt, ihr die Waffe abgenommen, drei Schüsse auf Gibbs – der dann doch nicht Gibbs war, sondern ein sich dauer-maskierender Geisteskranker – abgegeben, sich mit dem falschen Gibbs aus dem Fenster geworfen hatte und zu guter Letzt auch noch angeschossen worden war.

Es gab Tage, an denen man eben lieber im Bett bleiben sollte. Aber als sie ihren Chef hörte, den sie ansah und dessen väterliche Aura sie spürte, dann zuerst einen Blick zu Tony und sich dann auf Geheißen Gibbs in Deckung warf, wusste sie, dass dieser Tag eigentlich nur noch dadurch verrückter werden konnte, wenn aus den grauen Wolken über D.C. ein Raumschiff mit Ausserirdischen herabstieg und sich daran machte, vor dem weißen Haus zu landen. Eigentlich erwartete sie im Moment genau dies. Als sie dann aber sah, was die Rothaarige tat, die da komplett versteinert und erstarrt auf den Punkt hinter ihrem Raumteiler blickte, wusste sie, was sie zu tun hatte. Mit einer schnellen Handbewegung ergriff sie die Rothaarige und zog sie zu sich in Deckung.

Keine Sekunde zu früh, denn erneut hörte man ein Sirren, quasi wie das eines Moskitos und ein paar Sekunden später war in der Wand, vor der Agatha gerade eben noch gestanden hatte, ein Loch.

Die Augen der hübschen Rothaarigen waren in diesem Moment gläsern – sie starrte gerade aus, Ziva an und durch sie hindurch. Der sinnliche Mund war weit offen, das Kinn locker und die israelische Schönheit wusste, was Agatha da gerade erlitt.

Schock.

Extremer Schock – was verständlich war.

Wenn man sich das Aussehen dieser jungen Frau betrachtete, mochte sie nicht älter als maximal 29 Jahre sein. Ziva selbst war drei Jahre älter, hatte aber offenbar ungleich mehr Erfahrung. Agathas Augen waren immer noch gläsern und leer und die Israelin war sich sicher, dass sie noch nie gesehen hatte, wie einer ihrer Kameraden getroffen zu Boden ging.
 

Erneut sirrte ein Moskito heran und schlug in den Tisch ein, an dem Tony arbeitete. Erschrocken blickte die schöne Frau nun zu ihm, doch der Italiener saß unter dem Tisch, zuckte mit den Schultern und versuchte, aus der Deckung heraus zu Gibbs zu spähen.

„Boss!“, rief er, „bist Du okay?“

„Klappe, DiNozzo.“, hörte er die raue Stimme des Anführers, „wir wissen nicht, ob er keine Wanzen hier versteckt hat.“

Der nächste Moskito ließ die Scheibe über Gibbs klirren, und der Grauhaarige machte sich klein, damit die Scherben ihn nicht verletzten.

„Verdammt.“, murmelte er, „Dieser Schweinehund gibt nicht auf.“
 

Ziva warf einen Blick an dem Raumteiler vorbei zu Gibbs, in dessen Gesicht etwas geschrieben stand, das sie seit sie sich das erste Mal gesehen hatten, nicht mehr dort erspäht hatte.

Ratlosigkeit.
 

Damals, als Ari mit einem gezielten Kopfschuss das Leben von Caitlin „Kate“ Todd beendet hatte, war Gibbs in eine emotionale Lage geraten, die ihn dazu brachte, alles Mögliche, was er zu wissen glaubte, zu hinterfragen. Vermutlich hatte es mit den fünf – oder vier – Verdrängungsphasen zu tun, aber es hatte diesen Moment gegeben, damals, als sie Ari im Keller getötet hatte, an dem Gibbs froh gewesen wäre, wenn Ari ihn erschossen hätte.

Das hatte sie an seiner Haltung erkannt.

Manche mochten ihn für einen brillanten Taktiker und Strategen halten – er setzte sich einfach so, ohne selbst Anstalten zu machen, den Tod Kates zu rächen, ohne sich mit dem Zorn eines Superman auf Ari zu werfen, auf diesen Hocker, vor das Gewehr und wartete darauf, dass sie – Ziva – ihren Halbbruder tötete.
 

Seine neue Vorgesetzte, Jenny Shephard hatte dies als ausserordentlich mutigen Akt der Opferbereitschaft in seiner Dienstakte vermerkt, seine Untergebenen hielten ihn deswegen für einen knallharten Hund. Normalerweise war er das. Das spürte Ziva – nur zu diesem Zeitpunkt war er es nicht gewesen. Es schien ihr damals, als wäre es ihm durchaus recht, wenn die Kugel aus dem Gewehr ihn treffen und töten würde.
 

Nun sah sie diesen Gesichtsausdruck wieder – zwar flackerte er für den Bruchteil einer Millisekunde über die Züge des Mannes, aber, sie waren zweifelsohne da.

Sie spürte, wie seine Gedanken rasten. „Was kann ich tun, was kann ich tun, was kann ich tun?“ – ein sich immer wieder wiederholendes Mantra.

Dann blickte er zu ihr, kurzzeitig schauten sie sich in die Augen und er nickte.

Der Brustkorb Gibbs hob und senkte sich kurz, in seinen eisblauen Augen stand eine Entscheidung und sie hoffte, dass es nicht die Falsche war. Dann, mit einer Bewegung, als würde es ihm nicht viel Mühe machen, stand er auf- aufrecht, trotz der Bürde, die sich nun auf ihn legte.
 

Das Gesicht Leroy Jethro Gibbs’ erschien im Fadenkreuz des Gewehres und der junge Mann überlegte nicht lange. Er drückte ab und…
 

Gibbs wartete.

Wartete darauf, dass die Kugel von jenseits des Flusses auf ihn zusirrte und sein Leben beendete. Wenn er mit seinem Blut den Dämon Ari beruhigt hatte, wenn sein Opfer angenommen würde, dann wäre sein Team in Sicherheit.
 

Klick , machte es als der Bolzen des Gewehres zuschlug und…
 

Nichts geschah.

Ein leises, böses Lächeln legte sich auf die Lippen des Mannes, als er sein Gewehr nahm, es in die Sporttasche legte und aufstand.

Nein – dieses Mal wollte er es auskosten. Er wollte Gibbs nicht so schnell töten wie vor ein paar Stunden Kate. Diesen Tod – den schnellen Tod – hatte Gibbs sich nicht verdient, genau so wenig, wie es sein Vater tat. Nein – er würde diese beiden Männer langsam, qualvoll umbringen und sei es dadurch, dass er jeden ins Visier nahm, der für sie arbeitete.

Jeder würde in sein Visier geraten – niemand, der sich loyal zu Gibbs zeigte, verdiente es, zu leben.
 

Die Kugel, die alles beenden konnte, kam nicht. Stattdessen blitzte es kurz, dann grollte lauter Donner und über der Hauptstadt der USA ging von jetzt auf gleich ein Unwetter nieder.

„So wie damals, als es eigentlich geendet war.“, schoss es Gibbs durch den Kopf und er wandte sich an Ziva, die schon aufgestanden war und der hübschen Rothaarigen wieder auf die Füße geholfen hatte.

„Hol ihr einen Kaffee.“, sagte der leitende Chefermittler und nickte zu der Frau herüber, die sich selbst Agatha nannte.

Wie in Trance ging sie auf den am Boden liegenden jungen Mann zu, der mit geschlossenen Augen ruhig da lag. Auf Brusthöhe hatte sich ein roter Fleck gebildet – unter ihm eine große Blutlache.
 

Als Ziva an ihr vorbeigegangen war, legte die hübsche Rothaarige ihre Hand auf die Cals, streichelte sanft darüber und hoffte, ihn irgendwie wieder ins Leben zurückbringen zu können, als sie stutzte. Hatte seine Hand gerade gezuckt? Oder hatte sie sich das nur eingebildet.

Sie hatte keine Zeit, großartig darüber nachzudenken, sie hoffte nur, dass sie sich eben nicht getäuscht hatte. Dann richtete sie sich auf, straffte ihre Gestalt und wandte sich an Gibbs, der sie ansah, mit diesen eisblauen Augen, die derart undurchdringlich waren, dass sie sich fragte, was in seinem Kopf gerade vorgehen mochte.

„Miss Agatha“, setzte er an und schaute ihr in die Augen: „Warum sollte jemand auf Ihren Freund schießen?“
 

Agatha zuckte mit den Schultern: „Ich habe nicht die geringste Ahnung – ich… kann mir nur vorstellen, dass es wieder Traceless war und er es gar nicht mochte, aus dem Fenster geworfen zu werden.“

„Das war nicht Traceless.“, erklärte Gibbs mit einer Selbstverständlichkeit, die Agatha die Augenbrauen heben ließ.

„Ja, aber Mister Gibbs, das Opfer ist mein Freund.“, erklärte die hübsche Rothaarige, was ihn dazu veranlasste, aus dem Fenster zu blicken, hinüber in den Hafen: „Ja – das mag durchaus sein, aber … ich habe vor knapp 5 Jahren etwas Ähnliches erlebt und … ich kann ihnen sagen, dass es nicht Traceless ist.“

„Wie kommen Sie darauf?“, fragte Agatha und schaute den Special Agent verblüfft an, als dieser sich umdrehte und einfach ging. Mit gehobener Augenbrauen schaute die Frau ihm hinterher, blinzelte dann verblüfft und schaute zu Tony herüber: „Wissen Sie, was hier los ist?“

Der Italiener nickte: „Oh ja – vor ungefähr 5 Jahren wurde unser aller Leben auf den Kopf gestellt.“
 

Kaum, das er anfing, zu erzählen, erinnerte sich Anthony „Tony“ DiNozzo an die ganze Geschichte, daran, wie er Kate verloren und Ziva kennengelernt hatte, daran, wie man, hätte man die Ereignisse gefilmt, sicherlich hätte sehen können, dass das Blut, das aus Kates Kopf geströmt war, ihn getroffen und er im ersten Moment gar nicht gespannt hatte, was los war. Auch jetzt, 5 Jahre später, machte er sich Vorwürfe. Vorwürfe, nicht schnell genug reagiert zu haben, Vorwürfe, dass er nicht derjenige war, den Ari hatte töten wollen, Vorwürfe, dass er sie nicht doch noch mit der Pest angesteckt hatte, dann wäre sie eventuell ein paar Tage länger in der Seuchenstation gewesen.
 

Wie er so erzählte, merkte er, wie die seelischen Narben, die Kates Tod in ihm hinterlassen hatten, rissen und sich die Wunde wieder öffnete.

Er hatte diese Tage, aber heute war einer der Schlimmeren.

Erst, als er den schottischen Akzent des Leichenbeschauers hörte, riss er sich in die Jetztzeit zurück.

„Dann wollen wir mal.“, meinte Ducky, griff die Füße des Mannes, der sich selbst Cal genannt hatte, und verfrachtete ihn mit Palmers Hilfe auf die Bahre, die sie aus der Leichenhalle mitgebracht hatten.

Die hübschen grünen Augen Agathas schauten auf ihn und man konnte ehrliches Mitleid in ihnen sehen.

„Es tut mir leid, dass Sie das durchmachen mussten.“, sagte sie und er schaute sie an: „Miss Agatha, Sie haben gerade ebenfalls einen schweren Verlust erlitten. Meiner ist ein paar Jahre her.“

„Aber er nagt an Ihnen, das sehe ich.“, erklärte sie und griff sich den nächstbesten Stuhl, um sich zu setzen.

„Mister DiNozzo, wenn Sie über das alles reden wollen - … ich weiß, es ist unorthodox, aber…“

Damit griff sie in eine Tasche und gab ihm etwas, das ungefähr die Größe eines Hühnereis hatte, grau-metallisch glänzte und an der Vorderseite einen Schriftzug besaß: „X-11-36.“

„Was ist das?“, fragte Tony und Agatha lächelte ihn freundlich an: „Damit können Sie mich erreichen.“

Dann wandte sie sich zu Ducky und Palmer um, die Cals Leichnam gerade zum Aufzug bringen wollten: „Wäre es nicht besser, wenn Sie den anderen Aufzug nähmen? Ich könnte Ihnen die Leiche ja vorbeibringen.“

„Miss Agatha, das halte ich für keine gute Idee, es könnte die Beweiskette…“, setzte Ducky an, doch er stockte, als die Leiche Cals plötzlich in Bewegung geriet, irgendwelche gemurmelten Worte seinen Mund verließen.

„Ich glaube, er ist noch nicht tot.“, stellte Agatha fest und ging zu ihm, nach aussen sehr beherrscht, innerlich vor Freude springend.

Der Mann öffnete die braunen Augen kurz und hinter offenbar bleischweren Augenlidern. Dann deutete er auf Gibbs, der gerade wieder den Raum betrat.

„…pt…ms…me.“, murmelte er und Ducky legte den Kopf schief: „Bitte was, was war das?“

„…pt…ms…me“, murmelte Cal erneut und Agatha beugte sich vor, um die offenbar unendlich-schwache Stimme ihres Freundes besser verstehen zu können: „Was?“

„O…pti…mus … Prime.“, keuchte der Captain, dann rollten die Augen nach oben die Augenlider schlossen sich wieder und die gesamte Gestalt erschlaffte.

Ducky blickte die hübsche Frau verdattert an: „Was hat er gemeint?“

Nachdenklich kratzte Agatha sich am Kopf: „Keine Ahnung, aber er hat zu Gibbs gesehen – ich vermute, es hat etwas damit zu tun, dass sowohl Optimus Prime als auch Gibbs starke Anführer sind.“

„Aber Gibbs verwandelt sich nicht in einen LKW“, meinte Tony von seinem Platz her und zuckte dann zusammen, nachdem er von dem älteren Mann eine der berühmten Gibbs-Kopfnüsse erhalten hatte, „’tschuldige, Boss. Ich war nur…“

„Ja, Hot Rod?“, fragte Gibbs und schaute ihn an, „Das dauert noch, bis Du die Matrix an Dich nehmen kannst.“

„Hot Rod?“, echote Tony verständnislos und schaute seinen Chef an, als McGee zu ihm schaute: „Der zweite Anführer der Transformers. Nachdem Optimus Prime von Megatron getötet wird, übernimmt erst Ultra Magnus und dann Hot Rod die ‚Matrix of leadership’, die ihn dann in den weiseren Rodimus Prime verwandelt. Sein Führungsstil ist aber dennoch jugendlicher geprägt, als der Optimus Primes, so soll er die intergalaktischen olympischen Spiele eröffnen und sagt nur: „Lets get started“ – oder so ähnlich.“
 

Tony merkte, wie der Tag im ironischen Sinne immer besser und besser wurde. Da starb Captain Thaddeus Stone, hinterließ eine wunderschöne Witwe, dann wurde Gibbs erschossen, oder auch nicht, der Typ, der ihn erschoss – oder auch nicht – stürzte zuerst mit einem Typen, der aussah wie Gibbs aus dem Fenster, wurde dann später selber erschossen und hinterließ wieder eine wunderschöne Witwe und zu allem Überfluss musste er sich dann auch noch von McDork einen Vortrag über animierte Charaktere anhören.

„Schon gut, McCube. Ich wusste nur nicht, dass die Details zum dritten Film schon draußen sind.“, sagte er dann und lächelte, als McGee verständnislos blinzelte: „Du willst doch wohl nicht die Zeichentrickserie mit diesem Kino-Bombast vergleichen wollen?“

„Aaaah“, machte er und lehnte sich zurück: „Megan Fox… sie ist schon eine Augenwei…“

Erneut stoppte er, als er den genervten Blick Gibbs’ wahrnahm: „’tschuldige Boss.“

Es war nun schon das zweite mal, dass er sich beim Boss entschuldigte und schüttelte verwirrt den Kopf, als er hörte, wie ein leises Ding wieder einmal einen Riss in der Raum-Zeit-Kontinuität verursachte. Er hatte gar nicht mitbekommen, wie Ducky, Palmer und Agatha zum Aufzug gegangen waren und wie dann Ziva den Dreien entgegen kam. Sie übergab Agatha einen weißen Pappbecher und ging dann, gemessenen Schrittes wieder zu ihrem Platz, ehe sie ihn anschaute: „Ja, Megan Fox ist schon heiß. Aber ich bevorzuge Angelina Jolie.“

Tonys Kinnlade klappte herunter.

Ducky und Palmer standen, zusammen mit Agatha im Aufzug und gerade wollte Palmer den Knopf drücken, der den Aufzug in Bewegung gesetzt hätte, als Agatha intervenierte. Der Zustand des Mannes auf der Trage hatte sich nicht geändert, er schien, in dem Licht, das im Aufzug vorherrschte nur noch immer blasser zu werden.

Die rothaarige Schluckte, wandte sich an Ducky und sagte: „Können Sie mir gleich eventuell noch ein paar Minuten mit ihm lassen? Ich würde mich gerne von ihm verabschieden.“

Mitleidigen Blickes schaute der Schotte sie an und nickte: „Natürlich – das ist doch kein Problem. Mister Palmer, wenn Sie noch mal die Tür öffnen könnten, damit Miss Agatha und ihr Freund ein wenig Intimsphäre haben.“

„Natürlich, Doktor Mallard.“

Damit betätigte Jimmy einen Knopf am silbernen Panel, die Aufzugtür glitt auf und Ducky, sowie Jimmy verließen den Aufzug.
 

Kaum, dass die Tür sich wieder geschlossen hatte, schaute Agatha verschwörerisch nach links und nach rechts, beugte sich dann zu Cal herunter, streichelte mit einem Finger leicht über die Wange, beugte sich vor und machte „Bsssssssss.“

Dann trat sie zurück.

Sie wusste was passierte, denn von einer Sekunde zur Anderen flogen die Augen des „Toten“ auf, er sprang auf die Beine und schrie in Panik: „Wespe, Wespe, Wespe, Wespe, Wespe, Wespe! Mach Sie weeeeeeeg!“

Die hübsche Rothaarige lächelte, nahm ihn in den Arm und hielt ihn fest: „Hier ist keine Wespe. Das war nur ich.“

Sie hörte, wie der Atem des jungen Mannes sich beruhigte und wie er sie, fast schon in lächerlich-sanfter Stimme fragte: „Wirklich?“

Mit einem Augenrollen quittierte sie diese Worte, drückte ihn von sich weg und sagte: „Also, für einen Sternenflottencaptain bist Du ein ziemlicher Weichkeks.“

„Naja – ich… du kennst mich.“

„Ja, leider, das is ja das Problem, das ich seit knapp 7 Jahren habe. Dummerweise hab ich mich auch noch in das Problem verliebt. Aber – was willste machen.“, sagte sie lächelnd und schaute zu ihm herüber: „Also, ich hab die X-11-36-Amnesia bei Tony gelassen, wenn Du magst, können wir die Bombe sofort zünden.“

Ernst nickte der Captain vor sich hin: „Gut – aber was ist mit Ari? Wird er nicht immer noch versuchen, Gibbs und Co zu töten?“

Nun war es an Agatha, zu nicken. Sie setzte sich neben ihn auf die Bahre, die ihn eigentlich in die Leichenhalle hätte bringen müssen: „Stimmt schon – aber… wir können uns hier nicht einmischen. Dein Vergangenheitstourismus hat uns schon genug Scherereien mit dem Federation Department of Temporal Investigations verursacht.“

„Schatz, Dulmer und Lucsly werden uns sowieso aufsuchen – allein schon deswegen, weil wir hier sind.“, erklärte er grinsend und zwinkerte zu ihr: „Wir machen es einfach wie Sisko und erklären, was los war. Ihn haben sie damals, bei der Sache mit den Tribbles auch nicht verhaftet.“
 

Dazu muss man wissen, dass jeder Eingriff in die Zeitlinie, von der – wie Will Riker zu berichten wusste, seine damals-noch-nicht-Frau Deanna bei deren Aufenthalt im späten 21. Jahrhundert, im Tequillarauch, als der Erfinder des Warpantriebes sie mit eben diesem alkoholischen Getränk abgefüllt hatte, gelallt hatte ‚Wir haben keine Sseit um über die Sseit ssu sprechen – soviel Sseit haben wir nicht.’ - vom DTI, also dem Department of Temporal Investigations, der Föderationsbehörde für temporale Ermittlungen, untersucht wurde. Die Agenten, die am Meisten ausgesandt wurden, um solche Untersuchungen zu betreiben, hießen Dulmer und Lucsly und Cal fand es rasend komisch, dass diese beiden Figuren auch noch ein namenstechnisches Anagram von zwei FBI-Ermittlern aus dem Fernsehen waren – Fox Mulder und Dana Scully.

Der Kommandant der Raumstation Deep Space Nine, Benjamin Lafayette Sisko war damals von ihnen besucht worden, nachdem er und ein paar Crewmitglieder mitsamt einem Drehkörper – einem von der Rasse der Bajoraner sehr verehrten Gegenstand – und dem Kriegsschiff USS Defiant in die Vergangenheit geschleudert worden waren. Ein als Mensch getarnter Klingone wollte verhindern, dass sein früheres ich von einer Ikone der Föderation und einer Fußnote der Geschichte enttarnt wurde. Captain James T. Kirk hatte den Klingonen, der sich damals Arne Darvin nannte, als ebensolchen enttarnt, als eine ausserirdische Lebensform, ein sogenannter Tribble, auf ihn äußert feindseelig reagiert hatte.

Dies wollte Darvin nun ändern und hatte dafür einiges geplant – aber natürlich funktionierte es nicht. Die Bombe, die er einem Tribble eingepflanzt hatte, explodierte Meilen entfernt vor Kirk – der von diesem Anschlag auf sein Leben nichts bemerkt hatte.

Sisko hatte den beiden Ermittlern alles erzählt und sie hatten ihn mit einer Verwarnung davon kommen lassen.
 

So, wollte es auch Cal handhaben und schaute zu Agatha, die ihn nachdenklich anblickte.

„Könnte funktionieren.“, erklärte sie dann und griff dann, in einer von ihm absolut nicht vorhergesehenen Bewegung nach dem Saum seines weißen Hemdes, das vor Blut nur so tropfte. Sie hob das Hemd an und lächelte: „Schusssichere Weste, ja, Cal?“

Der Captain zwinkerte ihr zu: „Natürlich – ich bin doch nich komplett bekloppt. Traceless könnte ja immer noch irgendwo auftauchen. Ich meine, ich hab ihn zwar hinter Schloss und Schokorigel gebracht, aber – der Typ ist doch schlimmer als Houdini. Der is doch schneller weg, als man Quidditch sagen kann.“

Agatha nickte: „Stimmt – aber vielleicht sollten wir uns jetzt wirklich auf die Dragonfly begeben und die Erinnerungen unserer freundlichen NCIS-Agenten löschen?“

„Gute Idee, Schatz.“, sagte er und klopfte auf seinen Kommunikator: „Cat an Dragonfly? Zwei zum Beamen. Energie.“
 

Davon, dass bald ihre Erinnerungen gelöscht werden sollen, bemerkten die Agenten nichts. Zwar schauten sie etwas verwundert zu Ducky und Palmer, als diese wieder den Aufzug verlassen hatten, aber als Ducky erklärte, dass Agatha sich unbedingt von ihrem Freund verabschieden wollte, nickte Tony.

Zwischendurch warf er einen verblüfften Blick auf die Uhr, fragte sich, wie lange diese Frau wohl brauchte, um sich von ihrem Freund zu verabschieden, aber dann schoss ihm durch den Kopf, dass es – wenn Agatha auch nur halb so gerne redete, wie Abby, Tim oder Ducky, sich die Sache hinziehen konnte.

Zwischendurch fiel sein Blick auf das Hühnerei-große Geschenk, dass Agatha ihm dagelassen hatte und er fragte sich, was er damit wohl tun könne, aber, kurz bevor die Neugierde siegte, schaute er zu Ziva, die das Geschenk ebenfalls verblüfft anschaute: „Was ist das?“

„Keine Ahnung – Agatha hat es mir gegeben und ich glaube, es ist besser, wenn man Verrückte in ihrem Wahn bestätigt, als, wenn man sich mit ihr anlegt.“

„Verrückte, Tony?“

Der Italiener nickte: „Natürlich – mal im Ernst, hast Du tatsächlich daran geglaubt, dass hier jemand herumläuft, der sein Aussehen, ganz wie der T-1000 vollkommen frei verändern kann? Masken – das würde ich den beiden sogar noch abnehmen. Ich erinnere mich da an einen…“

Ziva lächelte: „Fantomas, Tony? Jean Marais, Louis De Funes, Mylène Demongeot 1967?“

“Ich bin verblüfft, Bambina.”, lächelte der junge Mann und Ziva grinste: „Ich habe diese Filme als Kind gerne gesehen. Du hieltest also jemanden für wahrscheinlicher, der …“

Sie stockte, als sie den genervten Blick von Gibbs bemerkte, den der Chefermittler ihnen beiden zuwarf, ehe er aufstand und kopfschüttelnd zu McGee blickte: „Was haben wir?“
 

McGee schaute ihn verblüfft an: „Boss?“

„Direkt vor unseren Augen wurde ein Mann erschossen! Ich will wissen, woher die Kugel geflogen kam, ich möchte wissen, welche Munition verwendet wurde, ich will wissen, wer der Täter war! Und wir haben immer noch diesen Mord an Captain Stone zu klären!“

Man konnte Gibbs anhören, das je mehr er sprach, er umso wütender wurde.

„Jethro, Ziva und Tony tun zwar so, als ob es sie nichts anginge, aber… glaub mir, sie wollen etwas tun.“

„Ach ja? Davon merke ich nichts.“, zischte Gibbs und schaute dann zu McGee, der gerade wieder dabei war, das zu tun, was er am Besten konnte – auf Tastaturen einhacken und dabei verdammte Wunder vollbringen.

Der junge Bundesbeamte warf dann einen Blick zu seinem Chef: „Erm… Boss… allem Anschein nach kam die Kugel aus dem Anacostia Park…“

Er wollte gerade weitersprechen, als Gibbs ihn giftig anblickte: „Allem Anschein nach, McGee?“

„Entschuldige, Boss – ich hole mir eine Bestätigung.“
 

Ein paar Minuten später hackte McGee immer noch auf seinen Computer ein, ließ Wahrscheinlichkeitsrechnungen gegeneinanderlaufen, überprüfte Vektorengleichungen und Matrizen und nach einigen weiteren Minuten war er sich sicher, dass die Kugel, die Cal getroffen hatte, nur aus dem Anacostiapark kommen konnte.

„Wenn man Winkel und Höhe des Anacostiaparks, die Fluggeschwindigkeit und Reichweite einer handelsüblichen Lapua berücksichtigt, die von einer ‚Kate’ abgefeuert wird, kann unser Täter nur im Anacostiapark gewesen sein.“, erklärte er dann und schaute zu Gibbs herüber: „Ich…“

Er machte eine kurze Pause, senkte den Kopf, um den Boss quasi von unten heraus anzusehen: „Ich habe mir erlaubt … der Täter verfährt so wie Ari damals und ich habe mir erlaubt diese Faktoren als Berechnungsgrundlage zu verwenden und…“

Erneut stockte der Beamte, als Gibbs ihn mit einem Blick ansah, den er nicht so ganz zuordnen konnte.

Dann hörte er das Geräusch.

Es war erst ein leises Sirren, sodass er befürchtete, dass gleich eine weitere Kugel das Büro treffen würde, dann wurde es lauter, schwoll zu einem tiefen Brummen an und wurde bald so laut, dass es ihm unmöglich wurde, zu denken.

Schon warf er einen Blick zu Gibbs, der sich die Hände auf die Ohren presste, und zu wanken schien. Tim selbst merkte, wie er müde wurde – unendlich müde. Er taumelte zu seinem Sitzplatz und Dunkelheit umfing ihn, noch ehe er sich auf seinen Stuhl gesetzt hatte.
 

Tony blickte, als das Spektakel losging, verwirrt zu der Quelle des Geräusches. Es war das Hühnerei, das Agatha ihm geschenkt hatte.

Als er sah, wie Gibbs schwankte und McGee kollabierte, wollte er sich erheben und das „Ei“ aus dem Fenster werfen, aber er konnte sich nicht mehr bewegen – es war, als wäre sein Körper lahmgelegt worden. Dann formte sich um das „Ei“ selbst eine Art weiß-transparenter Kugel, die sich von jetzt auf gleich explosionsartig ausdehnte. Tony spürte, wie er getroffen wurde, verwundert sackte er in seinen Stuhl und merkte, wie ihm die Augen zufielen.
 

Der Krach hatte Leroy Jethro Gibbs nicht sonderlich gestört – eigentlich noch nie. Er war im Krieg gewesen, da hatte er auch in der größten Lärmbelästigung gekämpft – da waren Jets im Tiefflug über ihn gesaust, jeder andere hielt sich die Ohren zu, aber er stand aufrecht und kämpfte weiter.

Doch hier war es anders – dieser Krach, er machte ihn schwindeln.

Und irgendwann war es nicht mehr auszuhalten, er konnte nicht anders. Sich die Hände auf die Ohren pressend, versuchte er, gegen die plötzlich schwankende Welt anzugehen und sah, wie etwas Weißes auf ihn zuraste und…
 

Ziva hatte sich von allen am Längsten auf den Beinen gehalten. Sogar länger als Gibbs, was sie ein wenig mit Stolz erfüllte. Der Krach, dann das Licht – sie merkte, wie sie getroffen wurde und ihr Körper gegen ihren Willen auf den Stuhl fiel, aber die Augen, die sich immer wieder schlossen… sie schaffte es, dagegen anzukämpfen und sah verwundert, wie um sie herum etwas geschah.

Zuerst öffnete sich die Aufzugstür, dann schoben Ducky und Palmer die Bahre, mit dem Toten darauf wieder an den Platz, von dem sie ihn geholt hatten und legten ihn dort hin, sie merkte, wie sie gegen ihren Willen aufstand, rückwärts in den Aufzug ging und während sie das tat, realisierte sie , was passierte. Noch hatte sie keine Beweise dafür, aber, als sie wiederkam, den Kaffee zurück zur Theke gebracht hatte, von dem sie ihn geholt hatte, und dann, wenig später noch der falsche GIbbs aus dem Gebüsch, das unter dem Fenster lag, wieder in den Raum fiel, merkte sie, dass der komplette Tag – in Ermangelung eines besseren Wortes – zurückgespult wurde. Dann konnte sie sich nicht mehr gegen die unbeschreibliche Müdigkeit, die ihr Bewusstsein in den Schlaf zwingen wollte, wehren.

Die nussbraunen Augen Ziva Davids rollten in ihren Augenhöhlen nach oben und ihr Körper erschlaffte.

Die Augen des Mannes weiten sich im Schock.

Die Augen des Mannes weiten sich im Schock.
 

Die Finger der hübschen Frau huschten über die Tastatur und sie stieß dabei wilde, arabisch klingende Flüche aus.

„Funktioniert der Computer nicht, Ziva?“, fragte Tony DiNozzo grinsend und betonte das A ziemlich lange – so wie er es immer tat.

Augenblicklich fand er sich ein einer Art Scheinwerferlicht gefangen, denn ihre hübschen braunen Augen schauten ihn an und er war wie gelähmt.

„Ich verstehe den Computer nicht.“, klagte sie mit ihrer angenehmen Stimme, „Er meint, mein Passport sei fehlerhaft.“

`Moment mal`, dachte sie sich und schaute dann zu DiNozzo. Hier stimmte was nicht – sie hatte das Gefühl, als …

„Passwort, Ziva“, riss sie die Stimme ihres Ermittlerpartners aus den Gedanken, „Dein Passwort ist fehlerhaft. Lass mich mal sehen.“

Er klickte auf „Neuen Login“ und versuchte sich selbst an der Arbeitsstation einzuloggen.

„Dinozzo“ gab er als Benutzernahmen ein und wandte sich dann an Ziva: „Wenn Du kurz wegschauen könntest.“

Verblüfft beobachtete sie ihn, machte dann „hmpf“ und kam dieser Aufforderung nach.
 

Es war merkwürdig, dass sie das Gefühl hatte, als habe sie gerade eben noch etwas anderes gemacht – etwas… sie konnte sich nicht ganz darauf konzentrieren, was genau es gewesen war… es war wie etwas, das im hintersten Winkel ihrer Selbst wahrgenommen wurde, sie aber nicht in der Lage war, sich daran zu erinnern, was genau dieses „Etwas“ war. Kurz erinnerte sie sich daran, dass McGee einmal von einer Science-Fiction-Serie namens „Doctor Who“ gesprochen hatte und dass dort Aliens – die sogenannte „Silence“ – ihr Unwesen trieben. Man sah sie und konnte sie solange wahrnehmen, bis man den Blick abwandte, dann hatte man sie vergessen. So ähnlich, als habe sie gerade eben eine „Silence“ gesehen, fühlte sie sich.

Irgendwie machte ihr dieser Gedanke frösteln.
 

‚Komisch`, schoss es Tony durch den Kopf, `Ich habe das Gefühl, das hätte ich schon mal erlebt.`

Er drückte die Entertaste und sofort blinkte auf dem Bildschirm eine Nachricht.

„Passwort fehlerhaft.“

Stirnrunzelnd versuchte Tony es erneut, doch an der Bildschirmaussage änderte sich nichts.

„Tony, das würde ich nicht tun.“

Mit diesen Worten betrat Timothy McGee den Bullpen – also ihre Arbeitsstätte – und schaute zu Tony: „Offenbar haben wir einen Hackerangriff hinter uns – sämtliche Daten sind verschlüsselt worden, als wir es bemerkt haben. Jedes Passwort, jedes Kilobyte an Daten kann gerade von irgendwoher abfangen werden.“

„Ein Hackerangriff, McGoogle?“, echote Tony und schaute den Agenten an, „Warum hat uns unsere Firewall nicht davor geschützt?“

„Nun, offenbar hat der Angreifer eine fortschrittliche, sich mehrfach-kodierende Software verwendet, die es einfach macht, in jedes System einzudringen.“, gab der jüngere der beiden Agenten zurück und begann, auf die Tastatur seines Computers einzuhacken.

Das verwirrte Tony.

„Was tust du da, Bambino?“, fragte er, „Ich meine, wenn all unsere Informationen gerade abgezogen werden, ist es unsinnig, dem Hacker weitere Informationen zu geben.“

Er stockte und schaute zu Ziva, dann zu McGee: „Habt ihr…“

Und gerade als Tony die Frage stellen wollte, betrat Leroy Jethro Gibbs den Raum.

„Tony, Ziva, packt eure Sachen. Ein toter Marine im Anacostia-Park, Sektion C.“, sagte er mit der typischen Routine des erfahrenen Chefermittlers, „Ducky und Palmer sind schon vor Ort. Elfenkönig, du kümmerst dich um den Hackerangriff.“

„Verstanden, Boss.“, erwiderte McGee und tippte erneut auf die Tastatur ein, ein Musterbeispiel an Konzentration.
 

Mit dem Auto bräuchte man normalerweise 4 Minuten um zum Tatort zu gelangen – wohlgemerkt normalerweise, will heißen: Wenn Ziva David nicht fahren würde. Da sie jedoch diejenige war, die am Steuer saß, brauchte man für diese Strecke rund 2 Minuten 15. Zeitersparnisse ließen grüßen. Der Tote hätte es ihnen gedankt, wenn er dazu in der Lage gewesen wäre.
 

Als sie am Tatort ankamen, war dieser schon großzügig mit jenem gelben Flatterband abgesperrt, dass den Tatort als eben solchen auswies. Gerade, als sie ankamen, lies der Leichenbeschauer, Donald Mallard, der von seinen Freunden nur Ducky genannt wurde, sein Adlerblick über das Schwert streifen.

„Eine sehr interessante Waffe!“, sagte er, mit Blick zu seinem Assistenten, dem Coroner James ‚Jimmy’ Palmer, der zu Füßen des älteren Ducky gerade die ersten Vermessungen vornahm. Typisches Standardprozedere eben.

„Was hast Du für mich, Duck?“

Diese Frage wurde von Gibbs gestellt, der mit langen, gemessenen Schritten über den grünen Rasen auf Ducky und Jimmy zukam, Ziva und Tony im Schlepp, an die er sich nun mit den Worten „DiNozzo, Tatortzeichnungen, David Tatortfotografie!“ wandte.

Sofort machten sich die beiden Agenten an ihre Arbeit.

Gibbs und Ducky kannten sich seit mindestens 10 Jahren und seit genau dieser Zeit war es eine unumstößliche Konstante, mit der der Leichenbeschauer seinen Monolog eröffnete.

Stets verwandte er die Floskel „Nun Jethro“ und er tat es, sehr zu Gibbs innerer Beruhigung, auch dieses mal.

„Nun Jethro“, setzte er also an, „dieser arme Mann wurde von hinten mit einem typischen Langschwert erstochen. Dieses wunderschöne Schmuckstück mißt in der Länge einen Meter vierzig und kann“, er richtete sich auf, „sowohl von nur einer Hand, wie auch als Beidhänder geführt werden – deswegen nennt man es auch Bastardhänder. Weißt du, Jethro, das erinnert mich an die Zeit als junger Student, als ich diesen Fechtkurs bei…“
 

„Ducky?“, machte Gibbs, ebenfalls nach alter Tradition, um den Älteren in seinem Redefluss zu mindern.

„Unser Opfer wurde von hinten erstochen. Es kann sein, dass er seinen Mörder nie gesehen hatte.“, sagte Ducky und Gibbs schaute ihn an: „Haben wir einen Namen?“

„Haben wir.“, meldete Palmer und hielt den neuen, tragbaren „AFIS“-Scanner hoch, „Unser Toter heißt Captain Thaddeus Stone.“

„Gibt es irgendwelche Zeugen?“, fragte Gibbs und schaute zu Ducky herüber, der auf eine junge Frau deutete: „Ihr Name ist Laura McConnaugh. Sie ist Petty Officer.“
 

load datatransmission script: true

Enable status request: true

Load data transmission alpha delta bravo nine sierra golf Charlie

Mit solchen und ähnlichen Anweisungen, die einem Computerlaien ungefähr so sinnvoll wie “Tschitty-tschitty-bäng-bäng” erscheinen mögen, hackte Timothy “Tim” McGee auf seinen Computer ein.

Er versuchte seit geschlagenen drei Stunden diesem merkwürdigen Hackerangriff Herr zu werden, der da auf den Hauptrechner des NCIS geführt wurde und er merkte, wie wenig er diesem Angriff doch entgegen zu setzen hatte. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er vermuten, dass diese Technik, die dort zum Einsatz kam, fortschrittlicher war, als es der momentane Wissensstand die Informatik betreffend in allen Ländern dieser Erde vereint sein konnte. Jedes mal, wenn er dachte, eine Firewall geknackt zu haben, tat sich eine neue auf und jedes mal, wenn er eine Firewall um den Computer aufbaute, wurde sie binnen Nanosekunden selbst geknackt.

Das war irgendwie komplett unverständlich für den damaligen Leiter der Cybercrime-Abteilung.

Hier stimmte doch definitiv etwas nicht.
 

Verblüfft versuchte er, diesen Datensätzen entgegenzuwirken, die sich mit dem Computer nicht vertrugen, aber es funktionierte nicht und dann… hatte er das Gefühl, als würde er etwas verpassen.

Er blinzelte mit den Augen, hob den Kopf und erwartete, eine wunderschöne, rothaarige Frau zu sehen, doch – abgesehen von Antonia, der Frau, die die Büropost verteilte, war niemand, auf den auch nur annähernd die Beschreibung „Frau“ passen würde, anwesend.

Schnell griff er zu seinem Handy, wählte die Nummer von Tony und wartete darauf, dass der Italiener abnahm.
 

Zivas Fahrstil war… wenn man Lust hatte, ein euphemistisches Wort für den Stil zu finden, war ‚rasant’ das Wort der Wahl. Weniger euphemistisch ausgedrückt: „Sie fuhr wie der Henker“. Normalerweise hätte er sich darüber aufgeregt, hätte ihr einen Vortrag darüber gehalten, dass er liebend gerne „lebendig“ am Tatort ankommen würde, wie gefährlich ihr Fahrstil sei – doch heute hatte er andere Gedanken im Kopf.

Hier stimmte was nicht. Schon, als sie den Weg zum Anacostia-Park gegangen waren, hatte er das Gefühl, zu wissen , was sie finden würden und – tatsächlich – lag da eine Leiche, die von einem Schwert aufgespießt worden war. „Das ist …“, brachte Tony hervor, als Ziva ihn verblüfft anschaute: „Was?“

Der Italiener betrachtete die hübsche Frau an seiner Seite: „Hast… hast Du schon einmal das Gefühl gehabt, etwas genau so schon mal erlebt zu haben?“

„Du meinst ein Déjà-vu?“, beantwortete sie seine Frage mit einer Gegenfrage und als er nickte, sagte sie mit der knappsten aller Möglichkeiten, eine Information kurz, prägnant und Präzise zu bestätigen: „Ja.“

Verblüfft blickte er zu ihr und hob beide Augenbrauen: „Was… wirklich?“

„Ja, jedes Mal, wenn ich ins Büro komme, und sehe, wie Du wieder in deinen Magazinen blätterst, oder Tetris an deinem Handy spielst.“

Tony rollte mit den Augen: „Ich meine… Ziva – versprichst Du mir, dich nicht darüber lustig zu machen, oder einen blöden Witz zu reißen?“

Sie lächelte, schaute ihn an, mit ihren braunen Augen, die ihn in ihren Bann schlugen. Nachdenklich legte sie den Kopf schief, nickte dann.

„Ich … ich glaube, wir haben diese Leiche schon mal gefunden.“

Sie schaute ihn an: „Diese Leiche? Bezweifel ich.“

„Nein, wirklich – ich… der Hackerangriff, den McGoogle richten soll, die… die Frau, die gleich von zwei merkwürdigen Personen mit einem Taschenrechner berichten wird… das alles haben wir schon erlebt.“

„Wenn heute der zweite Februar wäre, würde ich dir recht geben, Phil, aber… nein, wir haben den 27. September.“, lächelte Ziva, was Tony dazu brachte, genervt mit den Augen zu rollen: „Du hast versprochen, dass Du keine blöden Witze machst.“

Sie grinste, streckte ihren Zeigefinger aus und stubste ihn kurz auf die Nase: „Was… die Filmreferenz hat dir nicht gefallen, mein kleiner Pelzarsch? Ich dachte, du wolltest darauf hinaus, dass ewig das Stinktier grüßt.“

„Murmeltier, Ziva. ‚…und ewig grüßt das Murmeltier’.“

„Was kann denn aber ich dafür?“, unterbrach Gibbs die Unterhaltung der Beiden und schaute genervt von einem zum Anderen, „Wenn ich gewollt hätte, dass meine beiden Ermittler blöde Witze reißen, hätte ich McGee zum Ausflug mitgenommen.“

Gerade, als Tony antworten wollte, erklang aus Tonys Handy der Refrain von „Heat of the Moment“.

„Moment“, sagte er, „Ich werde angerufen.“

„Das hör ich – geh ran.“, meinte Gibbs.
 

Der Anruf von McGeek wäre ein wenig merkwürdig gewesen, wenn Tony ihn nicht schon nach den ersten paar Sätzen mit einem „Ach, Du auch?“ abgewürgt und sich dann an Gibbs gewandt hätte.

„Ich weiß nicht wieso – aber wir stecken in einer Zeitschleife.“, meinte er mit der Sicherheit des großen Experten.

„Bitte?“, fragte Gibbs und schaute zu seinem Stellvertreter, „Drehst Du jetzt völlig durch, DiNozzo? Wir haben hier eine Leiche und müssen versuchen, den Mörder zu finden. Also – ich weiß nicht, welchen Film Du jetzt wieder nachspielen willst, aber… mach es in deiner Freizeit.“

Damit gab er ihm noch schnell einen Klapps auf den Hinterkopf und wandte sich dann um.
 

„Er will mir nicht zuhören.“, stellte Tony fest und schaute zu Ziva, die ihn ungläubig anblickte: „Hat McGee etwa auch…“

Nun schaute er sie an, ihre Blicke trafen sich und er grinste: „Du hast auch das Gefühl, das alles schon erlebt zu haben, oder?“

Sie nickte: „Seit ich heute an der Tastatur gesessen habe… ich weiß auch nicht – Anfangs hielt ich es für Stress… im Beruf, mit Dir, was weiß ich… aber je Näher der Moment kam, an dem wir Captain Stone fanden…“
 

„Ja, ich weiß, was Du meinst.“, schnitt DiNozzo sie ab und schaute ihr in die hübschen braunen Augen, „ich dachte auch Anfangs, dass ich mich einfach nur irren würde, aber je näher wir dem Anacostia-Park kamen, desto mehr hatte ich das Gefühl, das alles schon einmal erlebt zu haben.

Ziva erwiderte seinen Blick, suchte in seinen Augen nach Wahrheit und nickte dann: „Ja – als wäre die ‚Silence’ in der Nähe.“

„Die wer?“, fragte der Italiener und Ziva rollte mit den Augen, „Du solltest McGee wirklich mal zuhören – das wäre mal freundlich.“

„Bambina, ich höre Bambino zu – nur die meisten Sachen, die er von sich gibt, machen wenig Sinn.“, lächelte er sein berühmtes Tony-Lächeln. Ziva schüttelte den Kopf: „McGee war doch so euphorisch, weil zu Ostern doch Doctor Who wieder angefangen hatte.“

„Doktor Wer?“

Die hübsche Ex-Mossad-Agentin schaute ihn abschätzig an: „Dir das zu erklären, würde noch ein paar Jahre dauern und die hab ich nicht.“

Nun war es am Italiener gespielt genervt die Augen zu verdrehen, ehe Ziva fortfuhr: „Erinnerst Du dich an den Stromausfall im letzten Jahr?“
 

„Du meinst den, bei dem es McGoogle geschfft hat, Gibbs zu verärgern, in dem er die Leute, die eine Matrizze bedienen konnten, Brontosaurier nannte?“

„Ja, genau den“, grinste Ziva – einerseits über die Unfähigkeit der modernen Generation, zu der sie auch gehörte, ohne die High-Tech klar zu kommen, andererseits darüber, das es eigentlich mal ganz schön war, „unplugged“ zu arbeiten. Ihr fiel in diesem Zusammenhang ein, wie sie vor knapp 9 Monaten mal wieder im Ruhrgebiet unterwegs gewesen war und den großartigen Volker Pispers auf der Bühne erlebt hatte. Ihre Deutschkenntnisse waren zwar rudimentär genug, sich immer noch mit den Idiomen zu vertun, aber so erging es ihr ja auch mit der englischen Sprache. Aber einen Besuch in einem Kabarett - gleich welcher Sprache – konnte man nur empfehlen. Sie war auch in amerikanischen Stand-up-Clubs, auch wenn das nicht das selbe war. Volker Pispers hatte jedenfalls einmal gesagt: „Wollen Sie sich so richtig alt fühlen? Packen Sie sich einen 20-jährigen und erzählen Sie ihm aus dem Jahr seiner Geburt.“
 

Offenbar hatte sie so grinsen müssen, dass Tony sich räusperte und fragte: „Was ist so amüsant?“Sie schüttelte den Kopf, fand in die Realität zurück und schaute zu Tony herüber: „Also – letztes Jahr war dieser große Stromausfall und wir waren doch den Spuren zu einem Container gefolgt. Dort hatte doch McGee erzählt, dass ihn dieser Container and ie Tardis aus Dr. Who erinnerte – du hattest nur wieder einen Film, den du zitieren wolltest.“

„Hey, nichts gegen ‚Lords of War’ – Nick Cage ist klasse in dem Film.“

„Ja, aber darum geht es nicht – McGee ist auf jeden Fall Fan der Serie um diesen Timelord und hat mir ein bischen davon erzählt.“

„Und? Was hat das mit dem Fall zu tun?“, fragte DiNozzo ein wenig verwundert und Ziva grinste: „Nun, wie schon gesagt, zu Ostern ging die neue Staffel los und man zeigte auch gleich den ersten Gegner. Die „Silence“. Du hast doch sicherlich schon mal was von den „Grey“ gehört, oder?“

„Grey?“, fragte Tony und zuckte zusammen, als aus dem Nichts die bekannte Gestalt Gibbs neben ihm auftauchte, „Ich lass euch auch gleich von Ausserirdischen entführen.“, sagte er und schaute die beiden Agenten mit einem durchdringenden Blick an, „Habt Ihr schon Tatortfotos gemacht?“

„Wir sind dabei, Boss.“, berichtete der Italiener und innerhalb von Sekunden war das Gespräch wieder auf „Professionellem“ Level. Man warf sich munter zahlen zu – geschätzte Entfernungen – Ziva fotografierte den Bastardhänder ausgiebig und hatte das Gefühl, zu wissen , wie der Mann gestorben war. Aber man hatte ja schon festgestellt, dass sie alle ein Déjà-vu hatten.
 

„Ziva, was meinst Du mit „Grey“?“, fragte Tony, als die junge Frau den Wagen, in dem er ebenfalls saß, durch den Stadtverkehr lenkte, hubte und fluchte, weil „heute wieder jeder so fährt, wie er will“, wie sie sich auszudrücken beliebte. Dann folgte ein Schwall hebräischer Schimpfworte und anschließend widmete sie ihre Aufmerksamkeit ganz dem Italiener.

„Komm schon, Du lebst in Amerika und hast noch nie von den Grauen gehört? Dabei liest du doch diese Revolverblätter, in denen steht, dass der Mann im Mond in Wirklichkeit Elvis ist.“

„Und?“

Ziva seufzte: „Du liest offenbar nie weiter als bis zum nackten Mädchen auf Seite 2.“

„Seite Drei, Ziva.“, korrigierte Tony und grinste, als sie einen sehr wenig schmeichelhaften hebräischen Fluch ausstieß, „Hey, den kenn sogar ich.“

Die hübsche Frau rollte mit den Augen und schaute dann wieder auf die Straße, ehe sie fortfuhr: „Ich rede von Aliens.Diesen Wesen,die ungefähr kindsgroß sind, schwarze mandelförmige Augen ohne erkennbare Pupillen haben und eine graue Hautfarbe. Deswegen heißen sie „Greys“.“
 

Jetzt schaute Tony die junge Frau verblüfft an. Er hatte sie als rationale Frau kennengelernt und nun glaubte sie an Ausserirdische?

„A… Aliens.“, echote Tony und räusperte sich, „Und… was haben Ausserirdische mit unserem Fall zu tun?“

„Naja, dieses Gefühl, etwas schon einmal erlebt zu haben – wie schon gesagt, bei Dr. Who gibt es die Silence, die eben aussehen wie die Grey. Sie manipulieren deine Gedanken, Tony und du vergisst, nachdem Du sie gesehen hast, dass Du sie gesehen hast.“

Er merkte, wie sein Mund trocken wurde und er wusste nicht, was ihm mehr Angst machte – der Gedanke, dass sowas wirklich existieren könnte, oder der Fakt, dass die Frau, die er als so rational kennengelernt hatte, glaubte , das sowas existieren könnte.
 

Sie erreichten das Hauptquartier und waren keine Sekunde zu früh da, um mitzuerleben wie Abby die Leiche Captain Stones in Empfang nahm.

„Was muss es nur für kranke Menschen geben?“, fragte sie und schaute in die Runde, „Jemanden zu erschießen ist schon fies, jemanden zu vergiften ist einfach nur unmenschlich, aber jemanden mit einem großen, stabilen Schwert von hinten durch den Oberkörper zu stechen … das ist ein ganz neues Level der Unmenschlichkeit.“

In Tonys Augen glitzerte der Schalk.

„Wo wir gerade von Unmenschlichkeit sprechen…“, setzte er an und verstummte kurz, als er Zivas wütenden Seitenblick bemerkte, „hattest Du auch das Gefühl, dass in deiner Wohnung Greys herumlaufen?“

„Ich hab nicht gesagt, dass in meiner Wohnung Greys herumlaufen würden, ich habe nur gesagt, dass ich das Gefühl hatte, dass ich… das…“, Ziva stockte und holte tief Luft, „Ich hatte nur das Gefühl, als hätte ich etwas vergessen. Und das erinnerte mich an die Silence… ich wollte dir nur sagen, wie die Silence aussehen.“

„Ja und du verwendest dafür die Greys ?“, fragte Tony und grinste, doch sein Grinsen verflüchtigte sich, als er Abbys ernsten Blick bemerkte: „Tony… mit so was macht man keine Witze. Wir wissen nichts über die Möglichkeiten extraterristrischen Lebens da draußen… wir wissen nicht, ob sie nicht schon unter uns weilen und aussehen wie Menschen… vielleicht bin ich ja auch nicht mehr Abby, sondern habe sie heut Nacht gefressen und trage ihre Haut als Kleidung?“

Der Italiener schaute sie einen Moment lang skeptisch an und grinste: „Klar, und ich bin George Washington.“

„Tony, die Sache ist weitaus ernster, als Du es dir machst. Kornkreise, Entführungen, all das hat stattgefunden.“

„Haben sich für die Kornkreise nicht schon inzwischen ein paar Leute bekannt?“, fragte Tony, und spürte, wie seine Atemgeschwindigkeit zunahm. So wie sie ihn gerade angesehen hatte… als meinte sie es wirklich ernst. Irgendwie fand er den Gedanken gruselig.

„Aber nur für die richtig miesen.“, holte Abby ihn in die Realität zurück, schaute ihn durchdringend an, „Die Wahrheit ist irgendwo da draußen.“

„O…kay Agent Scully. Dann will ich doch mal nach Oben fahren. Kommst Du mit, Ziva?“, fragte er und stellte fest, dass es ihn tatsächlich erfreuen würde, wenn die Israelin ihm Gesellschaft im Aufzug leisten würde, doch diese schüttelte nur den Kopf: „Nein, ich … muss mit Abby über etwas reden.“

„okay.“, sagte er und ging zum Lift, um in den Besprechungsraum zu fahren.

Als die Tür sich hinter ihm schloss, schaute er sich im Lift um und schüttelte den Kopf: „Es gibt keine Ausserirdischen.“
 

„Es gibt keine Ausserirdischen.“

Das war in Franz Meyers Glaubensgebäude etwas, das man einfach nicht in Frage stellte. Es gab sie genau so wenig, wie es Kobolde und Feen gab – das heißt, diese Wesen existierten schon, in Film, Funk und im Halloween. Er liebte eine gute Sci-Fi-Show wie jeder andere auch, aber als sein Chef ihm diesen Auftrag gegeben hatte und meinte, die Sache sei ein wenig merkwürdig und Leute haben sich schon über merkwürdige Lichter über dem Firmengelände gewundert, da war Meyers sofort klar, dass seine Frau, die diese Sci-Fi-Serien verschlang, sofort Übernatürliches hineininterpretieren würde.

Diese merkwürdigen Lichter konnten ja nun wirklich allen möglichen Ursprung haben. Sumpfgase, elektronische Funken aus schlecht-gewarteten Kabelanlagen, Reflektionen von Sternen, Flugzeuge, … es kam eine ganze Menge an Gründen zusammen, weswegen man über dem Gebäude merkwürdige Lichter sah und für einen Realisten wie Meyers waren Ausserirdische so glaubwürdig, wie eine zeitpunktgenaue Bedienung des Kredites der Firma, die er nun pfänden sollte. Dieser Zeitpunkt, zu dem der Kredit hätte bedient werden müssen – man sagte nicht mehr „zurückgezahlt“, man sagte seit der großen Banken- und Wirtschaftskrise, das Kredite „bedient“ werden – dieser Zeitpunkt lag schon so weit zurück, dass man, allein um die Zinsen zurückzuzahlen einen neuen Kredit hätte aufnehmen müssen. Und da man für die Firma „Mad Cow Middleton Inc“ kein Rettungspaket schnüren wollte und konnte, war es klar, dass man nun ihn dorthin entsandte um eine letzte Inventur zu machen und noch einmal die Vermögenswerte festzustellen.

Anlage- und Umlaufvermögen, letzteres wurde von fest nach flüssig in der Bilanz notiert und war auch schon im großen Stil liquidiert worden – jetzt ging es daran, die letzten beiden großen Posten zu schätzen. Die Gebäude und natürlich das Grundstück.
 

Als Meyers seinen Jeep Cherokee auf das Gelände von „Mad Cow“ fuhr, war ihm sofort klar: „Hier wartet Arbeit auf dich.“ „Mad Cow“ bestand aus mehreren großen Lagerhallen, einem großen Hauptgebäude und mehreren – inzwischen leeren – Garagen. Dort hatten früher mal die Firmenautos gestanden. Die waren aber inzwischen komplett – bis auf einen symbolischen Dollar – abgeschrieben worden, hatten also an Wert verloren, auch wenn sie eigentlich noch anstandslos fuhren, aber rein rechnerisch waren die Autos quasi Schrott, konnten also nicht mehr wirklich viel dazu beitragen, die Liquidität von „Mad Cow Middleton Inc.“ wiederherzustellen.

Und wenn man sich das ansah, was randalierende Menschen aus dem einstmals strahlenden Gebäude gemacht hatten, wurde Meyers eigentlich klar, dass man hier einfach nur noch den Anruf zur Vertragsfirma tätigen konnte. Bulldozer-Pete würde sich der Sache schnell und unbürokratisch annehmen und das Gebäude mit seiner fünfzehnköpfigen Mannschaft schneller plätten, als man „Industriekostenrahmen“ sagen konnte.
 

Kopfschüttelnd warf er einen Blick auf das Gebäude, als ihm etwas auffiel.

Im oberen Stockwerk hatte sich gerade etwas bewegt.

Dämliche spielende Kinder.
 

Da stellte man schon extra ein Schild auf, dass man hier aus Sicherheitsgründen nicht hindurfte – mit dem schönen Hinweise versehen, das Eltern für ihre Kinder haften – und was ist? Es interessierte die Brut nicht.

Das waren die Momente, in denen Meyers froh war, dass seine Frau sich offenbar wohl nur für den augenzwinkernden Charme des Jack Harkness interessierte, denn für den Körper ihres Mannes. Auch wenn er selber lieber mit seiner Frau ein paar romantische Stunden verbringen wollte, war sie eher daran interessiert, ob Torchwood nun die Daleks schnappte, oder nicht.

Wenn er so über sie nachdachte, fiel ihm dieses Lied ein, dessen Takte er summte, als er sich auf den Weg in das Gebäude machte.

Es gab diesen Chanson, dieses Lied, das er mal gehört hatte, als sein Vater vor knapp zwei Jahren in Deutschland im Krankenhaus lag und sich, als er ihn besucht hatte, im TV die Gala „100 Jahre Heinz Ehrhardt“ angeschaut hatte. Dort hatten einige Schauspieler, die Franz auch aus alten Filmen kannte, ein Lied gesungen.

Bill Ramsay hatte neben Edith Hancke im Bett gelegen und darüber gesungen, dass seine Frau gerne Krimis schaute. Während sie die erste Strophe eingeleitet hatten, war plötzlich im Fenster neben Bill Ramsey der Schauspieler Jaecki Schwarz aufgetaucht, hatte eine kleine Textzeile gehabt und dann war neben Edith Hancke der Schauspieler Jan Fedder – den Meyers aus der Serie „Großstadtrevier“ kannte – aufgetaucht und hatte sich auch gesangstechnisch eingebracht. Es war ein sehr lustiges, sehr beschwingtes Lied gewesen und Franz hatte nun die Melodie von „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“ im Kopf. Mit schnellen, beschwingten Schritten hastete er die Treppen hoch, stoppte kurz, drehte sich einmal um die eigene Achse und eilte noch ein paar Stufen hoch, als er stoppte.
 

„Meine Güte“, dachte er sich, „Ich hab als Kind oft genug scheiße gebaut, wie man bei uns sagte, ich hab dafür gerade gestanden und jetzt soll ich diesen Kiddies hier das Spielen verbieten? Ach quatsch.“

Er drehte sich um, als er hinter sich ein Geräusch hörte und sich entsetzt an die Wand presste, als vom obersten Stockwerk etwas direkt am Geländer vorbeigesaust kam und unten auf den Boden krachte.

Verblüfft trat er einen Schritt nach vorne und warf einen Blick über die Brüstung.

Was er da sah, ließ ihn entsetzt die Augen aufreißen.

Im Erdgeschoss lag, ‚splayed out’ wie man hier sagte, also ausgebreitet, aufgefächert oder eben alle Viere von sich gestreckt, mit einem Gesichtsausdruck der seinem glich, ein Mann. Unter ihm bildete sich eine große Pfütze roten Blutes.
 

Hatten diese Kinder, die sich da oben rumtrieben, etwa gerade einen kaltblütigen Mord begangen?

So langsam, aber sicher überkamen ihn arge Zweifel, ob es sich bei den Personen, die sich da oben rumtrieben, wirklich um Kinder handelte, oder ob diese inzwischen so verroht waren, dass es ihnen egal war, was mit den Menschen, die ihnen begegneten passierte?

Irgendwie erachtete er beides als Möglich. Er beschloss also, seinen Optimismus ein wenig zu dämpfen und auch seine Annäherung nicht mehr so deutlich zu zeigen. Stattdessen schlich er nun.

Sollte er jemanden um Hilfe rufen?

Kurz überlegte er, dann schüttelte der den Kopf. Quatsch. Mit ein paar juvenilen Halbstarken würde er schon noch fertig werden. Selbst wenn sie es schafften, einen Typen über die Brüstung in den Tod zu werfen, wie groß war die Chance, dass sie es bei ihm schafften?

Er wandte sich um und machte weiter. Dann sah er diesen großen Computer, der da mitten auf der Treppe stand und schüttelte den Kopf.

„Das ist doch nicht zu fassen.“, murmelte er, „Und ich dachte, die hätten alle Vermögenswerte vertickt. Offenbar nicht. Na wartet, das gibt eine schöne Strafe.“

Als er näher kam, fielen ihm die merkwürdigen Insignien auf dem Terminal auf.

„Vermutlich japanisch.“, dachte er und beschloss, sich das Ding genauer anzusehen.

Merkwürdiger weise hatte er das Gefühl, als hätten die Wände auf einmal Augen.
 

„Ach Tony?“, riss McGee ihn aus seinen Gedanken und er schaute verblüfft zu seinem Kollegen herüber: „Ja, McGenius, du wolltest mir doch noch erzählen, ob Du auch das Gefühl hast, in einer Zeitschleife zu stecken.“

„Ja, das auch, aber… ich wollte dich eigentlich nur fragen, ob Du mir einen Gefallen tun könntest.“

Tonys Augen verengten sich zu schlitzen: „Wie kann ich Dir helfen?“

Seit wann fragte McGee ihn um Hilfe? Hier stimmte doch wieder was nicht.

„Tony… mit so was macht man keine Witze. Wir wissen nichts über die Möglichkeiten extraterristrischen Lebens da draußen… wir wissen nicht, ob sie nicht schon unter uns weilen und aussehen wie Menschen… vielleicht bin ich ja auch nicht mehr Abby, sondern habe sie heut Nacht gefressen und trage ihre Haut als Kleidung?“ , schoss ihm Abbys Stimme durch den Kopf und er schüttelte selbigen. Es gab keine Ausserirdischen.

Aber, nur mal zur Sicherheit schaute er McVerdächtig mal genauer an. War er schon immer so dünn, beinahe spindeldürr, gewesen?

„Was ist, kannst Du mir helfen?“, fragte McGee in einem Tonfall, der Tony auch nicht so wirklich gefiel. Er erinnerte ihn ein wenig an eine Schlange, die den Hasen fragte, ob er ihr mal kurz in die Augen sehen könne, sie habe das Gefühl, ihre Kontaktlinsen seien verrutscht.

Und er hatte oft genug „Der Hofnarr“ gesehen, um zu wissen, dass man Leuten, die hypnotisieren konnten, nicht mal in Ausnahmefällen in die Augen schaute, es sei denn, man wollte den Rest des Filmes an- und ausgeschnippt werden.
 

Nein, er war sicher, er war unter Freunden, es gab keine Ausserirdischen.

„Natürlich, McGee – wie kann ich dir helfen?“

War das jetzt eine Spur zu freundlich? Tim schaute ihn aufmerksam an und legte dann den Stift, den er gerade noch in der Hand gehalten hatte, ab. War es ein Stift, oder so ein Gedankenverwurschtelblitzdingsi, wie es die Men in Black im Film hatten?

‚Tony, jetzt reiß dich zusammen!’, schoss es ihm durch den Kopf, allerdings – wie hätte er es sonst erwartet – nicht in seiner eigenen Gedankenstimme, sondern in der Stimme seines Vaters. Innerlich seufzend blickte er Mc-potentieller-Alien-Wirt an.

„Ich bräuchte aus der Asservatenkammer die Akte Drei vier Drei.“, sagte McGee und zuckte mit den Schultern: „Ich kann sie auch selber holen, aber – ich dachte, vielleicht… ich würd dir auch einen Kaffee ausgeben.“

So, jetzt war es sicher, das was nicht stimmte. McGeizig gab ihm einen Kaffee aus?

Aber – er würde mitspielen. Wenn es eine Alien-Invasion im NCIS gab, würde er es herausfinden und zu Gibbs gehen und… was wenn Gibbs der Anführer war?

Dann würde er zu Vance gehen und… was wenn Vance der Anführer und Gibbs sein Lieutenant war? Vielleicht sollte er doch noch mal mit Ziva sprechen und… was wenn Ziva nun auch eine Ausserirdische war?

Da brauchte er nicht groß nachzudenken. In dem Fall würde er sich von ihr Fressen lassen. Was sollte das denn?

Wenn er so an die Abenteuer der letzten Jahre dachte, die er mit ihr erlebt hatte, fand er, dass er keine bessere Partnerin finden konnte, als diese Frau. Und wenn sie nun tatsächlich nur noch eine Hülle war – was eigentlich Blödsinn war, es gab keine Ausserirdischen – dann würde er sich nur allzu bereitwillig von ihr in genau so etwas verwandeln, denn… wenn er die Wahl hätte, ohne sie zu leben oder mit ihr tot zu sein… so verdreht es auch schien, er wählte das Letztere. Ohne sie, ohne ihren extrem trockenen Sinn für Humor , konnte er sich das Leben nicht mehr vorstellen.

Und mit dem Mut der Verzweifelten stand er auf und ging zum Aufzug.

Kurz, bevor sich die Aufzugtür schloss, hörte er McJudas Stimme: „Er ist auf dem Weg.“
 

Die Aufzugtür glitt auf und Tony fand sich in absoluter Dunkelheit wieder.

Was war hier los? Stromausfall?

Das hatte den Vorteil, dass die Tür zur Asservatenkammer, normalerweise elektrisch verschlossen , leicht zu öffnen war. Er drückte die Klinke herunter, die Tür öffnete sich und er betrat die Asservatenkammer.

Mit der Taschenlampe leuchtete er sich den Weg – ein lächerlich kleiner Lichtfinger versuchte sich in dieser großen, großen dunklen Halle bemerkbar zu machen.

Ein Witz.

Das alles war ein Witz – er hatte doch keine Chance. Vielleicht sollte er abwarten, bis der Strom wieder funktionierte?

Schnell griff er zu seinem Handy und wählte die Nummer von McGee.

The person, you have called is temporary not available. , erklang die Stimme aus seinem Telefon und er verfluchte die extrem miese Empfangssituation, in der er sich gerade befand.

Naja, es nutzte ja nichts, er musste diese Akte finden, wenn er seinen Kaffee haben wollte.

Und es hatte den Vorteil, dass ihm an all dem hier nichts Bekannt vorkam.

Wobei – wenn er ehrlich war, wäre es ihm lieber, wenn von dieser Stelle auch ein Déjà-Vu gehabt hätte.
 

Klank!

Tony zuckte zusammen.

‚Was ist los mit Dir, DiNozzo? Beruhig dich!’, schalt er sich, dieses mal gedanklich in der Stimme seines Chefs. Er merkte, wie sein Atem sich verlangsamte. Es war doch einfach nur albern. Er war Mitte 30 und fürchtete sich gerade im Dunkeln vor dem, was da im Dunkeln auf ihn lauern könnte.

Und offenbar war da was, denn er konnte hören, wie etwas über den Boden geschleift wurde.

Was es war, wusste er nicht, aber er hatte einen starken Verdacht. Schließlich war das hier der NCIS, hier lagerten Geheimdokumente, hier liefen die geheimdienstlichen Fäden für Gegenspionage, Terrorismusbekämpfung und andere Nettigkeiten zusammen. Das man in den NCIS prima einbrechen konnte, wenn man denen den Strom abstellte, war etwas, was ihm schon damals, als man halb Washington den Strom abgedreht hatte, in den Sinn gekommen war.
 

Das Schleifen, das er hörte… es musste ein Körper sein, der gerade getötet und nun versteckt wurde.

Ziva!

Sie war hier unten gewesen, zusammen mit Abby. Und hier hatten sie dieses Gespräch geführt und…

Erneut zuckte er zusammen.

Knappe 4 Meter von ihm waren Sachen umgefallen und er hörte ein merkwürdiges Geräusch – ein merkwürdiges schrilles Kreischen. Beinahe wäre er gegen ein Regal gelaufen, als er sich daran erinnerte, wo er das Geräusch schon einmal gehört hatte.
 

Lorette Taylors Filmnacht.

Das Geräusch war vom Fernseher gekommen und hatte ihnen allen eine Gänsehaut beschert.

„Aliens.“, sagte Tony leise und schüttelte den Kopf: „Schöner Gag, aber… ich fall da nicht drauf rein.“

„Nicht?“, hörte er Zivas sanfte Stimme direkt hinter sich, fuhr herum und erstarrte.

Sie trug einen Hazmat-Anzug, ihre braunen Augen waren gelb, ihre Wange war von silberner Kybernetik verziert und die Beleuchtung des Hazmat-Suits gab ihrer ausserirdischen Erscheinung noch eine Spur mehr… was auch immer.

Er schluckte, ging einen Schritt zurück und merkte, wie hinter ihm jemand stand.

Schnell fuhr er herum und schaute in die roten Augen Abby Sciutos.

„BUH!“; machte sie und Tony … lachte.

Die Forensikerin zog eine Schnute.

„Hat es nicht geklappt, Tony?“

„Bis zu diesem Geräusch hattet ihr mich. Aber dieses Hiya-k-k-k-k, das die Aliens in dem Film machten… das hat euch dann doch verraten.“

Er ging zu Ziva, nahm ihr den Hazmat-Helm ab und grinste: „Darf ich dir was sagen, oh mein Metall-Zombie?“

Die hübsche Israelin griff an ihre Wange, nahm die Verkleidung ab und grinste schief: „Was denn?“

Er beugte sich vor und küsste sie: „Du bist ein wirklich hübscher Alien.“

Ziva grinste: „Hiya-k-k-k-k.“
 

Franz Meyers rannte. Die Schmerzen in seinem Körper waren silberhell und heiß, aber – was wollte er machen? Er wurde verfolgt – und dann auch noch von etwas, was ihm eher aus einem Albtraum schien, als ein Wesen auf Gottes weitem Erdenrund.

Er wusste nicht was er da gerade gesehen hatte, es war ihm auch vollkommen egal, er wusste nur, dass sein Glaubensgebäude gerade einen dermaßen großen Knacks erhalten hatte, das er als Bergschaden sichtbar sein müsste und man ihn nicht mal mit viel gutem Zureden und einer extra dicken Schicht Spachtelmasse hätte tarnen können.

Verdammt – etwas war hinter ihm her und es sah aus wie das uneheliche Kind des unglaublichen Hulk und einer Küchenschabe.

Groß, grün, eine Menge Antennen und offenbar ein verdammt guter Läufer, so stellte sich das Ding in seiner Gegenwart da und Meyers merkte, wie sein Puls raste.

Und während er rannte, war er sehr geneigt, sich seine Leitmaxime, das Ausserirdische nicht existierten, noch mal durch den Kopf gehen zu lassen.
 

Er hatte sich fasziniert über diese Konsole gebeugt, die er mitten auf der Treppe gefunden hatte und nicht einmal mehr Gelegenheit bekommen, sich zu bücken, als dieses Ding neben ihm aufgetaucht war und ohne das er großartig etwas dagegen hätte tun können, hatte das Wesen ihn gepackt. Dann hatte es einen enormen Kraftakt betrieben, ohne großartig ins Schwitzen gekommen zu sein, in dem es ihn, einen knapp 2-Meter-Mann, der gut und gerne seine 100 Kilo wog, gegriffen und ihn dann mit einer Leichtigkeit die Treppe heruntergeworfen, die er an den Tag legte, wenn er mal wieder auf Petes Baustelle aushalf und diese schweren Säcke mit Brandkalk über seine Schulter in die Schubkarre warf.

Jetzt wusste er auch, wie sich diese Säcke fühlen müssten, wenn sie dazu in der Lage wären.

Es tat einfach weh, wenn man mit der Seite auf einen harten Boden auftraf und dann in einem Gewirr von Armen und Beinen – so viele, das konnten eigentlich nicht alle seine eigenen sein – die Treppe weiter herunterfiel. Auch die finale Landung auf dem Boden war nicht unbedingt schmerzfrei gewesen und da wusste Franz, was für den Tod der armen Socke, den er beobachtet hatte, verursacht hatte. Das waren keine spielenden Kinder – oh nein.
 

Und gerade, als er sich aufrappelte, erschien dieses Geschöpf auf dem Treppenabsatz. Groß, grün und extrem angepisst.

Es holte Luft, ging dann in die Hocke führte – wie ein Bodybuilder – die Unterarme in einer Art V-Position zusammen und brüllte herausfordernd, so, dass die Vaterschaft des unglaublichen Hulks eigentlich nicht mehr anzuzweifeln war. Vermutlich saß dieser gerade ganz stolz im Obergeschoss und sagte: „Sohn von Hulk SMASH!“.

Franz Meyers wusste, dass er das Recht hatte, eine Waffe zu besitzen und der Gedanke, eine eben solche Schusswaffe gegen das Ding auf dem Treppenabsatz einzusetzen erschien ihm auch im ersten Moment ziemlich ‚appealing’, wie man hier sagte – sprich „Attraktiv“, „einleuchtend“ – aber… er hatte die Serie gesehen und wusste, dass Schusswaffen nur eine Sache anrichteten: Sie machten den Hulk noch wütender und das wollte er nicht.
 

Also tat er das, was sein Urinstinkt ihm seit einer knappen Millisekunde Realzeit, aber gefühlten 10 Milliarden Jahren, ins Ohr brüllte. Abhauen.

Auch wenn sein Körper protestierte, auch wenn die Rippen, die offenbar gebrochen waren, schmerzten, auch wenn er selbst kaum noch Luft bekam, er musste rennen. Er musste hier weg.

„Ausserirdische gibt es nicht“ – so ein Blödsinn.

Was war das Ding auf dem Treppenabsatz sonst, wenn nicht Besuch aus einer fernen Welt? Ein mutierter Wissenschaftler, der sich mal wieder aufgeregt hatte?

„Nun werden wir doch mal wieder realistisch!“, schoss es ihm durch den Kopf und er setzte sich in Bewegung – das Ding immer hinter ihm her.

Er hatte eigentlich keine Alternative mehr, als das zu tun, was man ihm geraten hatte, wenn ein wildes Tier auf ihn zukam. Sich hinlegen, tot stellen und das Beste hoffen.

Auch dieser Gedanke gewann mit zunehmenden Schmerzen in Brustkorb und Beinen an Attraktivität und so ließ er sich bei der nächstbesten Möglichkeit einfach fallen.
 

Und als das Ding auf ihn zukam, ihn anschaute und einmal kurz - fast schon zärtlich – mit dem Fuß gegen seine Rippen trat und er merkte, wie die Schmerzen in ihm aufquollen, ihren Weg durch Brustkorb und Luftröhre zum Mund bahnten und schließlich in einem Schrei gipfelten, der dem von Hulks Sohn in nichts nachstand… da wusste er, dass er, wenn er hier je wieder rauskommen würde, dem Typen, der ihm diesen Tipp gegeben hatte, mal die Meinung geigen würde.
 

„Stell dich einfach tot – am Arsch!“, schoss es ihm durch den Kopf, als der Hulk ihn packte und erneut über den Kopf hielt. Dann warf er ihn erneut – dieses mal gegen eine Wand – und angetrieben durch die unglaubliche Kraft des unglaublichen Wesens krachte er durch diese Wand – was wieder ein paar Knochen kostete. Als er aufkam und sich abrollte, war ihm als stünde sein Körper in Flammen.

Und dann sah er es.
 

Ein Raumschiff.

Es stand mitten in der Fertigungshalle und – war merkwürdig elegant.

„Das hätte ich diesen Biestern nicht zugetraut.“, murmelte Franz und hörte, wie Hulk sich näherte. Dann packte das Wesen ihn an den Haaren, zog ihn nach hinten, sodass Franz’ Körper eine Art C beschrieb, wobei die Beine und die Füße den unteren Teil bildeten – den sogenannten Anstrich , während die Arme, die nach unten baumelten beinahe als Abstrich plus Serife zu erkennen waren. Für Meyers war es eine Tortur.

Aber die wirkliche Tortur kam erst noch.
 

Das Wesen griff, mit einem grausamen Lächeln – tatsächlich, das Wesen konnte lächeln – zu einem Messer, wobei Messer der Größe und Länge der Klinge nun wirklich nicht mehr gerecht wurde. Aber „Schwert“ war zu groß. Dieses „Messer“ hielt es Meyers an die Kehle und der Deutsche wusste, was los war.
 

Die Augen des Mannes weiten sich im Schock.
 

TBC

Die hübsche Rothaarige riss überrascht die Augen auf.

Die hübsche Rothaarige riss überrascht die Augen auf.

Es war schon ein Kreuz mit unserer deutschen Sprache.

Jede Faser des Körpers Calvin Nathan Cats wollte das Wort „Shuttle“ in ein Neutrum umwandeln, also „Das Shuttle“ sagen. Mit dieser Regelung war er knappe 28 Jahre gut gefahren, bis zu dem Tag, als ihn die hübsche Brünette in der bajoranischen Uniform, die er auf der Station Deep Space Nine als Major Kira Nerys kennengelernt hatte, korrigierte und meinte, es heiße „der Shuttle“. Seitdem war er sich nicht sicher, zumal auch sämtliche Computerdatenbanken, die er befragt hatte, sich nicht einig sein konnten. Manche sagten „Der Shuttle“, andere sagten „Das Shuttle“. Als Brite war das kein Problem, da hatte man ja nur einen Artikel, nämlich „the“ und musste sich demzufolge solche Fragen gar nicht stellen. Da er aber irgendwann mal im Zuge der Teenagerrebellion beschlossen hatte, sich komplett unbeliebt zu machen, und sich akzenttechnisch im deutschen Sprachraum zu bedienen.

Und nicht nur Hochdeutsch, also so, wie man es aus schlechten amerikanischen Filmen des späten 20. Jahrhunderts kannte, in denen die „Deutschen“ entweder bayrisch sprachen oder zumindest so aussahen und deren einziger Hinweis darauf, das sie Deutsch waren, durch ein eingestreutes „Ja!“ oder „Jawoll!“ war – je nach dem, welche Filme man schaute. Nein, nein, Cal griff ganz tief in die Dialektkiste.

Er verwandte die Syntax eines deutschen Dialektes und trieb mit seinen entsprechenden Übungen seine Eltern in den Wahnsinn. Schließlich brach der Captain, der damals noch kein Captain war, hin und wieder in diesen, sich Dialekt aus, den er sich antrainieren wollte und der seine Wiege in die Nähe der Gegend setzen sollte, in der man seinerzeit nicht arbeiten ging, sondern „auffe Maloche“, die seinerzeit ein Jahr lang Kulturhauptstadt gewesen war und die mit seiner wahren Herkunft, der Stadt London in England nichts gemein hatte. Aber Cal gab sich gerne als Ruhrpottkind, auch wenn er aus dieser Gegend nur vier Sachen kannte – die Kohle, Dortmund, Gelsenkirchen und Bochum.
 

Warum er die Kohle kannte, war klar – schließlich hatte sich die Region, aus der er so gerne vorgab zu kommen, mit dem Abbau dieses Materials seinerzeit einen Namen gemacht. Die Städte, die Cal kannte, kannte er deswegen, weil diese die seinerzeit bekanntesten Fußballvereine der sogenannten Bundesliga beinhalteten – und das ziemlich geballt.

Mit Fußball konnte man ihn zwar jagen, aber es war schon sehr praktisch, wenn man sich wenigstens ein wenig mit dem befasste, was man gerne sein würde, auch wenn ein echtes Ruhrpottkind vermutlich nicht wirklich diese Affinität zu Kohle zeigte – schließlich gab es schon in den 70er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, als die ganzen Zechen geschlossen wurden, das große Umdenken, den großen Strukturwandel. Abraumhalden wurden begrünt, Gegenden, die ein deutliches Zeichen dafür waren, dass der Strukturwandel auch Arbeitsplätze forderte (auch wenn dafür andere geschaffen wurden), wurden zur „Industriekultur“ aufgewertet und knappe 100 Jahre nachdem die letzte Zeche geschlossen war, erinnerten allerhöchstens noch ein paar mit Pflanzen überwucherte Abraumhalden daran, das hier mal Kohle gefördert wurde.
 

‚What is the matter with you, boy?’, hatte ihn eine seiner Lehrerinnen mal gefragt und Cal hatte grinsend geantwortet: “Ach weißte – wennze mich so fragst, is mich so schnarchich, dat kannste maa gar nich glauben, da besteht extremen Bekakelungsbedaaf.“

Natürlich hatte die Lehrerin kein Wort von dem verstanden, was der junge Cal ihr da sagen wollte, also übersetzte er es nochmal ins feinste Oxfordenglisch – was der Lehrerin natürlich auch nicht passte. Ebensowenig übrigens, wie es den Eltern genehm war.
 

Im Deutschen musste man nun wissen, ob ein Shuttle neutrum oder maskulinum war – also ob es „der“ oder „das“ Shuttle hieß und selbst des Captains geliebtes Ruhrdeutsch brachte ihn nicht weiter. Hin und wieder war es praktisch – so fiel die lästige Frage weg, ob man das „das“ nun in dieser oder jener Situation mit doppel- oder einem einfachen S schrieb, da sagte Cal einfach „dat“ und schon ‚war der Drops gelutscht’, aber bei der Thematik „Shuttle“ war er ‚genau so schlau als wie zuvor’, wie Faust gesagt hätte.
 

Momentan konnte es dem Captain aber nicht weniger interessieren, welch Geschlechtes nun das Gefährt, in dem er gerade reiste, war – schließlich hatte er gerade nur Augen für die hübsche Rothaarige, die neben ihm saß. Zumindest bemerkte diese, dass er seine Arbeit schleifen ließ und lieber ihr Profil betrachtete.

Agatha Silverbird seufzte genervt-amüsiert: „Cal, du wolltest noch hier bleiben und eine Extra-Runde über die Erde drehen. Also schau aus dem Fenster.“
 

Kaum, dass sie auf der Dragonfly angekommen waren, hatte die hübsche erste Offizierin geseufzt und gesagt: „So, jetzt eine entspannende Dusche in unserem Quartier und dann bin ich wieder wie neu.“

Doch da hatte der Captain ihren Unterarm schon festgehalten und sie angeschaut: „Schatz, ich weiß ja nicht. Ich möchte lieber noch mal mit der Emscher eine Runde über Washington drehen.“

Verwirrung war in ihren Augen zu lesen gewesen: „Du hast nicht wirklich eines unserer Runabouts in Emscher getauft, oder?“

„Hey, ich bin ein Pottkind.“, hatte er gegrinst und sie hatte den Kopf geschüttelt: „Bist Du nicht – du bist Brite, mit Julian Bashir auf die Schule gegangen, also hör bitte mit deiner Ruhrpott-Nummer auf.“

„Hey, Ruhrpottler sind cool. Sieh dir den späteren Bundeskanzler der Bundesrepublik an. Er hat als Polizist angefangen und sich dann hochgearbeitet. Mit ihm hat die SPD 2030 einen sensationellen Wahlsieg geholt.“

Das war der Moment, an dem Agatha mal wieder beschlossen hatte, Cal seine Illusionen zu lassen.
 

Nun saßen sie also in der Emscher – es war Agatha immer noch unbegreiflich, wie Cal das Schiff nach einem früher Abwasser führenden Bachkanal, einer sogenannten „Köttelbecke“, benennen konnte, aber es war des Captains Vorrecht, die Shuttles und Runabouts so zu benennen, wie sie wollten. Und Cal hatte zumindest seiner Brückencrew gestattet, einige Runabouts ebenfalls nach eigenem Gutdünken zu benennen.

Agatha taufte eines der Runabouts somit „Oos“, denn dieser Fluss floss durch ihre Heimat, Baden-Baden, während man dank Gina über die „U.S.S. Tiber“ verfügte, der ihre Heimatstadt Perugia durchfloss. Jill – aus San Francisco stammend – benannte das dritte und vorletzte Runabout „Carquinez“, nach der Carquinez-Straße, einer Meerenge im Norden Kaliforniens, die in der Stadt, in der sie geboren und aufgewachsen war, San Francisco, in den Pazifik mündete. Ausserdem hatte man noch die „U.S.S. Main“, die von den meisten Leuten, zunächst englisch gelesen und nicht verstanden wurde.

„Main – und weiter?“, wurde dann meist gefragt, „Mainstream? Mainpower? Mainstreet?“

Das lag daran, dass Cal noch seinem guten Kumpel und besten Freund, Sebastian Middlegate, die Möglichkeit gegeben hatte, ein Shuttle zu taufen. Da dieser, trotz des Nachnamens Middlegate aus Deutschland kam – genauer gesagt aus Frankfurt am Main – war mit „U.S.S Main“ nicht „Mäyn“, wie in Haupt- (Hauptstraße, Hauptstrom, Hauptleitung, Haupstadt), sondern Main, gemeint.
 

Das leise Zirpen, das der Kommunikator des Captains von sich gab, ließ Agatha wieder in die Jetztzeit zurückfinden. Er traute dem Frieden also nicht. Es gab Momente, in denen hielt die hübsche Frau ihren Freund für einen rettungslosen Paranoiker.

„Menacer an Cat?“, erklang die militärisch-zackige Stimme der blonden Sicherheitsoffizierin aus dem Kommuniaktionsgerät. Agatha wusste aber auch, dass sie durchaus sanftere Töne anschlagen konnte – das hatte Sebastian ihr einmal erzählt.

„Cat hier?“, garagentorquietschte der Captain und Agatha fragte sich, ob er es jemals schaffen würde, sich für eine Stimmlage zu entscheiden.

„Es… es gibt ein Problem.“

Agatha merkte, wie ihr Herz kurz aussetzte und spürte, wie ihr Captain sie anschaute, ehe er fragte: „Ein Problem?“

„Ja, Traceless ist entkommen.“
 

Die grasgrünen Augen der hübschen Frau schauten verblüfft in die braunen Augen des Captains, dessen Gesichtsausdruck gerade zwischen „verwirrt“ und „entschlossen“ changierte. „Bitte um Erklärung.“, sagte er und hörte, wie die hübsche Blonde sich räusperte: „Nun… Peter brachte dem Gefangenen offenbar sein Abendessen, als dieser…“

„Als dieser … was?“, fragte Cal.

Erneut machte die hübsche Blonde eine Pause, räusperte sich kurz und sagte dann: „Er war verschwunden.“

„Von jetzt auf gleich?“

„Ja.“

Agatha legte den Kopf schief.

Peter – der Wachmann – hatte, wenn Cal Traceless gefangen hatte, präzise Instruktionen erhalten, sich nur von der Stelle zu bewegen, um zum Replikator zu gehen und dem Gefangenen etwas zu essen zu bestellen. Selbst, wenn man großzügig annahm, dass der Replikator im Arrestbereich kaputt war, selbst dann musste man eigentlich nur einem Kollegen bescheid sagen, etwas zu essen zu besorgen. Peter musste seine Position eigentlich nicht verlassen, was nur bedeuten konnte, dass Traceless in der Zelle verschwunden war.

Aber wie sollte das funktionieren?

Im Kopf ging sie alle Möglichkeiten durch, räusperte sich dann und wandte sich an Cal: „Du hast das Kraftfeld um die gesamte Zelle legen lassen, ja? Nicht das einer auf die Idee kommt, Traceless rauszubeamen?“

„Für wie bekloppt hältst Du mich eigentlich?“, antwortete der Captain mit einer Gegenfrage und schaute sie ein wenig missbilligend an: „Ich hab alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen – dennoch ist er einfach so verschwunden. Ich verstehe es nicht.“

Mit diesen Worten gab er den Kurs ein, der die Emscher zurück zur Dragonfly bringen sollte und betätigte eine Taste.

Agatha wusste, dass dies die Taste war, die er selbst einmal mit „Engage“ beschriftet hatte, da er mit diesen ganzen Eingabefeldern zwischendurch ein wenig überfordert war.

Doch kaum, dass er die Taste gedrückt hatte, bebte das Schiff und Cal schaute sie überrascht an: „Das sollte nicht passieren.“

Und dann erschien eine Botschaft auf dem Bildschirm, der zwischen den beiden in eine Mittelkonsole eingelassen war.
 

Teuflisch wird meine

Rache sein, wirfst Du mich einfach so

Aus dem Fenster.

Cal, das tut man nicht.

Eigentlich hätte ich mehr von dir erwartet.

Lass dir das gesagt sein:

Es ist nicht nett, jemanden einfach

So aus einem Fenster zu schmeißen.

So was tut sehr weh.

Die beiden Offiziere sahen auf den Bildschirm, dann sich an und Cal schluckte: „Oh man.“
 

Leroy Jethro Gibbs hielt den Pappbecher in der Hand, als er das Labor betrat, in dem Abby gerade einen Handstand vollführte.

„Abs?“, fragte er und die hübsche Frau rollte sich ab: „Gibbsman, wurde auch Zeit, dass Du hier unten mal auftauchst.“

Sie lächelte – frech wie immer – und schaute ihn an, als er fragte: „Und, was hast Du für mich Abs?“

„Ein Rätsel.“, erklärte sie und schaute ihn an: „Weißt Du, Tony hat mir erzählt, dass Ziva meint, wir hätten das alles schon mal erlebt … wobei das nicht ganz richtig wiedergegeben ist. Tony meint, wir sind in einer Zeitschleife und Ziva meint, es würden Ausserirdische umgehen. Ich persönlich halte die letztere Theorie für wahrscheinlicher – ich meine, die Lichter, die man in den letzten Wochen über Washington sieht… ich bin mir sogar sicher, eine Art UFO gesehen zu haben, aber Miss Post, meine Vermieterin, glaubt mir genauso wenig, wie Miss Carols, meine Nachbarin. Sie ist das, was man eine „crazy old bat“ nennt, aber – sie weiß alles, was in der Nachbarschaft abgeht. Wenn Sie kein UFO gesehen hat, dann war da auch keines.“

„Abby!“, machte Gibbs und die Frau in den schwarzen Klamotten schaute ihn lächelnd an: „Geduld, oh mein Silberfuchs. Du musst lernen, Geduld zu haben – du kannst nicht mehr so viel Gas geben, wie früher.“

Er schaute sie an, legte den Kopf schief und in seinen Augen konnte sie sehen, dass er einerseits amüsiert, andererseits ziemlich genervt war. Sie hob beide Arme – als ob sie sich ergeben würde.

„Natürlich, oh mein Silberfuchs. Das Schwert.“, sagte sie und ging zum Computer: „Wir haben einen stabilen Bastardhänder. Man kann ihn sowohl mit einer Hand, als auch mit beiden schwingen und Leuten die Köpfe abschlagen und… hat Dir Ducky erzählt, dass er einmal gegen Basil Rathborne gefochten hat? Da war Ducky aber noch jung und Rathbone war schon…“

Erneut stoppte sie, als sie den Blick von Gibbs bemerkte – die Genervtheit überwog langsam und da sie ihr selbstgesetztes Ziel, niemals eine Kopfnuss zu erhalten, nicht verfehlen wollte, sagte sie: „Am Beste ist, du fragst ihn selber. Bei diesem Bastardhänder ist mir etwas Interessantes aufgefallen. Wir haben tatsächlich Fingerabdrücke. Sie sind am Griff des Schwertes und aufgrund dessen, wie sie um den Griff positioniert sind, lassen sie den Verdacht zu, dass die Person, der die Fingerabdrücke gehören, das Schwert gehalten hat. Ich bin auch gerade dabei, die Daten durchs AFIS laufen zu lassen.“

Kaum, dass sie ausgesprochen hatte, gab der Computer ein lautes Piepsen von sich und Abby stockte: „Und wir haben gleich drei Treffer. Offenbar ist das Schwert durch mehrere Hände gegangen. PFC William Turner, PFC Matthew Troi und PFC Andrew Riker sind die drei Glücklichen, die Ihr bald vernehmen dürft.“

Gibbs nickte ihr nur zu und übergab ihr den Becher mit dem Cafpow.

Lächelnd wandte sie sich wieder zu den piepsenden Computern um.
 

Fluchend wandte sich Agatha dem piepsenden Computer zu.

Das Raumschiff – sie beschloss, es nicht Emscher zu nennen – drehte sich wie verrückt um die eigene Achse und begann nun, zu bocken.

Cal krallte sich an seinen Sessel: „Ich glaub, Traceless spielt mit uns Cranger Kirmes.“

„Ah“, grinste sie, „Dein Lieblingsfahrgeschäft, ja?“

Der Captain wandte sich ihr zu und nickte.

‚Merkwürdig’, schoss es Agatha durch den Kopf, ‚warum sollte Traceless die Emscher in einen Kreisel verwandeln? Das Ganze macht keinen Sinn.’

Plötzlich stoppte das Schiff seine Bewegungen und der erste Offizier, sowie der Captain atmeten tief und erleichtert durch.

„Okay“, sagte Cal und schaute seine Freundin an, „Offenbar – will er noch etwas mit uns spielen.“
 

In diesem Moment erschien auf dem Monitor, auf dem vorher der Acrostychon aufgetaucht war, das Gesicht von Traceless – sein ‚wahres Gesicht’, also das, das er immer dann trug, wenn er enttarnt worden war. Es handelte sich hierbei um Etwas, das entfernt an rote, vernarbte Haut erinnerte, von dem Agatha aber wusste, dass es einfach nur Latex war, das der Verbrecher in einer bestimmten Art und Weise behandelt hatte.

„Na, noch auf den Beinen?“, reibeiste es aus dem Kommunikator, „Mal sehen, wie lange noch.“

Damit verschwand sein Gesicht wieder und machte einer Digitaluhr platz, die langsam von 01:00 herunterzählte.

„Der hat doch wohl nich wirklich…“, setzte Cal an und Agatha schaute zu ihm: „Eine Bombe angebracht? Du kennst Tracy, darauf kannst Du deinen Hintern verwetten.“

Er lächelte: „Da verwette ich lieber Deinen, der ist knackiger.“

Ein simples Augenrollen war die Antwort, dann schaute sie sich um, sprang auf die Beine, griff seine Hand und zog ihn hinter sich her.

„Wo gehen wir hin?“, fragte er und staunte nicht schlecht, als sie ihn durch das komplette Runabout zog, bis hinüber zu einem Schott, das durchaus auch die Tür zu einer Besenkammer hätte sein können.

„Schatz, unser Runabout fliegt uns gleich um die Ohren. Ich glaube nicht, dass eine Nummer in der Besenka…“

Weiter kam er nicht, die Tür glitt auf, sie schubste ihn herein und betrat dann selbst diese beinahe klaustrophobisch-enge Kammer. Als die Tür zuglitt, war es für den Bruchteil einer Sekunde dunkel – dann aktivierte sich eine blaue Deckenbeleuchtung und illuminierte das kleine Areal.

„Keine Sorge.“, lächelte sie ihm zu, küsste ihn und streckte ihre linke Hand nach einer Konsole aus, die sie betätigte.
 

Es gab einen kurzen, heftigen Schlag, dann hörte Agatha ein lautes Kreischen und binnen Nanosekunden war die Rettungskapsel, in die sie sich mit Cal begeben hatte, abgeworfen worden.

Die Rothaarige wandte sich an Cal, lächelte zu ihm herüber und zuckte mit den Schultern: „Wie schon gesagt, es wird alles in Ordnung kommen.“

Kaum, das sie das gesagt hatte, spürte sie, wie die Kapsel zu schlingern begann und bockte, wie ein Wildpferd beim Kentucky Derby.

„You were saying?“, fragte Cal und die schöne Frau sah eine Mischung aus Angst und Amüsement in seinem Blick, als die Rettungskapsel noch mehr ins Schlingern geriet.

Sie konnte sich gerade nur vorstellen, was passiert war. Die Rettungskapsel musste sich noch relativ Nah am Runabout befunden haben, als dieses explodiert war und sie dann durcheinander gewirbelt haben, wodurch die kontrollierte Landung auf der Erde sehr unkontrolliert wurde.
 

Sie spürte, wie Cal seine Arme um sie schlang und sie an sich zog. Sie tat das gleiche, ihre Blicke trafen sich und sie merkte, wie sich ihre Lippen zu einem Lächeln verzogen. Offenbar musste dieses Lächeln ansteckend gewirkt haben, denn nun lächelte auch er und sagte: „War keine schlechte Idee, mit der Emscher zu fliegen.“

Dann gab es einen erneuten, harten Schlag gegen die Kapsel und die Köpfe der beiden Offiziere kollidierten miteinander.

Agatha sah Sterne.
 

Der schwarze Dodge Charger, der als Dienstwagen fungierte, rollte auf die Einfahrt und kam zum stehen. Tony DiNozzo stieg aus, schloss die Tür des Wagens, sah, dass Ziva auch ausgesteigen war und schloss ab. Dann schaute der Bundesagent zum Gebäude.

Es war ein dreistöckiges Gebäude – es hatte rote Backsteinmauern, eine gelbe Tür und erinnerte ihn, aufgrund der Bauweise, an etwas aus TRON. Dem Klassiker, nicht der Fortsetzung mit Nummer 13 aus Doktor House.
 

Sie waren an unzähligen Häusern vorbeigefahren – an Doppelhaushälften mit Einfamilienwohnungen darin, von denen man auf die Good Hope Road South East schauen konnte, an einem Waschautomaten-Drive Inn und an einfachen, quadratischen Häusern, die so gar keine Verzierungen hatten, die einfach nur gebaut waren, damit Menschen darin leben konnten. Der Stadtteil Anacostia war so vielschichtig, wie das gute, alte Amerika als Schmelztiegel beschworen wurde.
 

Tonys Dodger nahm die Einfahrt unter die Räder und augenblicklich hörte die hübsche Israelin neben ihm auf, eine ihm mehr oder weniger bekannte Melodie zu summen.

„Was war das?“, fragte er sie und sie lächelte: „Das geht dich nichts an.“

Damit stieg sie aus, warf einen Blick über ihre Schulter zu Tony herüber und ging, wissend dass er ihr hinterherschaute, mit einem leichten Schwingen in den Hüften zum Haus. Dabei summte sie die Takte von „Temptation“, das sie seinerzeit selbst gesungen hatte.
 

Tony war verwirrt. Er wusste noch nicht so recht, seit wann er diese Empfindungen hatte, die da sein Bewusstsein vernebelten, seit wann die Anwesenheit der hübschen Frau aus Israel ihn um den Verstand brachte, aber – sie tat es. Wenn er einen Tipp hätte abgeben dürfen, er hätte auf den Zeitpunkt getippt, an dem sie ihn versucht hatte, vor einem Gewehrkolben zu retten – damals in diesem simulierten Einbruch, der eigentlich nur eine Maulwurfsjagd gewesen war.

Nachdem man ihm es erklärt hatte, hatte er sich an den Film „Mission: Impossible“ erinnert. Hier hatte man ihm und Ziva die Rolle des Tom Cruise gegeben und es war für Special Agent Lee nicht sehr glimpflich ausgegangen.

Er seufzte. Damals hatten sie sich im Aufzug unterhalten und es hatte zu nichts geführt. Und als ihm dann die Sache mit Michael Rivkin einfiel – spätestens da wusste er wieder, ab wann er sich wirklich in die Israelin verliebt hatte. Zu dem Zeitpunkt, an dem ihm klar war, dass er …
 

„Tony, kommst du?“, fragte die Frau in diesem Moment und er riss sich in die Gegenwart zurück: „Ja, natürlich.“
 

Private First Class William Turner wohnte eigentlich gar nicht mal schlecht.

Eine weiße Wohnlandschaft in den Maßen 237x414x297cm stand im Raum, davor eine weiße Wohnwand, komplett mit Stereoanlage und Fernseher, DVD, Blue-Ray und sonstigen Playern – kurzum ein Entertainmentsystem, das Tony rasend vor Eifersucht werden ließ.

Der Bundesagent räusperte sich: „William Turner, ja?“

Kurz traf ihn ein Blick aus den dunkelbraunen Augen des Angesprochenen. Seine kurzen, naturgelockten Haare machten jede Bewegung mit, als er den Kopf schüttelte und lächelte: „Nein. Kommen Sie mir nicht so. Ich weiß, worauf Sie anspielen – glauben Sie mir, ich habe den Gag oft genug gehört.“

Die grünen Augen Tonys funkelten in stillem Amüsement, als er zu rezitieren begann:

"The only rules that really matter are these: what a man can do and what a man can't do. For instance, you can accept that your father was a pirate and a good man or you can't. But pirate is in your blood, boy, so you'll have to square with that some day. And me, for example, I can let you drown, but I can't bring this ship into Tortuga all by me onesies, savvy? So, can you sail under the command of a pirate, or can you not?"

Der Private First Class machte eine Kopfbewegung, als habe er diese Worte schon oft genug gehört. Ziva rollte mit den Augen. Sie musste gegen ihren Willen lächeln, es war so typisch von Tony, dass er wo er nur ging und stand mindestens ein - meist vollkommen unerkenntliches – Filmzitat anbrachte, auch da, wo es nicht passte. Es war eine der Charaktereigenschaften ihres Partners, die sie einerseits in schöner Regelmäßigkeit in den Wahnsinn trieb, andererseits sie erheiterte. So jemand wie Tony war der hübschen Frau aus Israel noch nie begegnet und anfangs hatte sie sich gefragt, ob alle Männer in den USA so waren, wie Tony. Glücklicherweise war dem nicht so. Eine Nation voller Männer, die schönen Frauen hinterherglotzten, sich wie die Vollprimaten benahmen und zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit Filmzitate in die erwartungsfrohe Menge feuerten, das wäre nicht unbedingt ein Land gewesen, in dem sie zu leben als erstrebenswert erachten würde.

Aber es war schon irgendwie beneidenswert, wie viel Filmzitate in diesem Kopf Platz fanden. Und da fragte sie sich natürlich, ob er dafür andere Erinnerungen verdrängen musste, schließlich hatte das Hirn nur einen begrenzten Speicherplatz.

Doch sie hatte im Laufe der Zeit festgestellt, dass Tony einfach nur ein Kompendium an unnützem Fernsehwissen war – so wie McGee sich zwischenzeitlich als Lexikon für unnützes Computerwissen herausstellte und Sachen in den Raum feuerte, von denen keiner der anderen Drei auch nur den Schatten einer Ahnung hatte.

Ziva schaute zwischen den beiden Männern verblüfft hin und her: „Tony, was meinst Du jetzt schon wieder?“

„Fluch der Karibik.“, erklärte der Italiener und schaute Ziva lächelnd an: „You better believe in ghost-stories, Miss Turner. You are in one.“

„I’m afraid of no ghosts”, grinste Ziva und schaute zu Tony herüber, der den Kopf schüttelte: “Komplett falsches Franchise.”

Gerade, als sie etwas sagen wollte, hörten sie eine laute Explosion, die von draußen kam.

„Ah“, machte Turner nur und zuckte mit den Schultern, „Heute ist Dienstag – die Leute werden immer ein wenig merkwürdig, wenn sie den Montag überlebt haben und feststellen, dass es noch 4 Tage bis zum Wochenende sind. Ich würde mir da keine Gedanken machen.“

Das laute Rauschen, das sie hörten, brauchte nun auch Turner dazu, verwirrt dreinzublicken und anzumerken: „Also – das ist bisher noch nie vorgekommen.“
 

In dem Moment, in dem das Geräusch ertönt war, hatte Ziva reagiert. Ihre Waffe war binnen Nanosekunden gezückt gewesen und sie hatte den Raum mit der Aufmerksamkeit eines Pumas, der nur wissen musste, wo sich seine Beute versteckt hielt, beobachtet.

Als Turner die Sache abtat, merkte sie, wie sie sich entspannte und ihn gerade darauf hinweisen wollte, dass man ihn zum Versterben Captain Stones befragen wollte, als der Mann zugab, das das laute Rauschen ein Klang war, der ihm nicht geläufig war.

„Tony, Du wartest hier, ich schau mir das mal an.“

Und ohne irgendetwas abzuwarten, war sie schon draußen, im Treppenhaus, mit schnellen Schritten, die sie trotz ihrer Schuhe mit leichtem Absatz wunderbar tun konnte.
 

„Was hat Ihre Kollegin?“, fragte Turner verwundert und Tony schaute ihn an: „Wenn man muss, dann muss man.“

„Jurassic Park 1.“, stellte der Private First Class mit einem Grinsen fest und der italienisch-stämmige Special Agent nickte: „Der Klassiker. Hält sich ja beinahe noch an das Original von Chrichton.“

„Beinahe? Hey, Malcolm stirbt im Buch.“

„Na ja, im zweiten Buch stellt sich raus, er ist nur ins Koma gefallen.“

„Es stand ‚stirbt’ im Buch“, stellte der Private First Class fest und blickte überrascht zu Ziva, die gerade wieder den Raum betrat: „Ich hab keine Ahnung, was es war, aber – es ist wieder weg.“

Tony grinste: „Vielleicht war es ja einer deiner Silence.“

„Bezweifel ich.“, ließ sich Turner vernehmen, „Dann würde sie sich nicht mehr daran erinnern.“

Ziva blickte den jungen Mann an: „Sagen Sie… Sie wissen nicht rein zufällig schon, weswegen wir hier sind, oder?“

„Nein, sie sagten nur, sie seien vom NCIS und ob sie mal rein kommen dürften.“, gab er zurück und die junge Frau aus Israel warf einen Blick zu Tony: „Solltest Du ihn nicht informieren, während ich draußen bin?“

„Davon hast Du nichts gesagt.“

Ziva rollte mit den Augen. Da kündigten sich Kopfschmerzen an.
 

Die Kopfschmerzen waren da.

Es war nur eine kurze Ohnmacht gewesen, in die sie gefallen war, aber als die Rettungskapsel auf und ab ruckelte, wie auf einer Buckelpiste, da war sie wieder aufgewacht. Um sie herum war es laut. Das wunderte sie nicht, vermutlich rasten sie in genau diesem Moment durch die Atmosphäre und da sie mit einer geschätzten Geschwindigkeit von mehr als 1245 km/h unterwegs waren, würden sie gleich die Schallmauer durchbrechen. Das laute Knallen hörte sie in der Rettungskapsel nur gedämpft – dennoch schmerzte es im Kopf der Frau. Mit einem gequälten Gesichtsausdruck warf sie einen Blick zu dem Mann, der neben ihr lag. Er hatte die Augen immer noch geschlossen, atmete schwach und blutete an der Schläfe.

„Cal?“, fragte sie und griff vorsichtig seine Hand, „Cal, wach auf, bitte.“

In diesem Moment gab es erneut einen heftigen Schlag und Agatha stemmte sich gegen die „Decke“ der Kapsel, um sich nicht erneut den Kopf anzuschlagen.

Dann hörte sie ein leises Rauschen, spürte, wie die Kapsel schaukelte und betätigte schnell einen Knopf an der Konsole. Erneut gab es einen lauten Knall und der „Kapseldeckel“ wurde abgesprengt. Agatha Silverbird sah, wo sie gelandet war. Mitten im Anacostia River – das war nicht gut.
 

„Private First Class William Turner? Sie sind verhaftet.”, erklärte Ziva David und nahm die Handschellen aus der dafür vorgesehen Halterung. Langsam trat sie auf ihn zu, als sie das verwirrte Funkeln in den Augen des Mannes wahrnahm.

„Tony“, sagte sie, „geh nicht so nah dran.“

Doch es war zu spät.

Einen Kampfschrei ausstoßend schlug der Mann nach dem Kinn des Italieners.
 

Er hatte es nicht kommen sehen. Vielleicht wurde er auch schon zu alt? Die Faust bemerkte er erst, als sie schon das Kinn berührt hatte und sein Kopf nach hinten gerissen wurde. Die kinetische Energie und natürlich der Fakt, dass Turner einen neuralgischen Punkt getroffen hatte – logisch, der Mann wusste, wie er jemanden ausser Gefecht setzen konnte – riss Tony DiNozzo nach hinten und er landete auf seinem Hosenboden. Er wollte gerade aufstehen, da hörte er einen neuen Kampfschrei, dieses Mal von Ziva. Und von einer Sekunde auf die Andere verwandelte sich die hübsche Frau in einen Wirbelsturm aus Schlägen und Tritten. Er hatte gar keine Gelegenheit, alle Bewegungen zu sehen, die sie machte, aber er wusste – ganz instinktiv – dass sie genau so schnell, wie tödlich waren.
 

Der PFC versuchte zwar, aus der Reichweite der jungen Frau zu entkommen, aber spätestens, um die eigene Achse wirbelte und ihm per spinning heel kick – also eine Drehung um 360 Grad, an die sich ein Tritt gegen die Schläfe des Gegners anschloss - angriff, taumelte er zurück.

Tony rappelte sich auf, griff seine Waffe und richtete sie auf Turner. Dann schaute er zu Ziva: „Wie hast Du das gemacht?“

„Krav Maga.“, sagte sie nur und lächelte ihm zu, „Hab ich bei der israelischen Armee gelernt.“

Dann trat sie langsam auf Turner zu, der gerade wieder zu sich kam.

„Wir wollen Ihnen nichts tun, aber wir müssen Sie festnehmen. Es gibt Beweise, die sich gegen Sie richten.“

„Beweise?“, murmelte der PFC: „Was genau meinen Sie?“
 

„Er ist tot?“

Verdattert blickte der Offizier auf das Foto des Mannes, als sie sich im Verhörzimmer des NCIS befanden. Turner hielt sich das Kinn, das ihm scheinbar immer noch Schmerzen bereitete. Dennoch sprach er mit verblüffender Klarheit die nächsten Worte.

„Wie – seit wann?“

Private First Class William Turner schaute nun mit mehr als nur verdutzter Miene zu Ziva und Tony herüber, in die sich nun auch noch Spuren der Trauer mischten: „Ich… ich gebe zu, ich habe … ich habe ihn nicht unbedingt gemocht, aber… aber an und für sich war … es war eigentlich alles in Ordnung zwischen uns.“

Ziva schaute ihn an und bemerkte – sehr zu ihrer Verwirrung – dass dieser Mann offenbar die Wahrheit sagte. In seinen Augen konnte sie eindeutig lesen, dass er sich fragte, wieso Captain Stone tot war.

„Wir haben seine Leiche heute im Anacostia Park gefunden.“, erklärte Tony und schaute ihn an.

„Hören Sie.“, sagte Turner und blickte erst zum Italiener, dann zu der Frau, die ihn ausgeknocked hatte: „Ich war es nicht, okay?“
 

„Und wie kommen Ihre Fingerabdrücke auf die Waffe?“, fragte in diesem Moment eine beinahe kalte, raue Stimme, die ihren Ursprung direkt an der Tür hatte. Verblüfft drehe sich Turner um und sah einen Mann dort stehen, der einfach nur grau war. Die Haare, der Anzug, es würde ihn nicht überraschen, wenn auch die Haut einen leicht gräulichen Ton angenommen hätte.

„Ah, Gibbs.“, lächelte DiNozzo und schaute zu Turner herüber: „Jetzt wird es ungemütlich. Kleiner Tipp meinerseits – ich würde reden.“

„Ist das so, DiNozzo?“, fragte der Mann und der Angesprochene nickte: „Ja – ich … steh nicht so auf Folter.“

Es war nicht viel, was Gibbs machte, aber das reichte schon. Kurz schauten sich die beiden Männer in die Augen, der Chefermittler machte eine kurze, beinahe minimalistische Bewegung und Tony nickte: „Ich… werde dann mal mit den anderen Verdächtigen reden.“

Damit schaute er zu Ziva: „kommst Du?“

„Natürlich, Tony.“, lächelte sie und trat noch mal auf Turner zu, streichelte ihm sanft und beinahe liebevoll über die Wange, bis hinunter zu der Stelle, an der sie ihn erwischt hatte. Dann verzog sie ihren hübschen Mund beinahe mitleidig und sagte: „Ohhhh. Sie sollten es kühlen.“

Und dann verließ sie den Raum.
 

Irgendwie machte der neben ihr ruhig daliegende Körper ihres Freundes Agatha Sorgen. Das mochte nicht zuletzt daran liegen, dass er aus einer Platzwunde an der Schläfe blutete und sich nicht rührte.

„Cal, bitte, wach auf“, meinte sie und rüttelte ihn, „wir müssen hier verschwinden.“

Keine Reaktion.

Sie seufzte, beugte sich wieder über ihn und brummte in sein Ohr, doch auch darauf folgte kein panisches „HILFE!“-Geschreie.

„Verdammt.“, murmelte die hübsche XO und richtete sich gerade wieder auf, als sie ein tiefes Tuten hörte.

Das Geräusch kam ihr bekannt vor und sie hatte ein ungutes Gefühl. Als sie dann über den Rand der Kapsel lugte, sah sie wie keine 500 Meter vor ihr eines der großen Navy-Schiffe auf sie zukam.

„Oh meine Güte.“, murmelte die hübsche Rothaarige, griff ihren Freund bei der Schulter und schüttelte ihn: „Komm endlich zu dir!“
 

Die eisblauen Augen des Mannes mit den grauen Haaren, der vor ihm saß, schienen ihn zu durchleuchten. Aufgrund einiger Zeitungsberichte über den NCIS hatte PFC Turner schon gewusst, wer der Mann war, der ihn da durch simples Anstarren zu knacken versuchte. Leroy Jethro Gibbs – der Mann, der einem durchgeknallten Scharfschützen ins Visier blickt und auch noch lachte.

Und dieser harte Hund saß nun ihm gegenüber.

Der Private merkte, wie sein Herz schneller zu klopfen begann – schließlich ging die Mär, dass man Gibbs nicht belügen konnte und wenn man ihm einmal ins Blauauge geblickt hatte, waren alle Lügen dem Mann offenbar.

Zugegeben – weder hatte er Captain Stone umgebracht, noch war er sich einer Schuld bewusst, aber der Blick, den der Mann ihm zuwarf, sagte einfach alles.

„Sir, ich…“, setzte Turner an, doch er stoppte, als er den Blick seines Gegenübers wahrnahm.

Mit gewohnter Routine griff Gibbs in die Akte, die vor ihm lag und holte zwei großformatige Fotografien heraus.

Beide zeigten Captain Stone – mit einem Schwert im Brustkorb.

„Ihre Fingerabdrücke sind auf der Waffe.“, sagte Gibbs und starrte ihn an.

Plötzlich merkte der Private, wie sein Mund trocken wurde. Nach aussen hin musste er ein sehr erbärmliches Bild abgeben. Er war unschuldig, er wusste es, er wusste, dass er den Captain nicht umgebracht hatte und trotzdem schaute der Mann ihn an, als wäre er wirklich schuldig.

„Ich… ich war es nicht.“, atmete PFC William Turner kurz aus und schaute zu seinem Verhörpartner herüber. Dieser hatte einen Gesichtsausdruck aufgelegt, der unglaublich schwer zu lesen war. Die Züge des Mannes zeigten gleichzeitig eine solche Vielzahl und ein solches Fehlen an Emotionen, dass Turner beinahe schwindlig wurde.

„Wie kommen Ihre Fingerabdrücke dann auf das Schwert?“

‚Das frage ich mich auch gerade.’, schoss es Turner durch den Kopf und er starrte ratlos zu dem großen Einwegspiegel, hinter dem sicherlich die Frau, die ihn umgehauen hatte, stand und ihn beobachtete.
 

Das Gebäude war wieder mit roten Backsteinen verziert.

Als Tonys Dodge auf dem Parkstreifen hielt und die Tür öffnete, stellte er fest, dass er offenbar seinen „Tag der roten Backsteine“ hatte, denn das Gebäude, in dem sie PFC Turner aufgesucht hatten, war ebenfalls mit roten Backsteinen verziert gewesen. Jetzt, wo er so darüber nachdachte, kam ihm die Frage: „Ist das Headquarter nicht ebenfalls mit roten Backsteinen verklinkert?“

Die sanfte Stimme Zivas, die erneut dieses Lied vor sich hinsummte, was er irgendwo schon mal gehört hatte, aber nicht ganz zuordnen konnte, riss ihn aus seinen Gedanken. Sie war gerade aus dem Erdgeschoss zurückgekommen, denn sie hatte, als er sie dort abgesetzt hatte, um noch mal eine Runde zu drehen und einen Parkplatz zu suchen, schon mit dem Rezeptionisten gesprochen: „Matthew Troi und Andrew Riker wohnen im dritten Stock.

Riker im Appartement 35, Troi ist sein Nachbar, er wohnt in der 36.“

Tony lächelte: „Nun, dann besuchen wir die Beiden doch mal.“

Damit verließ schloss er sein Fahrzeug ab und folgte der hübschen Frau in das Gebäude, immer noch hörend, wie sie dieses Lied, was ihm bekannt vorkam, summte. Aus irgendeinem Grund schaute er noch mal auf die Gebäudefront. Sie war rot.
 

Rot.

Inzwischen wies Cals linke Wange eine sehr starke Rottönung auf, was von der dritten oder vierten Ohrfeige herrührte, die Agatha ihrem Freund gerade verabreicht hatte. Das Schiff war inzwischen verdammt nahe gekommen, sie musste nicht mal mehr über den Kapselrand blicken, um den auf sie zukommenden Bug des Schiffes sehen zu können, der das Wasser vor ihm verdrängte, um zu gewährleisten, dass das Schiff sich fortbewegte.

„Verdammt, Cal, wach endlich auf!“

Erneut holte sie aus, da streckte der Mann plötzlich seinen Arm aus, hielt ihre Hand fest und ihre grünen Augen starrten verblüfft in seine Braunen.

„Was ist denn los?“, fragte er benommen und zuckte zusammen, als plötzlich, direkt hinter ihm, ein verdammt lautes Tuten ertönte.

Dann griff etwas die Kapsel und hob sie an und wischte sie beiseite. Agatha packte seine Hand, küsste ihn noch mal und sprang dann, mit ihm aus der Kapsel.

Beide schlugen im Wasser auf, sie begann automatisch in langen, grazilen Bewegungen zu schwimmen, als ihr einfiel, dass Cal es nicht so sehr mit dem nassen Element hatte. Seine Schwimmfähigkeit war mit „bleierne Ente“ noch extrem euphemistisch umschrieben und so wunderte es sie nicht, dass der Mann plötzlich wie ein Stein sank. Sie holte tief Luft, tauchte, griff nach der Hand, die er ihr entgegenstreckte, bevor er – mal wieder – komplett erschlaffte. Sie umschlang seine Hand, zog ihn hoch und stellte fest, dass sie mit ihm noch mal über seine Essgewohnheiten reden sollte. Zwar war man im Wasser ein wenig leichter, wenn man sich treiben lies, aber selbst unter diesen Vorzeichen war Cal einfach nur schwer. Mit schnellen, harten Stößen schwamm sie zum Ufer, den bewusstlosen – und somit noch schwereren – Körper im Seemannsfesselschleppgriff auf dem Rücken neben sich herbewegend.
 

Als sie das Ufer erreicht hatten, überstreckte die hübsche Frau seinen Kopf, um ihm Luft einzugeben, was auch gelang. Ein Husten lies sie erleichtert zu ihrem Freund blicken, der gerade zu sich kam. „Was…“, lallte er und griff dann nach ihr, als sie gegen ihn sank. Das Adrenalin, das sie beflügelt hatte, diese Aktion durchzuführen, hatte sie, verlassen, ebenso die Anspannung und sie fühlte sich einfach nur matt. Sie lächelte ihm zu, als er sie auffing, kuschelte sich an ihn und schaute ihn dann an: „Das nächste Mal nehmen wir den Transporter.“
 

Im NCIS-Hauptquartier saß gerade Laura McConnaugh und schaute den sie verhörenden Agenten Timothy McGee ein wenig verblüfft an.

„Sie haben die Leiche gefunden?“, fragte er und McConnaugh hatte keine Ahnung, wie sie auf diese Frage reagieren sollte. Sie räusperte sich, schaute dem Agenten in die Augen und sagte wahrheitsgemäß: „Ja, das ist richtig.“

„Können Sie mir genau erzählen, wie sie die Leiche gefunden haben?“

McConnaughs Blick veränderte sich – Tim merkte, das ihr diese Frage sehr nah ging, aber es gab keine Alternative.

„Ich… er war mir den ganzen Tag schon suspekt.“

„Captain Stone?“

„Ja.“

„Was genau meinen Sie mit Suspekt?“

McConnaugh wiegte den Kopf hin und her: „Nun, ich kann es nicht so genau sagen. Er … ach wissen Sie, ich habe jede seiner Schrullen erkannt… es war eigentlich immer das selbe. Nehmen wir an, er hätte schlechte Laune gehabt – dann wäre er kurz angebunden gewesen, extrem launisch und nicht unbedingt freundlich. Je besser seine Laune, desto freundlicher und wärmer wurde sein Lächeln und desto länger wurden seine Sätze. Aber… hier – es war anders. Stone … also der Captain… er kam rein, sprach kurze, knappe Sätze, aber seine Freundlichkeit wirkte nicht aufgesetzt oder so, wissen Sie? Ich… ich weiß auch nicht, es war als… als wäre seine Identität um 180 ° gedreht worden.“

McGee legte den Kopf schief und – er wusste nicht wieso, aber ihm schoss eine Erinnerung durch das Kleinhirn.

„Der Mann heißt Buzz Intrupper. Er ist Wissenschaftler gewesen… Cleveres Kerlchen. Entwickelte so was wie Intelligente Masken.

Woher hatte der Agent diese Erinnerung? Wieso erinnerte er sich an diesen Satz? Er wusste es nicht, aber er hörte danach in seinem Geist eine weitere Erklärung: „Stellt euch eine Karnevalsmaske vor, die mit eurem Kopf verbunden ist. Ihr denkt an ein Gesicht und automatisch verwandelt sich die Maske in das Gesicht, das ihr euch vorgestellt habt. Ihr wollt aussehen wie Michael Wheatherly in ‚Dark Angel’? Kein Problem. Ihr wollt die Lippen von Angelina Jolie haben? Auch kein Thema. Der Geheimdienst hatte ihn … unter Vertrag.“

„Als… ob man die Identität des Captains um 180 ° gedreht hätte?“, wiederholte der Agent und schaute die junge Frau an, die ernst und bestimmt nickte.

„Können Sie das konkretisieren?“, fragte der junge Mann und augenblicklich beugte sich die Frau vor: „Sie… vermutlich halten Sie mich für verrückt, aber… der Captain war zwar freundlich – nach aussen hin – aber es war… irgendwie… irgendwie fühlte sich seine Aura kalt an.“

„Seine Aura?“

McGee hob überrascht die Augenbrauen, runzelte die Stirn und legte den Kopf schief, als die Petty Officer nickte: „Ja…ich… ich habe nie wirklich daran geglaubt, wissen Sie? Meine Mutter, sie… sie hatte das zweite Gesicht und ich habe das Gefühl gehabt, dass …“
 

„Ich war ein wenig … unterwegs.“, erklärte er, ging an ihr vorbei zu seinem Büro, während sie ein wenig unintelligent dreinblickend in der Tür stand und sich zu ihm umdrehte.

„Sie waren unterwegs, Sir?“, fragte sie verblüfft, „Knappe zwei Stunden waren Sie unterwegs, ohne bescheid zu geben?“

Stone wandte sich ihr zu – milder Spott funkelte in seinen Augen: „Habe ich irgendwo Ihre Ernennung zu meinem Kindermädchen verpasst?“

In diesem Moment merkte McConnaugh, dass sie nicht nur einen, sondern gleich zwei bis drei Schritte zu weit gegangen war, und nicht nur gegangen, sie war diese drei Schritte gesprungen.

„Natürlich nicht, Sir, es tut mir leid. Ich…“, setzte sie an und Stone lächelte nur: „Ist doch kein Thema. Was gibt es Neues für mich?“

„Nun, Sir“, jetzt war McConnaugh in ihrem Element, „Um 13 Uhr sind Sie mit dem SECNAV zum Mittagessen verabredet, 14 Uhr sollen Sie einen Lehrgang an der Academy abhalten und um 15 Uhr…“

„Bin ich hier weg.“, sagte Stone und schaute sie an, „Ich hab heute noch genug Anderes zu tun.“

DAS war wirklich ein Novum. Normalerweise war Thaddeus Stone ein Musterbeispiel an Pedanterie, nahm jeden Termin beim Wort und beim verabredeten Zeitpunkt, blieb länger, wenn die Arbeit liegengeblieben war, nahm jede, noch so kleine, Gelegenheit war, auf Fortbildungen zu gehen… und eben jener Thaddeus Stone stand nun vor ihr und behauptete tatsächlich, dass er noch Anderes zu tun hätte und eben nicht länger bleiben würde, als unbedingt notwendig – schlimmer noch, er ging einfach so.
 

Im Psychologiekurs an ihrer High School hatte sie gelernt, dass wenn jemand einen solch starken Charakterwandel durchmacht, dass er seine vertrauten Gewohnheitsmuster ablegte und sich Neue zulegte, eine gewisse Krise von dieser Person durchlebt wird - zumindest wäre dies eine Möglichkeit, diesen Wandel zu erklären.

Was mochte Captain Stone auf der Seele liegen, das er sich so verhielt? Gab es zu Hause Streit? Was beschäftigte ihren Boss?

Es war eine Frage, mit der sie sich noch einige Stunden beschäftigte, doch um 15 Uhr, als Stone ging, drehte er sich zu ihr um und lächelte ihr zu: „Wissen Sie was? Machen Sie heute auch eher Feierabend. Der Yard ist auch morgen noch da.“


 

Die hübsche Frau schaute McGee an: „Haben Sie eine Ahnung, wie merkwürdig sich das anfühlte? Den Boss zu hören, wie er sich so komplett out of character benahm, wie wir Fanfiction-Autoren sagen?“

Tim schaute sie überrascht an.

„Sie schreiben auch?“, entfuhr es ihm und in diesem Moment biss er sich schon wieder auf die Lippen. Es war ja letztendlich die Sache McConnaughs, ob sie schrieb, oder nicht – aber die Vorstellung, dass diese hübsche Frau ebenfalls eine literarische Ader hatte, ließ sie noch interessanter wirken. Dabei tat sie das ohnehin schon. Sie war hübsch. Er würde natürlich niemals so unbesonnen sein, sie einfach so um ein Date zu bitten – dafür war er zu gut erzogen und sie hatte sehr wahrscheinlich anderes zu tun, als sich mit Agenten des NCIS zu verabreden, aber… es war auf jeden Fall eine interessante Sache.

Und als sie ihn anblickte, lächelte und fragte: „Ach, Sie auch?“ war er kurz davor, ihr zu offenbaren, das er – Timothy McGee der Autor Thom E. Gemcity war.

Aber vielleicht mochte sie diese Art der Literatur ja auch nicht.

„Ja.“, sagte er knapp und merkte, wie sein Herz schneller schlug, als ihr Lächeln eine Spur breiter wurde: „Wirklich? Dann könnten wir uns ja mal treffen und Geschichten austauschen? Ich schreibe auf storiesforfree.org – wenn Sie nach „AntoinetteDubois“ suchen, finden sie mich.“

„Moment mal.“, fragte er, merkte, wie er sich elektrisiert fühlte: „Sie sind aber nicht die AntoinetteDubois, die Doctor 11 und Rose Tyler zusammenpairt, oder?“

McConnaugh nickte, ihr Lächeln wurde eine Spur unsicherer und schüchterner, als McGee zu Boden blickte: „Ich… habe auch ein paar Geschichten dort veröffentlicht – und sogar einige von Ihnen kommentiert.“

„Jetzt sagen Sie nicht, dass sie „DracoMalfoymustdie“ sind.“, sagte sie, leise, sanft, rauchig und als McGee den Kopf schüttelte lachte sie leise.

„Wir reden später darüber, wer ich auch storiesforfree.org bin. Zuerst einmal müssen wir uns um Ihre Aussage kümmern.“, erklärte McGee plötzlich und der Gesichtsausdruck von McConnaugh änderte sich.

Sie seufzte und schaute ihn an: „Wie schon gesagt, er benahm sich ein wenig merkwürdig – aber ich hätte nie gedacht, dass ich ihn dann als Leiche wieder sehe.“

Tim nickte ernst, nahm die Aussage zu Protokoll und schaute ihr in die Augen.

„Alain.“, sagte er dann und sie runzelte verwirrt die Stirn: „Bitte?“

„Ich… ich bin Alain. Auf storiesforfree.“
 

Die Kälte kroch durch ihre Glieder, als sie die Augen öffnete und wieder zu Bewusstsein kam. Ein Blick nach oben überzeuge sie, dass der Himmel über Washington sich gerade in ein wunderschönes Abendrot tauchte. Über ihr waren schon die ersten Sterne zu sehen und sie musste gar nicht lange überlegen, welchen Stern sie da über sich sah.

Anhand der Rektaszension und der Deklination konnte sie errechnen, dass dies nur Bajor sein konnte. Es würde noch hunderte von Jahren dauern, bis die Bajoraner durch die Hölle der cardassianischen Besatzung gingen und Agatha hoffte, dass gerade jetzt, zu diesem Zeitpunkt auf Bajor das geschah, was das Leben schützenswert machte. Ihre Hand glitt über die braunen, leicht wirren Haare des bewusstlosen Mannes neben ihr und sie glaubte sehen zu können, wie er trotz der Bewusstlosigkeit lächelte.

„Cal?“, versuchte sie ihn anzusprechen, ein Versuch, der auf fruchtlosen Boden fiel. Der Mann, ihr Captain, ihr Geliebter, ihr Freund, blieb bewusstlos.

‚Wen wundert es?’, schoss es Agatha durch den Kopf, ‚Wir haben ja gerade einiges durchgemacht.’

Erneut rüttelte sie ihn, dieses Mal machte er ein protestierendes Geräusch, öffnete dann aber müde die Augen und schaute seine XO an: „Was ist?“

„Schatz, meinst Du nicht auch, dass wir hier ein wenig… ich weiß auch nicht… sehr exponiert liegen könnten?“

Cal blinzelte: „Nein, Schatz.“

Die schönen grünen Augen der jungen Frau wirkten plötzlich ein wenig verblüfft: „Du… du weißt, was ‚exponiert’ heißt?“

„Klar. ‚Gut einsehbar’, ‚freiliegend’. Hast Du gedacht, ich sage ‚Hä? Expowat?’. Ich bitte dich, ein bisschen hab ich auch aufgepasst.“, sagte der Captain der Dragonfly und seine braunen Augen funkelten amüsiert: „Aber, du hast natürlich recht. Wie wär es, wenn wir uns ein bisschen mehr ins landesinnere verziehen würden`?“

„Hast Du auch schon eine Idee, wohin?“

„Klar.“, grinste der Captain, „wir besuchen jemanden.“

„Aber nicht Sam, oder?“

„Nein, keine Sorge. Du wirst sie auch mögen. Was hältst Du davon, wenn wir bei TAS Frau aufschlagen?“
 

Die hübsche Rothaarige riss überrascht die Augen auf.

Funken sprühten aus der Brust des Mannes.

Funken sprühten aus der Brust des Mannes.
 

„Du willst Captain Stones Frau einen Besuch abstatten?“

Die samtweiche Stimme Agatha Silverbirds klang extrem ungläubig. Dann schaute sie den grinsenden Mann an und merkte, wie ihr Herz schneller schlug. Dieses jungenhafte Lächeln war das, was sie an Äußerlichkeiten an ihm liebte.

Als er sich dann zu Wort meldete, sorglos mit den Schultern zuckte und mit einem „Warum nicht?“ die Hände hinter dem Rücken verschränkte, wusste sie, dass es mal wieder eine der Phasen war, die man bei Cal einfach akzeptieren musste. So war er einfach. Zwar war es ein wenig nervig, dass er so sein konnte, aber… sie hatte gelernt, sich damit zu arrangieren. Es gab beim Captain eben die „Ich will mit dem Kopf durch die Wand“-Phase und damit musste sie sich abfinden. Zumal Cal traditionell nicht nur durch eine, sondern gleich durch eine ganze Armada von Wänden brechen wollte. Und wo keine Probleme waren, schaffte es der Captain in der Regel, sich noch mehr zu machen, als eigentlich notwendig.

Aber – nun gut, das war etwas, womit man im Laufe der Jahre gelernt hatte, umzugehen. Also schaute sie ihn an, verschränkte die Arme vor der Brust und legte den Kopf schief, sodass ihre roten, langen Haare die rechte Schulter kaskadengleich herunterfielen.

„Cal, die Frau hat gerade erst ihren Mann verloren. Ich halte es für keine gute Idee, bei ihr aufzuschlagen.“

„Aber, Schatz, der NCIS wird sie sowieso verhören und da müssen wir vorher vorbeischauen und sie – vorbereiten.“

Die Frau schaute ihn an: „Und was genau hast Du vor?“

„Das wirst Du dann sehen.“, sagte Cal und stockte.

Agatha schaute ihn an: „Darling, was ist los?“

„Ich weiß nicht.“, erwiderte der Captain, „Ich habe nur das Gefühl, das ich beobachtet werde.“

„Du spinnst.“, sagte sie und legte ihm die Hand auf die Schulter, „Wer sollte uns hier beobachten?“

„Naja, jeder der zwei gesunde Augen sein Eigen nennt und unseren Köpper vom 10-Kilometer-Brett in einer Rettungskapsel beobachtet hat.“, grinste der Captain schief und schaute sich um. Die grünen Augen seiner Freundin widmeten sich ebenfalls kurz dem Terrain, dann fokussierte sie sich wieder auf ihn und er fühlte sich wie von ihr hypnotisiert.

„Sch… Schatz, du machst mich unsicher. Könntest Du bitte wo anders hingucken?“

Agatha grinste. Was keiner von beiden ahnen konnte, war, dass der Captain Recht hatte. Von dem anderen Ufer des Anacostia Rivers, genauer gesagt aus Sektion C aus, wurden Captain und XO tatsächlich beobachtet. Dort kniete, mit seinem Scharfschützengewehr im Anschlag und Blick durch das Zielfernrohr, Ari Haswari.
 

Private First Class Riker sah die hübsche Frau ein wenig verdattert an, ehe er einen Schritt zur Seite trat. „Bitte, bitte“, sagte er und versuchte, seine Gestalt ein wenig imposanter zu machen. Ziva seufzte. Eigentlich passierte ihr das recht häufig, dass die Männer versuchten, in ihrer Umgebung ein wenig interessanter zu wirken, als sie es eigentlich waren. So auch hier und es wunderte sie nicht. Irgendwie waren Männer recht einfache Geschöpfe. Da brauchte man nur mal zu blinzeln oder nur mal an der richtigen Stelle die Stimme ein wenig rauchig werden zu lassen – schon war es um den armen Kerl geschehen. Und da sagte man, Frauen wären das schwache Geschlecht. Guter Witz.

Als sie Riker ansah, glaubte sie sofort, alles über ihn zu wissen. Das Gesicht so, wie man es für normalerweise als recht ansehnlich erachtete, die Augen eisblau, der Körperbau muskulös – es würde sie nicht wundern, wenn er nicht auch im College dieses Ballspiel gespielt hätte, nachdem man hierzulande so verrückt war. Wie hieß es gleich? Baseball? Oder war es doch eher Rugby? Nein – Rugby hieß es hier nicht. Hier nannte man es Football.
 

Vermutlich war der Mann, der vor ihr stand der geborene – wie hieß es gleich? Halfback? Thirdback?

Nein, sie würde ihren Partner, Tony, nicht fragen – nicht nachdem er sie heute schon ein paar Mal versucht hatte, auf den Arm zu nehmen. Aber es hatte sie eigentlich gar nicht großartig verblüfft – schließlich hätte sie von Tony nichts Anderes erwarten können.

Sie hätte ihm nie erzählen dürfen, was ihr Verdacht war – und ausserdem gab es keine Außerirdischen. Nichtsdestotrotz – der Gedanke, dass es so etwas wie Außerirdische gäbe, der Gedanke, dass diese Wesen existierten… das war unheimlich.
 

Es war unheimlich, wie sich Ziva in den letzten Stunden verhielt. Tony hatte, schon als sie bei PFC Riker geklopft hatte, festgestellt, dass sie absolut nicht bei der Sache war. Das hatte doch wohl nichts mit der kleinen Neckerei zu tun, die er sich mit ihr erlaubt hatte – denn das hatte sie ihm ja auf Dollar und Cent zurückgezahlt. Zugegeben: Das Sprichwort hieß „Ich zahle es Dir auf Heller und Pfennig zurück.“.

Dieses Sprichwort hatte Tony vor knapp vier Jahren gehört, als er auf der Sicherheitskonferenz in Düsseldorf / Deutschland weilte. Da hatte er drei Freunde beobachtet, die sich unterhalten hatten. Einer von ihnen, ein knapp 24-jähriger Mann hatte sich ein paar Euro geliehen und gesagt: „Anna, das zahle ich dir auf Euro und Cent zurück.“

‚Anna’, eine hübsche Blonde, hatte die Augen gerollt und der dritte, ein Mann von knapp 2 Metern hatte gelacht: „Peter, das heißt ‚Auf Heller und Pfennig zurückzahlen’!“

„Ja“, hatte der Angesprochene gegrinst, „Aber wo zahlt man heute noch in Heller und Pfennig?“

Die Szenerie mit der Alien-Invasion im NCIS-Hauptquartier, das war ein gelungener Streich. Und warum Ziva sich nun so verhielt, verstand er nicht.
 

Doch der Fakt, dass dieser Typ, PFC Riker Ziva so eindeutig ansah, ließ seinen Blutdruck kochen. Eingebildeter Affe. Hatte er keine Freundin, musste er sich ausgerechnet seine…

Tony schüttelte den Kopf. Das war doch albern, was ihm da gerade durch den Kopf ging. Klar – er empfand Ziva nicht nur als süß, sondern auch als ziemlich sexy, aber er würde es sich niemals einbilden so deutlich mit ihr darüber zu reden. Warum nicht? Ganz einfach – sie würde es, ohne mit der Wimper zu zucken, gegen ihn einsetzen, genau so wie sie seinen Alien-Scherz gegen ihn eingesetzt hatte. Nein, nein, so fing er mal gar nicht erst an.

Stattdessen beschränkte er sich darauf, dem PFC einen bitterbösen Blick zuzuwerfen und, in seiner bekannten, ihm sehr eigenen Art, das Gespräch an sich zu ziehen.
 

Grau.

Die Augen der Frau waren tatsächlich grau – oder zumindest blau, mit einer Spur ins Gräuliche. Offenbar war heute ihr legerer Tag, denn als Tony an der Wohnungstür von PFC Troi geklopft hatte, stand ihm ein blonder, fleischgewordener Männertraum gegenüber, der in ziemlich wenig die Tür aufmachte. Die Bauchmuskeln waren durch das verschwitzte Tank-Top deutlich zu erkennen. Lächelnd betrachtete Tony die Kurven der Frau, ehe er sich direkt an sie wandte. „Sie sehen nicht wie ein Matthew aus.“, sagte er und schaute die Frau an, die sanft lachte und den Kopf schüttelte. „Nein, ich bin Diana Troi – Matthew ist mein Mann. Was wollen Sie von ihm?“

Damit ließ Tony die ID-Marke aufschnappen und Diana holte erschrocken Luft.

„NCIS?“, fragte sie und schaute den Italiener aus grauen Augen sorgenvoll an: „Ist… ist meinem Mann etwas zugestoßen?“
 

Sowohl das Gespräch mit Riker, als auch das mit Troi, das eine vorher, das andere nachher geführt, war nicht sonderlich ergiebig. Beide konnten sich nicht erinnern je den Bastardhänder gesehen zu haben, mit dem Stone umgebracht worden war, beide wussten nicht, warum man ihnen, oder Turner etwas anhängen wollte, kurz – man war nicht klüger als vorher. Irgendwie nervte es Tony allerdings nicht so sehr, wie er gedacht hatte, dass es ihn nerven würde.
 

Warum eigentlich nicht?

Sollte es tatsächlich an seiner Begleitung, der atemberaubenden Ziva David, liegen? Nein, das… wenn er sich überlegte, dass sie vor ein paar Monaten noch mit Ray zusammengewesen war… er konnte bei ihr keine Wunden aufreißen. Das schickte sich einfach nicht.

So gern er sich … er spürte, wie ihre Nähe ihn angenehm beeinflusste und wollte sich dem hingeben, aber er erachtete es wegen der aktuellen Situation als einfach nicht schicklich.

Und wenn er wollte, konnte er tatsächlich so was wie ein Gentleman sein.
 

Wenn er wollte, und sich die Situation anbot, konnte Leroy Jethro Gibbs ein Gentleman sein. Bei einer Situation, die sich wie folgt darstellte, war er es gerne. Ein Boot, offene See, eine hübsche Frau mit langen, roten Haaren – da war er versucht, den Gentleman zu geben, der er als Navy-Offizier sowieso war. Doch die Situation war anders gelagert. Er war in einem Verhörraum, ihm gegenüber saß ein Mann und er versuchte, einen Mord aufzuklären. Also gab Gibbs dem zweiten B in seinem Namen, das, wie er selbst gerne sagte, vom Begriff „Bastard“ kam, die Gelegenheit, sich zu entfalten.

„Reden Sie!“, zischte er zu dem inzwischen ein wenig verunsichert dreinblickenden PFC William Turner. Noch vor ein paar Minuten war der Mann extrem selbstsicher gewesen und hatte Tony angegriffen – das war auch schon mal ein Grund, weswegen Gibbs seinem inneren Bastard Freilauf gönnen wollte.

Ein weiterer Grund war der Fakt, dass er dem Direktor Resultate liefern musste – Resultate liefern wollte. Auf dem Navy Yard – beziehungsweise in der Nähe – hatte es einen Mord gegeben, das konnte er nicht auf sich sitzen lassen.

Auch wenn er wusste, dass er nicht Superman, nicht Allmächtig war und nicht überall gleichzeitig sein konnte, hatte er das Gefühl, versagt zu haben.
 

‚Verdammt’, schoss es dem Grauhaarigen durch den Kopf, als Turner ihn verunsichert anblickte: ‚Ich muss ihn versuchen, zu kriegen.’

Und um dieses Ziel zu erreichen zog der Mann in dem grauen Sakko wirklich alle Register. Die grauen Augen fixierten Turner, ehe Gibbs die Stimme erneut erhob, auf die Fotos von Stone deutend: „Dieser Mann ist in direkter Umgebung des Navy Yard ermordet worden. Meine Forensikerin sagt, an der Tatwaffe sind Ihre Fingerabdrücke. Nun reden sie, wie kommen die da hin?“

Turner stockte, schaute auf die Fotos der Leiche und schluckte dann.

„Ich… weiß es nicht.“, sagte er dann und suchte den direkten Blickkontakt der Ermittlerlegende. Als die eisblauen Augen Gibbs seinen Blick trafen, erkannte er, dass der Andere die Wahrheit sagte.

William Turner hatte tatsächlich keine Ahnung, wie genau Captain Stone ermordet wurde. Also konnte es nur einer der beiden anderen gewesen sein.

„Kennen Sie die PFCs Riker und Troi?“, fragte Gibbs daher und Turner nickte.

„Wir… Rikers Frau und unsere beiden Freundinnen trainieren zusammen. Wir haben uns mal zum Grillen getroffen… so’n Zeug halt.“

„Und warum denkt dann jemand, dass Sie der ideale Sündenbock für den Mord an Stone wären?“

Turner schwieg, schaute zu der Kamera, versuchte, sich darauf zu konzentrieren, nichts zu sagen.

„Turner.“, sagte Gibbs plötzlich, mit einem Tonfall, der dem PFC nicht geheuer war, „Marines lügen nicht.“

Der Mann schluckte, schaute zu Gibbs und beugte sich dann vor.

„Wir… Wir sind mit dem Wagen rumgefahren – haben den dicken Mann markiert. Dabei is’ dann was passiert. Wir haben ne Dummheit gemacht. Kleinen Unfall – nichts schlimmes, wir sind Stone hinten auf den Wagen draufgefahren. Kleiner Sachschaden, aber…“

Turner brach ab, kurz könnte man meinen, dass etwas wie innere Zerrissenheit von ihm Besitz ergriff, ehe er tief Luft holte und offenbar beschloss, mit der Sprache herauszurücken.

„Stone“, setzte er an und sprach dann schneller, „Stone war… er war angepisst. Ich verstehe schon, weswegen, aber er musste es übertreiben. Er war ein Schleifer – hat uns richtig hart rangenommen, wenn Sie mich verstehen.“

Gibbs schaute ihn ausdruckslos an, nickte dann und sagte, in ebensolchem ausdruckslosen Tonfall: „Und da dachten Sie, sie machen ihn mal einen Kopf kürzer.“

„NEIN!“, sagte Turner eine Spur lauter, als es notwendig gewesen wäre, „wir … wir haben nichts …“

Nun wurde der Mann leiser und blickte zu Boden: „Wir … ich … wir haben nichts getan. Ehrlich nich’.“

„Marines lügen nicht.“, sagte Gibbs noch mal und Turners Kopf ruckte hoch: „Das ist keine Lüge.“
 

„Und was sagst Du zu der Sache?“, fragte der Italiener seine hübsche Begleitung, die nachdenklich den Kopf schief legte, „Ich weiß nicht. Die Indizien sprechen gegen sie und es wäre nicht das erste Mal, dass jemand uns eiskalt angelogen hätte, aber aus irgendeinem Grund glaube ich ihnen.“

Tony war verblüfft: „Wie kommst Du darauf, Zivaaa?“

Erneut ließ er dieses langgezogene A erklingen, dass sie so hasste und an dem frechen Grinsen, das seinen Mund umspielte, ließ sie ahnen, dass er es liebte, sie zu necken.

Sie warf ihm aus ihren dunklen Augen einen wütenden Blick zu, ehe sie beschloss, die Sache zu übergehen.

„Die beiden wirkten ehrlich.“, sagte sie, ging einen Schritt schneller, sodass er nur noch ihre langen, lockigen Haare sehen konnte. Das hatte den weiteren, unschätzbaren Vorteil, dass er nicht sah, dass auch sie lächeln musste.

Eigentlich fand sie ihn ja auch nett und anziehend, aber sie würde nie sagen, dass dem so war. Schließlich hatte sie schon einmal den Fehler gemacht, ihm zu sagen, was sie bewegte und was war das Resultat gewesen? Er hatte sie vor Abby versucht, lächerlich zu machen.

„Oh, Zivaa, du wirst empathisch?“, fragte der Italiener und sie stoppte: „Was heißt hier ‚du wirst’?“

Damit trat sie näher an ihn heran, schaute zu ihm hoch und sagte: „Du magst mich für eine kaltherzige Attentäterin halten, aber ich weiß, wie Menschen kicken.“

„Ticken, Ziva. Nicht kicken. Das ist was Anderes.“, verbesserte Tony sie und die hübsche Frau rollte genervt mit den Augen. „Wie oft…“, setzte sie an, beschloss dann aber, die Frage nicht zuende zu stellen. Sie wusste ohne hin, wie er antworten würde.

Allein schon dieses freche Grinsen, das er gerade auf den Lippen hatte, konnte sie schon wieder in Wut versetzen. Dann küsste er sie.

Was hatte ihn nur bewogen, zu tun, was er gerade tat?

Das fragte sich Agatha Silverbird in dem Moment, in dem der Mann, dem sie gefolgt war, ihr Captain, ihr Kommandant, dieses große Gebäude betreten hatte.

Die XO war verwirrt. Gerade hatte der Captain ihr das Kommunikationsgerät abgenommen, sich selbst ebenfalls des Dings befreit und beide in den Anacostia-River geworfen.

Dann war er losmarschiert.

Sie waren gerade dem Verlauf einer Straße, die ein Schild als New Jersey Avenue SE auswies, gefolgt. Sie mussten dieser Straße – laut ihrem in den Tricorder eingebauten Navigationsgerät – ein paar Kilometer folgen, bis sie in eine weitere Straße abbiegen mussten, um nach ein paar weiteren Kilometern bei Captain Stones Frau auf der Matte zu stehen.

Offenbar war dieser Weg dem Captain zu weit, denn Cal wandte sich plötzlich nach links und sagte zu ihr: „Hast Du Durst?“

Dann betrat er das große Geschäft, das Agatha im ersten Moment nicht als das erkannte, als was ihr Tricorder es auswies. Eine Kaffeerösterei.
 

Seufzend folgte die rothaarige XO ihrem Kommandanten und hatte ihn an der Theke eingeholt. „Was tust Du hier eigentlich?“

Die Stimme einer jungen Blonden in einem adrett-wirkenden Outfit unterbrach die Unterhaltung, bevor sie angefangen hatte: „Bitte sehr, ihre weiße Schokolade mit Sahne.“

Damit stellte sie dem Captain einen durchsichtigen Plastikbecher mit einer milchig-weiß-gelben Flüssigkeit auf den Tresen, ehe sie sich an Agatha wandte: „Und was kann ich Ihnen bringen?“

Die Rothaarige blinzelte verblüfft, öffnete den Mund und wollte etwas sagen, als der Captain ihr dazwischen fuhr: „Sie nimmt einen Kaffee mocca ohne Sahne, mit Milch und Zucker.“

Damit war das Gespräch abgehakt, Cal griff sie bei der Hand und zog sie – nicht so stark, dass es unangenehm wäre, aber stark genug, um sie zu verblüffen – zu einem Sitzplatz, von dem er die Straße im Blick hatte.

Nun war es offiziell: Der Captain verhielt sich paranoid.

So kannte sie ihn gar nicht.

„Was ist los mit dir?“, fragte sie ihn leise. Cal legte beide Hände auf um den Plastikbecher, beugte sich vor und senkte seine Stimme ebenfalls, sodass sie einen verschwörerischen Klang bekam.

„Ist es dir nicht aufgefallen?“, fragte der Kommandant der Dragonfly und Agatha runzelte fragend die Stirn: „Was?“

„Das etwas nich stimmt?“

„Wie bitte?“, fragte die hübsche erste Offizierin. Den Becher abstellend blickte Cal zuerst nach links, dann nach rechts, ehe er sich weiter vorbeugte und ihr schnell einen Kuss stahl.

„Ich weiß, du hältst mich vor bescheuert.“, sagte er dann und verfiel wieder ins Raunen: „Aber – was meinst Du, wie Traceless von der Dragonfly geflohen ist? Ich vermute, er hatte einen Helfer.“

„Ach, erzähl keinen Blödsinn. Das sind deine besten Freunde, wer sollte da auf Tracys Gehaltsliste stehen?“, zischte Agatha ihm zu und zuckte zusammen, als man ihr einen weißen Pappbecher auf den Tisch stellte. Erschrocken legte sie sich die linke Hand auf die Brust und schaute die Kellnerin an. Neben ihr brach Cal in ein leises Lachen aus, das stoppte, als sie ihn böse ansah. Dann sagte der Kommandant: „Tschuldige Schatz, aber… seit wann bist Du so schreckhaft?“

„Und seit wann bist Du so paranoid?“, gab sie zurück.

Das saß.

Der Captain lehnte sich zurück und dachte über ihre Worte nach.
 

Er wusste nicht, was diese Leute gegen sein neues Opfer hatten, er wusste nur, dass er einen Auftrag erhalten hatte und diesen erledigen musste. Danach konnte er sich an Gibbs und seinem Team rächen – inklusive Ziva, die ihn verraten hatte. Warum diese Person auf der Abschussliste seiner Auftraggeber stand, war ihm unverständlich, aber Auftrag war Auftrag.

Ari Haswari konzentrierte sich wieder auf die Stirnpartie seines Ziels, spähte durch das Zielfernrohr und war sich sicher, nicht einmal einen Laserpointer zu benötigen, um es zu treffen. Sein Finger krümmte sich um den Abzug.
 

„Ich bringe Sie zur Tür, Miss McConnaugh.“, sagte der Mann und Laura lächelte sanft: „Ich heiße Laura.“

Er antwortete, in dem er ebenfalls freundlich, sanft und offen lächelte: „Tim.“

McGee war sich, aus irgendeinem Grund, sicher, dass die Theorie, die man gerne „Cherchez la Femme“, also „sucht die Frau“ nannte, in diesem Fall nicht zutraf. Darauf wiesen verschiedene Zeichen hin – wenn man zum Beispiel beachtete, dass in ihren Augen ehrliches Bedauern über den Tod von Captain Stone zu lesen war, konnte er sich einfach nicht vorstellen, dass sie den stabilen Bastardhänder genommen und ihn Stone in den Rücken gerammt hätte. Nein – sie konnte diese Tat nicht begangen haben.

Als sie den Verhörraum verließen und durch den engen, orange-farbenen Korridor gingen, schaute er zu ihr und lächelte sie an: „Also – Sie schreiben diese verrückten Doktor-Who-Fanfictions, in denen Nummer 11 mit Rose anbandelt?“

„Ich finde, die beiden passen perfekt zu einander. Sie hatte sich ja schon in 10 verliebt.“

„Ja“, setzte McGee das Fachsimpeln an, als sie gerade den Bullpen betraten, „Aber Rose hat doch den Meta-Crisis-Doktor bekommen.“

„Aber das ist doch kein richtiger Timelord.“, widersprach McConnaugh und merkte, wie sie sich in McGees Nähe entspannte, als dieser plötzlich stehen blieb und mit einem verdutzten Gesichtsausdruck in ihre Richtung starrte.

„Was ist?“, fragte sie – doch als sie die Frage gestellt hatte, spürte sie, dass er nicht sie anstarrte, sondern an ihr vorbei.

Sie drehte sich um und ihr Blick fand ein angeschaltetes Computer-Terminal.

„Ich hatte ihn ausgeschaltet.“, erklärte der Bundesbeamte und ging auf den Bildschirm zu, nur um verwundert die Augenbrauen zu heben.

Als Laura neben ihn trat und ihm die Hand auf die Schulter legte, drehte er sich um, starrte sie kurz unverwandt an, taumelte einen Schritt nach hinten und schaute sie dann erneut an: „Ich… Du musst mich kurz entschuldigen. Ich… ich muss zu Gibbs.“

Damit rannte er in Richtung der Verhörräume.

McConnaugh drehte sich um, schaute ihm verblüfft hinterher, hörte ein Geräusch und sah Blitze.
 

„Boss?“, unterbrach McGee den Gedankengang des grauhaarigen Mannes, als er in den Verhörraum kam. Gibbs schlug wütend auf den Tisch, stand auf und starrte seinem Gegenüber mit kaltem Blick in die Augen: „Regel 22, McGee?“

Der Junior-Field-Agent stoppte, überlegte kurz und rezitierte: „Störe Gibbs niemals während eines Verhörs.“

Und in vorauseilendem Gehorsam schlug er sich selbst mit der flachen Hand auf den Hinterkopf.

„’Tschuldige, Boss.“

„Gibt es sonst noch was, McGee?“, fragte der leitende Ermittler in seinem ihm typischen Sprachduktus – inklusive der kleinen Atempause, bevor er jemanden anredete. Sie war nicht lang – maximal eine Millisekunde, wenn es überhaupt messbar war, aber, wenn man wusste, wonach man zu suchen hatte, wusste man, das es da war. Wie man eigentlich immer, bei Sachen, von denen man selbst wusste, dass sie da waren, nur wusste, dass sie da waren, wenn man wusste, wonach man zu suchen hatte.

„Ja.“, setzte der jüngere Agent an und räusperte sich: „Ich… ich habe eine Nachricht auf meinem Rechner gefunden, die mich stutzig machte.“

„Nachricht?“, echote Gibbs und schaute zu McGee herüber, der nickte und hinter sich deutete: „Ich bin mit Laura… also… Petty Officer McConnaugh zum… also ich wollte sie zum Aufzug bringen. Da fiel mir auf, dass mein Computer noch angeschaltet war – dabei hatte ich ihn ausgeschaltet. Und auf dem Monitor stand eine merkwürdige Nachricht. Ich las sie und… erinnerst Du dich an… seltsame Ereignisse?“

Die Ermittlerlegende stockte kurz und schaute den jungen Mann an. Dann schüttelte er den Kopf und ging zur Tür des Verhörraumes.
 

Als Gibbs und McGee den Bullpen betraten, staunte der jüngere Ermittler nicht schlecht.

Laura war verschwunden.

Verblüfft blickte er sich um, sein Mund stand für einige Sekunden offen, ehe er ihn schloss, tief Luft holte und dann zu seinem Chef blickte.

„Ähm, Boss, sie … sie war bis gerade eben noch hier.“

„Und sie ist es immer noch.“, sagte Gibbs, was ihm einen verblüfften Seitenblick von McGee eintrug.

Mit geschultem Blick deutete die Ermittlerlegende auf den Boden vor dem Computer.

Die Flüssigkeit, die er dort sah, die dort den Teppich tränkte, erkannte er im Schlaf.

Blut.

McGee hatte, dass sah der leitende Chefermittler, die Blutspur ebenfalls gesehen, sein Blick folgte der Spur bis zu dem Raumteiler, hinter den er nicht blicken konnte.

Vorsichtig schritt der junge Agent näher, als das Licht ausfiel.

„Verdammt.“, fluchte McGee, trat näher an den Computer heran, las die Zeilen, die auf dem Monitor erschienen waren, erneut. Wie aus weiter Ferne nahm er den Rest war – da war dieser rote Punkt, der an seinem Körper hochwanderte, bis er auf Höhe seines Herzens war. In dem Moment, in dem er verstanden hatte, was los war, hörte er ein raues „Vorsicht“ und spürte einen heftigen Schlag, der ihn zu Boden gehen ließ.

Sein Kopf kollidierte mit der Abtrennung zwischen dem Bullpen, an dem er gestanden hatte, und seinem eigenen und während er fiel, sah er in die leeren, toten Augen McConnaughs.

‚Verdammt’, schoss es ihm durch den Kopf und vor seinem inneren Auge blitze die Nachricht auf, die auf dem Monitor gestanden hatte.
 


 

Tony, Ziva, McGee, Gibbs,

reicht euch das Versteckspielen?

Als amüsant erachte ich es immer noch.

Cal versucht euch zu helfen. Putzig.

Er – der nicht mal in der

Lage ist, sein Raumschiff fehlerfrei zu kommandieren.

Er sollte sich vorsehen – da haben

Schon ganz Andere versucht, mich zu fassen.

Sie sind gestorben.
 


 

Dann schlug er auf und absolute Dunkelheit umfing ihn.
 

Gibbs sah den roten Punkt in dem Moment, in dem sich Tim über den Monitor gebeugt hatte und brauchte zwei, drei Millisekunden um zu realisieren, was da gerade geschehen war.

Verdammt, offenbar wurde er alt – früher hätte er nur Nanosekunden gebraucht. Aber es war deutlich zu erkennen, was dort passierte – jemand zielte mit einem Scharfschützengewehr auf seinen Untergebenen.

Schnell warf er sich vor McGee, verpasste ihm einen Stoß und spürte in dem Moment den Stich in die Schulter. Man musste kein Genie sein, um herauszufinden, was da passiert war. Die Kugel, die eigentlich für McGee bestimmt worden war, hatte ihn getroffen.
 

„Entschuldige, Jethro.“, lächelte der Mann am anderen Ende des Gewehres und stand auf.

Eine gewisse Enttäuschung ergriff von ihm Besitz, denn eigentlich hatte er es sich vorgenommen, Gibbs, den Bastard, erst zum Schluss zu töten.

Aber – gut – auch wenn er eigentlich Perfektionist war, musste man ein paar Kompromisse eingehen. Und warum auch nicht? Die Reihenfolge, in der er seine Beute tötete, war eigentlich egal – nur… er wollte seine Halbschwester ebenso tot sehen. Sie hatte sich mit dem Feind verbündet.

Ari Haswari legte das Gewehr weg, steckte es in die Sporttasche und verließ den Anacostia Park.
 

Cal ließ den Schluck kalter weißer Schokolade durch seine Kehle rinnen und seufzte genüsslich.

„Schatz“, sagte er und seine braunen Augen funkelten lebhaft, „Die in diesem Shop wissen, wie man kalte, weiße Schoki macht. Da kann unser Replikator nicht gegen angehen.“

Er lächelte, lehnte sich zurück und schaute seine Freundin an. Draußen war es dunkel geworden, Regen setzte ein und die Beleuchtung im Shop bestand aus etlichen kleinen LEDs, die angenehm, neutrales Licht erzeugten.

„Lenk nicht vom Thema ab, Liebling.“, grinste Agatha und nahm einen Schluck Kaffee, „Wie kommst Du darauf, dass Traceless einen Kontakt auf der Dragonfly hat?“

„Nicht nur einen, Schatz, da bin ich sicher, nicht nur einen.“

„Aber wie kommst du darauf?“

Der Captain trank erneut einen Schluck, machte einen genießerischen Laut und rollte mit den Augen. „Diese weiße Schokolade…“

„Cal!“, schnitt ihm Agatha das Wort ab – sie spürte, wie die Wut in ihr zu kochen begann: „Du beschuldigst einige deiner besten Freunde, denen Du sonst, ohne jegliches Zögern dein Leben in die Hände legen würdest, Dich zu verraten und gemeinsame Sache mit Traceless zu machen. Da hab ich vier einfache Worte, die ich von dir Hören will: Wie kommst Du darauf?“

Vielleicht war es nur die Beleuchtung, vielleicht waren es wirklich nur diese farbtemperaturneutral-weißen LEDs, auf die man in dieser Zeitperiode so versessen war, das man die Glühlampe verbot, um sie zuerst durch quecksilberhaltige Leuchtmittel zu ersetzen und anschließend mit LED-Lampen aus dem Gebüsch zu kommen, aber – der Captain wirkte plötzlich um etliche Nuancen bleicher.

„Ich“, setzte er an und schaute seiner Freundin in die Augen.

Agatha merkte instinktiv, dass er die Wahrheit sagte – seine Augen waren mit einem Schleier von Tränen benetzt. Kurs schloss er die Augenlider und sofort rannen Tränen seine Wangen herunter.

Von einer Sekunde zur anderen fühlte Agatha sich Elend. Offenbar hatte ihr Freund selbst ein schlechtes Gewissen, seinen Kolleginnen und Kollegen zu misstrauen, und sie rieb noch Salz in die Wunde.

„hey“, machte sie aufmunternd, strich sanft mit ihrer linken Hand über seine Wange und schaute ihn sanft lächelnd an: „Hey, Schatz, es ist alles in Ordnung. Du kannst mit mir reden.“

Die braunen Augen ihres Captain schauten sie plötzlich ganz ernst an – das normalerweise vorhandene, leicht amüsierte Flackern, das eigentlich immer da war, und auch sonst normalerweise allerhöchstens heruntergedimmt war, war aus seinen Augen verschwunden.

„Ich habe … Korrespondenzwechsel gesehen.“, sagte er und Agatha legte den Kopf schief: „Ja, und?“

„Jemand hat mit jemandem auf der Dragonfly gesprochen. Und dieser jemand war Traceless.“

Erneut runzelte Agatha die Stirn: „Und wie kommst Du darauf?“

„Nenn es ein Gefühl. Ich weiß, wenn ich Briefe von Tracy-Boy lese.“

„Und hast Du auch den entsprechenden Empfänger?“

Cal schüttelte den Kopf: „Wenn ich ihn hätte, glaubst Du im ernst, ich würde hier unten rumturnen? Da würde ich doch oben, auf der Draggy, die große Actionheldennummer abziehen, da wäre John McLane doch ein Waisenknabe gegen mich.“

Sie grinste: „Zumindest solange, bis du in die falsche Tür reinstürmst, und von einem unserer weiblichen Crewmitglieder für einen Spanner gehalten und dann verprügelt wirst.“

„hey“, machte der Captain, „das ist bisher einmal vorgekommen.“

„Drei mal.“, korrigierte sie ihn, „Du bist auch mal bei mir reingeplatzt, als ich in Unterwäsche dastand.“

„Sicher, dass das ein Unfall war?“, fragte er mit einem hintergründigen Grinsen und trank einen Schluck weiße Schokolade. Und gerade als Agatha ihm die entsprechende Antwort geben wollte, ertönte ein lauter Knall.
 

Zusammenzuckend stieß der wackere Captain gegen seinen Becher mit weißer Schokolade, die sich über den Tisch ergoss.

„Frak!“, fluchte er. Dies brachte seine XO dazu, lauthals und hell zu lachen.

Voller Verblüffung schaute der Captain zu Agatha herüber, die, immer noch grinsend, sagte: „Cal, mein Schatz? Das ist lediglich ein Gewitter.“

Die Flecken von seiner Hose wischend, schaute der Offizier zum Fenster, an dem, von jetzt auf gleich, ein Wolkenbruch herniederging.
 

Der Regen fiel mit der donnernden Wucht eines Wasserfalls auf die Stadt nieder. Von jetzt auf gleich und so brilliant getimed, als hätte ein Regisseur genau diesen Moment ausgewählt, um sie beide auf die Knochen zu durchnässen.

Wie gut, dass es nur noch ein paar Meter waren, die Ziva und Tony zurückzulegen hatten und ausserdem, wenn er bedachte, das sie ihn zwar anfangs ein wenig merkwürdig angeschaut hatte, er es dann doch geschafft hatte, ihr Pflichtbewusstsein soweit zu mindern, dass sie, statt ins Hauptquartier zu fahren, kurz davor waren, bei ihm in der Wohnung zu landen… es war diesen Preis wert.

Ziva lächelte mit der Wildheit einer Raubkatze zu Tony herüber, griff ihn und zog ihn ganz dicht an sich, um ihn erneut zu küssen.

Mit der linken Hand fingerte der italienisch-stämmige Mitarbeiter des NCIS nach dem Wohnungsschlüssel, während er die hübsche Israelin mit seinem Körper zwischen Haustür und sich selbst festklemmte.

Sie konnte seine Erregung spüren, die von Minute zu Minute zunahm, während er immer noch – ein wenig ungeschickt wirkend – versuchte, den richtigen Schlüssel ausfindig zu machen.

„Nicht so ungeduldig.“, sagte sie mit einer sanften, rauchigen Stimme, „Niemand hetzt uns.“

‚Niemand, ausser Gibbs, der vermutlich in genau diesem Moment mit unserem Bericht rechnet.’, schoss es DiNozzo durch den Kopf, just zu dem Zeitpunkt, als er den richtigen Schlüssel erwischt hatte.

‚Bitte, lass mich vergessen, dass wir eigentlich jetzt zu Gibbs müssten.’, sandte er ein Stoßgebet gen Himmel, als sich Zivas Zunge mit der seinigen ein leidenschaftliches Duell lieferte und – als ob seine Gebete erhört würden – hatte er, in dem Moment, als er den Schlüssel ins Schloss steckte tatsächlich allen Diensteifer vergessen.
 

Wie trunken taumelten die beiden NCIS-Agenten die Treppe zu Zivas Appartement hoch und öffneten die Tür. Die Wohnungseinrichtung ließ gewisse Rückschlüsse auf Zivas Lebensweise zu. Besonders fiel Tony die Präsenz von Bildern auf, was ihn ein wenig überraschte. Fotos von Rivkin, Fotos von Ray, Fotos ihres Vaters – für jemanden, der wusste, dass man seine Lieben dadurch leichter ausfindig machen konnte, ging sie beinahe schon leichtfertig mit diesen Bildern um. Nicht, dass sie sie schlampig behandeln würde – im Gegenteil, sie waren in feinsten Kristallschliffglasbilderrahmen für die Ewigkeit aufbewahrt, oder zumindest solange bis Sonneneinstrahlung und Verfall des Fotopapiers aus dem knackenscharfen Bild ein gelbstichiges Etwas gemacht haben würden - aber der Fakt, dass sie diese Bilder so offen zeigte, verrieten, dass sie diesem neuen Appartement eine Identität geben wollte. Diese neue Wohnung sollte aussagen: „Hier wohnt Ziva David, Tochter von Eli David, Mossad- und NCIS-Agentin.“. Nach Tonys kurzem Blick auf die Inneneinrichtung gelang ihr dies absolut. Dann hatte sie ihn wieder gepackt, ihm einen Kuss auf den Mund gedrückt, der ihm den Atem raubte und ihn ins Schlafzimmer dirigiert.
 

Der Mann mit der Sporttasche – Ari Haswari – schlenderte durch die Straßen Washington D.Cs. Die rotverklinkerten Bauten, die er passierte, interessierten ihn nicht sonderlich, zumal seine Laune sowieso nicht die Beste war. Ja, er hatte Gibbs erschossen, ja, er hatte damit seine Rache bekommen, aber – was nun? Ein Blick in eine Zeitung, die ein Passant vor ihm in den Papierkorb geworfen hatte, hatte ihm den Boden unter den Füßen weggezogen.

27. September 2011? Das konnte nicht stimmen. Er hatte doch allerhöchstens eine Stunde geschlafen, nachdem man ihn von seinem ersten Anschlag auf Gibbs Leben weggeholt hatte. Gut – er wollte ehrlich sein, zumindest sich selbst gegenüber. Wenn man schon nicht zugeben konnte, dass man Kate Todd liebte und sie nur deshalb getötet hatte, damit sie nicht mitbekam, wie ihre Freunde litten und gequält worden wären, dann musste man wenigstens sich selbst gegenüber eingestehen, dass es durchaus eventuell möglich sein könnte, dass die Drogen, die man ihm injiziert hatte, so stark gewesen waren, dass sie ihn einen kompletten Tag ausser Gefecht hätten setzen können. Aber – Jahre?!

Er hätte ja beinahe fünf Jahre schlafen müssen, um …

Nun stockte er, als er einen weiteren Blick in die Zeitung warf. Was war denn da los? Wirtschaftskrise? Die USA und Europa waren beinahe pleite?
 

Nun kam zu der schlechten Laune auch noch Verwirrung: In was für einer Zeit war er gelandet? Unterbewusst hörte er ein protestierendes „HEY!“, dann ein „Fick dich doch, Omma!“ und ein „AU! Verdammt, Du Wichser, das tut weh!“ ehe er mitbekam, was passiert war. Direkt neben ihm hatte ein junger Vertreter der „ich trage meine Hose knapp unter den Kniekehlen“-Generation einer älteren Frau die Handtasche entreißen wollen. Vollkommen geistesungegenwärtig hatte Ari diesem Kind eine Ohrfeige verpasst, worauf hin die ältere Dame dem Kind die Handtasche wieder abnehmen konnte.

„Danke, junger Mann.“, sagte sie und schaute ihn über den Rand der viereckigen Brille an. Ari lächelte schief: „Oh, kein Problem.“

Damit riss er sich in die Gegenwart zurück, bedachte den Jungen mit einem Blick, der nichts anderes als Verachtung aussagte und wandte sich dann an die ältere Frau: „Die jungen Hüpfer sollen nur nicht denken, dass man hier alles machen kann.“

„Wie recht sie doch haben.“, sagte die Frau und machte sich auf den Weg. Der Junge war wieder auf den Beinen und rannte davon, allerdings in die entgegengesetzte Richtung. Vermutlich wollte er zu seinen Kumpels, damit sie ihn, Ari, aufmischten.

‚Kommt nur’, dachte er, ‚erstens stecke ich euch locker in die Tasche und zweitens, selbst wenn nicht – hier hält mich doch eh nichts mehr.’
 

Und damit warf er erneut einen Blick auf die Zeitung, dorthin, wo ihm ein Bild seines Vaters entgegenglotzte, der gerade lächelnd irgendeine Auszeichnung in Empfang nahm. Nicht einmal Eli konnte den Anstand haben, in den letzten Jahren gestorben zu sein.

Seufzend wollte er sich gerade auf den Weg machen, als sein Handy klingelte.

Verblüfft schaute der Mann das Gerät an, ließ es aufschnappen und las eine Nachricht.

„K Street NW, Ecke North Capitol Street, NW. Kommen Sie sofort.”

Verblüfft klappte der Mann aus Israel sein Handy wieder zu und rief sich ein Taxi.
 

Autsch!

Leroy Jethro Gibbs öffnete die Augen, richtete sich auf und tastete nach seiner Schulter. Als Marine hatte er Erfahrung damit, angeschossen zu werden und der Fakt, dass er keinerlei Schmerzen verspürte und keinerlei Blut aus der Schulter troff, ließ ihn stumm den Kopf schütteln. Es war einfach nicht möglich. Dann fiel sein Blick auf den hingestreckten Körper der jungen Frau, der ihn mit leeren, toten Augen anblickte.

Verdammt! , schoss es dem Agenten durch den Kopf, warum musste sie sterben?

Das leise Stöhnen McGees riss ihn aus seinen Gedanken. Schnell war er neben ihm, schaute ihn an, als der Mann sich aufrichtete und nach seinem Kopf tastete.

„Bist Du okay, McGee?“, fragte Gibbs, was Tim dazu brachte, ihn kurz verwundert anzuschauen, zu nicken und dann die Hand auf seine Stirn zu legen: „Autsch. Das gibt eine Beule.“

„McGee, an was erinnerst Du dich?“

Der junge Special Agent schaute seinen Boss verwundert an, legte den Kopf schief und sagte dann: „Nun – Du hast mich geschubst, ich bin mit dem Kopf gegen den Raumteiler geknallt und…“

Er stockte und Gibbs konnte sehen, wie die Gesichtszüge des Mannes eine Metamorphose durchlebten. Keine wirkliche, aber eine Metamorphose der Emotionen. Von ehrlicher Verwirrung, die sich in den Augen spiegelte, mit tief gezogener, gerunzelter Stirn, als denke er über die Frage nach, über einen kurzen Moment der Kontemplation, mit glatter Stirn und klar, fokussierten Augen, die in die Ferne reichten, bis hin zu tiefer Sorge, mit weit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen reichte das Spektrum, das der junge Agent gerade durchlebte.

„Laura.“, atmete er leise und schaute in die Richtung, in der er sie in Erinnerung hatte.

Sein Blick suchte und fand ihren leblosen Körper.

„N… nein.“, machte der Romancier, starrte fassungslos und geschockt zu ihr herüber, als Gibbs plötzlich seine Schulter griff und ihn zu sich umdrehte.

„Schau mich an.“, sagte er leise, doch mit einem befehlenden Unterton, „Schau mich an und konzentriere dich auf deine Wut.“

„B… Boss, wer tut so was?“

Immer noch war Fassungslosigkeit in McGees Blick zu erkennen. Und da er Gibbs gut kannte, konnte er sehen, dass auch an seinem Boss dieser Anblick nicht spurlos vorbeigegangen war.

„Ari“, sagte Gibbs und McGee stockte: „Was? A… aber Ari ist tot.“

„Ich weiß. Aber dennoch – niemand anderes tut so was.“

Dann schaute er zu McGee und – als habe er seine ganze Fassungslosigkeit mit einem Schulterzucken abgetan – übernahm er wieder die Kommandantenrolle: „Ruf Ziva und Tony an. Sie sollen so schnell wie möglich ins Hauptquartier kommen.“
 

Anthony DiNozzo junior war momentan in andere Sachen vertieft. Verloren in dem Blick der braunäugigen israelischen Schönheit, lief er quasi auf Autopilot. Er wusste nicht mehr, wie lange er ihren nackten Körper bewunderte, wie lange er sich ihren Küssen ergab und wie lange die Beiden das absolut Irrationalste taten, das ihnen je in den Sinn gekommen wäre, aber er wusste, dass er nicht wollte, das es endete.

„Du bist so schön.“, seufzte er, während seine Hände über ihren nackten Rücken strichen. Sie schenkte ihm ein umwerfendes Lächeln, zog ihn zu sich und küsste ihn so hart und verlangend, dass er sich ihr hingab. In seinem Geist hatte momentan sowieso nicht unbedingt der rationale Mensch, sondern das Verlangen, der Trieb, das Sagen. Die Übermacht der Sehnsucht, die er in den letzten Jahren nach der Berührung durch diese Frau gehabt hatte, der sensorische Overload, als sich ihre beiden nackten Körper tatsächlich berührten, hätte ihn beinahe vor Freude aufjohlen lassen und als sie sich tatsächlich einander hingaben, war es, als wäre er im Himmel. Dann klingelte das Handy.
 

Das Seufzen Zivas, das die Situation anfangs noch zurückhaltend, dann immer lauter und wolllüstiger untermalt hatte, klang nun frustriert und der Gedanke, der sich in Tony DiNozzos Gehirn als Erster formte war: „Wer auch immer jetzt anruft, er ist des Todes.“

„Es brennt besser der halbe NCIS.“, sagte er, als er einen Blick auf die Anrufer-ID warf und abnahm: „Ja, McInter…net, was gibt es?“

Eigentlich hatte er „McInterruptus“ sagen wollen, aber ein warnend-amüsierter Blick von Ziva hatte ihn abgehalten.

„Tony“, kam die Stimme McGees aus dem Handy und der Italiener fragte sich, ob sie schon immer so quäkend geklungen hatte, oder ob es nur daran lag, dass der Computerexpertenagent es gerade gewagt hatte, ihn mitten in Leidenschaftsbekundungen mit Ziva zu stören.

Die nächsten Worte, die der Mann am anderen Ende sagte, ließen ihn den Boden unter den Füßen verlieren. „Alles klar, wir sind auf dem Weg.“, sagte er mit einer leisen, fast tonlosen Stimme.

Er drehte sich zu Ziva um, die ihn verwundert und besorgt ansah.

„Zieh dich an. Es hat einen Anschlag auf den NCIS gegeben.“

Dann griff er nach seinen Boxershorts, zog sich an – er dachte nicht einmal daran, Ziva dabei zuzusehen, wie sie ihren wunderschönen Körper verhüllte, denn in seinem Kopf klingelte eine ferne Sorge. Er hatte plötzlich eine Szenerie im Kopf.
 

Tony schaute die Rothaarige an: „Gegenfrage – warum sollte sie es tun? Warum sollte die Zeugin lügen?“

Pause.

Sein Gegenüber schaute zur Decke, wiegte abwägend den Kopf hin und her und zog die Stirn kraus. Dann fixierte sie ihn mit einem Blick aus diesen unglaublich grünen Augen: „Vielleicht hatte sie ein Verhältnis mit Captain Stone und hat ihn umgebracht, weil sie verrückt ist?“

Tony runzelte seinerseits die Stirn und schüttelte dann den Kopf: „Ich glaub nicht, dass sie Gaga ist.“

Die Rothaarige grinste: „Das heißt, die Zeugin, die uns gesehen haben will ist nicht Stefani Joanne Angelina Germanotta?“

„Bitte?“, blinzelte Tony überrascht und schaute sie an, ein einziger Ausdruck des Unglaubens, „Bitte wer?“

„Na, Sie sagten doch, die Zeugin, die mich belasten will, ist nicht „Gaga“. Na, wie viele Gagas kennen sie denn? Mir ist nur eine bekannt. Und das ist Stefani Joanne Angelina Germanotta – alias Lady Gaga.“

Der NCIS-Agent starrte sie verblüfft an und schüttelte dann den Kopf. Er wollte gerade etwas erwidern, als plötzlich aus dem Nachbarraum drei Schüsse zu hören waren.

Die Rothaarige schaute entsetzt zu Tony, der starrte entsetzt zurück – im Nu waren beide auf den Beinen und hechteten zur Tür. Eigentlich wollte er noch stehenbleiben und ihr sagen, dass sie nicht mitkommen dürfte, doch da war sie schon bei der Tür, öffnete sie und rannte, mit wehenden roten Haaren zur Quelle der Geräusche. Tony folgte ihr – hoffentlich war Ziva nichts passiert. Was war da wohl geschehen?

Er erreichte die Tür, die Rothaarige stand dort, die Augen entsetzt aufgerissen und er sah auch den Grund. In der Tür lag jemand.

Einen Blick auf die Schuhe werfend stellte er fest, dass es nicht Zivas Dienstschuhe waren – die hatten einen leichten Absatz, diese hier waren flach. Gerade als er die Tür erreicht hatte, merkte er, wie ihm schlecht wurde.
 

Die Leiche vor ihm lag in einer Lache aus Blut, die Augen, die er oft genug gesehen hatte, starrten blick- und leblos in die Ferne und das braune Jackett, das er trug, war blutbesudelt.

Nicht er!“, schoss es Tony durch den Kopf, „ Alles, nur nicht er!“
 

Ziva kniete neben dem Mann, tastete nach seinem Puls, doch Tony war klar, dass die hübschen, braunen Augen der Israelin sich gleich mit Tränen füllen würden, so wie er spürte, dass es seine grünen Augen ebenfalls taten. Hart schluckte er und warf dann einen Blick zu dem Mann, der die Waffe in der Hand hielt und sich gerade vom Boden aufrappelte.

„Ich hoffe, Sie wissen, was Sie da getan haben.“, knurrte er, versuchte, seine Beherrschung zu waren. Der Mann nickte. „Ja, ich habe gerade ihren Mörder umgebracht.“


 

„G… Gibbs“, stammelte DiNozzo plötzlich und Ziva, die gerade ihr Shirt über ihren Oberkörper gezogen hatte, schaute ihn besorgt an: „Ist etwas mit Gibbs passiert?“

Tony schluckte, schüttelte den Kopf und schaute sie dann an: „Ich … ich sah gerade Gibbs vor mir. Er… war tot.“

Das Gesicht der hübschen Israelin war plötzlich nur noch eine Maske des Entsetzens: „Was?“

„Er…“

Weiter kam er nicht. Er sah etwas auf sich zufliegen, hörte ein lautes Pfeiffen und spürte, wie etwas seine Brust traf.
 

Ari war an der ihm genannten Stelle angekommen. Warum man ihn ausgerechnet hier treffen wollte, entzog sich nun wirklich seiner Erkenntnis. Da war eine rotverklinkerte Kirche, von deren Baustil der Israeli nun wirklich keine Ahnung hatte, da war ein großer Platz, der ihn irgendwie an einen Schulhof erinnerte ein modernes, mit Spiegelglasfenstern ausgestattetes Gebäude auf der linken Seite der Capitol Street Northwest, auf der rechten Seite ein Gebäude, das ebenfalls rotverklinkert war und ihn an eine Art Rathaus oder so erinnerte. Warum er sich ausgerechnet hier einfinden sollte, verstand er einfach nicht.
 

Dann hielt der Wagen vor ihm. Ein großer, schwarzer Ford LTD mit schwarz-verspiegelten Fenstern, von dem eines gerade herunterglitt und ein Mann, mit schwarzer Sonnenbrille und schwarzem Anzug zu ihm schaute. „Einsteigen.“

Ari erkannte den Ton – es war ein knapper Befehl, so, wie sein Vater oft zu ihm gesprochen hatte, als er im Mossad als Doppelagent ausgesucht wurde. Und dafür hatte man ihn auf eine Schule geschickt, die ihn zu gebildeter Konversation befähigte. Tse.

Aber, der Attentäter fügte sich seinem Schicksal, öffnete die Tür des Fonds, legte zuerst die Sporttasche in den Wagen und stieg schließlich selbst ein.

Allerdings hatte er nicht viel Zeit, sich mit dem Inneren des Fahrzeuges vertraut zu machen, denn er spürte einen Stich im Nacken und dann nichts mehr.
 

Als Agatha mit Cal das Café verließ, war sie unendlich froh darüber, dass Starfleetuniformen eine doch recht interessante Stoffart verwendeten. Da konnte man einen Tauchgang durch einen See unternehmen, die Haare lagen danach klatschnass am Körper an, die Uniform aber blieb, trotz Nässe, in Form. Weiterhin fror man auch nicht so, da die Uniform irgendwie wärmte. Sie wusste nicht, wie es funktionerte und, wie es so bei den segensreichen Erfindungen der Zeit ist, in der man lebt, wollte sie es nicht wissen. Es sollte einfach funktionieren, das reichte doch. Auch, wenn sie bei Cal einen leichten Funken Enttäuschung in den Augen sah, dass die Uniform sich nicht noch mehr an ihren Körper geschmiegt hatte.

Zwischendurch war der Captain einfach eine kleine Drecksau. Und das meinte sie durchaus positiv, schließlich waren die beiden ja ein Paar. Dennoch musste sie ja nicht alles, was er dachte und sagte tolerieren. Sie wandte sich an Cal und grinste. „Und wo geht es nun hin?“

Mit der Lässigkeit des großen Erforschers griff der Captain nach seinem Tricorder und ließ ihn aufschnappen.

Schon damals auf der Academy hatte Cal Captain Kirk für die Lässigkeit bewundert, mit der dieser den Kommunikator immer hatte aufschnappen lassen. In der modernen Zeit war dieses Kommunikationsgerät allerdings nur noch eine Brosche, auf die man tippen musste, das nahm – so hatte der Captian ihr mal gesagt – dem ganzen Akt des „Kontakt mit dem Schiff aufnehmen“ die komplette Coolness. Aber immerhin konnte er das noch mit dem Tricorder machen – ihn cool aufschnappen lassen. Oder was immer er dafür hielt.

„T.A.S’s Haus ist die Straße 2 Kilometer runter und dann nach links abbiegen, weitere dreihundert Meter und dann noch mal rechts.“

„Und du möchtest den Weg laufen?“, fragte sie verblüfft.

Cal grinste: „Schatz, wat is? Schon ausse Puste?“

Sie schüttelte den Kopf: „Ich nicht – du weißt, ich bin auf der Akademie im Dauerlaufteam gewesen. Ich halte n paar Kilometer Entfernung aus. Du hast dich doch immer um den Sport gedrückt, wo es nur ging. Ich erinnere Dich nur mal an das Schwebebalkendesaster auf der Akademie.“

„Hey, du hast mich aufgefangen.“

„Du bist auf mich gefallen.“, korrigierte sie ihn, grinsend.

„Und dann hast Du mir eine geknallt.“

„Weil Du meintest, ich sei so weich.“

„Bist Du doch auch.“

Sie rollte mit den Augen: „2 Kilometer die Straße runter, ja?“

Und machte sich auf den Weg.
 

Als Ari Haswari die Augen öffnete, lag er auf einem Dach. Hinter ihm stand jemand und sagte Zahlen an.

Verwirrt rieb der Mann aus Israel die Augen und griff dann, in einem einfachen, jahrelang eintrainierten Automatismus, zu dem Gewehrkolben, der vor ihm lag.

Kurz blickte er über seine Schulter und schaute den Mann, der die Zahlen ansagte, an. Es war der Anzugtyp, der ihm befohlen hatte, ins Auto zu steigen.

„Beim nächsten Mal wär es schön, wenn Sie mir sagten…“

„Neuestes Gewehr.“, sagte der Mann im Anzug, in einem gelangweilten, fast schon mechanischen Duktus. Er spähte durch ein Fernglas: „Das sollten Sie sich vielleicht ansehen.“

Damit reichte er den Stecher an Ari weiter.

Dieser nahm das Gerät, blickte durch und verzog angewidert das Gesicht.

Tony DiNozzos nackter Oberkörper war zu sehen und gerade, als er sich fragte, warum er ihn beobachtete, tauchte ein dunkelbrauner Lockenkopf aus den Kissen auf.

Aris Blut gefror.

„Das ist…“, setzte er an und Anzugtyp sagte, in dem selben gelangweilten Sprechrhythmus: „Ihre Halbschwester. Korrekt.“

Ari griff nach dem Gewehrkolben und legte an.

In diesem Moment ließ Tony von Ziva ab, ging zu einem Handy und sprach mit jemandem.

Es war nicht schwer, zu erraten, mit wem.

„Noch nicht.“, sagte Anzugtyp und Ari schaute ihn verblüfft an: „Worauf soll ich noch warten?“

„Drei Sekunden.“

Innerlich zählte Ari bis 23 und drückte ab. Dann beobachtete er verwundert die Wirkung seiner Kugel. Tony wurde getroffen, ja. Aber es war kein Blut zu sehen.
 

Funken sprühten aus der Brust des Mannes.

Ziva beugte sich vor und tastete nach Cals Puls.

„Hast Du sie erreichen können, Mcgee?“, fragte ein ungeduldiger Leroy Jethro Gibbs seinen Untergebenen, der gerade einen traurigen Blick auf die Bahre warf, auf der Petty Officer Laura McConnaugh gerade aus dem NCIS-Hauptquartier getragen wurde.

Er hatte nicht einmal mehr Gelegenheit gehabt, sie näher kennen zu lernen.

Seufzend drehte er sich zu Gibbs um und schüttelte den Kopf: „Es ist so sinnlos, Boss. Ich verstehe es nicht. Warum sollte jemand Laura erschießen wollen? Sie hat doch niemandem etwas getan.“

Die eisblauen Augen Gibbs bohrten sich in seine Seele. Einerseits stand Mitgefühl in ihnen und zum anderen, quasi als Widerspruch, Wut auf ihn. Warum dem so war, bemerkte er erst jetzt. Gibbs hatte ihn etwas gefragt.

„Oh.“, riss er sich in die Jetztzeit zurück, „ Ich… ja, ich habe sie vor knapp 3 Minuten angerufen.“

„Na, dann versuchs nochmal.“

Die Ungeduld in Gibbs Stimme wurde immer deutlicher.
 

„Agatha? Ist es noch weit?“, fragte der Sternenflottenoffizier, was bei der hübschen Frau ein Gefühl, tiefsten, inneren Triumphes auslöste. Ein Lächeln bildete sich auf ihren vollen Lippen und sie wandte sich ihrem Freund und Captain zu: „Ich dachte, Du wolltest die Strecke zu Fuß bewältigen.“

„Ja, aber… ist es noch weit?“

„Eigentlich…“

Weiter kam sie gar nicht, als sie ein vertrautes Geräusch hörte. Ein lautes Fauchen, das sie schon ein paar Jahre nicht mehr vernommen hatte. Unangenehme Erinnerungen stiegen in ihr auf.
 

„Wir können die Position nicht länger halten, Commander!“, schrie die Stimme des älteren Herren, der sein Phasergewehr hob und versuchte, dem Commander Deckungsfeuer zu geben. Dies funktionierte nur suboptimal, denn eine der heranrasenden Entladungen riss ihn von den Beinen und ein weiterer Schuss beendete das Leben des Commanders.

Vollkommen verängstigt kauerten sich das 16-Jährige Mädchen und der apathisch wirkende 17-Jährige Mann in die Ecke, als direkt vor ihnen die Decke herunterkrachte und den Commander, sowie den anderen Offizier, beziehungsweise deren Leichen unter sich begrub.

Es war dunkel und in der 16-jährigen Agatha Silverbird kam der Gedanke hoch, das es das war. Sie spürte, wie ihr Herz raste, als plötzlich der apathische Cal, neben ihr, begann, sich zu regen. „Es… es ist so dunkel hier.“, begann er und Agatha, die die Hand ihres Freundes griff, merkte, dass sie sich kalt und klamm anfühlte. Sie war keine Ärztin, aber sie befürchtete, dass er einen Schock erleiden würde. Mit dieser Vermutung korrespondierten die klamme Haut, und die nächste, sie erschreckende Frage: „Gathy-chan, wo sind wir?“

„Cal“, raunte sie, mit aller ihr zur Verfügung stehenden Ruhe und Gelassenheit – was aufgrund der Situation nicht gerade einfach war - , „Wir sind auf der Starfleet Academy, erinnerst Du dich?“

„J … Ja.“, kam es gedämpft vom Teenager, „Aber, warum ist es so dunkel hier?“

Von draußen waren Schritte zu hören. Breen?

In einer schnellen, geistesgegenwärtigen Reaktion packte Agatha den Kopf Cals und presste ihm die Hand auf den Mund, was dieser durch ein lautes Schreien quittierte. Allerdings wurden diese Schreie durch die Hand auf dem Mund des jungen Mannes gedämpft.

„Wenn Du leben willst, hältst Du die Klappe.“, raunte sie ihm zu und neigte sich zu ihm: „Cal, wir wurden angegriffen. Erinnerst Du dich?“

Er schüttelte den Kopf, wurde unruhiger und der Fakt, dass sie draußen hörte, wie sich immer mehr Polaronengewehre – oder womit auch immer die Breen und Jem’Hadar so feuerten - entluden und die Antwort aus deutlich erkennbaren Föderationsphaserfeuerstößen bestand, lies auch sie mit der Ruhe ringen. Sie hörte die Schreie der Offiziere, die draußen ihr Leben gaben, um die Sternenflottenakademie vor den Invasoren aus dem Gamma-Quadranten zu beschützen und fürchtete, dass es ihnen nicht viel bringen würde. Wenn die Breen einen so starken Überraschungsangriff auf die Sternenflottenakadamie – auf Sektor 001 – auf die Erde – auf den innersten Kern der Föderation starten konnten und ihnen niemand im Weg zu stehen vermochte, dann waren sie wirklich verdammt.

Der immer schwächer werdende Widerstand Cals riss sie aus den Gedanken. Er wehrte sich nicht mehr gegen ihre Hand auf seinem Mund und wenn sie ehrlich war, tat er fast nichts mehr. Sein Kopf sank nach vorne, der Körper schien immer schwerer zu werden und dann sackte er gegen ihre Brust.

Und gerade, als sie ihm dafür eine knallen wollte, bemerkte sie, dass er das Bewusstsein verloren hatte.

„Mein Held.“, murmelte sie. Doch kaum, dass sie diesen Gedanken gefasst hatte, merkte sie, wie auch sie selbst eine nahezu unwiderstehliche Müdigkeit überkam. Das musste entweder der Schock sein, denn sie bezweifelte, dass sie von all diesen Ereignissen um sie herum komplett unbeeindruckt gewesen wäre, oder aber die Sauerstoffausbeute in diesem „Gefängnis“ war nicht gerade die Beste. Sie rollte die Augen, als sie hörte, das draußen das Phaserfeuer nachgelassen hatte. Nun vernahm sie vereinzelte Stimmen.

„Hier ist jemand.“, rief einer, nur um im nächsten Moment die Meldung zu machen, dass dieser jemand tot sei.

„Verdammte Monster.“, hörte Agatha die Stimme eines Mannes, die sie schon häufiger wahrgenommen hatte. William T. Riker.

Vorsichtig ließ sie Cals Kopf in ihren Schoß sinken und hämmerte dann mit beiden Fäusten gegen die Decke: „HIER SIND WIR!“

„Commander.“, erklang von draußen die gedämpfte Stimme einer Frau, „Ich empfange Lebenszeichen hinter dieser Decke.“

„JA!“, schrie Agatha, „WIR SIND HIER!“

„KÖNNEN SIE MICH HÖREN?!“, schrie Riker von draußen, „KLOPFEN SIE EINMAL , WENN SIE UNS HÖREN KÖNNEN!“

„JA!“, schrie Agatha , schaute sich nach etwas um, womit sie gegen die Decke hämmern konnte. Schließlich zog sie eines ihrer langen Beine an und dann den Schuh aus, um damit gegen die Decke zu hämmern.

„Sir, hinter dieser Decke sind die Lieutenants Agatha Silverbird und Calvin Nathan Cat verschüttet.“, erklang die leidenschaftslose Stimme des Androiden, den die Flotte als Data kannte und Agatha merkte, wie ihr, in Hinblick auf die baldige Rettung, Tränen über die Wangen rannen. Dann ergriff die Müdigkeit Besitz von ihr und sie sank in sich zusammen.
 

Sie öffnete die Augen, als sie das Geräusch von Steinen hörte, die gegeneinander rieben. Benommen öffnete sie die Augen und schaute sich um. In diesem Moment verschwand die Decke, die als ganzes herunterklappt war, von schneeweißen Händen getragen. Agatha blinzelte kurz gegen das grelle Licht an und atmete erleichtert aus, als sie die vertrauten Gestalten der Enterprise-E-Crew sah.
 

„Schatz?“, riss die Stimme Cals sie aus ihren Gedanken und sie schaute ihn verblüfft an: „Was?“

„Hast Du das gerade auch gehört?“, fragte ihr CO, die Augen zugekniffen und sie anschauend. Die Commander nickte: „Ja – ich glaube es war ein Phasergewehr.“

„Wer ballert im 21. Jahrhundert mit einem Phasergewehr rum?“, fragte der CO – und schaute sich überrascht um, als er einen lauten, frauenhaften Schrei hörte.

„Wo… kam das her?“, fragte er.
 

Agatha merkte, wie ihr Herz schneller schlug, als sie den Schrei hörte, zuckte zusammen und versuchte, die Quelle des Geräusches ausfindig zu machen. Es konnte nur aus diesem Gebäude kommen, vor dem sie gerade standen. Sie überlegte kurz, tippte Cal auf die Schulter und sagte: „Ich glaube von hier.“

Dann drehte sie sich um, las anhand der Klingelknöpfe, wer dort lebte und merkte, wie ihr übel wurde.

Temporale Paradoxie.

„Oh Gott, bitte nicht. , schoss es ihr durch den Kopf.
 

Es war eigentlich nicht Zivas Naturell zu schreien, doch sie merkte erst, dass er es getan hatte, als er es getan hatte.

Die Angst um den vor ihr ausgestreckten DiNozzo raubte ihr den Atem. Verblüffender weise floss zwar kein Blut aus dem durchtrainierten Körper des Halb-Italieners, aber die Gestalt lag hingestreckt dort und gab kein Lebenszeichen von sich.

„Verdammt.“, fluchte sie, ging neben ihm in die Knie und tastete nach seinem Puls. Er war vorhanden, aber er raste, wie ein ICE auf freier Strecke.

„Verdammt, DiNozzo, tu mir das nicht an.“, knurrte sie und…
 

In diesem Moment krachte die Tür aus den Angeln und mit schussbereit gemachten Waffen standen zwei Personen im Raum. Ein Mann und eine Frau – beide kamen ihr bekannt vor.

„Wer…“, setzte sie an und fand sich im nächsten Moment von ihm angesprungen und auf den Boden gepresst wieder.

„Agatha, Ziel sichern…“

Weiter kam der Mann nicht, in diesem Moment hatte Ziva einen Kampfschrei ausgestoßen und ihr Knie in die Lendenregion des Mannes gestoßen.

Dieser reagierte so, wie sie es von einem Mann vermutet hatte.

Er gab ein „GNNNNGH“ von sich, lies sich von ihr fallen und hielt sich die schmerzende Region.

„Ungh.“, machte er, „Das tat… weh.“
 

Cal rollte sich auf den Rücken, die Hände in in Schutzhaltung auf die nun vor schmerz pochenden Körperteile gelegt und staunte nicht schlecht, als plötzlich die dunklen Augen Ziva Davids – die er eigentlich nur hatte Schützen wollen – mit Amüsement, Schalk und einer Spur Mißbilligung funkelten, während sie die Waffe, die man durchaus auch als Baretta hätte identifizieren können, griff und sie auf ihn richtete.

„Eine Frau einfach so zu Boden zu reißen? Ganz schlechter Stil, Mister.“, sagte sie mit einem Hauch von Spott in der Stimme.
 

Jetzt, wo sie jemanden hatte, an dem sie ihre Agressionen ausleben konnte, war die Sorge um DiNozzo zwar noch vorhanden, aber das Gefühl der Ohnmacht, das sie empfunden hatte, war verschwunden.

Und dann, als sie Cal und Agatha anschaute, grinste sie ironisch.

„Sie sind … dieser Verrückte, oder?“

Cal schluckte.

„Sag mal.“, räusperte er sich dann und wandte sich, obwohl er auf den Lauf der Waffe blickte, an Agatha, „Hast Du ihnen nicht die neue Binford 4600 Amnesiegranate verpasst?“

Die angesprochene Frau lachte: „Schatz, offenbar ist Zivas Geist sehr – widerstandsfähig.“

„Man kann auch Stur sagen.“

„Okay,“, sagte Ziva, hob die Waffe und richtete sie auf Cals Stirn, „Captain, was zum Scharfrichter passiert hier?“
 

Hörbar schluckend schaute der Captain der USS Dragonfly zu Ziva herüber und die hübsche Israelin hatte das Gefühl, dass dieser Blick leicht gehetzt wirkte, als wüsste er nicht, was er ihr sagen könne, oder dürfe, aber der Gedanke „Wenn Sie mir nicht den Kopf wegblasen soll, lass ich mir besser eine glaubwürdige Erklärung einfallen“ war definitiv in diesem Blick zu erkennen. Dem gegenüber stand der Blick, den die hübsche Rothaarige dem Mann zuwarf, wenngleich dieser ihn nicht wirklich sehen konnte, da er ja Augenkontakt mit der Frau aus Israel hielt.

„Miss David.“, begann Cal und versuchte ein Lächeln, das aber mehr in Richtung „Karikatur“ ging, „Ich… ich weiß, dass Sie sich um Mister DiNozzo sorgen, aber – glauben Sie mir, es wird sich alles aufklären.“

Damit presste Ziva dem jungen Mann die Mündung des Phasers gegen die Stirn. „Ich warte.“, knurrte sie, mit zu Schlitzen verengten Augen.

„Er… er ist nur betäubt.“, sagte der Mann, der sich ihr als Cal vorgestellt hatte, hastig , „Er wird in einer Stunde wieder aufwachen.“

„Wollen Sie mich verarschen?“, zischte die Frau, packte ihn am Kragen und zog ihn mit sich auf den Boden: „Tasten Sie nach seinem Puls.“

Verwundert blickten die braunen Augen des jungen Mannes in ihre, was sie dazu nötigte, ihrer Forderung mit mehr Druck und einer größeren Lautstärke nahe zu kommen: „ TASTEN SIE NACH SEINEM PULS!!!“

„Agatha?“, fragte der Mann, dem sie die Waffe gegen die Stirn hielt, mit einer Stimme, die nichts Befehlsgewohntes mehr an sich hatte und die Frau, die im Türsturz stand und mit etwas in der Gegend herumfuhrwerkte, das sie von der Größe an eine Zigarettenschachtel erinnerte, zuckte mit den Schultern. Ohne aufzublicken sagte sie: „Vermutlich ist sie gerade gedanklich in ihrem Mossad- Ablauf. Was erwartest Du, wenn man vor ihren Augen ihren Freund abknallt?“

Mit zitternden Händen tastete der junge Mann nach dem Puls Tonys und schaute sie dann an: „F… für einen Phasertreffer ist dieser Puls vollkommen normal. M… meiner würde auch so rasen.“

„Beweisen sie’s.“

Cal schaute die Frau an: „Bitte?“

„BEWEISEN SIE’S!“, donnerte die Frau und Cal zuckte zusammen. Wenn sie deutlich hinsah, könnte Ziva schwören, dass in seinen Augen sogar kleine Tränen schillerten. Ob sie nun aus Angst, Zorn, oder Trotz dort auftauchten, wusste sie nicht.

„Okay, okay.“, machte der Mann, stand auf und ging zum Bett, drehte sich zu Agatha um und nickte: „Mach mal.“

„Bist du verrückt?“, war die Frage der hübschen Rothaarigen und der Captain zwinkerte ihr zu: „Ja - und?“

„Okay, auf deine Verantwortung. Du bist der Chef.“

Damit hob sie den Phaser und zielte auf seine Brust.

„Schatz?“, sagte er und lächelte schief: „Ich liebe dich.“

„Ich dich auch.“

Damit drückte sie ab.
 

Kaum, dass Cal von der Wucht des Treffers auf das Bett gefallen war, war Ziva auf den Beinen und tastete nach dessen Puls.

Agatha schüttelte den Kopf und lächelte: „Der Mann ist echt bekloppt.“

Dann fixierte sie Ziva: „Und, was sagen Ihre medizinischen Kenntnisse, Agent David?“

„Sein Puls rast.“

„Sagt er doch.“, meinte Agatha, steckte die Waffe weg und ging auf den am Boden liegenden Tony zu. Dann kniete sie sich neben ihn, tastete nach seinem Puls und nickte. „Japp – Phaserbetäubung, Stärke Drei. In knapp 40 Minuten wird er wieder wach werden – dann hat er zwar einen mordsmäßigen Kater, aber – es wird sich alles auflösen.“

Dann ging sie zu Ziva, tastete nach dem Puls des bewusstlosen Captains und lächelte befriedigt: „Sein Puls rast genau so – ich würde sagen, in spätestens einer Stunde kann ich mit ihm hier abhauen.“

Ziva schaute sie an: „Mo… moment mal, Sie können nicht einfach so abhauen. Wieso schießt jemand auf Tony und warum betäubt er ihn für eine Stunde?“

Agatha zuckte mit den Schultern: „Da fragen Sie mich was.“
 

„Ich bringe DiNozzo um.“, murmelte Leroy Jethro Gibbs, als er zum – zumindest gefühlten 10.000sten Mal versuchte , seinen Special Agent zu erreichen. Immer wieder lautete die Ansage, die die elektronische Stimme von sich gab: „The person, you have called, is temporally not available.“

Es gab weiß Gott genug Möglichkeiten, Gibbs zu nerven, und diese Bandansage gehörte definitiv dazu.

„Ich bring ihn um.“, sagte er zum wiederholten Male und schaute zu McGee herüber, der über seine Tastatur gebeugt stand und versuchte, eine Ortung des Handys DiNozzos zubekommen.

Als sein Computer die Meldung ausspuckte, dass das Handy Tonys in Zivas Wohnung war, konnte sich der Schriftsteller denken, wieso das Handy sich in der Wohnung befand.

Die Augen McGees wurden kurz beinahe untertassengroß, dann versuchte er, sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen. Momentan kam er sich vor wie Q aus James Bond, wenn er wieder nach einem Auftrag per Satellit oder Kamera nach James Bond suchen sollte, der sich mit dem aktuellen Love Interest gerade durch die Kissen wühlte. Meistens schaltete dann Q die Übertragung ab, schob es auf einen technischen Defekt und – genau das wollte McGee nun auch tun. Er drückte eine Taste, die Meldung erlosch und er räusperte sich.

„Erm… Gibbs?“

Der Mann im Sakko drehte sich zu ihm um, seine eisblauen Augen fokussierten den Romancier und er musste kurz schlucken.

Er weiß, wenn ich lüge. Er weiß es immer., schoss es McGee durch den Kopf, Er weiß, wann ich schlafe, er weiß, wenn ich wach bin, er weiß, ob ich gut, oder böse gewesen… moment mal, das ist ein Weihnachtslied.

Und mit den Klängen zu „You better watch out“ im inneren Ohr –, nicht zu verwechseln mit dem Innenohr, ich meine sowas wie das Innere Auge – räusperte er sich erneut.

„Ich… meine Suchanfrage… sie war nicht erfolgreich. Ich glaube… Ich glaube Tony hat sein Handy ausgeschaltet.“

Der Special Agent fixierte ihn mit einem Blick, der bei McGee Herzrasen auslöste.

Verdammt, er weiß es. Er weiß es einfach. Ich kann ja auch meinen Chef nicht anlügen. Was denk ich mir dabei?

„Dann versuch wenigstens, Ziva zu erreichen.“, grummelte Gibbs und McGee nickte: „Geht klar, Boss.“

Damit ließ er sein Handy aufschnappen.
 

Gibbs ging ein paar Meter, stieg in den Aufzug ein und schloss die Tür, ehe er den Kopf schüttelte:

Denkt McGee eigentlich, ich bin komplett aus dem Mußtopf? Es ist ja wohl klar, dass Tony bei Ziva ist. Die beiden arbeiten vorzüglich miteinander und es würde mich nicht wundern, wenn er und sie einander nicht sogar attraktiv fänden. Wenn die beiden wirklich miteinander geschlafen haben, verstoßen sie zwar gegen eine meiner Regeln, aber – es gibt ja immer noch Regel 51. Manchmal liegst Du falsch, alter Hund.

Und damit fuhr er in den Keller, zu Ducky.
 

„Sie gehen nirgendwohin.“, sagte in diesem Moment Ziva zu der hübschen Frau, die sich ihr gegenüber zwar nicht vorgestellt hatte, von der sie aus irgendeinem unerfindlichen Grund aber wusste, dass sie Agatha hieß.

„Kein Problem.“, lächelte diese, „Ich muss sowieso noch eine Stunde warten, bis er aufwacht. Oder glauben Sie im Ernst, ich schnapp ihn mir und schlepp ihn durch die Gegend? Der wiegt mindestens ne Tonne.“

„Danach sieht er aber nicht aus.“, stellte Ziva fest, was Agatha erneut zum Lächeln brachte: „Jedenfalls ist er schwer. Und wenn er bewusstlos ist, kann er mir nicht helfen, das heißt, ich muss sein ganzes Gewicht tragen, und – obwohl ich seinerzeit in der Academy gute sportliche Leistungen erbracht habe – das schaff ich nicht.“

„Ich kenn das.“, grinste Ziva nun, „Ich glaub auch nicht, dass ich Tony mal eben so anheben und wegtragen könnte.“

„À prospos Tony. Ist es schon soweit, ja?“,

Zivas Stimmung kippte. Von freundlicher Aufgeschlossenheit wandelte sich die Stimmung nun in leichtes Mißtrauen: „Ist es schon wie weit?“

Dies zu fragen, und dabei die Augen zu Schlitzen zu verengen, war für Ziva eine Handlung und Agatha zuckte mit den Schultern.

„Naja… den… wievielten haben wir denn heute?“

„Warum fragen Sie?“

„Naja“, machte Agatha, schaute sie an und legte den Kopf schief, „Ich meine nur – mir… ist als würde…“

Nein, sie konnte es nicht weiter aussprechen. Das würde nur das komplette Raum-Zeit-Gefüge durcheinanderbringen.

„Als… würde was?“, fragte die hübsche Israelin und Agatha schaute sie an: „Erm… naja… als würde es heute noch ein schöner Tag werden.“

„Nein, nein, nein, Sie haben etwas Anderes fragen wollen.“

Agatha seufzte und schaute ihr in die Augen.

„Nein.“, sagte sie mit entschlossener Bestimmtheit, „Ich habe nichts Anderes sagen wollen, und sie haben auch nichts gehört.“

„Natürlich habe ich.“

Innerlich schüttelte die hübsche Rothaarige über sich den Kopf. Bei Cal konnte sowas funktionieren, aber doch nicht bei dieser willensstarken Person.

Und gerade, als sie sich innerlich dazu bereit machte, Ziva entweder zu hypnotisieren – was sie bei Gina gelernt hatte, aber bezweifelte, dass Zivas Geist durch sowas zu beeinflussen wäre, oder erneut eine Binford-Amnesia zu zünden, klingelte Zivas Handy.

In einer gekonnten Bewegung ließ sie das Gerät aufschnappen.
 

In knapp 10 Minuten würden Gibbs und McGee hier sein, hatte der leitende Chefermittler sie wissen lassen und dabei hatte er alles andere als glücklich geklungen.

Mit einem Blick auf den bewusstlosen Halbitaliener stellte Ziva fest: „Vielleicht sollten wir ihm doch einen angenehmeren Liegeplatz zuteilen, oder, was meinen Sie?“

Agatha lächelte: „Ich hab das Gefühl, wir werden uns noch häufiger begegnen. Nenn mich ruhig Agatha.“

Damit hielt sie ihr die Hand hin, die die Israelin ergriff und das Lächeln mit einem „Ich bin Ziva“ beantwortete.

Das „Ich weiß“ schluckte Agatha schneller herunter, als sie es hätte aussprechen können.

Beide Frauen beugten sich nun vor, griffen je einen Arm des ohnmächtigen Halbitalieners und zogen ihn in eine stehende Position.

Während Agathas Hand über die festen Muskeln des rechten Oberarms DiNozzos glitt, stellte sie fest, dass sich sowas bei Cal nicht abzeichnete.

Lächelnd schaute sie zu Ziva herüber und dachte daran, dass diese Frau in knapp 4 Jahren diesen Mann heiraten und glücklich werden würde. „Glückskind“, dachte sie und half dann der attraktiven Israelin, ihren ohnmächtigen In-ein-paar-Jahren-Ehemann auf die Couch zu verfrachten, wo er wieder in sich zusammen sackte.

„Stur is er auch noch, hm?“, fragte Agatha fest und Ziva grinste: „Oh, Du hast ja keine Ahnung.“

„Kenn ich – meiner ist genau so.“, lachte die hübsche Rothaarige und warf einen Blick zurück ins Schlafzimmer: „Und was machen wir jetzt mit ihm? Ich meine – unsere Anwesenheit hier sollte nicht unbedingt…“

„Ich weiß, ich weiß… nicht unbedingt an den Großglockner gehängt werden.“

„… die großen Glo…“, setzte Agatha an, zu korrigieren, doch sie schüttelte den Kopf. Irgendwie klang es sogar richtig niedlich, wie Ziva mit den Idiomen kämpfte.

„Nun“, riss die Israelin die hübsche Deutsche aus den Gedanken, „Wir könnten ihn ja…“
 

Gibbs war nicht amüsiert.

Da lag einer seiner Top-Ermittler auf der schwarzen Couch Zivas, schlief den Schlaf der Gerechten und Ziva hatte nichts Besseres zu tun, als ihn zu fragen, ob er Tee wollte?

Vor ein paar Minuten waren sie eingetroffen, hatten geklingelt und Ziva hatte die beiden, freundlich lächelnd, empfangen.

„Gibbs, es ist schön zu sehen, das es Dir gut geht.“, sagte sie und deutete hinter sich: „Komm doch rein.“

Der Chefermittler und McGee betraten die Wohnung, schauten sich um und sahen dann DiNozzo, der auf der Couch lag.

Kurz war ein leichtes, amüsiertes Funkeln in Gibbs Augen wahrnehmbar.

Sein komplettes Team hielt ihn wohl für so alt, verkalkt und blind, dass er nicht mitbekam, wie seine Teammitglieder sich ineinander verliebten.

„Ich nehme an, er hat hier mit Dir einen Kaffee getrunken?“, fragte der Special Agent mit einem Hauch von Ironie in der Stimme, „Ich meine, eigentlich solltet Ihr direkt nach der Befragung der PFCs Turner, Riker und Troi wieder zurück zum Navy Yard kommen.“

Ziva merkte, wie ihr Herz aussetzte.

Ja, richtig – die Befragungen. Das hatte sie in dem Moment, in dem Tony mit der attraktiven Blonden, der Frau von Mister Troi, geflirtet hatte, komplett vergessen und eigentlich hatte sie ihm nur eine kleine Lektion erteilen wollen, in dem sie auf der Fahrt zum Yard mit ihm geflirtet hatte.

Das er so darauf einstieg, hatte sie überrascht und dann… dann gab es kein Halten mehr.

Es war, als habe sich ein Schleuse geöffnet und alle Emotionen, die sie für Tony empfand, wären von jetzt auf gleich in ihr Herz geflossen. Beinahe so, als wäre sie von den Wogen der Aufkeimenden Lust davon gespühlt worden – was ja mehr oder weniger auch zutraf.

Sie würde auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren, sie würde…

Und dann sah sie Gibbs Blick.

Ja, er war enttäuscht – persönlich, menschlich, tief verletzt. Aber, wenn sie Gibbs-Blicke in den letzten Jahren richtig zu deuten gelernt hatte, lag es weniger an dem Fakt, dass sie miteinander geschlafen hatten, sondern mehr daran, dass sie eine Ermittlung dafür unnötig in die Länge…
 

Bamm

Ziva hörte, wie etwas aus dem Inneren ihres Schlafzimmers klopfte.

Sie rollte mit den Augen, als Gibbs und McGee erschrocken herumfuhren und mit gezückten Waffen ins Schlafzimmer vorrückten.

So langsam kam sie sich übers Ohr gehauen vor. War heute Tag der offenen Tür?

Wieder klopfte es aus ihrem großen Kleiderschrank.

„Hast Du noch mehr Besuch, Ziva?“, fragte McGee und klang verunsichert, amüsiert, Vielleicht auch eine Spur neidisch. Wer weiß, was er sich gerade ausmalte. Einige nackte Models, die sich gerade… Oh Gott, ich verbringe zu viel Zeit mit DiNozzo. , schoss es Ziva durch den Kopf, zumal sie ja wusste, was…

In diesem Moment hatte Gibbs die Schranktür aufgeschoben und hatte gebrüllt: „Bundesbehörde, kommen Sie aus dem Schrank heraus.“

Just, als er das gesagt hatte, merkte er, wie dämlich das klang.

„Nicht schießen.“, erklang eine angenehme Frauenstimme und die hübsche Rothaarige, die sich Ziva als Agatha vorgestellt hatte, verließ den Schrank. Es schien, als hielte sie etwas fest.

„Hände hoch.“, sagte Gibbs und Agatha gehorchte schnell, nur um sich für diese Handlung den Bruchteil einer Sekunde später zu verwünschen.

Cal kam ihnen entgegengefallen, knallte mit dem Gesicht auf den Boden und blieb liegen.

„Hallo.“, lächelte die hübsche Rothaarige, „Ich nehme an, Sie erinnern sich an uns?“

Gibbs steckte die Waffe weg: „Sie sind Agatha Silverbird.“

„Die Technik der Sternenflotte ist wirklich nicht mehr das, was sie mal war.“, seufzte die Frau und schaute zum am Boden liegenden Cal, der sich zu allem Überfluss nun auch noch auf die Seite drehte und mit der linken Hand Agathas Wade umschloss.

„Manchmal kann er echt peinlich sein.“, stellte die Frau fest.

McGee nickte.
 

„Commander Silverbird.“, räusperte sich Gibbs in diesem Moment, „was ist hier los?“

Die junge Dame richtete ihren Blick zum grauhaarigen Chefermittler und lächelte ihn harmlos an: „Wir… wollten einfach mal Agent David besuchen?“

„Und verstecken sich dafür in ihrem Kleiderschrank.“, gab McGee zu bedenken, was ihm einen genervten Blick von Gibbs eintrug. Dies mit einem „’Tschuldige, Boss“ quittierend, schaute er zu Ziva, die gerade den Eindruck erweckte, vor Scham im Boden versinken zu wollen. Irgendwie war das klar. Man musste nur einmal bedenken, was dies für einen Eindruck machte.

„Gehörst Du etwa zu dieser Gruppe?“, sprach McGee dann auch prompt den Gedanken aus, den Gibbs hatte und Ziva befürchtete und Agatha zu einem Grinsen brachte.

„Aaber sicher.“, sagte die hübsche Rothaarige in einem Tonfall, den Cal grinsend als „von Jack O’Neill abgeguckt und kultiviert’ bezeichnet hätte, „Ihr Dienstrang ist ja auch nicht „Agent David“, sondern Captain David von der U.S.S. River Song .

Verblüfft blickte Tim zu Agatha herüber: „River Song?“

„‚Hello, Sweetie’.“, grinste der Rotschopf und Gibbs warf einen Blick zu seinem Agenten: „McGee? Rede mit mir.“

„Ahm“, holte der Angesprochene Luft und setzte sein berühmtes „Ich-erklär-mal-eben-die-simpelsten-Zusammenhänge-mit-möglichst-vielen-Fremdworten“-Gesicht auf, ehe er sich an Gibbs wandte: „Erm… es ist eine Fernsehserie.“

„Doctor Who“, schoss Ziva dazwischen und Agatha grinste: „Der Klassiker unter den Science-Fiction-Serien.“

„Das schaut man auch in der Zukunft noch?“, fragte McGee.

„Klar“, grinste die hübsche Rothaarige, „Es gibt eigene Holodeck-Programme für… sekunde mal, woher wissen Sie, dass wir aus der Zukunft kommen?“

Der Agent zuckte mit den Schultern, holte kurz Luft und schaute dann ein wenig uninspiriert in der Gegend herum – vielleicht um sich ein wenig Hilfestellung von Gibbs oder Ziva zu holen.

„Ich… habe keine Ahnung, aber ich glaube, dass diese Granate, die Sie Tony auf den Schreibtisch gelegt haben, etwas damit zu tun hatte.“, sagte McGee und der grauhaarige Chefermittler schaute Agatha an – mit einer Mischung aus Neugierde und Wut: „Granate?“

„Eine Binford 4600 Amnesia-Granate.“, erklärte die hübsche Rothaarige, „Sie … eigentlich sollte es Ihr Gedächtnis löschen und den Tag zurückspulen, aber… irgendwie hat es nicht funktiuoniert.“

Damit schaute sie entschuldigend in die Runde: „Tut mir leid – niemand sollte mehr über seine eigene Zukunft wissen, als absolut notwendig.“
 

Grelles Licht fiel in Aris Augen und er wunderte sich, wo er nun wieder war.

Er erinnerte sich daran, dass er auf Tony DiNozzo geschossen hatte und dass die Munition einen merkwürdigen Effekt auf den Körper des Halbitalieners gehabt hatte. Er war mit Funken, die aus der Brust gestoben waren, kollabiert. Niemand kollabierte mit Funken, die aus der Brust stoben. Aber, gerade, als er sich an Anzugtyp hatte wenden wollen, hatte dieser eine Art Waffe auf ihn gerichtet und abgedrückt.

Der Fakt, dass er nicht tot war, ließ sich nur dadurch erklären, dass der Anzugtyp eine Betäubungsmunition verwendet haben musste. Was er nicht verstand, war, warum jemand das tun sollte. Es war sinnlos. Und vor allem war es unprofessionell. Ein Auftragskiller wie er hätte, wenn er selbst für die Tat nicht einstehen wollte, einen Sündenbock verwendet, den er dann so unauffällig wie möglich selbst ausser Gefecht gesetzt hätte. Eventuell hätte er einen solchen Sündenbock betrunken gemacht und dann dafür gesorgt, dass die schöne englische Redewendung „To take the fall“ nicht nur eine Redensart gewesen war. Betrunken wäre er über die Dachkante gestürzt und ein paar Meter tiefer, mit gebrochenem Genick aufgefunden worden.

Aber nein. Sein Auftraggeber war anscheinend nicht unbedingt einer der Hellsten.

Er hatte ihn nicht nur am Leben gelassen, er hatte auch dafür gesorgt, dass er – Ari – seinen Auftraggeber im Zweifelsfall identifizieren könnte.

So jemand musste nicht unbedingt mit großer Intelligenz gesegnet sein, aber – solange er ihm half, Rache am NCIS-Team und vor allem an Gibbs zu nehmen, war ihm das eigentlich egal.

Es gab Schlimmeres, als für jemanden zu arbeiten, der das kleine Einmaleins der Auftragskiller nicht beherrschte. Solange er wusste, was zu tun war…
 

Grelles Licht fiel in Tony DiNozzos Augen und er fragte sich, was passiert war.

Vor seinem Inneren Auge sah er die nackten, weiblichen Vorzüge seiner Partnerin Ziva David, ihr hübsches Gesicht, verloren im Taumel der Lust, und…

Ein grelles Licht hatte ihn geblendet.

Was war passiert?

Während er darüber nachgrübelte, spürte er, wie sein Kopf zu platzen drohte.

„Was zum T…“, murmelte er, fasste sich an den Kopf und stockte, als er bemerkte, dass er gar nicht mehr in Zivas Schlafzimmer war, sondern auf der schwarzen Ledercouch im Wohnzimmer lag.

Was war denn nun passiert? Hatte er vor Lust das Bewusstsein verloren oder…

Oder war das grelle Licht doch etwas anderes gewesen?

Gerade, als er weiter darüber nachgrübelte, zuckte er zusammen, denn just in diesem Moment beugte sich ein ihm bekannter Mann in sein Blickfeld, mit einem leicht amüsierten Grinsen im Gesicht.

„Na, DiNozzo? Lange genug geschlafen?“

„Boss?!“, keuchte der der Mann auf und wollte sich gerade aufrichten, als er den Blick von Ziva wahrnahm.

Spiegelte sich da Sorge in ihren Augen wieder?

Genau in diesem Moment nahm er sich vor, nachzuforschen, was passiert war. Er wusste es einfach nicht mehr, er erinnerte sich nur daran, dass das, was er wirklich auf dem Schirm hatte, sich wirklich einfach nur gut angefühlt hatte. Aber was danach passiert war…

Das fiel ihm einfach nicht ein. Nur der Kopf schmerzte.

„Ich…“, setzte Tony an und Gibbs warf ihm einen Blick zu, der dem Halbitaliener durch Mark und Bein ging. Verdammt , schoss es ihm durch den Kopf, Er weiß etwas.

„Erzähl es mir später, DiNozzo“, raunte der Grauhaarige und Tony musste – beinahe schon gegen seinen Willen – schlucken. Gibbs warf ihm noch einen Blick zu, der sagte „Ich weiß, was los ist und wenn Du wieder auf dem Dampfer bist, reiße ich Dir den Arsch auf“, dann drehte er sich weg und ging zu einem, ausserhalb seines Wahrnehmungsbereiches stehenden McGee herüber.

Tonys Augen suchten den Raum ab und fanden den, auf ihn gerichteten Blick Zivas. Ihre braunen Augen gaben ihm Mut und Kraft, während er versuchte, ihr mit seinen Augen die simple Frage zu stellen: „Was zum Teufel war passiert?“
 

Agatha stand, mit hinter dem Rücken verschränkten Händen im Raum, den Rücken gerade durchgestreckt und schaute sich die vor ihr bietende Szene an. Es war das Beispiel – das, man konnte fast schon sagen: Das Stereotyp – einer typischen Szene, wie sie Gibbs und Konsorten erlebten. Die Konfrontation fand statt. Ein leises Lächeln bildete sich auf den vollen Lippen der XO, als sie ein leises Stöhnen hörte.

Mit einem Blick zum auf dem Bett liegenden Cal, der gerade die Augen öffnete und sich anschließend über selbige wischte, stellte sie fest, dass ihr Freund gerade wieder zu sich gekommen war.

„Na, wach?“, fragte sie, ging zum Bett und half ihm in die sitzende Position.

„Schatz, hast Du die Nummer von dem LKW, der mich überfahren hat?“, grinste er, ehe er den Kopf schüttelte: „Junge, der Satz is’ ja mal dermaßen ein Klischee, das ist ja nicht mehr schön.“

Agatha lachte hell: „Ich würde sagen, er hatte die Maße 90-60-90, eine enganliegende Uniform an, feuerrote Haare, grasgrüne Augen und einen Phaser, der dich für eine Stunde ausgeknockt hatte.“

Schief grinsend erhob sich Cal und neigte den Kopf zur Seite: „Wie sieht es aus – haben wir was rausgefunden, was wir rausfinden könnten?“

„Naja“, zuckte die junge Frau mit den Schultern, „Eigentlich nicht viel – nur das Übliche. Was die Beiden nicht wissen – was hier keiner weiß – ist, dass Tony von einem Phasergewehr getroffen wurde. Beziehungsweise von etwas, das so ähnlich gebaut ist, wie ein Phasergewehr.“

Mit schiefgelegtem Kopf schaute Cal der Frau in die hübschen Augen: „W… was bitte schön?“

„Etwas, das ähnlich gebaut ist, wie ein Phasergewehr. Es hat DiNozzo von den Beinen gefegt.“

„Ach komm, erzähl keinen Schwachsinn.“, sagte Cal eine Spur lauter als es notwendig – oder noch besser - als es für ihn und seinen Kopf verträglich gewesen wäre, „Ich meine… wer ballert hier mit einem Phasergewehr rum?“

Agatha zuckte mit den Schultern: „Tracy-Boy?“

„Tracy-Boy?“, echote Cal und schaute sie beinahe schon ungläubig an.

Die XO nickte: „Es wird wohl auf ihn hinauslaufen, meinst Du nicht auch, Schatz?“
 

Tony schaute in die braunen Augen Zivas – sie hatten einen nachdenklichen, weltfernen Ausdruck und er räusperte sich. Kurz zuckte sie zusammen, blinzelte und schaute ihn an. Der NCIS-Agent lächelte. „Jetzt sag bloß, ich hab dich erschreckt. Dich – Ziva David, eiskalte Killerin des Mossad.“

„Du solltest eher versuchen, mir klar zu machen, wie Du in die Höhle der Löwin gekommen bist, DiNozzo“, hörte er plötzlich die Stimme Gibbs und spürte einen Klaps auf den Hinterkopf.

‚Eine Ohrfeige ist eine Beleidigung. Ein Schlag auf den Hinterkopf ist ein Weckruf’, war die Philisophie seines Chefs und der Italiener rollte mit den Augen. So schmerzvoll war er in den letzten Wochen nie geweckt worden.

„’Tschuldige, Boss.’, sagte er und wandte sich Gibbs zu, „Ich… ich weiß nicht wie ich es Dir erklären soll. Es war einfach…“

Er verstummte.

Er hatte Kismet sagen wollen – aber der Blick, den Gibbs ihm zuwarf, sagte eindeutig, dass, wenn er das sagen würde, Gibbs ihm den Allerwertesten noch weiter aufreißen würde.

Ja – el chefe war wütend. Vermutlich nicht nur ein wenig wütend, sondern so wütend, dass er…

Was? Leute umbringen würde? Vermutlich nicht. Zwar gab es Situationen, in denen Gibbs vor tödlicher Gewalt nicht zurückschreckte, aber dies war keine davon. Vermutlich würde er ihn nur strafversetzen – was auch schon schlimm genug war.

Himmel, er hatte nicht nur gegen eine Dienstanweisung, sondern gleich gegen eine von Gibbs fundamentalsten Regeln verstoßen. Genauso gut hätte er ihm den Kaffeebecher aus der Hand schlagen können.

„Boss“, setzte er an, „ich…“

Weiter kam er nicht.
 

Cal schaute seine XO an.

„Was willst Du machen? Hast Du einen Knall? Das hast Du doch nicht gelernt.“

„Gina hat es mir damals, nach der Sache auf Kaluna Prime beigebracht.“

„Um Gottes Willen, erinnere mich nicht daran.“

Agatha schluckte. Es war wirklich nicht gerade die Angenehmste, aller Erinnerungen.
 

Dämlich, dämlich, dämlich, dämlich.

Um sie herum spritzte Dreck auf und der Regen, der von oben kam war auch nicht gerade angenehm.Verdammte Kälte. Sie kroch durch die Kleidung, trotz dieser verdammten Thermounterwäsche und kälteabweisender Uniform.

Verdammt.

Die Explosionen um sie herum waren heiß und der kalte Regen… naja, man könnte sagen, dass rein rechnerisch die Temperatur eine Ausgeglichene war. Aber das war ein alter Witz und absolut nicht zutreffend. Mit erhobenen Phasern drangen Cal und Agatha in das Heiligtum des Priesters vor, der knapp 50 Prozent seiner Crew in seinen Bann geschlagen hatte. Könnte vielleicht daran gelegen haben, dass dieser Priester eine, in extrem sonnennahen Kleidungsstücken herumlaufende Priesterin war.

Agatha rollte mit den Augen.
 

Cal war doch auf der Erde gewesen – im SGC. Dort hätte er doch eigentlich diese dusslige Akte über die Hathor-Angelegenheit lesen müssen, als die Goa’Uld ihrerzeit das SGC übernommen und die Männer sexuell-willenlos gemacht hatte. Aber nein – offenbar hatte der Captain beschlossen, genau diesen Teil auszulassen.
 

Die braunen Haare des Captains lagen nun klatschnass am Körper, genau wie die feuerroten Haare der XO, die momentan ein wenig ihrer Leuchtkraft verloren hatten.

„Cal, denkst Du wirklich, dass wir sie kriegen können?“

Der Phaser des jungen Offizieres fauchte kurz auf, die braunen Augen schauten in ihre Grasgrünen und Optimismus funkelte in ihnen.

„Hab ich je aufgegeben? Ich kenn die Bedeutung dieses Wortes nicht.“

„Ich weiß schon, wer zum Geburtstag ein Wörterbuch geschenkt bekommt.“, grinste Agatha schief und dies musste sie wohl so ansteckend gemacht haben, dass auch der Captain grinsen musste.

„Diese Priesterin schnappen wir uns. Keine Sorge.“

Sie schaute ihn an, nickte und fuhr ihm sanft über die Wange: „Ich mach mir keine sorgen um mich. Du bist derjenige, der in ihr Beuteschema fällt.“

„Ach, wie kommst Du darauf. Weil ich der Captain bin? Das Alphamännchen? Weil mir das Schiff gehört?“

„Ich dachte eigentlich eher daran, das jeder andere Kerl ausser Dir gekascht wurde.“, sagte Agatha mit einem extrem trockenen Tonfall. Der junge Mann rollte mit den Augen: „Und was macht Dich sicher, dass sie mich auch kascht?“

„Sie ist gut.“, meinte Agatha nur und deutete auf den Tempel, aus dem gerade, mit schwingenden Hüften und einem extrem knappen Outfit die Priesterin kam.

„Meine Kinder, kommet zu mir.“

Und kaum, das sie dies gesagt hatte, traten, wie ein Mann – und nie hatte dieser Ausdruck besser gepasst – die männliche Crew der Dragonfly hinter ihr hervor.

Cal schluckte und deutete mit der Mündung der Waffe auf die gerade erschienenden Männer: „Okay, now, that is impressive.“

Damit schaute er zu Agatha: „Aber keine Sorge, ich bin nicht so blöd und falle in die Offensichtlichsten der Fallen.“

Agatha lächelte – und stockte plötzlich, als sich im Tempel etwas tat.

Verdammt.
 

Es war nicht so einfach wie seinerzeit im SGC.

Hier hatte Hathor nur starken Einfluss auf die Männer gehabt und war klug genug gewesen, die Frauen einsperren zu lassen. Aber diese Priesterin war… besser.

Sie hob ihre wohlmanikürte Hand, schnippte einmal und Agatha musste hart schlucken. Jemand näherte sich der Priesterin – Gina Intrupper, die Bordärztin.

Wenn diese Frau auch die Frauen manipulieren konnte, dann…

„Agatha?“, hörte sie die sanfte Stimme Ginas und schluckte hart. Bitte nicht, bitte nicht.

Damals, als sie auf der Academy in einem Zimmer als „Roommates“ genächtigt hatten, hatten sie einander für unterschiedliche Kursthemen herangezogen. Agatha hatte Gina immer wieder darum gebeten, mit ihr Kommandotechniken zu büffeln, während sie der angehenden Bordärztin für Sachen wie Referate in Autogenem Training, Counseling für Fortgeschrittene und eben auch „Hypnose für Anfänger“ geholfen hatte. Das heißt, Gina hatte versucht, sie in Trance zu versetzen, was ihr offenbar auch gelang, denn an einem Tag hatte sie einen ziemlichen Filmriss gehabt, nachdem die beiden miteinander trainiert hatten.

Sie wusste nicht mehr ganz, welches Wort Gina verwendet hatte, sie erinnerte sich nur daran, wie ihr Bewusstsein aussetzte…
 

Das Nächste, was sie wahrnahm, war die Deckenbeleuchtung der Krankenstation. Die sich über sie beugende Gina lächelte ihr sanft zu.

„Keine Sorge, Süße. Du brauchst keine Angst zu haben, es ist alles wieder in Ordnung.“

Sie richtete sich auf, blinzelte und schaute in die unglaublich nussbraunen Augen ihres Captains, die – leer wirkten.

„Was ist mit dem los?“, fragte Agatha und Gina zuckte mit den Schultern: „Das musst Du schon selbst wissen. Aber eines muss ich ihm lassen. Er hat Scotty mit einem schnellen Schlag auf die Bretter geschickt. Ich musste drei Stunden an seiner gebrochenen Nase rumfuhrwerken.“

„Gina, ich…“, setzte der erste Offizier an und die hübsche Ärztin zwinkerte ihr amüsiert zu: „Keine Sorge, Süße. Ich bin sicher, Cal wird es dir gerne erklären. Wenn Du ihn aus deinem Bann entlässt.“

„Bann?“

Damit wandte sie sich wieder zu dem, träumerisch vor sich hin lächelnden, Captain und rollte mit den Augen: „Naja, sein Versprechen hat er gehalten. Die Priesterin hat ihn nicht bekommen.“

Gina grinste: „Aber Du.“

„Meinst Du?“, fragte die XO, schlang ihre Arme um ihn und küsste ihn: „Komm her, du.“

Der Captain blinzelte mit den Augen, schüttelte den Kopf und streckte sich: „Wow … hey, was ist… was ist passiert?“

„Diese Programmierung funktioniert perfekt.“, flüsterte Gina der XO zu und zwinkerte. Damit verließ sie die Krankenstation und ließ eine grinsende XO und einen verwirrten Cal zurück.
 

„Du willst die alle hypnotisieren?“, riss die geflüsterte Stimme Cal ssie in die Jetztzeit zurück, „Das ist eine wirklich bekloppte Idee. Und ich hab in unserer Beziehung das Monopol auf die bekloppten Ideen.“

„Nein, das ist eigentlich ein Oligopol. Wir beide haben gern mal bekloppte Ideen.“, grinste Agatha, streichelte ihm über die Wange und hauchte ihm einen Kuss auf das Ohrläppchen.

„Du weißt, dass das bei den Ferengi zu etwas führen würde, das wir ob des Ratings der Fanfiction, in der wir uns befinden, nicht komplett ausspielen dürfen? Eigentlich schade.“ Mit einem liebevollen Lächeln streichelte sie ihm über das andere Ohr und schnurrte: „Ich weiß. Aber: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“
 

„Was genau ist eigentlich passiert?“, raunte McGee dem grauhaarigen Chefermittler zu, der ihn mit einem genervten Seitenblick zum Schweigen brachte. Gut – „Schweigen“ war eine übetriebene Darstellung der Sachlage. In Wirklichkeit klappte den Mund auf und wieder zu, murmelte ein „’Tschuldigung, Boss“, ehe er sich an Ziva wenden wollte. Mitten in der Bewegung erstarrte er. An der Wand von Zivaas Wohnung erschien plötzlich ein Farbenspiel von unbeschreiblicher Schönheit. McGee hatte keine andere Wahl, als hinzuschauen.
 

Agatha hielt eine Glasperle vor den Phaser und ließ an der Wand zu Zivas Wohnzimmer ein buntes Regenbogenfarbspiel – sprich, die aufgefächerten Spektralfarben – tanzen.

Genervt rollte Cal mit den Augen, schaute sie an und schüttelte den Kopf: „Lass es.“

„Erste temporale Direktive Cal, es darf sich niemand an unsere Intervention erinnern.“

„Schatz, wir könnten ihre Hilfe brauchen.“

„Erste temporale Direktive, Cal.“, wiederholte die hübsche XO und wandte sich, mit einer ruhigen Sing-Sang-Stimme an die, im Wohnzimmer stehenden Agenten.

„Schaut auf das Licht. Es ist hell, klar, und schön. Je mehr ihr euch auf dieses Licht konzentriert, je mehr ihr versucht, Formen zu erkennen, um so entspannter, um so relaxter fühlt ihr euch. Eure Augenlider sind bleischwer, blei, bleischwer. Ihr werdet Müde und wollt schla…“

Sie stockte, als sie neben sich einen Plumpser hörte. Cal war umgekippt.

„Verdammt.“, murmelte di ehübsche XO, ging neben ihrem Freund in die Knie und raunte ein: „Erwache, mein Liebling“ in seine Ohren.

„Was… wassis passiert?“, lallte der Captain, richtete sich auf und schaute zu Agatha herüber: „Ich wollte… ach was solls.“

Ziv aräusperte sich, trat auf die beiden Offiziere zu und schüttelte den Kopf: „Was auch immer Du da gerade versucht hast, Agatha, so ganz hat es nicht geklappt.“

„Seh ich auch so.“, sagte Tony, der sich gerade von seinem Sitzplatz erhob und Gibbs, der Agatha amüsiert anschaute, lächelte: „Hypnose?“

„Die Frau ist gut“,grinste Cal, „Schafft es mit einem einzigen Wort – oder Satz – mich auszuschalten..Ich sag es Ihnen, Mister Gibbs, legen Sie sich in ihre fähigen Hände und sie schlafen, wie ein Baby. Ich spreche aus Erfahrung.“

Dann wandte sich der Captain an Ziva: „Aber – um mal etwas Anderes anzusprechen. Könnten… könnten Sie uns zu Misses Stone fahren, Miss David?“

Verblüfft blinzelte Agatha ihren Freund an: „Aber – ahm – Cal, hältest Du das für eine gute Idee? Ich meine… gut, es könnte mir egal sein. Da kann ich mehr üben. Ob ich Ziva nun einmal hypnotisieren muss, oder mehrmals, das macht keinen Unterschied.“

Der Captain zwinkerte ihr zu: „Schatz, du kannst es auch immer wieder an mir ausprobieren.“

Damit traten sie aufeinander zu, sie umrundete ihn und er schaute an ihr herauf und wieder herab. „Später.“, sagte sie, in einem flirtenden Unterton und Cal grinste wie ein Schuljunge.

Dann räusperte er sich und versuchte, die Gedanken, die offenbar in diesem Moment in seinem Kopf auftauchten, anders abzulenken. Er wirbelte um die eigene Achse und schaute wieder zu Ziva herüber. Diese starrte ihn verblüfft an, während er sich grinsend vor ihr aufbaute und begann, in einem rasend-schnellen Duktus zu sprechen: „Wo, war ich? Richtig… Captain Thaddeus Alexander Stones Frau. Was meinen Sie, warum wollen wir zu ihr? Warum wollen wir da…hin?“

„Schatz, wenn Du so sprichst, könnte man dich für Doc 11 halten.“, grinste Agatha und McGee schaute sie an: „Stimmt. Das macht Sie zu River, hm?“

Cal schaute zwischen Agatha und McGee hin und her, grinste und schaute zu Ziva.

„Das macht Sie zu Amy und ihn da“, damit deutete er mit seinem Kopf auf Tony, „zu Rory.“

Damit griff er ihre Hand: „Nun denn, come along Po…“

Weiter kam er nicht, denn Ziva hatte in diesem Moment seine Hand gegriffen, so fest zugedrückt wie sie konnte – was ihn zum Schreien brachte – und verdrehte seine Hand auf den Rücken.

„Ahaaaa“, machte Cal, „Lassen Sie mich los, Miss David.“

„Fassen Sie mich noch einmal an, ohne, dass ich meine Erlaubnis gebe, und ich breche Ihnen alle Knochen.“, zischte Ziva und stieß den Captain von sich weg, Richtung Agatha, die ihn auffing.

„Aua.“, machte der Captain, betrachtete seine Hand und bewegte sie probehalber.

„Und, Gebrochen?“, fragte die XO mit einem sehr trockenen Unterton.

„nee.“, murmelte Cal und sein Gesichtsausdruck veränderte sich von amüsiert zu beinahe-beleidigt. Dann schaute er zu Ziva herüber, wollte einen Schritt auf sie zutreten, aber man konnte ihm ansehen, dass er sich dies offenbar noch zwei bis dreitausend Mal überlegte.

„Könn… könnten Sie uns eventuell zu Captain Stones Witwe fahren?“, fragte der Captain dann dennoch, wenngleich ein wenig kleinlauter.
 

Tony hatte keine Ahnung, wieviel so ein Mini-Cooper „Spitze“ fuhr, er härte nur das extrem laute, durch Mark und Bein gehende Geräusch, das entstand, wenn der Wagen hochtourig gefahren wurde. Ziva fuhr den Wagen immer hochtourig und in einer Fahrweise, die ihn immer wieder verblüffte.

„Das macht einen an der Existenz von etwas, wie der Straßenverkehrsordnung zweifeln“, gab der Mann, der sich Captain Cat nannte von sich und klammerte sich mit einem Gesichtsausdruck am Sicherheitsgurt fest und er hörte, wie die Frau, die sich Commander Silverbird nannte, amüsiert sagte: „Und die Dinger nanntest Du bis gerade eben noch ‚primitive Rückhaltevorrichtungen’?“

Ein lauter Knall war zu hören, kurz waren alle vier schwerelos, dann gab es einen kräftigen Schlag gegen den Unterboden des Wagens und der Cooper fuhr weiter.

Grinsend wandte sich Tony an Ziva. Er wusste, dass sie in diesem Moment über ein Berliner Kissen – man nannte es auch eine sogenannte „Bremsschwelle“ gefahren war.

„Nur ein toter Polizist.“, erklärte Ziva und Tony sah im Rückspiegel, wie Cal und Agatha einander verdattert anschauten.

„Ein … toter Polizist?“, fragte der Captain mit einer Spur Ängstlichkeit in der Stimme. Tony konnte nich tanders, er musste Lachen: „Sie meint einen „schlafenden Polizisten“.“

„Schlafenden Polizisten?“, echote Agatha, sie und der Captain schauten sich verblüfft an.

Gerade wollte Tony ihr erklären, was damit gemeint war, als es erneut einen heftigen Schlag gegen den Unterboden gab. Dieses mal sprang der Wagen nur nur um ein paar Milimeter in die Luft, sondern gleich um mehrere Meter Dabei hatte Tony plötzlich das Gefühl, dass sich die Welt um sie herum drehen würde – vermutlich würde jeder andere, Aussenstehende, richtig feststellen, dass sich der Wagen überschlug.

„Das war nun kein sleeping policeman’“, stellte Tony fest, als der Wagen auf dem Dach aufsetzte.

Er nahm den Krach wajhr, wie sich die Fahrgastzelle zusammenknautschte, wie Glas splitterte und Metall über den Asphalt schlidderte.

„Verdammt“, schoss es Tony durch den Kopf, als alles mit einem mal wieder Dunkel wurde.
 

Agatha hatte keine Zeit mehr, sich über den Faux-Pax „Toter / Schlafender Polizist“ zu wundern oder gar zu amüsieren, denn der Wagen hob in diesem Moment regelrech ab. Die Feststellung, dass diese keiner der lebenden, toten, oder schlafenden Gesetzeshüter war, die Tony in diesem Moment traf, war auch ihr klar und eigentlich fragte sie sich, ob der Halbitaliener sie gerade ein wenig für blöd verkaufen wollte, als der Wagen aufschlug.

Dies tat er mit diesem absolut lauten, absolut widerlichen Geräusch, das sie ein paar Mal gehört hatte, wann immer sie in einem Shuttle war, das abstürzte.

Ihr war klar, dass an diesen Geschicken nichts ändern konnte, hoffte nur, dass…
 

Aua , schoss es Ziva durch den Kopf, als sie wieder zu sich kam.

Á Prospos Kopf – er schmerzte nicht nur, er war auch Näher am Boden, als er es normalerweise sein sollte. Durch ihre langen, lockigen Haare, deren Spitzen nun auf dem Boden – also eigentlich der Unterseite des Daches – lagen, warf sie einen Blick zu den anderen Passagieren, die ebenfalls kopfüber im Auto hingen. Zumindest hoffte sie das.

Kurz warf sie einen Blick zu Tony herüber, der – obwohl er kopfüber und blutend im Sitz hing – komplett friedlich und ruhig wirkte.

„Tony“, krächze sie , „Tony, bist Du in Ordnung?“

„Toller Fahrstil, Zivaaa“, murmelte der Agent und Ziva hatte das Gefühl, dass er ein wenig benommen klang, „Das müssen wir unbedingt widerholen.“

„Ja, aber wenn, dann bitte, ohne das man sich dabei übeschlägt. Knight Rider spielen ist ja okay, aber der Wagen ist leider nicht K.I.T.T.“, kam es von dem Captain, der hinten hing, ehe er einen nahezu entsetzten Blick zur Seite warf. Als Ziva in den Rückspiegel blickte, verstand sie, das Entsetzen des jungen Mannes. Die hübschen Züge der Frau, die sie als Agatha kennengelernt hatte, wirkten ruhig und friedlich, aber waren erschreckend bleich.

„G… Gathy“, keuchte der junge Mann, fummelte an seinem Sicherheitsgurt herum, was darin endete, dass er sich losmachte und – was sie überraschte – nicht mit einem Bauchplatscher aufschlug, sondern es schaffte sich einigermaßen agil aus dieser Affäre zu ziehen. Er öffnete die Tür – die wundersamerweise nicht verzogen war -, umrundete das Fahrzeug und versuchte, die Autotür, die auf der Fahrerseite war, zu öffnen. Dies scheiterte daran, dass diese Tür wirklich verzogen war.

Ziva, die sich ebenfalls aus dem Sicherheitsgurt zu befreien versuchte, hörte das Fluchen des jungen Mannes und die sich immer wieder wiederholenden Versuche, seine Freundin aus dem Wrack, das der Minicooper nun war, zu befreien.

„Verdammt.“, schrie er seine Wut nun heraus und verstummte abrupt, als Ziva Schritte hörte und Füße in schwarzen Slippern sah, die an ihr vorbei gingen.

„Du“, hörte sie Cal knurren. Sie konnte nicht verstehen, was die andere Person sagte oder wie sie reagierte, wohl aber sah sie durch den Aussenspiegel, wie Cal auf das, was die andere Person, die sie nun als Mann identifizieren konnte, tat, reagierte.

Wutumwölten Blickes ballte der Captain seine Faust und versuchte, in einer schnellen Bewegung diese Faust in das Gesicht des Unbekannten zu treiben.

Zu langsam , schoss es Ziva durch den Kopf und – tatsächlich – fing der Andere die Faust des Captains nahezu ohne großartige Mühe ab.

Erneut konnte sie die Reaktion des Anderen nicht mitbekommen, doch es musste irgendwas gewesen sein, das den Captain noch mehr erzürnte, denn nun warf sich dieser, mit einem Kampfschrei, der einfach nur wütend klang, auf den Unbekannten, Kopf voraus, in der Hoffnung, diesen in den Bauch von Mister X zu rammen.

Prinzipiell war dies eine gute Taktik, die sogar zu einigen Verletzungen bei der anderen Person führen konnte, aber dieser Typ war einfach nur gut.

Die Körperspannung, die er besaß, zeugte von Gelassenheit und mit einer einzigen Bewegung riss er sein Knie hoch. Die Kniescheibe traf das Gesicht des Captains, ließ seinen Kopf hochschnellen und zurücktaumeln. Der Andere setzte nach, trat nach Cals Magengrube, der nun allerdings gewappnet schien. Schnell warf er sich zur Seite, rollte sich ab, stand auf beiden Beinen und begab sich in eine Verteidigungshaltung.

Als sich der Andere nun auf ihn warf, drehte er sich um die eigene Achse, sodass der Fremde an ihm vorbei lief und nach vorne stoplerte.

Cal begab sich wieder in Angriffsposition, lächelte und lief auf den anderen zu, ihm nun die Faust auf den Kopf rammend.

Normalerweise war diese Methode gut genug, um jemandem starke Kopfschmerzen zu bescheren, oder ihn sogar zu betäuben, aber der Andere schüttelte den Kopf und verpasste dem Captain einen Schlag in den Magen.

Dessen Augen traten heraus, er taumelte nach hinten, fiel zu Boden.

Dann wandte sich der Unbekannte dem Wagen zu, hob eine Waffe, die Ziva in Ungefähr an ein Gewehr erinnerte und… in diesem Moment schaffte sie es, sich aus dem Wagen zu befreien. Auch Tony war auf den Beinen, hatte seine Dienstwaffe gezogen und zielte auf den Typen, der sein Gewehr auf ihn richtete und hämisch grinste.
 

„Tranquilizer, Rohypnol, auch Chloroform. Es ist nichts davon stark genug mich

länger zu bändigen. Ehrlich, ihr macht es euch viel zu einfach. Sollte mich aber auch nicht überraschen, Starfleets ‚Finest’ gibt euch ja Tipps“, sagte er, zielte auf Ziva und zuckte zusammen, als Tony, ohne zu zögern, das Feuer eröffnete. Die Kugel traf die Brust des Mannes. Dieser starrte auf die Wunde, dann verdattert zu DiNozzo, ehe er sein Gewehr hob und auf den Halbitaliener zielte: „Wenn Du zuerst sterben willst, sei es so.“

Erneut gellte ein Schuss, dieses mal aus Zivas Waffe.

Der Fremde schaute verblüfft auf die Brust, in die ihn nun zum Zweiten mal eine Kugel getroffen hatte, dann zielte er auf Ziva und lächelte: „Ihr habt beide Feuer. So mag ich das. Ich glaube, ich werde euch am Leben lassen.“

Damit veränderte er eine Einstellung an seinem Gewehr, riss es wieder hoch und nahm Ziva ins Visier. Diese hatte ihn seinerseits im Fadenkreuz, zielte auf seinen Kopf.

Ein Treffer. Es muss nur ein Treffer sein und das ganze Spiel ist vorbei. , schoss es ihr durch den Kopf. All ihre Mossad-Instinkte waren wieder aktiv. Sie konnte berechnen, wie lange sie brauchte um zu schießen und wie lange er brauchte um zu schießen.

„NEIN!“; hörte er plötzlich die Stimme DiNozzos und ehe sie verstand, was los war, war etwas auf ihr.

Knapp 80 Kilo Halbitaliener trafen sie mit einer gefühlten Geschwindigkeit von 300 km/h – in Wirklichkeit werden es vermutlich eher so 10 km/h gewesen sein – und rissen Sie zu Boden.

Im Vergleich zu einem durchtrainierten NCIS-Special Agent war sie zwar auch eine durchtrainierte NCIS-Special-Agentin und ehemalige Mossad-Offizierin, aber im Vergleich zu ihm war sie zierlich. Wenn ein muskelbepackter Mann mit einem Körpergewicht von knapp 80 Kilo eine muskelbepackte Frau mit einem Körpergewicht von knapp 70 Kilo mit einer Geschwindigkeit von 10 Kilometern in der Stunde trifft und dies in der Absicht zu tun, sie zu Boden zu reißen, dann funktioniert dies auch.

Wenn er dies allerdings in der Absicht tut, sie vor einer Waffe unbekannter Herkunft zu schützen, gelingt dies nur, wenn diese Waffe mit Kugeln schießt.

Ziva wusste nicht, was diese Waffe verschoss, sie wusste nur, dass nun nicht nur sie, sondern auch er getroffen wurden.

Sie war sich sicher, ein aussenstehender Betrachter wäre Zeuge eines verblüffenden Special Effektes geworden. Da würden zwei Personen von einer Art rotem Lichtstrahl getroffen, beide in einen ebenso roten Kokon aus Energie gehüllt und wie hingestreckt erschlaffen. Er würde auf ihr liegen, mit dem Kopf entweder auf Höhe ihrer Brüste oder aber auf Höhe ihrer Schultern, weswegen er mit dem Kopf auf dem Asphalt läge. Sie hätte das Glück gehabt, dass er ihren Kopf, um ihn vor einem harten Aufschlag auf dem Boden zu schützen, in die Hand gebettet gehalten hätte, die die Schusswaffe nicht benutzt hatte.

Als eine dieser Personen konnte sie feststellen, dass es einfach nur unerträglich heiß war und sie sich einfach nicht mehr an viel erinnern konnte. Nur dass der Gedanke „So ein Idiot“ durch ihren Kopf blitzte.
 

Und dass sie, als sie aufwachte, ziemliche Kopfschmerzen hatte, ungefähr so, als habe sie ein paar Dirty Pair Martinis, oder was immer Juan, ihr Bartender ihres Vertrauens gerne zusammenpanschte, getrunken. Die Augenlider waren bleischwer, doch als sie die Stimme Tonys hörte, die sich durch den dichten Nebel in ihrem Kopf zu ihrem Großhirn vorpreschte, war sie auch wieder ansprechbar.

Kurzzeitig hatte sie eine kleine Vision gehabt, wie sie in einem sündigen Nichts aus Stoff aufwachte, zu Tony blickte und feststellte, dass ihre Tochter ihm in der Nase bohrte und laut forderte „Papa, aufstehen.“

Kurz hatte sie den Namen dieses Mädchens im Kopf, aber genau so kurz wie er auftauchte, war er auch schon wieder verschwunden. Ebenso das Traumbild.

Sie lag nicht auf einem Bett, sie lag auf der Straße. Sie trug auch kein sündiges Nichts aus Stoff, sie trug normale Kleidung, die allerdings – so sagten die Blicke, die Tony ihr zwischendurch zuwarf, eine gewisse erotisierende Wirkung auf die Psyche von Männern – und ganz konkret auf die Psyche Tony DiNozzos hatten.

Vielleicht würde sich da in Bälde etwas ergeben?

Sie wusste es nicht.
 

Aber die Stimme Tonys riss sie wieder in die Gegendwart und sie blinzelte kurz, benommen, träge.

„Was…“, murmelte sie, rappelte sich auf und sah die kurvenreiche Figur Agatha Silverbirds, die gerade aus dem Wagen krabbelte.

„Das wollte ich dich auch gerade fragen, Ziva.“, lächelte sie und hielt sich die linke Schläfe, auf der eine kapitale Wunde prangte.

„Dich bringen wir erstmal ins Krankenhaus“, erklärte die Israelin und stockte.

Sie blickte sich um und erkannte, ein paar Meter weiter, den leblosen Körper des Captains.

Ziva beugte sich vor und tastete nach Cals Puls.

Der grell-rote Lichtstrahl zischte laut auf Angela Stones Brust zu

Du musst doch wirklich einen Schädel aus Stahl haben , war der erste Gedanke, der Agatha Silverbird durch den Kopf schoss, als sie die Augen öffnete. Sie hing kopfüber in dieser Rückhaltevorrichtung, die man „Sicherheitsgurt“ nannte und fragte sich für den Bruchteil einer Sekunde, wie sie dorthin gekommen war, dann aber kam die Erinnerung mit der Wucht einer Riesenwelle zurück. Verdammt, was war passiert?

Wieso hatte der Wagen plötzlich einen so starken Satz gemacht? Waren sie am Ende nicht über einen „schlafenden Polizisten“ gefahren, sondern über einen arglosen Biochemiker, der sich urplötzlich in etwas großes, Grünes verwandelt hatte?

Lächelnd musste sie den Kopf schütteln.

Ich verbringe definitiv zuviel Zeit mit Cal. , schoss es ihr durch das Gehirnskästchen, ehe sie stockte. Verdammt, wo war der wieder?

Sie war sehr gut festgeschnallt gewesen und es bedurfte den Fähigkeiten einer Schlangenfrau, sich durch das Gewirr von lose herumhängenden Sicherheitsgurten zu bewegen. Aber, es hatte Vorteile, wenn man seinerzeit einmal bei einer solchen Schlangenfrau in die Lehre gegangen war, um…

Mein Gott, ich komm mir vor wie eine Mary Sue – im wahrsten Sinne des Wortes. , stellte die XO in diesem Moment fest und versuchte, sich aus ihrem Gefängnis zu befreien.

Zuerst musste sie sich abschnallen – das war das Geringste der Probleme. Dann musste sie versuchen, aus der Fahrgastzelle zu entkommen und da waren die Schwierigkeiten, denn die Tür zu ihrer Seite war verzogen.

Es stand also nur der Ausweg nach Rechts auf dem Plan und dieser war von herunterhängenden Sicherheitsgurten versperrt. Als ob das noch nicht genug wäre, lagen da auch noch Glassplitter herum – und das ziemlich unmotiviert. Wenn sie sich nicht verletzen wollte, oder nicht den Tod durch Stangulation per Sicherheitsgurt sterben wollte, musste sie versuchen, zwischen diesen beiden Hindernissen herauszukommen. Sie holte also tief Luft um den Bauch so flach wie möglich zu machen, bildete ein Hohlkreuz und versuchte, sich irgendwie aus der Falle zu schlängeln, was ihr nach einigen Versuchen auch gelang.

Kurz versuchte sie, sich zu vergegenwärtigen wo sie waren und schaute sich um.

Die Gegend war nicht gerade spektakulär. Es handelte sich um eine kleine Seitenstraße in einem der vielen Industriegebiete Washington D.Cs und Agatha fragte sich, warum Ziva gerade diese Strecke gewählt hatte, als ihr Blick auf die beiden, wie hingestreckt wirkenden Körper fiel.
 

Verdammt, verdammt, verdammt. Nein, bitte nicht. Bitte seid nicht tot. , flehte sie in Gedanken, trat auf die beiden zu und ging neben ihnen in die Knie, um nach ihrem Puls zu fühlen. Es hatte durchaus Vorteile, wenn man sich mit Gina einen Raum geteilt hatte.

Kurz erlaubte sie sich ein kleines Lächeln – die Beiden waren wirklich nur bewusstlos – und stand auf, schaute sich weiter um.

Wo war Cal?

Und gerade, als sie ihn sah, kamen Tony – und ein paar Sekunden später Ziva – zu sich. Letztere stand auf und lief, so schnell sie ihre Beine trugen zu einer Person, die am Boden lag. Agatha folgte ihr und musste schlucken.

Dort lag, mit mit geschlossenen Augen und einem für seine Verhältnisse verdammt uncharakteristisch ruhigen und ernsten Gesicht, Cal.

Ziva ging neben dem Captain in die Knie und tastete nach seinem Puls.

Kurz schauten sich beide Frauen an und eine Art telepathische Kommuniaktion zwischen beiden fand statt.

„Ist er in Ordnung?“, meinte Ziva in diesem Moment in den grasgrünen Augen der hübschen Frau zu sehen und versuchte mit ihren nussbraunen Augen einen beruhigenden Gedanken an sie zu übermitteln.
 

„Was ist passiert?“, fragte einige Minuten später ein Leroy Jethro Gibbs, der inzwischen wieder im HQ und auf dem Weg hinunter ins Labor war. Am anderen Ende der Leitung versuchte, ein reichlich benommener Anthony DiNozzo Junior den Sachverhalt darzulegen, wobei er allerdings allein schon an dem Fakt, das er nicht wusste, was sie da getroffen hatte, scheiterte.

Die Tür zum Labor von Abby war immer offen und Gibbs klappte sein Handy zu, als er sah, wie die hübsche Goth vor den Geräten saß und eine Art Kappe trug, die aus Alimuniumfolie zu bestehen schien.

„Was tust Du da?“, fragte er, in einem neutralen Tonfall, mit einer Spur von Amüsement.

„Gibbsman“

Abby fuhr herum, schaute ihn mißtrauisch an und sagte: „Bist du einer von denen?“

„Von wem bitte?“

„Na, von denen.“, sagte die Goth und stand auf. Sie näherte sich ihrem Computer, beinahe so, als habe sie Angst, dass er sie gleich beißen würde. Vorsichtig betätigte sie die Entertaste und auf dem großen Monitor erschien ein Gesicht. Es war oval, hatte keine besonders gut ausgeprägte Struktur, mandelgroße Augen und war in der Hauptsache grau.

„Abs, was sehe ich da?“

„Abs mich nicht, Gibbs. Ich weiß nicht, ob Du nicht Gibbs bist, Gibbs.“, sagte die Labortechnikerin und brachte sich schnell „in Sicherheit“, indem sie hinter dem Labortisch, auf dem der Computer stand, in Deckung ging.

„Abby, ich bin ich. Ich weiß nicht, wie ich es Dir begreiflich machen soll, aber wenn ich nicht in den nächsten 5 Sekunden meine Labortechnikerin wiederhabe, verpasse ich Dir zum ersten Mal in deinem Leben eine Kopfnuss.“

Das schien zu wirken, denn beinahe wie ein Springteufel kam Abby hinter dem Computertisch hochgesprungen.

„Sorry, Gibbs, aber man kann nicht sicher genug sein.“

Damit ging sie auf ihn zu, nahm seine Hand und – ehe Gibbs merkte, was los war, explodierte Schmerz dort, wo sie ihn berührt hatte.

Er ließ seine Mitarbeiter so gut wie selten wissen, wenn er Schmerzen hatte. Das war unprofessionell und brachte nicht viel. Vor allem nicht, wenn man sich den Ruf als knallharter Hund erarbeiten – und vor allem halten – wollte.

Ersteres hatte er geschafft, an letzterem feilte er.

In diesem Moment war ihm sein Plan allerdings sowas von egal. Er verzog sein Gesicht, ließ einen kurzen Laut des Schmerzes los und schaute dann auf seine Hand, die, aus einer kleinen, von Abby mit einem Skalpell beigebrachten Wunde blutete.

„AU!“, machte er also und funkelte die Frau an: „ABBY, bist Du bescheuert?“

Noch ein Novum. Bisher hatte sich der leitende Chefermittler niemals im Ton vergriffen, hatte niemals die Intelligenz seiner Mitarbeiter und besonders nicht die, Abby Sciutos in Frage gestellt. Jetzt allerdings war ihm auch das egal.
 

Abby ging ein paar Meter zurück, senkte den Kopf und schaute ihren Boss an.

„Es tut mir leid, Gibbsman, aber… ich konnte nicht vorsichtig genug sein.“, sagte die Labortechnikerin und deutete auf das „Gesicht“, das da auf dem Monitor zu sehen war, „Ich wollte sicher sein, dass Du nicht einer von denen bist.“

„Von denen?“, echote Gibbs verständnislos und schaute sie an; „Wer sind Die?“

„Ausserirdische.“, sagte die hübsche Goth und deutete zum Fenster hinaus: „Sie sind hier. Hier in Washington. Ich habe… ich habe da was gesehen.“

„Abby… ich bin wegen den Fingerabdrücken hier, nicht wegen…“

Weiter kam er nicht, denn Abby funkelte ihn an: „Komm mir nicht auf die Idee, mir einfach so in die Parade zu fahren, wenn ich die Welt retten will, Silberfuchs.“

Der Grauhaarige stoppte, schaute Abby dann an und zuckte mit den Schultern.

Dies wertete die hübsche Dunkelhaarige, als Einladung, loszulegen, was es im Grunde auch war.

„Also“, fing sie an, „ich arbeitete gerade an irgendwelchem langweiligen Kram für Agent Phillips, als ich plötzlich diesen Krach hörte.“

Sie stoppte, schaute Gibbs eindringlich in die Augen und sagte: „Erinnerst Du dich an Tims ‚Rocket Man’-Vortrag?“

Das tat er tatsächlich, wenn auch mit Schmerzen.

„Was ist damit?“

So langsam hatte er sich wieder in den Gibbs-Rhtyhmus eingefunden. Kurze, knappe Sätze, kurze knappe Ansagen, denn Zeit war bekanntlich Geld und er war Marine. Es war ihm kein Marine bekannt, der mehr als das sagte, was nötig war. Jedenfalls nicht, im Beruf.

„Ich hab dieses Rauschen gehört und dachte mir, dass sich Tim vielleicht den Raketenanzug aus dem Fall vor knapp zwei Jahren geborgt hätte und nun eine Runde flöge, aber was ich sah war…“

Sie stoppte erneut, breitete die Arme aus und machte dabei Bewegungen, als wollte sie ihre Arme noch weiter ausstrecken, als es anatomisch möglich wäre: „Es war einfach… gigantisch. Einfach nur… gigantisch. Ich sah ein grelles Licht, dass in den Anacostia River fiel.“

Gibbs stockte und schaute sie an.

Ja, heute hatte es im Anacostia-River einen Einschlag von etwas gegeben, was man als „Kleinstmeteorit“ bezeichnete. Er selbst kannte sich mit sowas nicht aus und die Berichte von Menschen, die gesehen haben wollten, wie zwei Lebewesen aus dem Wasser gestiegen waren, erachtete er entweder als Spinnerei oder als Berichte von zwei Lebensmüden, die versucht hatten, den Anacostia zu durchschwimmen. Die These, dass dieser Kleinstmeteorit ein UFO war, aus dem zwei Aliens ausgestiegen waren, hatte es auch gegeben, aber diese wurde sowohl von ihm, als auch von den Leuten, die noch alle Sinne ihr Eigen nannten, als Blödsinn abgetan.
 

Aber er hätte wissen müssen, dass Abby der Sache eine Extraterristrische Note geben würde und so hatte ihn die Aluminiumkappe auf dem Kopf eigentlich nicht wirklich überrascht.

„Abby“, sagte er sanft, „Es gibt keine Ausserirdischen.“

Kurz stockte er. Wenn seine Erinnerungen an diesen „Captain“ und diese „Commander“ korrekt waren, gab es diese Ausserirdischen schon, aber… warum sollte er Abby noch mehr verunsichern? Am Ende sah sie hinter jeder Sternschnuppe den Angriff einer ausserirdischen Macht, die sie alle versklaven wollte und sich noch mehr von ihr schikanieren zu lassen, als gerade eben war nun wirklich nicht sein Gusto.

„Aber… es gibt diese Kornkreise.“

Gibbs lächelte, nahm sie in den Arm und gab ihr einen väterlichen Kuss auf die Stirn.

„Abs, glaub mir. Wenn es ausserirdisches Leben gäbe, warum hat es sich bisher noch nicht gemeldet?“

„Hast Du mal gesehen, was wir für Signale ins Weltall senden? Das schreit nun wirklich nicht gerade „Kommt her und sagt guten Tag.“ Am Ende müssen die noch ins Dschungel-Camp.“, kam die trockene Antwort Abbys und Gibbs musste zugeben, dass dieser Gedanke gar nicht einmal so dumm war.

Vielleicht musste er mal diesen Captain fragen, ob diese Sendung im 24. Jahrhundert immer noch ausgestrahlt wurde.

Dann fiel ihm auch wieder ein, weswegen er hier war.
 

Nein, das kann nicht sein. Er darf noch nicht tot sein. , schoss es der Frau durch den Kopf, die gerade ihre Lippen auf den Mund des Mannes presste, Das würde die komplette…

Weiter kam Ziva nicht, denn in diesem Moment hustete der Captain einmal auf, sie zog sich zurück, während er sich aufrichtete, nach der nächstbesten Hand griff – es war die von Agatha – und erst einmal den Kopf schüttelte. Dann schaute er Agatha an und grinste: „Ich wusste, dass Du mich nicht sterben lässt.“

Agatha wollte gerade etwas sagen, da schaute Ziva sie an und schüttelte den Kopf.

Sie hatte die ganze Zeit überlegt, ob sie den beiden sagen sollte, was los war, ob sie ihnen mitteilen sollte, dass das Leben der Israeli mit dem Leben der beiden Sternenflottenoffiziere verknüpft war, aber, sie beschloss, es sein zu lassen. Das würde zu temporalen Paradoxa führen und die hatte sie schon bei Doktor Who nicht verstanden.

Sie hatte überlegt – schon seit ihrem ersten Treffen hatte die hübsche Israeli das Gefühl gehabt, die beiden von irgendwoher zu kennen, und als sich der Wagen übrschlagen hatte und sie kurzzeitig ins Reich der Träume abgedriftet war, hatte sie …
 

Tony stand neben dem Wrack des Mini-Coopers und betrachtete sich den Schaden.

„Den können wir abschreiben.“, sagte er zu Ziva, die neben ihm auftauchte und die Hand auf die Ölwanne legte. Sanft fuhr sie über den Unterboden ihres Autos und summte ein Lied.

Der Italiener hatte sofort eine gewisse Assoziation im Kopf, aber er konnte nicht sagen, woher er das Lied kannte – wohl aber, was er vor seinem Inneren Auge sah. Eine Ziva, die ein blaues, rückenfreies Kleid trug.

„Woher kenne ich das Lied?“, fragte er sich leise, aber nicht laut genug, damit Ziva es hören konnte – wobei es ihn nicht überrascht hätte, wenn sie auch dazu im Stande gewesen wäre.

Plötzlich waren auch Cal und Agatha wieder am Auto und der Captain besah sich den Reifen.

„Ist der geschmolzen?“; fragte er und beugte sich weiter vor, ehe er sich an Agatha wandte: „Was meinst Du?“

„Vermutlich das selbe wie vorhin bei Tony. Phasergewehr Typ drei. Oder etwas ähnliches.“, meinte die Frau und zuckte mit den Schultern, „Aber ich kann mich natürlich auch irren.“

Cal schüttelte den Kopf: „Nein, eigentlich macht ja nur das Sinn. Der Schütze hat den Reifen aufs Korn genommen und ihn mit einem Phaser ausser Gefecht gesetzt. Daraufhin haben wir uns übrschlagen.“

Ziva wandte sich an ihn: „Und das war auch der Typ, den du da versucht hast, zu stellen?“

„Davon gehe ich stark aus.“, meinte Cal und zuckte mit den Schultern, „Entweder er, oder einer seiner Komplizen.“

Er grinste: „Tracy-boy ist in der Stadt.“

„Und wie kommst Du darauf?“, fragte Agatha, worauf Cal in seine Hosentasche fasste und einen Zettel hervorkramte.

„Den hat er mir in die Tasche gesteckt, kurz bevor er mich mit diesem Intar meinte anschießen zu müssen.“, erklärte er und wandte sich dann an Agatha, um – in einem freundlichen, zwanglosen Plauderton zu sagen: „Ich glaube, ich muss mal bei Jack anrufen. Der lässt diese Intars fiel zu liberal verteilen.“

„Ich glaube nicht, dass General O’Neill die Zeit hat.“, grinste die hübsche XO, „Er wird ja wohl viel zu tun haben, als Leiter von Homeworld Security.“

„Ihr meint Homeland Security.“, verbesserte Ziva, was Tony ein überraschtes Augenbrauenheben entlockte. Cal und Agatha schauten einander an und grinsten: „Klar, genau.“
 

Natürlich konnten die beiden NCIS-Agenten nicht wissen, dass Homeland Security die offizielle Bezeichnung für Homeworld Security war. Während man nach aussen die vereinigten Staaten von Terrroristen und anderen nicht sehr freundlichen Leuten beschützte, sicherte man in Wirklichkeit nicht nur die USA, sondern auch den ganzen Planeten. Damals, als Jack O’Neill noch nicht die Homeworld Security leitete, sondern einfach nur ein einziges Team durch das Sternentor führte, das im Cheyenne Mountain Complex – oder auch Area 52 genannt - in Colorado Springs verborgen lag , hatte Cal, wie er Agatha schon mehrfach erzählt hatte, einige Missionen mit dem legendären SG-1 erlebt.
 

„Und was hast Du nun?“, fragte Ziva und riss Cal damit aus seinen SG-1-Fantasien.

„Hm?“; machte er, was Agatha dazu brachte, sich den Zettel anzueignen und laut vorzulesen.
 

Tataaa – ihr werdet es nicht glauben.

Richtig – ich geb euch Hinweise.

Aber sie werden nicht leicht sein.

Chancenlos wäret ihr allerdings ohne sie.

Es erfordert eine gewisse Kombinationsgabe.

Lauscht meinen Instruktionen.

Er, der hier Chaos stiftet, wird euch genannt.

Sucht in der Stadt nach meinen Zeichen.

Seht mich auf der Straße.
 

Tipp: Wir beginnen links.

„Und das soll von Traceless sein?“, fragte Tony und Cal nickte: „Von wem sonst? Sein Schreibstil passt. Und ich glaube ich weiß sogar, was er uns sagen will.“
 

„Hey, Boss, ich… AU!“,

Der letzte Laut des Satzes war darauf zurückzuführen, dass Abby plötzlich hinter McGee aufgetaucht war und ihm mit dem Skalpell in den Finger geschnitten hatte. Verdattert blickte der Agent erst auf die blutende Wunde, dann auf das Bild auf dem Monitor und schaute die hübsche Labortechnikerin an: „Abby, ich bin kein Silence. Ausserdem können die nur die Gedanken verändern – was sie nicht können, ist das Aussehen anderer Personen an…“

Kurz stockte er.
 


 

Damit trat er auf ihn zu, salutierte erneut und sagte: „Captain Calvin Cat, Kommandant der USS Dragonfly, Registriernummer NCC 0815-A.“

Gibbs betrachtete ihn, deutete auf den Stuhl und sagte nur: „Setzen Sie sich.“

Verwirrt blickte der Mann, der sich als Captain ausgab, zu seiner rothaarigen Begleiterin und nickte dann.

Sich setzend, verschränkte er die Arme vor der Brust und schaute sein Gegenüber an.

„Sie erwähnten gerade einen Verbrecher…“

Cal schnellte vor, legte eine Hand auf den Tisch und schaute Gibbs an: „Der Mann heißt Buzz Intrupper. Er ist Wissenschaftler gewesen… Cleveres Kerlchen. Entwickelte so was wie Intelligente Masken.“

Er schaute in die Runde: „Stellt euch eine Karnevalsmaske vor, die mit eurem Kopf verbunden ist. Ihr denkt an ein Gesicht und automatisch verwandelt sich die Maske in das Gesicht, das ihr euch vorgestellt habt. Ihr wollt aussehen wie Michael Wheatherly in ‚Dark Angel’? Kein Problem. Ihr wollt die Lippen von Angelina Jolie haben? Auch kein Thema. Der Geheimdienst hatte ihn … unter Vertrag.“

„Welcher Geheimdienst?“, fragte Gibbs und Cal räusperte sich: „Der Geheimdienst… der… erm…“
 

Sie hätte nie gedacht, dass sie sich mal wieder Sorgen um ihren Timmy machen müsste. Er war in den letzten Jahren ein so starker, so aktiver Agent gewesen, das, zu sehen, wie er plötzlich und ohne jeglichen Grund erbleichte, in Abby etwas auslöste, was man nur „Welpenreflex“ nennen konnte. Schnell war sie bei ihm, hielt ihn fest und sagte: „Tim? Geht es Dir gut?“

Der Gesichtsausdruck, den der Special Agent in diesem Moment hatte, war einer, den sie wohl bis ans Ende ihrer Tage nicht mehr vergessen würde. Reine Panik stand in ihm geschrieben und er wandte sich an Gibbs: „Boss, ich… ich glaube wir haben ein Problem.“
 

Leon Vance war nicht wenig überrascht, als sich die Tür, ohne das jemand geklopft hätte, öffnete und Gibbs mit McGee im Raum stand. Es war ein so typisches Verhalten für den ehemaligen Gunnery Sergeant, dass er es zu tolerieren gelernt hatte.

Also schloss er kurz die Augen, biss die Zähne aufeinander und spannte sein Gesicht an, ehe er sich wieder entspannte und seine Augen die Körperhaltung Gibbs und McGees analysierten. Beide wollten etwas und es war garantiert kein Freundschaftsbesuch.

„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte er in seiner typischen dienstlich-verbindlichen Stimme und er nahm sich, in weiser Voraussicht, einen seiner Zahnstocher, um ihn sich zwischen die Zähne zu klemmen.

„Sag es ihm, McGee.“, eröffnete Gibbs rauhe Stimme den Monolog seines IT-Fachmannes, der ohne Punkt und Komma zu reden begann. Von möglichen Angriffen von Ausserirdischen ging der kurze Geschichtsabriss, den der Special Agent ihm lieferte, über formwandelnde Wesen, bis hin zu zwei Offizieren einer Militäreinheit der Zukunft.

Nun legte sich ein Lächeln über die Lippen Vances: „Erzählen Sie mir was, was ich nicht weiß.“
 

Gibbs war eher selten zu überraschen, aber der Fakt, dass Vance nach einer Geschichte, die er selbst noch vor knapp 24 Stunden als komplette Traumtänzerei abgetan hätte, sagte „Erzählen Sie mir was, was ich nicht weiß“, war etwas, das er sich eigentlich so nie zu Träumen gewagt hatte. Natürlich besaß der Director eine höhere Sicherheitsstufe, aber, dass dieser über die Existenz solch phantastischer Lebewesen wie Klingonen, Borg oder Cardassianer, oder was immer ihm gerade für ein Alienname im Kopf herumspukte, vertraut war, glaubte er nicht so ganz. Da musste etwas anderes …
 

Kurz hielt er sich den Vortrag des „Captains“ vor Augen und legte den Kopf schief. Seine grauen Augen funkelten amüsiert: „Sie sind Leon?“

Vance hob den Blick und sah lächelnd, wie Gibbs seine Waffe hervorholte. Er traf keine Gegenmaßnahmen. Dafür ließ ihn der Blick, den McGee Gibbs zuwarf, die Augen schließen, kurz und beinahe humorlos auflachen

„He“, machte der Direktor und öffnete seine Augen wieder, zu Gibbs herüberblickend. Mit einer lässigen Geste strich er sich dann seinen Maßanzug glatt, der nach seinem Aufstehen, bevor Gibbs und McGee hereingekommen waren, Falten geworfen hatte, und zuckte mit den Schultern: „Los, sagen Sie es ihm, Gibbs.“

Dieses mal lachte Gibbs humorlos: „Woher sollte er denn wissen, dass es Aliens gibt?“

Damit schaute er zu McGee herüber und formte mit den Lippen nur ein Wort: „Traceless.“

Augenblicklich hatte auch der Computergeek die Waffe gezogen und Vance – oder war es doch Traceless? – ins Visier genommen.
 

Der Fahrstuhl machte sich gar nicht erst die Mühe, im Stock des Bull-Pens zu halten, er fuhr direkt in die Etage des MTACs und des Büros von Director Vance. Die Tür glitt auf und in einer Geschwindigkeit, die man ihm zugetraut hatte, eilte Calvin Nathan Cat auf die Tür zu, hinter der sich das Vorzimmer, inklusive Cynthia befand.

Mit einem „Sorry, keine Zeit“ eilte er an ihr vorbei, riss die Tür auf und schaute verdattert auf das Bild, das sich ihm bot.

Gibbs und McGee hielten Director Leon Vance in Schach.

„Ich weiß, Sie machen nie Fehler, Mister Gibbs, aber dieses mal…“, setzte Cal an und schüttelte den Kopf, „Das is nich Traceless.“

Damit ging er auf Vance zu und salutierte: „Captain Vance, schön Sie zu sehen.“
 

„Er ist was?“, fragte Ziva David eine amüsiert dreinblickende Agatha Silverbird, „Unser Chef arbeitet eigentlich für…“

„Die Sternenflotte.“, grinste die junge Rothaarige und zuckte mit den Schultern, „Ist nicht so, dass wir uns das groß ausgesucht hätten, aber… seinerzeit haben gewisse temporale Schwierigkeiten die Einsetzung von Sternenflottenpersonal in diversen Zeitebenen notwendig gemacht.“

Damit schaute sie entschuldigend zu Gibbs. „Es tut mir leid, wenn wir Ihnen das nicht eher sagen konnten, aber… es gibt da sowas, das sich temporale Erste Direktive nennt. Nur gegen die verstößt er hier“, sie nickte in Richtung Cal, „Ja mit großer Vorliebe.“

„Hey, ich hab den temporalen kalten Krieg nicht angezettelt. Und ich bin sicher, auch die Xindi, die Florida angegriffen haben… angreifen werden… angegriffen haben werden worden wollen sein.“

Sofort richteten sich fünf Augenpare auf ihn und in allen war sowas wie Verwirrung zu erkennen.

Sich nachdenklich am Kopf kratzend, räusperte sich der Sternenflottenoffizier und grinste verlegen: „Versucht Ihr mal die korrekten Tempi zu bilden, wenn ihr von etwas sprecht, das aus eurer Sichtweise schon ein alter Hut ist, für andere aber noch Zukunftsmusik.“

Vance schaute ihn an: „Was meinen Sie, Captain, wofür es sowas wie die Temporale erste Direktive gibt. Da wird nicht nur die Zeitlinie gewahrt, auch so schöne Sachen wie die Sprache…“

Tony räusperte sich und schaute Cal abwartend an: „Du sagtest doch, du hättest eine ungefähre Ahnung, was Traceless uns sagen wollte?“

Der Captain nickte: „Stimmt. Also…“

Damit schaute er in die Runde und nahm erneut den Zettel hervor, den Traceless ihm offenbar zugesteckt hatte.

Er räusperte sich und las vor: „Tataaa – ihr werdet es nicht glauben. Richtig – ich geb euch Hinweise.Aber sie werden nicht leicht sein, chancenlos wäret ihr allerdings ohne sie.

Es erfordert eine gewisse Kombinationsgabe. Lauscht meinen Instruktionen. Er, der hier Chaos stiftet, wird euch genannt. Sucht in der Stadt nach meinen Zeichen. Seht mich auf der Straße. Tipp: Wir beginnen links.“

Dann legte er den Zettel wieder hin und schaute erneut in die Runde.

„Zum einen handelt es sich hierbei wieder einmal um einen Ac… Acro… Agatha, wie heißt das Ding?“

Die hübsche Rothaarige seufzte: „Acrosstic, Schatz. Arcrosstic. Hierbei wird die Kernaussage in den ersten Buchstaben einer jeweiligen Zeile getroffen. Es ist eine Visitenkarte des Maskenträgers. Unterstreichen wir die ersten Buchstaben einer jeweiligen Zeile, kommen wir auf den Namen ‚Traceless.’. Das ist seine Signatur.“

„Moment mal.“, sagte in diesem Moment McGee, „Ich habe eine ähnliche Botschaft auf meinem Computer gefunden. Das war … das war kurz bevor wir angegriffen wurden und Petty Officer McConnaugh starb.“

Entsetzt riss Agatha den Kopf hoch: „Laura ist tot?“

„Jetzt sagen Sie bloß, die kennen Sie auch.“, murmelte Tony leise und Cal schaute ihn an: „Klar. Sie ist doch die Nummer zwei unseres anderen Top-Agenten hier. Eben jenes verstorbenen Captain Thaddeus Stone.“

Ja, da war durchaus sowas wie Verblüffung in Zivas Augen zu sehen: „Captain Stone ist ebenfalls ein Sternenflotten-Offizier?“

„Klar, was meinen Sie, mit wem Captain Vance dauernd in Kontakt stand?“, grinste Cal und schaute sie an: „Ach übrigens, bevor Sie sich Sorgen – nein, Sie und Ihre Familie kommen aus dieser Zeit. Ihr Vater ist kein Offizier der Sternenflotte.“

Ziva war sich nicht ganz sicher, wie sie darauf reagieren sollte. Es hätte ja auch eigentlich keinen Unterschied gemacht, welchen Rang Eli nun in der Realität – oder was man so euphemistisch „Realität“ nannte – bekleidete. Wichtig war doch nur, wie er sich ihr gegenüber verhalten hatte und da war es doch schon ein wenig grenzwertig.

Kurz suchte sie Blickkontakt zu Tony, fand ihn und fragte sich, wie es nun weitergehen sollte. Wer würde sich noch als Agent aus dem 24. Jahrhundert herausstellen? Der Präsident? Oder war der gelbe Sportwagen, der regelmäßig vor ihrer Haustür stand, in Wirklichkeit ein ausserirdischer Kampfroboter?

Wer wusste schon, was Realität war.

Sie zuckte zusammen, als McGee plötzlich ein „Hier“ ausrief und dann zu Cal herüberblickte.

Der Captain und die XO traten auf den Computer zu, beugten sich vor und dann tat der Captain etwas, was McGee nicht für möglich gehalten hatte. Er griff sich in die Hosentasche und förderte ein Brillenetui zu Tage, setzte die Brille auf und beugte sich weiter vor.

„Das machst Du doch nur, um clever auszusehen.“, grinste Agatha und Cal zog eine Grimasse: „Du musst immer alles verraten.“

Damit nahm er sich die Brille ab und verstaute sie wieder im Etui.

McGee grinste: „Sie erinnern mich wirklich an den Doctor.“

„Doctor Who?“, fragte Cal, mit einem schelmischen Lächeln, was Agatha dazu brachte, ihm den Finger auf die Lippen zu legen: „Du weißt doch. Silence will fall, when the question is ansewered.“

Ihr zuzwinkernd wandte sich Cal dann wirklich dem Bildschirm zu und las:

„Tony, Ziva, McGee, Gibbs, reicht euch das Versteckspielen? Als amüsant erachte ich es immer noch. Cal versucht euch zu helfen. Putzig. Er – der nicht mal in der Lage ist, sein Raumschiff fehlerfrei zu kommandieren. Er sollte sich vorsehen – da haben schon ganz Andere versucht, mich zu fassen. Sie sind gestorben.“

Kurz verzog er sein Gesicht, als habe er in eine Zitrone gebissen: „Ich schaffe es, mein Raumschiff fehlerfrei zu kommandieren.“

„Ach ja?“, grinste Agatha, „Wann denn? Alle Jubeljahre mal.“

„Aber ich schaff es.“, sagte Cal und klang beinahe ein wenig beleidigt. Gerade holte Agatha Luft, um etwas zu erwidern, als sie plötzlich abbremste und sich an den Kopf fasste.

Cal wandte sich zu Gibbs um, der sich hinter ihnen postiert, und ihnen simultan eine Kopfnuss verpasst hatte.

„Hey!“, machte er empört und erntete als Dank gleich noch eine.

Grinsend wandte sich Tony an Agatha: „Fühlt sich nicht toll an, oder?“

Die hübsche Rothaarige schüttelte den Kopf und Gibbs raunte: „Vielleicht sollten wir uns jetzt mal daran machen, herauszufinden, was uns dieser Traceless sagen wollte.“

„Schon klar, Boss.“, machte Cal und schaute knapp danach selbst am Überraschtesten drein: „Hab ICH das gerade gesagt?“

„Ja“, grinste Agatha und gab ihm einen Kuss: „Und jetzt hau rein.“
 

Cal räusperte sich, warf einen bedeutungsschwangeren Blick in die Runde und sagte: „Straßen…AU!“

Agatha wandte sich in seine Richtung und sah, wie Abby Sciuto einen Blick auf das Skalpell warf, es dann abwischte und sich an die XO wandte, die ihr kurz lächelnd, den Arm hinhielt. „Bitte, Miss Sciuto, tun Sie was Sie nicht lassen können.“

Cals Reaktion auf den kleinen tätlichen Angriff der Goth war weniger heldenhaft, denn verständlicherweise, ein wenig angesäuert.

Er drehte sich um, fixierte die Frau wütend und bemerkte dann erst, wen er da anfunkelte.

Anschließend zuckte er mit den Schultern und schaute wieder in die Runde.

„Wo war ich?“

„Straßen… AU!“, wiederholte Agatha seine Worte in exakt der selben Tonmodulation, die Cal auch verwandt hatte, inklusive des leicht protestierenden Geräusches, als Abby ihn gestochen hatte.

Das dies eine große Erheiterung bei den anderen auslöste, war auch verständlich.

Der Captain räusperte sich kurz und schaute dann zu Agatha, die sich ein kurzes Lächeln gestattete, ihn dann aber wieder aufmerksam anschaute: „Ja, Schatz?“

„Ich denke, ich soll reinhauen.“, sagte der Angesprochene, schaute sie ein wenig verständnislos an, was diese mit einem kurzen Schulterzucken quittierte: „Wenn Du dich immer wieder ablenken lässt…“

„Vielleicht würde ich mich nicht so sehr ablenken lassen, wenn meine eigene XO mir nicht in den Rücken…“

Er stoppte, schaute zu Gibbs, der schon wieder einen Schritt in seine Richtung getan hatte. Kurz schluckend, murmelte er ein kleinlautes „Tschuldigung, Boss“ und machte sich dann wieder daran, einen ernsten Blick in die Runde zu werfen.

„Also, Leute. Es ist eigentlich ganz einfach. Straßenkarten…“

Das laute Schellen einer Alarmsirene ließ Cals Kopf hochschrecken und er schaute verdattert in die Runde: „Okay, was in drei Teufels Namen…“

„Das ist der Feueralarm.“, fuhrt Ziva Cal in die Parade, woraufhin Gibbs sich an McGee wandte: „Schau nach, wo es brennt.“

„Bin schon dabei, Boss.“, erklärte der Computerexperte, war an seinem Schreibtisch und hackte in die Tastatur, dass es nur so eine helle Freude war. Dann wandte er sich Gibbs zu: „Nirgends, Boss.“

„Also wird sich jemand einen Spaß erlaubt haben, oder?“, vermutete Cal, doch da stand er schon mit Abby alleine da, die ihn nur anschaute.

„Möchten Sie meine Theorie hören?“

Die Forensikerin schaute ihn an, schüttelte den Kopf und wandte sich um. Das letzte, was sie von ihm sah, war, wie er kopfschüttelnd im Raum stand, dann mit den Schultern zuckte, ehe er die Toilette aufsuchte.
 

Die Quelle des Krachs war ein gezogener Feueralarm am Ende des Ganges. Als Gibbs und Agatha den Ort erreichten, schaute der Rotschopf Gibbs verdattert an: „Sollte man solche Sachen nicht eigentlich besser schützen, damit sie nicht einfach so zweckentfremdet werden können?“

Gibbs schenkte ihr einen ernsten Blick und sagte nur: „Eigentlich sind sie das.“
 

William Turner, Private first class war nicht unbedingt begeistert, als Gibbs ihn einfach mitten im Verhör hatte stehen – oder besser gesagt: sitzen – lassen.

Das musste eine neue Verhörtaktik sein. Das Problem war: Er hatte nichts getan, er war nicht schuldig und so traurig der Tod des guten Captain Stones auch war, er war nicht daran schuld.

Daher verstand er auch nicht, warum Gibbs , dieser knallharte Hund, von dem er gehört hatte, ihm immer wieder auf den Kopf zusagen wollte, dass er schuldig wäre. Er verstand es einfach nicht. Er war nicht schuldig – himmel, er war doch er selbst, wer sollte denn besser wissen, wo er, William Turner, Private first class, gewesen war, wenn nicht Willian Turner, private first class?

Langsam, aber sicher empfand er die ganze Sache einfach nur noch als lächerlich.

Man setzte ihn in diesen Raum und hoffte, in dem man sich für gefühlte 10 Stunden rar machte, ihn weichzukochen, was?

Nicht mit mir, meine Freunde. , schoss es ihm durch den Kopf und er beschloss, zu warten.

Kurz ließ er seinen Blick schweifen. Der Raum war dunkel und wenn man ihn als „spartanisch eingerichtet“ beschrieb, war das noch ein krasser Euphemismus. Da standen zwei Stühle, ein Tisch – mehr gab es nicht. Und da war der Spiegel, von dem Turner sicher war, dass es ein Einwegspiegel war, hinter dem gerade Gibbs stand und, süffisant lächelnd, eine Kaffee oder sonst irgendwas trank.

Und da war natürlich die Videokamera, die seine Regungen aufnahm. Sie war nicht unbedingt subtil versteckt, sondern schön sichtbar in der Ecke des Raumes installiert worden und eine kleine, rote Lampe am unteren Gehäuseende zeigte auf, dass sie aufzeichnete. Ihn.

Irgendwann wurde es ihm zu blöd, und er begann, zuerst zu summen, dann lauthals zu singen.

Er wusste nicht mehr, woher er das Lied gehört hatte, er wusste noch nicht mal, wie es wirklich ging, er wusste nur, dass da irgendjemand dem Sänger das wahre Gesicht zeigen sollte. Er hatte keine Ahnung, wieso es ihm gerade jetzt in den Sinn kam, als er sich von dieser Videokamera beobachtet fühlte, er wusste nur, das das Lied passte. Und gerade, als er weiter überlegte, wieso, ging die kleine, rote Lampe aus. Die Kamera zeichnete nicht mehr auf.
 

Verwundert hob der Private den Blick, als er hörte, wie sich die Tür öffnete.

Ihm war klar, dass nun Gibbs den Raum betreten und andere Saiten aufziehen würde. Gerade wollte er sich umdrehen und dem Special Agent sagen, was dieser ihn mal könnte, als er ein merkwürdiges Geräusch wahrnahm. Und dann spührte er eine sengende Hitze in seiner der Tür zugewandten Schulter und eine ungeheure Kraft, die ihn nach vorne trieb. Er stolperte über den Stuhl, krachte mit dem Bauch auf den gefliesten Boden und fühlte den Schmerz, des Projektils, das sich in seine Schulter gebohrt hatte.
 

Verdammt, ist Gibbs jetzt komplett durchgeknallt? , schoss es Turner durch den Kopf, als er das Geräusch noch weitere zwei Male hörte und dieses mal konnte er es sogar zuordnen. Schallgedämpfte Schüsse. Jemand schoss auf ihn.

Und dieser jemand – es war in Turner in diesem Moment auf fundamentale Art und Weise klar – war nicht Gibbs.

Die Kugeln bohrten sich in sein Rückgrat und sein rechtes Bein und jedes mal explodierten sengendheiße Schmerzen und rasten schockwellengleich durch seinen Körper.

Er war noch nie angeschossen worden und er hatte eigentlich nie vorgehabt angeschossen zu werden.

Und dann – entgegen seiner Überzeugung und seines eigenen Willens, drehte er sich auf den Rücken.

Eigentlich wollte er gar nicht wissen, wer da nicht einmal die Courage hatte, ihn von vorne anzuschießen, geschweige denn, wer so gut war, sich mitten ins NCIS-Hauptquartier zu begeben und ihn auszuschalten. Vermutlich stand in der Tür eine Monstrosität in einem schwarzen Anzug, mit weißer, nahezu entsetzlich weißer Haut und einer Mischung aus Asgard aus Stargate und „Schrei“ von Munch als Gesicht. Silence will fall. Na, würde sie endlich mal, dann wären ihre Agenten aus dem Weg geräumt und…
 

Doch die Person, die da die Waffe hielt, war keine Monstrosität.

Im Gegenteil, sie war, nach menschlichen Maßstäben – und welche sollte man sonst ansetzen? – ganz attraktiv und er kannte sie. Es war diese Frau, die ihn zu zugerichtet hatte. Ziva David.

Und sie richtete eine Pistole auf seinen Kopf.
 

Verdammt.

Tony hatte Ziva verloren – er war eigentlich mit ihr unterwegs gewesen, um herauszufinden, ob noch mehr Alarmanlagen aktiviert worden waren und plötzlich war sie von seiner Seite gewichen. Sie hatte ein „Ich muss nur kurz was überprüfen“ gemurmelt und war dann einfach so verschwunden.

Natürlich war sie alt genug, um auf sich aufzupassen, aber irgendwie hatte er ein ungutes Gefühl gehabt, als er Ziva aus den Augen verloren hatte.

Woher?
 

Ein helles Kinderlachen war zu hören und er spürte, wie trotz seines Schultergelenks, das ihn immer wieder einmal schmerzte und seiner Kniescheibe, die die Angewohnheit hatte, mal wieder herauszuspringen, dieses Lachen ihn für alles entschädigte. Er ging in die Hocke und wurde von seinem Widersacher – einem knapp 6-Jährigen Mädchen – von den Beinen geholt, da es ihn ansprang und sich an ihn kuschelte.
 

„Daddy.“, machte sie und Tony hatte das Gefühl, als würde ihm das Herz überlaufen. Dann warf er einen Blick auf das Buch, das Ziva ihm gegeben hatte. „Ob das so eine gute Idee ist, meiner kleinen Tochter das vorzulesen?“, grinste er die hübsche Israelin an und sie lachte nur: „Sie soll es auch noch gar nicht lesen. Das ist eine Leseempfehlung von McGee.“
 

Und nachdem er die Kleine ins Bett gebracht hatte, schlug er das Buch auf und runzelte die Stirn: „Ziva – nicht ausgemalte Comics? Für wie alt hält McGee uns?“

Ziva trat auf ihn zu und küsste ihn auf den Mund: „Das ist ein Manga, mein kleiner Pelzarsch. Lies ihn dir durch. Er ist gut.“
 

Und gerade als er an der Stelle war, in der der siebzehnjährige Schülerdetektiv im Vergnügungspark hinter einigen Kriminellen im schwarzen Anzug herlief, hörte er auf, den Comic/Manga ernst zu nehmen. Dann las er den einen Satz und musste, aus welchem Grund auch immer, schwer schlucken. „Ich hatte das Gefühl, ihn nie wieder zu sehen.“
 

Er hatte das Gefühl, sie nie mehr wieder zu sehen. Deshalb war sein Herz gerade damit beschäftigt, ihm aus der Brust zu springen.

Verdammt.

Tony drehte sich um und rannte in die Richtung davon, in die auch Ziva verschwunden war.
 

Die hübsche Israelin lächelte kalt, zielte auf den am Boden liegenden Turner und drückte erneut ab. Es ist an dieser Stelle nicht nötig, genau und explizit zu beschreiben, wo die Kugel traf und ihren tödlichen Dienst tat, es reicht, zu erklären, dass sie es tat. Und in einer Blutlache, mit einem entsetzten Gesichtsausdruck, blieb der Private first class liegen.
 

Tony erreichte den Ort des Geschehens gerade noch rechtzeitig, um mit anzusehen, wie Ziva mit der Kaltherzigkeit eines Androiden in das Verhörzimmer zielte und abdrückte. Es war eigentlich sinnlos, sich zu fragen, auf wen oder was sie zielte – in dieses Verhörzimmer hatte Tony höchstselbst den Verdächtigen PFC Turner gesperrt. Warum Ziva sich allerdings nun entschlossen hatte, diesen Mann zu liquidieren, das überstieg die Vorstellungskraft des Italo-Amerikaners.

Und ehe er verstand, was passiert war, hatte er sich selbst auch schon rufen hören: „BUNDESBEHÖRDE: ZIVA DAVID, LEGEN SIE DIE WAFFE WEG!“

Die Frau stoppte in ihrer Bewegung, drehte sich zu ihm um und schien tatsächlich für den Bruchteil einer Nanosekunde darüber nachzudenken, die Waffe fallen zu lassen, ehe sich in ihren hübschen Augen bloße Entschlossenheit abzeichnete und sie die Waffe wieder hob. Dieses mal zielte die Mündung genau auf ihn.

Gerade, als er sich aus der Schusslinie warf, gellte die Pistole drei mal auf. Wo die Kugeln trafen, war ihm in diesem Moment egal, er verstand nicht, was los war. Stattdessen ergriff kalter, abgeklärter Automatismus von seinem Körper Besitz.

Er überprüfte seine Waffe – sie war geladen – und warf sich aus seinem Versteck.

Dann rollte er sich über seine Schulter ab, richtete sich auf und feuerte.
 

Die Kugel traf Ziva in die Brust und die hübsche Frau taumelte ein paar Schritte zurück, ehe sie mit dem Ausdruck bloßen Unglaubens auf die Wunde blickte. Binnen Nanosekunden hatte sich ihr weißes Hemd dort, an der Brust, rot gefärbt und Tony schluckte hart.

Dann hob sie ihren Blick und der Italo-Amerikaner war verblüfft. Eigentlich tat es weh, von einer Kugel getroffen zu werden, aber Ziva schien das nichts auszumachen. Vermutlich lag es daran, dass sie eine ausgebildete und trainierte Attentäterin war und…
 

„Tony, was geht hier vor“, hörte er plötzlich die Stimme Zivas hinter sich und wirbelte überrascht herum. Dort stand tatsächlich Ziva David und ihr Gesichtsausdruck verriet bloße Überraschung, dann Panik. Mit einem „PASS AUF!“ nahm sie plötzlich Anlauf und riss ihn zu Boden als direkt über ihn Kugeln sirrten.

„Was…“, machte Tony, schaute die hübsche Israelin einfach, wie vor den Kopf geschlagen, an und achtete gar nicht mehr darauf, dass die Doppelgängerin plötzlich los- und weg lief.

Der Italiener schaute die Frau an, es war ihm egal, wo er war, was gerade passiert war, er griff sie und drückte ihr einen Kuss auf den Mund: „Jag mir nie wieder so einen Schrecken ein.“
 

Special Agent Beatrice Feldon stand unter der Dusche. Es war ein harter Arbeitstag gewesen und sie wollte sich die Spuren der Tour durch die Washingtoner Kanalisation vom Leib waschen. Also hatte sie sich vom Rest ihres Teams abgesetzt, sich in der Damenabteilung ihrer Kleidung entledigt und war unter die Dusche gestiegen. Das Wasser tropfte warm und herrlich auf ihren schönen Körper und sie wusch sich gerade ihr hüftlanges dunkles Haar, das sie im Dienst zu einem Dutt hochknotete, damit es sie nicht behinderte. Gerade war sie dabei, ihre schlanken, muskulösen Beine mit Duschgel zu bearbeiten, als sie hörte, wie zwei Kabinen neben der Ihren Wasser zu laufen begann und jemand laut und vernehmlich stöhnte.

Das man vor den Leuten, die nicht mal am Arbeitsplatz ihre Finger voneinander lassen können, nicht mal in der Dusche seine Ruhe hat., schoss es ihr durch den Kopf, doch dann hörte sie, dass die Stimme, die dort stöhnte a) männlich war und b) das Geräusch nicht lust- sondern schmerzerfüllt war.

„Hallo?“, fragte sie vorsichtig und wie zur Antwort stöhnte die Person wieder.

Feldon lugte aus der Dusche - den milchigen Vorhang eng gegen ihren Körper gepresst – und erschrak.

Aus der Dusche lief Blut.
 

Man war auf der Jagd.

Gibbs, Ziva, Tony, McGee, selbst Agatha – die ihren Phaser gezogen hatte – machten sich, einander in perfektem Zusammenspiel Deckung gebend, auf den Weg, der deutlich sichtbaren Blutspur zu folgen, die die Ziva-Doppelgängerin hinterlassen hatte.

Ihr selbst war es ein wenig unheimlich, das jemand mit ihrem Gesicht durch die Gegend lief und die Erklärung, die Agatha ihr gegeben hatte, war nicht annähernd befriedigend.

„Du meinst“, flüsterte sie, als sie nebeneinander pirschten, ihre Waffen erhoben, „dass dieser Traceless sich auch in eine Frau verwandeln kann?“

„Alles schon mal dagewesen.“, erklärte die hübsche Rothaarige schulterzuckend, „Der Typ hat es geschafft, sich als Frau des romulanischen Botschafters auszugeben und ihn so zu erledigen. Ich sage ja, mit ihm ist nicht gut Kirschen essen.“

„Die Spur führt zur Damendusche.“, sagte McGee in diesem Moment und schaute ein wenig ratlos zu Gibbs: „Und was machen wir nun?“

Der grauhaarige Special Agent schaute ihn durchdringend an.

„Okay, wir gehen rein.“, machte McGee, hart schluckend, was Tony zu einem: „Aber halt dir ja die Augen zu, Bambino“, ermutigte.

Kurz darauf zuckte er zusammen, spürte den Schmerz, den die Kopfnuss in seinem Hirn verursachte und murmelte ein „Tschuldigung, Boss“.

Die beiden Frauen, Agatha und Ziva, warfen einander einen Blick zu und rollten mit den Augen: „Männer.“

Damit betraten sie den Raum.

Das laute Plätschern war ohrenbetäubend. Der Raum war gefließt – nicht unbedingt in den hübschesten Farben, aber es ging ja auch nicht wirklich um Ästhetik, mehr um Funktionalität.

Auf den weißen Fliesen war die rote Blutspur deutlich zu erkennen und eine gewisse Anspannung ergriff Besitz vom Team.

Agatha hielt die Luft an, hob den Phaser so, dass sie schießen konnte und spähte um die Ecke.

Erschrocken prallte sie zurück, als ihr jemand entgegenkam.

Die Frau hatte sich ein Handtuch um den Körper gewickelt und ihre hüftlangen, dunklen Haare schwangen frei. Sie kam ihnen entgegen, die Augen weit aufgerissen, wie im Schock und schaute zu DiNozzo: „Da… da braucht jemand Hilfe.“ Sanft griff Tim die Frau und zog sie zur Seite. Er lächelte ihr beruhigend zu: „Keine Sorge, wir kümmern uns darum.“
 

Die Blutspur führte geradeaus und man konnte durch den milchigen Vorhang nur ungefähre Körperformen der Person erahnen, die dort in der Duschkabine blutete. Aber dazu brauchte Tony nicht viel Fantasie. Er hatte die Ziva-Doppelgängerin, beziehungsweise Traceless, angeschossen, also würde der Wahnsinnige unter der Dusche vermutlich immer noch die vertrauten Formen Zivas spazieren tragen. Nun wissend, dass die Person unter der Dusche nicht Ziva war, wurde der Halb-Italiener von einer unmenschlichen Wut gepackt. Wie konnte dieser Mensch es wagen, ihn, Tony DiNozzo, durch seine eigene persönliche Hölle gehen zu lassen? Allein die Vorstellung, dass er gezwungen war auf Ziva zu schießen, weil diese ihn umbringen wollte, allein die Vorstellung dass Ziva ihn wirklich umbringen wollte, ließ sein Blut kochen und sein Herz bluten. Mit einem wütenden Ruck riss er den Vorhang auf.

„Also, du Mist…“

Die Person, die in der Dusche war, rutschte an den Fliesen herunter und schaute Tony aus nussbraunen Augen an. Dann schaute sie zu Agatha und schaute sie erschrocken an: „Schatz… Hilf mir.“

Calvin Nathan Cats Hand streckte sich nach der Agatha Silverbirds aus.
 

Die hübsche Rothaarige reagierte schnell und routiniert. Sie trat einen Schritt zurück, hatte den Phaser auf den am Boden liegenden gerichtet und funkelte ihn an.

„Verwandel dich zurück, oder ich knock dich aus.“, zischte sie und der Mann, der in der Duschkabine lag, blinzelte sie verblüfft an.

„Bist du bescheuert, Gathy? Ich bin ich!“

Keinen Sekundenbruchteil später hatte Agatha abgedrückt. Der Mann, der wie Cal aussah, gab ein Geräusch von sich, dass eine Mischung aus Seufzen und überraschtem Brummen darstellte und erschlaffte dann.

„Commander?“, fragte McGee und Agatha steckte die Waffe weg.

Sie schaute zu Tony: „Sie hatten doch auf Agent David geschossen, nicht wahr?“

„Ja, und sie war, nach einem Treffer in die Brust zurückgetaumelt.“, sagte der Halb-Italiener und schüttelte sich vor Grauen, als er sich an die Szene erinnerte.

„Cal blutet aus der Brust“, stellte Agatha fest und deutete auf das Blut, das nun von der Dusche weggespült wurde… ehe sie lächelte.

„Seht Ihr, die Wunde hört auf zu bluten, gleich setzt der Heilungsprozess ein. Das ist Traceless.“, sagte sie mit der Sicherheit, einer großen Detektivin.

Sie trat auf den zusammengesunkenen Körper zu, hob sein Uniformshirt hoch, inspizierte die makellose Haut der Brust, ehe sie die Stirn runzelte.

„Bilde ich mir das ein, oder hat der Captain da eine Platzwunde an der Stirn?“, fragte in diesem Moment auch Ziva, die sich ebenfalls über den Bewusstlosen gebeugt hatte.

Agatha warf ihr einen Blick zu, der ganz eindeutig besagte, dass sie hier nicht nur mit ihrem Latein, sondern auch mit ihrem Altgriechisch, Mandarin, Spanisch, Englisch, Klingonisch, Romulanisch, Borg und was auch immer man sonst noch so für Fremdsprachen lernen konnte, am Ende war.

„Eigentlich dürfte das nicht passieren.“, erklärte sie und schaute dann wieder zum Ohnmächtigen, der in diesem Moment noch etwas in sich zusammensackte.
 

Ducky blickte von einer seiner Untersuchungen auf, als eine atemberaubende Rothaarige mit einem Mann, der komplett durchnässt war und den sie auf einer Rolltrage vor sich herschob, die Pathologie betrat. Er kannte die Beiden, aber er wusste im ersten Moment nicht, woher und wie er die beiden zuordnen konnte. Als sich die Frau dann räusperte, schaute er sie an und lächelte ihr freundlich zu.

„Ich nehme an, Sie wollen wissen, wie er gestorben ist? Von der bloßen Optik her, den nassen, wuscheligen Haaren und der ebenso nassen Kleidung würde ich sagen, dass er ins Wasser gefallen ist und… wenn Sie mich fragen, ist er noch gar nicht tot. Wenn Sie seinen Kopf überstrecken und dann…“

Die Rothaarige schaute Ducky kurz an und tat dann etwas, das ihn überraschte. Sie ging auf ihn zu, nahm eines der Skalpelle vom Tisch und trat dann wieder zurück an den Tisch, auf dem der Bewusstlose lag.

„Tut mir leid, Liebling.“, sagte sie… und schnitt ihn mit dem Skalpell in den Finger.

Sofort tropfte Blut aus der frischen Wunde und die hübsche Rothaarige betrachtete sie eingehend, berührte mit ihrer Hand die Wunde und verteilte das Blut zwischen ihren Fingern.

Konzentriert starrte sie es an, ehe sie lächelte und sich vorbeugte, um die Lippen des Mannes mit den ihrigen zu berühren.

Er hatte ja schon viel gesehen und viel gehört – er wusste auch, dass es Leute gab, die Blut, Wunden und Narben als sogenannte Anturner empfanden, dass er selbst mal jemandem begegnen sollte, dem dies so ging, hätte er nie gedacht.

Wobei, wenn er so über die zwischenzeitlich durchaus derben Späße nachdachte, die sein Kollege Palmer zwischendurch von sich gab… er hatte ja sogar eine Freundin, die in derselben Branche tätig war, wie er. Vielleicht gab es da ja …

Aber nein. Jimmy Palmer gehörte nicht zu denen, die…

Er räusperte sich und schaute zu der hübschen Rothaarigen, die in diesem Moment ein wenig ertappt wirkend, hochblickte: „Soll ich Sie und Ihren Freund alleine lassen? Ich nehme an, Sie wissen, dass er nicht tot ist?“

„Keine Sorge, ich habe ihn ja selbst schlafen geschickt.“, erklärte sie, „Und jetzt muss er sich ein wenig ausruhen.“

Damit ging sie zum Telefon und wählte eine Nummer.

„Gibbs? Hier…“, sie lächelte, „Hier Walker. Identität Bartowskis Bestätigt.“

Sie legte auf und wandte sich zu Ducky um, der sie kurz verdattert anschaute, sich dann aber fing und sich wieder über die Leiche, an der er gerade arbeitete, beugte: „Wenn Sie mir die Knochensäge reichen könnten?“

„Natürlich, Doktor Mallard.“, hörte er die Stimme der Frau. Als Nächstes vernahm er das Geräusch sich nähernder Schritte und nickte, wieder voll auf die Leiche konzentriert, in die vage Richtung der Knochensäge, als er aus seinen Augenwinkeln etwas aufblitzen sah. In rascher Abwehrhaltung riss er seinen Arm hoch und spürte im nächsten Moment den heiß-weiß-glühenden Schmerz.
 

Das Telefon klingelte und mit einer knappen, beherrschten Bewegung hatte Leroy Jethro Gibbs den Hörer von der Gabel genommen: „Ja, Gibbs?“

Er lauschte verdattert den Worten und wandte sich, nachdem die Leitung wieder tot war, an sein Team.

„Sagen euch die Namen Bartowski und Walker etwas?“

Aus seinen Augenwinkeln sah er, wie Ziva sich plötzlich die zur Faust geballte Hand vor den Mund presste und er merkte, wie sie ernsthaft versuchte, ein Lachen zu unterdrücken. Er wandte seine volle Aufmerksamkeit ihr zu: „Ja, Agent David? Wollen Sie uns etwas mitteilen?“

Junge, es gab Momente, in denen kam er sich ganz wie ein Lehrer vor, der seine rebellische vierte Klasse zu bändigen versuchte.

Die braunen Augen Zivas funkelten hell und voller Amüsement.

„Ich nehme mal an, das ist Agatha gewesen?“

Gibbs nickte.

„Sie hat sich ihre Identität wirklich gut ausgesucht. Bartowksi und Walker – das sind beides Serienfiguren. Sarah Walker ist eine unglaublich schöne, unglaublich gefährliche Geheimagentin. Chuck ist auch ein Geheimagent, allerdings ist er eher das, was wir hier ein Pferd nennen.“

„Meinst Du Nerd, Ziva?“, fragte McGee und schaute sie an, als sie nickte: „Ja, einen Computer…“

Sie stockte und Tony musste grinsen. Dann wandte sich der Agent an McGee: „So eine Art McGee, McGee?“

„Mag sein, Casey.“, gab der Romancier zurück, was Ziva dazu veranlasste, erneut kurz aufzulachen: „Wenn er Casey ist, wer bin dann ich?“

Nun schaute McGee sie an und seine Augen wurden untertassengroß.

Ja, gut, wenn Tony den Titelhelden der Serie Chuck mit ihm, Timothy McGee, verglich, und dieser ihm das mit der Identität des Waffennarren John Casey heimzahlte, dann müsste die hübsche Israelin eigentlich…

Offenbar kam Ziva zum gleichen Schluss, sie senkte den Kopf kurz, lächelte, diesesmal eigentlich mehr verlegen, als alles andere und hob dann den Blick wieder.

Sie schaute in die eisblauen Augen Gibbs, in denen Ungeduld stand. Seine komplette Körperhaltung sagte aus, dass sie ihm jetzt besser erklärte, was diese Meldung zu bedeuten hatte, oder er würde ihr eine Kopfnuss verpassen.

Und gerade als sie das tun wollte – ja, sie räusperte sich, um ihm mitzuteilen, dass Walker und Bartowski ein Traumpaar waren, auch wenn sie sich gerade das eher nicht mit McGee vorstellen konnte, aber man musste ja auch nicht, nur weil man wie jemand war, den kompletten Habitus so übernehmen, gerade in diesem Moment kam ein wütend-dreinblickender Donald Mallard auf Gibbs zu.

Ziva hatte Ducky eigentlich noch nie wirklich wütend erlebt und so war der Fakt, dass er dazu in der Lage war, allein schon eine Überraschung. Die nächste Überraschung war der Dresscode des Schotten, denn die Fliege, die er normalerweise immer trug, hatte er um seinen Daumen gewickelt.

Er funkelte Jethro an. Der Grund für diesen sehr gewöhnungsbedürftigen Anblick betrat den Bullpen keine zwei Sekunden später.

„Jethro, wir sind Freunde und ich weiß, dass Du auf Rothaarige stehst“, zischte Ducky und hielt ihm den Finger entgegen, „aber dass diese Frau zuerst Ihren Freund und dann mich schneidet, muss ich mir nicht bieten lassen.“

Tatsächlich tropfte auf den Boden des Bullpens rotes Blut aus der Wunde, die ihm Agatha, die gerade einen sehr schlaftrunkenen Calvin Cat auf einen der Bürostühle sinken ließ, beigebracht hatte. Sie schaute ein wenig zerknirscht zum Schotten herüber.

„Entschuldigung, Doctor Mallard. Aber zwischendurch bin ich ein wenig… sehr impulsiv.“
 

Vance tigerte in seinem Büro auf und ab, eine immer noch zerknirscht dreinblickende Agatha Silverbird saß am Konferenztisch und hatte einen Arm um den immer noch dösenden Cal geschlungen, denn dieser war, nach dem mehrfachen Versuch, ihn aufrecht hinzusetzen, immer wieder mit dem Kopf auf die Tischplatte geknallt.

„Welche geistige Umnachtung hat sie da geritten, Commander?“, fragte der Director in einem Tonfall, der zwar immer noch zivilisiert war, aber der dennoch von seiner Wut zeugte.

„Von dem da“, damit deutete er auf Cal, der gerade mit seinem Kopf gegen Agathas Busen sank, „sind wir solche Heldentaten ja gewohnt, aber Sie sollten doch wirklich cleverer sein.“

Agatha stand auf, der Kopf des Captains knallte wieder mit einem hörbaren „BAMM“ auf die Tischplatte und diesesmal verzichtete sie darauf, ihn in die sitzende Positon zu bringen.

Sie schaute zu Vance: „Captain Vance, Sir. Bei allem nötigen Respekt, aber Sie wissen, dass wir hier einen Formwandler auf der Basis haben? Er hat gerade William Turner getötet. In der Gestalt eines Ihrer Untergebenen.“

Der Blick des Captains ruhte auf ihr und sie hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen.

Auf diese Situation passte der Satz: „Wenn Blicke töten könnten.“

„Ich weiß“, zischte der Director, „Aber das gibt Ihnen nicht das Recht, meine Leute anzugreifen.“

„Captain Vance, Sir. Ich versuchte nur, uns alle zu schützen.“, sagte sie, äußerlich ruhig und gefasst, aber innerlich brodelte es.

Es war zum aus der Haut fahren. Warum wollte der Mann das Problem micht verstehen?

Am Liebsten hätte sie so laut und effektiv geflucht, dass selbst der gestandendste Seebär rot geworden wäre, als sie plötzlich ein leises, geatmetes Murmeln hörte.

„Müssen schützen…“

Cal kam, anscheinend, wieder zu sich. Schnell war sie bei ihm, packte ihn an der Schulter und drückte ihn wieder in die Sitzende.

Er starrte sie an, versuchte offenbar gerade, seinen Blick zu fokussieren. Das alles tat er mit einem absolut dämlichen, breiten Lächeln auf den Lippen, so dass man auf die Idee kommen könnte, er wäre betrunken. Was auch immer Traceless ihm verpasst hatte, es musste stark genug gewesen sein, um einen Elefanten im Nachhinein vom Sprechen abzuhalten.

„… müssen schützen…“, murmelte er erneut, versuchte, sich am Stuhl in eine aufrecht-sitzendere Position zu bringen, was ihm aber nicht gelang, „… müssen schützen. Captain“, murmelte er, ehe er ein „Stone“ seufzte und dann mit einem Stöhnen in den Stuhl sank: „Mein… Kopf. Hat einer ein Schmerzmittel?“

Die hübsche Rothaarige schaute Cal kurz an, dann ruckte ihr Blick zu Vance hoch, der sie ebenfalls anschaute: „Angela!“
 

Der schwarze Dodge, der in der Tiefgarage stand, erntete einen bewundernden Pfiff der hübschen Rothaarigen.

„Captain, ich muss sagen, der Wagen sieht klasse aus.“

Vance zuckte mit den Schultern.

„Wird vom NCIS gestellt.“, sprachs, öffnete die Fahrertür und stieg ein. Er hörte einen lauten Schlag aufs Dach und rollte mit den Augen. Erneut stieg er aus und schaute zu Agatha herüber, die gerade den benebelten Cal versuchte, ins Auto zu buchsieren. Dabei war er mit dem Kopf auf den mattschwarzen Lack geknallt und Vance fragte sich, wie er das der Versicherung klar machen sollte.

„Wollen Sie ihn nicht lieber hier lassen, Commander?“, schlug er vor und wusste, dass er es ihr eigentlich auch befehlen konnte, aber er war sich sicher, dass sie sich gegen diesen Befehl sträuben würde. Ihre Antwort wies ihn schon darauf hin. Sie lachte bitter auf: „Damit er in diesem Zustand irgendwas ausplaudert? Nein, nein.“

Sie ließ ihn in den Fond des Wagens sinken, stieg ebenfalls ein und schnallte erst ihn und dann sich fest.

„Captain, wir können.“

„Gut.“, sagte Vance, stieg ein und räusperte sich: „Computer, Entparkprotokoll Alpha drei sieben vier aktivieren.“

Agatha schaute ihn verblüfft an, als der Wagen plötzlich ansprang und tatsächlich ein bischen nach vorne rollte.

„Jetzt sagen Sie bloß, sie haben ein Auto, das eigentlich ein Shuttle ist.“

„Ja“, nickte Vance ernst, ehe er grinste und den Kopf schüttelte: „Natürlich nicht. Wo soll ich das denn auch herbekommen. Schon mal was von der obersten Temporaldirektive gehört?“

Und damit dachte er sich: „Wenn Gibbs mich jetzt sehen könnte, er würde vermutlich mich für Traceless halten.“

Er holte sein Navi raus und gab die Adresse Stones ein und, gerade als er losfahren wollte, schaltete sich das Radio an.

Agatha stellte, mit amüsiert funkelnden Augen Blickkontakt mit Vance her: „Ich glaube, ich weiß, wie wir unser Dornröschen wachbekommen.“

Der Direktor schaute in den Innenspiegel und auch in seinen Augen funkelte es amüsiert: „Küssen Sie ihn doch.“

„Hab ich schon gemacht, funktioniert nicht.“

Er grinste, dieses Mal mehr in sich hinein: „Da wäre ich sauer.“

„Bin ich auch. Oder zumindest leicht beleidigt.“

Kurze Zeit schwiegen sie – zumindest so lange, wie Vance benötigte, um den schwarzen Dodger aus der Tiefgarage zu manövrieren. Stille breitete sich aus, von dem Brummen des Motors, dem Klackern der Blinker und dem Geräusch der Scheibenwischer auf der Frontscheibe, das erst zu hören war, als man aus der Tiefgarage heraus in den Regen gefahren war. Es war eine fast schon betäubende, einlullende Stille, die Agathas Kopf umschloss und sie beinahe neben Cal sinken ließ. Doch als Vance sich räusperte, blickte sie auf und schaute ihn durch den Rückspiegel an.

„Also?“, fragte er und begann, auf einem Zahnstocher herumzukauen.

Sie grinste: „Haben Sie rein zufällig ein paar CDs im Auto?“

„Ja“, nickte Vance verwundert, „Meine Frau sammelt Lieder aus den Achtzigern bis zu den Zweitausend-Zwanzigern.“

„Ich wundere mich nur, ob Sie rein zufällig ein bestimmtes Lied an Bord haben.“, lächelte sie, und begann die ersten Takte zu summen.

Vance erwiderte ihr Lächeln. Er kannte das Lied, hatte seinerzeit den Film gesehen, als Vorbereitung auf seinen Aufenthalt hier. Dabei stellte sich heraus, dass der Film als solches eigentlich nicht schlecht war, die Vorbereitung sich allerdings auf eine spätere Variante des Filmes bezog, der erst Ende der sogenannten „Nuller“-Jahre herauskam.

Also fuhr er rechts ran und ging durch seine CDs. Nach ein paar Minuten plärrten die ersten E-Gitarren-Akkorde aus den Lautsprechern und Cal ruckte hoch: „Was, wie, wo? Geht die Welt unter?“

Vance stellte den CD-Player leiser und Agatha küsste ihren Captain: „Na, Schatz, wieder wach?“

„J… Ja“, murmelte Cal verdattert: „Wo… wo sind wir?“

„In meinem Wagen“, antwortete Vance, „Und auf dem Weg zu Angela Stone.“

„Und… was war das gera…de…“, setzte er die Frage an und lauschte dann den Klängen, ehe er breit grinste: „Gathy, da steckst nicht rein zufällig Du dahinter, oder?“

„Hey, ich musste etwas riskieren, um dich wach zu bekommen. Du kannst gewinnen, wenn du etwas riskierst.“, verteidigte sie sich und der dunkelhäutige Captain schaute in den Rückspiegel: „Dann halten Sie beide sich mal fest, wenn ich zu TAS Witwe will, muss ich jetzt ein wenig Gas geben.“

Cal griff nach Agathas Hand und nickte: „Dann mach mal, Leon.“

Ob es nun war, weil er sowieso beschleunigen musste, oder es andere Gründe hatte, wusste nachher keiner zu sagen, Agatha sah nur, wie Cal plötzlich mit hoher Wucht in den Sitz gepresst wurde und hörte, wie der Motor des Autos laut aufheulte. Sie lächelte.
 

„Seht mich auf der Straße“, murmelte Ziva David im NCIS-Hauptquartier und schaute auf den Acrosstic, den Cal ihnen dagelassen hatte, „Seht mich auf der Straße.“

Sie schaute zu McGee herüber: „Ist das wieder eines dieser Idiome, mit denen mich Tony immer auszieht?“

Tims Kopf ruckte hoch. Er schaute Ziva an, grinste – natürlich hatten sie Tony und Ziva in ihrer Wohnung gefunden und natürlich musste man blind, blöd, oder am Besten beides sein, um die sexuellen Spannungen, die zwischen ihnen zu merken waren, komplett zu ignorieren, und auch wenn es nur ein Beispiel eben dieser Idiome war, der Satz, das Tony sie auszöge – nein, der war ab sofort in Stein gemeißelt. Kurz zuckte ein Lächeln über das Gesicht des Autoren, ehe er sich an sie wandte und sagte:„Aufzieht, Ziva, und – eigentlich nicht. Und wenn es eines sein sollte, gebe ich ehrlich zu, dass ich keine Ahnung habe.“

„Was könnte es denn dann bedeuten?“, fragte die hübsche Israelin und Tim zuckte mit den Schultern, ehe er aufstand, zu ihr herüberging und einen Blick auf den Zettel warf: „Keine Ahnung. Seht mich auf der Straße – Tipp, wir beginnen links.“

Ziva runzelte die Stirn: „Was… was wollte Cal uns eigentlich sagen, bevor es zu diesem Alarm kam?“

Erneut ein Schulterzucken: „Er sagte irgendwas von Straßenka… keine Ahnung, was er mit „ka“ meinen könnte, ausser Karten fällt mir da nicht viel ein.“

Die hübsche Israelin schaute ihn überrascht an. Konnte das sein?

„Straßenkarten, McGee?“, fragte sie und rief per Internet einen Straßenplan von Washington auf. Dann lächelte sie: „Ich glaube, ich habe es.“

Der Autor warf ihr einen Blick zu und runzelte fragend die Stirn.

Sie erwiderte seinen Blick und lächelte: „Straßenkarten, Tim. Die Straßen von Washington.“

„Du meinst, Traceless befindet sich auf den Straßen von Washington?“, fragte der Romancier und Ziva nickte: „Natürlich nicht wortwörtlich, aber…“

Damit gab sie in die Suchmaske ein:

T-Street, Washington D.C.
Auf dem Computerbildschirm erschien eine Meldung:
Es wurden 4 Treffer gefunden. Meinten Sie: T-Street NW, T-Street SW, T-Street NE oder T-Street SE
„Wie wär es denn hiermit?“, schlug die ehemalige Mossad-Agentin vor und sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück: „Und wie wäre es mit folgender Überlegung. Tipp – wir beginnen links, bedeutet, wir fangen immer bei der Nordwest-Adresse an.“

„Du meinst, dieser Traceless hat an jedem dieser Punkte eine Nachricht für uns hinterlassen?“, fragte McGee und Ziva schaute ihn an: „Naja, es ist einen Versuch wert, oder meinst Du nicht?“

Der junge Agent schaute sie kurz an. Es wäre ja eine sehr einfache Lösung, aber – welche Adresse sollte man nehmen? Man konnte schließlich schlecht die kompletten Straßen abfahren und hoffen, irgendwas Ungewöhnliches zu sehen.

„Die T-Street ist doch eine ziemlich lange Straße.“, sagte er schließlich und schaute sie an: „Woher sollen wir wissen, zu welcher Adresse wir fahren sollen?“
 

Der Wagen bahnte sich seinen Weg durch die regennassen Straßen Washington DCs und Leon Vance fluchte ausgiebig. Er hasste Regen, besonders, wenn er so dicht fiel, dass die Scheibenwischer kapitulierten und die Sicht auf die Straße nicht unbedingt wirksam freigaben. Die klügste Maßnahme wäre es nun gewesen, rechts heranzufahren und zu warten, bis das Wetter sich ein wenig beruhigt hatte, aber Vance hatte dafür keine Zeit. Schließlich stand das Leben Angela Stones auf dem Spiel. Und das würde ihm vor allem seine Frau nicht vergeben, die mit Angela gut befreundet war. Nein, hier durfte er keine Rücksicht auf die Straßenverhältnisse nehmen. Sein Navigationsgerät führte ihn durch die Straßen und sagte Kursänderungen an. Erst Rechts, dann Links und dann halbrechts.

Das war der Moment, an dem sich Cal von hinten äußerte: „Was, zum Henker, soll Halbrechts sein? Ich meine, ich hab schon viel Blödsinn gehört, aber „halbrechts“ ist ja nicht einmal eine Richtungsangabe, das ist Kundenverarsche.“

Agatha räusperte sich und flüsterte ihm leise zu, das die Richtung „halbrechts“ sehr wohl existierte. Zwar schaute der Captain der Dragonfly danach nicht unbedingt wesentlich intelligenter drein, aber er gab Ruhe. Für Vance war das schon mal etwas.
 

„Das denkst Du dir aus, was, Zivaaa?“, fragte Tony in einem leicht-gereizt-ätzenden Tonfall und funkelte die hübsche Israelin aus grünen Augen an. Sie lachte kurz und freudlos auf, ehe sie ihn mit ihren Blicken fixierte: „Verrate mir, warum ich das tun sollte, Tony?“

Dabei sprach sie den Namen des Italo-Amerikaners lauter aus, als es für die Situation unbedingt angebracht gewesen wäre.

„Damit du was hast, um vor Gibbs zu glänzen.“, zischte der Mann und wandte sich dann dem Zettel zu, den sie ihm hingehalten hatte. Er überflog die Zeilen, schüttelte den Kopf und schaute sie erneut an: „Das ist doch Blödsinn, Ziva. Wieso sollte der Typ uns sagen, wo er ist?“

„Welcher Typ, Tony?“, erklang die Stimme Gibbs hinter dem Angesprochenen und mit derselben Energie und Schnelligkeit, die er sonst an den Tag legte, kam der grauhaarige Ermittler um die Ecke. Die Köpfe Tonys und Zivas ruckten hoch, die Blicke fokussierten ihn, wie er da stand, in seinem grauen Jackett, der grauen Hose und dem weißen Hemd und sie aus eisblauen Augen abwartend anschaute.

Kurz sagte keiner der Beiden etwas, dann, als Gibbs noch ein „Ich warte“ einschob, holte Ziva Luft, nahm den Zettel und hörte, mit Verärgerung und Wut im Bauch, wie Tony schnell dazwischenschoss.

„Seht mich auf den Straßen, das ist ein Hinweis, Boss.“

Der Kopf der Frau drehte sich so schnell zu ihm um, dass sie beinahe Angst hatte, ihre Nackenwirbel würden sich protestierend äußern, aber das taten sie nicht.

DiNozzo war einfach nur eine falsche Schlange. Wie konnte er ihr einfach so die Ergebnisse stehlen? Und mit diesem Mann stellte sich ihr Unterbewusstsein eine Beziehung vor? Mit diesem Mann hatte sie geschlafen?

Sie schenkte ihm einen ihrer tödlichsten und kaltesten Blicke, ehe sie die Stimme von Gibbs hörte: „Ich werde nur einmal fragen und du hast besser eine Antwort, DiNozzo. Ein Hinweis auf was ?“

Tony holte tief Luft, schien in Gedanken das zu rekapitulieren, was sie ihm erzählt hatte und setzte dann an. Sein erstes Wort war das Wort „Das“, welches er unnötig dehnte. Eigentlich sollte damit vertuscht werden, dass er absolut keine Ahnung hatte, was genau Ziva ihm da gesagt hatte, aber natürlich, wie es oft so ist, bemerkte er den Blick von Gibbs, der gerade noch kälter wurde, als der Eisblick, den Ziva ihm geschenkt hatte.

„Daaaaas… hatte ich gerade noch.“, versuchte er, sich zu retten. Daraufhin ging Gibbs auf ihn zu und verpasste ihm eine Kopfnuss.

„Autsch“, machte der Italiener, während Ziva sich räusperte: „Also, Gibbs, wir haben die Theorie, dass die Nachricht des Verbrechers Traceless nicht nur als Acrosstic zu lesen ist, sondern auch genau sagt, wo er für uns Nachrichten platziert hat. Er verwendet die Buchstaben seines Namens als Hinweise auf Straßennamen. Der erste Hinweis muss auf der T-Street Northeast zu finden sein.“

„Wieso Northeast?“, fragte Tony, ein wenig grummelnd, was ihm erneut einen leicht gereizten Blick von Gibbs eintrug.

„Wir beginnen links, DiNozzo.“, sagte der Grauhaarige dann und schaute zu Ziva: „Gut gemacht.“

Dann verpasste er ihr auch eine Kopfnuss.

Verblüfft schaute sie ihn an.

„Verstoß gegen die Regeln 12 und 15.“, sagte der Mann knapp und Ziva räusperte sich: „Gibbs… es gibt da noch ein kleines Problem. Wir wissen nicht, welche Adresse der Täter in Augenschein nimmt.“

Der Grauhaarige stoppte kurz, schaute sie dann an und sie hatte das Gefühl, dass er sie mit seinem Blick beinahe erdolchte. Das machte sie nervös. Einerseits war dies Gibbs, wie er eigentlich immer war. Sie kannte ihn kaum anders. Zum Anderen war allerdings ein formwandelnder Killer unterwegs, der nicht davor zurückschreckte, Leute mit etwas, das der Captain der Sternenflotte ein „Phasergewehr“ genannt hatte, abzuschießen, und dann war da auch noch der Fakt, dass sich Director Vance ebenfalls als Sternenflottenoffizier herausstellte.

Das alles war ein wenig verstörend.
 

Der schwarze Dodge erreichte sein Ziel. Es war ein schönes Einfamilienhaus, im Washingtoner Stadtteil „Shepherd Hill“. Vance hatte die Schönheit dieses Ortes schon einige Male gesehen, wenn er mit seiner Frau bei Stones zu Besuch war, doch sie überraschte ihn immer wieder. Gerade griff er nach seinem Handy, als er die Stimme von Cal hörte: „WOW. Schau dir das an, Gathy. Man lebt ja quasi fast im Grünen. Das is mal was anderes, als die Stadt.“

Seufzend schaute die Rothaarige ihren Freund an und Vance hatte das Gefühl, dass sie ein wenig genervt war.

„Ja, aber es ist so weit bis zum nächsten Supermarkt. Und einen Replikator gibt es in dieser Zeitlinie noch nicht. Ich möchte hier nicht leben. Und ausserdem haben wir gerade vollkommen andere Sorgen.“

Stirnrunzelnd schaute Cal zu Agatha herüber: „Was meinst du?“

„Sie meint, dass wir uns erstmal um Angela kümmern müssen.“, sagte Vance und ließ sein Handy aufklappen.
 

Douglas ‚Ducky’ Mallard hatte sich gerade eine neue Bandage um den geschnittenen Finger gewickelt, als Jethro seine Pathologie betrat. Er blickte auf und sah, dass dies mal wieder alles andere, aber kein Freundschaftsbesuch war. Na, das wäre ja auch zu schön gewesen.

„Jethro“, sagte er daher, leicht unterkühlt und schaute den Ermittler an.

„Duck“, antwortete dieser und eigentlich brauchte es nicht mehr. Die Beiden waren seit Jahren Freunde und auf elementarer Ebene war der Schotte sich bewusst, dass Gibbs mit dem Angriff auf ihn nichts zu tun hatte, ihn – im Gegenteil – nicht gut hieß. Vermutlich hätte die Rothaarige, wäre sie ein Mitglied seines Teams gewesen, eine der berühmten Kopfnüsse bekommen. Als Ducky in die eisblauen Augen Gibbs schaute, erkannte er allerdings doch, dass dort, in seinem Blick, eine Art Entschuldigung aufblitzte. Dies brachte ihn dazu, seine Körperhaltung von „Verschlossen“ zu „offen“ zu verändern.

„Was kann ich für Dich tun, Jethro?“, fragte er und Gibbs trat auf ihn zu, ihm einen Zettel auf den Tisch legend.

„Was sind Deine Einsichten, Duck?“

Der Pathologe setzte sich seine Lesebrille auf, murmelte ein „Oh Junge“, beugte sich vor und überflog kurz die Zeilen.

„Was genau möchtest Du erfahren?“, fragte er.

„Das, was ich noch nicht weiß.“, erwiderte Gibbs in seiner für ihn typischen Rätselhaftigkeit, was Ducky zu einem leisen Lächeln veranlasste: „Natürlich.“

Erneut las er die Zeilen.

Dann richtete er sich auf, setzte sich die Brille wieder ab und schaute zu Gibbs.

„Ich nehme an, du weißt, dass dieser Zettel ein sogenanntes Acrosstic oder Akrostychon ist und dass der Autor uns darauf hinweisen will, das wir an den Adressen suchen sollen, die mit einem der Buchstaben seines Namens beginnen?“

Gibbs nickte nicht. Das war auch nicht nötig, in seinen Augen stand die gewisse Ungeduld, die er immer spürte, wenn jemand sich mit nicht-notwendiger Konversation aufhielt oder unnötige Fakten mitteilte.

„Dachte ich mir.“, sagte der Pathologe, atmete tief durch und las erneut, „Der Autor ist sehr von sich überzeugt. Er glaubt zu wissen, allen Anderen überlegen zu sein und in der Regel ist er es auch. Er weiß von sich, das er in der Lage ist, einen anderen Charakter mühelos zu immitieren und hält sich für…“

„Die Nummer eins, Duck?`“, fragte der Chefermittler mit einer Mischung aus Müdigkeit und Neugierde in der Stimme. Der Angesprochene nickte nur. Er wollte Gibbs nicht mit noch mehr Details belasten und vermutete, dass es auch gut so war. Die Körperhaltung der Ermittlerlegende sprach ja Bände. Er war körperlich und geistig ausgelaugt. Zumindest für den heutigen Tag. Bei dem, was im Hauptquartier los war, war dies kein Wunder und normalerweise würde er entweder Gibbs anraten, kürzer zu treten oder dem Director mitteilen, dass sein bester Agent unter normalen Umständen auf ein Burn-Out hinsteuerte. Allerdings gab es verschiedene Faktoren, die Gibbs glücklicherweise zu verbuchen hatte, um nicht an Burn-Out zu erkranken.

Er schaute Gibbs an und sagte dann: „Vermutlich ist es nur nötig, an der Nummer 1 der jeweiligen Straßen nachzusehen.“

„Danke, Duck.“

Damit lächelte er ihm tatsächlich zu und fragte dann: „Was macht dein Finger?“

„Oh, er wird heilen, Jethro.“

„Es tut mir wirklich leid.“

Dieses mal war es am alten Pathologen, zu lächeln: „Das weiß ich doch.“
 

Regen.

Es passte einfach. Die wasserblauen Augen Angela Stones waren auf das Bild ihres Mannes gerichtet, das nun mit schwarzem Trauerflor verziert war und auf der Kommode stand. Sie hatte ihre Beine an ihren Körper gezogen und mit den Armen umschlungen. Tränen rannen ihr über das hübsche Gesicht. Sie war eine Schönheit, mit Augen blau wie Wasser, einem durchtrainierten, sehr weiblichen Körper und eigentlich einer Aura, die sagte, dass sie wusste wie sie wirkte und was sie war. Einige der Nicht-Berufstätigen Frauen im Block nannten sie hinter vorgehaltener Hand die „Angelina Jolie von Shepherd Park“ – und bildeten sich ein, dass sie dies nicht bemerkte. Dabei hatte diese Tratsch-Community sogar recht. Wie sehr, konnten sie nicht wissen. Sie war tatsächlich mit der Schauspielerin verwandt, sogar eine direkte Nachkommin dieser Frau. Allein schon der Name Angela war, wenn man ihrer Mutter glauben durfte, eine Anspielung auf ihre berühmte Vorfahrin.

„Da fehlt ja nur das In“, pflegte sie immer zu sagen. Ihre Ehe war immer so harmonisch und glücklich gewesen. Natürlich hatte sie nach aussen hin die Wohltäterin gespielt, von der böse Zungen behaupteten, dass sie „ihren Mann gar nicht mehr ran ließe“ – ein Terminus, der sie in den ersten Jahren ein wenig verunsichert hatte. Sowas verwandte man in der Zukunft nicht mehr. Natürlich gab es auch dort Zoten, kleine Späße unterhalb der Gürtellinie und es war auch nicht so, dass sie den Sinn dessen, was gesagt wurde nicht verstanden hätte, es war lediglich die Wortwahl, der sogenannte „Duktus“, der sie irritiert hatte.

Als sie es begriffen hatte, stellte sie fest, dass es ihr egaler gar nicht sein konnte, was diese sogenannten „Nachbarn“ sagten. Sollten sie doch glauben, was sie wollten.

Ihre Ehe war harmonisch und beinahe perfekt gewesen. Wobei es „Perfekt“ nicht gab. Jede Beziehung hat ihre „Hochs“ und „Tiefs“, da gibt es immer irgendwelche Schwierigkeiten.

Beispielsweise als sich dem Ehepaar Stone die neue Sekretärin vorstellte. Laura McConnaugh war hübsch. Nicht, dass sie irgendwas auf Äußerlichkeiten gab, sie wusste, dass ihr Mann sie und nur sie liebte, aber der Fakt, dass dieser Typ mit dieser Frau zusammensaß… es störte sie schon irgendwie.

Vielleicht war sie auch einfach nur zu lange in diesem Jahrhundert gewesen?
 

Aber nichts von dem war nun mehr wichtig. Thaddeus – ihr Thaddeus – war tot. Feige und hinterrücks erstochen, wie ihr von Leon mitgeteilt worden war. Was hatte sie geritten, diese Position anzunehmen? Warum mussten ausgerechnet sie in die Vergangenheit reisen?

War ihnen das 24. Jahrhundert nicht mehr gut genug gewesen?
 

Wobei, als sie so darüber nachdachte, was in ihrem eigenen Jahrhundert so alles vorgefallen war – besser hatte sie es als Frau eines Navy-Captains, der im Büro arbeitete, eigentlich nicht treffen können. Das Grauen einer raumfahrenden Spezies, die andere Lebewesen ohne zu fragen „assimilierte“ war noch Lichtjahre weit entfernt. Romulaner, Klingonen, Ferengi – all das war den Menschen unbekannt. Eigentlich war es eine herrliche Zeit.
 

Dagegen sprachen die Entwicklungen in anderen Ländern, die unterschwellige Terrorangst, die überall in der Welt herrschte und die immer noch brodelnde Wirtschafts-, Immobilien-, Banken-, und Länderkrise.

Sie musste immer wieder den Kopf schütteln, wenn sie las, für welche Länder wie viele Milliarden aufgewendet wurden. Nicht, dass es nicht richtig wäre, diesen Ländern zu helfen, allerdings gab es genügend andere Probleme, selbst in dieser Zeit. Die Erde war schutzlos und es gab diese Lebensformen, die den Menschen Schaden wollten. Sei es, dass sie wollten, dass die Menschen sie als Gottheit anbeteten oder dass sie sich an ihnen Nähren wollten – die Erde schwebte in Gefahr. Und die Menschen ahnten größtenteils nichts.
 

So wie auch die Nachbarn noch nichts von der Trauer ahnten, die sie gerade durchlebte. Zwar hatten sich Leon und seine Frau schon gemeldet, aber die ach so viel beschworene „Gemeinschaft“ erwies sich natürlich als großer Flop. Am Liebsten hätte sie versucht, mit der Föderation Kontakt aufzunehmen, damit sie sie abholten. Sie musste mit jemandem reden, sie musste dringend…
 

Ihr Handy klingelte.

Sie ließ es aufschnappen, las den Namen „Vance“ und hielt sich das Gerät ans Ohr.

„Ja?“, schluchzte sie.

„Angela.“

Die Stimme Vances war deutlich und klar zu hören – es war eben doch so, dass man ihnen das Handy in der Zukunft ein wenig aufgemotzt hatte, um besseren Empfang zu haben.

„Leon“, keuchte sie und ließ sich auf die graue Couch sinken, „Leon, wo bist du?“

„Vor der Tür.“

Starfleetcaptains reden nur soviel, wie es nötig war. Ihr Mann war ebenso „gesprächig“, wenn es um den Job oder die Weitergabe von Informationen ging. Logisch, stringent, kalt.

Erneut rannen Tränen ihre hübschen Wangen herunter und sie stand auf.

„Ich lass dich rein. Ich deaktivier das Hammer-Protokoll.“

„NEIN!“, schrie Vance und die hübsche Witwe hatte das Gefühl, ihr würde gleich das Handy aus der Hand fallen. Sie zog die Nase hoch – eine Charaktereigenschaft, die sie sich eigentlich abgewöhnt hatte, aber hier war es notwendig – und fragte: „Was?“

„Rühr dich nicht von der Stelle. Wir sind gleich da.“

Damit war die Leitung wieder tot.

Es war verblüffend.
 

Es war verblüffend wie einfach es war.

Er wusste zwar nicht, wie sie das immer schafften, aber man hatte ihn wieder gefunden, betäubt und dann hier abgelegt, mit diesem „neuesten Gewehr“. Er – Ari Haswari – war eigentlich sehr unzufrieden mit sich. Dies sei mal verständlich, schließlich hatte man es mehrfach geschafft, ihn zu betäuben und zu benutzen, wie eine Schachfigur. Und das wo er doch eigentlich …

Anzugtyp stand hinter ihm.

Er war sich dessen bewusst und verfluchte sich. Er konnte nichts tun. Er hatte keine Wahl, als den Leuten zu gehorchen, egal wie sinnlos das erschien, was sie ihm sagten.

„Sie können hier so verfahren, wie sie wünschen.“, sagte Anzugtyp in seiner gewohnt-gelangweilten Art. Das ließ sich Ari nicht zweimal sagen. Er nahm sein Gewehr und zielte.

Kurz warf er einen Blick durchs Zielfernrohr und blinzelte verblüfft, als er den attraktiven Körper sah, der da auf der Couch saß. Die langen Beine übereinander geschlagen, in einem dunklen Top und einer blauen Hose, und mit einem Taschentuch bewaffnet, saß die Frau da und telefonierte.

Er blinzelte: „Ich soll Angelina Jolie töten? Sind Sie verrückt? Tomb Raider war einer ihrer besten Filme, neben Mister und Misses Smith. Was kommt als nächstes? Brad Pitt umlegen?“

„Das ist nicht Angelina Jolie.“, sagte Anzugtyp und dieses Mal war sogar eine Spur Irritation in seiner Stimme zu hören. Sehr gut, sehr gut. Also war der Typ doch Lebendig und kein emotionsloser Roboter.

Ari grinste in sich hinein.Vielleicht sollte er ihn noch ein bischen reizen, dann bekäme er mehr aus ihm heraus.

Doch soweit kam es gar nicht. Anzugtyp zog selbst eine Waffe und richtete sie auf Aris Kopf: „Wenn Sie nicht doch sterben wollen, drücken sie ab.“

Was meint der mit ‚doch’?, schoss es Ari durch den Kopf, doch das war plötzlich unwichtig, als Anzugtyp in anschaute und sagte: „Sie haben noch eine Rechnung mit Ziva offen. Erledigen Sie Miss Stone und ich sorge dafür, dass sie sie begleichen können.“

Das stimmte. Die Rechnung war noch offen und musste aus der Welt geschafft werden – am Besten gleich mit seiner Halbschwester, die offenbar nichts Besseres zu tun hatte, als zum Feind überzulaufen. Andererseits, wenn sie wusste, dass er bei der Hamas war, war sie sowieso ein Hindernis und musste eliminiert werden. Und danach würde er Eli eliminieren…

Ganz schlechter Wortwitz. , dachte er sich, nahm die Brust Stones ins Visier und drückte ab.

Der grell-rote Lichtstrahl zischte laut auf Angela Stones Brust zu

Gibbs hieb mit seiner Faust auf den Stadtplan

Der schwarze Dodger hielt neben dem rotverklinkerten Haus mit dem niedlichen kleinen Erkertürmchen und Anthony DiNozzo Junior setzte sich die Sonnenbrille ab und sah sich um. Haus Nummer 1 war eine Schule, Nummer 2 das Haus mit dem niedlichen Erker und der Special Agent hatte das Gefühl, ein kleines bischen Misstrauen gegenüber des Bauchgefühles seines Bosses zu entwickeln.
 

„Das zahl ich dir heim, David.“, zischte der Halbitalierner und die Israelin setzte ihr süßestes, freundlichstes und unschuldigstes Gesicht auf. Dann deutete sie auf sich und fragte: „Mir? Wofür?“

Tony grinste, beinahe wie ein Krokodil: „Das weißt du doch genau so gut, wie ich. Du hast mich voll auflaufen lassen.“

Sie legte den Kopf schief, schloss die Augen und schüttelte den Kopf, wobei sie die Lippen spitzte und mit der Zunge leise Schnalzlaute von sich gab: „Gib nicht wieder anderen die Schuld an deinen Fehlern, DiNozzo.“

Als er sie so sah, konnte er nicht anders, er musste lächeln. Die Frau sieht selbst, wenn sie es gar nicht will, sexy aus. , dachte er sich, riss sich aber im letzten Moment zusammen.

„Was heißt hier `deine Fehler`, Zivaaa – Du hast doch ganz genau gewusst, dass ich mir so was nicht merken kann, und es mir so schnell erzählt, dass ich mich dabei vertun musste, so sieht es doch aus.“

Ihr Lachen klang nicht fröhlich, eher schadenfroh und erinnerte ihn, in seiner momentanen Stimmung eher an das Meckern einer Ziege.

Und mit dieser Frau hatte er geschlafen? Mit dieser Frau, die es fertig brachte, ihn einfach so auflaufen zu lassen? Gut – er hätte ja auch selbst recherchieren können, aber sie wusste doch, dass das, was sie ihm erzählte, sicherlich irgendwie Verwendung finden würde, um ihn besser aussehen zu lassen. So war er nun einmal.
 

Den Schlag auf den Kopf merkte er dieses mal schon, bevor er kam, doch er konnte nichts dagegen tun, ausser zusammenzuzucken und einen protestierenden Zischlaut von sich zu geben – naja und zu hoffen, dass das nicht noch eine Kopfnuss nach sich ziehen würde.

„Ihr fahrt die Adressen T-Street, R-Street und A-Street an. Jeweils die Northwest-Adresse. Haltet die Augen offen, ob sich irgendwas in der Nähe der Hausnummer eins tut.“

Ja, so war Gibbs. Er machte nicht viele Worte. Er gab Befehle und hielt es nicht für nötig sie zu erklären. Aber so langsam kam Tony hinter die Mannierismen des Mysteriums Leroy Jethro Gibbs und war sich sicher, er wusste, warum. Dennoch konnte er sich der Frage nicht verwehren: „Weswegen gerade die Northwest-Adresse?“

Der Mentor schaute ihn an: „Wir beginnen links“
 

Ziva wusste es offenbar schon, denn sie war am Fahrstuhl.

Oh Gott., schluckte Tony, Das heißt, dass sie fährt.

Und dann stand er auf, mit der Körperhaltung eines Mannes, der zum Schaffott geht.

Es stellte sich im Nachhinein heraus, dass er sich gar nicht solche Sorgen hätte machen brauchen, denn, die hübsche Israeli fuhr heute, für ihre Verhältnisse, extrem zivil. Zwar holperte der Wagen ein wenig, als sie mal wieder über einen Huckel fuhren, aber im Vergleich zu ihrer letzten Fahrt war diese hier sehr entspannend. Das durfte eventuell auch damit zusammenhängen, dass sie bei dieser Fahrt niemand unter Beschuss nahm.

Und gerade, als er diesem Gedanken nachhing, musste er gegen seinen Willen lachen. Die Schule an der er stand, war eine Katholische.
 

Katholische Schulmädchen , schoss es ihm durch den Kopf und Ziva, die dies bemerkte, atmete abfällig aus: „Du bist ein Schwein, DiNozzo.“

Verdammt, es gab Momente, da klang sie tatsächlich wie Kate.

Er wandte sich ihr zu und zuckte mit den Schultern: „Hey, sorry, gönn mir einen kleinen Ausflug in die Gedankenwelt eines 14-Jährigen.“

„Du meinst eines Perverslings.“, sagte Ziva, doch sie schaute ihn an und grinste, fast schon ein wenig bedauernd: „Jetzt wirst Du nie sehen, das ich auch so eine Uniform habe.“

Verwirrung erfasste den Italiener: „Aber du bist doch gar nicht katho…“

Klick , machte es und er lächelte wieder.
 

Es ist ein allgemeiner Fakt, dass niemand schneller, als das Licht ist. Das ist eine gesicherte Tatsache, daran gibt es nichts zu rütteln. Auch mit moderner Technologie kann man Lichtgeschwindigkeit nie erreichen – allerhöchstens näherungsweise. Und selbst das würde nicht reichen, um vor dem Phaserstrahl im Haus Angela Stones zu sein und sie aus der Schusslinie zu bringen.

Auch Agatha Silverbird, ihres Zeichens sehr gute Läuferin, war nicht in der Lage auf eine so hohe Geschwindigkeit zu kommen. Als sie den Schuss gehört hatte, zuckte sie zusammen und schaute zu Vance: „Hat… hat sie wenigstens das Hammer-Protokoll aktiviert?“

„Zumindest habe ich es ihr gesagt.“
 

Durch das Zielfernrohr sah Ari, wie die Frau sich aufbäumete, ihr hübscher Körper steif wurde und dann auf die Couch zurückfiel. Die Augen blickten blicklos und leer in die Ferne, die Hand, die gerade noch das Handy gehalten hatte, fiel auf den Stoff und der komplette Körper rutschte im selben Moment zuerst zur Seite und dann von der Couch. Angela Stone war tot. Befriedigt klappte der Mann das Stativ, auf dem das Gewehr geruht hatte, zusammen, als er plötzlich ein lautes Pfeifen hörte, beinahe so laut wie eine Dampflokomotive, die neben ihm Dampf ablies.

Er wusste, was das zu bedeuten hatte, er hatte es schon einige Male erlebt und stürzte zur Seite in die Dunkelheit.
 

Der zweite Schuss gellte und Cal drehte sich nach hinten um. Agatha tat es ihm gleich, schaute ihm in die Augen und konnte sehen, dass sie genau so verdattert war, wie er.

Vance seufzte: „Ihr habt es nicht so mit Taktik, oder?“

Damit wandte er sich um: „Oben auf dem Dach wird ein Scharfschütze gelegen haben und einen Schuss in die Wohnung von Angela abgegeben. Offenbar ist jemand bei ihm gewesen, der ihm den Auftrag erteilt hatte. Jetzt ist dieser jemand der Meinung, dass der Scharfschütze seinen Auftrag erledigt hat und hat ihn gerade entweder getötet, um einen unliebsamen Zeugen loszuwerden oder betäubt, um ihn für einen weiteren Anschlag einzusetzen.“

„Na, wenn das so ist, müssen wir ihn doch sofort verhaften.“

Damit war Cal auch schon ausgestiegen und rannte los.

„WARTE!“, schrie Agatha – doch es war zu spät.
 

Er gab es gerne zu. Die Nähe von Schnellstraßen, das Geräusch von Autos, die in einem schnellen, hypnotischen Rhythmus an ihm vorbei huschten, dazu eine angenehme Wärme oder eine gewisse Kälte, gepaart mit blauem oder stahlgrauem Himmel, ermüdete ihn und machte seinen Geist träge. Hinter ihm war eine solche Straße – die North-Capitol-Street Northwest, bzw North-east, die den Nordost-Quadranten vom Nordwest-Quadranten Washingtons trennte. Passenderweise war hinter der Brücke, die sich über diese „Trennungslinie“ spannte, die Nummer 1 der T-Street, sodass sie, wenn sich die Northwest T-Street als Flop erwies, nicht so weit laufen müssten. Manchmal hat eben alles seine Vorteile. Doch auch dort würde er vermutlich nicht wissen, wonach er zu suchen hatte. Es hatte eben auch alles seine Nachteile.
 

Das hypnotische Rauschen und die berauschende Nähe Zivas beeinflusste seine geistige Leistungsfähigkeit und er fühlte sich einfach nur benommen. Was könnte hier von Interesse sein? Ob man vielleicht doch eher die andere T-Street ausprobieren sollte?

„Tony?“, riss Zivas samtweiche Stimme ihn aus den Gedanken und er schaute sie an: „Hm?“

„hier ist was.“, sagte sie lapidar und knibbelte am Stopp-Schild herum, „Hast Du dein Meser dabei?“

Sie mussten wirklich ein wenig merkwürdig gewirkt haben, wie sie da mit einem Messer an einem Stopp-Schild herumfuhrwerkten, und mindestens einmal war Tony sich sicher, dass einer der Anwohner die Polizei gerufen hatte, aber die Israelin hatte den Zettel schnell vom Stoppschild lösen können.
 

Sie las die Aufschrift und reichte das Blatt dann an Tony weiter. Dieser riss überrascht die Augen auf. Das musste ein Witz sein.
 

Zum selben Zeitpunkt, knappe 1,7 Meilen weiter hielt ein weiterer schwarzer Dodger an, die Tür öffnete sich und Leroy Jethro Gibbs, sowie Tim McGee stiegen aus.

„Wir sind hier auf der first C-Street, ganz wie Ducky es gesagt hat.“, stellte McGee fest – überflüssigerweise, wie selbst der Romancier einräumen musste. Wenn er könnte, würde er sich gerade in diesem Moment selbst eine Kopfnuss geben – aber vielleicht gab es dafür von Gibbs gleich noch eine, weil er und nur er das Privileg hatte, anderen Menschen eine Kopfnuss zu verpassen. Der Schriftsteller sah sich um, aber er fand nichts, was einem einen Hinweis geben könnte. Wo sollte hier der entsprechende Hinweis sein?

McGee schloss die Augen. Wenn es eines der Werke Thom E. Gemcity wäre, wo hätte er einen Hinweis versteckt? Vermutlich hätte er keinen real-existierenden Hinweis verwendet, sondern irgendwelche Computerdaten. Gerade als Tim seinen Boss in diesen Gedanken mit einbeziehen wollte, klingelte das Handy Gibbs. Dieser klappte es auf: „Ja?“

Pause.

McGee grübelte weiter, schaute zu Gibbs herüber, der nachdenklich in die Sonne blinzelte, die Hand, die nicht das Telefon hielt, in die Hüfte gestemmt.

„Gut. Nehmt euch die nächste Adresse vor.“, sagte er und klappte das Telefon wieder zu. Dann schaute er zu McGee: „Elfenkönig, schau dir jedes Straßen- und Verkehrsschild in einem Umkreis von 100 Metern um diese Stelle an. Wenn Du was gefunden hast, ruf mich.“

Damit wandte er sich ab – das Thema schien erledigt. Doch nicht für McGee. Dieser räusperte sich: „Ahm, Boss?“

Gibbs Kopf ruckte hoch und sein Blick verriet Unruhe.

„Was… was war denn?“, fragte er. Sein Boss schaute ihn kurz an, schien darüber nachzudenken, ob er ihn, also McGee, in seine Informationen einbeziehen sollte. Er schloss kurz die Augen, trat dann näher und schaute ihn an. Aus dem einfachen Schauen wurde ein nachdenkliches Starren, was den Romancier ein wenig verwirrte: „Boss, alles… alles in Ordnung?“

„Ja“, machte Gibbs nachdenklich, „Aber ich konnte nicht vorsichtig genug sein.“

Damit zog er sein Messer und schnitt sich in die Fingerkuppe.

„HEY“, ließ McGee einen Schreckensschrei los und schaute seinen Boss ungläubig an.

„Ich blute.“, sagte der Andere und hielt ihm seinen verwundeten Finger hin, „Geh sicher, dass ich nicht mit Theaterblut arbeite.“

Mit Augen, so groß wie Untertassen, betrachtete McGee den Finger und nickte dann: „Boss, Du bist ein Mensch.“

„Gut.“, meinte Gibbs und flüsterte ihm dann ins Ohr: „Tony hat gerade angerufen. Traceless hat an einem Stoppschild eine Nachricht hinterlassen. Sie lautet: „Weißes Haus.“.
 

Agatha war ein wenig verunsichert. Sie blickte immer wieder durch die Heckscheibe, in der Hoffnung einen Blick auf Cal erhaschen zu können. „Meinen Sie, er wird ihn schnappen?“, fragte sie Vance, der die Schultern zuckte und auf einem Zahnstocher herumkaute, ehe er sich umwandte: „Jetzt müssen wir aber zu Angela. Egal ob sie das Hammer-Protokoll aktiviert hat, oder nicht.“

Damit stieg er aus.

Gerade, als Agatha ihm folgen wollte, bemerkte sie, aus den Augenwinkeln, wie auf dem Dach des Nachbargebäudes eine Gestalt herumkraxelte. Sie schaute herüber und stellte erleichtert fest, dass es Cal war. Er hatte einen Phaser in der Hand und zielt auf jemanden, ausserhalb ihres Sichtfeldes. Sie konnte auch nicht hören, was er sagte, aber plötzlich fielen zwei Schüsse eines Phasers. Im ersten Moment dachte sie, dass Cal geschossen hätte, dann sah sie allerdings, wie der Captain nach hinten taumelte und das Dach herunterrollte.

Er schlug im Gebüsch auf.

„NEIN!“; schrie Agatha, rannte los, obwohl sie hinter sich die Stimme Vances hörte, der sagte, dass sie gefälligst zurückkommen sollte. Doch sie dachte nicht daran, den Befehl zu befolgen. Flink hetzte sie über die Straße, machte einen gekonnten Satz über den Gartenzaun, ehe sie nach ein paar Sekunden – die für sie einer Ewigkeit ähnelten – am Gebüsch angekommen war. Den Sturz konnte keiner überleben. Cal musste tot sein.

Doch in diesem Moment rappelte sich ein, vom Gebüsch reichlich lädierter Captain auf und sah sie verblüfft an.

„Wo kommst Du denn her?“, fragte er und zuckte zusammen, als er hörte, wie auf der Garage des Nachbarhauses etwas aufschlug.

„Das ist der Killer.“, schrie er und in diesem Moment rannte eine Gestalt davon. „STEHENBLEIBEN, STERNEN…HMPF“, schrie Cal, denn Agatha legte ihm kurz die Hand auf den Mund und raunte ein: „Halt die Klappe, oder willst Du dass ich hier alle hypnotisieren muss.“

Der Captain schüttelte den Kopf, zog seinen Phaser und zielte auf die davoneilende Gestalt.

Agatha tat es ihm gleich und beide schossen. Sie erfuhren erst später, dass der Phaserstrahl reflektiert worden war, und sie getroffen hatte.

Für den Bruchteil einer Sekunde erstrahlten beide in einem beunruhigenden Rot, dann schwankten sie hin und her, ehe Cal umkippte und Agatha rückwärts auf ihn fiel.

Vance schüttelte den Kopf: „Die sind beide nicht unbedingt die Hellsten.“
 

Sie saßen im Auto und fuhren die nächste Adresse an. R-Street Northwest, Nummer 1, Washington. Es ließ Ziva nicht los. Was versprach sich dieser Traceless von dieser Schnitzeljagd? Was sollte das? War es nur ein Spielchen, um die Bundesagenten solange zu beschäftigen, bis er seinen großen Coup landen konnte? Die Indizien sprachen dafür. Nun konnte man entweder versuchen, dieses Spielchen zu ignorieren – das könnte die Situation aber noch schlimmer machen – oder man konnte versuchen, herauszufinden, was der Mann ihnen sagen wollte. Die Worte „Weißes Haus“ ließen nichts Gutes erahnen, wenngleich sie es nicht verstand. Der Präsident war unterwegs, auf einer Konferenz, wo er sich mit den anderen Regierungschefs über das aktuelle Thema „Wirtschaftskrise“ unterhalten würde. Warum sollte jemand jetzt das weiße Haus angreifen? Besonders nach der letzten Aktion, die durch die Medien gegangen war?

„Verstehst Du das, Tony?“, fragte sie ihn. Es waren die ersten Worte, die gesprochen worden waren, seit der Wagen gestartet hatte.

Der Halb-Italiener schaute sie an und schüttelte den Kopf: „Nein, aber ich bin mir sicher, wir finden es raus.“

„Da sind wir.“, sagte Ziva und hielt den Wagen auch schon wieder an.

„Toll“, murmelte Tony, „Eine Kreuzung. Woran könnten wir uns jetzt orientieren?“
 

Die Baumrinde war ihm merkwürdig vorgekommen. An einer Stelle, die ungefähr so groß war, wie ein kleiner Post-It-Zettel, war die Struktur der Rinde ein wenig anders, also ging McGee in die Knie, rief ein „Ähm, Boss?“ und deutete auf die Stelle.

Gibbs kam näher, ging in die Hocke und betrachtete das Objekt.

Dann nickte er, nahm sein Taschenmesser und begann damit, die Rinde an der Stelle zu bearbeiten. Und während er das tat, schnippte McGee plötzlich mit den Fingern.

„Überhaupt mag ich alles Rote.“, sagte er dann und schaute zu Gibbs herüber, „Ich bin quasi dein jüngerer Bruder.“

Der ältere NCIS-Agent stoppte, sah McGee verblüfft an, ehe er ihm in die Augen blickte.

Diese Aufforderung verstand der jüngere Agent sofort und sagte: „Das ist Kaito KID.“

Damit ließ er sein Handy aufschnappen und wählte die Telefonnummer von Ziva, sagte nur kurz „Ziva? Kaito KID in Manga 55“ und legte auf.

Anschließend wandte er sich seinem Boss zu: „Also – im Manga „Meitantei Konan“ 55 wird der junge Shinichi Kudo von einer mysteriösen Person aufgefordert, ein Rästel zu lösen. Es stellt sich später heraus…“

„Die Kurzfassung, McGee.“

„Schilder, Boss. Die mysteriöse Person hat an roten Schildern Zettel versteckt und somit eine Art Schnitzeljagd veranstaltet, genau wie dieser Traceless es mit uns tut.“, erklärte der Mann und Gibbs blickte zu ihm herüber: „Aber hier wurde doch eine Baumrinde verwendet.“

„Ja, schon, aber es würde mich nicht wundern, wenn er beim Rest der Geschichte dem Original treu geblieben wäre.“
 

Die Augen waren unendlich schwer, als sie sie öffnete, aber sie tat es. Ein leises Stöhnen entrann ihrer Kehle und sie wollte gerade wieder in die warme Dunkelheit der Ohnmacht zurücksinken, als sie in zwei Paar brauner Augen sah. Die Besitzer dieser Augen, eine unglaublich schöne Frau und ein durchaus ansehnlicher, dunkelhäutiger Mann beugten sich über sie und sahen einander dann an.

„Sie kommt zu sich.“, hörte sie die Stimme der Frau und bemerkte dann zwei Dinge. Erstens schien jemand auf ihr zu liegen, genauer gesagt, auf ihrem Schoß, denn dieser war gerade ziemlich beschwert und zweitens, dass dieser jemand irgendwelchen Blödsinn von sich gab. Erneut blinzelte sie – ihr Kopf war schwer, aber je öfter sie blinzelte, desto mehr verschwanden die Spinnweben aus ihrem Kopf, die ihr das Denken erschwerten.

Was war passiert?

Sie erinnerte sich nur an Fragmentarisches.

Ein ziemlich lautes Pfeiffen, eine bleischwere Müdigkeit, die von ihr Besitz ergriffen hatte und ihr den Wunsch einimpfte, einfach nur schlafen zu wollen. Einfach nur schlafen.

„Commander“
 

Mit einem Schlag war Agatha Silverbird wieder wach und ansprechbar. Sie lag auf einem weichen Untergrund und – wenn sie sich die Decke und die Inneneinrichtung ansah – schloss, dass sie auf dem Ehebett der Stones liegen musste. Die braunen Augen des Mannes gehörten Director, oder besser Captain Leon Vance, während die anderen Augen der unglaublich schönen Frau Captain Thaddeus Stones gehörten – Angela Stone. Das Gewicht in ihrem Schoß hatte sie richtig interpretiert. Cals Kopf lag dort, sodass die beiden angeschossenen Starfleetoffiziere eine Art L bildeten.
 

Sie hörte das, was Cal sagte und blinzelte. Seine Stimme klang träumerisch, leise, kaum zu hören, als würde er jedes Wort hauchen oder atmen. Als sie sich aufrichtete und ihn ansah, fiel ihr auf, dass der Körper als solches ruhig und entspannt war und auch Cals Gesicht keine Anstrengung verriet. Die Augen des Captains allerdings – sie waren normalerweise ebenso braun, ausdrucksstark, doch nun schienen sie ein glasig zu sein. Sie schaute ihn an: „Schatz, bist du in Ordnung?“

„Agatha“, hauchte er, „ich liebe dich.“

Stone blickte die XO entschuldigend an: „Es … es tut mir leid, aber nach all dem, was passiert ist, nach all dem, was Leon mir gesagt hat, kann man heutzutage nicht vorsichtig genug sein. Traceless könnte sich überall verstecken.“

„Ich werde ihn umbringen.“, murmelte der Captain und es klang beinahe, als wäre er betrunken, „ich werde ihm jeden einzelnen Knochen solange brechen, bis da nichts mehr nachwächst. Oder ich werde ihn in eine Zelle stecken und Beton reingießen.“

Agatha schaute kurz zu ihrem Freund, dann zu Stone und Vance: „Ich glaube, er hat zuviel Fern gesehen.“

Dann richtete sie sich auf, legte ihre Hände auf je eine Seite von Cals Gesicht und schaute ihm eindringlich in die Augen: „Cal – das hat man bei Torchwood schon mal gemacht. Hat nicht funktioniert.“

„Ich werde ihn umbringen, Agatha. Er zerstört alles, wofür wir kämpfen und ich werde ihn nicht…“

Sie versiegelte seine Lippen mit einem Kuss und flüsterte ihm dann etwas ins Ohr. Der Offizier schaute sie kurz an und lächelte. Dann rollten seine Augen nach oben und er seufzte, ehe sein Körper komplett erschlaffte.

Vance und Stone sahen sie an.

„Es reicht.“, erklärte Agatha, stand auf und musste beide Arme ausstrecken, da sie noch ein wenig wackelig auf den Beinen war. Sie schaute zu den beiden noch wachen Starfleet-Offizieren „Captains, ich… ich muss entschieden gegen die Behandlung unsererseits durch Sie protestieren. Sie können uns nicht einfach mit Wahrheitsdrogen vollpumpen und hoffen, dass wir Ihnen sagen, was sie wissen möchten.“

„Warum nicht?“, fragte Vance, „Es funktionierte in dieser Zeit, es funktioniert auch in der Zukunft. Oder was meinen Sie, wie wir es geschafft haben, die Erde gründerfrei zu bekommen?“

Agatha schaute ihn an: „Sie wollen mir sagen, dass die selben Mechanismen, die hier angewandt worden sind…“

Vance nickte: „Commander, es ist keine perfekte Galaxie, in der wir leben. Nachdem die Existenz der Gründer bekannt wurde, was sie können und wie sie agieren, haben wir uns vorbereitet.“

„Der Dominion-Krieg ist vorbei, Captain. Wir sind…“

„Es gibt immer einen Bösewicht.“, sagte der Director und schaute Agatha an, „Die Föderation mag mal eine friedliche Organisation gewesen sein – aber das ist vorbei.“

„Ich glaube, Sie haben hier zuviel mitgemacht. Kommen Sie in unsere Zeit, sie werden erleben, wie sich alles geändert hat.“

Stone schaute Agatha an, ihr Blick war ruhig und klar, aber einige Tränen glitzerten in ihm: „Commander. Die Chancen stehen gut, dass dieser Traceless der Mörder meines Mannes ist. Ich möchte nur eines wissen – ist diese Person mit Ihnen hierher gekommen.“

Die hübsche XO rollte mit den Augen und legte sich neben Cal, ehe sie der Frau zunickte: „gut, dann …“

Und damit spürte sie den kalten, metallischen Injektorkopf am Nacken. Es wurde ihr unmöglich, sich zu konzentrieren. Ihr Körper und ihr Geist entspannten sich und…
 

Der hübsche Körper der XO entspannte sich und Stone fühlte einen Stich in ihrem Herzen. Sie verabscheute es eigentlich, misstrauisch zu sein. Das entsprach nicht ihrem Naturell. Aber nach dem, was sie heute erlebt hatte…
 


 

„Ich deaktiviere das Hammer-Protokoll“, sagte sie und zuckte zusammen, als die Stimme Vances für Ihre Verhältnisse unverhältnismäßig laut und deutlich mit einem geschrienen „NEIN“ antwortete.Vermutlich lauerte Gefahr. Also klappte sie ihr Handy zu, aktivierte die Aussenbereichssensoren und stellte voller Ingrimm fest, dass zwei Personen auf dem Dach gegenüber Stellung bezogen hatten.
 

Das Haus war allerdings vom Hammer-Protokoll geschützt – das konnten die Attentäter auf dem Dach allerdings nicht wissen. Momentan hatte sich ein unsichtbares Kraftfeld um die vom Angriff bedrohte Seite gelegt und der Rest erforderte ein wenig schauspielerisches Talent von Seiten Angelas. Was war sie froh, dass sie mit Angelina Jolie verwandt war. Binnen Nanosekunden hatte der Computer errechnet, was die wahrscheinlichste Angriffsmöglichkeit war und wie man darauf reagieren sollte. Also versteifte sie sich, als der Schuss den Schutzschirm getroffen hatte, presste ihren Torso nach vorne und sank dann, mit weit geöffneten Augen zur Seite.
 

Als der Computer meldete, dass keine Gefahr mehr drohte, holte sie einmal tief Luft und stand auf. In dem Moment klopfte es auch schon und über den Fernsehmonitor, der gerade eine gepflegte Portion Fernsehmüll in das Stone’sche Wohnzimmer sendete, konnte sie erkennen, das die Person, die dort vor der Tür stand, Vance war – oder Vance zu sein behauptete.
 

Sie ging zur Tür, hielt ihm den Phaser vor die Stirn und zischte: „Wer bist Du?“

„Leon Vance – Sternenflotten ID…“

„Das kann sich jeder merken.“, sagte Angela mit einem leicht genervten Unterton. Der Director des NCIS nickte: „Natürlich.“ Damit griff er zum nächsten Messer, um sich in die Fingerkuppe zu schneiden. Die hübsche Frau, die man als Doppelgängerin von Angelina Jolie werten konnte, verlagerte ihr Gewicht aufs linke Bein, verschränkte die Arme vor der Brust und schaute ihn aus braunen Augen amüsiert an: „Darf ich fragen, was das werden soll?“

„Bluttest.“, erklärte Vance und ließ ein paar Tropfen auf ihren Tisch fallen, ehe er sie verrieb. Stone schüttelte den Kopf: „Du hast wohl gar nichts aus der Dominionkrise gelernt. Darf ich dich daran erinnern, dass der Bashir-Gründer seinerzeit ebenfalls diesen Test gemacht und bestanden hatte?“

Vance schaute sie an: „Und was nun?“

„Wie bekommt man die Wahrheit aus einer Person raus?“, fragte Stone und Vance hatte das Gefühl, dass der Verlust ihres Mannes nicht unbedingt dazu geeignet war, ihre geistige Gesundheit zu stabilisieren. Er wusse aber wohl, was sie vorhatte und seufzte, ehe er sich auf die Couch sinken ließ: „Du willst mir also eine Wahrheitsdroge verpassen? Na dann mach mal.“
 


 

Die Identitätsprüfung Vances war ganz befriedigend verlaufen, auch die Prüfung des Captains, aber, als die hübsche Rothaarige, die vorgab, Agatha Silverbird zu sein, ihr durch das Zuflüstern irgendeines Kommandos die Chance nahm, Captain Cat weiter zu prüfen, war es verständlich, dass sie erst einmal wissen musste, auf welcher Seite die Rothaarige war.

Und in dem Moment, in dem sie ihre Entscheidung getroffen hatte, atmete Agatha einmal tief ein, seufzte leicht und öffnete die Augen, ein seliges Lächeln auf den Lippen. Die Droge wirkte.

„Commander“, sagte Stone und die hübsche Rothaarige versuchte, ihren Blick auf sie zu fokussieren, was offenbar nicht ganz gelang, „Commander, können Sie mich hören?“

„ja“, seufzte die schöne Frau und starrte dann wieder gebannt in die Ferne.

„Gut, dann wollen wir mal beginnen.“
 

Tony DiNozzos Blick war auf Ziva gerichtet und er hatte Schwierigkeiten, sich vorzustellen, wie sie in ihrer spärlichen Freizeit auf der Couch saß und in Comics schmökerte, bei denen die Zeichner noch nicht mal Lust gehabt hatten, sie zu colorieren. Mangas – was für eine Zeitverschwendung. Warum las sie nicht anspruchsvolle Literatur?

Gerade in diesem Monat war der neue Roman Richard Castles erschienen – Heat Rising – und er hatte sich natürlich eines der ersten Exemplare geordert. Der Mann schrieb gut, wenngleich dieser Jameson Rook ihm nicht so gut gefiel wie Derek Storm. Aber Castle hatte ja entschieden, diesen Charakter ins Jenseits zu befördern und – warum nicht? Wenn er selbst das Gefühl hatte, dass die Story langweilig war… auf wen sollte man sich da verlassen, wenn nicht auf den Autoren selbst?
 

Und irgendwie gefiel ihm der Charakter „Nikki Heat“ – ob er wirklich auf dieser Detective Beckett basierte, wie allgemein kolportiert? Da musste er doch mal nachhalten.

Aber – dass sich Ziva in die Welt eines 17-Jährigen entführen ließ, der durch eine Droge in die Gestalt eines 7-Jährigen gebracht wurde und nun Kriminalfälle löste… das konnte er sich irgendwie nicht vorstellen. Aber – wenn es der Sachlage diente?

„Wir sollen uns nun alle Schilder in diesem Schilderwald anschauen?“, fragte er ein wenig verblüfft. Ziva schaute ihn an, aus diesen hypnotischen nussbraunen Augen und nickte.

Seufzend machte er sich an die Arbeit.
 

„McGee, rede mit mir.“, sagte Gibbs, nachdem der jüngere der beiden Agenten das Papier von der Baumrinde entfernt hatte.

Der Angesprochene las sich kurz die Zeilen des Zettels durch und sagte dann: „Erm… Boss? Hier steht ‚ Wanderer – Richte dich von der Constitution Avenue Northwest Kreuzung 19. Street Northwest nach Norden und folge ihr bis zur Q-Street.”

Verwirrt blickte er zu Gibbs herüber: “Ich habe keine Ahnung.”

„Nimm den Zettel mit, wir fahren zum nächsten Punkt.“, erklärte der grauhaarige Chefermittler kurzerhand und stieg in den schwarzen Dodge. McGee faltete den Zettel vorsichtig zusammen, stopfte ihn in einen Beweismittelbeutel und ging dann zum Wagen. Als er eingestiegen war, gab Gibbs Gas.

„Wo fahren wir hin?“, fragte McGee und die Ermittlerlegende schaute ihn kurz an: „Zu unserem nächsten Punkt. 1st E-Street Northwest.“
 

Währenddessen schaute sich Ziva um. Hier war – nichts. Jedenfalls nichts was annähernd auffällig wäre. Eine rotverklinkerte Kirche – war sie vielleicht das Ziel? Schließlich sollte man sich, wenn sich dieser Traceless an die Manga-Vorlage hielt, nur die roten Schilder vornehmen. Aber eine rotverklinkerte Kirche ist kein Verkehrszeichen.

Dann bemerkte sie ein Schild, das jetzt nicht in den klassichen Verkehrszeichenkontext gehörte. Es war eine Information. Nachbarschaftswache.

„Diese Nachbarschaft berichtet alle verdächtigen Aktivitäten der Metropolitan Police.“, stand dort und – als wäre es ein ironischer Kommentar von einer unbekannten Person, hatte jemand genau dort einen orangenen Zettel angeklebt.

Natürlich hatte sich niemand bemüht, diesen Zettel zu entfernen. Warum auch? Zwar werden alle verdächtigen Aktivitäten der Polizei gemeldet und diese Art des Vandalismus wurde sicherlich auch gemeldet… aber irgendwie war noch nichts geschehen.

Ziva näherte sich und riss in einer einzigen, flüssigen Bewegung den Zettel ab.

Sie las die Zeilen und wandte sich an Tony: „Hör dir das an. Punkt 2: Zwei Strahlen gehen vom Balkon des weißen Hauses im jeweils 45 Grad Winkel ab. Sie treffen einen Punkt der Constitution Avenue Northwest und einen Punkt der Constitution Avenue Northeast. “
 

„Was für ein Strahl?“, fragte der Halbitaliener und Ziva schüttelte den Kopf: „Ich habe keine Ahnung – vielleicht ein Laserstrahl? Aber wieso sollte jemand vom weißen Haus auf die Constitution Avenue zielen? Vor allem von so einem speziellen Punkt aus?“

Tony zuckte mit den Schultern, ehe er zum geparkten Dodge ging und nach ein paar Sekunden mit einem Stadtplan wiederkam.“

„Der Straßenkartentipp deines Freundes hat uns ja schonmal gute Dienste geleistet. Versuchen wir es nochmal.“

Ziva schaute ihn an: „Bitte?“

„Na, so wie Du um sein Überleben gekämpft hast.“, sagte der Special Agent und schaute sie an, ehe er mit den Schultern zuckte: „Das ist okay. Ich hoffe nur, er passt auf Dich auf, sonst breche ich ihm alle Knochen.“

„Tony, sei nicht so kindisch. Er ist nicht mein Freund. Wie soll das auch laufen? Ist Dir aufgefallen, dass ich ihn heute zum ersten Mal gesehen habe?“

Der Italiener fixierte sie aus grünen Augen: „Den Eindruck hatte ich aber vorhin ganz und gar nicht. Ich glaube eher, du kennst ihn.“

„Er kommt mir bekannt vor, ja – aber das sollte uns nicht wundern. Offenbar hat man in unserem Gedächtnis herumgepfuscht.“, zischte Ziva und schaute ihn an.

Dieser Typ schaffte es wirklich, sie manchmal in den Wahnsinn zu treiben. Damals, bei der Sache mit Michael war das auch schon so gewesen. Und dann, als er sich für sie in die Höhle des Löwen gewagt hatte, hatte sie gedacht, alles wäre gut. Aber nein – dann kamen Ray und Barrett. Verdammt – warum konnte es nicht einmal einfach sein? Sie empfand viel für ihn und der Fakt, dass er eine Menge auf sich nahm, nur um in ihrer Nähe sein zu können, verriet ihr, dass es ihm nicht anders ging. Und sie hatten miteinander geschlafen – das tat sie nicht einfach so leichtfertig mit jemandem, er ihr einfach nur sympatisch war. Selbst bei Rivkin hatte sie gewartet, bis sie beide sich ihrer Gefühle sicher waren.

Und nun das.

Es war nicht zu fassen. Wie konnte ein einzelner Mann nur so eifersüchtig sein?
 

Sie griff nach dem Stadtplan, den er in der Hand hielt, suchte, und fand das weiße Haus, holte aus ihrer Brusttasche einen Stift und markierte das Herrschaftsgebäude der USA mit einem dicken, roten Kreis. Dann schaute sie DiNozzo fragend an: „Du hast nicht rein zufällig einen Winkelmesser oder sowas ähnliches?“

Die Antwort DiNozzos bestand aus einem der überheblichen Lächeln, das sie am Anfang ihrer Begegnungen schon zu oft gesehen und zu sehr gehasst hatte, um darauf irgendwie einzugehen. Aber es sollte auch eine verbale Antwort geben, die die Sache nicht gerade besserte: „Man nennt mich auch Mister Winkelmesser, Ziva.“

Oha , dachte sie sich, das DiNozzo-Ego ist wieder aufgetaucht.

„Nein, ernsthaft.“, sagte Tony und Ziva schüttelte lächelnd den Kopf: „Okay, dann breite mal die Arme in einem senkrechten 45° Winkel aus.

Der Italiener tat, wie ihm geheißen und schaute die Israeli an: „Gut so?“

„Perfekt.“, grinste sie und übertrug in Gedanken diese Figur auf den Balkon des Weißen Hauses. Sie „zoomte“ sich dann geistig soweit zurück, dass sie quasi den selben Maßstab hatte, wie die Straßenkarte und begann dann, auf der Straßenkarte mit dem roten Stift die beiden Linien zu ziehen.

„Man könnte wirklich meinen, dass jemand auf der Constitution Avenue mit zwei Raketenwerfern aufs weiße Haus zielen wollen würde.“, sagte Tony und Ziva schüttelte den Kopf: „Bei den ganzen Gebäuden, die dazwischen stehen, halte ich es für unwahrscheinlich.“

„ich weiß.“, stimmte der Italiener ihr zu und schaute sie dann an: „Und nun?“

Sie zuckte mit den Schultern. „1 A Street Northwest?“, schlug sie vor und DiNozzo nickte, ehe er losrannte. Ziva schaute ihm hinterher und runzelte, mit einem fragenden Lächeln die Stirn, ehe er sich umdrehte und sie anstrahlte: „Was ist? Ich fahre!“

Ihr Lächeln wuchs in die Breite. So war er – ihr Pelzarsch.
 

Schwarze, unheimliche Augen starrten sie an.

Don’t blink. Blink and you are dead. , schoss ihr der Satz aus der Folge “Blink” durch den Kopf – aber das waren keine quantenverschlüsselten weinenden Engel, das war ein Grey. Und erstarrte sie an. Zum Glück nur auf dem Bildschirm, aber das war schon unheimlich genug. Als das Handy klingelte, zuckte Abby Sciuto zusammen, orientierte sich dann und griff nach dem mobilen Kommunikationsgerät.

Sie klappte es auf und bellte, eine Spur lauter als Notwendig, ein knappes „JA!“ hinein.
 

„McGee, das machst dann doch beser du.“, lächelte Gibbs und reichte das aufgeklappte Handy an seinen momentanen Stellvertreter weiter. Dieser blinzelte ihn verdattert an, gehorchte dann aber: „A… Abby, ich brauche mal deine Hilfe.“
 

„Du brauchst Hilfe?“, fragte die Goth, und man konnte hören, wie in ihr Panik und Wut miteinander rangen, „Oh, Du hast keine Ahnung, Thom E. Gemcity. Du hast absolut keine Ahnung. Ich decke gerade etwas Großes auf. Etwas enorm großes. Erinnerst Du dich an die beiden Feuerbälle im Jahr 1998? Ich bin gerade auf einer Verschwörungshomepage, die behaupten, das seien Außerirdische Raumschiffe gewesen, die von einer mächten Rasse, den Goa’Uld…“
 

„Abby“, sagte McGee in dem Moment, als Gibbs den Wagen bremste. McGee stieg aus und schaute sich um: „Abby, ich brauch wirklich deine Hilfe. Wir sind gerade an der 1 E-Street Northwest und es könnte sein, dass wir Dir gleich einen Hinweis durchgeben. Den müsstest Du bitte mit einem Straßenkartenprogramm oder so abgleichen.“
 

Die hübsche Goth erstarrte: „Timmy, hast Du mir gerade nicht zugehört? Ausserirdische existieren!“

„Abby, können wir den Independence Day auf einen späteren Zeitpunkt verlegen? Jetzt brauche ich erstmal andere Informationen“, erklang plötzlich die Stimme Gibbs aus dem Telefon.

„Natürlich, oh Chef.“, sagte die Goth und schüttelte für sich den Kopf, ehe sie ein „Aber die werden sich schon wundern, wenn man mir irgendein wichtiges Abzeichen an die Brust heftet, weil ich den Planeten gerettet habe.“

Dann erklang aus dem Telefon die Stimme McGees: „Hörst Du, Abby?“

„Bereit, wenn du es bist.“

„Wanderer – Positioniere dich auf der Kreuzung der 19 Street NW mit der Q-Street.“

Die Goth tippte mit, blinzelte überrascht und schüttelte den Kopf: „Mehr kommt da nicht?“

„Nein, mehr kommt da nicht.“

„Das ist merkwürdig.“

„Wem sagst Du das?“, erklang das humorlose Lachen McGees aus dem Telefon, „Aber … immerhin sollen wir keine japanischen Rätsel lösen. Das ist doch schon mal was. Ich ruf dich gleich wieder an.“

„Ja, aber…“

Doch da hatte McGee die Verbindung schon unterbrochen.

„Ach, verdammt seist du.“, machte die hübsche Frau und schaute wieder zum Grey herüber, dessen Stieren sie langsam immer mehr und mehr verunsicherte.

„Hey, komm nicht auf die Idee, aus meinem Computer zu kommen.“, zischte sie ihm zu, „Ich hetzte Major Massenspektrometer auf dich!“
 

„Wachen Sie auf.“, erklang die samtweiche Stimme der hübschen Frau und Agatha Silverbird blinzelte mit den Augen. Sie richtete sich langsam auf, streckte sich einmal kurz und schaute zu Angela herüber: „Und, habe ich den Test bestanden?“

Stone lächelte sanft: „Ja – sehr gut, Commander.“

Damit zwinkerte sie ihr zu: „Sie dürfen jetzt auch wieder ihren Captain aufwecken. Sie waren überzeugend für sie beide.“

„Gut.“, atmete Agatha erleichert aus, beugte sich dann vor und drückte dem Captain einen Kuss auf den Mund, ehe sie ihm etwas ins Ohr flüsterte.

Der Offizier schlug die Augen auf, schaute zu Agatha und lächelte – immer noch ein wenig benebelt wirkend: „Morgen, Schatz. Ich kann mich gar nicht erinnern, dass wir miteinander im Bett gelandet sind.“

„Sind Sie auch nicht.“, erklang die Stimme Angelas und Cal wandte sich zu ihr um.

„Oh, ich muss träumen.“, murmelte er benommen und legte sich eine Hand auf die Stirn: „Ich mit Agatha und Angelina Jolie im Bett. Meine Güte.“

In dem Moment räusperte sich Vance.

Cal blickte ihn verblüfft an: „Warum träum ich mir auch noch Captain Vance ins Bett? Das ist nicht meine Baustelle.“

Mit einem leicht verschämten Gesichtsausdruck wandte sich Agatha an Stone und Vance: „Ich glaube, er ist noch ein wenig…“

Die hübsche Frau, die Angelina Jolie ähnelte, nickte und sagte: „Benommen. Schon klar. Soll ich Sie beide alleine lassen, damit er klar im Kopf werden kann?“

„Wenn Sie es einrichten könnten.“, lächelte die XO, „Ich habe da eine ganz spezielle Methode, seinen Blutdruck soweit anzuheizen, dass er wieder klar im Kopf wird.“

„Schon klar.“, zwinkerte Stone ihr zu, griff dann Leon bei der Schulter und sagte: „Lass uns die junge Liebe nicht stören.“

Damit zog sie ihn aus dem Zimmer.

Agatha atmete tief durch, beugte sich dann vor, schaute dem Captain tief in die Augen und… verpasste ihm eine schallende Ohrfeige.

„AU!“; machte Cal protestierend und blickte sie verdattert an: „Verdammt, was soll das, Gathy-chan. Und noch beser… Wo bin ich hier?“

„Ja, das ist mein Cal.“, grinste die Frau und lehnte sich an ihn: „Wir müssen.“
 

Es gibt in Washington keine A-Street Northwest, deshalb fuhren Ziva und Tony zum nächstgelegenen Ziel – der A-Street Northeast. Die Fahrt zur Adresse Nummer 1 verbrachten sie schweigend. Tony schaute auf die Straße, Ziva, mit einem Lächeln auf den Lippen, aus dem Fenster.

Das ging ein paar Minuten gut.

Dann drehte sie sich zu ihm um, mit wehenden Locken und schaute ihn amüsiert an: „Ich kann absolut nicht glauben, dass Du jetzt so eifersüchtig reagierst.“

„Ich bin nicht eifersüchtig.“, sagte der Italiener, mit einem auf die Straße gerichteten Blick, „Im Gegenteil. Ich bin für dich Glücklich. Wenn Du dich so um diesen Mann sorgst, dann ist das in ordnung.“

„Tony, jetzt werde nicht kindisch.“

Plötzlich wich das Amüsement aus Zivas Tonfall, sie wurde ernst. Sehr, sehr ernst.

„Ich liebe ihn nicht, ich habe nur das getan, was jeder Mensch an meiner Stelle getan hätte.“

Der Angseprochene hielt an: „Wir sind da.“

Auf sie ging er gar nicht ein und es würde sie auch wundern. Er hatte sich in den letzten Jahren als ziemlicher Sturkopf erwiesen und es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn er sich hier auf eine Unterhaltung einließe. Nein – Anthony DiNozzo junior hatte seine Meinung gefasst und war nicht bereit, auch nur einen Zentimeter von ihr abzuweichen.

Das war typisch für ihn und irgendwie nervte es sie – aber irgendwie fand sie, dass diese Starrköpfigkeit eine Qualität war, die anderen Männern abging. Man musste es ja nicht unbedingt „Starrköpfigkeit“ nennen – es reichte aus, ihn als „selbstständig Denkend“ zu bezeichnen. Sie hatte in ihren Jahren in DC nur sehr wenige Männer kennengelernt, die so waren, wie er. Genau so wie er war eigentlich keiner. Sicher, es gab Menschen die verbissen waren, die sich beweisen wollten und welche, die zu jeder passenden und unpassenden Situation einen Witz rissen – aber das Konglumerat aus all diesen und anderen Faktoren war nunmal Anthony DiNozzo junior.

Und sie wusste, das, wenn sie jetzt Luft holte, um etwas zu sagen, die Reaktion nicht die war, die sie sich eigentlich wünschte.

Also stieg sie aus und schaute sich um.
 

Gibbs hielt mit quietschenden Reifen an der 1 L-Street Northeast und sah sich um.

Er war in einem der modern-wirkenden Stadtteile Washingtons gelandet – das verriet die Architektur. Zu seiner Linken war ein Parkplatz, wenn er sich weiter drehte, so fand er ein rotverklinkertes Gebäude. In seinem Rücken befand sich eine Baustelle und er fragte sich, was hier wohl in Bälde entstehen würde. Andererseits war es unwichtig. Ob dort nun ein neuer Konsumtempel entstand oder ein schickes vier-Sterne-Restaurant, mit dem aktuellen Fall hatte es nichts zu tun. Allerdings fragte er sich schon, wo Traceless dieses mal seine Visitenkarte versteckt hatte.

Zuletzt hatte er sich auf Verkehrszeichen verewigt, also sollte der Fokus auf diesen Schildern liegen.

„McGee.“, sagte er und gab seinem Untergebenen zu verstehen, dass er sich die Schilder in der Nähe ansehen sollte. Er selbst tat das selbe, stand ein paar Sekunden später mit schiefgelegtem Kopf vor dem blauen Schild, das diese Straße als die Interstate 95 kennzeichnete. Er zückte sein Messer – tatsächlich, dort war ein Zettel befestigt.

Mit einem schnellen Ruck riss er ihn ab und las, was dort stand.

Die letzte Mitteilung des Formwandlers hatte wenig Sinn gemacht. Hier allerdings hatte er das Gefühl, ein wenig klarer zu sehen. Er las:

„Wanderer – Dein Weg ist klar: Q Street nach Osten abbiegen, der Q-Street Folgen bis zur Kreuzung mit der 16. Str NW. Dieser bis zur Kreuzung der K-Street Folgen. Dort wieder nach Westen abbiegen bis zur Einmündung in die Conetticut Avenue NW. Dieser bis zur Kreuzung L-Street Folgen, dann in die L-Street einbiegen und bis zur Kreuzung 17 und L gehen. Dort in die 17 nach Süden biegen bis zur Kreuzung K-Street. Nach Osten wenden, der K-Street bis zur Kreuzung 14 St. Folgen“
.

Tony DiNozzo kochte. Die Situation war ihm nicht geheuer. Um genau zu sein: Er schäumte vor Eifersucht. Er und Ziva hatten eine wunderschöne Nacht miteinander verbracht – gut, es war eigentlich eher ein wunderschöner Nachmittag, aber wer wird denn schon so kleinlich sein wollen? Sie hatten einander geküsst, sich gegenseitig verführt und Liebes-, sowie Lustbekundungen ausgestoßen. Er erinnerte sich daran, wie sie, vollkommen im Moment gefangen, die Augen schloss und stöhnte und…

Sie hat sich dabei vorgestellt, wie es mit ihm wäre., dachte er sich, Dabei ist er so ein Schwächling. Er ist mindestens zwei Mal betäubt und zusammengeschlagen worden – und sie steht auf ihn. Vielleicht steht sie ja auf schwache Männer. Vielleicht möchte sie diejenige sein, die oben auf ist.

Das Blut des Halb-Italieners kochte weiter. Er würde es ihr schon zeigen. Dieser Schwächling hatte eine wunderschöne Frau an seiner Seite – die Rothaarige. Vielleicht würde er es schaffen, sie um den Finger zu wickeln. Es wäre nicht das Erste mal, dass er eine Frau aufriss.

Kurz blinzelte er.

Was dachte er denn da?

Das war Ziva. Dieselbe Ziva, für die er sein Leben geben würde. Dieselbe Ziva, die Ray hatte gehen lassen und dieselbe Ziva, für die er sich mit Rivkin geprügelt hatte.

Dieselbe Ziva, die es genoss, mit ihm zu flirten, die ihn … liebte.

Wie kam er darauf, dass sie jemand anderen lieben würde? Es war…

„Es ist sinnlos.“, murmelte er und schaute sich um.

Während er sich mental mit dieser Bestandsaufnahme seiner Beziehungssituation befasst hatte, hatte er einen Blick auf fast sämtliche Schilder der Straße 1 A-Street geworfen und – hier gab es nichts. Es war nicht einmal eine Spur, ein Fitzelchen eines Zettels.

Er grinste. Vielleicht zählte ja das Graffitti an der Hauswand als Hinweis.

Im Vorbeigehen las er es und stockte. Stand dort wirklich…

Jane A. Delano Memorial – Federal Triangle Metro Station.
Tony räusperte sich: “Erm… Ziva? Kommst Du mal kurz?“
 

„Darf ich mal an dieser Stelle festhalten, dass diese Wahrheitsdroge absolute Hammer-Kopfschmerzen verursacht?“, fragte Cal und lehnte sich auf der Couch zurück. Er hatte ein Glas mit einer bräunlichen, sprudelnden Flüssigkeit in der Hand und nahm gerade einen kleinen Schluck. Dann schaute er zu Agatha, die, die Beine übereinandergeschlagen, wie eine Lady da saß und formvollendet ihren Tee trank. Gleiches galt für Captain Stones Frau, Captain Angela Stone, und er lächelte. Hatte es nicht bei Tomb Raider II eine Szene gegeben, in der Angelina Jolia in der Rolle der Lara Croft einen Tee trank? Wenn es sie gegeben hatte, musste es so ausgesehen haben.

Just in diesem Moment sah Angela ihn an: „Ich kann Ihnen ein Schmerzmittel geben.“

„oh, nein, das muss nicht sein. Eine Cola reicht vollkommen.“, stellte der Offizier und Gentleman fest, ehe er sie anschaute: „Und sie haben sich tatsächlich tot gestellt?“

Sie zuckte mit den Schultern und zündete sich eine Zigarette an. Kurz atmete sie ein, inhalierte den Rauch und bließ ihn dann wieder hinaus.

„Möchten Sie auch eine?“, fragte sie in die Runde und Cal hob abwehrend die Hände: „Ich bin Nichtraucher.“

„Ich ebenfalls.“, sagte Agatha und blickte überrascht zu Vance, der eine Zigarette annahm.

„Eigentlich habe ich ja aufgehört, aber – jetzt brauche ich eine, nach dem ganzen Stress.“, sagte er und zündete sie sich an.

Die beiden Offiziere, die noch nicht so lange in dieser Zeitebene verweilt hatten, schauten sich überrascht an und dann zu Stone und Vance. Die hübsche Frau zuckte mit den Schultern: „Ich hätte es mir vor ein paar Jahren auch nicht vorstellen können. Aber diese gesellschaftlichen Zusammenkünfte… man eignet sich da was an.“

„Vermutlich.“, zuckte Cal mit den Schultern, „Ich meine, ich erinnere mich daran, dass Maxwell Smart in der Serie „Mini-Max“ noch rauchte.“

„Das war in den Sechzigern ja auch noch anders.“, lächelte Vance, „Da rauchten sie ja fast alle. Selbst die Feuersteins wurden für Werbung für die Zigarettenindustrie eingespannt.“

Cal blinzelte: „Wer?“

„Erklär ich dir später, Schatz.“, grinste seine hübsche XO und schaute zu Vance und Stone herüber: „Aber es muss doch eine ziemliche Anstrengung sein, den Atem anzuhalten und blicklos in die Ferne zu starren.“

„Eigentlich gar nicht.“, sagte Stone, „Man muss sich einfach nur ablenken und an etwas ganz anderes denken. Man ist nicht da.“

„Meinen sie so?“, fragte Cal, sackte in sich zusammen und starrte mit bemüht-blicklosen Augen zu Agatha, die sich vorbeugte und ihm in die Seite piekste.

„Hey!“, machte der Captain und fuhr hoch. Sie lächelte vergnügt: „Schatz, du bist tot, da darfst gar nichts sagen.“

„Ach, und Du kannst es besser?“

Sie zwinkerte ihm zu: „Schatz, du willst gar nicht wissen, wie gut ich schauspielern kann.“

Dies provozierte bei Vance und Stone ein leises Lachen, während Cal den Kopf schieflegte und nachgrübelte: „Versteh ich nicht.“

„Erklär ich Dir bezeiten.“, zwinkerte sie ihm zu und küsste ihn.

„Okay.“, machte Cal und schaute dann wieder zu Stone: „Und was machen wir nun?“

„Ich muss sterben. Ich meine – ich bin schon tot.“, meinte die Frau und Vance nickte: „Ich würde sagen, wir legen eine großflächige Ladung – das komplette Haus muss zerstört werden, ansonsten könnte jemand die Technologie finden und …“

Cal schaute zu Agatha und nickte dann ebenfalls: „Also der Klassiker. Eine Gasexplosion.“

„Das dürfte das beste sein.“, sagte die hübsche Rothaarige und sah verblüfft zu Cal, der plötzlich in ein zuerst leises, dann immer lauter werdendes Gelächter ausbrach.

„Alles in Ordnung?“, fragte sie und zuckte zurück, als Cal seinen Phaser zog und ihn auf Witwe Stone richtete. „Dann sein Sie mal bereit, zu sterben.“

Pures Entsetzen zeigte sich auf den Zügen Stones und – als sie sich wieder unter Kontrolle hatte, konnte sie nur noch hauchen: „Traceless.“

Der Kriminelle zwinkerte zu Stone herüber, legte dann auf sie an und drückte ab. Der Schuss hüllte sie in einen roten Kokon aus Energie, ehe sie in sich zusammensackte, und mit blicklosen Augen in die Ferne starrte.
 

Gibbs brütete über einem Stadtplan. Er verfolgte mit dem grünen Marker die Strecke, die Traceless ihnen zu folgen befohlen hatte und wunderte sich immer mehr. Momentan ähnelte der Streckenverlauf einem P. Allerdings fehlten noch einige Informationen. Sie mussten noch zur E-Street South-East fahren, Tony und Ziva hatten noch die A-Street Northeast und die beiden S-Streets Northwest und Southeast auf der Agenda. Es war vermutlich nicht so, dass Traceless ihnen anhand der Straßenkarte mitteilen wollte, was los war.
 

Derweil suchte Ziva gerade auf ihrem Stadtplan das Jane A. Delano Memorial.

Sie wusste nicht einmal wer diese Person war, noch, weswegen sie ein Memorial bekommen hatte – und noch weniger wusste sie, was dieser Traceless mit dieser Schnitzeljagd bezweckte. Aber es nervte sie – und zwar ungemein. Tony konnte das momentan nicht von sich behaupten. Ziva hatte, allerdings wohl eher unbeabsichtigt als bewusst, den Stadtplan über der noch warmen Motorhaube ausgebreitet und lehnte sich nun suchend nach vorne. Zwar merkte sie offenbar, dass der Motor noch warm war, denn sie zog sich die gefütterte Jacke aus, ließ sie hinuntergleiten und band sich die Ärmel knapp unterhalb des Bauchnabels zusammen, sodass sich die Jacke an ihren Po schmiegte – allerdings war ihr nicht bewusst, das sie Tony damit einen Gefallen tat. Dieser schaute sich das Schauspiel wie verzaubert an.

Es kam ihm vor, als wäre er Shia Lebeauf, sie Megan Fox und sie würden gerade die Szene mit Bumblebee nachspielen. Beinahe konnte er „Who’s gonna drive you home, tonight“ von „the Cars“ hören. Dann bemerkte er, dass Ziva ihn anschaute, ein wenig mitleidig lächelte und sich die Jacke wieder anzog.

Vision vorbei.

Er schüttelte den Kopf und schaute sie an: „Was hast Du gerade gesagt?“

„Das Jane A. Delano Memorial und die Federal Triangle Metro Station – sie liegen einander beinahe gegenüber. Dazwischen ist der Presidents Park, das National Aquarium in Washington und das Ronald Reagan Building and international Trade Center.“

Damit beugte sie sich wieder vor, zog die Linie und zeigte sie Tony. „Schau es dir an. An was erinnert dich das?“

Der Halbitaliener beugte sich ebenfalls vor und wollte sich gerade wirklich auf die Aufgabe konzentrieren. Wirklich – aber der Duft von Zivas Parfum riss ihn aus seinen Gedanken. Erneut musste er den Kopf schütteln, um sich zu konzentrieren. Dann betrachtete er die Linien.

„Das könnt eigentlich alles mögliche sein. Sieht’n bischen aus, wie ein Dreieck, oder?“

Ziva nickte: „Ja, aber was will Traceless uns damit sagen?“

„Ich weiß es nicht.“, gab der Halbitaliener zu und gab sich gar nicht erst die Mühe, den Anschein zu erwecken, es dennoch zu wissen. Stattdessen klappte er sein Handy auf und wählte die Nummer des Bosses an.

Er wartete keine Sekunde, da hörte er auch schon das knappe „Ja, Gibbs?“, an das er sich inzwischen gewöhnt hatte.

„Ja, Boss, wir haben inzwischen die ersten drei Adressen abgefahren. Es ist merkwürdig.“

„Sag mir was Neues, DiNozzo. Wir haben die Laufwege, die Traceless uns aufgibt, auf dem Stadtplan verfolgt – das Resultat ist, dass diese Wegstrecke einem P ähnelt. Wobei wir noch nicht fertig sind, uns fehlt noch die E-Street Southwest.“

Die Stimme Gibbs klang müde, abgespannt.

„Wir sind fertig. Auch wir haben die genannten Punkte miteinander verbunden und kommen auf eine Art Dreieck. Ich verstehe es einfach nicht.“

Tony war eindeutig ratlos und konnte sich vorstellen, dass auch Gibbs…

„Fahrt zu den beiden S-Streets.“, hörte er die Stimme seines Chefs, die plötzlich wieder Elan hatte, „Ich glaube, ich weiß, worauf wir hinsteuern. Ich schnapp mir Tim und fahr zur E-Street. Wir sehen uns dann im Hauptquartier – in etwa einer Halben Stunde.“

Damit knackte es und die Verbindung war weg.

Tony zuckte mit den Schultern, klappte sein Telefon zu und schaute zu Ziva, die ihn fragend anblickte: „Und?“

„Wir sollen uns die beiden S-Streets vornehmen.“, erklärte der Angsprochene und stieg ein.
 

Verdammt , fuhr es Agatha durch den Kopf, hat uns dieser gerissene Fuchs die ganze Zeit etwas vorgespielt?

Sie schaute zur Leiche der Witwe – wenigstens hatte sie nicht allzulange über den Verlust ihres Mannes trauern müssen. Schnell zog Agatha den Phaser und zielte auf Traceless, ebenso wie Vance. Beide fokussierten den Verbrecher, waren bereit, im entscheidenden Moment abzudrücken und das Kapitel „Buzz Intrupper“ ein für alle mal zu schließen.

„Wo ist Cal?“, zischte Agatha und der Verbrecher ließ das Gesicht ihres Freundes ein schleimiges Lächeln lächeln.

„Er schläft auf der Dragonfly einen ruhigen und friedlichen Schlaf. Ich habe ihn in deiner Gestalt erwartet und ihn zu Bett gebracht. Es war nicht schwer. Ein einfacher Druck an eine bestimmte Stelle seines Nackens und he was out like a light .“

Damit ging er rückwärts in Richtung des Badezimmers.

„Du hast geblutet. Angela Stone hat Dir ein Wahrheitsserum verabreicht. Bist du ein so harter Hund?“

Traceless stoppte, steckte den Phaser weg und legte den Kopf überlegend schief, ehe er grinste: „Oh du meinst das hier?“

Damit entspannte er seine Gesichtszüge, starrte er in die Ferne und murmelte ein schläfriges „Ich gehorche Dir, Meisterin“ , ehe er sie anschaute und erneut grinste: „Seit doch nicht albern.“

Agatha konnte nicht anders, sie schloss kurz die Augen und merkte, wie sie in eine Wunschvorstellung abdriftete.
 

Es krachte – laut, hässlich, splitternd – und in einem Regen von Glasscherben sprang jemand durchdie Terrassentür. Durch die kinetische Energie angetrieben, taumelte er nach vorne, rollte sich über die Schulter ab, richtete sich auf, zielte auf Traceless und feuerte. Der Verbrecher warf sich in Deckung, erwiderte das Feuer, sodass der Mann, der gerade durch das Fenster, das zur Terrasse von Stones Wohnung führte, gekommen war, sich ebenfalls in Deckung begeben musste. Kurz konnte Agatha seine Züge erkennen, als er ihr zuzwinkerte und an einen imaginären Cowboy-Hut tippte. Calvin Nathan Cat, Kommandant der Dragonfly war zur Rettung gekommen. Aber

Cal war nicht diese Art von Held. Vielleicht sollte man es realistischer sehen. Ausserdem stand sie nicht auf sowas. Vermutlich hätte er zwar Anlauf genommen und wäre am Liebsten genau wie in diesen schlechten Filmen durch die Terassentür gebrochen, um, wie der Terminator, herumzuballern, aber die realistischere Variante sah so aus, dass Cal vermutlich beim Sprung gegen die Glasscheibe an selbige geklatscht wäre und daran heruntergerutscht. Dennoch hätte der Krach Traceless genug abgelenkt, dass sie ihn ausser Gefecht hätte setzen können.
 

Aber er würde nicht kommen. Der Captain lag, betäubt, von einer Person, der er dachte vertrauen zu können, vermutlich noch im Bett des Quartieres, in dem sie beide lebten. Das er auch nie aufpassen konnte. Es war so typisch für Cal.

Sie erinnerte sich an den Kongress, die Friedenskonferenz zwischen Romulus und Remus, die auf Ret’Tang, einer romulanischen Kolonie, stattgefunden hatte und die darin endete, dass die Borg die Konferenz sabotieren und Agatha assimilieren wollten. Ersteres gelang ihnen, zweiteres nur partiell.

Doch dank der diversen Erfahrungen in der De-Assimiliation, durch die Erfahrungen mit Jean Luc Picard und Annika Hanson, war die De-assimilation Agathas ein Klacks gewesen, der übrigens dazu führte, dass sich sowohl Picard, als auch Seven, regelmäßig mit Agatha unterhielten.

Auch nach der De-Assimilierungsprozedur hatte er neben ihr gelegen, sie im Arm haltend, sie betrachtend, obwohl man ihm gesagt hatte, dass es ein Risiko war.

Schließlich bestand die Möglichkeit, dass Agatha immer noch einige Nanosonden im Blut hatte und dann war das Risiko gegeben, dass sie versuchen würde, den Captain zu assimilieren.

Cal hatte es für Blödsinn gehalten - hätte er mal auf die entsprechenden Stellen gehört, denn Agatha war tatsächlich nicht komplett De-Assimiliert worden und hatte versucht, ihn dem Kollektiv zuzufügen.

Und tatsächlich hatte sie es nicht nur versucht, sondern auch geschafft, jedoch wurden sie danach von einem Ärzteteam, das in seiner Besetzung einmalig war, erneut de-assimiliert. Seven und Picard wurden als Berater hinzugezogen - und das Ärzteteam, bestehend aus Gina Intrupper, Julian Bashir, Beverly Crusher und dem MHN waren in dieser Sitzung erfolgreich.

Anschließend gab es unzählige Counselorsitzungen, bei Deanna Troi, Ezri Dax, Tea Onze und Jean Luc Picard, sowie Seven Of Nine.

Doch, so sehr man es auch versuchte, eine bestimmte Verbindung konnte man seit dem Tage einfach nicht mehr lösen, und, wenn man ehrlich war, wollten das weder die Experten, noch die beiden Betroffenen selbst.

Die Verbindung, oder vielmehr das Band der Liebe. Ja, an diesem Tag hatte sich Cal endgültig und rettungslos in seine erste Offizierin verliebt, an dem Tag, als die beide aufgewacht waren, festgestellt hatten, dass der Satz ‘Wiederstand ist zwecklos’ nicht mehr auf Platz eins ihrer Rangordnung stand, an dem Tag, als Agatha Cal gefragt hatte, warum er nicht auf die Ärzte gehört habe und sich vertauensseelig so nah zu ihr begeben hatte, obwohl sie potentiell gefährlich war.

Cal hatte sie angesehen und gelächelt: „Musst Du mich das wirklich fragen? Kannst Du es Dir nicht denken? Ich dachte mir halt, wenn ich schon von einem Borg assimiliert werden muss, kann es doch auch gleich die Frau sein, die ich…“

Der Captain war errötet und hatte sich dann abgewandt: „Ich meine natürlich, ich bin davon ausgegangen, dass Du in der Lage warst, die Nanosonden zu besiegen. Du kennst mich, ich denk bei sowas nie nach - das nennt man den Cat-Faktor.“

Ja – das war typisch Cal.
 

„Erbitte Erlaubnis, diesen Mistkerl erschießen zu dürfen, Sir.“, zischte Agatha und Traceless starrte sie nun aus großen Augen an: „Hey, moment von Erschießen war nicht die Rede. Ich meine…“

Damit trat er auf sie zu: „Ich meine, Du hast doch gesagt, dass ich nicht schauspielern könnte.“

„Schauspielern?“, fragte die hübsche Rothaarige und sie hörte hinter sich ein leises Räuspern. Angela Stones nackte Beine lagen nicht mehr auf dem Boden, sie hatte sie an ihren Körper gezogen und war aufgestanden: „Ein Phaser auf Stufe 0 ist zwar eine effektvolle Lightshow und er verpasst einem ein herrlich warmes Kribbeln, aber Umbringen ist damit nicht.“

Wütend kniff die hübsche Rothaarige die Augen zusammen und fixierte den Offizier mit ihrem eiskalten Blick: „Das heißt, Du hast mich gerade hinters Licht geführt?“

Cal schluckte hart, nickte und trat dann auf sie zu:: „Du hast … hey, du hast selbst gesagt, ich könne nicht schauspielern. Ich wollte es dir beweisen.“

Die Reaktion seiner Freundin war erst ein Schweigen, dann machte sie ein lautes, wütendes „PAH!“, riss den Phaser hoch und feuerte. Der Captain wurde getroffen, ging zu Boden – die hübsche Rothaarige drehte sich um, verschränkte die Arme vor der Brust und murmelte ein leises: „Der kann mich doch mal.“

Der schwarze Dodge hielt an der 1 S-Street Northwest. Das war eine Odyssee, die Traceless ihnen auferlegt hatte. Sie waren zwar faktisch nur 4,7 Meilen gefahren, und hatten eine reine Fahrzeit von 18 Minuten hinter sich – doch waren sich sicherlich zwei Stunden unterwegs gewesen. Manche Stellen waren ja einfach zu finden gewesen – andere hingegen …
 

Ziva seufzte, stieg aus und war froh, dass sie ihre gefütterte Jacke trug, denn der Wind wurde gerade ziemlich ungemütlich. Zwar ließ der September noch einige Sonnenstrahlen auf die Stadt fallen und die Blätter verfärbten sich erst gelb – doch die Warnung der Natur, dass der Baum kurz davor war, seine Blätter abzuwerfen, war deutlich und nicht zu übersehen. Ganz im Gegensatz zu den Zetteln des Kriminellen, die waren mitunter wirklich gut versteckt.
 

So auch hier. Wo konnte man suchen? Das letzte Rätsel war ja fast schon mehr ein Witz gewesen. Man merkte, dass der Kriminelle anfing, seine Gegner nicht mehr ernst zu nehmen. Das bemerkte man daran, wenn derselbe Gauner, der vorher noch eine Parallele zu den Conan-Mangas, und ganz speziell zu dem Fall aus Shinichis Jugend in Manga 55 zu ziehen suchte, mit großflächigen Graffittis arbeitete. Spätestens dann merkte man, dass der Gegner die ihn verfolgenden Straforgane nur noch verhöhnen wollte und offenbar für blöder als 100 Meter Landstraße hielt.

Irgendwie fuchste das Ziva schon. Andererseits… Arroganz konnte eine Schwäche sein und in diesem Fall war sie es unwiderlegbar. Dieses Puzzlestück würde der entsprechende Hinweis werden. Man musste jetzt nur noch diesen Hinweis finden.
 

Die Tür ging auf und Agatha eilte so wütend hinaus, dass man meinen könnte, ihre feuerroten Haare stünden tatsächlich in Flammen. Ein bleicher Calvin Nathan Cat taumelte hinter ihr her. „Hey, warte.“

Sie stoppte, fuhr herum und ging so schnell und mit einem derart hasserfüllten Blick auf den Captain zu, dass dieser zwei Schritte zurücksprang, ehe er an die Wand stieß.

„Ich hab mir Sorgen gemacht, ich habe gedacht, er hätte dich getötet.“, zischte Agatha und funkelte ihn an. Der Captain schien mindestens zwei Köpfe kleiner zu werden und schluckte unbehaglich.

„Ja, erm…“, machte er und Agatha, die sich gerade schon wieder umgedreht hatte, wirbelte herum, schaute ihn aus zu Schlitzen verängten Augen an und sagte, extrem und gefährlich leise: „Ja-erm mich nicht, Cal. Meine Güte, du machst ja schon eine Menge Scheiße, aber das schlägt dem Faß den Boden aus und die Krone mitten durchs Gesäß.“

Sie wurde laut: „Himmelherrgott, Cal. Was denkst Du dir eigentlich, wenn Du so einen Mist machst!“

Man konnte wirklich sehen, das Cal die Sache leid tat. Seine Augen traten hervor, seine Kinnlade klappte herunter und sein Blick verriet „Verdammt, es tut mir leid.“.

Er trat auf sie zu, die ihm wieder den Rücken zugewandt hatte, und legte ihr sanft die Hand auf die Schulter: „Schatz, ich…“

„Lass das.“, machte sie und wollte die Hand abschütteln, doch Cal hielt sie an Ort und Stelle.

„Es … es tut mir leid. Ich wollte Dich nicht in Angst versetzen, es ist nur… Du weißt, dass ich wütend werde, wenn man mir sagt, dass ich etwas nicht kann. Ich will es dann beweisen.“

Gegen ihren Willen musste sie schmunzeln: „Ja, so wie Du damals ins Wasser gesprungen bist und dann beinahe ertrunken wärest, nur weil Sebastian meinte, du seist eine bleierne Ente.“

„Du hast mich herausgezogen.“, sagte der Captain und sie wandte sich um, ein leichtes Lächeln auf den Lippen: „Hey, ich bin immer da, um deine Fehler zu korrigieren.“

Cal sah seine XO an und verlor sich in ihren grasgrünen Augen. Dann zog er sie zu sich, ihre Lippen waren nur Millimeter voneinander entfernt, als der Captain ein britisch-gehauchtes „Nein, wie romantisch“ hörte.

Er zuckte zurück und blickte zu einer Angela Stone, in deren Augen einerseits Wut und andererseits Amüsement stand.

„Wenn ihr fertig seid, einander abzuschlabbern, können wir eventuell weiter machen?“
 

Es hatte ihr gut getan. Ihr vorgetäuschter Tod, die anschließende Kabbelei zwischen diesem unfähigen Captain und seiner mehr als fähigen XO – sich das alles anzusehen, machte sie lächeln. Allein schon, als die Drei, also Leon, Cat und Silverbird hier hereinkamen, hatte sie das Gefühl, dass sie es schaffen würden, sie wenigstens ein wenig von ihrer Trauer abzulenken. Als Cal auf sie geschossen hatte, war sie anfangs tatsächlich davon ausgegangen, dass Traceless sie jetzt und hier erledigen würde und sie hieß diesen Treffer willkommen. Doch schon, bevor ihr Körper lediglich warm wurde und kitzelte, zu dem Zeitpunkt als der vermeindliche Killer ihr zugezwinkert hatte, hatte sie die Wärme in seinen Augen gesehen und verstanden, was hier los war. Er wollte einfach beweisen, dass er auch schauspielern konnte und der Fakt, dass sie ihm den Traceless abgenommen hatte, zeigte, dass er zumindest ein gewisses Grundtalent hatte. Und ausserdem versprach, die anschließende Keilerei – denn was anderes erwartete sie nicht von Agatha Silverbird – eigentlich ganz witzig zu werden. Der Gedanke hatte sie ja auch nicht getrogen.
 

1 E-Street Northeast.

Der Wagen hielt, McGee stieg aus und sah sich um. Man konnte nicht behaupten, dass die Gegend grundsätzlich anders war, als die, die Gegenden er heute schon gesehen hatte.Es gab rot-verklinkerte Häuser – diese mussten eine Spezialität des Architekten gewesen sein, der die Häuser in dieser Ära zu verantworten hatte – es gab eine zwei sehr gerade Straßen, die wie mit dem Lineal gezogen aus der Ferne auf McGee zukamen um sich dann zu treffen und anschließend in der Ferne zu verschwinden. So war die Topographie der meisten Städte der USA – die meisten Straßen verliefen schnurgerade und teilten die Landschaft unter sich auf. Irgendwo westlich von ihm, das wusste er, würde, wenn er der E-Street folgte, zuerst auf den Washingtoner Hauptbahnhof treffen, dann auf die Georgetown Universität, das Fords Theatre und dahinter würde er zuerst auf den Pershing Park und dann auf den South Lawn des Weißen Hauses treffen. Der Südrasen. Es war verblüffend, wie man sich so einen Diminutiv , eine solche Verniedlichung leisten konnte. Rasen? Er hatte die groß Angelegte Grünfläche gesehen. Diese Fläche einfach nur „Rasen“ zu nennen, war eine gekonnte Untertreibung.
 

Folgte er der auf die E-Street einkreuzende 12th Street Northeast nach Süden, stand er nach einer gewissen Zeit vor dem Lincoln Park. Aber er hatte etwas zu tun und folglich keine Zeit für irgendwelche Stadtbesichtigungen. Das überließ er denen, die den Aufklärungsunterricht nötiger hatten. Diesen empfahl er eigentlich am Liebsten auch gleich eine Geschichtsstunde mit Ducky, der sehr gerne über die Geschichte Washingtons referierte – als kleinen Bonus gab er dann meistens noch andere, nicht minder spannende Anekdoten zum Besten.
 

Wenn sich dieser Traceless nun an seinen bisherigen Modus operandi hielt, dann hatte er die Nachricht irgendwo hingeklebt und es war die Aufgabe von Gibbs oder McGee, eben jene Nachricht zu finden. Vermutlich würde Gibbs den Fund machen. Der Mann war gut. Seinen Augen entging nichts – ausser einigen Buchstaben – aber ansonsten konnte er sehen wie ein Luchs.

Er hätte mit sich selbst wetten sollen, denn kaum, dass McGee diesen Gedanken getroffen hatte, hörte er die befehlsgewohnte Stimme seines Bosses.

„McGee. Komm her.“
 

„Ich mag alles Rote.“, zitierte Ziva und ging, wie von einem hynpotischen Befehl dazu gezwungen, auf das Schild zu, das besagte, dass die die S-Street einkreuzende „North Capitol Street“ eine sogenannte „Snow Emergency Road“ war und sie knibbelte mit schnellen, inzwischen routinierten Fingern an einer Ecke eines roten Zettels herum, der ein wenig wie nach vorn geknickt wirkte. Sie schaffte es, ihren Fingernagel zwischen Papier und Schild zu bringen und zog.

Ratsch .

Mit einer schnellen Bewegung hatte sie den Zettel abgerissen und las die Worte.

„Wanderer“, stand dort, „Pilgere vom National Labor Relations Board auf der Neunzehnten Straße Northwest in nördlicher Richtung.“
 

„Wanderer“, las zum selben Zeitpunkt Gibbs, „Der K-Street bis zur Kreuzung 14 St. Folgen. Dann wieder nach Süden wenden und die 14. Bis zur Kreuzung Constitution Avenue laufen.“

Es war frustrierend. Definitiv – er hatte keine Ahnung, was der Autor, dieser mysteriöse Kerl namens Traceless, von ihm wollte und was die ganze Sache für einen Zweck verfolgte, aber - er machte sich daran, die Laufwege in den Stadtplan einzutragen. Das Gebilde, das sich nun auf der Straßenkarte zeigte, erinnerte ihn an eine Art P oder R. Ein Dreieck und ein P oder R. Was sollte das? Das war schon ein schwerer Schlag für ihn – eine ziemliche Schmach – das er einmal nicht vor allen anderen wusste, was gemeint war. Vielleicht wurde er auch schon alt? Wundern würde es Gibbs nicht – schließlich war der Senior Special Agent ein alter Leitwolf, der grauhaarige Anführer. Es wurde immer erst besser, bevor es schlechter wurde und in den letzten Jahren war er auf dem Höhepunkt seiner Leistungsfähigkeit angekommen. Schnelle Reflexe, schnelle Gedanken – es würde ihn nicht wundern, wenn er bald in diesem Zusammenhang abnehmen würde. Und daher würde es ihn auch nicht überraschen, wenn sein Ende irgendwann einmal in Gestalt einer Pistolenkugel kam, bei der er nicht schnell genug war, ihr auszuweichen. Vermutlich wusste Traceless sogar, dass er bald nachlassen würde – schließlich kam der Verbrecher aus der Zukunft. Und somit wusste er alles im Vorfeld. Er wusste, wann sein Team angreifbar war.
 

Ein Dreieck und ein P – oder ein R. McGee betrachtete sich die Zeichnungen seines Chefs und runzelte die Stirn. Es war nicht, dass er nicht verstand, was er da sah, er verstand nur nicht, was er da sah.

Was wollte Traceless ihnen mitteilen?

Ein Dreieck – das war eine geometrische Figur. Ein P – vielleicht wurde das P ja englisch ausgesprochen und spielte auf Pi an. Pi, also 3,1415 – die Zahl, die das Verhältnis von Kreisumfang zu Kreisdurchmesser angab. Aber was wollte er mitteilen? Von der Quadratur des Kreises hatte McGee ja schon gehört, aber die „Verdreieckung“ war ihm komplett neu.

Seufzend wandte er sich an Gibbs, der genau so ratlos schien, wie er.
 

Die blaue Linie führte vom National Labor Relations Board, das an der Ecke 19.Street NW und Constitution Avenue NW stand die Straße bis zum Ende nach oben durch. Sie durchschnitt den sogenannten Dupont-Zirkel und mündete dann, Meilen später in die Baltimore Street NW ein. Aber was wollte traceless damit ausdrücken? Baltimore? Ging es eventuell um Tony?

Zweifelnd blickte sie zu ihrem Partner, doch dann schüttelte die hübsche Israeli den Kopf. Warum sollte man erst einen riesigen Zinnober veranstalten, nur um dann auf „Baltimore“ hinweisen zu wollen? Das machte keinen Sinn.

Aber – bisher hatte keiner der Hinweise Sinn gemacht. Es hatte sich durch die Nennung von Straßen und Punkten ein hübsches Muster gebildet – das stimmte. Etwas, das wirkte wie ein Dreieck – oder, wie sie in diesem Moment merkte, wie ein A, das ziemlich windschief war – wurde vom weißen Haus über die Mitte Washingtons gelegt, aber – sie konnte damit nicht viel anfangen.

Selbst mit einem A, das windschief war, konnte sie nicht viel anfangen, zumal die momentane Situation so aussähe.

Ein Windschiefes A über dem Weißen Haus und links davon, auf der Neunzehnten Straße ein Strich, der bis zur Baltimore Street reicht – das heißt, es konnte auch kein A sein, sondern es musste sich dabei um ein Dreieck handeln. Ein Dreieck und ein langer Strich. Sie erinnerte sich daran, in den Neunzigern in Deutschland gewesen zu sein. Dort war eine Folge „Hogans Heroes“ im Fernsehen gesendet worden – oder wie es in Deutschland hieß: „Ein Käfig voller Helden.“.

Der Protagonist, Robert Hogan, führte dem Lagerleiter des STALAGs Nummer 13 in diesem Moment einen Staubsauger vor, den er vorher als Voalgedeha deklariert hatte. Natürlich war es nur ein Staubsauger gewesen und Voalgedeha bedeutete nichts anderes als „Von Aliierten gefangener deutscher Hase“, aber – gerade erinnerte sie die Zeichnung auf dem Stadtplan frappant an einen Versuch, einen Staubsauger zu zeichnen – oder vielleicht doch einen verkappten Stuhl? Nein – sie verstand es einfach nicht. Und in diesem Moment sagte Tony: „Zerbrich dir nicht den Kopf, Ziva. Wir fahren jetzt ins Hauptquartier – vielleicht kommen wir ja darauf.“

„Wir müssen erst den letzten Hinweis finden – also zur S-Street Northeast.“
 

Kaum, dass der Wagen losgefahren war, bemerkte Tony eine Änderung in Zivas Verhalten. Sie schlug die Beine übereinander - diese langen, starken, muskulösen, doch sehr femininen Beine – etwas, das sie sonst nicht tat, und begann, wie geistesabwesend, mit ihrer rechten Hand kreisende Bewegungen zu machen. Verständnislos schüttelte Tony den Kopf und riss das Steuer im richtigen Moment wieder gerade. Der Beinaheunfall fuhr einen baby-blauen Prius und hupte ein paar Mal protestierend. Gleichzeitig blinkte er den schwarzen Dodge, oder besser gesagt, dessen Fahrer, protestierend an und zu allem Übefluss lachte Ziva David darüber. Zwar leise und glockenhell – nicht so laut wie sonst – aber, sie lachte.

Dann war sie still, blickte blinzelnd in die Ferne – in Richtung Sonne, die gerade auf dem Weg gen Westen war – und begann, zuerst zu summen und dann leise zu singen.
 

Rusted brandy in a diamond glass. Every little thing is made from dreams Er hörte ihre sanfte Stimme und fragte sich, wo er das Lied, das sie da gerade sang, schon einmal gehört hatte. Dann setzte der Refrain ein.

Temptation – Temptation – Temptation – I can’t resist.

Tony merkte wie sein Herz schneller schlug. Temptation – Versuchung – der sie nicht widerstehen konnte. Ein leises Lächeln stahl sich auf seine Lippen, als Ziva ihn anschaute und die Takte des Liedes weitersummte.
 

Und dann zuckte sie zusammen.

„I can’t resist“…

BOOM
 

Direkt neben Ihr ging diese Bombe hoch. In einem Anflug puren, lebensrettenden Aktionismusses riss sie die Arme hoch, schützte ihr Gesicht von den sengendheißen Schrapnellen und merkte, wie die Druckwelle sie – einer lebenden Puppe gleich – von der Bühne trug. Ihr Körper sah sich in diesem Moment einer ungeheuren Tortur gegenüber, als Trümmer von Tischen gegen sie krachten. Sie selbst merkte noch, wie sie auf den Boden knallte, ihr Kopf nach hinten sank und sich Stille um sie senkte.
 

Ziva David war sich nie im Leben so sicher gewesen, das ihr Tod unmittelbar bevorstand. Eine Bombenexplosion aus nächster Nähe? Das konnte niemand überleben, die Chancen waren viel zu schlecht und ausserdem würde es sie nicht wundern, wenn sie sich alle zum Überleben notwendigen Knochen gebrochen hätte. Die Schmerzen waren der definitive Indikator dafür. Ein Teil von ihr merkte, wie sie immer losgelöster wurde und hieß es willkommen, ein anderer Teil verfluchte sich dafür. Sie war Mossad-Agentin, ihr Vater hatte sie trainiert, sie hatte sich gegen alle anderen Kameraden durchgesetzt und war eine gute Agentin geworden. Und gute Agenten gaben nicht einfach so auf.

Sie musste den Kopf schütteln und merkte erst jetzt, dass Tony den Wagen angehalten hatte und sie mit vor entsetzen aufgerissenen Augen anstarrte.

„Was ist los, DiNozzo?“, fuhr sie ihn unverhältnismäßig harsch an und zog dann eine Grimasse, als sie den Ausbruch als solchen erkannte.

„Entschuldigung, ich meine – was ist los, Tony?“

Der Halbitaliener drehte den Zündschlüssel um und setzte das Gefährt wieder in Gang.

„Du warst gerade vollkommen weggetreten. Hast geatmet, als hättest Du entweder einen verdammt-schlimmen Albtraum oder…“

„oder?“

Er schenkte ihr ein verschmitztes Grinsen.

„Du bist ein Schwein, DiNozzo.“, sagte Ziva und der Mann nickte: „Ich weiß.“

Und während der Wagen los fuhr, erinnerte sie sich an die Bar, in der sie gesungen hatte und in der sie fast gestorben wäre. Da saßen in einer der ersten Reihen ein Mann und eine Frau. Beide schauten sie mit einem wissenden Blick an und schenkten sich dann ein verliebtes Lächeln. Sie hatte sich an dem Tag gefragt, was sie damit gemeint hatten und – wenn man ehrlich ist, können solche Dinge wie, eine halbe Bar, die einem auf den Kopf fällt, dafür Sorgen, dass man Kleinigkeiten vergisst – aber sie erinnerte sich nun deutlich daran, dass die grauen Haare, die der Frau in der ersten Reihe bis auf die Brust fielen, noch die eine oder andere Strähne einer anderen Haarfarbe gehabt hatten. Ihr war damals noch durch den Kopf gegangen, dass Gibbs an dieser Frau wohl seine wahre Freude gehabt hätte – und dann war die Bombe in die Luft gegangen.

Eigentlich hielt sie die Vermutung, die damit einherging, für ziemlich unwahrscheinlich, aber… nein, sie musste sich irren. Es mochte sein, dass die Haare der Frau genau so feuerrot waren und es mochte sein, dass sie eine gewisse Ähnlichkeit mit der Frau aufwies, die sie hier als Agatha Silverbird kennengelernt hatte, aber selbst, wenn sie der hübschen Rothaarigen die Geschichte abkaufte, dass sie Zeitreisende waren und unter den Vorzeichen, dass die beiden, also Cal und Agatha wussten, was ihr – also Ziva – in dieser Bar wiederfuhr… da musste man schon ziemlich blöd sein, und sich genau in den Explosionsradius setzen, der zum sicheren Tod führte. Nein - das konnte nicht sein.

„Ziva?“, riss Tony sie aus den Gedanken, „Wir sind da.“

Der Wagen hielt.
 

McGee erreichte Abbys Labor zum selben Zeitpunkt, wie Tony und Ziva. Verblüfft schauten die Agenten einander an, dann lächelte der Italiener: „Als hätte Abby uns alle herzitiert.“

„Ach ja?“, fragte Gibbs und kam aus der Tür, die zum Treppenhaus führte, „Dann wollen wir doch mal hören, was Abby zu sagen hat, meint Ihr nicht auch?“
 

Das Labor war dunkel. Die Computer piepsten nicht und es drang keine Techno-Musik aus den Lautsprechern. Es war, als wäre Abby gar nicht da.

Verblüfft schaute Tony zu Ziva, die mit den Schultern zuckte und die Stille durch den Ruf nach ihrer besten Freundin brach.

Doch eben jene beste Freundin schien keinerlei Anstalten zu machen, sich in einer wie auch immer gearteten Weise zu melden.

McGee schaute sich ebenfalls ein wenig verdattert um, trat einen Schritt nach vorne, doch in dem Moment schnellten Zivas und Gibbs Arm zeitgleich nach vorne und hielten den Computerspezialisten fest.

Der stoppte – absolut effektiv zum stehen gebracht von der geballten Kraft von NCIS und Ex-Mossad und schaute die Beiden Mitarbeiter an.

„Was?“, fragte er, doch als Ziva ihren Finger auf ihre vollen Lippen legte, schaute McGee sie kurz an und wiederholte die Frage geflüstert.

„Da.“, deutete Tony plötzlich leise und geflüstert auf eine Gestalt die dort im Dunkel stand. Sie bewegte sich nicht, hatte den Rücken durchgedrückt und stand perfekt still – wie ein Soldat. Tony schaltete die Taschenlampe ein und leuchtete in die grobe Richtung der Gestalt. Sie sahen nur kurz ein graues, längliches, ausdrucksloses Gesicht…

„Ach Tony?“, riss McGee ihn aus seinen Gedanken und er schaute verblüfft zu seinem Kollegen herüber: „Ja, McGenius, du wolltest mir doch noch erzählen, ob Du auch das Gefühl hast, in einer Zeitschleife zu stecken.“

„Ja, das auch, aber… ich wollte dich eigentlich nur fragen, ob Du mir einen Gefallen tun könntest.“

Tonys Augen verengten sich zu schlitzen: „Wie kann ich Dir helfen?“

Seit wann fragte McGee ihn um Hilfe? Hier stimmte doch wieder was nicht.

„Tony… mit so was macht man keine Witze. Wir wissen nichts über die Möglichkeiten extraterristrischen Lebens da draußen… wir wissen nicht, ob sie nicht schon unter uns weilen und aussehen wie Menschen… vielleicht bin ich ja auch nicht mehr Abby, sondern habe sie heut Nacht gefressen und trage ihre Haut als Kleidung?“ , schoss ihm Abbys Stimme durch den Kopf und er schüttelte selbigen. Es gab keine Ausserirdischen.

Aber, nur mal zur Sicherheit schaute er McVerdächtig mal genauer an. War er schon immer so dünn, beinahe spindeldürr, gewesen?

„Was ist, kannst Du mir helfen?“, fragte McGee in einem Tonfall, der Tony auch nicht so wirklich gefiel. Er erinnerte ihn ein wenig an eine Schlange, die den Hasen fragte, ob er ihr mal kurz in die Augen sehen könne, sie habe das Gefühl, ihre Kontaktlinsen seien verrutscht.

Und er hatte oft genug „Der Hofnarr“ gesehen, um zu wissen, dass man Leuten, die hypnotisieren konnten, nicht mal in Ausnahmefällen in die Augen schaute, es sei denn, man wollte den Rest des Filmes an- und ausgeschnippt werden.
 

Nein, er war sicher, er war unter Freunden, es gab keine Ausserirdischen.

„Natürlich, McGee – wie kann ich dir helfen?“

War das jetzt eine Spur zu freundlich? Tim schaute ihn aufmerksam an und legte dann den Stift, den er gerade noch in der Hand gehalten hatte, ab. War es ein Stift, oder so ein Gedankenverwurschtelblitzdingsi, wie es die Men in Black im Film hatten?

‚Tony, jetzt reiß dich zusammen!’, schoss es ihm durch den Kopf, allerdings – wie hätte er es sonst erwartet – nicht in seiner eigenen Gedankenstimme, sondern in der Stimme seines Vaters. Innerlich seufzend blickte er Mc-potentieller-Alien-Wirt an.

„Ich bräuchte aus der Asservatenkammer die Akte Drei vier Drei.“, sagte McGee und zuckte mit den Schultern: „Ich kann sie auch selber holen, aber – ich dachte, vielleicht… ich würd dir auch einen Kaffee ausgeben.“

So, jetzt war es sicher, das was nicht stimmte. McGeizig gab ihm einen Kaffee aus?

Aber – er würde mitspielen. Wenn es eine Alien-Invasion im NCIS gab, würde er es herausfinden und zu Gibbs gehen und… was wenn Gibbs der Anführer war?

Dann würde er zu Vance gehen und… was wenn Vance der Anführer und Gibbs sein Lieutenant war? Vielleicht sollte er doch noch mal mit Ziva sprechen und… was wenn Ziva nun auch eine Ausserirdische war?

Da brauchte er nicht groß nachzudenken. In dem Fall würde er sich von ihr Fressen lassen. Was sollte das denn?

Wenn er so an die Abenteuer der letzten Jahre dachte, die er mit ihr erlebt hatte, fand er, dass er keine bessere Partnerin finden konnte, als diese Frau. Und wenn sie nun tatsächlich nur noch eine Hülle war – was eigentlich Blödsinn war, es gab keine Ausserirdischen – dann würde er sich nur allzu bereitwillig von ihr in genau so etwas verwandeln, denn… wenn er die Wahl hätte, ohne sie zu leben oder mit ihr tot zu sein… so verdreht es auch schien, er wählte das Letztere. Ohne sie, ohne ihren extrem trockenen Sinn für Humor , konnte er sich das Leben nicht mehr vorstellen.

Und mit dem Mut der Verzweifelten stand er auf und ging zum Aufzug.

Kurz, bevor sich die Aufzugtür schloss, hörte er McJudas Stimme: „Er ist auf dem Weg.“

Tony erinnerte sich daran, sie sie ihm vor ein paar Stunden einen Streich gespielt hatten – weil er Ziva Angst vor Aliens unterstellte. Aber dieses Wesen dort, das war doch… das war…

Der Blick des Halbitalieners glitt zum Bildschirm, von dem ihm ein ebenso graues wie grässliches Wesen entgegenglotzte und er hatte das Gefühl, zu fallen. Verdammt, es gab keine Ausserirdischen – selbst, wenn dieser Cal und diese Agatha behaupteten, sie wären Raumschiffpiloten, so glaubte er ihnen das nicht. Und dennoch stand dort, in einem dunklen Anzug, mit ausdruckslosem Gesicht eben so ein Lebewesen Er erinnerte sich wieder an den Streich, den sie ihm gespielt hatten.
 

Die Aufzugtür glitt auf und Tony fand sich in absoluter Dunkelheit wieder.

Was war hier los? Stromausfall?

Das hatte den Vorteil, dass die Tür zur Asservatenkammer, normalerweise elektrisch verschlossen , leicht zu öffnen war. Er drückte die Klinke herunter, die Tür öffnete sich und er betrat die Asservatenkammer.

Mit der Taschenlampe leuchtete er sich den Weg – ein lächerlich kleiner Lichtfinger versuchte sich in dieser großen, großen dunklen Halle bemerkbar zu machen.

Ein Witz.

Das alles war ein Witz – er hatte doch keine Chance. Vielleicht sollte er abwarten, bis der Strom wieder funktionierte?

Schnell griff er zu seinem Handy und wählte die Nummer von McGee.

The person, you have called is temporary not available. , erklang die Stimme aus seinem Telefon und er verfluchte die extrem miese Empfangssituation, in der er sich gerade befand.

Naja, es nutzte ja nichts, er musste diese Akte finden, wenn er seinen Kaffee haben wollte.

Und es hatte den Vorteil, dass ihm an all dem hier nichts Bekannt vorkam.

Wobei – wenn er ehrlich war, wäre es ihm lieber, wenn von dieser Stelle auch ein Déjà-Vu gehabt hätte.
 

Klank!

Tony zuckte zusammen.

‚Was ist los mit Dir, DiNozzo? Beruhig dich!’, schalt er sich, dieses mal gedanklich in der Stimme seines Chefs. Er merkte, wie sein Atem sich verlangsamte. Es war doch einfach nur albern. Er war Mitte 30 und fürchtete sich gerade im Dunkeln vor dem, was da im Dunkeln auf ihn lauern könnte.

Und offenbar war da was, denn er konnte hören, wie etwas über den Boden geschleift wurde.

Was es war, wusste er nicht, aber er hatte einen starken Verdacht. Schließlich war das hier der NCIS, hier lagerten Geheimdokumente, hier liefen die geheimdienstlichen Fäden für Gegenspionage, Terrorismusbekämpfung und andere Nettigkeiten zusammen. Das man in den NCIS prima einbrechen konnte, wenn man denen den Strom abstellte, war etwas, was ihm schon damals, als man halb Washington den Strom abgedreht hatte, in den Sinn gekommen war.
 

Das Schleifen, das er hörte… es musste ein Körper sein, der gerade getötet und nun versteckt wurde.

Ziva!

Sie war hier unten gewesen, zusammen mit Abby. Und hier hatten sie dieses Gespräch geführt und…

Erneut zuckte er zusammen.

Knappe 4 Meter von ihm waren Sachen umgefallen und er hörte ein merkwürdiges Geräusch – ein merkwürdiges schrilles Kreischen. Beinahe wäre er gegen ein Regal gelaufen, als er sich daran erinnerte, wo er das Geräusch schon einmal gehört hatte.
 

Lorette Taylors Filmnacht.

Das Geräusch war vom Fernseher gekommen und hatte ihnen allen eine Gänsehaut beschert.

„Aliens.“, sagte Tony leise und schüttelte den Kopf: „Schöner Gag, aber… ich fall da nicht drauf rein.“

„Nicht?“, hörte er Zivas sanfte Stimme direkt hinter sich, fuhr herum und erstarrte.

Sie trug einen Hazmat-Anzug, ihre braunen Augen waren gelb, ihre Wange war von silberner Kybernetik verziert und die Beleuchtung des Hazmat-Suits gab ihrer ausserirdischen Erscheinung noch eine Spur mehr… was auch immer.

Er schluckte, ging einen Schritt zurück und merkte, wie hinter ihm jemand stand.

Schnell fuhr er herum und schaute in die roten Augen Abby Sciutos.

„BUH!“; machte sie und Tony … lachte.

Die Forensikerin zog eine Schnute.

„Hat es nicht geklappt, Tony?“

„Bis zu diesem Geräusch hattet ihr mich. Aber dieses Hiya-k-k-k-k, das die Aliens in dem Film machten… das hat euch dann doch verraten.“

Er ging zu Ziva, nahm ihr den Hazmat-Helm ab und grinste: „Darf ich dir was sagen, oh mein Metall-Zombie?“

Die hübsche Israelin griff an ihre Wange, nahm die Verkleidung ab und grinste schief: „Was denn?“

Er beugte sich vor und küsste sie: „Du bist ein wirklich hübscher Alien.“

Ziva grinste: „Hiya-k-k-k-k.“

Ziva konnte nicht glauben, was sie da sah – aber es war offenbar da. Dieses Lebewesen hatte eine graue Hautfarbe, war knapp einen Meter 80 groß und hatte extrem lange Hände, ebenso eine Kinnpartie, die spitz zulaufend war und große schwarze Augen, wie Käfer. Er – oder es – stand einfach da, machte keine Bewegung, starrte sie einfach nur an. Und just, in dem Moment, in dem sie dachte, es wäre nur eine Puppe, begann das Wesen zu sprechen – ohne seinen Mund zu bewegen, den sie sowieso nicht sah.
 

„MENSCHEN , donnerte es mit einer Stimme, die eindeutig nicht von dieser Erde stammte, „WIE KÖNNT IHR ES WAGEN IN DIE HEILIGE SPHÄRE DER SH’TU EINZUDRINGEN? DAFÜR WERDE ICH EUCH BESTRAFEN!

Und augenblicklich spürte sie, wir ihr immer heißer wurde, immer heißer, immer heißer.
 

Tim war verblüfft.

Dieses Wesen, das dort im Labor stand, redete – aber die Stimme klang viel zu vertraut, um ihn zu schrecken. Die „heilige Sphäre der Sh’tu – schon klar.

Ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen, doch als es immer heißer wurde, war er geneigt, seine Meinung zu revidieren.
 

Leroy Jethro Gibbs war nicht unbedingt amüsiert.

Er warf einen Blick nach oben, direkt auf die Klima-Anlage und schüttelte den Kopf.

„Schalt die Klima-Anlage aus, Sh’tu.“, sagte er und ging auf das Wesen zu.

„Keinen Schritt weiter!“ , donnerte das Wesen und als Gibbs seine Hand nach ihm ausstreckte, stand er plötzlich in einem grellen Scheinwerferlicht. Er erstarrte, drehte sich, mit einem in die Ferne reichenden Blick um und sagte dann: „Wir sind die Sh’tu. Wir sind…“
 

Der Feuerwehrtruck bog mit Blaulicht und Sirene um die Ecke. Andrew Meyer sprang aus dem Fahrzeug und bleib vor Schreck erstarrt stehen. Das Haus – beziehungsweise das, was davon übrig war – stand lichterloh in Flammen. Verdammt , dachte der Feuerwehrmann sich, da ist nicht mehr viel zu retten.

Aber dennoch machte er sich daran, mit seiner Mannschaft das Feuer zu löschen, wenngleich er nicht viel Hoffnung hatte. Im Vorgarten lagen drei Personen benommen auf dem Boden, rappelten sich gerade auf und schauten das Personal des Trucks an. Tränen traten in die hübschen grünen Augen der Frau, die trotz zerrissener Kleidung und einigen Rußflecken im Gesicht eine Aura der Würde verströmte. Sie erinnerte ihn an das Bild einer stolzen Kriegerprinzessin, die zerschlagen, aber nicht geschlagen dastand und den Verlust eines gefallenen Kameraden betrauerte.

„Ich weiß nicht, was passiert ist.“, schniefte sie, „Sie war da drin und… plötzlich explodierte das Haus.“
 

Leon Vance musste zugeben, dass Agatha Silverbirds Schauspieltalent durchaus vorhanden war. Sie konnte die ahnungslose Zeugin spielen, die nichts von dem Brandzünder wusste, der in der Ruine sein Werk getan, und sich dann in seine Bestandteile aufgelöst hatte. Es war eine verdammt riskante Aktion gewesen, aber – sie hatte funktioniert. In dem Moment, in dem sie sahen, wie sich Angela Stone dematerialisierte, traten sie noch ein paar Meter aus dem Gefahrenradius und überließen der Technik der Sternenflotte ihren destruktiven Teil. Der gewaltige Knall war noch etliche Meilen weit zu hören gewesen und es würde Vance nicht überraschen, wenn Gibbs das Geräusch nicht ebenfalls gehört hätte.
 

Die Druckwelle hatte sie ein wenig durch die Luft gewirbelt – allerdings das zerrissene Outfit, das Agatha trug, war die Schuld Cals, der gemeint hatte, so wirke es authentischer.

Man musste kein Psychologe sein, um zu wissen, das Cal dies nur machte, weil er wissen wollte, ob Agatha tatsächlich auf diese Finte einging – und ob sie es nun machte, um ihrem Captain eins auszuwischen, oder weil sie tatsächlich an die Worte des Mannes glaubte – sie riss sich ein paar moderat große Löcher in die Kleidung. Dann ging sie auf Cal zu, schaute ihm tief in die Augen und… riss mit einem hörbaren „rrrriipp“ sein Hosenbein ab. „Oder willst Du im Abseits stehen?“, fragte sie ihn. Der Captain schüttelte den Kopf, riss seine Kleidung ebenfalls in Fetzen und dann schaute Agatha abwartend zu Leon, der den Kopf schüttelte: „Ich… ich stand ein wenig weiter hier vorne. Mir ist nichts passiert.“

War das Erleichterung, Amüsement, oder der Gedanke „Scheiße, warum bin ich da nich drauf gekommen?“, das da in Cals Augen aufblitzte? Wie dem auch sei, der Director beschloss, sich vom Tatort zu entfernen, ehe man ihn sah.
 

Abigail Sciuto grinste und trat aus ihrem Versteck.

„Ihr seht alle ein wenig erschrocken aus.“, kommentierte sie die Grimassen, die das Team um Gibbs zog. Dann streckte sie die Hand nach dem grauen Mann aus, klopfte ihm auf den Kopf und lächelte, als der hohle Klang zu hören war.

„Ich hab mir gedacht, wenn Ihr mich nicht ernst nehmt, bring ich euch dazu.“, sagte sie und schaute, mit einem schiefen Grinsen zu Tony herüber: „Und Du hast dich noch über Ziva amüsiert.“

„Hey, das habt ihr mir zurückgezahlt.“, sagte der Halbitaliener und deutete auf den „Grey“, der da ist unnötig.“

Abby schüttelte den Kopf: „nicht im Geringsten. Ich möchte euch nämlich sagen, dass wenn ihr schon hier von einem Alien überrascht werdet – und ihr seid hier zusammen – was macht ihr dann erst, wenn sie euch aus euren Betten holen?“

„Uns holt niemand aus den Betten.“, sagte Gibbs, mit der gebotenen Schärfe in der Stimme und trat auf Abby zu, „Aber ich hol dich gleich – und zwar auf den Boden der Tatsachen zurück.“

Damit legte er ihr seinen Stadtplan auf den Tisch.

„Was sagst Du dazu, Abs?“

Die Forensikerin schaute den Senior Special Agent kurz an, legte den Kopf schief und betrachtete sich die gezogenen Linien genauer.

„Ich persönlich würde sagen, das ist ein sehr verkrüppeltes R.“

„Und was sagst Du hierzu?“, fragte nun Ziva und gab ihr ihre Straßenkarte.

„Hm, könnte ein windschiefes A sein. Oder ein Dreieck. Aber warum ist es über dem weißen Haus?“

Sie stockte, schnippste mit den Fingern und wandte sich zu ihrem Computer um: „Ich weiß schon. Deswegen.“

Damit erschien auf dem Monitor ein seltsames Gebilde – es war von dreieckiger Grundform, hatte an den jeweiligen Spitzen ein weißes und dort, wo der Mittelpunkt des Dreieckes wäre, einen lila Punkt.

„Triangle ships.“, erklärte sie, „Die Aliens sind ja wirklich überall. Ob der Präsident auch…“

Sie stockte und zuckte mit den Schultern: „Das würde seinen Sinneswandel erklären. Ich meine, das könnte heißen, dass ein Triangle Ship über Washington schwebte, dann nach Norden und…“

Sie warf einen Blick auf Gibbs Stadtplan: „Naja, und dann … erm… naja – es verflog sich offenbar in Washington.“

Man warf Abby einen eher zweifelnden Blick zu, ehe sich Gibbs erneut meldete.

„Habt Ihr eigentlich alles eingetragen?“, fragte er und schaute Ziva an, die den Kopf schüttelte: „Nein, die letzte Meldung war extrem verwirrend. Ich hab sie hier.“

Damit räusperte sie sich und las vor: „Wanderer, bist du am Dupont-Circle angelangt, umrunde ihn. Du hast deine Reise abgeschlossen, wenn du das Werk von Oben siehst.“

„Das Werk von Oben?“, echote McGee und schaute Ziva an: „Sollt ihr irgendwo hochklettern?“

„Keine Ahnung.“, gestand der Halb-Italiener, „Ich dachte für McSuperschlau wäre das der Moment, sich entsprechend einzubringen.“

„Hm.“, machte der Angesprochene und ging zum Stadtplan um den Kreis um den Dupont-Circle zu ziehen.

„Sagt mal – die Route würde doch nur vom Beginn der 19th Street Northwest bis zum Dupont-Circle gehen, oder?“, fragte er dann und Ziva las sich nochmal die beiden Rätsel durch, ehe sie nickte.

„Ja, schon.“, sagte sie dann.

„Das ist ein I.“, meinte McGee und nahm sich drei Zettel, auf die er – jeweils separat ein R, ein I und ein A schrieb.

„Wir haben drei Buchstaben, die in eine bestimmte Kombination gebracht werden müssen.“, erklärte er und begann, sie in unterschiedliche Varianten zu bringen.

„Abby, schreibst Du bitte mit?“, fragte er und begann: „R.I.A., A.I.R, I.R.A., R.A.I.“

Dann stockte er, blinzelte und murmelte ein: „Das kann nicht sein.“

„Doch, das kann es.“, erklärte Gibbs und legte eine bestimmte Buchstabenkombination.

Tony schluckte hart. Bitte nicht. Bitte nicht schon wieder. , schoss es ihm durch den Kopf, während Ziva merkte, wie ihr Herz zu rasen begann. Das konnte nicht sein, sie hatte…

Abbys Tränendrüsen nahmen die Arbeit auf – es war inzwischen 5 schmerzhafte Jahre her, aber… die Wunden waren immer noch da.

Die Buchstabenkombination, die Gibbs gelegt hatte, lautete A.R.I.
 

Gibbs hieb mit seiner Faust auf den Stadtplan

Getroffen ging Ari zu Boden.

Getroffen ging Ari zu Boden.
 

Das Lächeln, das der Mann, der sich selbst Cal nannte, aufgesetzt hatte, ließ Leroy Jethro Gibbs kalt. Dieser Mann hatte sich einfach – ohne auf Backup zu warten – auf seinen Feind gestürzt und war mit ihm aus dem Fenster gefallen. Ein solcher Plan hätte ‚Cal’ bei ihm eine Kopfnuss eingebracht. Aber – die Mission des jungen Mannes schien, nach dem Grinsen Cals und Agathas zu schließen, erfolgreich gewesen zu sein.

„Ich hab ihn selber in der Arrestzelle abgeliefert und – alles ist in bester Butter.“, erklärte der Mann gerade, als ein leises Sirren, beinahe wie von einem Moskito zu hören war, das langsam immer lauter wurde, bis Cal aufschrie und nach hinten fiel.

Nicht schon wieder! , schoss es Gibbs durch den Kopf und er sah, statt des jungen Mannes plötzlich die mit weit-aufgerissenen Augen daliegende Caitlynn Todd, deren Kopf ein großes Loch aufwies.

„Cal!“, hörte er Agathas entsetzte Stimme, riss sich in die Realität zurück, war bei ihr und gab ihr einen Stoß, der sie zu Boden gehen ließ, ehe er in dem bestem Kommandotonfall, den er gerade aufbringen konnte, ein raues „Alle auf den Boden und in Deckung“ bellte.
 

Die eisblauen Augen Leroy Jethro Gibbs schlossen sich kurz, als er einen Schritt nach hinten machte und sich an der Kante des Labortisches, auf dem Abby oft ihre forensischen Experimente veranstaltete, festhielt.

Die Reaktionen darauf waren vielschichtig – von Tim kam ein besorgtes „Boss?“, während Ziva, Abby und Tony ein lautes „Gibbs!“ ausstießen, selbst vom gerade die Forensik betretenden Ducky kam ein besorgtes „Jethro, geht es Dir gut?“

Kurz schüttelte er den Kopf, um wieder klar zu werden.

Verdammt, was war eigentlich passiert?

Er schaute in die Runde, nickte nur und schaute dann die Buchstabenkombination auf dem Bildschirm unverwandt an. Ducky folgte seinem Blick.

„Oh je.“, machte er und schien plötzlich um Jahre gealtert, „Kate.“
 

„Nein.“, machte Tony plötzlich in einem sehr bestimmenden Tonfall, „Es kann nicht sein. Ari ist tot. Du hast ihn umgebracht, Ziva. Und das war nicht erst gestern, ich meine…“

Er lächelte sein DiNozzo-Lächeln, dass diesesmal allerdings eher gezwungen, denn wirklich ehrlich und charmant wirkte, „Es liegen fünf Jahre zwischen den beiden Ereignissen. Es kann nicht Ari sein.“

„Einer meiner Vorfahren“, hörte der Italiener plötzlich Duckys Stimme, „hatte einen Leitspruch. Wenn man alles Unwahrscheinliche ausschliest, muss das was übrig bleibt, und sei es noch so unwahrscheinlich die wahrheit sein.

McGee schaute ihn lächelnd an: „Du warst mit Sherlock Holmes verwandt, Ducky?“

„Nein, Timothy, aber mit seinem geistigen Vater. Sir Arthur Conan Doyle. Du hast mir doch mal eines dieser Mangas ausgeliehen. Der Charakter, der dort die Hauptrolle innehat, ist ein glühender Verfechter dieses, wie ich sagen möchte, großartigen Schriftstellers.“

„Ducky!“, machte Gibbs und schaute ihn aus seinen Augen an. Der Schotte nickte.

Auch jetzt, fünf Jahre nach den Ereignissen, die sie Kate gekostet hatten, war der Terrorist ein wunder Punkt in der Seele Leroy Jethro Gibbs. Auch, wenn er ihn lieber vor Gericht gesehen hätte, so war der Tod, der Ari durch die Hand seiner Halbschwester wiederfahren war, so etwas wie „ausgleichende Gerechtigkeit“ gewesen. Und der Fakt, dass dieser Tod offenbar so leicht zu überlisten war, dass er jetzt, fünf Jahre später wieder zumindest namentlich auftauchte, brachte das Blut Gibbs zum Kochen.

„Abby“, sagte er, ohne die Stimme großartig zu erheben, „Ich möchte, dass du Dich in die Sicherheitskameras aus Zivas Nachbarschaft einklinkst – um 14.00 Uhr hat es auf sie und Tony einen Anschlag gegeben.“

„Jawohl, Gunny.“, salutierte Abby und machte sich daran, den von ihr erhaltenen Auftrag auszuführen. Gleichzeitig wandte sich Gibbs an McGee: „Du klinkst dich in die Überwachungskameras des Navy Yard ein. Der Schweinehund könnte sich hier einschleichen und ich will wissen, wem ich trauen kann, und wem nicht.“

Anschließend schaute der grauhaarige Chefermittler zu Tony und Ziva herüber: „Ihr geht nochmal alle Fallakten der letzten fünf Jahre durch – listet mir alle Schweinehunde auf, die gegen euch einen Groll haben.“

„LeFrey kann es nicht sein.“, fragte Tony, was Ziva dazu brachte, ihn verblüfft anzuschauen: „Wer?“

„Ein Waffenhändler, der … erm…“

Der Halbitaliener stockte und schaute sich – nur mit den Augen – suchend um, ehe er verblüfft lächelte: „Was … was ist mit euch?“

„Du hast gerade festgestellt, dass LeFrey es nicht sein kann.“, sagte Ziva und Tony schüttelte den Kopf: „Habe ich nicht.“

„Doch.“

„Nein!“

„DOCH!“

Tony hatte gerade den Mund geöffnet, um zu protestieren, doch er schloss ihn wieder,als er und Ziva eine Kopfnuss bekamen.

„Konzentriert euch auf den Fall.“, sagte Gibbs nur und ging zur Tür.

Ziva schaute zu Tony und streckte ihm die Zunge raus.
 

Jeanne Benoit hätte nie geglaubt, dass das alles nochmal passierte. Seit 3 Jahren hatte sie ein ruhiges, friedliches Leben gelebt, es war ihr gelungen, den Verlust Tonys zu überwinden, es war ihr gelungen, die Trauer um ihren Vater in die Arbeit zu investieren und sie hatte es tatsächlich geschafft, noch besser und effizienter zu arbeiten als vorher. Natürlich war sie Ärztin geblieben – das war der Job, den sie lebte, liebte und atmete. Aber sie hätte nie gedacht, dass sie das alles nochmal einholen würde. Wie naiv das war, bemerkte sie, als die Tür aufging und zwei ziemlich verschrammte Gestalten hereingebracht wurden. Eine hübsche Rothaarige und ein junger Typ, der sich mehr um die Rothaarige, als seine eigene Gesundheit sorgte, was ihn die Architektur des Gebäudes mindestens einmal spüren ließ, als er gegen einen – aus seiner Sicht – extrem dämlich platzierten Pfeiler lief.

Sie schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn. Es erinnerte sie an die beiden Junkies, die Tony seinerzeit in der Leichenhalle…

Tony.

Und plötzlich war alles wieder da.

Das Herzrasen, das sie gespürt hatte, wann immer sie ihn sah. Die Wut, diese unmenschliche Wut, die sie empfunden hatte, als er ihr zugesagt hatte, das nichts von alldem real gewesen war und das er nur an ihren Vater herangewollt hatte.

Die komplette Wut auf den NCIS und auf Madame Director Shepard, die die ganze Mission und das Alias Tony DiNardo für den Italiener aufgebaut hatte.
 

Gut, Director Shepard war vor ein paar Jahren bei einem Hausbrand gestorben und aus dem Grund erinnerte sie das Auftreten der Beiden einerseits an die beiden Junkies und zum anderen an …

„Damit wir es gleich klarstellen.“, sagte die Rothaarige in ihren zerfetzten Kleidern, „Mir geht es gut, sie müssen mich nicht untersuchen, geben Sie mir neue Klamotten, dann kann ich gehen.“

„Unterschreib ich.“, sekundierte der Mann neben ihr und beugte sich dann interessiert vor, um ihren Namen auf dem Brustschild zu lesen: „Doktor Benoit, Sie werden feststellen, dass es uns gut…“

Er stockte.

„Benoit, woher kenn ich den Namen?“, fragte er sich laut und schaute sie kurz an. Dann zuckte er zusammen, denn die Rothaarige warf ihm einen Mörderblick zu: „Oy. Spaceman. Komm nicht auf dumme Gedanken.“

„Schon klar, Donna.“, grinste der Mann und schaute nun wieder sie, Jeanne an, „Ich… nun… ich komm gleich drauf. Auf jeden Fall geht es uns gold. Sie können uns dann wieder entlassen.“

Sprachs, drehte sich um und wollte gehen, doch er stockte und wandte sich an ‚Donna’: „Können wir doch, oder?“
 

„Wie kann Ari noch leben?“, fragte McGee einen wild auf seinen Computer einhackenden Tony DiNozzo, welcher ihn aus grünen, funkelnden Augen anschaute und ein genervtes „Frag mich was Leichteres“ murmelte, ehe er sich wieder seiner Aufgabe widmete.

Dann hörte er, wie Ziva etwas fragte und musste kurz blinzeln, ehe er sie verblüfft anschaute.

„Wer?“

„Na, der Rest meiner Familie. Admin, Arif… vergiss nicht Rebekka. Die sind doch alle hinter dir her.”

Tonys grüne Augen bohrten sich in Zivas nussbraune und er hatte das dumme Gefühl, dass sie das, was sie da sagte, tatsächlich glaubte.
 

Agatha wusch sich gerade die Hände. Sie warf einen Blick in diesen Krankenhausspiegel, hatte sich gerade ihrer zerfetzten Kleidung entledigt und betrachtete nun die Klamotten, die ein Lieferant vorbeigebracht hatte. Aus dem Paket entnahm sie zunächst einen kleinen Brief – er mochte nicht größer als DinA5 sein – der folgenden, knappen Text enthielt.
 

Neue Kleidung nötig. Spesenkonten sind was Feines. Grüße K.

Agatha grinste. Der gute Frank Krispy war in dieser Zeitebene Leiter der „Stelle für Ausrüstung Zeitorientierter Anpassung“. Offenbar hatte Vance ihn informiert, dass Cals und Agathas Kleidung nicht mehr dem vorzeigbaren Standard entsprach und daraufhin hatte Frank ihr und Cal neue Kleidung zukommen lassen, die wenig aufsehen erregen sollte.

Ein hellblaues Langarmshirt rahmte ihren schönen Oberkörper ein, während ihre langen Beine in einer Blue Jeans steckten. Die Füße hatte sie in dunkle Socken gehüllt und trug dazu bequeme Schue, die einen leichten Absatz hatten.

An und für sich war die Kleidung für diese Zeitebene angemessen und durchaus schick und – wenn sie das mal so sagen durfte, fand sie, dass sie in dieser Kleidung ziemlich gut aussah.

„Schicker Fummel“, hörte sie plötzlich eine Stimme, die sie zusammenfahren ließ. In der Tür stand Cal, die Arme vor der Brust verschrenkt, sich in den Türrahmen lehnend und schaute sie von oben bis unten an.

„Steht dir.“, sagte er mit einer gewissen Gelassenheit, löste sich von der Tür und trat auf sie zu. Noch bevor sie wusste, was wirklich los war, merkte sie, dass ihr kalt wurde. Das war nicht Cal. Jedenfalls nicht der, den sie liebte.

Ein lüsternes Lächeln erschien auf den Lippen des Captains.

„Ich verstehe dich ja, Agatha“, sagte er und sie merkte, wie es ihr fröstelte. Er nannte sie sonst nie „Gatha“. Gathy, Agatha-chan oder Agatha, aber „Gatha“ war neu. Das war nicht Cal.

Und als er noch näher trat, in ihre Privatsphäre, tat sie das, was sie bei ihrem ersten Kennenlernen auch gemacht hatte. Sie zog ihr Knie an und versenkte es in seinem Unterleib.

„Das… wirst Du bereuen.“, murmelte der Mann, der wie Cal aussah, und klappte nach hinten. „Das werden wir sehen.“, zischte Agatha und schaute ihn wütend an, ehe sie ihren Kommunikator hervorholte: „Silverbird an Cat?“

„Ja, Cat hier?“

Erleichtert atmete sie durch und drehte sich kurz um: „Wo bist du?“

„Im Männerwaschraum, wieso?“

„Dann war Traceless gerade hi…“

Damit drehte sie sich nochmal um – und stockte. Der andere Cal, der ja nur Traceless gewesen sein konnte, war weg.

„Gathy?“, hörte sie ihren Captain, schüttelte den Kopf und räusperte sich: „Ich glaube, Traceless hat mich gerade besucht. Wir treffen uns am Ein…“

Sie stockte erneut, als sie etwas aus dem Kommunikator hörte. Schüsse.

„Verdammt.“, murmelte sie und rannte los.
 

Sie erreichte den anderen Waschraum rechtzeitig, um sich in den Anschlag einzumischen. Da stand, mit einer erhobenen-schallgedämpften Waffe ein Mann mit einer Clownsmaske auf dem Kopf und feuerte immer wieder auf eine Toilette.

„STIRB!“, schrie der Typ und in dem Moment warf sich Agatha mit ihrem vollen Körpergewicht gegen den Mann. Sie war wohlgeformt, aß regelmäßig und viel und trieb viel Sport um ihren Körper in Form zu halten – also war sie zwar nicht wirklich schwer, aber flink und hatte die Gesetze der Physik auf ihrer Seite. Sie trieb ihren Körper mit voller Wucht seitlich gegen den Typen, was diesen aus dem Gleichgewicht brachte und verblüfft zur Seite taumeln ließ. Dann wirbelte er herum, zielte, doch da war sie schon ausser Schussbahn, wirbelte ebenfalls um die eigene Achse und durch die wild wehenden roten Haare hätte der Typ zornig funkelnde, grüne Augen erkennen können. Doch in dem Moment traf ihr Schuh seine Wange, riss ihn um und ließ ihn zu Boden taumeln. Seine Waffe schlidderte aus seiner Reichweite und Agatha kam zum Stehen, die Hände in Karate-Abwehrhaltung vor den Körper gebracht. Sie funkelte ihr Gegenüber an, der sie anstarrte, als käme sie vom Mars.

„D… Du?“, machte er und rappelte sich hoch. Agathas Atem ging schneller, sie brachte sich wieder in Kampfbereitschaft und sah ihn aus zu Schlitzen verengten Augen an: „Wer bist du?“

„Gathy…“, brachte in dem Moment jemand aus der Toilette hervor und, als sich die Tür öffnete, taumelte ein ziemlich bleicher Cal heraus. Er sackte erschöpft in die Knie und wischte sich über die Stirn, ehe er einen Blick auf seine Hand warf. „Ich blute.“, stellte er fest und schaute zu dem Typen mit der Clownsmaske: „T… Traceless.“

Weiter kam er nicht, denn seine Augen rollten nach oben und er sackte nach vorne. Agatha war jedoch schnell. Sie warf sich vor ihn, hielt ihn fest, sodass er nicht schon wieder mit dem Kopf auf die Fliesen schlug.

Dann bettete sie ihn vorsichtig auf den Boden, schaute zu dem Typen mit der Clownsmaske, der sich aufrichtete und sich eben jener Maske entledigte.

„Gathy, ich bins… Cal.“

Und gerade, als sie ihn verblüfft ansehen wollte, spürte sie einen heftigen Schlag auf den Kopf – dann gar nichts mehr.
 

Tonys Finger hackten treffsicher auf die Buchstaben der Tastatur ein. Er seufzte und las sich die Liste derer, die ihn tot sehen wollten, durch. Da kam eine beachtliche Menge zusammen.

Da war Francis Gironimo, den alle nur „Frankie, die Flunder“ nannten. Es war einer seiner ersten Fälle gewesen und so mit einer der leichtesten in seiner Laufbahn. Frankie hatte nie zu den sonderlich intelligenten Menschen auf Gottes weitem Erdenrund gehört und hatte, in seiner Eigenschaft als Mafia-Killer den chinesischen Buchhalter Sam Sung für den Diebstahl einer knappen Millionen Dollar bestraft. Leider mit einer Schusswaffe und leider mitten in einem vollbesetzten Zugabteiles eines Zuges, der von Baltimore nach Washington fahren sollte. Eine unüberschaubar große Anzahl von Zeugen hatte die Tat miterlebt und man war in den obersten Reihen des Geronimo-Klanes der Meinung, dass es die Familie billiger käme, Frankie für knapp 10 Jahre einzusperren, anstatt 25 Zeugen einzuschüchtern oder umzubringen. Zumal „die Flunder“ sowieso nur deshalb Killer war, weil er der Lieblingsneffe des Familienoberhauptes war. Man hatte ihm den Fall auf einem Silbertablett serviert und …

Tony schüttelte den Kopf, als er las, dass „die Flunder“ vor ein paar Jahren im Gefängnis umgebracht worden war. Er konnte es also nicht sein.

Wer sonst käme in Frage?
 

Kurz ließ er seine Gedanken wandern, geriet ins Träumen. Ziva, die mit ihm durch den Abendhimmel tanzte, schoss ihm durch den Kopf. Allein die Vision dieser schönen Frau in einem blauen, rückenfreien Kleid, ließ seinen Verstand arbeiten und…
 

Er blickte verdattert auf den Bildschirm. Im Dokument „Verdaechtigenliste.doc“ fanden sich neben einigen Gangstern, die er in den letzten Jahren hinter Gitter gebracht hatte, auch einige Namen, die ihm so gar nichts sagten. Wieso stand dort der Name „Admin“? Er kannte niemanden, der so hieß. Aber hatte nicht auch Ziva gerade von einem Menschen namens Admin geredet und einer Person namens Arif? Selbst dieser Name fand sich im Dokument. Verdammt, hatte sie ihn so unter Kontrolle, dass sie nur etwas sagen musste und er würde es aufschreiben? Oder was war hier los?
 

Agaha öffnete ihre Augen und fühlte sich schwer. Sie blinzelte kurz und stellte fest, dass ihr Kopf auf etwas Weichem ruhte. Ihr Erinnerungsvermögen setzte ein und sie sah vor ihrem inneren Auge ihren blutenden, erschlafften Freund in ihrem Schoß. Schnell fuhr sie hoch.

„CAL!“, schrie sie und hielt sich dann den schmerzenden Schädel, ehe sie protestierend mit den Zähnen knirschte. Sie konnte mit Sicherheit sagen, dass jemand an ihrem Bett saß, aber sie war nicht in der Lage, ihn zu erkennen. Blinzend versuchte die schöne XO ihren Blick scharfzustellen und es gelang nach einigen Versuchen auch. Tatsächlich, da saß Cal. Er hatte die Augen geschlossen und war im Stuhl in sich zusammengesagt und… hatte ein langes Messer an seiner Kehle. Agathas Blick folgte der Klinge bis zu einer Hand mit wohl manikürten, beinahe dolchartig-spitz zulaufenden Fingernägeln. Die Besitzerin dieser Hand hatte einen Arm, der zwar einiges an Muskelmasse hatte, aber immer noch feminin genug wirkte, um …

Agatha schluckte. Die Person, die vor ihr stand, trug eine merkwürdige Variante der Sternenflottenuniform: High-Heels, einen kurzen Rock, der ihre schlanken, muskulösen Beine zeigte, ein bauchfreies, knappes Top, das nur das nötigste bedeckte. Die hübsche XO war, was Kleidung anging, selbst nie wirklich ein Kind von Traurigkeit, aber das schien ihr ein wenig zu gewagt. Und als sie das Gesicht der Frau sah, zog sie eine Grimasse.

„Traceless, glaubst Du wirklich, dass Du mich diskreditieren kannst, indem du mich wie eine Schlampe durch die Gegend laufen lässt?“, fragte sie und machte Anstalten, aus dem Bett zu kommen.

Ihr Gegenüber schenkte ihr einen verwunderten Blick.

„Das ist ein schlechter Scherz, oder?“, fragte die Person und schaute sie an: „Ich soll Traceless sein? Dieser Waschlappen? Ich bin Agatha Silverbird, Kommandantin der I.S.S. Dragonfly – und jetzt sag mir nicht, dass Du aus einem Paralleluniversum stammst. Vermutlich noch aus dem ‚guten’, was?“

„Paralleluniversum?“, fragte Agatha und schaute ihr Gegenüber an: „Und könntest Du eventuell das Messer von Cals Kehle nehmen? Warum machst Du das überhaupt?“

Die andere Agatha zuckte mit den Schultern: „Erstens war mir langweilig und zweitens hatte er keinen Argoniesimulator bei sich. Ich meine, wenn ich schon Leute in die Vergangenheit schicke, damit sie Captain Stone töten, dann sollen sie das auch richtig machen und sich nicht mit dem NCIS anlegen und dann im Krankenhaus landen.“

Die XO der USS Dragonfly hatte das Gefühl, dass sie den Boden unter den Füßen verlöre und sah die Kommandantin der ISS Dragonfly ein wenig verdattert an: „Dein Cal sollte Captain Stone töten ?“

„Ja klar.“, sagte die Andere und ihre hübschen, grünen Augen funkelten in unstillbarem Hass auf, „Ich meine, der Typ war nicht einmal in der Lage, zu Verhindern, dass Ziva David dem NCIS beitritt. Das geht ja mal gar nicht.“

„Und wenn ich Dir jetzt sage, dass er da gar nich dein Cal ist, sondern meiner?“

„Dann würde ich Dich fragen, wie ich in dieses Univer…“

Weiter kam sie nicht, denn von jetzt auf gleich war die komplette Gestalt verschwunden.

Agatha blinzelte und machte sich nun daran, aus ihrem Krankenbett zu entkommen. Nach einem erfolglosen Versuch gelang es ihr und sie eilte zu Cal, der immer noch bewusstlos im Stuhl hing.

„hey, Schatz, wach auf, okay?“

Damit beugte sie sich vor und verpasste ihm zwei, drei sanfte Schläge auf die Wange, die schließlich Erfolg zeigten. Der Captain stöhnte schläfrig, ließ seinen Kopf nach vorne sinken und öffnete die Augen.

Dann sah er sich um und betrachtete seine XO von oben bis unten. „Hübsch.“, murmelte er benommen, atmete einmal tief durch und lächelte, „Aber zieh dir lieber wieder die Klamotten von gerade an.“

‚Typisch Cal’, schoss es Agatha durch den Kopf,’Er sollte sich lieber mehr um den Job kümmern, als darum, meine Formen auswendig zu lernen.’

„Das war ich nicht, das war eine Agatha aus einem Paralleluniversum.“, seufzte sie und Cal schüttelte den Kopf: „Ich meine nicht das Nichts aus Stoff, das die Andere trug. Ich meine das, was Krispy für uns gekauft hat.“

Damit stand er auf und sackte nach vorne. Agatha fing ihn auf und streichelte ihm sanft über das Gesicht, ihn dabei besorgt anblickend: „Cal!“

In diesem Moment bemerkte sie eine bläuliche Verfärbung seines Gesichts, knapp überhalb des rechten Wangenknochens. Ein Hämatom.

„Ich bin okay, nur… nur ein wenig müde. Ich meine, das musst du dir vorstellen. Ich überrasche Traceless auf der Herrentoilette, wie er sich in mich verwandelt. Also greife ich ihn an, während er mit Dir telefoniert. Und plötzlich kommst Du um die Ecke und schlägst mich zusammen. Ich dachte erst, jetzt gibt es Tracy-boy doppelt. Aber dann taucht auch noch eine zweite Agatha auf und verpasst Dir einen Schlag auf den Kopf. Ich dachte, ich seh nicht richtig.“

Agathas Mund stand offen: „Schatz, du warst der Clown mit der Maske?“

„Ja klar“, sagte der Captain und schaute seine Freundin ein wenig verdattert an, „ich meine, die Anweisung war doch, die komplette Verkleidung anzulegen.“

Die hübsche XO grinste und schüttelte den Kopf. Dann schaute sie ihn an und sagte, mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen: „Meinst Du nicht auch, dass es eher sein kann, dass er sich vertan hat? Ich meine – er hat auch einen Kostümverleih. Da kann doch mal was durcheinander kommen.“

Nun war es am Captain, zu grinsen: „Wie gut, dass ich mich gegen den Clownsanzug entschieden habe. Ich bin nicht so der Freund davon, durch die Gegend zu laufen und zu fragen ‚Why so serious?’.“

„Wobei du einen verdammt guten Joker abgeben würdest, Puddin’.“, grinste Agatha und Cal zwinkerte ihr zu: „Danke, Harley.“
 

Zivas nussbraune Augen zeigten eine gehörige Portion Verwirrtheit, als sie einen Blick auf die Liste der möglichen Verdächtigen warf, die sie gerade eben getippt hatte. Es war einfach nur merkwürdig, dass sie Namen aufschrieb, die sie eigentlich nicht kannte. Sie erinnerte sich nicht daran, dass Michael Rivkin eine Schwester namens Rebekka gehabt hatte – und dennoch schrieb sie diesen Namen auf. Auch eine Frau namens Ilena war ihr nicht bekannt und dennoch tauchten die Namen Admin und Arif auf und sie hatte das Gefühl, dass diese Personen irgendwas mit einer Frau namens Ilena und mit ihr selbst zu tun hatten. Sie wusste nur partout nicht mehr, woher sie diese Namen kannte.
 

Abby Sciuto schob mit einem Grinsen auf den Lippen das Skellett, dem sie eine graue Alienmaske aufgesetzt und das sie entsprechend ausstaffiert hatte, dorthin, wo es hingehörte. Es war faszinierend gewesen, zu sehen, wie der ach so tapfere Tony DiNozzo zurückzucken konnte, wenn er einem Alien gegenübestand. Sie musste erneut lächeln, es war… einfach nur schräg. Als sie die Tür schloss und wieder alleine mit dem Grey auf dem Monitor war, trat sie auf das ausdruckslose Gesicht zu, zog sich den Stuhl heran, setzte sich und lehnte sich zurück. Sie schaute das Wesen an.

„Ich weiß, was Du sagen willst, H’lk.“, eröffnete sie den Monolog, „Es war schon unfair meinen Freunden gegenüber. Aber – meine Güte, wenn sie die Bedrohung durch euch nicht ernst nehmen, muss ich doch helfen. Oder, was meinst Du?“

„Ich meine, dass Du dich wieder an die Arbeit machen solltest.“, erklang plötzlich die Stimme von Ziva. Erschrocken fuhr Abby herum und schaute die Israelin an.

„Hey“, machte sie, winkend und legte dann den Kopf schief. Sie hatte jetzt erst die Chance, Zivas Outfit zu begutachten.

„Hm, Du ziehst Dich auch häufig um, oder?“, fragte sie und deutete auf den weißen Laborkittel, den die hübsche Frau aus Israel trug. Verblüfft schaute diese an sich herunter, sah dann zu Abby und zuckte mit den Schultern: „Also, Abigail, wir wissen, dass Ari hinter mir und meinem Partner her ist – ich brauche nochmal die Daten aus dem Fall von Damals.“

Die Laborgoth nickte dienstbeflissen: „Aber natürlich – schon klar. Ich meine, es wird …“

Sie machte eine kurze Pause, atmete tief durch und schaute Ziva dann wieder an: „Es wird schon hart. Der Fall hat uns alle mitgenommen.“

„Ich weiß. Es war ein herber Verlust, aber Gibbs braucht die Fakten heute. Schließlich wollen wir den Typen hinter Gitter bringen.“

Abby nickte, drehte sich um und schaute kurz zu dem Alien, das sie H’lk getauft hatte, „Tut mir leid, wir unterhalten uns gleich weiter, okay?“

Damit schaltete sie das Programm aus und machte sich daran, die Daten aus dem Fall, der sie Kate gekostet hatte, herauszukramen.

„Ich versteh nur nicht, wie der Typ wiederkommen konnte. Ich meine – er ist tot. Mausetot.“, erklärte Abby dann und wandte sich kurz zu Ziva: „Und glaub mir, ich bin froh. Denn… nimms mir nicht übel, ich mochte Kate und…“

Weiter kam sie nicht, denn sie glaubte, dass sie träumte. Im Türrahmen stand nicht nur diese wirklich schräge Version von Ziva, sondern auch eine ungeduldig dreinblickende Caitlynn Todd.

„Ich mag dich auch, Ziva, aber… ich würde es bevorzugen, wenn wir den Mörder von Tony endlich hinter Gitter bringen könnten.“

Abby blinzelte, schaute zu Ziva, die der Anwesenheit der Toten offenbar nicht viel Bedeutung beimaß. Stattdessen schaute sie zu Abby: „Du hast Kate gehört.“

Die Laborgoth schluckte, stand auf und ging auf Kate zu, welche sie ein wenig verblüfft anschaute und zurückschreckte, als Abby sie kurz an der Schulter berührte.

„Geht es Dir gut?“, fragte die ‚Leiche’ und Abby musste zugeben, dass sie erstens für eine Halluzination furchtbar fest war und zweitens für eine Leiche viel zu gesprächig. „Wir wollen Ari endlich hinter Gitter bringen, nachdem wir 5 Jahre drauf verwendet haben, diesen Mistkerl zu stellen.“, erklärte Kate dann und Abby fühlte sich, wie vor den Kopf geschlagen.

„J… ja klar.“, machte sie, „Ich… ich muss nur eben hoch, ins Büro. Ich brauche von Gibbs die nötige Freigabe.“

Damit wollte sie losgehen, doch Ziva schaute sie an: „Gibbs, ja? Das ist nicht witzig. Du weißt sehr gut, dass McGee seinen Posten beerbt hat, nachdem er damals bei der Bombenexplosion gestorben war.“

‚Okay,’, sagte sich die Goth und schaute von der lebenden Toten zur Israelin und wieder zurück, ‚Entweder du bist gerade eingeschlafen und dieser Traum ist die gerechte Strafe für den Streich, den du den anderen gespielt hast, oder du wirst vollkommen verrückt.“

Kurz überlegte sie, denn ihr fiel eine dritte Lösung ein.
 

Tony DiNozzo hatte sich in den Waschraum zurückgezogen. Sein Gesicht musste einfach mal mit kaltem Wasser Kontakt aufnehmen, damit er sich besser fokussieren konnte. Nachdem er sich eine Handvoll eiskalten nassen Wassers ins Gesicht gejagt hatte, stellte er fest, dass hierbei wohl eher der Wunsch der Vater des Gedanken war, denn die Kälte war nicht in der Lage die Taubheit, die seine Gedanken befallen hatte, aus seinem Kopf zu verbannen. Im Gegenteil – er hatte sogar das Gefühl, dass dieser Zustand zunähme.

Verdammt , dachte er sich, Du bist schon ein Special Agent. Nicht mal in der Lage, dich für fünf Minuten zu konzentrieren…

Das Geräusch einer sich öffnenden Tür ließ ihn zusammenzucken. Kurz schaute er in den Spiegel, um zu sehen, wer dort in den Waschraum kam und staunte nicht schlecht. Dann umspielte ein ironisches Lächeln seine Lippen, als er sich umdrehte, und in seine eigenen, grünen Augen blickte.

„Traceless“, sagte er in diesem beinahe-Plauderton, den er über die Jahre kultiviert hatte, „Endlich verwendest Du mal das Gesicht einer Person, die Stil hat.“

Die Reaktion des Verbrechers war nicht in der Lage, ihn zu überraschen – allerdings erstaunte sie ihn. In einer schnellen Bewegung hatte der Mann, der mit seinem Gesicht unterwegs war, die Waffe gezogen und bellte: „Bundesagent, Hände hoch und auf den Boden!!!“

Der angesprochene Halbitaliener konnte nicht verhindern, dass er grinste.

„Hey, das war gut. Das war beinahe echt!“

Sein Gegenüber schaute ihn aus zornig-funkelnden grünen Augen an: „Heben Sie die Hände und legen Sie sich auf den Boden! Das ist meine letzte Warnung, ich werde schießen!“

Tony musste lachen. Es erinnerte ihn wirklich sehr daran, wie er sprach, wie er sich bewegte oder wie er sonst war. Dieser Traceless war tatsächlich gut.

„Du bist…“

Weiter kam er nicht, denn in diesem Moment gellte ein lauter Schuss durch den Waschraum. Hinter ihm zersprang der Spiegel und Tony konnte fühlen, wie die Gesichtsmuskeln die Arbeit aufnahmen, um den Ausdruck zu ändern. Hatte er erst noch gelächelt, beinahe gegrinst, schaute er sein Gegenüber nun ernst an.

„Okay, Traceless, du hast deinen Spaß gehabt, du hast mich in der Toilette erschreckt, das ist in Ordnung. Aber wenn Du jetzt anfängst, herumzuballern, werde ich ungemütlich, haben wir uns verstanden?“

Erneut hob der andere die Waffe, Tony warf sich aus dem Schussfeld, als die Waffe des Mannes, der wie er aussah, zwei große Löcher in das Spiegelbild stanzte.
 

Zivas Kopf ruckte von ihrer Arbeit hoch, als ein Schuss aus dem Männerwaschraum kam. Hatte sie sich gerade verhört? Dann knallte es noch zwei Mal und dieses Mal war sie sich sicher, dass es auch die anderen vernommen hatten.

„McGee!“, rief die hübsche Israelin, der Beamte nickte, holte seine Waffe aus der Schublade und folgte ihr
 

Verdammt, wo bleibt die Verstärkung – hört das keiner?! , dachte er sich und warf einen Blick in den Spiegel. Und dann blinzelte er. Sein Ebenbild war fort. Dafür ging die Tür auf und Ziva, sowie zwei bewaffnete NCIS-Agenten kamen herein, um den Raum zu sichern.

„Ihr kommt zu spät, Jungs.“, sagte Tony aus seiner Deckung und richtete sich auf: „Er ist weg.“

„Was war hier los?“, fragte McGee und schaute sich die drei sauber eingestanzten Löcher in der reflektierenden Oberfläche des Spiegels an: „Hast Du versucht, dich mit ner Neun Millimeter zu schminken, Tony?“

Der wütende Blick ließ ihn beinahe etwas zusammenzucken, doch dann trat der Angesprochene auf ihn zu und schüttelte den Kopf: „Ich hab keine Ahnung, Bambino. Ich habe absolut keine Ahnung.“
 

McGee saß ein paar Minuten später alleine im Bullpen. So ganz traf „Allein“ nicht zu, es gab immer noch genügend Mitarbeiter die unter dem Milchglasdach arbeiteten, aber er war der Einzige aus seinem Team, der auf die Tastatur einhackte. Sein Auftrag war deutlich gewesen – er sollte prüfen und eruieren, von wo Ari sich in den NavyYard hätte schleichen können und wem Gibbs trauen konnte. Das war nicht unbedingt eine einfache Aufgabe, schließlich arbeiteten hier eine Menge Menschen. Und von denen allen wollte der Boss nun einen Vertrauensbeweis. Das war wirklich Arbeit. Aber – eine Arbeit die ihn irgendwie entspannte. Schließlich konnte er so seine Menschenkenntnisse weiter schärfen, was ihm für die Arbeit an seinem neuen Deep Six Buch zu Gute kam. Man hatte ihn gebeten, er möge nochmal eine Fortsetzung schreiben und da ihm dieser Nebenjob sogar noch Spaß machte, sah er da keine Probleme. Der Fall musste erst noch gefunden werden, aber er hatte bis zum 21. November Zeit, zumindest eine erste Konzeption zu schreiben – und das waren ja beinahe noch zwei Monate. Wenn ihn dann keine Schreibblockade behinderte, wäre der zum 21. schon in der Lage, die ersten beiden Kapitel vorzulegen. Neulich hatte er lachen müssen, als er in einem Interview las, dass Richard Castle die Bücher von Thom E. Gemcity auf dem Nachttisch stehen hatte. Vielleicht sollte er Castle einmal anrufen und fragen, was er von einem Joint Venture hielte – Heat in Washington , sozusagen. Vielleicht konnte er ja auch einmal ein paar Fragen an Kate Beckett stellen… wobei er schon sah, wie Beckett sich wunderbar mit den realen Vorbildern für die Charaktere aus Rock Hollow verstand. Oh ja – das würden einige sehr interessante Abende in der Bar werden, in der Ziva ihre Abende verbrachte. Er sah es schon richtig vor sich.
 

Die langen Beine Kate Becketts wurden übereinander geschlagen und sie schaute Ziva David an. Diese trank gerade einen Schluck des von ihr georderten Cocktails und schüttelte lachend den Kopf: „Ich konnte es mir am Anfang absolut nicht vorstellen. Ich meine – der Mann sitzt vor der Schreibmaschine und überlegt ernsthaft, wie mein Körper ohne Unterwäsche aussieht und, wie dieser Typ, der Tony sein soll, dann diesen leidenschaftlich erkundet.“

Beckett stimmt ebenfalls in das Gelächter mit ein, trinkt ebenfalls einen Schluck und sagt dann: „Aber wenigstens schreibt er nicht, dass er derjenige ist, der mit Ihnen leidenschaftlichen Sex hat.“

„Da haben sie recht.“
 

Und gerade, als er das Lachen der beiden hübschen Frauen richtig hören konnte, glaubte er, eine Fata Morgana zu sehen. War da gerade Kate im Aufzug verschwunden? Also Seine, die süße Superheldin? Schnell war er auf den Beinen, wenngleich er sich dachte, dass das Blödsinn wäre und … stieß mit einer vollkommen aufgelösten Abby zusammen.

„Tim, Tim, Tim, Tim, Tim, Tim“, machte sie und der Computerexperte hielt sie fest: „Abby, ich bin hier, was gibt es?“

„Hast Du sie auch gesehen?“, fragte die hübsche Goth und Tim schaute sie an: „Wen meinst du?“

„Kate!“, kam es wie aus der Pistole geschossen.

Der Computergeek nickte und schaute seine Partnerin an: „Ich glaube auch, dass ich sie gesehen habe.“

Damit seufzte er, griff zu seinem Handy und ließ es aufschnappen. Er wählte die Nummer von Gibbs. In diesem Moment öffnete sich die Aufzugtür.
 

Als Cal und Agatha den Aufzug verlassen wollten, stieß eine attraktive Brünette mit der Rothaarigen zusammen. Kurz schauten sie sich an – Agatha hatte das Gefühl, sie schon einmal irgendwo gesehen zu haben – und dann ließ sie sie mit einem „Entschuldigung“ passieren.

„Kommst du?“, fragte der Captain der Dragonfly ungeduldig und gerade, als er sich umdrehen wollte, stand plötzlich, wie aus dem Boden gewachsen, Abby vor ihm. Cal machte einen Schritt zurück, streckte beide Hände aus und sagte schnell, und mit einem beinahe verängstigten Tonfall: „Ich bin ich, bitte, nicht schneiden.“

„Was?“, machte Abby, schüttelte dann den Kopf und schob den Captain weg, „Ich muss zum Aufzug. Ich glaube, ich habe gerade Kate…“

Weiter kam sie nicht, denn Agatha griff sie und drehte sie zu sich um, sodass sie ihr in die Augen sehen konnte: „Caitlynn ‚Kate’ Todd? Ein ehemaliges Teammitglied von Ihnen?“
 

„Ja“, sagte Abby, „Kate war bei uns, ehe Ziva dazustieß. Sie… ´“

Die hübsche Laborgoth stockte und schaute zu Boden, ehe Tim die Gelegenheit beim Schopf ergriff und sich einbrachte: „Sie starb vor knapp 5 Jahren. Erschossen, durch…“

Dann schaute er die beiden Offiziere an: „Hey, was macht Ihr eigentlich hier?“

Agatha seufzte tief. „Okay – Leute, das wird jetzt ein wenig kompliziert, aber… könntet Ihr bitte alle zusammentrommeln, die zum Team gehören? Gibbs, Ziva, Tony?“

„Klar.“, nickte der IT-Experte und tat wie ihm geheißen.
 

Ein paar Minuten später saß Commander Agatha Silverbird im Büro des Directors, am Konferenztisch hatten sich die angeforderten Mitglieder des Major Response Teams versammelt, inklusive eines Sternenflottencaptains der ein wenig gelangweilt dreinblickte und einem dunkelhäutigen Sternenflottencaptains der genau das nicht tat, sondern mit voller Aufmerksamkeit das Gesicht der hübschen Rothaarigen studierte. Diese räusperte sich gerade und was sie nun sagte, ließ die Mitglieder von Gibbs Team ein wenig verblüfft dreinblicken.

„Ist euch ‚Murphys Gesetz’ ein Begriff?“, fragte die Frau und McGee nickte: „Klar, was schiefgehen kann, geht schief.“

„Oder: Was passieren kann, wird passieren.“, sagte Abby und schaute dann in die Runde, ehe sie erklärend nachsetzte:, „Ihm wird beides mehr oder weniger nachgesagt.“

„Ja – ich meinte den zweiten Satz.“, sagte die Rothaarige und schaute wieder in die Runde:

„Man kann auch sagen, dass dieser Satz die Begründung für die Theorie der Parallelen Realitäten ist, in der mit jeder Entscheidung eine unendliche Anzahl an alternativen Universen geschaffen wird.“

Cals Kopf ruckte hoch, er schaute zu Agatha und grinste: „Das heißt, dass irgendwo da draußen eine Variante von Mir sitzt und tatsächlich versteht, was für einen Quatsch Du da erzählst?“

Ein kurzes Lächeln zeigte sich auf den Lippen der Commander: „Ein Jack-O’Neill-Zitat in den Raum zu feuern, hilft auch nicht weiter. Und ausserdem könnte es sogar sein, dass irgendwo da draußen eine Variante von Mir da sitzt, wo du stehst, und genau so unintelligent dreinblickt, wie Du es gerade tust, weil eine Variante von Dir diesen „Blödsinn“ von sich gibt.“

„Weiter bitte.“, sagte Gibbs und klang eine Spurweit ungeduldig, „Ich will wissen, warum meine Labortechnikerin und mein Computerexperte unabhängig von einander mir gesagt haben, dass sie eine Frau gesehen haben, die seit Jahren tot ist.“

„Und eine Ziva, die einen Laborkittel trug.“, ergänzte Abby und schaute die hübsche Israelin an: „Übrigens, stand dir sehr gut. Ich würde an deiner Stelle mal darüber nachdenken, mir nicht so einen zuzulegen.“ Damit wechselte sie kurz einen Blick mit Tony und lächelte Ziva anschließend an: „ich kenne zumindest einen, der von deiner Wandlungsfähigkeit begeistert sein würde.“

„Abs.“, machte Gibbs und klang noch genervter als vorher. Agatha räusperte sich.

„Also, Leute, wir sollten uns wirklich konzentrieren.“, leitete sie ein und schaute zu Gibbs herüber: „Warum Ihre Leute ein totes Teammitglied gesehen haben, kann ich Ihnen erklären. Weil irgendwo in einer parallelen Realität damals eben nicht Kate gestorben ist, sondern …“

„Tony!“, schoss Abby dazwischen und schaute den Halb-Italiener an, „Laut dieser Ziva und dieser Kate hat Ari damals Dich erschossen.“

„Wie erbaulich.“, kommentierte der Mann und fuhr sich über den Hals, „Was bin ich froh, dass dies nur eine parallele Realität war.“

„Aber so real, wie diese hier.“, erklärte Cal, der sich aufgerichtet hatte, „Das haben wir an eurem Spiegel gesehen.“

Tony runzelte die Stirn: „Dann war das gar nicht euer Traceless?“

Kurz zuckte der Captain nachdenklich die Schultern, ehe er aufstand und seine Position neben Agatha einnahm: „Es könnte auch Traceless gewesen sein, klar – aber anhand der aktuellen Situation und dem vermehrten Auftauchen von Doppelgängern aus anderen Universen, tendiere ich eher dazu, dass es eine Art Parallel-DiNozzo war.“

„Und wie kommen sie darauf?“, fragte Ziva und schaute die Beiden an. Agatha seufzte: „Ich habe… naja, ich habe zwei Doppelgänger gesehen. Einen von Cal und einen von Mir.“

„Aber könnte das nicht auch Traceless gewesen sein?“, meldete nun Leon Zweifel an und Cal nickte: „Rein Theoretisch könnte es auch Tracy-Boy gewesen sein, aber… ich darf Sie mal an die Kirk-Berichte erinnern, wie die Kleiderordnung im Paralleluniversum aussieht? Knapp, Knapper, am Knappsten? Ich glaube nicht, dass Traceless so rumlaufen würde.“

„Kirk?“, schoss McGee dazwischen und schaute überrascht zu Cal und Agatha herüber. Der Captain der Dragonfly stoppte und nahm Blickkontakt zu McGee auf: „Ja, wieso?“

Kurz schien der Computerfreund zu überlegen, ob er etwas sagen sollte, doch dann schüttelte er den Kopf: „Nein, ist in Ordnung. Ich… ich hätte da nachher nur mal eine Frage.“

Kurz flammte etwas wie Mißtrauen in Captain Cats Blick auf, doch dieser Funken war so schnell verschwunden, wie er gekommen war. Dann schaute er wieder in die Runde. „Vermutlich bricht die Raum-Zeit-Barriere in sich zusammen.“

„Hm“, grinste DiNozzo, „Vielleicht hat Torchwood 1 ja wieder einmal ein Raum-Zeit-Barrieren-Aufhebungs-Dingsi gebaut.“

Dieser Satz brachte die anderen Mitglieder seines Teams dazu, ihn ein wenig verblüfft anzusehen. Dies merkend, räusperte er sich: „Was ist?“

„Du Heuchler.“, grinste Ziva, „Du hast doch immer gesagt, dass Du Science-Fiction-Shows nicht ausstehen kannst.“

„Hey, das habe ich nie gesagt. Ich kann nur nichts mit diesem Doctor What anfangen.“

„Doctor Who.“, korrigierte Cal grinsend, was Tony dazu brachte, mit den Schultern zu zucken: „Wie auch immer, aber es ist eines der berühmten W-Frageworte, oder?“

“Und das mit dem Raum-Zeit-Dingsi war auch in dieser Serie.”, sagte McGee und Tony rollte mit den Augen: „Ja, McTelevision, ich weiß. Aber…mir gefällt Torchwood einfach besser.“

„Doch nur weil dich Gwen ein wenig an Ziva erinnert.“, grinste der Computertechniker und verstummte, da ihn just in diesem Moment eine Kopfnuss getroffen hatte. Gibbs funkelte zu Cal und Agatha herüber: „Klartext bitte. Wie können diese Paralleluniversen sich mit unserem Universum übeschneiden.“

Der Captain zuckte mit den Schultern und schaute zu Agatha, die ebenfalls nur mit den Schultern zucken konnte: „Ich habe da eine Theorie, aber…“

„Aber was?“, fragte Gibbs und schaute die fragend an. Die hübsche Rothaarige zuckte erneut mit den Schultern: „Diese möchte ich lieber erstmal mit jemand anderem besprechen. Wenn Sie mich entschuldigen wollen.“

Damit griff sie zu ihrem Kommunikator und verließ den Raum.

Cal schaute ihr hinterher, ließ seinen Blick über den schwingenden Hintern gleiten, als er das ermahnende Räuspern von Ziva hörte. Schnell, als habe er sich verbrannt, zuckte der Captain zusammen und schaute in die Runde: „Ja… äh… ich glaube, sie wird sich jetzt beraten.“
 

Kaum, dass sie das Büro Vances verlassen hatte, wandte sie sich an Cynthia: „Entschuldigung, aber – hätten Sie was dagegen, für mich bei jemandem anzurufen?“

Die hübsche Frau schaute die Rothaarige an und schüttelte den Kopf: „Ich bin nicht die Auskunft. Aber … wenn Sie wollen, nehmen Sie sich das Telefon und rufen Sie selbst an.“

Agatha seufzte, nahm den Hörer in die Hand und wählte die Vorwahl von Colorado Springs, ehe sie wartete. Das Freizeichen erklang.

Die XO warf einen Blick auf die Uhr. Es war eigentlich kurz nach Feierabend, sie musste doch da sein.

Kurz knackte es in der Leitung, dann hörte sie, wie jemand abnahm.

„Samantha Carter hier?“

„Sam, hier ist Agatha, grüß Dich.“

Und dann begann die Rothaarige, zu sprechen.
 

Policeman Dave Speed war die blöden Witze leid. Er war einer der Jüngsten der Truppe, hatte blaue Augen, blonde Haare und wann immer er sich vorstellte, machten die Leute, die alt genug waren, diesen Film zu kennen, Gags, summten die Erkennungsmelodie oder dachten sich andere Gemeinheiten aus. Aber er hieß – verdammt nochmal – Dave Speed und er konnte nichts dafür, dass Anfang der Achtziger ein Film namens „Der Supercop“ mit Terrence Hill und Ernest Borgnine in den Hauptrollen in den Kinos gelaufen war. Der Film handelte von einem Polizisten, der - Überraschung, Überraschung – Dave Speed hieß.Und wann immer sich die Gelegenheit ergab, wurde er damit aufgezogen. So offenbar auch heute. Die Zentrale hatte ihn zum ehemaligen Fabrikgelände von „Mad Cow Middleton Inc“ geschickt, einer alten Firma, die sich früher auf Katzenfutter aus reinem Rindfleisch spezialisiert hatte. Als dann der Rinderwahnsinn in den Medien aufkam, verloren die Kunden schneller das Interesse an Mad-Cow-Katzenfutter, als man „Bovine spongiforme Encephalopathie“ sagen konnte. Seitdem ließ die Nachfrage nach Mad-Cow-Katzenfutter immer mehr nach, bis schließlich, in den frühen 2000ern die Geschäftsleitung keine andere Möglichkeit sah, als die Firma zu verkaufen. Auftritt „Middleton Inc“. Man beschloss, neue Märkte zu erschließen, sprich, sich weiterzuentwickeln. Die Rezeptur wurde verändert, das Rindfleisch wurde getestet und dennoch war die Nachfrage unwiderruflich weggebrochen. Man versuchte, sich noch etwas zu Halten, aber es gab keine Rettung mehr. Seit 2010 wurde der Betrieb endgültig abgewickelt.

Der Polizist hielt seinen Wagen auf dem menschenleeren Parkplatz, schaltete die Scheinwerfer aus und den Wagen ab, ehe er ausstieg. Mit einem schnellen, geschulten Blick sah er sich um.
 

Nichts. Was hatte er auch erwartet? Es war ja nicht so, als ob er zu diesen Menschen gehörte, die an Geister oder sonstiges glaubten. Nein - für ihn war einzig das Rationale das Wahre. Es gab weder Geister noch Sonstige Spukgestalten. Während er sich umblickte, fiel ihm auf, dass sein Wagen doch nicht der Einzige auf dem Parkplatz von MadCow war. Da stand tatsächlich noch ein weiteres Auto – ein japanischer Kleinwagen. Kurz neugierig geworden ging er auf das Gefährt zu und warf einen Blick hinein. Wer auch immer der Fahrzeughalter sein mochte, wer auch immer den Wagen fuhr, er hatte Schwierigkeiten, denn ein Blick auf das Amarturenbrett verriet ihm, dass die Batterie des Autos schon vor ein paar Stunden den Geist aufgegeben hatte.

Seufzend schritt Speed zu seinem Auto zurück, holte die Maglite heraus und tat das, weswegen er hergekommen war. Er durchsuchte die Gebäude.
 

Die Tür des Konferenzraums öffnete sich und mit einem zufriedenen Lächeln auf den hübschen, vollen Lippen betrat Agatha Silverbird das Zimmer. Sie blickte sich um und schaute dann zu Cal. Kurz zwinkerte sie ihm zu – äußerst vergnügt – ehe sie sich an die Anderen wandte.

„Es ist so, wie ich vermutet hatte. Eine Koversion aller möglicher Paralleluniversen auf einen Punkt findet statt. Das Raum-Zeit-Gefüge bricht quasi zusammen, wenn Ihr so wollt.“

Damit verschränkte sie die Hände hinter dem Rücken und ging auf einen gelangweilt dreinblickenden Cal zu.

„Hilfst Du mir, Schatz?“, fragte sie und ehe der Captain fragen konnte, was los war, hatte sie ihn gegriffen und nach vorne gezogen.

Dann deutete sie auf ihn: „Darf ich vorstellen. Calvin Nathan Cat, Kommandant der USS Dragonfly. Ein freundlicher, wenn auch nicht sonderlich schlauer Offizier, der mehr durch Zufall Captain wurde, denn durch wirkliches können.”

„hey!“, machte Cal und stockte, als Agatha ihn am Arm griff und nach vorne zog. Dann legte sie beide Hände auf seine Schultern, drückte sie ein wenig zurecht, veränderte seine Positur und fuhr ihm dann durch die Haare.

„Das ist Doktor Calvin Nathan Cat, Nobellpreisträger für angewandte Astrophysik.“

‚Doktor’ Calvin Nathan Cat schaute seine XO ein wenig verdattert an und man konnte sehen, wie der Captain sich offenbar insgeheim fragte, ob Agatha nicht in Wirklichkeit Traceless war.

Und wieder griff sie ihn, legte eine seiner Hände auf ihre Hüfte, die andere auf ihre Schulter und drückte ihn an sich: „Das ist Cal – der Liebhaber meines parallelen Gegenstücks.“

Sie schaute in die Runde, machte sich von Cal los, der sie inzwischen noch verdatterter anblickte und räusperte sich: „Habt ihr Fragen?“

„Ja, ich“, kam es von Cal, „Was soll diese Kostümshow ohne Kostüme? Ich glaub, die Leute wissen, was ein Paralleluniversum ist.“

Ziva räusperte sich. „Die Theorie ist natürlich bekannt.“, sagte sie, ehe sich ein leichtes, fast nicht zu bemerkendes Lächeln auf ihre Lippen schlich: „Aber die Demonstration war auf jeden Fall interessant. Allerdings habe ich tatsächlich eine Frage – wie ist diese Konversion auf einen Punkt geschehen?“

Nun zog Agatha eine Grimasse und schaute zu Boden: „Nun – ich glaube, dass wir da einen kleines, nicht unbeachtliches Scherplein zu dieser Situation beigetragen haben könnten.“

„Wir?“, schaute Cal sie fragend an und Agatha beugte sich vor, ehe sie ihm ins Ohr flüsterte: „Erinnerst Du dich an die Amnesia-Granate, die ich Tony dagelassen habe?“

„Ja?“

„Nun, sie hatte einen anderen Effekt.“

Plötzlich wurde der Captain ein wenig bleich, kratzte sich am Nacken und sagte: „Du … du meinst, dass Die Zeit zurückgespult wurde, das… hätte gar nicht so passeiren sollen?“

Agatha schüttelte den Kopf: „Nein, eigentlich nicht. Kannst Du mir erklären, wieso die Zeit zurückgedreht wurde?“

Cal schluckte: „Nun – erm… wenn ich ehrlich bin, kann ich mit diesen ganzen lateinischen Namen nix anfangen. Ob da nun Amnesia steht oder Temporala…“

Die hübsche XO schüttelte den Kopf: „Das Ganze hat die Zeitlinie natürlich ein wenig durcheinander gebracht.“

„Und… wieso?“, fragte Cal, woraufhin sich Agatha an Tony widmete: „Sie haben doch sicherlich Serien auf Video aufgenommen, oder?“

Der angesprochene Halbitaliener legte die Stirn in Falten: „Ja – aber warum fragen Sie?“

„Was passiert, wenn sie ein und die selbe Stelle immer wieder und wieder überspielen?“

„Naja, irgendwann könnte das Band den Geist aufgeben.“, erklärte der Angesprochene und schaute von Agatha zu Cal und dann wieder zurück: „Wollt Ihr mir sagen, dass genau das mit der Zeitlinie passiert ist?“

„Das wird es wohl sein.“, sagte Agatha und stockte, als Gibbs ein „Zu einfach“ murmelte.

„Bitte?“, fragte sie und schaute den Mann mit den eisblauen Augen an. Dieser räusperte sich und stand auf. Er schaute ins Rund und sagte nur ein Wort: „Ari.“

Dabei breitete er die Arme aus, als wäre das alles, was er sagen müsse, damit die anderen die selbe Epiphanie bekämen, wie er. Tatsächlich schaute McGee ihn kurz verblüfft an, ehe er sich einen kleinen Notizblock nahm und begann, in ihn hereinzuscribblen.

Gibbs schaute zu Cal, Eisblaue Kommandantenaugen trafen braune Möchtegernkommandantenaugen und erneut sagte Gibbs nur das eine Wort.

Als Cal ihn verständnislos anblickte, rollte die Ermittlerlegende mit den Augen und verpasste dem Kommandanten der Dragonfly eine Kopfnuss.

„Tut mir leid, ich spreche kein Gibbs.“, erklärte der Captain und schaute dann zu Vance: „Verstehen Sie ihn?“

Vance schaute kurz zu seinem besten Mann herüber und zuckte dann mit den Schultern. „Keine Ahnung. Aber es gefällt mir nicht.“

„Mir auch nicht.“, sagte Ziva und sah zu Tony, dann zu McGee, der immer noch schrieb und dann zu Abby, die ihren Blick erwiderte. Plötzlich sprang der Romancier auf.

„Ich habs!“

„Na endlich.“, kam es grinsend von Gibbs.
 

Der Gang vor Speed war dunkel. Was hatte er eigentlich erwartet? Helle Lichter? Die Firma war so gut wie abgewickelt, oder besser gesagt, war schon abgewickelt. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die Bulldozer kamen und den ganzen Laden plattmachen würden.

Dennoch hatte die Zentrale ihn hierher geschickt. Weswegen wusste Speed auch nicht, allerdings bezweifelte er, dass es etwas mit dem Auto zu tun hatte, das auf dem Parkplatz stand. Als sich die Tür hinter dem Polizisten schloss, hörte er einige Meter vor sich ein Geräusch. Schnell hatte Speed seine Taschenlampe gezückt und Sekundenbruchteile später flammte ein greller Lichtkegel auf, der die Dunkelheit des Raumes wie ein Schwert zerteilte.

Dave Speed – der Supercop – war bereit für den Einsatz.
 

Sie befanden sich im MTAC, hatten diverse Sitze eingenommen.

Der Captain der Dragonfly hatte einen Platz ganz oben besetzt und zu Agatha geschaut: „Erinnert dich das nich auch an eine heimelige Kinoatmosphäre? Vorne der Film – vorzugsweise einer mit Untertiteln – meine Hand, die über deine Beine gleitet und…“

„Augen nach vorne, Soldat.“, sagte Agatha schelmisch grinsend, „Dafür haben wir nach Beendigung der Situation noch genug Zeit.“

„Zeit, hm?“, fragte der Captain, „Wie ironisch.“
 

McGee räusperte sich, schaute zu den beiden Sternenflottenoffizieren, die sich einen der hinteren Plätze gesichert hatten und sagte, mit einem leichten Lächeln: „Wenn ich um alle eure Aufmerksamkeit bitten dürfte?“

„Hoffentlich fängt er nicht wieder mit seinem Rocket-Man-Vortrag an.“, murmelte Abby, was ihm einen scharfen Blick McGees eintrug, ehe er sich zum Videoschirm umwandte.

„Die richtige Zeitlinie ist uns bekannt. Wir leben in ihr.“, sagte er und ließ ein Foto vom NCIS-Major-Response-Team erscheinen, das seinerzeit auf irgendeiner Weihnachtsfeier gemacht wurde.

„Dies ist unsere Zeitlinie.“, erklärte er und wandte sich dann an einen Techniker: „Wenn ich bitten dürfte?“

„Natürlich.“, sagte der Mann und ein weiteres Bild erschien. Es war ein Foto von einer anderen Weihnachtsfeier, die Jahre zuvor stattgefunden hatte, und auf dem Kate noch zu sehen war.

„Von diesem Moment an nehmen wir an, dass es Möglich ist, Leute aus einer Zeitlinie zu extrahieren, ohne die Geschehnisse der Zeitlinie, die danach erfolgten, zu verändern. Nehmen wir an, dass jemand es geschafft hat, Ari Haswari vor seinem Tod in Gibbs Haus zu bewahren.“

Der Captain aus der hintersten Reihe schaute auf: „Ari Haswari ist tot? Seit wann das denn? Ich denk, der is Rennfahrer.“

„Cal“, flüsterte die XO, „Ich glaube, der heißt anders.“

McGee räusperte sich erneut und auch Gibbs drehte sich um und warf beiden Offizieren einen bösen Blick zu, der sie verstummen ließ.
 

Dave Speed hieß nicht nur „Der Supercop“, weil er ein Namensdoppelgänger des Filmcharakters war – man nannte ihn auch deswegen so, weil er es geschafft hatte, in seinen 5 Jahren, die er nun schon Dienst auf den Straßen Washingtons tat, niemals ernsthaft verwundet zu werden. Dabei war er mitunter auf den gefährlichsten Pflastern dieser Stadt unterwegs, hatte es schon mit Drogendealern, Zuhältern und ähnlichen Persönlichkeiten zu tun gehabt und immer, wenn ihm jemand eine Kugel verpassen wollte, schaffte er es, diesen Jemand davon zu überzeugen, dass Gewalt keine Lösung wäre. Ja, Dave Speed war ein Supercop.
 

Das half ihm in der gegenwärtigen Situation allerdings auch nicht, denn er ging – vorsichtig und Schritt für Schritt – mit einer Taschenlampe bewaffnet durch einen dunklen Korridor einer Art Bürogebäude. Mit wachen, blauen Augen, die wirklich eine gewisse Ähnlichkeit zu Terrence Hill hatten, schaute sich der Policeman um, ließ seinen Blick durch die Gegend schweifen und widmete seine Aufmerksamkeit nun dem Namensschild, das an einer Tür angebracht war. Richard Grayson Senior.

Speed musste lächeln.
 

Mit den Graysons war er befreundet – den Sohn, Richard Junior, den alle nur „Dick“ nannten, kannte er aus der Highschool und als sie die ersten Batmancomics lasen, fand Dick es gar nicht lustig, dass dort ein Sidekick namens Robin auftauchte, der im Privatleben eben Dick Grayson hieß. Ricahrd Grayson Senior kannte die Batmanhefte offenbar nicht, oder – wenn er sie kannte – interessierte sich nicht dafür. Und dieser Richard Grayson Senior war Buchhalter bei MadCowMiddleton Inc. Interessant. Das hatte Speed wirklich nicht gewusst, denn, nachdem Dick sich unsterblich in eine Frau verliebt hatte, die – von allen möglichen Namen – ausgerechnet Barbara Gordon hieß, hatte er sich nach New York abgesetzt. Dick und Barbara Grayson führten dort ein beschauliches Leben als Investmentbanker – wobei das Leben inzwischen auch nicht mehr so beschaulich war, wie sich Speed denken konnte.
 

Und als er so über seine Kindheit nachdachte, stellte er fest, dass der liebe Gott oder das Schicksal oder wer auch immer, die richtige Portion Humor hat, um die richtigen Leute in einer Nachbarschaft anzusiedeln. Dave Speed, Dick Grayson, Barbara Gordon, sie alle wohnten in einem Mehrfamilienhaus, zusammen mit einem Wissenschaftler namens Bruce Banner, einem Zeitungsreporter namens Clark Kent, einem Polizisten, der Hal Jordan hieß und einer Botschafterin, die auf den Namen Diana Prince hörte. Oft genug, wenn Dave in seinen Comics schmökerte, stellte er sich vor, wie sich Dick und Barbara aus ihren jeweiligen Kinderzimmern abseilten und dann Verbrechen bekämpften, wie sich Clark Kent die Brille abnahm und als Superman die Welt rettete und Diana Prince im tiefdekolletierten Büstier als Wonder Woman auf Verbrecherjagd ging.

Aber natürlich war dem nie so. Der Clark Kent aus der Realität wurde bei einem Bericht über den Mord an einem Mann, den man „Frankie, die Flunder“ nannte, von der Mafia aufgesucht und „schlief bei den Fischen“, Botschafterin Prince arbeitete heute bei der UNO, Hal Jordan war sein Vorgesetzter und von Bruce Banner hatte man nie wieder etwas gehört, nachdem er einen Selbstversuch an sich… nein, nur Scherz. Bruce hatte es geschafft, in der letztjährigen Ölbohrplattformkrise einen kühlen Kopf zu bewahren und diverse Ideen vorzuschlagen, wie man mit der Krise umgehen konnte. Hauptberuflich war er inzwischen als Professor beim M.I.T. angestellt.
 

Und das Superheldenhaus, indem sie alle gewohnt hatten? Es stand immer noch, allerdings wurde die Gegend immer unattraktiver und infolgedessen standen dort inzwischen etliche Wohnungen leer. Eigentlich schade, denn die lustigen Stunden, die Dave dort verbracht hatte, würde er vermutlich immer noch im Gedächtnis haben, wenn er starb.

Was schneller passieren könnte, als gedacht, denn in diesem Moment riss ihn ein Geräusch aus den Gedanken, dass verdächtig nach einem Röcheln eines Sterbenden klang.
 

Tony musste gegen seinen Willen grinsen. Diese Besprechung versprach so zu werden, wie jede, die McGoogle leitete. Und das bedeutete für den geneigten Standardzuhörer eines – gepflegte Langeweile. Man konnte McGee eines attestieren – er hatte wirklich die Gabe, aus den Fällen jedes, noch so kleinste Detail herauszukitzeln und zu präsentieren, allerdings hatte sich genau das als der größte Launekiller überhaupt erwiesen. Wer einmal einer Präsentation McGees über ein bestimmtes Thema – beispielsweise über die Cyberverbrechen, die das Land heimsuchten – zuhörte, stellte fest, wie schnell die Neugierde auf das, was der Mann einem sagen wollte, Langeweile wich. Lustigerweise war McGees Schreibstil flott und durchaus unterhaltend, wenngleich der Halbitaliener es dem Romancier nie auf die Nase binden würde.

Doch die beiden Sternenflottenoffiziere versprachen eine gewisse Abwechslung, besonders als der Mann begann, zu kommentieren.
 

„Wie ich schon sagte.“, fuhr McGee fort, „Wenn wir einmal in Betracht ziehen, dass jemand eventuell Ari Haswari vor seinem Tod bewahrt und in die Gegenwart geholt hat und gleichzeitig eine Zeit-Rückspul-Granate geworfen wird, könnte das das Raum-Zeit-Kontinuum schwächen. Und wenn dann auch noch mehrere Versuche unternommen werden, eine neue Zukunft zu erschaffen…“

„Eine neue Zukunft?“, fragte Gibbs und nun räusperte sich Cal: „Naja, ich meine… da versucht jemand, euch zumindest zu zeigen, dass ihr in Gefahr seid, oder?“
 

Der Korridor war und blieb Dunkel – abgesehen von dem hellen Lichtstrahl, den die Taschenlampe in die Dunkelheit entsandte. Speed spürte, wie sein Atem schneller ging. Er war eigentlich niemand, der sich schnell ängstigte, aber… irgendwie erschien ihm die Umgebung unheimlich.

Hier stimmte etwas nicht, die ganze Gegend schien so surreal. Und dann hatte er plötzlich das Gefühl, dass er hinter sich jemanden atmen hörte. Schnell wirbelte er herum – doch da war niemand. Speeds Herz begann, auf Hochtouren zu arbeiten.

Eigentlich wäre es am besten, wenn er Verstärkung rief… also glitt seine Hand zum Funkgerät und in diesem Moment erklang wieder dieses Stöhnen.

Verdammt, da war jemand in Not. So schnell ihn seine Beine trugen, rannte er auf den Raum zu. Natürlich war dieser in Dunkelheit gehüllt, wenngleich er die Silhouette einer Gestalt erkennen konnte. Seine Taschenlampe flammte erneut auf , suchte ihr Ziel, fand es und…
 

„Sagtet Ihr nicht, Ihr seid von einer Art „Sternenflotte“?, fragte McGee und schaute den Captain und seine XO neugierig an. Die beiden warfen sich einen Blick zu – konnte man es riskieren, ihm Bescheid zu sagen? Andererseits – im Zweifelsfall müsste Agatha halt nochmal ran. Schulternzuckend nickte Cal: „Ja, richtig.“

„Und habt Ihr da auch Raumschiffe?“

„Keine Sternenflotte ohne Raumschiffe.“, grinste Agatha und McGee nickte: „Hey, aber jetzt sagt mir nicht, dass eines eurer Schiffe Enterprise heißt.“

Cal schaute ihn überrascht an: „Wie – wie kommen Sie gerade auf Enterprise ?“

„Ich hätte auch Voyager oder Defiant sagen können.“

Agatha merkte, wie ihr Herz schneller zu schlagen begann. Nein, das konnte doch nicht sein…

Der Captain reagierte dieses mal schneller, griff die Hand McGees und schnitt kurz hinein.

Genervt rollte dieser mit den Augen und schaute die beiden Offiziere an: „Ich bin weder euer Traceless, noch ein Wechselbalg.“

„Aber, Sie kommen aus der Zukunft, hm?“, fragte Agatha und McGee schüttelte den Kopf: „Nö, ich komm aus der Gegenwart.“

„Aber woher wissen Sie dann etwas von den Schiffen Enterprise, Voyager und Defiant ?“

Cals Gesicht war eine einzige Maske des Unglaubens, als der Computerfachmann grinste. Er drehte den Monitor zu den beiden Offizieren der Sternenflotte um und rief eine Homepage auf. Youtube.

Dann gab er etwas ein und Agathas Augen wurden untertassengroß, als sie vorlas: „Cal, da steht…“

„Ich kann es lesen, Agatha.“, sagte der Kommandant, und seine Stimme nahm eine Grabestiefe an, „ The battle of Wolf 359 .“

„Verdammt, das war eine…“, setzte er dann an und hielt sich die Hand vor den Mund, als sei ihm plötzlich übel geworden. McGee konnte sehen, dass in seinen Augen tränen schillerten.

Offenbar war seine XO diese Reaktion vertraut, denn sie legte eine Hand auf seine Schulter und ließ es zu, dass er sie umarmte und sein Gesicht in ihrer Halsbeuge barg.

Beruhigend streichelte sie ihm über den Rücken und schaute dann McGee an.

„Es war unser Elfter September.“, sagte sie knapp und ließ dann wieder, in einer beruhigenden Geste, ihre Hand über Cals Rücken gleiten: „Ist ja gut, Cal. Du brauchst keine Angst zu haben.“

Erneut nahm sie Blickkontakt mit dem Computerspezialisten auf: „Wir waren da. An Bord der U.S.S. Saratoga . Damals entkamen wir nur knapp dem Tod.“

„Sagten Sie, ‚ U.S.S. Saratoga “, echote McGee, „Soll das heißen, Sie waren mit Benjamin Sisko auf einem Schiff?“

„Woher kennen Sie Captain Sisko?“, fragte die hübsche XO und schaute ihn überrascht an, als sie seine Antwort erhielt: „Sie wissen, was eine Fernsehserie ist? Nun – es gibt die Abenteuer der Captains Kirk, Picard, Sisko, Janeway und Archer auf DVD.“

Was ?“, entfuhr es Cal und er riss sich von Agatha los, um McGee anzufunkeln: „Soll das heißen, dass die Leben und Leiden unserer Kollegen im Fernsehn bestaunt werden und zu Cola und Pommes konsumiert werden können?“

Agatha wollte ihm gerade wieder beruhigend die Hand auf die Schulter legen, doch Cal schüttelte sie ab. Offenbar war er gerade wütend, was Agatha durchaus verstehen konnte: „Wissen Sie, was für Probleme und was für unsägliches Leid… ach was frag ich da? Vermutlich haben es pubertäre Kiddies heutzutage nötig, sich Nacktbilder einer Person anzuschauen, die einen verdammt tragischen Charakter hat. Sie wurde einst von den Borg assimiliert und musste nun…“

„Seven of Nine.“, nickte McGee und Cal funkelte ihn erneut an. Man konnte deutlich merken, dass er am Liebsten den Computerexperten erwürgt hätte, doch Agatha war schneller. Sie griff den Captain und hielt ihn fest: „Sachte, Cal. Er kann nicht wissen, wie es ist, von Borg assimiliert zu werden. Er kann nicht wissen, dass man danach Jahrelang unter Albträumen leidet und wenn man das nicht, wie wir, gemeinsam durchsteht, daran einfach zerbrechen kann.“

Der Computerexperte schaltete schnell youtube aus und schaute zu Cal herüber: „Hören Sie, ich weiß, es mag nicht einfach für sie sein – aber… glauben Sie mir, wenn ich sage, dass es mir leid tut. Ich konnte nicht wissen, dass all die Geschichten von Gene Roddenberry und seinen Epigonen einer wahren Quelle entsprungen sind.“

„Ist okay.“, sagte Cal eine Spur zu knapp und seine XO küsste ihn auf die Wange, ehe sie zu McGee blickte: „Sie können mir wohl nicht sagen, wo genau man an die Informationen kommen kann? Ein Gene Roddenberry ist mir zumindest nicht geläufig.“

Der IT-Experte schluckte. Das war ja fast schon zu hart, dass die eigene Schöpfung über ihren Schöpfer nicht bescheid wusste. Er beschloss aber, das Thema nicht zu erörtern.“
 

Speeds eisblaue Augen waren entsetzensgeweitet. Was er dort sah war… er konnte es nicht beschreiben. Jemand hatte einen Toten aufgehängt – soviel konnte er schon sagen. Aber die Art und Weise, wie dieser jemand gestorben war…

Man hatte seinen Körper in eine Körperhaltung gebracht, die nicht natürlich war. Es erinnerte den Polizisten an das Zeichen, das gemeinhin als „Klammer zu“ bezeichnet wurde. Oder an ein umgedrehtes C. Aber das war noch nicht das Schlimmste.

Das erblickte er, wenn er in das leblose Gesicht des Toten blickte und das Nichts ausser bloßem Horror und Angst verriet. Wer auch immer ihn auf dem Gewissen hatte… es war keine nette Person gewesen.

Und dann hörte er es wieder hinter sich, das Atmen. Mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen fuhr er herum und sah dieses Ding auf sich zukommen. Es war groß, grün, verdammt schlecht gelaunt und Speed wusste auf elementarer Ebene, dass es nichts bringen würde, seine Waffe zu ziehen und zu schießen. Ebenso würde der Versuch, zu fliehen, nicht von Erfolg gekrönt sein. Also blieb er ruhig stehen, schaute das Biest an und grinste.

„Hey, Bruce Banner. Lange nicht gesehen. Was macht das Leben als Hulk?“

Das Wesen stockte und schaute ihn verwirrt an. Vielleicht könnte Speed doch fliehen?

Doch dann machte das Biest einen Schritt nach vorne und der Polizist spürte einen sengenden Schmerz in seiner Brust. Erneut war er sich Bewusst, was passiert war. Das Wesen hatte ihn getötet.
 

„Das ist echt nicht zu glauben.“, murmelte Cal und grinste über beide Ohren. Agatha, die mit vor der Brust verschränkten Armen im Raum auf und abtigerte, stoppte, und schaute ihren Freund an.

„Was?“

„Wie bekloppt manche Leute sind.“, führte der Captain weiter aus und stand auf. Er ging auf Agatha zu, schaute ihr in die Augen und ergriff ihre Hände. Dann legte er eine auf seine Hüfte, die ander e auf seine Schulter, legte seine Hände nur um ihre Hüfte und behielt den Blickkontakt bei. „So.“

Die XO stutzte.

„Und nun?“

„Ja, das wüsste ich auch gerne mal. Aber Animehentaigirlsaresweet1808 ist der Meinung, dass allein das die Frau dazu bringt, zu seufzen: ‚Nimm mich, Du Hengst.’“, erklärte der Captain und zuckte mit den Schultern: „Frag mich nicht. Es ist faszinierend, was manche Leute für Gedankengänge haben. Hier, ich zeig dir das mal.“

Damit nahm er sie bei der Hand und ging zu Tim McGees Schreibtisch.

Er deutete auf den Computer.

„Lies es dir durch, das … das ist echt der … wie sagt man hier? Der Burner?“, lachte Cal, stemmte die Hände in die Hüften und ging nun selbst, wie ein Tiger auf und ab.

Er stoppte, schaute Agatha an und schüttelte den Kopf: „Ich meine, als ob ein Sternenflottenoffizier, wenn das Schiff unter Beschuss ist, nicht etwas anderes zu tun hat, als gleich die nächste Offizierin zu … Du verstehst?“

Seine XO grinste: „Sagt der richtige.“

„Was meinst du?“

„Terra Nova X?“, fragte sie mit einem süßen Lächeln und ihr Lächeln wurde noch breiter, als sie sah, wie Cal errötete.

„Hey!“, sagte er, und man konnte seiner Stimme anhören, dass er sich rechtfertigen wollte, „Damals dachte ich, der Planet geht unter. Ich dachte wirklich, wir gehen drauf. Und Du warst dem Kuss ja auch nicht abgeneigt.“

Sie zuckte mit den Schultern: „Ja, aber überrascht, wenn man plötzlich 70 Kilo Cal im Arm hat, die einem die Luft mit den Lippen abschnüren.“

Der Captain schaute sie an, verschränkte die Arme und man konnte ihm ansehen, dass er gerade ein wenig beleidigt war.
 

Leroy Jethro Gibbs warf brütend einen Blick auf den sogenannten „Zeitstrahl“, den McGee und Abby mit vielen Fäden, einem dicken Garn und einer Menge Post-It-Streifen gebastelt hatten. Gerade betrachtete er den gelben Minizettel, auf das Datum von Kates Tod stand. Von eben jenem Zettel lief ein straff gespannter Faden zu einem, einen knappen Meter entfernten Post-It, auf dem das heutige Datum stand, sodass das ganze Bild ihn an ein D, das auf dem Bauch lag erinnerte. Abby und Tim blickten sich an, sahen eigentlich recht zuversichtlich aus, doch Gibbs gerunzelte Stirn brachte den Computergeek dazu, seine Meinung über die Verständlichkeit des Modells zu revidieren.

„Es ist eigentlich ganz einfach…“, setzte McGee an, was durch ein „Komplett logisch“ seitens Abby sekundiert wurde. Der leitende Senior Special Agent warf einen Blick auf den Faden, der sich von Kates Todesdatum zum heutigen Tag bog und nickte.

„Natürlich. Jemand hat Ari eingefroren und nun wieder aufgetaut, nachdem Ziva ihm in den Kopf geschossen hatte?“, fragte er und schaute von Abby zu McGee. Dieser schaute seinen Chef ein wenig ratlos an: „Nun, wie man diesen Punkt erklären soll, weiß ich auch noch nicht, aber ich bin mir sicher, es wird dafür eine logische Erklärung geben. Wir sind hier nicht bei Star…“

Er stockte und schaute kurz nach oben – dorthin, wo er durch rasche Kombinationsgabe die Position seines Computers und damit der beiden Sternenflottenoffiziere ausgemacht hatte.

„…trek“, sagte er und schaute zu Abby: „Wie konnte ich so blind sein?“

Damit lief er los.
 

Die hübsche XO warf einen Blick auf McGees Computer, als der Inhaber des Rechners auf sie zugeprescht kam. „Commander.“, sagte er und Agatha schaute ihn an: „Das ist nicht deren Ernst, oder?“

Tim stoppte, schaute sie an und blinzelte verdattert: „Was ist wessen Ernst?“

Die Angesprochene deutete auf den Bildschirm: „Deanna Troi ist eine der nettesten und fürsorglichsten Frauen, die ich kenne. Sie hatte uns damals durch eine emotionale Krise geholfen und…“

Cal, der auf Zivas Platz saß, und sich offenbar auch über eine Internetseite scrollte, lachte kurz auf, warf einen Blick zu seiner Freundin und rollte mit den Augen: „Du hast noch gar nichts gelesen. Erinnerst Du dich an Jadzia? Ich hab ja immer gesagt, dass sie mehr zu Julian passen würde, als zu Worf, aber das Leute eine… Da wollen Leute Jadzia mit Kira…“

Er stoppte und schüttelte den Kopf. Dann stand er auf und schaute McGee an: „Die Menschen in Deiner Zeit haben echt n Schuss, Tim. Aber n extrem Großen.“

Damit deutete er auf den Bildschirm von Zivas Arbeitsplatz.

„Ernsthaft. Bankenkrise? Leute, Ihr wisst doch gar nicht, wie gut ihr es habt. Ich meine… nat… natürlich das Leben ist hier nicht perfekt, aber ihr müsst keine Angst haben, dass die, die eigentlich eure Freunde sein wollen, plötzlich mit biologischen Implantaten versehen auf euch zugestakst kommen, wie Zombies in drittklassigen Schockern, und euch assimilieren wollen.“

„Nein.“, sagte McGee und seine Stimme nahm einen sehr ernsten Klang an, „Dafür weiß man hier nie, ob sich nicht einer in die Luft sprengt, weil er… Ihr habt ja schon einmal was vom Elften September gehört. Meint Ihr im Ernst, dass es uns hier gut geht?“

Der Captain schaute den Computerexperten an und zuckte mit den Schultern: „Ich sehe hier nirgendwo Menschen, die sich darum sorgen müssen, dass sie von den Borg assimiliert werden, Agent McGee.“

„Und ich sehe in Ihrer Zukunft niemanden, der Angst davor haben muss, dass er im Zuge des „heiligen Krieges“ getötet wird, oder dass er verhungern muss, Captain Cat.“

Mittlerweile hatte sich die Stimmlage des Agenten nach „bedrohlich“ gewandelt und er war auf den Mann aus der Zukunft zugetreten, so dass sich ihre Nasen beinahe berühren konnten.

„Hehe.“, grinste Agatha, „Wenn das jetzt ne Fanfiction wäre, die könnte auch in eine ganz andere Richtung gehen.“

McGee runzelte überlegend die Stirn, Cal blickte an ihm vorbei zu Agatha: „Was meinst Du, Schatz?“

„Ich glaube, sie spielt auf Slash-Fanfics an, Captain.“, sagte McGee erklärend und der Captain runzelte nun seinerseits die Stirn. War der Gesichtsausdruck des Special Agents allerdings nachdenklich gewesen, konnte man bei Cal bloßes Unverständnis erkennen.

„Slash-Fanfics?“, fragte er und Agatha rollte mit den Augen: „Hey, Du hast gerade von Kira und Jadzia gesprochen. DAS ist Slash.“

Der Kommandant der Dragonfly warf einen Blick zu McGee, dann zu Agatha und zuckte mit den Schultern: „Wir sind doch aber keine Frauen.“

„Das geht auch mit Männern.“, erläuterte eine um die Ecke kommende Ziva und schaute zwischen ihm und McGee hin und her – ein wissendes Lächeln auf den Lippen.

Der Special Agent schaute seine Kollegin an: „Und woher weißt Du das?“

„Ich lese auch im Internet, McGee. Manche Sachen sind wirklich schräg.“, sagte die hübsche Frau mit einem amüsierten Funkeln in den Augen, als die Stimme von Gibbs durch den Bullpen schallte: „Schräg ist eigentlich eher, dass McGee plötzlich abgehauen ist, ohne uns zu sagen, wo er hinwollte.“
 

Der Angesprochene merkte, wie das Blut in sein Gesicht schoss. Erüberlegte kurz und nickte dann: „Tschuldige, Boss, wir haben uns gerade ein wenig verzettelt.“

Damit wandte er sich an Agatha. Sie schien immer noch die Vernünftigere der beiden Offiziere zu sein, und eventuell konnte sie ihm ja tatsächlich helfen.

„Ich wollte nur wissen, in wiefern die Geschichte der Sternenflotte, mit all ihrer Technologie, ein Abbild eurer Realität ist.“, sagte er und Agatha atmete tief durch: „Nun… also… nach dem was ich so bei diesem Wiki-Dingsda gelesen habe, ist das alles eigentlich recht akkurat. Wir haben Phaser, Photonentorpedos, Quantentorpedos, wir können Knochen heilen, ohne, dass wir sie schienen müssen, Schnitte sind auch kein Problem und…“

„Und wie sieht es mit Beamen aus?“, fragte McGee und diesesmal schaltete Cal sich ein: „Klar gibt’s den Transporter. Wieso fragen Sie, Special Agent McGee?“

Kurz schaute der Romancier den Captain an, lächelte dann und schaute zu Gibbs: „Ich glaube, ich habe rausgefunden, wie Ari in unsere Zeit gebracht wurde. Man hat ihn einfach rausgebeamt.“
 

Die Labortechnikerin Abigail Sciuto quietschte beinahe vor Vergnügen. Soviele Leute hatten sich ja noch nie für ihr Labor interessiert. Da war natürlich das komplette Team um Gibbs, der Director und diese beiden schrägen Vögel, die sich mehr oder weniger alle in das Labor gequetscht hatten. Erneut hatte Tim vor ihnen die Erklärposition angenommen. Auha, das konnte was werden.

Während McGee Luft holte, um erzählen zu können, was ihm durch den Kopf ging, betrachtete Abby den jungen Mann, der zu der hübschen Rothaarigen gehörte. Allein schon der Fakt, dass eine wirkliche Rothaarige mitgekommen war, faszinierte sie, denn sie konnte erkennen, dass diese Färbung Natur war. Früher waren solche Frauen auf dem Scheiterhaufen gelandet, weil man sie für Hexen hielt und heute wurden sie wieder verfolgt. Wenn auch nur von Leroy Jethro Gibbs – und „verfolgen“ war da auch ein falsch gewählter Ausdruck. McGee erklärte in diesem Moment in unglaublich vielen, unglaublich gebildet-klingenden Worten den Sachverhalt, den sie sowieso alle kannten, was ihm mindestens ein mal ein „Zur Sache, Elfenkönig“ von Gibbs eintrug.

Sie musste lächeln. McGee war mal wieder in seinem Element und eigentlich machte es ihr gar nicht wenig Spaß ihm zuzuhören, wenn er sich nicht immer wieder wiederholen würde. Aber ein Teil von ihr konnte nicht anders, als bewundert zu ihm zu blicken. Es war einfach nur interessant, zu hören, was er wieder wusste – wenngleich die meisten Fakten, wie schon ausgeführt alte Hüte waren.
 

Und gerade, als es spannend wurde, hörte Abby einen Schrei und ein lautes Zischen.

Ihr Blick wandte sich vom „Elfenkönig“ ab, wobei sie sehen konnte, dass auch er erschrocken war und in einer anmutigen Bewegung hatten die kompletten Anwesenden NCIS-Agenten ihre Waffen gezogen und sie auf die Geräuschquelle gerichtet. Das laute „BUNDESAGENTEN“ war ein perfekter Chor und es machte Abby stolz, zu sehen, wie dieses Team funktionierte. Wie eine einzige, gut geölte Maschine.

„Hey, ruhig Blut, ich bins nur.“, sagte das leise, verschüchtert klingende Stimmchen des Mannes, den sie als Cal kennengelernt hatte und der eine merkwürdige Waffe auf ihren „Alien-Dummy“ gerichtet hatte.

Dann blickte er offenbar in die Augen der Rothaarigen, denn diese schüttelte nur lächelnd den Kopf, als er sagte: „Ich hab mich nur erschrocken, als ich … dieses Ding sah.“

„Das ist kein Ding, das ist H’lk von M’lm’c, er ist ein Grauer und… das ist ja mal ne coole Waffe. Darf ich sie mal sehen?“

Und schneller, als Cal eine Einverständniserklärung hätte abgeben können, hatte Abby ihm die Waffe abgenommen und betrachtete sie interessiert.

„Das… das ist eigenltich…“, setzte Cal an und schluckte, als die hübsche Laborgoth den Phaser so hielt, dass die Mündung auf ihn deutete. Nun muss man dazu wissen, dass Cal zwar bevorzugterweise einen der Phaser verwandte, die Kirk und Co benutzten – sprich den, der noch aussah wie eine Pistole – allerdings nahm er doch meistens, gezwungener Maßen, das Standardmodell mit, das eben nicht wirklich nach Waffe aussah. Und wenn Abby nicht mitbekommen hätte, dass er ihren Alien abgeschossen hatte, wär ihr auch nicht bewusst geworden, was der Sternenflottenoffizier da in der Hand hielt.

So aber betrachtete sie es und hielt die Waffe unwissentlich so, dass sie, wenn sie losgehen würde, den Captain träfe.

Man konnte dem Gesichtsausdruck Cals den Gedanken „Hoffentlich hab ich das Ding auf Stufe 1 gelassen“ deutlich ablesen.

„Abs.“, machte Gibbs und die hübsche Frau seufzte: „Natürlich, kein Problem.“

Damit gab sie dem Offizier das Gerät wieder, was dieser erleichtert seufzend an sich nahm und in den Halfter steckte.

Dann schaute er sie an und als sie seinen Blick mißtrauisch erwiderte und offenbar kurz zu einem der Skalpelle blickte, sagte der Captain rasch und mit einer Stimme, die beinahe eine Spur zu hoch war: „Sie brauchen mich nicht zu schneiden, ich bin immer noch kein Formwandler.“

„Captain.“, sagte Gibbs nur und schaute ihn durchdringend an. „Tschuldigung, Boss.“, machte der Angesprochene, beinahe schon reflexhaft und merkte erst dann, was er gerade getan hatte.

„Junge, das ist ein wenig merkwürdig.“, stellte er fest. Abby grinste, legte ihm einen Arm um die Schulter und sagte: „Das ist noch gar nichts. Warte mal ab, bis Gibbsman wirklich wütend wird.“

Damit zwinkerte sie ihm zu und lächelte: „Das willst Du gar nicht mitbekommen.“

Anschließend ließ sie den Captain wieder los, der eine Spur schneller als Notwendig zu Agatha ging und mit ihr einen besorgt-verwirrten Blick austauschte.

Die hübsche Rothaarige lächelte nur wissend und schaute dann zu McGee.

Dieser nickte und fuhr fort.

„Also – meine Überlegung sieht wie folgt aus. Vielleicht hat jemand in der Vergangenheit Ari, bevor er dein Haus betreten hat, Boss, weggebeamt und wird ihn dann, wenn er seine Arbeit erledigt hat, wieder zurückschicken, damit er von Ziva erschossen werden kann.“
 

Kurz legte sich nachdenkliches Schweigen über den Raum, ehe sich Cal räusperte: „Und… worauf begründet sich Ihre Theorie?“

„Nun, wir sind noch hier, die Zeit auch noch und der Boss auch noch. Also wird die Zeit wohl so gelaufen sein, wie sie verlaufen sollte – mit eben einem kleinen Ausflug für Ari in das Jahr 2011.“

„Aber könnte es nicht auch sein, dass einfach so jemand den Modus Operandi eures Terroristen immitiert?“, meldete Agatha Bedenken an und McGee zuckte mit den Schultern: „Das könnte natürlich auch sein, aber wir dürfen nicht vergessen, dass euer Verbrecher uns den Tipp gegeben hat.“

Cal machte eine abfällige Handbewegung: „Also ob man sich auf diese Flachulme verlassen könne. Der Typ hat eine komplette Konferenz gesprengt – wortwörtlich. Gut… ich sags mal so, der Knallkopp ist jetzt kein Fantomas, der pestverseuchte Ratten auf einem Luxusliner loslassen würde, aber… wenn der euch Hinweise gibt, ist doch eigentlich Vorsicht geboten, oder?“

„Prinzipiell würde ich Ihnen zustimmen, Captain Cat“, meldete sich nun Vance zu Wort und schaute den Offizier an, „Allerdings habe ich in Zusammenarbeit mit McGee eines gelernt – er irrt sich so gut wie selten. Das heißt – wenn er meint, dass es so sein könnte, dann wird es aller Wahrscheinlichkeit auch so sein. Und hatten Sie nicht die Vermutung in den Raum gestellt, dass diese Konvergenz deshalb auftritt, weil einerseits Sie Mist gebaut hatten und noch ein anderer Faktor in Frage kommt?“

Der Captain zuckte mit den Schultern: „Selbst wenn Ari hinter der Sache stecken würde, wie können wir ihn fangen?“

„Wir geben ihm das, was er will.“, erklang die ruhige, gefasste Stimme von Gibbs und seine eisblauen Augen trafen sich mit den braunen des Captains, der den Chefermittler fragend anblickte: „Und was wäre das?“

Gibbs Antwort war so simpel, wie erschütternd: „Mich.“
 

Das Schlimmste daran, wenn man mit diesem komischen Strahl betäubt wurde, war, dass die Kopfschmerzen danach mindestens mit dem eines Katers einer durchzechten Nacht konkurrieren konnten. Man war Licht- und Geräuschempfindlich, empfand Übelkeit und hatte auch noch so etwas wie einen kurzen Gedächtnisverlust. Dann allerdings kam die komplette Episode wieder und Ari Haswari erinnerte sich daran, wie er auf dem Dach gelegen und die Frau erschossen hatte, die ihn an Angelina Jolie erinnerte. Und dann hatte man ihn wieder betäubt.
 

Es war eine Art Ritual, dass er in einem leerstehenden Haus zu sich kam und anschließend durch die Straßen Washingtons wankte. Nicht unbedingt ein schönes Ritual, aber immerhin hatte man ihn nicht getötet, selbst, wenn er das nicht verstand. Er war doch ein Zeuge, ein Mitwisser und er selbst hätte ein solches Risiko damals auf jeden Fall eliminiert. Aber offenbar waren seine Auftraggeber einerseits schlau genug, ihn nie so ganz genau wissen zu lassen, wer ihm da Befehle erteilte, zum anderen dumm genug, ihn überhaupt am Leben zu lassen. Vielleicht gab es nicht genügend gute Scharfschützen, die man verwenden konnte.
 

Ari Haswari lehnte an der Hauswand, fuhr sich ein paar Mal über das Gesicht, um klar im Kopf zu werden, ehe er seiner Umgebung einen genauen Blick schenkte. Dieses mal hatte man ihn anscheinend in ein leerstehendes Bürogebäude verfrachtet, denn als er nach draußen torkelte, sah er den Parkplatz vor sich, auf dem zwei Autos standen. Das eine Vehikel konnte er nicht so ganz zuordnen, dafür erkannte er im anderen ein Polizeiauto. Allerdings bezweifelte er, dass man ihn hier zu sich kommen lassen würde, wenn es gefährlich wäre. Vermutlich hatte man sich des Insassen des Autos schon schnell und unkompliziert entledigt?
 

Er streckte sich und bemerkte eine weitere Nebenwirkung der Betäubung. Die Knochen schmerzten fürchterlich. Es fühlte sich ein wenig an, als würde er die Anfangsphase einer Erkältung erleben und fragte sich, ob das wirklich so hundertprozentig mit der Betäubung zu tun hatte. Wenn man den kühlen Septembertag in einem nicht-geheizten Raum verbrachte, konnte es doch durchaus sein, dass man sich eine Erkältung zuzog.
 

Kurz schaute er sich wieder um. Washington im Jahr 2011. Das war – wenn seine Auftraggeber ihn nicht angelogen hatten – sein momentaner Aufenthaltsort und das Datum.

Vorausgesetzt, seine Auftraggeber hatten ihn nicht angelogen, worin er allerdings keinen wirklichen Sinn sah. Im Gegenteil, es sprachen diverse Fakten für die Theorie, dass er knappe 5 Jahre in die Zukunft katapultiert worden war. Plötzlich waren komplette Staaten nicht mehr solvent. Allein die Vorstellung, dass es soetwas wie eine „Kapitalismusblase“ gab, die irgendwann platzen würde, war noch vor fünf Jahren nicht wirklich vorstellbar. Griechenland war früher noch ein solventer Staat und der Präsident der USA war auch noch jemand anders. Es war faszinierend, zu sehen, was sich in knapp 5 Jahren so alles tat.
 

Sein Handy meldete sich und der Attentäter ließ es aufschnappen.

Eine SMS blinkte ihn an. Kurz überflog er die Zeilen, ehe er die Augen aufriss.

Nein – das war doch nicht möglich.

Ein leises, böses Lächeln stahl sich auf die Lippen des Mannes und er ging zum Auto, das man ihm dort wohl stehen gelassen hatte. Erneut meldete sich sein Handy und als er las, was dort stand, lächelte er noch mehr. Er durfte sein Gegenüber nicht mit einem Schuss aus seinem Scharfschützengewehr eliminieren, sondern sollte ihm unter die Augen treten.

Das war natürlich ein reizender Gedanke – sollte das Opfer doch sehen, wer ihn umbrachte. Wem sollte er es erzählen? Schnell fuhr er los, um Leroy Jethro Gibbs zu ermorden.
 

Wenn die Fahrweise etwas über den eigentlichen Charakter einer Person aussagte, dann war Ari eigentlich ein sehr ruhiger, planvoll-vorgehender Zeitgenosse. Er fuhr vorausschauend und defensiv, ließ sich nicht in irgendwelche Geschwindigkeitswettkämpfe ein und versuchte, die Fahrmanöver derjenigen, die sich mit ihm zusammen auf einer Straße befanden, vorherzusehen und entsprechend zu reagieren. Es gab Momente, in denen es ihm gelang – beispielsweise wenn er vor sich einen babyblauen Prius sah, der schlich und trödelte, konnte er ungefähr eruieren, wie lange sich ein möglicher Stau an dieser Stelle hielte. Eigentlich war sowas immer ganz interessant zu beobachten und Ari mochte diese Zeit, die er sich in einem Stau nehmen konnte, um seine Mitmenschen zu analysieren. Die hübsche Blonde, die den grau-metallic farbenen Wagen neben ihm fuhr schaute beispielsweise konzentriert auf ihr Navigationsgerät und dann zwischendurch auf die Fahrbahn. So lag der Verdacht nah, dass sie von ausserhalb kam und zum ersten Mal in D.C. weilte. Ein Blick auf das Nummernschild bestätigte den Israeli in seinem Glauben, denn das Kennzeichen stammte aus Nevada. Zwar war die Beantwortung der Frage, was diese Frau nun in D.C: tat nicht unspannend – und wenn er Zeit gehabt hätte, würde er ihr auch sicher nachgehen - aber ein Blick nach vorne verriet ihm, das seine Ausfahrt nahte und so verließ er den Highway, ohne mehr über die hübsche Frau zu erfahren.
 

Als er die Schranke zum Navy Yard vor sich sah, überlegte er, dass sein Plan nicht unbedingt durch Ausgereiftheit glänzte, allerdings verflüchtigte der Gedanke sich schnell wieder, dann als er vor der Schranke stand, wurde diese geöffnet, ein leicht überfordernd wirkender junger Offizier kam auf ihn zu, quasselte irgendwas und winkte ihn dann durch. Gerade, als der Israeli das Fahrzeug zum stehen brachte, bemerkte er kurzzeitig ein alles umfassendes, gleißendes Licht ehe er feststellte, dass dies lediglich die Sonne war, die durch die Windschutzscheibe fiel. Dem konnte er leicht abhilfe schaffen. Er setzte eine Sonnenbrille auf, verließ den Wagen und ging los.

Planvolles Handeln war gefragt und er überlegte sich, ob er auf einen von Gibbs Untergebenen warten sollte, ihn schnappen und dann, wenn der Mann das Gebäude verließ einfach, schnell und unkompliziert einen tödlichen Schuss abfeuern?

Nein, das war erstens zu einfach und zweitens verdammt unlogisch.

Ohne die Informationen, wo sich Gibbs befand, tat sich da gar nix. Und in diesem Moment klingelte sein Handy.
 

Der Anacostia Riverwalk Trail war eine Art Promenade, die sich entlang „D.C.s vergessenen Flusses“ erstreckte. Es war schon fast zu einfach und für Ari eine Enttäuschung, zu sehen wie Gibbs und dieser andere Typ, den er erledigen sollte, in der Öffentlichkeit standen, auf die Fluten des Flusses blickten und ihrer Umgebung keine Bedeutung beimaßen. So, als interessierte sie das alles nicht, standen sie da und unterhielten sich über irgendwas, was Ari aufgrund der Entfernung nicht verstand. Allerdings vermutete der Israeli, dass es Belanglosigkeiten waren – irgendwelche Small Talk Themen, wie Wetter, Gesundheit, Politik.

Die Walther PPK, die er bei sich trug, verbarg er erst einmal und näherte sich den beiden Zielobjekten. Sie waren noch knappe 50 Meter entfernt und bemerkten seine Anwesenheit immer noch nicht. Es war faszinierend, wie wenig man von seiner Umgebung mitbekommen konnte, wenn man sich auf etwas anderes konzentrierte, aber – so funktionierte das Unterbewusstsein. Betriebswirtschaftler und Psychologen sprechen dabei vom 16-Bit-Bewusstsein. Hierbei handelt es sich nicht um den Zustand, den das Bewusstsein nach 16 Bit hat, sondern, dass das Bewusstsein von allen nur einen Bruchteil wahrnimmt.
 

Beim weitaus mehr wahrnehmenden Unterbewusstsein spricht man vom sogenannten „Autopilot“, der sämtliche Reize wahrnimmt und auch abspeichert, aber nur die für das Bewusstsein relevante Daten an selbiges weiterleitet. Gibbs und der Typ schienen von dem Blick auf den Fluss und den Park so eingenommen zu sein, dass sie gar nicht mitbekamen, dass sich ihr Mörder näherte.

Er war noch 30 Meter entfernt, hörte nun die beinahe schon melancholische Stimme Gibbs sagen „… er war mein Freund – und ich habe ihn nicht retten können“, hob seine Schusswaffe, zielte auf den Rücken des Mannes und drückte ab.

Der Schuss gellte auf, Gibbs wurde zuerst nach vorne geschleudert und sackte dann in die Knie. Der Typ war neben ihm, schaute wie gelähmt an und jetzt, da sich Ari schneller bewegte, war er auch binnen Sekunden an seinem Ziel.

„Gibbs, sagen Sie doch was.“, schrie der Typ, mit Panik in der Stimme und wandte sich dann zu dem am Boden liegenden. Man konnte deutlich sehen, wie ihn das mitnahm, wie sein Atem schneller ging, wie er versuchte, eine Möglichkeit zu finden.

„Rennen Sie, Cat.“, keuchte der Ältere und Cal wollte sich gerade aufrichten, als er hinter sich die Schritte Aris hörte, die gerade verebbten. Auf dem Absatz drehte er sich um und keuchte entsetzt auf.

„Bye bye, time to die.“, sagte der Israeli, nahm jetzt ihn ins Visier.

Der Mann, den Gibbs „Cat“ genannt hatte, hob beide Hände und versuchte, rückwärts gehend zu entkommen, ehe er an das Geländer stieß.

Kurz schloss er die Augen, schüttelte den Kopf, ehe er zu Ari blickte, die Hände erneut hob und die Augenbrauen ebenfalls, während er „Hey“ sagte. Dann ließ er die rechte Hand sinken, deutete mit der linken auf seinen Mörder-in-spe und sagte: „Sie werden sich doch wohl nicht die Gelegenheit versauen wollen, etwas über Ihre Zukunft zu erfahren?“

„Zukunft?“, fragte Ari und der „Cat“ genannte lächelte eine Spur verschwörerisch: „Ja, die Zukunft. Ich kann Ihnen sagen, wie Ihr weiteres Leben aussehen wird.“

„Das weiß ich schon.“, meinte der Israeli, „Ich werde vermutlich angeklagt, weil ich einen Bundesbeamten ins Jenseits befördert habe.“

„Cat“ schüttelte hektisch den Kopf und begann, schneller zu sprechen. Die auf ihn gerichtete Waffe machte ihm offenbar wirklich Angst.

„Hö… Hören Sie, ich… ich kann Ihnen helfen. Ja – ich… ich komm aus der Zukunft und kann sie … hier rausholen. In Nullkommanichts. Wenn Sie uns gehen lassen.“

„Cat“, knurrte der angeschossene Grauhaarige, „Sie elender Verräter.“

„Hören Sie nicht auf Gibbs.“, sagte der Mann und schaute Ari in die Augen, „Hören Sie auf mich. Es … es ist eine ganz einfache Sache. Ich muss nur…“

Er hob seine linke Hand, versuchte offenbar etwas aus einem Halfter zu ziehen – aber Ari war schneller.

Der Schuss heulte auf und der Mann schrie. Aus seiner Schulter sickerte Blut und die Waffe, die Cat hatte ziehen wollen, fiel nutzlos zu Boden.

Gehetzt blickte der Getroffene sich um.

„Verdammt“, konnte man ihn murmeln hören, „Wo bleiben…“

Weiter kam er nicht, denn ein weiterer Treffer, dieses mal in die Hüfte, ließ ihn schmerzerfüllt aufschreien.

„Ich bin rein zufälligerweise auf Jethros Seite, Mister Cat.“, sagte Ari in einem charmenten Plauderton, ehe er die Brust des Mannes ins Visier nahm, „Und wissen Sie was? Mich interessiert meine Zukunft nicht. Ich kann sie neu schreiben.“

Damit schaute er den Mann an, den Gibbs Cat genannt hatte, und ergötzte sich an dem Ausdruck der Panik in den Augen des Mannes – „Nein, tun Sie das bitte nicht!“, flehte Cat - , ehe er ihn erlöste.

„Das ist nicht f…“, brachte der Typ noch hervor, ehe er getroffen zusammenzuckte.

Die Kugel traf die Brust, ließ Blut spritzen und den Mann rückwärts gegen das Gitter taumeln, ehe er daran mit leeren, blicklosen Augen herunterrutschte.

Dann wandte sich Ari Gibbs zu, zuckte mit den Schultern und zielte auf ihn: „Tja, Jethro – es scheint so, als habe ich meine Aufgabe erledigt. Man sieht sich, irgendwann mal.“

Er drehte sich um und überließ Gibbs kurz dem Anschein, als würde er tatsächlich gehen und ihn hier liegen lassen. Keine zwei Meter später drehte er sich um, kam wieder zurück und richtete seine Waffe auf den Kopf des Älteren.

„Tut mir leid, ich…“, er atmete theatralisch durch, „… ich kann dich einfach nicht am Leben lassen, Jethro. Ich meine – ich kenn dich. Du jagst mich und das kann ich nicht zulassen. Nicht jetzt, wo ich die tatsächliche Chance habe, aus der Sache rauszukommen.“

Er stockte, als er hinter sich Schritte hörte, die schnell näher kamen und schaute über die Schulter, die Waffe immer noch auf den am Boden liegenden Gibbs gerichtet.

„Keinen Schritt näher, DiNozzo, oder Ihr Boss war einmal.“, sagte er langsam, deutlich verständlich und mit einer Spur Schärfe in der Stimme.

Der angesprochene Halbitaliener nickte, blieb stehen und schaute mit einem Ausdruck der absoluten Hilflosigkeit zu Gibbs herüber. Was er dort sah, schien ihm nicht zu gefallen, denn, obwohl der Israeli gedroht hatte, seinen Boss zu erschießen, schien es DiNozzo zu bevorzugen, den großen Helden zu spielen. Seine eigene Schuld.

Ohne auch nur den Hauch von Anstrengung oder Mühe im Gesicht – ohne überhaupt hinzusehen, was er tat – richtete er die Waffe auf den Agenten und drückte ab. Dieser krachte getroffen gegen eine Wand, rutschte an ihr herunter und verunstaltete sie mit Blutspuren. Lächelnd schaute Ari zu dem wie festgewachsenen stehenden McGee, der einfach nur auf den leblosen Körper seines Teamkameraden blickte und nicht einmal die Zeit hatte, zu reagieren, ehe er getroffen zu Boden ging.

Verzückt lachte der Israeli auf: „Ahhh, wie sie sich doch alle für ihren Boss opfern.“

Dann schaute er wieder zu Gibbs, dessen Blick inzwischen leicht glasig geworden war, aber immer noch genug Schärfe zeigte, die Ari wissen ließ, dass sein Gegenüber noch nicht tot war.

„Wo ist Ziva?“, erkundigte er sich mit höflichem Desinteresse und zuckte zusammen, als ihn plötzlich ein leises Platschen irritierte, das aus dem künstlichen Wasserfall kam und ihn dann etwas mit erhöhter Geschwindigkeit traf. Er wurde gegen das Geländer geworfen, krachte dagegen und keuchte einmal kurz auf, ehe er sich umdrehte.

Den drahtigen Körper in Kampfhaltung gespannt und mit einem unmenschlich-wütenden Funkeln in den Augen stand Ziva David vor ihm, wirbelte um die eigene Achse und trat ihm die Waffe aus der Hand.

„Hm!“, machte der Terrorist, lächelte und begab sich in eine Angriffshaltung: „Ich könnte jetzt fair sein, und dir eine Möglichkeit bieten, dich zu Verteidigen. Oder ich mach einfach das hier.“

Damit warf er sich zur Seite, griff die Waffe, zielte – nicht auf Ziva, sondern auf den künstlichen Wasserfall, aus dem sich Ziva auf ihn geworfen hatte. Er feuerte einen Schuss dorthin und hörte das überrascht-schmerzhafte Aufstöhnen einer Frau, die aus der Deckung taumelte, und dann, mit einem blutenden Loch in der Brust, vornüber in das Wasser des Anacostia-Rivers fiel. Die feuerroten Haare fächerten sich auf und wirkte, wie eine exotische Wasserpflanze.

Ari hatte keine Zeit, sich an der Schönheit dieses Bildes zu erfreuen, in diesem Moment traf ihn der Stiefel Zivas und er hörte das Geräusch brechender Knochen. Die Frau hatte ihm den Kiefer zertrümmert.

„Okay“, dachte er sich, „Schluss mit lustig.“

Er brachte seine Waffe nach vorne und drückte ab. Ein Mal, zwei Mal.

Ziva wurde getroffen – Bauch, Brust – egal, sie taumelte zurück und wankte nach vorne, ihn wütend im Blick haltend. So war es eigentlich immer mit ihr gewesen – sie wollte ihm beweisen, was sie konnte.

In einem Faustkampf waren sich beide Halbgeschwister ebenbürtig, dessen war sich Ari bewusst. Deswegen hatte er eine Pistole.

Wieder gellten zwei Schüsse auf, dieses mal in beide Beine, die plötzlich nicht mehr in der Lage schienen, das Gewicht Zivas zu halten. Sie brach in die Knie, schaute mit unversöhnlichem Hass zu ihm auf, der plötzlich über ihr stand und ihr die Waffe gegen die Stirn drückte. Kurz überprüfte er, wieviele Kugeln er noch hatte, ehe er sich an sie wandte und so, als ob er über das Wetter plaudere, höflich nachfragte: „Noch irgendwelche letzten Worte?“
 

Nachdem er nachgeladen hatte, richtete er seine Waffe auf den Kopf des Älteren, ehe er lächelte. Nein, er würde Gibbs nicht in den Kopf schießen. Das wäre viel zu einfach. Er hatte Kate diese Gnade zukommen lassen, er hatte Ziva diese Gnade zukommen lassen, auch wenn letztere sie nicht verdient hatte, doch nicht Gibbs. Nicht diesem Mann, der ein genauso eiskalter Bastard war, wie sein eigener Vater. Stattdessen nahm er die Brust des Grauhaarigen aufs Korn. Ein Treffer dort – an der richtigen Stelle – und Gibbs würde leiden. Er lächelte: „Grüße an Caitlyn, wenn Du sie siehst. Was ich aber bezweifele. Sie dürfte im Himmel sein – wir sehen uns in der Hölle wieder“
 

Der Schuss hallte laut über die Ebene und wie in einem schlechten Anime-Klischee wirbelte ein plötzlich aufziehender Wind Blätter auf, die vor Ari herumtanzten und schreckten einige schnatternde Enten hoch, die davonflogen.

Dann wurde es laut in Aris Gehörgängen – er wusste, dass man ihn wieder betäubte aber… es war egal. Das Ziel war erfüllt worden, Leroy Jethro Gibbs war… tot? Da stimmte was nicht. Seine Beine gaben schon nach und er bemerkte, wie die Starrheit aus Gibbs Blick wich, ja sogar eine gewissse Neugierde in seinen Augen zu sehen war.

In dem Moment, indem der Israeli zu Boden ging, bemerkte er, dass sich plötzlich das gesamte Areal veränderte, Dunkel wurde. „Das muss eine Einbildung sein.“, schoss es ihm durch den Kopf, ehe die Dunkelheit sich seiner Sinne bemächtigte. Und je dichter die Dunkelheit um seine Sinne wurde, umso verwirrender wurde das, was er sah. Der Typ, den er erschossen hatte, flackerte und löste sich auf, ebenso wie es der tote Gibbs oder die tote Ziva taten. Das Letzte, was er bemerkte, war, wie eine Person mit einem wehenden Mantel – einem Engel gleich – auf ihn zukam, den Kopf schüttelte und mit italienischem Dialekt murmelte: „Wir müssen definitiv einmal über die Sicherheitsprotokolle reden.“ Dann umfing die Dunkelheit ihn komplett.
 

Die Nase tat weh, als sie den Kopf aufrichtete. Sie hatte sich, ohne Rücksicht darauf, das es schmerzen würde, nach vorne fallen lassen müssen, und ihre Nase dankte es ihr absolut nicht. Klar war es schmerzhaft, aber besser als das, was ihrem Avatar in der anderen Simulation wiederfahren war – zumal die Nase mit einem Hautregnerator sicherlich sehr gut heilen würde. Agatha Silverbird rappelte sich hoch und schaute sich um.

Das Holodeck der USS Dragonfly NCC 0815-A war ein schwarzer Raum in den Maßen 6 Mal 8 Metern, in dem, in regelmäßigen Abständen, kleine gelbe Linien den Boden in kleine rechteckige Flächen unterteilten. Diese Gerätschaft war immer wieder ein Quell der Freizeitgestaltung, so konnte man sich auf die Malediven begeben und dort schnorcheln, ohne dass man das Schiff verlassen muste, oder sich beispielsweise der unheimlichen Romantik eines Gothic Novels hingeben. Agatha wusste, dass Kathryn Janeway gerade Letzteres gerne tat, während sie die erstere Variante bevorzugte – das heißt, wenn sie nicht mit ihrem Captain Kriminalfälle als Ran Mori und Shinichi Kudo löste.

À prospos Cal: Dieser lehnte, mit offenen Augen und starrem Blick an der Wand. Sie schüttelte amüsiert den Kopf – der Captain musste mit seinen schauspielerischen Nicht-Fähigkeiten immer wieder angeben. Das Drehbuch, dass sie mit Vance erstellt hatten, sah eigentlich vor, dass Cal sich auf Ari werfen und dann von ihm einfach erschossen werden würde. Aber nein, Der Captain brauchte seinen Verräter-Moment, seinen großen Monolog, der ihn zu einem zwielichtigen Charakter machen würde – wenn die Mitspieler eben jenen Captain nicht schon als größtenteils inkompetenten Volltrottel kennengelernt hätten.
 

Man musste allerdings dem Angreifer – Ari – einiges zugute Halten.

Dass er die Position von ihr, Agatha, erraten würde, hätten die beiden Sternenflottenoffiziere nicht geglaubt und auch, wenn Gibbs sie mehrfach darauf hingewiesen hatte, den Mann nicht zu unterschätzen, war es etwas, was sich zumindest Cal nicht vorstellen konnte. Aber – er hatte sie überrascht.
 

Agatha ging vor dem starr-dreinblickenden Captain in die Hocke, rollte mit den Augen und sagte: „Steh endlich auf.“

„Kann nicht, ich bin tot.“, sagte er mit schlaffem Kiefer und immer noch starren Augen, was Agatha zum Lächeln brachte. „Dann wirst du das auch nicht fühlen.“, sagte sie und verpasste ihm eine Kopfnuss.

„AU!“, machte der Captain, fuhr hoch. Seine XO schaute ihn amüsiert lächelnd an: „Ich denke, Du bist tot?“

„Du doch auch.“, sagte ihr Freund, zog sie zu sich heran und schaute ihr in die Augen: „Ich hab noch nie eine sexiere Leiche gesehen.“

„Mein Gott, das Geturtel ist ja peinlich. Wie alt seid ihr? 14?“, fragte eine sich aufrichtende Ziva und schaute zu den beiden Sternenflottenoffizieren: „Ich meine, wenn Ihr allein sein wollt, geht doch in euer Quartier.“

Damit ging sie zu Tony, schaute ihn an und ging ebenfalls vor ihm in die Hocke. Der Agent hatte die Augen geschlossen und Ziva lächelte. Sanft fuhr sie mit dem Zeigefinger über seine Schläfe, die Halsschlagader entlang, bis zum Hemdkragen. Der Puls war stark und wurde stärker, je länger ihre Hand dort verweilte.

Sie konnte sehen, wie seine Lippen ein Lächeln formten, dann schaute er sie aus diesen grasgrünen Augen an und stand auf.

„Hey, ich glaube, ich bin tot und werde gerade von einer Valkyre abgeholt, hm?“

Sie schüttelte lächelnd den Kopf: „Der war gut, DiNozzo.“

„Ich weiß.“, machte er und nahm sie dann in den Arm: „Ich finde, die Beiden da drüben haben eine gute Herangehensweise. Würde ich auch gerne mit dir machen, aber – nur eine Frage. Warum hast Du nicht versucht, mich zu beschützen, als Ari mich erschoss?“

Ziva zuckte mit den Schultern: „Vielleicht, weil es nicht echt war. Ich meine – wir haben zu keinem Zeitpunkt ernsthaft in Gefahr geschwebt.“

Tony wollte gerade Luft holen, um sie zu korrigieren, denn nach seiner Auffassung musste man korrekter weise „Wir sind zu keiner Zeit ernsthaft in Gefahr geschwebt“ sagen, aber er wusste es nicht. Es wäre sowieso besser gewesen, zu sagen „Wir waren zu keinem Zeitpunkt ernsthaft in Gefahr.“

Er schaute Ziva an und musste gegen seinen Willen lächeln. Es war schon faszinierend – sie konnte Menschen mit einer Büroklammer umbringen, war in der Lage, jemanden auf 15 verschiedene Arten und Weisen auszuschalten, konnte ihn mit einem ihrer Blicke aus der Fassung bringen – aber sie scheiterte an etwas so simplem wie amerikanischen Idiomen. Das war schon extrem merkwürdig.

Und á prospos „Blick“ – just in dem Moment, in dem er diesen Gedankengang vervollständigt hatte, schaute sie ihn mit diesem Blick an, den er das letzte Mal vor ein paar Stunden gesehen hatte – das hatte dazu geführt, dass sie einer Aktivität nachgegangen waren, bei der man traditionell auf Kleidung verzichtete. Oh ja – sie war schon eine süße Assassine.
 

„Boss?“, riss ihn die Stimme McGees aus den Gedanken und er verfluchte ihn dafür. Doch als er bemerkte, weswegen die McGoogle geschrieen hatte, wurde ihm heiß und kalt. Leroy Jethro Gibbs lehnte an der Wand, mit einem leeren Blick und …

„So tot, wie ein toter Mann nur tot sein kann.“, murmelte Captain Cat und Tony hasste auch ihn dafür.

Nein, das konnte nicht sein. Warum? Warum hier? Warum jetzt? Sie hatten doch noch soviel zu tun.

Vorsichtig ging er auf den Leichnam seines väterlichen Freundes zu, beugte sich vor, um nach seinem Puls zu tasten und …

Fand seine Hand in einem schraubstockähnlichen Griff wieder.

„Hab ich Dir erlaubt, mich anzufassen, DiNozzo?“, erkundigte sich sein Chef höflich und ließ ihn dann wieder los.

Tony erinnerte sich daran, wie er ihn heute schon einmal hereingelegt hatte – heute? Oder war es doch in dieser anderen Zeitlinie, die Commander Silverbird dadurch geschaffen hatte, dass sie eine Temporalgranate gezündet hatte?

„Ha ha ha“, machte der Halbitaliener und er ließ keinen Zweifel daran, dass er es absolut nicht so meinte, wie er es sagte: „Wie witzig, Boss.“

Und dabei war es eigentlich ein guter Plan gewesen.
 

NCIS-Hauptquartier – vor knapp einer Stunde.

Kurz legte sich nachdenkliches Schweigen über den Raum, ehe sich Cal räusperte: „Und… worauf begründet sich Ihre Theorie?“

„Nun, wir sind noch hier, die Zeit auch noch und der Boss auch noch. Also wird die Zeit wohl so gelaufen sein, wie sie verlaufen sollte – mit eben einem kleinen Ausflug für Ari in das Jahr 2011.“

„Aber könnte es nicht auch sein, dass einfach so jemand den Modus Operandi eures Terroristen immitiert?“, meldete Agatha Bedenken an und McGee zuckte mit den Schultern: „Das könnte natürlich auch sein, aber wir dürfen nicht vergessen, dass euer Verbrecher uns den Tipp gegeben hat.“

Cal machte eine abfällige Handbewegung: „Also ob man sich auf diese Flachulme verlassen könne. Der Typ hat eine komplette Konferenz gesprengt – wortwörtlich. Gut… ich sags mal so, der Knallkopp ist jetzt kein Fantomas, der pestverseuchte Ratten auf einem Luxusliner loslassen würde, aber… wenn der euch Hinweise gibt, ist doch eigentlich Vorsicht geboten, oder?“

„Prinzipiell würde ich Ihnen zustimmen, Captain Cat“, meldete sich nun Vance zu Wort und schaute den Offizier an, „Allerdings habe ich in Zusammenarbeit mit McGee eines gelernt – er irrt sich so gut wie selten. Das heißt – wenn er meint, dass es so sein könnte, dann wird es aller Wahrscheinlichkeit auch so sein. Und hatten Sie nicht die Vermutung in den Raum gestellt, dass diese Konvergenz deshalb auftritt, weil einerseits Sie Mist gebaut hatten und noch ein anderer Faktor in Frage kommt?“

Der Captain zuckte mit den Schultern: „Selbst wenn Ari hinter der Sache stecken würde, wie können wir ihn fangen?“

„Wir geben ihm das, was er will.“, erklang die ruhige, gefasste Stimme von Gibbs und seine eisblauen Augen trafen sich mit den braunen des Captains, der den Chefermittler fragend anblickte: „Und was wäre das?“

Gibbs Antwort war so simpel, wie erschütternd: „Mich.“
 

Die Reaktion des Teams war ebenso simpel. Alle sahen ihn mit einem derart erschrockenen Gesichtsausdruck an, als habe er sich angeschlichen und laut Buh gerufen. Oder als habe er sie beim Auspacken der Weihnachtsgeschenke ertappt.

Abby war die Erste, die ihre Sprache wiederfand. Das tat sie sehr deutlich: „Gibbs, das ist nicht witzig und das werde ich nicht zulassen.“

Und um ihre Entschlossenheit zu demonstrieren, trat sie auf ihn zu, nahm seine Hand und hielt sie fest.

McGee und Tony nickten bekräftigend und Ziva ergriff seine andere Hand.

Dann begann sie, diese zu verdrehen, was Gibbs zu einem überraschten Schmerzenslaut hinriss, ehe Ziva mit gespielter Ernsthaftigkeit sagte: „Ich breche Dir die Hand, wenn Du dich von Ari töten lässt.“

Die nächste Reaktion des Chefs ließ sie zuerst Ziva und dann Gibbs verblüfft anblicken. Er lachte. Lauthals.

Und dann sagte er, lachend: „Schon gut, ich ergebe mich.“

Als Ziva ihn losließ, richtete er zuerst sich auf und dann sein Jackett, ehe er in die Runde blickte: „Ich habe auch gar nicht vor, wirklich mich zu opfern.“

„Und wen dann?“

Gibbs blickte zu Cal herüber, der überrascht auf sich deutete: „Erm? Ich soll mich opfern? Das halt ich aber für eine blöde Idee.“

„Beim ersten Mal, als sie hier waren“, sagte der Agent und fixierte den Captain aus eisblauen Augen heraus, „hat Ari auch auf Sie geschossen.“

„Das stimmt.“, sagte McGee und Tony schaute ebenfalls zum Captain: „Haben wir uns ein paar Feinde gemacht, hm?“

Agatha machte einen abfälligen Laut: „Ihr habt ja keine Ahnung. Ich sag mal so – nicht nur ein Paar. Einmal hat er versehentlich eine der heiligen Glasskulpturen einer Zivilisation…“

Der Captain räusperte sich, schaute Agatha an und warf ihr einen finsteren Blick zu. „Danke, Schatz.“, sagte er – ein wenig zickig -, was Agatha mit einem süßen Lächeln und einem Kussmund erwiderte. Cal rollte mit den Augen und schaute dann zu Gibbs: „Ja, er hat auf mich geschossen. Das wird schon seine Gründe haben, aber… welche. Vielleicht sollten wir erstmal rausfinden, wer mich killen will, ehe wir uns Gedanken darüber machen, wie wir den Killer schnappen?“
 

Gibbs schaute ihn an, zuckte dann mit den Schultern und seine ganze Körperhaltung schien zu sagen: „Machen Sie, was Sie wollen.“

Dann wandte er sich an sein Team.

„Ari ist auch hinter mir her.“, sagte er knapp und McGee nickte: „Natürlich. Und es gibt eine Möglichkeit, wie wir ihn fangen können, Boss.“

Erneut wanderten die Blicke des Teams um Gibbs zu Captain Cat, der erneut zurückblickte und dabei zu gleichen Teilen Verwirrung, Genervtheit und Überraschung ausstrahlte.

„Was’n nun schon wieder?“, fragte er und schaute zu Agatha: „Verstehst Du das?“

Kurz überlegte die Rothaarige, dann nickte sie grinsend.

„Japp, und ich glaube, die Idee könnte klappen.“
 

Agatha konnte sehen, wie der Captain erleichtert aufatmete, als er im Shuttlehangar der Dragonfly stand. „Okay, lasst mich unseren Plan nochmal rekapitulieren.“, sagte er und blickte von Agatha zu Ziva, die – beide in schwarze Fliegeruniformen gekleidet – Haltung angenommen hatten. Cal tigerte auf und ab: „Gibbs möchte, dass ihr da gleich runterfliegt, Ari in den Transporterpuffer des Shuttles beamt und ihn dann an die Dragonfly weiterleitet, sehe ich das richtig?“

„Ja, Cal.“, lächelte Agatha, die immer noch stolz und stramm stand. Der Captain drehte sich um, schaute sie an und bemerkte ihre sehr aufrechte Haltung.

„Was wird das, Du stehst doch sonst immer so, wie es dir gefällt?“

Die XO schaute zu Ziva: „Siehst Du, ich sag dir doch, dass man hier nicht Haltung annehmen muss.“

„Es ist einfach ein Zeichen des Respekts.“, sagte die Israelin, „Zumindest haben wir bei solchen Einsätzen beim Mossad immer still gestanden.“

„Ja, aber ihr seid hier nicht beim Mossad.“, meinte der Captain und salutierte ihr dennoch zu, ehe er zu Agatha ging: „Schatz, pass auf dich auf.“

„Mir wird nichts passieren. Ich bin eine gute Pilotin und Ziva hat einen hohen IQ. Sie wird die Shuttlesteuerung sehr schnell lernen, da mach dir keine Sorgen.“

„Ich würde mich allerdings sicherer fühlen, wenn ich mit kommen könnte.“, flüsterte Cal und Agatha rollte mit den Augen: „Calvin Nathan Cat, Du bist nicht der Nabel der Welt. Und du bist kein Gary Stu, der alles kann. Pretty much the contrary, I might add. Und Du weißt auch, dass ich sicher wiederkommen werde.“

Sie lächelte ihm zu, tippte ihm sanft auf die Nasenspitze und ging dann an ihm vorbei.

Der Captain seufzte.
 

Es war keine schwierige Angelegenheit – ganz und gar nicht. Das Shuttle flog hoch genug über der Erde, um von Ortungsmöglichkeiten möglichst für ein Flugzeug gehalten zu werden, gleichzeitig aber auch tief genug, um die Stelle, zu der Ari gelenkt werden sollte, zu erfassen.

Ziva schüttelte den Kopf, als sie sah, wie einfach der Wagen des Terroristen auf den Navy-Yard-Parkplatz fuhr.

„Da müssen wir wohl nochmal mit der Sicherheit reden.“, sagte sie und Agatha schüttele den Kopf: „Vance hat den Wachmann informiert, dass er die Person, die dem Foto, das er ihm gegeben hatte, ähnlich sieht, sofort durchlassen sollte.“

Die hübsche Israelin drehte den Kopf und betrachtete das konzentrierte Profil Agathas: „Und wie wurde er darauf aufmerksam gemacht, wo sich Gibbs befindet?“

„Das ist eigentlich eine ganz einfache Sache.“, leitete Agatha ein und wendete das Raumschiff nun, sodass es wieder auf die Dragonfly zuschoss, „Wir haben beobachtet, wieviele Handys sich in den Zeiten der Anschläge in eurer Nähe befanden – und anschließend haben wir versucht, herauszubekommen wem diese Handys zuzuordnen sind. Danach haben wir noch einen Blick in die Handyspeicher geworfen und – voilá.“

„Das hätten wir auch gekonnt.“, lächelte Ziva und Agatha nickte: „Japp, haben Sie auch. Was meinen Sie, wer die Arbeit gemacht hat. Abby.“

Damit räusperte sie sich und öffnete einen Kommunikationskanal zur Dragonfly: „This is Shuttle Oos , requesting landing clearance.“

Anschließend schaute sie zu Ziva, die sie anblickte: „Da wollte ich Ihre Technik aus der Zukunft mal loben…“

Agatha zwinkerte ihr zu: „Dazu haben Sie noch genug Gelegenheit.“

Sie landeten und Ziva schaute die Commander an: „Was meinen Sie, Commander?“

Die hübsche Frau schenkte ihr ein Lächeln, zuckte mit den Schultern und sagte dann : „Wissen Sie, Agatha reicht völlig.“

In diesem Moment öffnete sich die Heckklappe des Shuttles und eine blonde Frau stand, mit vor der Brust verschränkten Armen in Empfangsbereitschaft. Sie trug eine blaue Uniform, einen Arztkoffer und einen Doktorkittel.

„Soll ich Sie auch noch einscannen?“

Die XO nickte und setzte sich dann in Bewegung. Ziva folgte ihr und die hübsche Blonde schloss, mit wehendem Doktorkittel auf. Sie griff nach einem Ding, einer Gerätschaft, die Ziva zuerst an eine Art Zigarettenschachtel und dann, als es aufgeklappt wurde, an einen Taschenrechner erinnerte.

„Keine Sorge“, lächelte ihr die Blonde zu, „Es ist ein einfacher, nicht-invasiver Scan. Wird nicht wehtun.“

Nach zwei Sekunden steckte die Frau das Ding wieder weg und klopfte auf die Brosche, die – wie Ziva inzwischen wusste – ein Kommunikator, also eine Art Handy, war.

„Intrupper an Cat? Ich habe die letzten Daten für den Transfer. Welches Holodeck soll für euch reserviert sein und welches für unseren anderen Gast?“

„Holodeck 1 nehmen wir.“, erklang Cals körperlose Stimme und die Frau nickte: „Gut, werde es einleiten.“
 

Sie gingen durch ein ziemliches Labyrinth an Korridoren und Gängen, die alle beängstigend gleich aussahen. Agatha musste etwas gemerkt haben und lächelte Ziva beruhigend zu: „Keine Sorge – Ich erklär euch gleich, was los ist.“

Damit stoppten sie vor einem großen Schott. Die hübsche Rothaarige räusperte sich: „Computer – Eintritt.“

Das Schott glitt beiseite und Ziva glaubte, ihren Augen nicht zu trauen.

„Wie können… wie können wir wieder auf der Erde sein?“, fragte die hübsche Israelin und Agatha lächelte ihr zu: „Das ist nicht die Erde. Das ist ein Holodeck und es … ich erkläre es euch gleich.“

Damit betrat sie den Raum und man konnte vom Gländer, das daran hindern sollte, sofort in den Anacostia zu fallen, einen leicht genervten Cal hören. „Ich darf nochmal festhalten, dass ich das alles für eine verdammt blöde Idee halte?“

„Ja.“, sagte Agatha, mit einer gewissen Härte in der Stimme. Der Captain fuhr erschrocken herum und schaute sie dann an: „Wird aber nicht viel bringen, oder?“

Ziva betrachtete den Captain kurz von oben bis unten, tippte dann nachdenklich an die Stirn, wiegte abwägend mit dem Kopf, ehe sie zu Agatha blickte: „Ich weiß nicht, was meinst Du?“

„Naja, ich meine, so rein theoretisch…“

Kurz spiegelte sich Hoffnung in Cals Gesicht wieder, er schien zu denken „Ja, bitte, sagt, dass ich das nicht muss, ich …“

Beide Frauen sagten wie aus einem Mund „Nö“ und Cals Gesichtszüge verrutschten.

Dann trat er auf Agatha zu: „Hör mal, ich möchte nicht erschossen werden.“

„Schatz, Du wirst nicht erschossen. Die Drohne, die hier Aris Platz einnehmen wird, ist mit Betäubungswaffen ausgestattet, die uns für die kurze Zeit von einer halben Minute ausknocken werden. Das reicht, damit wir dort hinfallen können, wo wir es müssen.“

Der Captain seufzte.

„Wer kam nochmal auf diese bekloppte Idee?“

„Das dürfte ich gewesen sein, Cat.“, erklang die Stimme von Gibbs hinter ihm und Cal drehte sich um. Der Chefermittler schenkte seiner Umgebung einen Blick und nickte: „Sieht ziemlich echt aus, nicht wahr?“

„Es ist so echt, wie Sie es wollen, Agent Gibbs.“, erklärte Agatha: „Aber keine Sorge – es gibt sowas wie Sicherheitsvorrichtungen.“

„Die nicht immer funktionieren.“, murmelte Cal leise und schaute Gibbs dann an: „Hm? Haben Sie was gesagt?“

„Die nicht immer funktionieren?“, echote Ziva und Agatha schüttelte den Kopf: „Naja, es gibt hier und da Fälle, in denen… aber das Ding ist zu 99% sicher.“

„Sagte man von der Schwebebahn in Wuppertal auch.“, versetzte Cal und drehte sich um, die Konversation verlassend.

Verblüfft sah Agatha ihm nach, dann zu Ziva und Gibbs: „Entschuldigen Sie mich bitte?

„Natürlich.“

Dann trat der Special Agent zur Seite und sah, wie Agatha auf Cal zuging. Dann schaute er zu Ziva, die sich umschaute.

Ein leichtes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen und sie swandte sich zu Gibbs um: „Sowas könnten wir im Hauptquartier gebrauchen. Trainingsmissionen, Ermittlungen – das würde damit unglaublich vereinfacht.“

„Stimmt.“, sagte Gibbs und schaute sie dann an: „Es tut mir leid, wenn wir jetzt wieder gegen Ari…“

„Das muss es nicht, Gibbs.“, sagte die hübsche Frau und in ihrer Stimme lag eine gewisse Härte, „Mein Halbbruder hat auch versucht, mich zu töten, erinnerst Du dich? Er hat versucht die Menschen zu verletzen, die ich lie…“

Sie brach ab, schüttelte den Kopf, warf kurz einen Blick zu Boden und dann wieder zu Gibbs: „Es muss dir nicht leid tun. Wenn, dann tut es mir leid, dass ich nicht eher habe einsehen wollen, was er für ein Mistkerl ist.“

Der Special Agent atmete aus: „Die Wahrheit zu erkennen, ist nie einfach.“
 

Ein paar Minuten später standen sie an den Positionen, die sie hatten einnehmen müssen. Agatha und Ziva hatten unter dem künstlichen Wasserfall Position bezogen, McGee und Tony warteten in einem Versteck darauf, herauskommen zu können und Gibbs und Cal lehnten „lässig“ am Geländer. „Programm starten.“, sagte der Captain und atmete dann tief durch.

„Wissen Sie, Special Agent Gibbs? Ich steh eigentlich nicht so auf Open Air. Bin mehr so der Raumschifftyp.“

„Sie reden viel.“, stellte der Agent fest und Cal schaute ihn an: „Sie dafür weniger.“

Und schon wieder verpasste Gibbs ihm eine Kopfnuss.

„Hey, was … sagen sie mal was soll das eigentlich immer?“

Der Special Agent schaute, mit nachdenklich verengten blauen Augen auf den Fluss: „Ein Schlag ins Gesicht ist eine Beleidigung. Ein Schlag auf den Hinterkopf ist ein Weckruf.“

„Ah!“, machte Cal und drehte sich mit dem Rücken zum Fluss, sich ans Geländer lehnend.

Kurz schwiegen sie.

Gibbs hatte eigentlich die Hoffnung, dass es so weitergehen würde, aber Cal holte tief Luft und drehte sich dann zu ihm um.

„Wissen Sie, ich glaube, dass sie hinter all ihrer grummligen Fassade eigentlich ein ganz netter Typ sein können.“, sagte er und wartete darauf, dass Gibbs etwas sagte.

Natürlich tat er das nicht – warum sollte er? Er hatte Jahre daran gearbeitet, sich einen Ruf zu erwerben, da würde er das nicht mit einer Unterhaltung mit einem Typen, der meinte , ihn durchschaut zu haben, einreißen lassen.

Er hörte ein Seufzen und warf dann einen Blick zu seinem „Partner“ bei dieser Mission.

Hinter ihm steckte mehr, als man auf den ersten Blick erkennen konnte, dessen war sich Gibbs sicher. Nicht, dass er ihn für jemanden hielt, der, wie Columbo, seine wahre Kompetenz hinter einer Maske aus Idiotie versteckte, aber – er hatte sicherlich irgendwelche verborgenen Talente. Um das festzustellen, muss man jemanden nicht unbedingt mögen, es ist einfach eine Tatsache. Jeder ist mehr, als das bloße Auge zu sehen vermochte.

„Captain?“, erklang die Stimme eines Mannes aus dem Kommunikator, „Die Holodecks synchronisieren sich gleich.“

„Verstanden.“, sagte Cal und schaute zu Gibbs: „Showtime.“

Dann wandte er sich um, schaute, zusammen mit Gibbs auf den Anacostia und schüttelte den Kopf: „Macht es eigentlich Spaß, immer wieder die Lockente zu spielen?“

Nachdenklich blickte der Ältere auf den Fluß.

„Spaß kann man nicht sagen. Aber einer muss den Job machen.“

Das dieser Satz auf Unverständnis seitens des Captains treffen würde, war Gibbs klar, doch er hatte eigentlich gehofft, dass dem nicht so sein würde. Aber Cal blickte ihn an, nickte und sagte: „Ah, klar, logisch, natürlich.“

Kurz pausierte er, blickte dann Gibbs an und fragte: „Moment mal – wie bitte?“

Gibbs ließ sich nichts anmerken, obwohl er innerlich am Liebsten geseufzt hätte. “Regel Nummer 48: Lasse niemals andere etwas machen, was Du nicht auch zu tun bereit wärest.“, erklärte er ruhig und sah, wie der Captain erneut nickte.

„Verstanden.“, sagte der Offizier und schaute sich kurz um, ehe er erneut seine Aufmerksamkeit dem Bundesbeamten widmete.

„Wieviele Regeln haben Sie denn?“

„51“, erklärte Gibbs knapp und machte damit eigentlich klar, dass er keine Lust auf eine großartige Unterhaltung hatte.

„Mhm.“, ließ sich Cal vernehmen, lehnte sich dann wieder an die Brüstung und schaute auf die ruhigen Wasser des Anacostia herunter.

„Ab heute wohl 52.“

Nun war es an Gibbs, verblüfft zu schauen.

„Welche Regel wollen Sie mir denn beibringen?“, fragte er und Cal grinste: „When starfleet’s involved, fasten your seatbelt and – boy – be in for a ride.“

Dann schaute der Captain den Agenten an und lächelte schief: „Oder?“

„Stimmt.“, sagte Gibbs und musste ebenfalls lachen, „Die Regel ist zutreffend.“

Plötzlich hörte Jethro einen Knall – er wusste natürlich, dass es ein Schuss war – und bemerkte ein Taubheitsgefühl, dass sich von seinem Rücken durch den kompletten Körper ausbreitete. Kurz wurde es dunkel um ihn und als er wieder zu sich kam, war Ari ein paar Meter von ihm entfernt.

Es war natürlich nicht wirklich Ari, das hatte Cal ihnen erklärt, es war eine Drohne, die hier, in diesem Holodeck die Teammitglieder angriff und kurzzeitig betäubte, damit ihr „Tod“ im anderen Holodeck realistischer wirkte.

Er konnte sich nicht helfen, und dachte, dass dies der blühendste Blödsinn war, den er je gehört hatte.Aber – der Schweinehund Ari bemerkte im anderen Holodeck offenbar nicht, dass er nur auf Puppen aus Photonen und Kraftfeldern schoss.
 

Der Computer errechnete, anhand von biologischen Werten, die die blonde Ärztin – Gina, wie sich Gibbs in Erinnerung rief – gesammelt hatte, wie lange Ari benötigen würde, um sie wirklich zu töten und spielte dem Mann im anderen Holodeck anhand der Daten den Tod von Cal, Tony, McGee, Agatha, letztenendes sogar Ziva und ihm, Leroy Jethro Gibbs, vor – anschließend würde eine EM-Entladung den Assassinen betäuben. Das war zumindest der Plan.
 

Cal schritt auf Gibbs zu, schaute ihn an und grinste vergnügt.

„Naja, hat doch Spaß gemacht, oder?“

Der andere lächelte leicht: „Ja. Wenn man bedenkt, dass Sie ursprünglich nicht mitmachen wollten.“

„Hey, ich habe dafür…“

„Intrupper an Cat?“, unterbrach die Stimme aus seinem Kommunikator die Rechtfertigung des Captains und er betätigte die Brosche: „Ja, Cat hier?“

„Könntest Du mal bitte in die Krankenstation kommen? Ich möchte dir etwas zeigen.“

Verblüfft schaute Cal zu seiner XO, zuckte dann mit den Schultern und wandte sich an Gibbs: „Wir schauen uns euer Verhör gleich auf jeden Fall an. Das lass ich mir nicht entgehen. Der große Gibbs in Aktion? Hey, da bin ich dabei, dat is prima.“

„Cal brich nicht in Karnevalslieder aus, geh lieber zu Gina.“, sagte Agatha augenrollend und als der Captain losrannte, schaute sie ihm hinterher und zuckte dann mit den Schultern: „Entschuldigung. Er ist immer so euphorisch, wenn ein Auftrag fast erledigt wurde.“

„Wir sind aber noch nicht fertig.“, sagte Gibbs und Agatha schaute ihn verblüfft an: „Ich dachte, das Verhör wär nur noch Markulatur.“

Tony trat näher und antwortete: „Nein, das nicht. Wir haben zwar ein paar Punkte, wegen denen wir Ari hinter Gitter bringen können, aber uns ist noch immer nicht klar, wer ihm den Auftrag gegeben hat, uns umzubringen. Oder wer Captain Stone getötet hat. Ich hab das Gefühl, da hängt er auch mit drin.“

„Dazu müssten wir noch einmal Abby befragen.“, sagte Ziva, die sich ebenfalls zu Tony und Gibbs begeben hatte, ehe sie den Grünäugigen anschaute: „Übrigens – toller Tod, den Du da gestorben bist.“

„Nicht jeder kann mit so einer katzenhaften Eleganz gegen Ari kämpfen.“, schnappte Tony und Ziva nickte: „Stimmt wohl. Ich hab gesehen, wie Du gegen Turner gekämpft hast, das war ein Trauerspiel.“

„Er hat mich überrascht.“

„Klar.“, sagte Ziva mit einem Tonfall, der deutlich machte, dass sie dem Halbitaliener nicht ein Wort glaubte.

„Also – wenn ihr euch prügeln wollt, wir haben auch tolle Trainingsdojos.“, sagte Agatha und verstummte aprubt, als sie die bösen Blicke von Ziva und Tony wahrnahm. Schnell murmelte sie ein „Bin schon still“ und fragte sich, was Gina von Cal wollte.
 

Die Sicherheitskameras, die in der Krankenstation angebracht waren, verzeichneten zu dem Zeitpunkt, als Cal den Raum betrat, das Folgende.

Der Captain trat ein, blickte sich suchend um, rief einmal nach Gina und betrat ihr Büro, wo er erschrocken stehenblieb und in eine Ecke des Büros blickte, die von keiner Kamera erfasst werden konnte.
 

Ari fragte sich, seit wann er wieder bei Bewusstsein war. Der Israeli konnte sich daran erinnern, Gibbs getötet zu haben und dann wieder betäubt worden zu sein. Und auch dieses Mal hatte er einen Kater – Kopfschmerzen, die einfach nicht von dieser Welt waren. Bleischwere Augen, die am Liebsten immer wieder zugefallen wären und ein Bewusstsein, dass sich am Liebsten auch wieder in die dunkelsten Stellen seiner Selbst geflüchtet hätte.

Um ihn herum war es dunkel. Er spürte einen Druck gegen seinen Rücken, einen Druck einer Stuhllehne. Weiterhin bemerkte er, dass seine Hände in Handschellen steckten, die mit dem Stuhl, auf dem er saß verbunden waren, so dass er nicht aufstehen konnte.

Es erinnerte ihn an sein Training beim Mossad.Damals war er in der Nacht eingeschlafen und an einen geheimen Ort gebracht worden, aus dem er fliehen sollte.
 

Der Raum musste eine Lampe haben, denn plötzlich wurde es ein wenig heller.Schnell bemerkte er, dass man ihm einen Stoffsack über den Kopf gezogen hatte. Wie damals, beim Training.

Jemand griff ihn und entfernte den Stoffbeutel, der ihn beim Sehen behindert hatte.

Grelles Licht fiel in seine Augen und er musste erst einmal blinzeln.

Dann, als sein Blick wieder schärfer wurde, stellte er fest, dass er in einem der Verhörräume des NCIS war.

Er konnte in den Einwegspiegel blicken, sah sich selbst – erstaunlicherweise hatte er keine Verletzungen, keine Hautabschürfungen, was nach den Prügeln, die er von Ziva bezogen hatte, ein Wunder war.

Erneut blinzelte der Israeli und wäre beinahe zusammengezuckt. Direkt hinter ihm stand eine schwarz-gekleidete Gestalt, in einer Art Panzerrüstung mit einer Art Helm, der ein schwarz-gefärbtes Schutzvisier hatte.

„Name?“, sagte die Gestalt und die Stimme klang mechanisch verzerrt. Beinahe unheimlich, aber er hatte schon schlimmeres und jede erdenkliche Folter erlebt.

Also schwieg der Israeli und schaute die Gestalt herausfordernd an.

Eine Zeit lang war nichts zu hören, ausser des mechanisch klingenden Atmens der Gestalt, das ihn irgendwie an Darth Vader erinnerte. Eigentlich erinnerte ihn die komplette Figur an den dunklen Sith-Lord, beziehungsweise an eine Kostümsymbiose zwischen Batman und Darth Vader.

„Name?“, wiederholte die Person mit ihrer mechanisch-verzerrten Stimme und Ari hatte das Gefühl, dass sie ihn direkt ansah.

Erneut schwieg Ari, erwiderte den imaginären Blickkontakt und sagte nichts.

„Es ist sinnlos, Widerstand zu leisten.“, sagte die Gestalt und ein kurzes Lächeln huschte über das Gesicht des Israeli. Das hatte doch nun sehr stark nach Darth Vader geklingen.

Erneut breitete sich Stille aus, dann beschloss Ari, seine Chance zu nutzen. Er fokussierte die Gestalt und sagte: „Ich wusste nicht, dass der NCIS mit solchen Methoden arbeitet.“

Der Satz war nicht laut gesprochen worden, aber in der Stille des Raumes explodierte er, wie eine Bombe.

Die Gestalt blickte ihn an, atmete, sagte nichts.

Dann ging sie, langsam, als wäre der Anzug 10 Kilo zu schwer für sie, zu dem Stuhl, den normalerweise Gibbs besetzte und setzte sich. Obwohl der Anzug zu schwer wirkte, schienen die Bewegungen lässig. Die Gestalt griff nach der Versiegelung, die den Helm mit dem restlichen Anzug verband, öffnete sie und mit einem lauten Zischen entwich komprimierte Atmosphäre.

„Weswegen bin ich hier?“, fragte Ari und schaute die Gestalt an, „Ich bin ein freier Bürger Israels.“

„Das waren Sie eventuell.“, sagte das Wesen, immer noch mit verzerrter Stimme, „Aber dann beschlossen Sie, Menschen zu ermorden. Unter anderem auch …“

Damit nahm die Person den Helm ab. Zuerst erschien der Mund, der sich leicht ironisch kräuselte.

„…Mich.“, sagte der Mann, dessen Stimme nun nicht mehr verzerrt, sondern eindeutig zu erkennen war. In dem Moment, in dem Ari die Stimme hörte, musste er lächeln. Dann nahm der Mann den Helm ab und eisblaue Augen fixierten ihn mit einem amüsierten Funkeln.

„Ich wusste doch, dass Sie nicht totzukriegen sind, Gibbs.“, sagte Ari und der Special Agent ließ den Hauch eines Lächelns über sein Gesicht huschen.

„Dann nehm ich mal an, dass die Anderen auch nicht tot sind, und hinter dem Spiegel stehen?“
 

Tony schaute zu Ziva und lächelte: „Er hätte es anders machen sollen.“

Verblüfft erwiderte die hübsche Frau sein Lächeln mit einem Blick, der eindeutig sagte, dass sie nicht so ganz verstand, worauf er hinauswollte.

„Gibbs.“, erklärte er daher und schaute ihr in die Augen: „Er hatte es schon richtig gemacht, er hatte sich hinter Ari positioniert. Aber dann kam der Fehler. Er hätte ihn mit dem Kopf auf den Tisch knallen müssen.“

Tony demonstrierte es, in dem er einen imaginären Ari am Genick griff und seinen genau so imaginären Kopf in eine nicht minder imaginäre Tischplatte trieb. Dann nahm er selbst die Position ein, fuhr sich ein paar mal über die Lippen und sagte:“ No, No, no, never start with the head. The victim gets all fuzzy. He can’t feel the next…“

Ziva blinzelte und schaute Tony an: “Was wird das?“

Es war mal wieder nicht auszuhalten mit ihm. Er … er trieb sie noch in den Wahnsinn. Das war doch wieder ein Filmzitat, oder?

„Batman – the dark knight.“, erklärte Tony und die hübsche Israelin war geneigt, durch sämtliche Decken zu gehen, die das NCIS-Hauptquartier herzugeben in der Lage war. Sie verhörten da drin ihren Halbbruder, der versucht hatte, sie alle zu töten, der eine Freundin Tonys in den Kopf geschossen hatte, und er zitierte einen Film ?

Sie wollte gerade eine genervte Antwort knurren, doch da fiel ihr was in diesen grünen Augen des Italieners auf. Es flackerte nur kurz, aber es war da. Wut. Zorn. Er würde am liebsten diese Batman-Verhörtaktik bei Ari anwenden und vermutlich hätte er nichts dagegen, es bis zum äußersten zu treiben.

Ein Teil von ihr fand das durchaus interessant – schließlich war sie ja seinerzeit genau darauf gedrillt worden. Und wenn man ihr ein paar Stunden Zeit gäbe – und wenn die Person dort ein anderer Verdächtiger wäre… dann würde sie ihn schon zum Reden bringen. Dieser Teil von ihr wollte Tony zeigen, wie man es richtig machte und gleichzeitig schämte sich ein anderer Teil dafür. Dieser Teil, den sie während ihrer Zeit beim Mossad immer wieder zum Schweigen gebracht hatte, dieser Teil, der jetzt, in den letzten 5 Jahren immer mehr, sukzessive zum Leben erwacht war, verabscheute die Gewalt als bloßes Mittel zum Zweck. Dieser Teil ließ sie erkennen, dass es ihr eigener Bruder war, der dort saß.
 

Erinnerungen an Somalia schossen ihr durch den Kopf. Damals hatte sie dort gesessen, war unter Drogen gesetzt, geschlagen, elektrogeschockt worden – immer wieder, immer wieder. Sie hatte nicht geredet. Und immer wieder wurde der Preis für ihr Training, für ihre innere Abwehr in Schmerzen, in Blut gezahlt. Es gab die Momente, in denen sie sich komplett zurückgezogen hatte, beinahe katatonisch darauf gewartet hatte, dass man sie abholte, mit ihr dieses Verhör durchziehen würde und sie dann wieder zurück in die Zelle brachte. Etliche Monate musste sie sich dieser Angriffe erwehren, etliche Monate hatte sie geschwiegen.

Und sie war bereit gewesen, dafür zu sterben. Eli hatte sie extrem gut trainiert. Das war es auch, was Ari gerade durchmachte. Und sie wusste, dass man ihm mit Schmerz nur bedingt beikommen würde.
 

„Sieh mal.“, sagte Tony, und riss sie aus den Gedanken. Im Verhörraum flog die Tür auf – sie wurde nicht vorsichtig geöffnet, sie flog auf, als habe man sie eingetreten und ein, in Sternenflottenuniform gekleideter Calvin Nathan Cat flog förmlich auf den Typen zu, war bei ihm und riss seinen Stuhl mit sich zu Boden.

Dann rappelte sich der Captain auf, schaute hasserfüllt auf ihren Bruder und warf dann einen Blick zu Gibbs.

„Gut, sie haben den Schweinehund gesehen, dann lassen Sie ihn durch mich eliminieren.“, sagte er, hart, wütend, mit stoßweise gehendem Atem.

Das schien nicht so ganz zu dem leicht verpeilten Captain zu passen, den sie alle kennengelernt hatten.

Wenn Gibbs verblüfft war, ließ er sich nichts anmerken, dafür warf Tony ihr einen Blick zu, der einerseits ein „Siehst Du, SO wird es gemacht“, anderer seits ein „Du meine Güte, was ist da denn los?“ beinhaltete.

Gibbs war aufgestanden, schaute sein Gegenüber offenbar gleichgültig an und widmete sich dann dem Eindringling.

„Regel 22.“, sagte er nur und Cal erwiderte seinen Blick: „Regel 52.“

Damit beugte er sich nach vorne und versuchte, den Israeli mitsamt Stuhl wieder in eine aufrichte Position zu bringen, was irgendwie scheiterte.

Kurz schaute er zu Gibbs, dieser zuckte mit den Schultern und klappte sein Handy auf.

Ziva zuckte zusammen, als ihr Handy sich meldete. Sie nahm es heraus, warf einen Blick aufs Display und lächelte. Natürlich, das war so typisch für Gibbs. Auf ihrem Display standen drei Wörter. Sie zeigte sie Tony.

„Richtet ihn auf.“
Lächelnd wandte sich der Halbitaliener der blonden Technikerin zu: „Lassen sie veranlassen, dass Ari aufgerichtet wird.“

„Was ist mit Ihnen, Cat?“, fragte Gibbs und Cal, der es irgendwie geschafft hatte, dem Chefermittler und den sie beobachtenden Personen nur seine rechte Körperhälfte zuzuwenden, drehte sich nun vom Profil in die Frontalansicht.
 

Tony merkte, wie seine Augen anstalten machten, aus den Höhlen treten zu wollen. Die rechte Körperhälfte war tadellos gekleidet und er sah normal aus. Doch die linke Seite… irgendjemand musste ihn ziemlich hart in die Mangel genommen haben. Im Gesicht fanden sich tiefe Schnitte, das Auge war nicht nur blau, es war tiefschwarz, die Haare waren eine einzige, wirre Masse und schon verkrustetes Blut war zu sehen.

„Er…“, brachte der Mann hervor und deutete anklagend auf den am Boden liegenden, „Er hat… er hat … Seine Freunde waren auf dem Schiff. Sie haben erst Gina getötet, dann mich angegriffen und wollten verhindern, dass er zum Hauptquartier verlagert wird. Das war aber schon getan worden. Ich… ich habe gesehen, wie sie Agatha in die Krankenstation gelockt und dann umgebracht haben.“
 

Cals Augen schillerten vor Tränen und sein Körper machte erste Anzeichen, von einem Weinkrampf geschüttelt werden zu wollen. Dann verwandelte sich sein Gesicht in eine Zornesfratze, er wirbelte auf dem Absatz herum und trieb seinen Stiefel in die Eingeweide des Israelis.

„Cat!“, sagte Gibbs mit einer Spur Schärfe in der Stimme, die den Captain nicht zu interessieren schien. Mit Tränen, die aus den Augen rannen, trat er noch einmal zu und noch einmal.

„CAPTAIN CAT!“ schrie Gibbs nun und erneut erntete er keinen Erfolg. Dieses mal traf der Stiefel das Kinn des Terroristen.

„Du Schweinehund!“, heulte Cal und wurde, gerade als er sich erneut auf den Mann stürzen wollte, von einer den Raum betretenden Ziva festgehalten.

Sie wusste selbst nicht, wie sie es geschafft hatte, in der Kürze der Zeit zur Stelle zu sein, aber sie griff den Captain und das tat sie keine Sekunde zu früh, denn kaum, dass sie ihn berührt hatte, sackte der Mann zusammen, als habe man einer Marionette die Fäden durchgeschnitten.

Auf dem Boden spuckte Ari Blut, aber schaute nicht unzufrieden zur sehr emotionalen Reaktion des Captains. Er lächelte und Ziva merkte, wie ihr Blut kochte. Am Liebsten hätte sie ihn selbst…

„ZIVA!“, riss sie die Stimme Gibbs’ aus den Gedanken und sie schaute ihn an. Dieser warf kurz einen Blick zum zusammengesackten Cal und sie nickte. „Natürlich. Ich bringe ihn raus.“

„Bring… bring mich raus.“, murmelte der Captain und ließ seinen Kopf kraftlos gegen die Schulter Zivas sinken, „Bring… mich in den Nebenraum.“
 

„Alice hinter den Spiegeln.“, dachte sich Tony, wie eigentlich immer, wenn er auf der anderen Seite des Einwegspiegels stand und dem Maestro beim Verhör zusah. In der Regel trank er einen Kaffee, aber sie waren eigentlich sofort von diesem Raumschiff herunterteleportiert worden und da hatte man natürlich keine Zeit, einen Kaffee zu bestellen. Warum der Captain, bevor er den Transport freigegeben hatte, Gibbs den Tipp gegeben hatte, sich einen Raumanzug anzuziehen und einen auf mysteriösen Fremden zu machen, entzog sich Tonys Erkenntnis. Allerdings offenbar nicht der von Gibbs.

Gut – es war ihm eigentlich klar, dass sich nichts der Erkenntnis von Leroy Jethro Gibbs entziehen konnte, der von sich sagte, dass er eigentlich nur G-I-B-S geschrieben würde, das zweite B stünde lediglich für Bastard.

Irgendwie bezweifelte er das.

Dann wieder nicht, wenn er eine so erschütternde Szene wie diese sah. Der Captain verlor im Verhörraum die Kontrolle, Gibbs versuchte ihn zu ermahnen, doch nichts geschah. Und selbst, als Ziva sich Cal gegriffen hatte und dieser in ihren Armen kollabiert war, zeigte Leroy Jethro Gibbs keinerlei Gefühlsregung. Der Mann war kalt wie ein Eisberg. Es würde ihn nicht wundern, wenn Gibbs entweder wirklich dieser abgebrühte Hund war, für den ihn alle halten sollten – oder aber wenn seine Unnahbarkeit daran lag, dass er zuviel gesehen hatte, um es an sich heran zu lassen. Die Schrecken des Irak-Krieges, die emotionale Pain, nachdem seine Frau und seine Tochter umgebracht worden waren… das alles hing mit dem Mysterium Gibbs zusammen und er wollte es auch gar nicht knacken.
 

In diesem Moment öffnete sich die Tür und Ziva half einem sehr schwach und elend aussehenden Calvin Nathan Cat, den Raum zu betreten.

„Sie sehen nicht gut aus.“, sagte DiNozzo und Cal warf nur kurz einen Blick zu ihm.

Der Captain, den er in den letzten Stunden kennengelernt hatte, hätte vermutlich normalerweise einen Spruch wie „Ach wirklich, Captain Nuss?“ gesagt, aber in den Augen des Mannes stand absolute Leere. Er war in einem Zustand, in dem ihn wohl niemand erreichen könnte - ausser seiner Freundin.

„Maggie, könnten Sie wohl kurz…“, setzte Tony an und die Frau – Maggie Poole – nickte: „Natürlich, kein Problem.“

Damit stand sie auf, verließ den Raum, sodass sich Cal auf den Stuhl sinken lassen konnte.

Mit leeren Augen starrte er zu Ari herüber, der gerade von zwei NCIS-Agenten aufgerichtet wurde.
 

„Ihr junger Freund hat sich nicht ganz unter Kontrolle.“, sagte der Assassine in diesem Moment und Gibbs zuckte mit den Schultern: „Caitlinn Todd.“

„Was ist mit ihr?“ ,fragte der Mann aus Israel, was Gibbs dazu veranlasste, drei Fotos der Toten auf den Tisch zu legen, „Sie kannten sie.“

„Erzählen Sie mir etwas Neues.“

„Sie haben sie getötet.“

Ari lächelte, spuckte kurz Blut aus und fokussierte Gibbs mit den Augen: „Dafür haben Sie keine Beweise.“

„Wir haben Munition gefunden.“

Der Attentäter nahm eine Haltung an, die ein wenig überlegen wirkte: „Das kann nun wirklich von jedem Gewehr stammen.“

„Lapua. Ihre Fingerabdrücke sind darauf.“, erläuterte Gibbs und Ari schaute ihn an: „Da will mir jemand etwas anhängen. Ich habe Ihnen gesagt, dass ich es nicht war.“

„Und ich habe damals schon Ihren Vorgesetzten gesagt, dass ich das nicht glaube. Sie waren es, sie haben die nötigen Spuren seinerzeit hinterlassen und ich werde es beweisen.“, sagte Gibbs und wurde von Wort zu Wort eine Spur lauter.

Stilles Amüsement funkelte in Aris Augen und er hätte die Arme vor der Brust verschränkt, wenn die Handschellen es erlaubt hätten.

Es war klar, dass der Special Agent ihn nur aus der Reserve zu locken versuchte. Und wenn diejenigen, die ihn in diese Zeit teleportiert haben, nun alles daran setzen würden, ihn zu befreien, dann würde die Sache definitiv schnell zu Ende gehen. Was konnten schon Erdenwaffen gegen eine Technologie ausrichten, die Laserstrahlen verschießen konnte, die einen schlafen schickten?

Ari war klar – wenn seine „Freunde“ ihn befreien würden, würden sich Gibbs und seine Freunde chancenlos vorfinden. Offenbar hatte man genau das gewusst und geplant.
 

Der Captain schaute immer noch blicklos zu Ari herüber, murmelte Sätze, die keinen Sinn machten und Ziva war sich sicher, dass er über kurz oder lang komplett dem Wahnsinn anheim fallen würde. Er konnte sich ja schon nicht unter Kontrolle halten, wenn Agatha da war, aber immerhin hatte diese die Möglichkeit, ihn wenigstens ein wenig zu besänftigen. Wenn diese Kontrollinstanz fehlte… sie mochte sich gar nicht ausdenken, was dann war. Der Verlusst dieser Kontrollperson war an sich schon schlimm – aber dass es ausgerechnet Agatha sein musste, die sie als ruhige, verständige, kluge Frau kennengelernt hatte, und die ihr sympathisch war.

Vor ihrem inneren Auge blitzte wieder die Bar auf, in der sie gesungen hatte.

Sie sah drei Personen – zwei Männer, eine Frau. Die silber-roten Haare funkelten im Licht des einzigen Scheinwerfers, der nach der Explosion noch funktionierte und sie konnte sehen, wie einer der beiden Männer ihren Kopf in seinen Schoß bettete, die Hände hob und die nussbraunen Augen seine blutüberströmten Hände in Augenschein nahmen.

Kurz blinzelte sie mit den Augen, hörte dann vor ihrem inneren Ohr einen Hustenkrampf und dann ein Wort. „River.“

Sie schüttelte den Kopf, fragte sich, was diese Vision zu bedeuten hatte, schaute dann zu Tony, der sie verblüfft anblickte und dann zu Gibbs, der gerade für seine Verhältnisse ziemlich laut geworden war.

Dann öffnete sich hinter ihr die Tür und sie hörte den entsetzten Schrei Cals.

Sie drehte sich um und sah in die grasgrünen Augen Agatha Silverbirds.

Schnell war sie auf den Beinen und schaute zuerst zum Sternenflottenoffizier, in dessen Augen Panik irrlichterte und dann zu Agatha, die unverständlich dreinblickte.

„Cal?“, fragte sie und schaute ihn an, „Du siehst ja furchtbar aus, was ist mit dir passiert?“

„Komm nicht näher!“, schrie der Captain und war auf den Beinen, um zu fliehen zu versuchen. Dabei kollidierte er versehentlich mit einer der Konsolen, ehe er an ihr herunterrutschte und dann versuchte, sich unter ihr zu verstecken.

Die XO blickte ihn ratlos an.

„Er hat uns gesagt, sie seien tot.“, sagte Ziva und Agatha blinzelte verdutzt: „Bitte was?“

„Ja – er hat…“

Weiter kam sie nicht, denn im nächsten Moment spürte sie einen Schlag gegen den Rücken und fand sie sich in den Armen der Rothaarigen wieder.

Tony wollte reagieren, aber da traf ihn die Faust des verwirrten Captain am Kinn und sackte in sich zusammen.

„Ihr … ihr gehört alle dazu.“, heulte Cal und begab sich in eine leicht gebückte Haltung, den Kopf ein wenig eingezogen, sodass er ein schwereres Ziel abgab.

Dann fixierte er Agatha, lächelte und zischte: „Oh, wie ihr da gerade standet, das war ja richtig femme-slash.“

Er verlieh diesen Worten eine gewisse Färbung, die Ziva nicht so ganz orten konnte, aber die Augen der hübschen XO weiteten sich: „Was…“

Weiter kam sie nicht, denn in diesem Moment schrie der Captain „MEIN SCHATZ IST TOT!“ und warf sich gegen die hübsche Rothaarige.

Ziva konnte nicht anders reagieren, als sie tat, sie warf sich dazwischen und die ihn sie eingebläuten Reflexe traten in Aktion. Sie griff den auf sie zurasenden Captainskörper, verpasste seinem Kinn einen heftigen Schlag und zog ihm die Beine weg. Gleichzeitig griff sie nach seinem Phaser, richtete ihn zuerst auf den benommenen Cal und dann auf Agatha, in deren Augen ehrlicher Schock stand.

„Cal.“, brachte die hübsche Rothaarige hervor, „Ich weiß nicht… ich lebe.“

Und Ziva hatte das Gefühl, dass sie es ernst meinte.

Der Angesprochene rappelte sich auf, schaute Ziva mit wildem Blick an und schrie: „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich.“

Dann warf er sich auf sie. Sie schaffte es, sich der Attacke des wildgewordenen Offizieres zu erwehren, indem sie ihm erneut gegen das Kinn hieb.

Cals Kopf zuckte getroffen zurück, und er ließ sie los.

Sie blickte zu Agatha, die plötzlich von einem roten Energiestrahl getroffen zu Boden ging.

„Verdammt“, schoss es Ziva durch den Kopf, „Er wollte mich nicht – er wollte den Phaser.“

Dann hörte sie ein Klackern, als Cal die Waffe wegwarf und in eine Verteidigungsposition ging.

„Wer nicht für mich ist, ist gegen mich.“, sagte der Offizier, ließ seinen Nacken kreisen und schaute sie an: „Worauf wartest Du?“

Klang der Captain jetzt nicht sogar ein bischen ruhiger? Sie hatte keine Zeit, großartig darüber nachzudenken, denn plötzlich griff er an. Sie konnte die meisten seiner Attacken blocken, mit Ellbogen, Schenkeln, Treffern gegen Magengrube und Kinn, doch das schien ihn nur noch wütender zu machen.
 

So langsam aber sicher machte ihn der Mann wütend. Er würde dafür sorgen, dass er nach Gitmo ging – egal, ob es das noch gab, oder nicht. Zur Not würde er ihn persönlich mit einem Paddelboot dort aussetzen. Gibbs fragte sich sowieso, warum er das ganze Theater eigentlich mitgespielt hatte. Vielleicht hatte er sich gedacht, dass zwei, oder drei Offiziere aus der Zukunft tatsächlich Ahnung hätten, wie man mit einem Terroristen umginge, doch dies war ein Trugschluss. Und auch er kam gegen die aalglatte Art des Mannes nicht mehr an. Dafür war es ein zu schwieriger, ein zu komplizierter Tag gewesen. Vielleicht sollte man die Sache doch abbrechen, und fortsetzen, wenn er wieder einen klaren Gedanken fassen konnte, wenn er…
 

Das laute Klirren von Glasscherben irritierte ihn. Und ehe er merkte, was passiert war, war der 70 Kilo schwere Körper von Calvin Nathan Cat an ihm vorbeigeflogen, hatte sich auf dem Tisch abgerollt, Ari einen Schlag verpasst, die Waffe gegriffen und auf Ziva angelegt. Und natürlich gefeuert. Der rote Strahl hüllte die hübsche Frau in einen Kokon aus Energie und ließ sie dann in sich zusammenfallen.

Gibbs hörte sich selbst, wie er innerlich ein lautes „NEIN“ schrie. Schnell ging er auf den zerbrochenen Spiegel zu, warf einen Blick in den Raum und stellte fest, dass Tony, Agatha und Ziva am Boden lagen.

Agatha? Hatte Cal nicht gesagt, sie sei tot?

Auf dem Absatz wirbelte er herum, sah, wie Cal seinen Phaser auf ihn gerichtet hatte und höhnisch fragte: „Was darfs sein? Bist Du für mich, oder gegen mich?“

Purer Reflex ergriff Besitz von Gibbs Körper - er hatte seine Pistole gezogen und schoss drei mal auf die Brust des Captains.
 

Der Captain taumelte zurück, schaute ihn an, schüttelte den Kopf und sagte: „Dumme Idee.“

Und dann, als Cal auf ihn angelegt hatte, wusste er, dass der Mann, der da auf ihn zielte nicht Cal war. Erneut zuckte sein Finger und erneut wurde Traceless getroffen – doch in diesem Moment hörte er ein lautes, schrilles Pfeiffen und wusste, dass es aus war. Betäubt ging er zu Boden.
 

Ari Haswari war ein wenig überrascht, als er mitbekam, was um ihn herum geschah. Die Schlägerei im Nachbarzimmer hatte er nicht mitbekommen, aber als dann der Typ durch das Fenster geflogen kam, konnte er sich nicht helfen und diese Situation zumindest mit dem Heben einer Augenbraue quittieren. Der Mann krachte auf den Verhörtisch, rollte sich ab und kam rechts hinter ihm zum Stehen.

Und nun wurde es richtig merkwürdig, denn der Typ hob eine dieser seltsamen Waffen, die man genutzt hatte, um ihn schlafen zu schicken und feuerte. Es war eine Sache, seiner eigenen Halbschwester, nachdem sie ihn verraten hatte, eine Kugel in den Kopf zu jagen, aber es war eine andere Sache, jemandem, der sie mit diesem Laser ausser Gefecht setzte, nur dabei zuzusehen. So etwas machte keinen Spaß und wenn er es getan hätte, wär es in der Familie geblieben.
 

Nun jedoch sah er, wie Ziva in einem Kokon aus roter Energie erstrahlte wie ein Diamant, dann einen Laut von sich gab, der nach einer Mischung aus überraschtem Keuchen, schläfrigem Stöhnen und Seufzen klang, ihre Augen nach oben verdreht wurden und der komplette Körper in sich zusammensackte. Wenn man wusste, wonach man zu suchen hatte, konnte man gerade eine extreme Überraschung in Ari Haswaris Gesicht ausmachen.
 

Dann knallte es – laut, hässlich – und Ari wusste, was die Quelle des Geräusches war. Eine Pistole hatte sich zwei Mal in den Körper des Mannes, der ihn erst getreten hatte und nun offenbar umzubringen versuchte, entladen und der Assassine fragte sich, ob es für ihn nicht billiger käme, wenn der Mann jetzt tot wäre und er sich einfach nur des Verhörs durch Gibbs stellen müsste. Wobei sich da natürlich die Frage stellte, ob er ihn überhaupt zu diesem Zeitpunkt verhören würde, schließlich gab es genug, worum er sich kümmern müsste.

Doch diese Überlegung wurde ihm abgenommen. Der Mann, der zwei mal angeschossen worden war, richtete seine Waffe auf Gibbs und feuerte. Auch der Grauhaarige erstarrte in der Bewegung und kollabierte.

Dann wandte sich der Mann ihm, Ari Haswari, zu und hielt ihm die Waffe unter das Kinn.
 

„Also, wie sieht es aus? Wollen Sie kooperieren, oder soll ich abdrücken?“, erkundigte sich der Mann höflich und schaute ihm in die Augen.

„Sie können mir gar nichts.“, zischte der Israeli, „Diese Waffe betäubt ihre Opfer nur, sie tötet sie nicht.“

„Oh“, lächelte der Mann, den Gibbs vorher „Captain Cat“ genannt hatte, und bei dem sich der Attentäter fragte, von was er überhaupt Captain war, „Alles eine Einstellungssache. Diese Waffe kann nämlich auch töten. Und wenn ich Ihnen die Waffe nah an den Körper drücke, kann selbst eine leichte Betäubung für sie tödlich sein.“

Ari stellte nun seinerseits Blickkontakt her und hatte das Gefühl, dass sein Gegenüber die Wahrheit sagte.

„Was halten Sie von einem Spiel.“, erkundigte sich der Captain und presste ihm die Mündung der Strahlenkanone stärker gegen den Adamsapfel, „Ich zähl bis drei und sie erzählen mir alles, was ich wissen möchte. Dann gewinnen Sie. Muss ich bis vier zählen, drücke ich ab, sie sterben und verlieren.“

„Und was ist mit ihren Freunden, die sie hier so wunderbar ausgeschaltet haben, ‚Captain’?“, fragte Ari und Cal lächelte: „Oh – wissen sie, ich muss Ihnen ein kleines Geheimnis anvertrauen. Ich bin nicht Captain Cat.“

Damit griff er an seinen Halsansatz und zog sich eine lebensecht wirkende Gummimaske vom Kopf. Darunter war vernarbtes Gewebe zu erkennen, rötliche Haut, die sicherlich furchtbar jucken musste. „Nennen Sie mich… Traceless.“, erklärte er mit einem kurz über seine Lippen laufenden Lächeln, und mit der Nennung dieses Namens veränderte sich die Stimme. Klang sie vorher eigentlich recht normal, war sie nun nahezu kehlig.
 

„Ich wollte Sie auch nicht lange aufhalten.“, sagte Traceless nun, mit einem Hauch von Spott in der Stimme, „Aber, wenn Sie mir noch kurz sagen könnten, wer Ihnen die Aufträge gibt, wäre ich Ihnen sehr verbunden.“

„Warum sollte ich das tun?“

„Eigennutz.“, erklärte der Mann, stand auf und schaute zu Gibbs herüber: „Parallel universes – they make a mess out of things.“

„Parallele Universen?“, fragte der Attentäter und Traceless nickte: „Ja – es ist furchtbar. Wissen Sie, wie lange ich brauche, um ein Universum ins Chaos zu stürzen? Wie soll ich denn mit mehreren Universen arbeiten, eventuell noch mit Gegenstücken, die genau dieses Ziel, das ich habe, auch teilen, sich allerdings dabei durch Scharmützel aufhalten lassen, oder vielleicht sogar welche, die der Gerechtigkeit helfen. Gerechtigkeit.“

Er schüttelte sich.

„Hilfe. Gerechtigkeit, Ordnung – das ist doch langweilig.“

Er warf einen Blick in den Raum, in dem die bewusstlosen Agenten lagen.

Schnell stieg er durch die zerstörte Scheibe wieder in das Zimmer, legte die bewusstlose Ziva auf den Rücken, klopfte kurz ihre Tasche ab, fuhr ihr über die Beine, stoppte bei ihrem linken Fußfessel und nickte: „Aha, hier haben wir es.“

Damit zog er ein Jagdmesser aus einer verborgenen Scheide und stieg, lächelnd, wieder zurück in den Verhörraum.

„Ihre Halbschwester ist ziemlich geschickt.“

Damit wandte er sich nochmal um, blickte in den Raum und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Wenn Sie das jetzt nur sehen könnten. Das Chaos ist doch das Urelement. Da liegt jeder so, wie er gefallen ist. Und aus diesem Grund mussten die Sie , Mister Haswari ja auch durch dieses Szenario schicken. Computer sind zu berechenbar. Es ist fürchterlich.“

Er schaute nun zu ihm, und ging auf den Attentäter zu.

Die Klinge durchtrennte die Kabelbinder, mit denen man Ari festgemacht hatte und als der Attentäter die Hände bewegte, um den Kreislauf wieder anzukurbeln, sprang der Andere lässig wieder in den Beobachtungsraum und schob der Ohnmächtigen das Messer wieder in die dafür vorgesehene Scheide. Dann kam er zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und schaute zu Ari.

„Also – ich mach es ganz knapp und Simpel. Cal hat gelogen, er hatte natürlich nie vor, Sie in irgendeiner Art und Weise aus dem Zeitfluss rauszuhalten. Er hätte sie, nachdem er sie gefangen genommen hätte, in die Vergangenheit gebracht, damit Sie dort den Tod, der sie geschichtlich ereilt hat, finden werden. Ich kann Ihnen etwas Anderes anbieten. Zwar müssen Sie sterben, aber – sie haben ja schon bemerkt, dass ich Heilungskräfte besitze. Ich könnte mich als Sie ausgeben und mich dann von ihrer schnuckligen Halbschwester erschießen lassen. Irgendwann wache ich auf, entkomme, nehme eine andere Gestalt an und Sie sind fein raus. Ich muss nur den Verantwortlichen finden. Ich muss nur denjenigen finden, der Sie einsetzen will.“

So langsam, aber sicher wurde die Geschichte unglaubwürdig. Dieser Mann war offenbar verrückt, wenn er glaubte, dass er ihm diese Story abkaufen würde. Er verschränkte die Arme.

„Sie können mir ja viel erzählen.“, sagte er und zog den Kopf ein wenig zurück, die Augenbrauen gehoben und die Lippen aufeinander gepresst. Deutlicher konnte man Überraschung oder Mißtrauen nicht zeigen.

Traceless lächelte.

„Ich kann sie überzeugen.“

So sagte er und schon in der nächsten Sekunde unterlief sein Gesicht einer Metamorphose. Es wurde schmaler, die Narben verschwanden, die rötliche Haut ebenfalls und nach ein paar Sekunden saß ein weiterer Ari Haswari im Raum.

Als der Ari, der Traceless war, sprach, hörte der Echte seine eigene Stimme.

„Reicht das als Deomonstration meiner Fähigkeiten?“

Das Original lachte kurz auf, schaute seinen Doppelgänger an und nickte, ehe er beschloss, die Sache kurz, schmerzlos und genau auf den Punkt zu bringen.

„Und warum wollen Sie mich retten?“

„Sagen wir so… ich mag Wildcards. Ich mag unberechenbare Personen, ich finde es sehr gut, wenn sich jemand nicht so verhält, wie er sich verhalten sollte. Und ich finde es sehr gut, wenn jemand für seine Überzeugungen einsteht.“, erklärte der andere Ari und schaute das Original an. „Oder wie sehe ich das?“

Ein leichter Hauch von Spott tauchte in seiner Stimme und Ari lächelte.

„Und bevor ich mich – also Sie – rette, muss ich wissen, wer es für richtig hält, Raum und Zeit dadurch zu gefährden, dass er Sie auf dieses Team ansetzt und sie dafür aus Ihrer eigenen Zeit extrahiert.“

Der Israeli zuckte mit den Schultern.

„Ich habe sie nie gesehen. Man betäubte mich immer, bevor ich irgendwas Genaueres erkennen konnte. Ich weiß nur, dass mein Kontakt einen Anzug trug. Mehr weiß ich auch nicht.“

„Sie scheinen zu übersehen, was ich Ihnen anbiete. Sie können in dieser Zeit bleiben, oder mit mir in die Zukunft kommen. Ich setze sie auf Risa aus, einem der tollsten Planeten der Geschichte. Oder wir beide machen uns auf, das Universum ins Chaos zu stürzen. Auf jeden Fall sind Sie frei, zu tun und zu lassen, was sie wollen.“

„Ich verstehe Sie schon, Traceless, ich kann Ihnen nur nicht sagen, was ich nicht weiß.“, erklärte der Attentäter und sein Gegenüber lehnte sich im Stuhl zurück.

„hm.“, machte er, kaute nachdenklich auf der Unterlippe und nickte dann: „Ich glaube Ihnen. Aber – die müssen Sie doch irgendwie kontaktiert haben. Hat man Ihnen ein Handy gegeben?“

„Nein.“, log Ari und Traceless schaute ihn an: „Wirklich nicht?“

Der Attentäter wusste, dass er nun an einem kritischen Punkt angelangt war. Wenn er jetzt diese Trumpfkarte, das Handy, einfach so ausspielte, dann würde er ihn sicherlich genau so verraten, wie die, die jetzt nichts taten, um ihn zu befreien.

Sowas musste geplant sein.

„Wirklich nicht.“, erklärte er daher.

Traceless zuckte mit den Schultern.

„Und wie kontaktieren die Sie dann? Brieftaube? Würde ich zu gerne sehen.“, sagte er und lehnte sich zurück, den Anderen mit den Augen fixierend.

„Wenn“, setzte Ari an und hob mahnend einen Zeigefinger, „ wenn ich Ihnen sage, wie die mich erreichen, lassen Sie sich an meiner Stelle von Ziva erschießen und versichern mir, dass ich meines Weges gehen kann?“

„Natürlich.“, sagte Traceless und schaute ihn mit ehrlicher Überraschung an: „Sagen Sie bloß, Sie zweifeln an meinem Wort. Das gilt in über 400 Sternensystemen.“

„Es gibt Millionen.“, erklärte Ari und lächelte: „Ich möchte, dass Sie mir Zeigen, was Sie können.“

Traceless deutete auf sein Gesicht: „Reicht das nicht?“

„Nein. Ich will Sehen, dass Sie mich genau so durch Raum und Zeit teleportieren können, wie die Anderen.“

Der Verbrecher lächelte: „Oh, aber natürlich, Mister Haswari. Ich meine, es gibt doch so was wie Ehre unter Dieben. Wo wollen Sie hin? Risa? Die Frauen dort sind sehr nett und sehr zuvorkommend. Man muss ihnen nur sagen, dass man Jamaharon will und man bekommt es.“

„Jamaharon?“, echote Ari und Traceless lächelte: „Sex. Wir sind in der Zukunft zwar soooo fortgeschritten, aber das umschreiben wir halt immer noch gerne. Und es klingt doch definitiv besser, als die Begriffe, die Ihr hier dafür habt.“

„Nein, ich weiß schon, wo ich hinmöchte. Wo, und wann.“, lächelte nun Ari und flüstere es Traceless ins Ohr. Dieser grinste: „Oh, das ist eine tolle Idee. Das lässt sich einrichten.“

Schnell metamorphierte er Aris Gesicht in das von Cal und klopfte auf seine Brosche. Dann hyperventilierte er ein paar Atemzüge und presste hervor: „Cat an Dragonfly. Notfalltransport. Zwei Personen zum Beamen.“

„Verstanden.“

Traceless Grinsen wurde breiter, er griff Aris Schulter und schaute ihn an: „Das wird lustig.“

Dann dematerialisierten sie.
 

Vor knapp fünf Jahren
 

Als Ari den Mann losließ, schaute er sich um und konnte nicht anders, als wenigstens ein wenig verblüfft zu sein. Tatsächlich. Nachdem der Mann, der sich Traceless nannte, mit ihm zu diesem anderen Ort teleportiert war, hatte er die Frau, die Traceless „Chief“ genannt hatte, mit einem Schuss aus seiner Waffe von den Beinen geholt, war dann um die Konsole getreten und hatte andere Koordinaten eingegeben. Dann waren sie hier gelandet.

Hier – in einer Vorstadtsiedlung, die Ari nur allzu bekannt vorkam.
 

Von hier hatten seine Auftraggeber ihn seinerzeit abgeholt und das erste Mal betäubt, hier hatte er ursprünglich die komplette Komödie um Leroy Jethro Gibbs beenden und ihn erledigen wollen. Er fragte sich zwar immer noch, woher die Anderen wussten, was er vorgehabt hatte, aber – sie hatten ihn von hier entführt und nun war er wieder dort, wo alles angefangen hatte. Aber – stimmte auch das Jahr?
 

Gerade, als er sich davon überzeugen wollte, packte Traceless ihn und warf sich mit ihm in ein Gebüsch. Den Grund dafür erfuhr er in dem Moment, als er selbst an sich vorbeiging, zweifellos mit der Intention, Gibbs zu ermorden. Verdammt, sie waren tatsächlich in einer Art Zeitmaschine unterwegs. Als die merkwürdig maskierten Figuren sein anderes Ich schnappten, spürte er die schwere Hand Traceless auf der Schulter.

„Nicht eingreifen.“, erklärte er und deutete auf den anderen Ari, der gerade im Griff seiner Häscher zusammensank und in einen Lieferwagen verfrachtet wurde.

Der Israeli schüttelte in bloßer Verblüffung den Kopf: „Das überzeugt mich wirklich.“

Traceless grinste, als er sich aus dem Gebüsch schlug.

„Was machen wir hier?“, fragte er und schaute sich um. Ari zuckte mit den Schultern: „Da vorne wohnt der Mann, mit dem ich noch eine Rechnung offen habe.“

„Gibbs?“

„Woher wissen Sie das?“

Traceless verschränkte die Arme vor der Brust: „Das ist doch nun geschichtlich überliefert. Auch, wie es ausgehen wird. Sie werden in das Haus einbrechen und versuchen, Gibbs von der Kellertreppe aus umzubringen.“

Der Israeli schaute ihn an und nickte beeindruckt.

„Prinzipiell bin ich eher für die Idee, dass Sie sich durch den Keller schleichen und ihn versuchen, mit seiner eigenen Waffe zu erschießen.“

„Hm – das hat eine gewisse Ironie.“

„Stimmt.“, erklärte Traceless, „Und – wenn wir ehrlich sind: Wenn er sie sieht, wird er doch viel mehr Angst vor Ihnen haben, und das wollen sie doch.“

Ari lachte: „Angst? Ich bitte Sie. Ich weiß, dass ich ihm überlegen bin. Mit Angst machen hat es nichts zu tun. Er soll wissen, dass ich ihm überlegen bin. Darum geht es.“

„Überlegenheit, ja?“, fragte der andere Verbrecher, „Ich kann das nachvollziehen. Auch das Ding mit Iherer Schwester. Sehen Sie, meine Schwester ist Bordärztin an Bord des Schiffes, das auch noch die Nulpe kommandiert, die ich…“

Ari schaute ihn an: „Ich habe mich nicht an Ihrer Lebensgeschichte interessiert gezeigt, Mister Traceless.“

Der Mann mit den tausend Gesichtern nickte. „Ich verstehe.“

„Und ich werde da jetzt reingehen.“, sagte der Israeli und machte sich auf den Weg.

Traceless sah ihm lächelnd hinterher: „Viel Glück, Mister Haswari.“

„Ich werde kein Glück brauchen.“, erklärte der Andere und verschwand aus dem Sichtfeld des Verbrechers.

Traceless blickte noch einmal kurz dem Israeli hinterher, betätigte dann seinen Kommunikator und sagte, mit der Stimme Cals: „Cat an Dragonfly? Holen Sie mich hoch.“
 

„Verdammt.“, murmelte Samantha Carter und der hübsche Rotschopf Agatha Silverbirds fuhr zu ihr herum, „Was gibt es?“

„Wer auch immer die Typen sind, die hier ihre Basis aufgebaut haben, die Passwörter sind auf eine Art und Weise verschlüsselt, die ich erst einmal verstehen muss.“

Agatha seufzte.

Es hätte eigentlich ganz einfach sein können. Sie wollte nur Cal von seiner 5-Jahres-Mission mit dem SGC abholen und just in diesem Moment hatte man dem SGC einen Tipp zukommen lassen, dass es in einem kleinen, schnuckligen Drei-Etagen-Haus offenbar eine Scheinfirma gab, die mit dem NID in Verbindung stand. Eigentlich wollte Agatha nicht mit, sie wollte auch Cal sofort mitnehmen – sollte das SG-1 doch die Aufgabe lösen. Wofür waren sie denn schließlich das Team?

Jack O’Neill blickte durch die heruntergelassenen, roten Jalousinen des Hauses nach draußen, schob sie kurz hoch, und sagte, in seiner typischen Art: „Carter, Sie sollten sich beeilen. Wir bekommen Besuch.“

Cal trat ebenfalls ans Fenster und spähte hindurch.

„Hm, gut bewaffneten Besuch. Sind das P90er?“

Der Colonel hob seinen Feldstecher an, blickte hindurch und nickte: „Japp. Das kann noch lustig werden.“

„Lustig nennt er das?“, fragte Agatha und Sam zuckte mit den Schultern, „Er ist immer so.“

„Er kann Sie hören , Carter.“, ließ sich Jack vernehmen und die hübsche Blonde rollte kurz mit den Augen, ehe sie lächelte: „Natürlich, Sir.“

Dann verrutschten ihre Gesichtzüge: „Verdammt! Die Blockade ist zu gut. Ich kann da nur ein paar Tricks versuchen.“

Sprachs und hackte auf die Tastatur ein.

Von Außen drangen erste Schüsse an das Ohr der Eindringlinge.

Cal und Jack schauten sich an: „Partytime.“

Der Colonel stürzte los, der Captain wollte ihm folgen, stoppte in der Tür und schaute zu Agatha: „Alles in Ordnung?“

Die Rothaarige rollte gespielt genervt mit den Augen: „Meine Güte, mach endlich, Du Held.“

Dann wandte sich die hübsche Frau an die Blonde, die am Computerterminal verschiedene Eingabemöglichkeiten ausprobierte.

„Carter?“, erklang die Stimme Jacks aus ihrem Funkgerät, „Ein paar gute Neuigkeiten wären nicht verkehrt.“

„Tut mir leid, Sir. Die Verschlüsselung ist zu abstrakt.“

Damit warf sie einen Blick zu Agatha, die mit den Schultern zuckte: „Mich darfst Du nicht fragen. Ich kenn mich nur mit unserem Betriebssystem aus, aber das da ist ja…“

„Finsteres Mittelalter?“, bot Sam lächelnd an und deutete auf die Tür: „Dein Freund hat so reagiert, als er das erste Mal mit einem Computer arbeiten musste, der nicht sprachgesteuert war. Ihm dabei zuzusehen, wie er tippt, ist immer wieder eine Freude.“

Agatha grinste.

„Japp, so ist er.“

Kaum, dass sie das gesagt hatte, kamen auch schon Daniel, Teal’c, Jack und Cal in den Raum gehetzt.

„Es wird ein wenig eng hier.“, stellte Jack kurz fest und schaute dann zum Captain herüber: „Wär nicht verkehrt, einen von deinen Starfleettricks auszuspielen, Cal.“

Der Angesprochene schaute zu Agatha herüber, seine Augen wurden größer und er blickte den Colonel verdattert an: „Was? Erwartest Du von mir, dass ich jetzt mal eben den Phaser raushole und einen auf Actionheld mache?“

„Naja, du hast oft genug gesagt, dass du, wenn du die Chance bekommen würdest, beweisen könntest, was in Dir steckt.“, grinste Sam vom Computer her und Jack nickte: „Bitte, hier ist deine Chance.“

Der Captain schluckte.

„Erm.. . naja, …“

Er schaute ein wenig hilflos zu Agatha, die mit den Augen rollte und ihm ein mitleidiges Lächeln schenkte. Dann griff sie in die Tasche ihrer Einsatzweste.

„Bitte, eigentlich wollte ich es Dir noch nicht geben, aber…“

Damit legte sie einen kreisrunden Gegenstand in die Hand des Captains.

„Was is n das?“, fragte er und schaute sie fragend an.

„Ein Schildemitter. Befestige ihn dort an der Tür und wir sind für ein paar Minuten sicher.“

„Das trifft sich.“, sagte Sam, „Ich hab nämlich inzwischen das System entschlüsseln können. In ein paar Minuten kann eure Dragonfly uns rausbeamen.“

Der Captain betrachtete das Ding in seiner Hand und grinste: „Na, dann kann ich uns ja n paar Minuten kaufen.“

In dem Moment knallte es laut und hässlich und die Tür, in der Cal stand, hatte plötzlich eine rote Färbung bekommen.

Der Captain schaute verblüfft auf das Loch in seiner Brust, taumelte und ließ den Generator fallen. Jack schnappte ihn sich, richtete sich auf, schoss auf denjenigen, der auf Cal geschossen hatte und aktivierte den Generator.

Agatha war aufgesprungen, hatte sich zu Cal begeben und fing ihn auf, als er fiel.

„Es tut… weh.“, stellte er fest und schaute in ihre Augen. Dann wich das Leben aus ihnen.


 

Agatha Silverbird fuhr hoch und sah ihren Freund vor sich hocken. Er griff nach hier, hielt sie fest und sagte: „Hey, ruhig, ganz ruhig, du hattest einen schlechten Traum.“

Sie nickte und schaute sich um. „Hast Du tatsächlich Tony k.o. geschlagen?“

„Schatz, ich… es tut mir leid.“, sagte ihr Freund und Agatha hatte das Gefühl, dass man ihr den Boden unter den Füßen weg zog.

„Was tut dir leid?“, fragte sie und Cal machte eine allumfassende Geste, die der ganzen Situation galt, „Das hier.“

„Das hier?“, echote Agatha und merkte, wie in ihr leiser Inngrimm aufstieg, der sich, je mehr er sprach, nur noch verstärkte.

„Schatz, ich… es … wie kann ich es dir erklären? Schau mal, Ari gehört nicht in diese Zeit. Ich… ich musste ihn hier rausschaffen.“

Die hübsche Rothaarige legte den Kopf schief, stand auf und schaute nun auf ihn herunter, da er immer noch kniete: „Soll das heißen, dass Du das alles abgezogen hast, damit du das Vertrauen von Ari gewinnen und ihn in die Vergangenheit schicken konntest, damit er dort erschossen werden konnte?“

„Ja, so ungefähr.“, erklärte der Captain und Agatha seufzte: „Dann bin ich ja mal gespannt, was Gibbs dazu sagen wird. Und du wirst es ihm erklären.

Cal schluckte: „Könn… Können wir das nicht so deichseln, dass es für sie wirklich Traceless war? Ich meine, es macht doch keinen Unterschied.“

Die hübsche XO trat auf ihn zu, schaute ihm in die Augen und verpasste ihm dann eine schallende Ohrfeige: „Erstens sei ein Mann und steh zu deinen Taten, zweitens, es mag sein, dass es für die hier keinen Unterschied machen würde- für mich macht es jedoch einen. Himmelherrgott, ich habe schon Angst gehabt, dass Du verrückt geworden wärest.“

„Nicht mehr als sonst.“, sagte Cal und schaute sie ein wenig bedrückt an: „Ich meine nur… ich… können wir das nicht vergessen?“

„Nur, wenn Du mir ein Erdbeerparfait bringst.“

Cal blinzelte kurz und plötzlich schien es so, als sei alle Kraft aus ihm gewichen. Er sackte in sich zusammen und Agatha fing ihn auf, ehe er allzuhart aufschlug.

Dann überlegte sie kurz und ließ ihn doch hart aufschlagen.

Das Codewort, dass Gina ihm damals verpasst hatte, funktionierte also noch und das war gut so. Wenn der Captain tatsächlich die Sache so drehen wollte, dann… würde sie ihm dabei gerne zur Hand gehen.

Wenngleich sie die Erinnerung daran, wie Traceless den Captain ausgeschaltet hatte, ein wenig frisierte. Leise lächelte sie in sich hinein. „Strafe muss sein.“, murmelte sie, ehe sie sich vorbeugte, und dem Captain die Instruktionen ins Ohr flüsterte. Binnen Sekunden hatte er das, was tatsächlich passiert war, vergessen.
 

vor fünf Jahren
 

Leise und vorsichtig schlich sich der Attentäter durch das Haus Gibbs. Wenn sich der Terminplan des grauhaarigen Special Agents nicht geändert hatte, war er just in diesem Moment immer noch im Hauptquartier und so würde er Zeit genug haben, seinen Plan auszuführen. Tatsächlich erschien ihm die Idee, sich Gibbs mit seinem eigenen Gewehr zu stellen, durchaus faszinierend. Warum nicht?
 

Er schenkte seiner Umgebung einen kurzen, analytischen Blick. Die Wohnung als solche war zwar gemütlich, aber er hatte das Gefühl, dass Gibbs eigentlich permanent auf gepackten Kisten saß. Natürlich fand er eine Couch und als er ins Schlafzimmer blickte, ein Bett, aber – die Atmosphäre wirkte doch ziemlich kalt.
 

Eigentlich nicht verwunderlich, wenn man beachtete, woher Gibbs kam. Schließlich war er ehemaliger Marine und von daher ständig im Einsatz. Jemand, der immer wieder von seinen Lieben geholt werden konnte, wurde in der Regel wenig sesshaft. Natürlich fand er ein Haus, eine schöne Gegend, aber – die Gemütlichkeit war doch ziemlich vernachlässigt worden. Das Haus erinnerte ihn an seine eigene Wohnung, in der er auch nie wirklich die Koffer ausgepackt hatte.
 

Immer auf dem Sprung, immer auf Reisen.

Gibbs war auch so ein Typ und so überraschte es ihn nicht, dass der einzige Ort, der Tatsächlich sowas wie eine gewisse Geborgenheit ausstrahlte, der Keller war.

Er musste grinsen. Da stand tatsächlich ein Boot im Keller. Wie wollte der Mann es aus dem Keller bekommen? Aber – Hobbys brauchte der Mensch.

So schaute er sich um.
 

Erneut legte sich ein Lächeln auf die Lippen des Israelis, als er die Gläser voller Schrauben sah. Einmachgläser, ohne jeden Zweifel, die – vermutlich, wenn ihn sein Blick auf die Burbonflasche nicht trog, binnen Sekunden in Trinkgläser umgewandelt werden konnten.

Es war einfach nur faszinierend. Gibbs war das berühmte Mysterium, umgeben von einem Rätsel, eingebettet in einen Widerspruch.
 

Ari musste nicht einmal groß suchen – das war ein Minus für Gibbs. Das Gewehr – eine ‚Kate’, die Ironie war unverkennbar – so offen liegen zu lassen… da bettelte man doch darum, damit erledigt zu werden.

Und wenn sich niemand anders anbot, dann musste er diesen Job tun.
 

Ziva David konnte gar nicht glauben, was sie da sah. Ihr eigener Halbbruder, der Mann, dessen Kontrolloffizier sie war, hatte sie und den Mossad verraten. Hass quoll in ihr empor und sie fragte sich, wen sie mehr hasste. Ihn, weil er ihren guten Glauben ausgenutzt hatte? Ihren Vater, weil er Ari ausgebildet hatte und dennoch bereit war, ihn für eine gute Zusammenarbeit mit dem NCIS zu opfern? Oder doch sich, weil sie keine andere Wahl hatte, als diese Befehle auszuführen, die ihr Vater ihr gegeben hatte? Sie musste es tun, denn in diesem Moment hob Ari die Kate Gibbs und wollte ihn erschießen.
 

„Vergib mir, Bruder.“, murmelte sie auf Hebräisch und feuerte.

Getroffen ging Ari zu Boden.

Cal riss seinen Phaser hoch, doch drei Treffer ließen ihn zu Boden gehen.

Cal riss seinen Phaser hoch, doch drei Treffer ließen ihn zu Boden gehen.

„I can’t resist“…

BOOM
 

Direkt neben Ihr ging diese Bombe hoch. In einem Anflug puren, lebensrettenden Aktionismusses riss sie die Arme hoch, schützte ihr Gesicht von den sengendheißen Schrapnellen und merkte, wie die Druckwelle sie – einer lebenden Puppe gleich – von der Bühne trug. Ihr Körper sah sich in diesem Moment einer ungeheuren Tortur gegenüber, als Trümmer von Tischen gegen sie krachten. Sie selbst merkte noch, wie sie auf den Boden knallte, ihr Kopf nach hinten sank und sich Stille um sie senkte.
 

Ziva David war sich nie im Leben so sicher gewesen, das ihr Tod unmittelbar bevorstand. Eine Bombenexplosion aus nächster Nähe? Das konnte niemand überleben, die Chancen waren viel zu schlecht und ausserdem würde es sie nicht wundern, wenn sie sich alle zum Überleben notwendigen Knochen gebrochen hätte. Die Schmerzen waren der definitive Indikator dafür. Ein Teil von ihr merkte, wie sie immer losgelöster wurde und hieß es willkommen, ein anderer Teil verfluchte sich dafür. Sie war Mossad-Agentin, ihr Vater hatte sie trainiert, sie hatte sich gegen alle anderen Kameraden durchgesetzt und war eine gute Agentin geworden. Und gute Agenten gaben nicht einfach so auf.
 

„Komm nicht auf die Idee, zu sterben, Zivaaaa.“

Die Stille, die sich um sie senkte, wurde unterbrochen, ihre Gedanken wurden wieder aktiver und sie glaubte, eine vertraute Stimme zu hören.

Ziva, steh auf!

Die raue Stimme des Mannes, den sie in den letzten 3 Jahren als väterlichen Freund kennen gelernt hat, impfte ihr wieder etwas Kampfgeist ein.

Du bist eine David, wir geben nicht auf!

‚V… Vater?!’, schoss es ihr durch den Kopf und sie wollte die Augen öffnen, aber sie waren so schwer… so unendlich schwer.

Ich habe dich dafür trainiert, zu kämpfen, nicht, bei der erstbesten Explosion draufzugehen.

Die Stimme Elis war so …
 

Sie sah sich, im Büro des Mossad vor dem Schreibtisch ihres Vaters stehen, der sie anblickte und den Kopf schüttelte.

„Du hast mich enttäuscht, Ziva.“, sagte er und sie merkte, wie sie gegen ihren Willen hart schlucken musste, „Eine David gibt nicht auf. Du bist eine Kämpferin und du musst weiterkämpfen. Mach deinen Vater Stolz.“

„Oh“, hörte sie sich mit ihrer samtweichen Stimme sagen, „Ich wusste schon immer, dass Du mich liebst, Dad.“

Verwirrung erfasste ihren Geist – das war zwar ihre Stimme, die da gesprochen hatte, aber nicht ihr Gedankengang. Und dann merkte sie, dass sie sich offenbar verhört haben musste. Neben ihr stand nun, mit verschränkten Armen, Tony DiNozzo.

„Was denken Sie eigentlich, wer Sie sind?“, fragte der Chef des Mossad und der grünäugige Italiener bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick: „Ich bin der Mann, der Ihre Tochter liebt. Sie sind derjenige, der Ihre Tochter in diese Situation gebracht hat.“

Nun wandte er seinen Blick von ihrem Vater ab und konzentrierte sich ganz auf sie. Sie spürte den sengendheißen Blick dieser grünen Augen und schaute ihren ehemaligen Partner beim NCIS verwundert an.

„Sie“, setzte Tony an und an der Art, wie er sprach, merkte Ziva, dass er eigentlich immer noch mit ihrem Vater redete, „ist ein wunderschönes Geschöpf. Sie hätte so viel erreichen können – und Sie mussten aus ihr eine eiskalte Killerin machen.“

Nun blickte er sie direkt an: „Ich bin sicher, du hast noch nicht einmal mit Puppen gespielt, als Du klein warst. Und wenn, war es Ken in Uniform. Oder Major Matt Mason.“

Sie wollte gerade antworten, als sie merkte, wie sie angehoben wurde – als würde sie liegen und man würde sie auf eine Trage oder so verfrachten.
 

„Hören Sie mich?“, fragte eine Stimme plötzlich durch das Dunkel ihrer Gedanken, „Miss, können Sie mich hören?“

Dann hob jemand ihr linkes Augenlid an und leuchtete mit einer Stablampe in selbiges.

„Ahh“, machte sie schwach und versuchte, diese Stablampe zu erwischen um zu verhindern, dass man ihr weiter in die Augen leuchtete.

„Sie leben noch.“, stellte der Mann, dem die Stimme gehörte, erleichtert fest und schaute sie beruhigend an, „Keine Sorge, wir bringen Sie ins nächste Krankenhaus.“
 

„Ich habe mit Puppen gespielt.“, entgegnete Ziva, was

den Sanitäter verwundert die Augenbraue heben ließ. „Danach habe ich zwar gar nicht gefragt, aber okay.“, lächelte er, „Wie heißen Sie denn? Damit wir das in den Akten festhalten können.“
 

„Ziva, du bist gerettet.“, lächelte DiNozzo und sie merkte, wie ihr warm wurde.

„Vergiss nicht dein oberstes Training.“, hörte sie die Stimme ihres Vaters, „lass deine Tarnung nicht auffliegen.“

Tony schaute Eli mit einem vernichtenden Blick an: „Sie soll selbst am Rande des Todes noch lügen?“

„Es geht nicht anders.“


 

„L… Lola.“, sagte sie, und lächelte Tony an, der den Blick verwirrt erwiderte. „L… Lola DiNozzo.“

„DiNozzo“, echote der Doktor und schrieb den Namen auf. Dann lächelte er ihr beruhigend zu: „Keine Sorge, wir bringen Sie jetzt hier raus. Sie sollten sich aber noch ein wenig ausruhen, Ihre Verletzungen sind nach der ersten Untersuchung nicht schwer aber – sie haben ne ziemlich unschöne Kopfwunde.“

„Danke“, murmelte die Frau und schloss die Augen erneut.
 

„Ziva, mach so was nie wieder.“

Sie sah sich vor dem Schreibtisch ihres Vaters stehen, dessen zigarrenrauchende Gestalt langsam, aber sicher verblasste. Neben ihr stand ein lächelnder Anthony DiNozzo: „Du hast meinen Namen gewählt? Warum?“

„Das… es war der erste Name, der mir eingefallen ist.“

Tonys Lächeln wuchs in die Breite. „Jetzt lügst Du mich schon in deiner Vision an!“, schimpfte er amüsiert, „Schäm dich.“
 

Sie schaute ihn an, merkte, wie auch ihre Wangen und Lippen sich zu einem Lächeln verzogen.

„Halt doch die Klappe, DiNozzo.“

Dann beugte sie sich vor und küsste ihn.

Die Szenerie kippte.

Statt in die leidenschaftlichen, grünen Augen des Halbitalieners zu sehen, sah sie nun in die wahnsinnig-glitzernden braunen Augen des Mannes, der sich selbst Cal nannte. Sie erinnerte sich, dass er zuerst Tony niedergeschlagen, dann auf Agatha geschossen hatte und nun auf sie zielte. Sie wusste, dass sie sich nicht aus der Bahn würde werfen können und gerade, als ihr dieser Gedanke klar war, spürte sie, wie sie getroffen wurde, wie ihr Körper sich verkrampfte, sich ihre Hände zu Fäusten ballten und ihr schwarz vor Augen wurde.
 


 

Ziva David schlug die Augen auf und schaute sich verblüfft um. Sie lag tatsächlich auf dem Boden des Beobachtungsraumes. Kurz verfluchte sie die Waffe, die sie da getroffen hatte, setzte sich auf und konnte nicht verhindern, dass ihr ein Stöhnen über die Lippen kam. Ihr Kopf drohte zu platzen. Doch würde sie sich von so etwas unterkriegen lassen? So weit kam das noch. Nicht mit ihr – nicht mit Ziva David.

Obwohl ihr Kopf immer noch dröhnte und obwohl sie mehr als nur einmal blinzeln musste, um ihren Blick zu fokussieren, würde sie sich von sowas nicht aufhalten lassen. Es hatte ihr schon gereicht, dass Cobb sie damals niedergeschlagen hatte. Das war so demütigend gewesen. Sie war tatsächlich in die Falle dieses Wahnsinnigen gegangen, weil sie dachte, dass sie dort Ray treffen würde. Wie glücklich sie sich gefühlt hatte, als sie an diese Hoteltür geklopft hatte. Und dann…

Es war von dortaus alles zum Teufel gegangen.

Warum sie nun seit knapp 4 Wochen immer wieder an Tony dachte, war ihr irgendwie selbst nicht ganz verständlich. Es kam ihr vor, als sei sie eine willenlose Figur, in einer großen, verrückten, unlogischen Geschichte, einer Person, die um 00:25 Uhr vor einem Computer saß und versuchte, einen Sinn in das Leben, dass sie führte, zu bringen.

„Cal?“, hörte sie die samtweiche Stimme Agatha Silverbirds, die sie aus ihren Gedanken riss. Erneut blinzelte sie und erkannte einen wie hingestreckt wirkenden Captain Cat und eine sich über ihn beugende Agatha Silverbird.

„Cal, Schatz, kannst Du mich hören?“, fragte sie und begann, ihn sanft zu schütteln.

Und dann stürzte alles wieder auf sie ein.

Ari.

Sie hatten Ari gefangen genommen, sie hatten…

Schnell richtete sich die hübsche Israelin auf und wandte sich um – nur um verblüfft aufzukeuchen. Ari war fort und Gibbs lag am Boden.

„Verdammt.“, murmelte sie, machte einen Satz durch die kaputte Trennscheibe und eilte zu ihrem Chef. Ihre Finger suchten und fanden seinen Puls und sie atmete erleichtert auf.

Dann schaute sie hoch und zu Agatha herüber.

„Wie geht es Ihnen, Commander?“

Die hübsche Grünäugige warf ihr einen Blick zu, zuckte mit den Schultern und sagte: „Kopfschmerzen, Herzrasen – normale Nebenwirkungen einer Phaserbetäubung.“

„Ah – und was ist mit ihm?“

Damit nickte Ziva in Richtung des gefallenen Captains, dem Agatha gerade sanft über die Frisur streichelte.

Lächelnd zuckte sie mit den Schultern: „Typisch Cal einfach – ich nehme an, er wurde schon vorher durch Traceless ausgetauscht und hat es dann geschafft, hier auf uns zu treffen. Dann wurde er von Tracy betäubt.“

Die beiden Frauen schauten sich an. Kurz schossen Zweifel durch die Synapsen der hübschen Israelin.

‚Wir waren ohnmächtig. Vielleicht ist sie ja auch nicht Agatha, sondern Traceless.’

Schließlich hatte sich diese Art von „Tausch“ schon einige Male als möglich erwiesen – letztlich durch den bewusstlosen Captain, im Beobachtungsraum in Agathas – Traceless’s? - Armen lag, anstatt im Verhörraum, wo sie – Ziva – ihn eigenhändig hinbefördert hatte. Agatha gestattete sich ein leichtes Seufzen, rollte kurz mit den Augen und schaute sie dann an. „Geben Sie mir das Messer, Agent David – ich bin sicher, Sie wollen wissen, ob ich Traceless bin und werden mir erst glauben, dass ich ich bin, wenn ich blute, richtig?“

Ihre Stimme war zwar höflich, aber die Spur Amüsement war nicht zu überhören.

Ziva ließ ihre Hand in den Schaft ihres Schuhs gleiten und zog das Messer hervor.

„Wenn Sie nichts dagegen haben, Commander, würde ich selbst gerne die Überprüfung durchführen.“

Zwar war auch hier der Grundton höflich, allerdings ließ Ziva eine gewisse Drohung in ihrer Frage mitschwingen. Kurz starrten intensiv-grüne Augen in Nussbraune und dann zuckte die hübsche Rothaarige mit den Schultern: „Bitte sehr, tun Sie, was Sie nicht lassen können.“

Damit schwang sich Ziva wieder durch den zerstörten Spiegel – „Das bedeutet sieben Jahre Pech“, schoss es ihr durch den Kopf – und sie ging auf die XO zu, um ihr in den Finger zu schneiden.

Die Frau verzog nicht einmal das Gesicht, drückte einen Blutstropfen heraus und ließ ihn auf den Boden fallen. Dann schaute sie zu Ziva: „Zufrieden?“

„Aber ja.“, nickte die Angesprochene und wischte das Messer an der Hose ab, ehe sie sich selbst in den Finger stach, „Sie sehen, ich bin ebenfalls ich.“

„Ja, das sehe ich.“, sagte die XO und streckte die Hand nach dem Messer aus. Die Israeli gab ihr den gewünschten Gegenstand, den die XO ebenfalls an ihrer Hose abwischte, ehe sie die Hand des Captains ergriff, sie drehte und ihm in die Fingerbeere stach.

„AU!“; machte der Gepiekste, fuhr auf und hielt sich die Hand: „Auauauauauau.“

Dann blickte er verblüfft zu Agatha.

„Hey, was soll das?“, murmelte er mißmutig, als sie seine Hand griff, sich die Wunde betrachtete und das Messer an Ziva zurückgab: „Er ist auch nicht Traceless.“

„Na, dat hätt ich Dir auch gleich sagen können.“, schimpfte der Captain und Ziva bemerkte, wie Belustigung von ihrem Körper Besitz ergriff. Sie fragte sich, ob der Mann, der offenbar ein Schiff kommandierte, diese Belustigung auch bei Mitgliedern seine Crew hervorrief?

Vermutlich, denn ein Blick in die Augen Agathas zeigten, dass auch diese amüsiert glitzerten und dass sie ihre vollen Lippen aufeinanderpresste, um nicht lauthals loszulachen.

Verwundert blickte der Kapitän in die Runde, blinzelte und schaute seine XO an: „Schatz, kannst Du mir mal helfen? Ich fürchte, ich hab sowas wie einen Blackout. Was genau ist passiert?“

Agatha seufzte, schaute ihn an und sagte: „Das kann ich so nicht zulassen.“

Sie beugte sich vor, küsste ihn und flüsterte ihm ein Wort ins Ohr. Die Reaktion des Captains war genau so verblüffend, wie dramatisch. Er seufzte, erschlaffte in Agathas Armen, blieb ein paar Minuten so liegen und fand dann scheinbar wieder in die Realität zurück.

Ziva hatte solche Tricks schon einmal gesehen – in den diversen Varietés dieser Welt – aber sie hatte noch nie mitbekommen, wie jemand tatsächlich durch einen sogenannten Trigger in eine Trance versetzt wurde.

Cal schaute Agatha an und schnitt eine Grimasse: „Habe ich nicht…“

Die Angesprochene schnitt ihm das Wort ab: „Schatz, Du musst für deine Taten geradestehen. Es gibt keinen anderen Ausweg.“
 


 

Gibbs war wach und sauer. Das war nicht ganz richtig – er hatte darüber hinaus auch noch mörderische Kopfschmerzen, aber er würde den Teufel tun, sich deswegen aufzuregen. Er spürte nur, dass eine gewisse Grundwut in seinem Kopf steckte und sein Herz mit langen Messern piesackte. Er würde nicht nachgeben, nein, das würde er nicht tun. Und wenn dieser junge Mann, der sich als Captain vorgestellt hatte, zehn mal auf ihn geschossen hatte, er würde…

„Was haben Sie sich dabei gedacht?“, fragte der Chefermittler und warf einen Blick auf den sehr bedröppelt am Tisch sitzenden Cal, der gerade den Kopf einzog und sich versuchte, kleiner zu machen.

Eine Unterwerfungsgeste?

Vermutlich nicht, dieser Mann war Kommandant eines Raumschiffs. Da unterwarf man sich nicht gleich dem Erstbesten, der es schaffte, ihn einzuschüchtern. Ihm war es schon ein paar Mal passiert, dass man versucht hatte, ihn einzuschüchtern – und immer wieder war es misslungen. Und er trug die Verantwortung für Vier Leben. Dieser Mann hatte das Kommando über ein Raumschiff, auf dem – offenbar – mehrerere Hundert ihren Dienst taten. Da würde dieser Mann nicht einfach so…

Cal schaute ihn an.

„Okay, Special Agent Gibbs – lassen Sie mich Ihnen eine Frage stellen. Welche Schritte hätten Sie an meiner Stelle unternommen.“

Gibbs erwiderte seinen Blick, kurz blickte er nachdenklich in die Ferne, als alles aus den letzten Jahren, jede Entscheidung auf ihn zukam und er sie in dem Bruchteil einer Sekunde bewerten musste.

Nein, seine Entscheidungen konnte er immer rechtfertigen. Aber traf das auch auf Cal zu?

Er fixierte den Offizier mit einem Blick und fragte: „Und Sie? Was haben Sie unternommen?“

„Das, was getan werden musste. Das…“

Er machte eine Pause, seufzte und schaute zu Gibbs herüber: „Das… wozu niemand hier in der Lage gewesen wäre. Es konnte nur ein Starfleet-Offizier diese Leistung erbringen, denn – bei allem Respekt, Agent Gibbs, Sie haben nicht die technischen Mittel dazu.“

Gibbs nickte.

Die Geschichte machte insofern zumindest Sinn, dass sie stimmte. Niemand von ihnen hätte Ari in seine eigene Zeitlinie zurückbringen und ihn so dem Ende zuführen können, das ihm geschichtlich gesehen zustand. Aber Gibbs hatte das Gefühl, als wäre dies nur die Halbe Wahrheit.

Er betrachtete den Captain.
 


 

Es war ein Flop.

Ein absoluter Flop.

Tony warf einen Blick in den zerstörten Spiegel, schüttelte den Kopf, der ihm immer noch weh tat und schaute dann mit einem bösen Blick zu Cal herüber. Dieser Typ hatte ihn tatsächlich niedergeschlagen. IHN.

Und dann wollte er damit auch nur bewirken, dass dem Israeli nicht der Prozess gemacht werden konnte, sondern er sein Ende dort fand, wo es ihn eigentlich hätte finden sollen.

Damit standen sie ohne jegliche Hinweise da, wer den Attentäter auf sie angesetzt hatte, warum er dies getan hatte und was seine weiteren Ziele waren. Und das wurmte den NCIS-Agenten genauso.
 

Allerdings konnte er sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er sah, dass dieser Cal genauso unbefriedigt dreinblickte und – sogar noch besser – gerade von dem Meister in Verhörtaktiken in die Mangel genommen wurde. Wenn dieser Captain nur halb so stur und badass war, wie Gibbs, dann konnte man sich hier auf einen Zweikampf der Giganten freuen.

Ladies and Gentlemen , hörte er sich selbst im Geiste ausrufen, Kaufen Sie jetzt ihre Tickets. Der Kampf wird gleich beginnen – mindbattle of the titans.

Es war eigentlich klar, wie die Sache laufen würde. Gibbs würde ein Foto von Stones Leichnam auf den Tisch legen und ihn wieder fragen, was er wüsste und diesesmal könnte keine noch so gute Immitation eines Prominenten, die der Captain so gerne von sich gab, verhindern, dass Gibbs die Wahrheit erfuhr. Oh, er würde es versuchen – das war klar. Cal würde sicherlich versuchen, sich herauszuwinden, Fragen mit Gegenfragen zu beantworten, er würde sich nicht so einfach biegen und brechen lassen und…
 

Dann ließ der Sternenflottenoffizier die Schultern sinken, warf einen beschämten Blick zu Boden und rechtfertigte sich. Nicht halbherzig, sondern ernsthaft und ehrlich.

Er erklärte, dass er keine andere Wahl hatte und…
 

Das war doch langweilig. Das war doch kein Kampf der Giganten, das war…

„Typisch Cal.“, sagte Agatha neben ihm und schüttelte grinsend den Kopf, „So ist er. Ich frag mich manchmal, wie er es geschafft hat, das Schiff zu kommandieren.“

Der Halbitaliener schaute sie an und lächelte: „Das frage ich mich auch.“

Kurz schenkte ihm die hübsche Rothaarige einen Blick, zuckte dann mit den Schultern und lächelte ein stilles Lächeln. Natürlich wusste sie, wie der Captain es geschafft hatte, die Dragonfly zu kommandieren. Sie wusste sogar noch mehr – vermutlich sogar mehr, als Cal wissen konnte. Erneut wandte sie sich dem Halbitaliener zu.

„Wissen Sie, Agent DiNozzo, er ist nicht wirklich schlecht. Er… geht zwischendurch gerne mal einige unkonventionelle Wege.“

„Oh, den unkonventionellen Weg habe ich kennengelernt. Ziemlich genau gegen das Kinn.“, erklärte Tony und Agatha konnte nicht anders, als zu grinsen.

„Ich weiß, das war nicht unbedingt das Netteste, was er getan hat. Er kann anders sein, glauben Sie mir.“

Kurz seufzte der Angesprochene, schaute seine Konversationspartnerin an und zuckte mit den Schultern: „Für mich sieht er wie jemand aus, der es bei jeder Gelegenheit, die sich bietet, schafft, betäubt zu werden.“

Die hübsche Rothaarige zuckte mit den Schultern und lächelte. Sie erinnerte sich an eine Unterhaltung, die sie mit Cal und Sam Carter vor etlichen Jahren geführt hatte.
 

Sam lag auf ihrem Bett und schlief. Sie sah nicht den Schatten, der in ihrem Zimmer herumwanderte. Es war der Schatten, einer Person, die etwas suchte. Sam, die einen leichten Schlaf hatte schreckte hoch und sah sich der vertrauten Gestalt Agatha Silverbirds gegenüber. Sie versuchte, zu improvisieren.

„Kree hel ma schol.“, sagte sie.

Agatha fuhr erschrocken herum und hatte den Phaser in Schussbereitschaft.

„Senken Sie die Waffe, Commander Silverbird..“, sagte Sam.

Agatha blickte sie mißtrauisch an.

„Ich bin keine Goa’Uld, das habe ich doch schon Ihrem Captain erklärt.“, flüsterte Agatha.

„Ja, aber er ist sich da nicht so ganz sicher. Und ich auch nicht.“, sagte sie halblaut und hielt den Phaser immer noch schussbereit. Dann nahm sie aus ihrer Brusttasche einen Tricorder und fuhr damit über Sam.

„Sie sind wirklich keine Goa’Uld.“, stieß Agatha hervor.

„Na, sag ich doch.“, sagte der Major in einer leicht genervten Stimmlage und die erste Offizierin des Sternenflottenschiffes hatte das Gefühl, dass sie, wenn sie Jack O`Neill gegenübergestanden hätte, es garantiert leicht zynische Bemerkungen gehagelt hätte.

Von draußen drangen Schritte an die Ohren beider Frauen, die sich verblüfft anblickten.

Agatha machte die bekannte Psst-Geste und fluchte halblaut. Anschließend rollte sie sich unter das Bett. Noch bevor sich die mächtigen Flügeltüren des Zimmers geöffnet hatten, hatte Sam das Licht gelöscht und sich wieder in das Bett zurücksinken lassen. Mit geschlossenen Augen atmete sie ruhig und gleichmäßig, das Ebenbild einer schlafenden Göttin.

Als sich die Türen schlossen, wurde es noch Dunkler.
 

Sam hörte, wie Agatha unter dem Bett hervorkam, dann hörte sie einen Schlag und einen Fall. Sam knipste das Licht wieder an und sah, wen Agatha niedergeschlagen hatte. Dort lag, mit schmerzverzerrtem Gesicht, Calvin. Agatha tauschte mit Sam einen verwirrten Blick und ging dann neben Calvin in die Knie. Sie drehte sich wieder zu Carter und diagnostizierte: „Der ist nur ohnmächtig. Sowas nennen wir von der Dragonfly den Cat-Faktor. Der gute Captain hat das unfehlbare Talent mindestens einmal in jeder Mission das Bewußtsein oder den Willen zu verlieren. Aber er nimmt keine guten Ratschläge an.“

„Ich tu das nur für euch.“, murmelte Calvin benommen.

Er richtete sich auf. „Ihr seid der Grund. Vor allen Dingen Du, Agatha.“

Damit wandte sich der Captain der Dragonfly an Sam. „Sie hat nämlich das unfehlbare Talent, irgendwelche Sachen zu sagen, oder Dinge zu tun, weswegen sie eigentlich sofort betäubt oder hypnotisiert werden sollte. Aber ich renne da immer zwischen. Pech, das.“ Carter wollte aufstehen, doch sie ließ es bleiben. „Könntet Ihr beiden jetzt bitte mein Quartier verlassen? Weswegen seid ihr eigentlich hier?“, fragte sie.

„Ich wollte mich nur vergewissern, das sie tatsächlich auf unserer Seite sind.“, erläuterte Calvin.

„Sie ist es.“, merkte Agatha an.


 

Der Captain hatte damals recht gehabt. Sie war das gewesen, was Severus Snape als „insufferable little Miss Know-it-all“ genannt hätte. Wenn man bedachte, wie sie an das Wissen gelangt war, war es allerdings recht verständlich, warum sie dieses Wissen teilen wollte. Doch anfangs war sie die Hermine ihrer Klasse auf der Sternenflottenakademie, was sich änderte, als sie auf Cal traf. Er war schon immer ein Sturkopf gewesen - nicht zwangsläufig ein Bad Boy –Typ, der sich zu cool, um zur Schule zu gehen, vorkam, aber er hatte so seine Momente. In der Regel war er zwar recht freundlich und zurückhaltend, aber wenn ihn jemand reizte – Junge – da konnte es unangenehm werden. Zwar meistens für den Captain selbst, der sich mit schöner Regelmäßigkeit verprügeln ließ, aber manchmal durften auch andere Klassen“kameraden“ ihre Zeit in der Krankenstation verbringen.
 

Und es gab diese Momente, in denen sich Cal zum großen Helden aufspielen wollte. Manchmal tat er es, weil er wirklich eifersüchtig war, wenn jemand anderes mit Agatha sprach und diese sich die Schmeicheleien gefallen ließ. Dann stürmte er mit Flammen in den Augen auf diesen Nebenbuhler zu und machte mit klaren Worten deutlich, dass Agatha seine Freundin war. Sie erinnerte sich daran, dass er es sogar einmal tatsächlich geschafft hatte, diesem Nebenbuhler zu sagen „Finger weg von meiner Freundin.“ , ehe der Typ ihn zu Boden geschubst hatte.
 

Auf der Dragonfly war es auch nicht besser. Sie hatte ihre „Know-it-all“-Attitüde immer noch nicht wirklich abgelegt, was dazu führte, dass der ein oder andere Planetenherrscher ihr eine Lektion erteilen wollte. Meistens warf sich Cal dazwischen – das führte dazu, dass er erstens eine unglaubliche Resistenz gegen Schmerzen entwickelte (zu irgendwas muss das ja gut sein) und zum zweiten, dass er selbst die noch größere Klappe hatte, was dazu führte, dass man ihn in der Regel angriff.
 

Sie lächelte.

Wie hatten die Beiden es eigentlich geschafft, die Dragonfly so lange kommandieren zu können, ohne das Schiff zu sprengen?

Oder – zumindest nicht so häufig?

Einmal war es gesprengt worden.

„Äh, Capitano? Was leuchtet da auf?“, fragte Jack in gewohnt lässiger Manier.

Cal starrte auf den Schriftzug.

„Shit. DAS SCHIFF GEHT GLEICH IN DIE LUFT!!!“, schrie er, während seine Stimme sich überschlug.

Er versuchte die Selbstzerstörung zu beenden, aber erntete nur

„Schwere Ausnahmefehler“.

„Okay. Vielleicht kann ich uns noch von Bord beamen.“, mutmaßte Cal.

Er drückte den Knopf…………
 

Agatha spürte, wie sich ihr die Kehle zuschnürte, als sie hörte, das sie alle eventuell auf dem Schiff sterben würden.

Sie schloss die Augen und zählte stumm einen Countdown.

„Zehn, neun, acht, sieben, sechs…“, hörte die XO die Computerzeitansage, und dann spürte sie, wie irgendetwas geschah.
 

Sie hörte die Explosion des sogenannten Warpkerns und stellte sich vor, wie die Flammen sich durch das gesamte Schiff fraßen.

Dann hörte Sie durch den Krach der gewaltigen Explosion ein Singen und alles wurde schwarz. Und sie war allein mit ihren Wünschen und Träumen und sie haßte das Alleinsein. Sie dachte an all das, was noch vor ihr gelegen hätte, was sie alles noch erleben wollte. Sie dachte an Cal, Gina, Ihre Eltern, ihren Job. Und dann kam die Realität. „Du bist tot, tot … TOT!“, schrie es in ihrem Kopf. Und alles wurde um ihren Verstand immer dunkler. Und sie verfluchte in ihren letzten Sekunden die Goa’Uld.
 

Natürlich war sie seinerzeit nicht gestorben, sondern war, zusammen mit Cal, Jack, Sam, Daniel und Teal’C auf einer kleinen Insel materialisiert.

Ihr Kopf ruckte hoch, sie schaute zu Tony herüber und lächelte ihn an, mit einer Spur Melancholie im Blick.

„Wir alle waren damals… nennen Sie es ruhig ‚naiv’, Agent DiNozzo. Damals dachten wir, wir kämen mit allem durch. Das hatte sogar dazu geführt, dass Cal eine zeitlang, zu Forschungszwecken dem Team um Jack O’Neill zur Hand gehen durfte. Er artbeitete damals tatsächlich mit den Mitgliedern des Teams zusammen, wohnte zwischenzeitlich bei ihnen im Haus und trieb sie alle in den Wahnsinn.“

Erneut lächelte sie.

„Von daher – ich bin es gewöhnt, wie er ist. Ich glaube, wenn er anders wäre, ich würde ihn gar nicht erkennen. Oder ich würde vermuten, dass es Traceless wäre, wenn er sich allzu kompetent darstellte.“

„Das mag sein“, sagte der Halbitaliener und schenkte ihr ein freundliches Lächeln, „Aber… ich finde dennoch, dass er es ziemlich übertreibt.“

Sie lachte.

„Oh, da machen Sie sich keine Begriffe, Agent DiNozzo. Er ist… bescheuert. Rettungslos bekloppt. Aber – das macht ihn aus. Fragen Sie mich nicht – ich glaube, die Crew macht deshalb mit, weil es den großen Vorteil hat, dass wir das machen können, was wir wollen. Also wir brauchen keine Erlaubnis vom Captain einzuholen.“

Tony brauchte einen Moment, um das zu verdauen, blickte dann zu Agatha und sagte, mit einem Hauch Wehmut in der Stimme: „Also wirklich frei zu sein, das hätte etwas.“

„Ach kommen Sie“, lächelte die XO, „Sie brauchen doch diesen ganzen Action-Kladeradatsch. Ihnen würde doch die Jagd abgehen, Ihnen würde es doch fehlen, mit vorgehaltener Knarre ein ‚BUNDESAGENTEN’ zu brüllen.“

Schulternzuckend schaute der Halbitaliener sie an: „Ich weiß nicht. Die Zukunft, die in Star Trek beschrieben wird, klingt eigentlich ganz … nett.“

„Von ein paar Schönheitsfehlern wie ‚Dominion-Krieg’, ‚Borg-Invasionen’ und amoklaufenden Geheimdiensten mal abgesehen…“, sagte die XO und der Bundesagent nickte: „Zugegeben, da ist was dran.“

„Aber wenn Sie dies alles doch kennen, warum haben Sie mich damals nicht darauf angesprochen, als ich auf die Borg angespielt habe?“

Ihre grünen Augen funkelten fragend und quasi als Antwort zeigte sich ein amüsiertes Glitzern in den Augen DiNozzos.

„Ich hab Sie damals für vollkommen verrückt gehalten. Und solche Leute bestärkt man lieber in ihren Fantasien, anstatt, dass man versucht, sie auf Gedeih und Verderb davon zu überzeugen, dass sie nicht die Wahrheit erzählen.“

Nun war es an ihr, schulterzuckend zu nicken: „Da ist was dran.“

„Und wenn ich so ganz ehrlich bin – wirklich überzeugt waren McStarfleet und ich erst, als wir auf dem Holodeck waren.“

„Ich verstehe.“, machte Agatha und lächelte ihn freundlich an: „Sie haben da wirklich gute Arbeit geleistet und… wenn Sie wollen, können Sie sich auch mal ein paar Stunden dort vergnügen. Da hat der Captain – glaub ich – nix dagegen.“

„Commander, wenn Sie mich nicht duzen, mach ich da gar nichts.“, sagte Tony und hielt ihr die Hand hin: „Ich bin der Tony.“

Die hübsche Rothaarige lachte und drückte seine Hand: „Ich bin Agatha.“
 

Ziva, die nun ebenfalls im Verhörraum stand, schaute zu dem NCIS-Agenten und der Sternenflottenoffizierin und ein Teil von ihr fragte sich, ob Tony da gerade ernsthaft flirtete. Wenn ja, würde er das büßen.

Sie wandte sich an Cal, beugte sich vor und schaute ihm in die Augen: „Sagen Sie, Captain, warum haben Sie uns alle angegriffen?“

Die Antwort war sehr überraschend.

Kurz blickte der Captain zu Boden, dann in ihre Augen und zuckte dann mit den Schultern: „Ich… ich musste es realistisch gestalten. Es tut mir leid, wenn ich Ihnen wehgetan habe, Agent David, aber… ich musste diesen verrückten Sternenflottencaptain spielen, damit man mir nachher den Traceless abnimmt. Deswegen bin ich ja auch gegen die Konsole getaumelt, um die Kameras abzuschalten. Ich hatte ja eigentlich gehofft, dass ich nicht hier sitzen müsste und das alles erzählen. Temporale erste Direktive und so. Aber… es ist halt anders gekommen.“

Die Israelin setzte sich, nahm erneut Blickkontakt auf und hielt ihn in ihrem Blick gefangen.

„Also, reden wir doch mal Klartext. Sie sind in einer Bundesbehörde Amok gelaufen und haben einige Mitglieder eines Teams verletzt. Darüber hinaus haben Sie auch noch mitgeholfen, dass ein Verbrecher entkommt. Das sieht nicht gut für sie aus.“

Cal nickte: „Und wenn ich Ihrer Jurisdiktion unterliegen würde, hätt ich auch jetzt Panik.“

Kurz schluckte er: „Gut, okay, ich hab Panik. Aber nicht, weil Sie mich einsperren könnten, sondern – ganz im Gegenteil – weil sie mich aussperren könnten. Und niemand kann besser Traceless jagen, als ich.“

„Ziemlich selbstsicher.“, stellte Ziva mit einem leichten Lächeln fest.

Cal zuckte mit den Schultern: „Naja, ich jage diesen Schweinehund ja auch nun inzwischen ein paar Järchen. Spätestens, seit er mich auf dieser einen Mission ausgeknocked hat, will ich ihn hinter Kraftfeldern sehen. Und jetzt macht er hier Trouble – bitte, sie können… klar, sie können mich aussperren, sie können mich einsperren, aber… er ist so bekloppt, so unlogisch, dass sie einen genau so verrückten Menschen brauchen, der ihn fangen kann.“

„Was Sie seit Jahren versuchen, wie Sie gerade selbst zugegeben haben.“, sagte Ziva und ihr Lächeln wurde eine Spur breiter.

Der Captain schluckte unbehaglich, schaute sie an, dann runzelte er die Stirn und blickte an ihr vorbei.

„Hey, Agatha.“, rief er, „Was tust Du da eigentlich mit DiNozzo?“

„Wir unterhalten uns, Cal.“, rief sie zurück und klang eine Spur schnippisch, was Ziva durchaus verstehen konnte. Er hatte sie nicht in seinen Plan eingeweiht, er hatte von ihr verlangt, dass sie die Vorkehrungen traf, damit er nicht aussagen konnte und alles in allem schien sie die weitaus intelligentere der Beiden zu sein. Deswegen machte sie sich auch keine Sorgen, dass die hübsche Rothaarige etwas mit DiNozzo anfangen würde. Erstens gab es da so was wie die erste temporale Direktive, die die beiden Sternenflottenoffiziere immer gerne zitierten und zweitens war sie clever genug, um zu wissen, dass Tony ihr – Ziva – gehörte.
 

Ha , schoss es dem Halbitaliener durch den Kopf, als Cal zu Agatha herüberrief, der wird eifersüchtig. Na warte mal ab, Cal, warte mal ab. Wenn Du mit Ziva flirtest, flirte ich mit Agatha.“

Und er beugte sich vor, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern.

Der Blick, den er daraufhin von Ziva erntete, würde ihn beinahe zu einer Eisskulptur erstarren lassen, so kalt war er. Und auch die hübsche Rothaarige warf ihm einen ähnlich eisigen Blick zu. Also flüsterte er ihr zu: „Ich wollte eigentlich nur Ziva eifersüchtig machen. Ich habe nämlich das Gefühl, dass sie mit Cal…“

Agatha kicherte mädchenhaft, ehe sie flüsterte: „Das war für die Show. Aber unter uns – nein. Ziva liebt Sie… Dich… viel zu sehr, als dass sie mit jemandem fremdgehen würde. Und wenn… da würde ich mir an deiner Stelle lieber Sorgen darum machen, ob sie nicht mit Tim durchbrennen könnte.“

„McInternet?“

Tony war überrascht und Agatha grinste: „Hast Du das noch nicht bemerkt, dass er ihr bester Freund ist? Ist dir noch nicht aufgefallen, dass sie ihn zwischendurch anschaut?“

„Das ist doch … das ist doch nur, wenn er wieder irgendwelche Computerfakten runterrattert.“, sagte Tony.

Agatha gab ihm einen kleinen Kuss auf die Wange, zwinkerte ihm zu und lächelte: „Natürlich.“

Irgendwie war sich der Halbitaliener nach dem Kuss nicht mehr so sicher, ob sie ihn nur aufziehen wollte.
 

Cal schaute überrascht auf, als Agatha Tony einen kleinen Kuss auf die Wange gab und ihm zuzwinkerte. Was … was sollte das denn jetzt?

Am Liebsten hätte er sich lautstark geäußert, aber der Blick, den Agatha ihm zuwarf, war unmißverständlich. Also schluckte er die Wut herunter und widmete sich wieder seinem Verhör durch die hübsche ehemalige Mossad-Frau.
 

Ein paar Stunden vorher

McGee schaute seinen Boss entsetzt an, der gerade etwas gesagt hatte, was er am Liebsten nochmal zu hören einfordern wollen würde. Hinter ihm floss der breite Anacostia-River in einem ruhigen Tempo dahin – wenn auch nicht wirklich. Wenn man überlegte, dass sie in einem Holodeck waren… es machte einen die Realität anzweifeln.

So wie jetzt, in diesem Moment.

„Bitte, könntest Du das nochmal wiederholen, Boss?“

Der Senioragent schaute seinen Computerexperten aus diesen eisblauen, weisen Augen an und nickte: „Ich möchte, dass Du jetzt nach Hause gehst.“

„Aber – Ihr könnt mich beim Verhör gebrauchen. Ich… ich kann das. Ich habe geübt, ich habe mit Abby und Ziva geübt, ich… ich kann das.“

Gibbs legte ihm eine Hand auf die Schulter.

„Ich bezweifele nicht, dass Du in der Lage wärest, ein Verhör durchzuführen, ich bezweifele, dass Du in der Lage wärest, dieses Verhör durchzuführen.“, erläuterte sein Chef und McGee hatte das Gefühl, zu fallen.

„Wenn es um Kate geht… ich bin darüber hinweg.“

Gibbs schüttelte den Kopf.

„Es geht nicht um Kate – das weißt du.“

„Und um wen dann?“

Es mochte sein, dass die Frage ein wenig trotzig geklungen hatte und die Ermittlerlegende Leroy Jethro Gibbs durchbohrte ihn beinahe mit seinen Blicken.

„McConnaugh hat Dir etwas bedeutet.“

Kurz holte der Computerexperte Luft, schaute Gibbs an und blickte kurz zu Boden. Er nickte.

„J… Ja. Aber – ich bin in der Lage, das auszublenden.“

Ein leichtes, fast mitleidiges Lächeln war in Gibbs Gesicht zu erkennen, als er seinen jüngsten Agenten anblickte.

„Ich weiß, das glaubst Du. Ich dachte auch, dass ich in der Lage wäre, den NIS seine Arbeit tun zu lassen, als…“

Er brach ab. Zwar sprach Gibbs in der Regel nie über Shannon und seine Tochter, aber es gab diese Momente und wem konnte man sich dann besser anvertrauen, als einer verwandten Seele? Tim ahnte, dass sein Chef genau wusste, dass Laura McConnaugh – obwohl es ihnen nur sehr kurz vergönnt war, sich zu kennen – für ihn, McGee, zumindest eine gute Kandidatin auf den Posten der ‚einen’, der besonderen Frau, gewesen war.

Der junge Agent holte tief Luft und schaute seinen Boss an.

„Wir wissen nicht, ob Ari für den Tod Lauras verantwortlich ist. Ich weiß das. Es könnte auch jemand Anderes sein und ich will verdammt sein, wenn ich mich …“

„Ich kenne das alles.“, sagte die Ermittlerlegende und schüttelte den Kopf: „Glaub mir… jetzt bist Du sicher, dass du nicht ausflippen wirst. Aber wenn du das Schwein siehst, wenn du siehst, wie er unbekümmert im Auto sitzt und… wie er sich im Verhörraum auf dem Stuhl aalt. Du wirst ihm das Gesicht einschlagen wollen. Glaub mir, ich habe es erlebt.“

McGees Blick traf den von Gibbs.

Und er sah, dass in den Augen seines Chefs kalte Wut funkelte. Es war nicht so, dass dort tatsächlich Zorn lodern würde, es war eher sowas wie extreme, glitzernde Kälte.

Da wusste er, dass er keine Chance hatte, sich gegen seinen Chef durchzusetzen. Nicht in dieser Angelegenheit und nicht hier. Aber einen kleinen Trost hatte er – Ari würde bezahlen. Da war er sich sicher. Gibbs würde ihn so hart durch die Mangel drehen und keiner würde hereinkommen, und ihn davon abhalten, es zu tun. Vermutlich würde man noch Eintrittskarten verkaufen müssen. Er sah es schon vor sich, wie Ari immer wieder in die Ecke gedrängt wurde – sowohl metaphorisch, als auch real, und er gönnte es dem Schweinehund.

Vermutlich war es auch besser, dass er nicht anwesend sein würde.
 

Er wandte sich zu Ziva und Tony, nickte beiden freundlich zu und machte sich auf den Weg zum Transporterraum. Ein leichtes Lächeln stahl sich auf seine Lippen, denn es war ein Raumschiff der Intrepid-Klasse, auf dem er war. McGee kannte sich hier aus – er hatte nicht umsonst Voyager gesehen.

„Lenk dich ab, Timmy.“, dachte er sich, „Lenk dich ab. Laura ist tot, aber ihren Mörder trifft die gerechte Strafe. Lenk dich ab.“

„Computer, Ausgang.“, hörte er die Stimme Cals und hob den Kopf.

Der Offizier nickte ihm zu: „Agent McGee.“

Dann wandte er sich zum Ausgang.

Der Agent folgte ihm, als Cal stoppte, den Kopf in den Nacken legte, als fiele ihm gerade ein, dass er was vergessen habe, und sich auf dem Absatz umdrehte. Er schaute nun ihn – Timothy McGee – an.

„McGee… Tim… Agent… ich… es tut mir leid. Ich hätte auf der Erde nicht so… es war nicht fair von mir.“

McGee schaute ihn an und zuckte mit den Schultern: „Hey, ich kanns verstehen. Vermutlich würde ich genau so reagieren, wenn ich erführe, dass ich ein ausgedachter Charakter bin und Leute über mich Fanfictions schreiben, in denen ich die Liebe meines Lebens finde und sie gleich wieder verliere. Oder in denen man mich mit meinen Mitarbeitern zusammen-pairt.“

Cal grinste: „Ich weiß nicht – eine Mc/Abby-Shipping-Story wär doch mal was. Oder wie wäre es mit einer Mc/Ziva?“

Der Agent schaute ihn, mit einer Mischung aus Verlegenheit und Amüsement an: „Solange es keine Mc/Tony ist.“

„Amen to that, brother.“, lachte der Captain und zwinkerte ihm gut gelaunt zu, ehe er über seine Schulter deutete: „Ich muss jetzt in die Krankenstation. Mein Typ wird verlangt.“

„Schon Klar, Captain:“

„Cal. Nennen Sie mich Cal.“, sagte der Offizier und hielt ihm die Hand hin, die dieser ergriff und mit einem „Ich bin Tim“ antwortete.

„Okay, Tim.“, machte der Captain, ehe er nach links deutete und sagte: „Dort geht es zum Transporterraum. Ich bin sicher, Du sollst dich runterbeamen lassen, ja?“

„Woher weißt du das?“

Cal zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung – ich glaube, ich würde es an Gibbs Stelle auch so machen, wenn einer meiner Crewmitglieder gerade seine Schwierigkeiten hatte.“

„Und woher weißt du das?“

Tim verschränkte die Arme, schaute den Captain aufmerksam an, der den Kopf schieflegte und seine Arme ausbreitete: „Raumschiff aus der Zukunft? Ich weiß einiges. Zwar nicht alles, aber… den Großteil. Du hast heute eine Person verloren, mit der Du eine Beziehung hättest haben können.“

Nun verengten sich McGees Augen zu schlitzen: „Du wusstest das und hast nicht eingegriffen?“

„Erstens wusste ich es nicht, sondern hab vorhin Ziva und Tony darüber reden gehört – und zweitens, selbst wenn ich es gewusst hätte, hätte ich nicht eingreifen können. Du weißt doch… die verdammte erste temporale Direktive.“

„Zum Teufel damit. Die wurde oft genug gebrochen!“, sagte der Agent laut und Cal nickte: „Das ist schon richtig, aber nicht so oft an einem Ort. Das könnte das Universum ein wenig… also… erm…. Naja, es geht nicht.“

Wie konnte dieser Sternenflottenoffzier nur so… stur sein?! Er – McGee – hatte gerade jemanden verloren und der Captain hatte die Möglichkeit und …

McGee funkelte ihn an: „Du willst es nur nicht.“

„Hey, das ist unfair. Ich würde gerne, aber… ich kann nicht.“

Eine kultiviert-klingende Stimme mischte sich ein: „Er kann es wirklich nicht.“

Verblüfft drehte sich McGee um, und musste sich zusammenreißen, damit ihm nicht die Kinnlade herunterklappte. Angelina Jolie war Sternenflottenoffizier?

„Miss… Miss Jolie, ich…“, stammelte er, ehe er sie erneut anblickte.

Die vermeindliche Schauspielerin lächelte und ging auf ihn zu: „Ich bin nicht Angelina Jolie. Ich bin Angela Stone und – ja, ich bin eine der Nachfahrinnen der Schauspielerin.“

Erneut ein Lächeln, dann nickte sie Cal zu: „Der Captain kann wirklich nicht anders. Es gibt schließlich Regeln. Die erste temporale Direktive darf gebrochen werden, wenn etwas passiert, das so nicht hätte stattfinden sollen – beispielsweise das Auftauchen Aris in dieser Zeit. Allerdings ihn daran zu hindern, Laura zu töten ist – so traurig es ist – falsch.“

„Warum? Schließlich wäre sie, wenn Ari nicht in unsere Zeit gebracht worden wäre, nicht gestorben.“

Stone zuckte mit den Schultern.

„Temporale Logik ist nicht immer logisch, wissen Sie? Ich wünschte auch, ich könnte in die Vergangenheit reisen und den Tod meines Mannes verhindern, aber…“

McGee schaute sie an: „Ihr Mann?“

„Ja, mein Mann war Thaddeus Stone.“
 

Irgendwie war das der Auslöser. Er dachte darüber nach und – egal wie er es auch drehte und wendete, es machte Sinn und gleichzeitig nicht. McGee wünschte sich, dass es die Möglichkeit gäbe, Laura zu retten, aber irgendwie war ihm klar, dass es sie nicht gab.

Angela schaute ihn an, lächelte traurig und sagte: „Wir sind die Hinterbliebenen. Wir müssen das, was unsere Geliebten ausmachte, weiter in uns tragen, sonst sind sie umsonst gestorben.“

Der Captain der Dragonfly blickte sie an und blinzelte: „Wow, das war… gut.“
 

McGee lag in seinem Bett und die Ereignisse der letzten Stunden verfolgten ihn.

Er sah, wie er von Ari erschossen wurde – was ja nicht wirklich passiert war – er sah, wie Ari Kate erschoss und wie er Laura tötete… und dann schlief er ein.
 

Jetztzeit
 

Die Tür des Aufzugs öffnete sich und ein gut-erholter McGee verließ den Fahrstuhl. Er staunte nicht schlecht, als er Tony an seinem Schreibtisch sitzen sah. Hatte der Halbitaliener ein…

„Wenn Du mich auf mein blaues Auge ansprichst, verpass ich Dir eine Kopfnuss, Bambino.“, warnte der Mann und McGee hob abwehrend beide Hände, ehe er grinste: „Ich hatte nicht vor, nachzufragen.“

„So siehst Du schon aus.“, knurrte der Andere.

McGee ignorierte dies und ließ sich auf seinem Stuhl nieder, ehe er sich an Tony wandte: „Wo sind der Boss und Ziva?“

„Vermutlich beschweren Sie sich bei Vance über diesen Sternenflottenidioten.“, sagte der Angesprochene und warf einen missmutigen Blick auf seinen Computermonitor.

‚Sternenflottenidioten?’, fragte sich McGee und wollte gerade etwas sagen, als Agatha Silverbird den Bullpen betrat und zu Tony blickte: „Ihr könnt ihn doch nicht da unten eingesperrt lassen.“

„Warum nicht?“, fragte der Halbitaliener, „Nach dem, was er sich geleistet hat, kann er froh sein, dass wir ihn nicht vor die große Kanone am JAG-Hauptquartier stellen und sie abfeuern. Obwohl ich da nicht übel Lust zu hätte.“

McGee schluckte und blickte zu Agatha: „Was ist denn passiert?“

„Der ‚Captain’, setzte Tony an und schaute zu McGee herüber, „hielt es offenbar für angebracht, einen auf ‚Madman’ zu machen und dann Ari zu befreien.“

„Was?“, machte der Computerexperte und widmete seine Aufmerksamkeit der Rothaarigen, „Was hat er getan?“

Die XO zuckte mit den Schultern und man hatte den Eindruck, als würde sie jeden Moment die Beherrschung verlieren.

„Ich… es hat etwas mit der Richtigstellung der Zeitlinie zu tun.“, sagte sie und McGee richtete sich auf: „Richtigstellung der Zeitlinie? Darf ich Dich daran erinnern, dass man direkt hier“ – er deutete auf den Punkt, auf dem er stand – „eine mögliche Freundin von mir in den Kopf geschossen wurde? Der Mörder ist jetzt in der Vergangenheit und…“

„… wurde dort von mir erschossen.“, meldete sich die Stimme Zivas von der Treppe her. Sie kam langsam herunter und McGee sah, wie Tony sie ganz fasziniert anblickte. Ein leichtes, wehmütiges Lächeln umspielte die Lippen des Romanciers. So hätte es mit ihm und Laura auch laufen können.

„Traceless ist in die Vergangenheit teleportiert worden und hat das Ende gefunden, das er sowieso gefunden hat. Das dürfte Strafe genug sein.“, pflichtete Agatha dem bei und Tony seufzte.

„Für den Tod von Kate auf jeden Fall.“, erklärte er.
 

Tony konnte sich nicht helfen – der Fakt, dass dieser Mistkerl quasi einfach so davonkam… gut, er wurde in der Vergangenheit getötet, aber, es wäre ihm viel lieber gewesen, wenn er ihn hier noch ein wenig durch die Mangel hätte drehen können. Der Tod von Kate hatte ihn damals schwer getroffen und wenn es sowas wie kosmische Gerechtigkeit gegeben hätte, wäre es ihm zugefallen, den Mann umzubringen. Aber nein. So wollte er nicht denken.

Obwohl es wirklich einfacher gewesen wäre.Aber – als Bundesagent war man nicht auf Rache aus.
 

Kurz war er in seinen Gedanken versunken, als er den Blick Agatha Silverbirds bemerkte. Sein Kopf ruckte hoch und seine Augen fokussierten ihre.

„Commander“, setzte er an und wollte etwas sagen, als sie seufzend auf ihn zukam und sich vor seinem Tisch aufbaute.

„Es tut mir leid.“, sagte sie dann. Tony merkte, dass sie es ernst meinte. In ihrer Stimme schwang aufrechtes bedauern mit und er konnte sich nicht helfen – in ihren Augen konnte er es auch sehen.

Er nickte nur.

„Es… es ist okay. Ich war nur ein wenig sauer. Wissen Sie, dieser Typ hat meine Partnerin getötet und…“

Agatha nickte nun ebenfalls: „Ich kenne die Akten und ich bin mir sicher, die Entscheidung ist dem Captain nicht leicht gefallen.“

Schulterzuckend betrachtete er sie und lächelte dann – obwohl es ein wenig gezwungen wirkte. „Dafür hat er aber nicht lange überlegt, um nach Alternativen zu suchen.“

„Keine Ahnung – ich weiß ja nicht, wann Cal runtergebeamt ist.“

„Vor Ihnen, Commander.“

Die XO wiegte abwägend mit dem Kopf: „Ja, schon, aber das hat ja nichts zu sagen. Ich habe mich ja noch ein wenig mit Captain Stone unterhalten und wenn der Captain von der Krankenstation aus in den Transporterraum gegangen ist… dann hatte er einige Minuten, um darüber nachzudenken, was genau zu tun wäre.“

„Ich verstehe.“

Diese Antwort geben und dann auf den Bildschirm blicken, das war für Tony eine Handlung.

Er seufzte. Diese Frau hatte nicht verstanden, worum es ihm gegangen war. Wie sollte sie auch? Und er würde den Teufel tun, ihr zu sagen, was los war.
 

Tim öffnete die Tür des Verhörraumes, in dem Cal saß. Man konnte den Ort nun wirklich nicht gerade als Luxus-Herberge bezeichnen, aber er erfüllte seinen Zweck.

„Nun, Captain.“, sagte er und fixierte den Starfleet-Offizier mit einem Blick, „Ich verstehe Sie ja in gewisser Weise.“

Er umrundete den Tisch, hinter dem Cal saß und nahm Platz. Dann schaute er ihm in die Augen und suchte nach Wahrheit.

„Ich verstehe Sie… wirklich. Ari war eine Gefährdung. Sie mussten ihn in diese Zeit zurückbringen, aber warum konnten sie es nicht machen, bevor er Laura erschoss?“

Sein Gegenüber holte tief Luft und nickte dann.

„Klar, hätte ich tun können. Das Problem daran ist Folgendes. Wenn ich zu häufig in aufeinander-folgende, sequentielle Handlungen eingreife… dann machts bumm.“

McGee schaute ihn verblüfft an, ehe er seine Sprache wiederfand: „Soll… soll das heißen, dass sie ihr nicht helfen konnten, sie sogar opfern mussten, damit das Raum-Zeit-Gefüge sich nicht auflöst?“

Der Kommandant der Dragonfly nickte.

„Ja – sehen Sie, der Tod Lauras war, so unschön er auch ist…“

Der Captain brach ab, schaute Tim an und räusperte sich: „Ich würde darüber gerne mit jemand anderem sprechen.“

„Tut mir leid, Sie reden mit mir.“

„Weiß Gibbs, dass Sie das Verhör durchführen? Oder weiß Vance es?“

In dem Moment, in dem der Captain dies fragte, merkte Tim, wie ihm immer heißer wurde. Heiß vor Zorn. Sein Blut kochte und er war kurz davor, diesem selbstgerechten Captain eine Abreibung zu verpassen, aber… er hielt sich zurück. Es würde nichts bringen.

„Es tut mir Leid, McGee.“, sagte Cal in diesem Moment und schaute ihm in die Augen, „Wissen Sie… Sie wissen es vielleicht noch nicht, aber… Sie werden große Dinge leisten. Ich, Agatha, Angela – auch Vance – wir alle haben Ihr Team als so eine Art Superheldenteam kennengelernt – so ähnlich wie die Justice League.“

„Entschuldigen Sie?“

„Naja – Abby beispielsweise kommt doch so gut wie fast wenig aus ihrem Labor raus. Da wäre sie doch eigentlich ein ideales Oracle, während Sie, Tim, ein guter Nightwing wären.“

„Nightwing?“, fragte Tim, „Sie sehen mich als … als was. Dick Grayson, der später Robin war?“

„Ja, so in der Richtung. Tony wäre ein guter Superman und Ziva…“

Er stockte und ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen.

„Stellen Sie sich Ziva doch mal als Wonder Woman vor.“, sagte er dann, „Und… Gibbs wäre einfach nur ein cooler Dark Knight – also Batman.“

„Und wer wären Sie?“, fragte der Special Agent und Cal legte überlegend den Kopf schief: „Nun, Agatha ist eine wunderschöne Rothaarige mit Modelmaßen… sie wäre eine gute Mary Jane. Das macht mich zu…“

„Spider-Man? Nun machen Sie aber mal einen Punkt.“, grinste McGee und plötzlich änderte sich die ganze Atmosphäre, „Spider-Man. Das würde bedeuten, dass Sie wesentlich cleverer sind, als Sie vorgeben zu sein.“

‚Okay, das ist merkwürdig.’, dachte sich McGee, „klingt, als würden hier zwei Nerds quatschen.`

Der Captain zuckte mit den Schultern: „Gut, ich würde nicht sagen, dass ich cleverer bin, als ich aussehe, aber – wer sollte ich denn sein, ihrer Meinung nach?“

„Wie wärs mit dem Joker?“, schlug Gibbs vor und McGee zuckte zusammen. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass sein Boss den Raum betreten hatte.

Cal, der kurz ebenfalls erschrocken wirkte, grinste zu McGee und deutete mit dem Kopf Richtung Gibbs: „Sag ich doch. Batman.“

Der Senior Special Agent warf einen finster-amüsierten Blick zu Cal und schaute dann McGee an: „Wenn Du hierbleiben willst, bleib hier, Elfenkönig. Aber Ziva oder ich stellen die Fragen.“

Der Romancier nickte, als Ziva ebenfalls den Raum betrat.
 

„Also, dann erzählen Sie mal, Captain.“, forderte Ziva ihn auf und fixierte ihn mit ihren nussbraunen Augen. Der Angesprochene schluckte und lächelte – ein wenig gezwungen wirkend – zu McGee, ehe er sich an Ziva wandte: „Nun, Agent David, wo soll ich anfangen?

„Da, wo wir vorhin abgebrochen hatten.“, schlug die hübsche ehemalige Mossad-Offizierin vor und der Captain nickte: „Natürlich, da.“

Er rollte kurz überlegend mit den Augen, ehe er Luft holte und zu sprechen begann.

„Ari ist wieder in der Vergangenheit. Damit ist die Zeitlinie beinahe korrigiert.“

„Beinahe?“, fragte Ziva, was ihr erneut ein Nicken des Captains eintrug: „Ja – beinahe. Sehen Sie – wenn die Zeitlinie komplett wiederhergestellt worden wäre, gäbe es diese nette, kleine Unterhaltung zwischen uns nicht, da wir uns nicht daran erinnern würden, dass Ari überhaupt hier war. Eventuell wären wir immer noch hier, weil ja Captain Stone ermordet wurde, aber – wenn…“

„Nein, auch dann nicht.“, sagte Gibbs und schaute ihn an, „Der Mord an Stone geht ebenfalls auf Aris Konto. Soviel konnten wir seinerzeit herausbekommen, bevor Sie den Tag zurückgespult und das alles noch schlimmer gemacht haben.“

„Hey“, machte Cal, „Da verwechselt man einmal eine Raum-Zeit-Kontinuum-Verändernde Granate und das wird einem immer vorgehalten.“

Gibbs funkelte ihn an: „Wenn Sie nicht wollen, dass ich Ziva sage, für wen Sie sie halten, dann reden sie besser schneller.“

„Wieso, für wen hält er mich?“, fragte die hübsche Agentin und schaute zuerst zu Gibbs und dann, mit zu Schlitzen verengenden Augen, zu Cal, dessen Lächeln gerade eine Spur gezwungener wirkte. Er fuhr sich am Kragen entlang, als sei er ihm gerade spontan ein paar Nummern zu Eng geworden und blickte dann, hilfesuchend, zu McGee, der jedoch nur grinste.
 

„Das ist doch nicht zu fassen.“, schimpfte Ziva ein paar Minuten später und kam auf Agatha und Tony zu. „Ich… ich fasse es echt nicht.“

Damit blieb sie vor beiden stehen und funkelte die XO an: „Dein Freund hat einen komischen Personengeschmack.“

„Wieso?“

„Er sagte, ich wäre… Wonder Woman.“

Agatha runzelte die Stirn, legte den Kopf schief und konnte hören, wie Tony hustete, um sich das Lachen zu verkneifen.

Die Israelin fuhr herum und funkelte den Halbitaliener an: „Das findest Du auch noch lustig, was? Er sieht mich in einem … was auch immer das sein soll.“

Ein kurzes Räuspern Agathas ließ sie sich wieder zu ihr herumdrehen: „Ja?“

„Und… nur so aus Neugierde, was hat er über mich gesagt?“

„Irgendwas von wegen Marihuana. Und… ach ja, Gibbs ist ein Fledermausmensch, während er McGee als … irgendwas mit Flügeln bezeichnete.“

Sie schaute zu Agatha und schüttelte den Kopf: „Dein Freund ist gaga.“

„Das ist nichts neues.“, erklärte die XO und runzelte die Stirn: „Was meinte er eigentlich mit Marihuana?“

„Keine Ahnung, ich hab nicht zugehört.“, sagte Ziva und wandte sich wieder an Tony, der sie gerade sehr lange ansah.

„Was ist?“

„Nichts, ich stelle mir dich nur gerade im Wonder Woman Kostüm vor.“, grinste der Halbitaliener und wollte sich gerade in Deckung begeben, weil er dachte, dass sie gleich etwas werfen würde. Aber nein, sie schüttelte nur den Kopf und zischte ein: „Männer.“
 

Agatha grinste zu Ziva herüber: „Ich weiß nicht, wo das Problem liegt, Wonder Woman. Schließlich ist dieser Comic-Charakter die Ikone der Selbstständigkeit der Frau. So war sie geplant und so wurde sie auch umgesetzt. Aber ich verstehe immer noch nicht, was Cal mit Marihuana meinte.“

„Mary Jane Watson.“, keuchte ein gerade den Bullpen betretender McGee und schaute zu Agatha: „Er hat uns alle mit Comic-Figuren vergleichen. Mich mit Nightwing.“

„Wie schön.“, meldete sich plötzlich vom Treppenabsatz Leon Vance und trat dann langsamen, gemessenen Schrittes die Treppe herunter und dann auf das Team zu, „Wenn das Verhör Captain Cats durch die Special Agents David, Gibbs und anscheinend auch McGee beendet ist, können Sie, Commander, und Ihr Captain, doch sicherlich in das 24. Jahrhundert zurückkehren.“

„Bei allem Respekt, Sir.“, meldete sich Agatha zu Wort, „Das glaube ich nicht ganz. Schließlich treibt noch Traceless sein Unwesen. Ich meine, der Mann, der Ari wieder in die Vergangenheit teleportiert hat, war Cal der sich Traceless Identität bediente, aber… er ist hier. Traceless ist in Washington. Wer sollte uns sonst den Tipp gegeben haben. Und ausserdem… irgendwas hat mich am Acrosstic gestört.“

„Und was?“

„Das werde ich Ihnen gleich zeigen, Captain Vance.“, sagte Agatha und griff nach ihrem Tricorder. Dann betätigte ihren Kommunikator: „Silverbird an Intrupper? Gina, könntest Du die Daten, die uns überhaupt erst darauf gebracht haben, uns hierher zu begeben, auf den Tricorder spielen?“

Die körperlose Stimme Ginas gab ein „Natürlich“ von sich und nach ein paar Sekunden sagte sie: „Download beendet.“

„Danke.“, sprach Agatha und deaktivierte die Verbindung. Dann wandte sie sich an McGee: „Kann man den Tricorder an euren großen Bildschirm anschließen?“

„Geben Sie her.“, sagte Vance, nahm das Gerät und betätigte einige Tasten, ehe auf dem großen Bildschirm, auf dem Gibbs und Konsorten auch sonst immer irgendwelche Daten abspielten, der Schnappschuss von Traceless Acrosstic auf dem Ewigkeitsplaneten erschien.
 

Tempus fugit.

Reflecting pool

Anacostia, Potomac,

Capitol.

Es ist wirklich schön hier.

Leider wird mir der Urlaub

Extrem vermiest.

Steine sterben, Fremde sind hier.

Scheidung MMXI

Ziva betrachtete die Worte auf dem Bildschirm und nickte: „Einer von Traceless Acrosstics.“

„Ja, soweit waren wir auch schon. Auch, die Sache mit „Scheidung MMXI“ haben wir herausbekommen. Damit ist nämlich der September und das Jahr 2011 gemeint. Und Reflecting Pool, Anacostia, Potomac und Capitol bezieht sich auf Washington D.C.“, sagte Agatha. Tim räusperte sich: „Steine Sterben – ganz klar eine Referenz zu Stone.“

„Ich weiß.“, nickte Agatha, „Aber was soll dieser Hinweis darauf, dass Fremde „hier“ sind? Washington D.C. ist die Hauptstadt der USA – sie wird immer von Fremden besucht.“

„Agatha?“, meldete sich McGee, „Ich rate hier nur mal ins Blaue, aber – was für andere Worte kennen wir für „Fremde“?“

„Fremde, etrangeres, strangers, …“, zählte Ziva auf, stockte, schluckte und schaute in die Runde: „Aliens.“

Agatha blickte zu Ziva und schüttelte den Kopf: „Das… das kann nicht sein. Nicht vor … naja, das dauert noch, bis die ersten Aliens hier landen.“

„First Contact, oder?“, fragte McGee und schaute die hübsche Rothaarige an, „Aber gab es nicht mal eine Folge der Serie „Star Trek: Enterprise“, in der Archer und T’Pol nach Detroit reisten – ins Jahr 2004? Vielleicht wissen die Menschen nichts davon, dass hier, 7 Jahre später, etwas Ähnliches stattfindet?“

„Das macht Sinn.“, meldete sich Tony, „Ich meine, wenn ich überlege, wie häufig ich beim Baltimore PD von Verrückten gehört habe, dass sie Aliens gesehen haben wollen.“

„Vielleicht stimmt das ja alles.“, ließ sich Ziva vernehmen und schaute zu Tony herüber: „Du hast nicht rein zufällig noch ein paar Kontakte zum Baltimore PD?“

„Klar“, sagte der Halbitaliener, „Meinst Du, ich lass meine Kumpels im Stich, nur weil ich jetzt beim NCIS bin? Die Poker-Runden sind der Renner.“

„Vielleicht sollten Sie dann mal nachfragen, ob sich in letzter Zeit wieder ein paar ‚Verrückte“’ gemeldet haben.“, schlug Vance vor und an seiner Stimme erkannte man, dass es keineswegs ein einfacher Vorschlag war.
 

„Ich kann einfach nicht glauben, dass ich nicht mitgenommen wurde.“

Die Stimme Abby Sciutos war laut und ein Zeugnis davon, dass sie extrem angenervt war. Sie ging in ihrem Labor auf und ab, schaute zu einer Puppe, deren „Gesicht“ ein Abbild von Tony war und deutete mit ihrem ausgestreckten Zeigefinger auf ihn.

„Tony, mach keine Witze, ich bin wütend!“

Damit wandte sie sich wieder in die andere Richtung und durchquerte das Labor, ehe sie stopte und wieder zurückkam.

Erneut stoppte sie und ließ einen Finger pfeilschnell und -gerade auf eine Puppe deuten, die mit einem Foto von Zivas Gesicht versehen war.

„Das hab ich gehört, Agent David. Werden Sie mir nicht komisch, junge Frau, oder ich gehe zum Director.“

Und kaum hatte sie dies ausgesprochen fuhr sie herum und deutete auf eine McGee-Puppe: „Fang Du nicht auch noch an. Ich bin genau so fähig wie Ihr auch.“

Damit wirbelte sie auf dem Absatz herum und ließ ihr Bein – logischerweise das, auf dem sie nicht stand – durch die Luft fegen, als würde sie jemanden mit einem Tritt zu Boden schicken.

„Danke.“, sagte sie und schaute zu den aufgestellten Pappkameraden, „Hat Ziva mir beigebracht. Also Ziva-Ziva, nicht… Ihr wisst schon.“

Das hatte sie tatsächlich. Sie erinnerte sich immer noch gerne daran, wie die hübsche Israelin sie mit in ihr liebstes Trainingszentrum in D.C. genommen und sie in die Grundzüge des Krav Maga eingewiesen hatte. Am Anfang hatte die niedliche Goth der Sache noch ein wenig skeptisch gegenübegestanden, weil sie befürchtete, nie so gelenkig und kräftig wie die Attentäterin sein zu können, aber nach einigen Übungen wurde sie eines Besseren belehrt.

Sie hatte die Wendig- und Gelenkigkeit um im Notfall ausweichen zu können – natürlich würde Abby nie zu derartigen Kunststückchen in der Lage sein, wie eine ausgebildete und trainierte Attentäterin, aber sie wäre in der Lage, sich ihrer Haut zu erwehren. Zumindest hatte Ziva ihr dies nach einem Training, als sie völlig verschwitzt und ausser Puste auf der blauen Matte gelegen hatten und versuchten, wieder ruhig zu atmen, gesagt und wer war sie, dass sie das Wort einer ihrer besten Freundinnen anzweifelte.
 

Erneut wirbelte sie herum, mit wehendem Laborkittel, der quasi wie ein Cape rauschte. Dabei gab sie Kampfschreie von sich, Angriffslaute und warf sich dann gegen eine imaginären Gegner als die Tür aufging und Ziva hereinkam.

„Abby, was tust du da?“, fragte sie, amüsiert lächelnd, was Abby dazu veranlasste, ebenfalls zu lächeln und dann von der aggressiven Kampfkunst in die Kunst der Bewegung umzuschwenken. Ein Rad schlagend, kam sie neben Ziva auf die Beine.

„Krav Maga. Hast Du mir beigebracht.“, erklärte sie und strahlte vor Kämpferstolz.

Ziva blickte sie an, nickte und deutete dann hinter sich, auf den Fahrstuhl: „Meinst Du, du könntest deine Freunde ein paar Minuten alleine lassen? Wir haben da einige Fragen an dich.“

„Okayyyy.“, machte Abby und sie ging vor, wenngleich sie keine Ahnung hatte, was sie erwarten würde.
 

Als Abby den Bullpen betrat, schaute sie verblüfft auf den großen Bildschirm. Sie deutete auf den Actosstic und sagte „Das ist ein Acrosstic“, ehe sie sich weiter durchlas, was der anonyme Autor ihnen mitteilen wollte.

„Ganz klar.“, meinte sie, nachdem sie kurz Luft geholt hatte, „Der Autor dieser Zeilen nennt sich Traceless, er weist darauf hin, wo er ist, und wann er dort ist, dass die Steine sterben werden – ich nehme mal an, es bezieht sich auf Captain Stone und seine Frau – und dass Aliens in Washington sind.“

„wow.“, machte Agatha, schaute die hübsche Goth an und ließ sich von Zivas Tisch, auf dem sie gesessen hatte, gleiten, „Ich muss sagen, ich bin sprachlos.“

Abby lächelte ihr freundlich zu: „Danke, Commander – aber es ist eigentlich nur die reine Logik. Wenn etwas wie eine Ente quackt, wie eine Ente geht und wie eine Ente schwimmt, wird es wohl eine Ente sein. Aber deswegen bin ich nicht hier, oder?“

„Nein, eigentlich nicht.“ ,Gibbs Stimme hallte durch den Bullpen, als er, mit einem Calvin Nathan Cat, den man mit Handschellen gefesselt hatte, vor Abby stehen blieb. Dann schaute er sie mit eisblauen Augen an, in denen eine gewisse Wärme zu sehen war, „Du bist hier, weil ich mich bei Dir entschuldigen wollte.“

„Wofür, Gibbsman?“, fragte die Forensikerin und schaute ihr Gegenüber aus überrascht aufgerissenen Augen an, „Was hast Du dir zu Schulden kommen lassen?“

„Wir hätten auf Dich hören sollen.“, sagte der Chefermittler, „Ich hab dich Hängen lassen.“

Abbys Blick veränderte sich. Ein leicht verschmitztes Lächeln war zu sehen und sie sagte, in einer erstaunlich guten Immitation des Älteren: „Niemals entschuldigen. Das ist ein Zeichen von Schwäche.“

„Ich mache eine Ausnahme.“, erklärte Gibbs und verpasste damit dem gefesselten Sternenflottenoffizier einen Stoß, der ihn in die Mitte des Bullpens brachte. Er taumelte, stoplerte über seine Füße und landete auf dem Boden – zwischen den Schreibtischen von Ziva und Tony – sodass Agatha ihm hochhalf.

„Sehr elegant, Gibbs.“, kommentierte Vance von seiner Position her und schaute zum Captain herüber, der sich gerade aufrappelte.

„Abby, könntest Du uns das Ding beschreiben, das Du gesehen hast?“, fragte Gibbs, Vance komplett ignorierend. Die Angesprochene blinzelte verblüfft.

„Wann?“

„Vor ein paar Tagen.“, entgegnete Gibbs und schaute sie an – man konnte feststellen, dass er gerade ein wenig ungeduldig wurde.

Abby überlegte kurz, machte dann einen Laut des Verstehens und nickte heftig: „Ja – klar. Das eine mal war ich hier – ich hab gerade Major Massenspektrometer was zu Essen gegeben…“

„Wer ist das und was isst der so?“, schoss Cal dazwischen, bekam aber von Agatha einen unsanften Stoß in die Magengrube und ein „Halt die Klappe und hör zu“ zugezischt.

Die Forensikerin schaute den Captain kurz amüsiert an: „Capitano, der war gut. Den muss ich mir merken.“

„Schön wärs.“, murmelte Cal und zuckte zusammen, als Agatha ihn warnend anblickte.

Gibbs räusperte sich: „Fahr fort, Abbs.“

„Natürlich. Also – ich gebe also Major Massenspektrometer gerade was zu analysieren und… da hör ich dieses laute Rauschen. Ich schau aus dem Fenser und seh einen großen Feuerball auf den Anacostia River zufliegen. Dann hab ich mich natürlich umgehört – da wollen Leute gesehen haben wie zwei Menschen aus diesem Ding gestiegen sind. Stellt euch vor, die haben nicht einmal die Polizei verständigt.“

„Da bin ich sehr dankbar für.“, ließ sich Cal vernehmen und schaute Abby entschuldigend an: „Tut mir leid, wenn wir Ihnen da so Angst eingejagt haben. Das waren nämlich wir.“

„Soweit war ich inzwischen auch schon.“, erklärte sie, „ich habe mich mit Tim unterhalten und spätestens, als Ihr sagtet, dass Ihr Starfleet wäret… also… das Problem ist gelöst.“

„Und das andere Licht?“, fragte Gibbs und Abby nickte: „Ruhig, Gibbsman, ich komm gerade drauf zu sprechen.“

Sie räusperte sich und begann, zu erzählen.
 

Ein Augustabend in Washington ist toll. Da ist immer was los, weil die Temperaturen es noch gestatten, sich draußen aufzuhalten, auch, wenn es weit nach Mitternacht ist. Abygail Sciuto saß auf der großen Wiese, die gerade zwei Gehminuten von ihrer Wohnung entfernt lag. Hier hatte sie schon Zeit mit McGee verbracht, als er noch in Norfork arbeitete, hier hatte sie den Hund ausgeführt, hier hatte sie Vergleichsproben für Erdanalysen genommen – aber vor allem konnte man an diesem Ort wunderbar abschalten. Besonders, wenn es so angenehm warm war, wie zu diesem Zeitpunkt.
 

Den Kopf in den Nacken gelegt, saß sie auf der Wiese, blickte nach oben zu den Sternen, die zahlreicher waren, als man sie durch die Lichtverschmutzung in Washington wahrnehmen konnte. Schade eigentlich.

Mit den Sternen war es sowieso eine faszinierende Sache. Das, was man auf der Erde sehen konnte, war alles – nur kein reales Abbild des Sternenhimmels anno 2011. Das Licht benötigte eine gewisse Zeit und wenn etwas hier auf der Erde beobachtet wurde, war es schon lange passiert.
 

Sie wollte nicht wissen, wieviele dieser Lichtpunkte schon lange nicht mehr existierten, wieviele schon längt von schwarzen Löchern gefressen oder als Supernovae verglüht waren – sie wusste nur, dass sie, wenn sie ihren wissenschaftlichen Intellekt ausblendete, einfach nur ein wunderschönes Bild sah. Der Sternenhimmel – ruhig, klar und obwohl sich die Erde schnell bewegte, blieben die Sterne optisch an einem Punkt.
 

Wenn man von den Perseiden absah.

Die Perseiden sind ein Sternschnuppenregen, der scheinbar aus dem Sternbild des Perseus kommt – in Wirklichkeit sind es natürlich Kleinstkörper, Sternschnuppen oder Weltraummüll, der in der Erdamtmosphäre verglüht. Kleine Lichtpunkte fielen und Abby hatte nie Schöneres gesehen.
 

Schade, dass McGee nicht hier war, sie hätte sich mit ihm hier hinsetzen können und die Perseiden beobachten. Und so, wie sich die nächsten Minuten entwickeln würden, hatte sich Abby oft genug gewünscht, dass sie einen Zeugen gehabt hätte.

Es ging alles mit einer Sternschnuppe los.

Sie fiel nicht vom Sternbild des Perseus auf die Erde herab, sondern mehr westlich und machte sich auf den Weg über den Himmel zu fliegen..

„Gut“, schoss es Abby durch den Kopf, „Es soll ja auch ein paar Ausreißer geben.“

Ihr wissenschaftlicher Verstand flüsterte ihr zu, dass die Schnuppe inzwischen aber ziemlich lange zu sehen war und über einen leicht extremen Kurs verfügte, als sie über sie hinwegflog, kurz stehenblieb, beschleunigte und dann Richtung Horizont verschwand.

„Was… war das denn?“, schluckte Abby.
 

Cal straffte seine Gestalt, was ob der Handschellen kein leichtes Unterfangen war, und blickte Abby an: „W… was soll das gewesen sein? Ich meine, Sternschnuppen tun sowas in der Regel nicht.“

„So schlau bin ich auch, Captain. Sicher, dass Ihr damit nichts zu tun habt?“

Der Captain nickte: „Todsicher. Aber nur, um noch einmal sicher zu gehen.…“

Mit diesen Worten wandte er sich an Agatha: „Schatz, haben wir was damit zu tun?“

Kopfschüttelnd schaute die schöne XO ihn an.

„Siehste.“, sagte Cal, ging zu McGees Stuhl und wollte sich setzen, als er bemerkte, dass die Handschellen ihn doch ein wenig behinderten. Sein Blick wanderte zu Gibbs: „Hey, Boss, wie sieht es aus – hätten Sie was dagegen, mich loszumachen? Ich meine – ich würde gerne – ich bin nicht so der Freund von … erm…“

Er stockte, schaute zu Agatha: „Wenn ich jetzt ‚Fesselspiele’ sage, hab ich die komplette Belegschaft am Boden liegen, vor Lachen, oder?“

Die Angesprochene schloss die Augen, schüttelte den Kopf und schaute ihn dann wieder an: „Schatz, Du hast es gerade gesagt.“

„Und ganz so lustig ist es auch nicht.“, sagte Tony, woraufhin Ziva ihn anlächelte: „Aber ziemlich amüsant.“

Damit beugte sie sich vor und wisperte: „Aber ich kenn wen, der auf Fesselspiele steht, oder mein kleiner Pelzarsch?“

Tony wurde rot, Cal und Agatha schauten einander an, grinsten und sagten gleichzeitig: „Och ist das süß!“

Dann rollte der Captain mit seinen Augen und schaute wieder zu Gibbs: „Boss? Handschellen?“

„Mal sehen.“, sagte Gibbs mit einem leicht maliziösen Lächeln, ehe er zu Tony und Ziva herüberschaute. Er spürte wie kurz sowas wie Ärger in ihm aufbrodelte wie Sodbrennen, aber irgendwie hatten die beiden Starfleetoffiziere Recht. Es war schon süß zu sehen, wie Ziva mit Tony flirtete. Zwar hatte der Chefermittler keine Ahnung, was Ziva dem Halbitaliener ins Ohr geflüstert hatte, aber die Reaktion des Angesprochenen zeigte, dass es offenbar flirtend gemeint war.
 

„Grün.“, sagte Abby plötzlich und Cal schaute sie an: „Hä?“

„Das Ding, das ich gesehen habe… es war grün.“, erklärte die Frau.

Plötzlich war Agatha auf den Beinen, ging auf Abby zu und legte ihr beide Hände auf die Schultern: „Kannst Du versuchen, es genauer zu beschreiben?“

„Ich habe doch nur einen Lichtpunkt gesehen. Er war grün – mehr war da… nicht.“

Sie stockte kurz und schaute die XO verblüfft an: „Ich glaube… der Antrieb dieses Raumschiffes… irgendwie hat er grün geleuchtet.“
 

Donald Mallard schüttelte den Kopf.

Das Leichenteil lag vor ihm und er betrachtete die Maserung des Fleisches genau. Sie war kränklich fahl, bis gar nicht existent. Vielleicht lag es daran, wie dieses Stück in seine Obhut geraten war. In einer Pfanne gebraten zu werden, das war ein Schicksal, dass man nicht einmal seinem schlimmsten Feind wünschte. Ob das Wesen wusste, was ihm bevorstand, als es eingefangen und mit einem elektrischen Schock betäubt wurde?

„Oh jeh.“, gab er in seiner alten, weisen Stimme von sich und schaute über den Rand seiner Brille den verschmitzt grinsenden Jimmy Palmer an, „Wissen Sie… in manchen Kulturen wird das Fleisch Verstorbener gegessen, weil man sich erhofft, die Seele dieser Person in sich aufnehmen zu können. Wenn wir uns an diese Kulturen halten…“

Damit warf er angewiedert einen Blick auf das parnierte Schnitzel auf dem Teller: „… würde ich mir hier vermutlich einen sehr zornigen Geist zuziehen. Es ist schon schlimm genug, dass das Tier sterben musste, damit wir etwas zu essen haben – aber dass es so totgebraten wurde, ist auch eine Zumutung.“

Damit deutete er mit der blitzenden Klinge seines Messers anklagend auf das Mittagessen, dass Palmer ihnen aus der Kantine geholt hatte.

„Ich erwarte ja nicht viel – ich habe ja schon meine Erwartungen heruntergeschraubt, aber, hätte man das Schnitzel nicht medium braten können? Musste man es denn nochmal töten?“

Der Pathologe seufzte. Eigentlich war Essen für ihn ein Erlebnis, dass er mit allen Sinnen wahrnehmen wollte. Den Geruch der Beilagen, des Hauptgerichtes, die Farbe, mit der die Nahrung – in diesem Fall: Das Schnitzel – auf dem weißen Teller beinahe leuchtet, der Geschmack eines wirklich gut gebratenen Schinkens oder einer Sauce Holandaise…

Die Sauce Hollandaise. Idealerweise war die Farbe kräftig gelb, aber hier…

Ducky schüttelte erneut den Kopf.

„Wussten Sie, dass das, was wir als Sauce Hollandaise kennen, eigentlich gar nicht aus den Niederlanden kommt, sondern aus Frankreich?“, fragte Palmer in diesem Moment und wurde durch einen leicht genervten Blick des Älteren zum Schweigen gebracht.

„Diese Soße ist ja beinahe zu ungenießbar.“, stellte er fest und schüttelte dieses Mal nicht nur den Kopf, sondern sich selbst gleich mit., „Ich glaube, ich muss mal ein gründliches Wort mit dem Küchenchef reden.“

Gerade in diesem Moment erwachte der kleine Bildschirm zum Leben, über den sich Abby manchmal mit ihm unterhielt. Nur, dass dieses mal nicht Abbys Labor zu sehen war, sondern der ganze Bullpen.

„Was gibt es, Duck?“, ertönte Gibbs Stimme und Ducky schaute auf.

„Abgesehen von der Beleidigung meiner Zunge durch dieses tote Schnitzel – nicht viel. Ich möchte Dir raten, bleib von der Kantine fern. Das Essen hat sich seit der neue Küchenchef hier ist, drastisch verschlechtert. Ich frage mich ernsthaft, wie man mit so wenig Kenntnissen über die richtige – liebevolle –Zubereitung unterschiedlicher Gerichte diesen Beruf ergreifen kann.“

„Wem sagen Sie das, Doktor Mallard.“, meldete sich Cal zu Wort, „Unsere Replikatoren haben auch keine Se…“

Weiter kam er nicht, denn Agatha legte ihm schnell die Hand auf den Mund und zischte ihm etwas zu, das verdächtig nach „Klappe!“ klang.

Was Cal offenbar nicht sehen konnte, war, dass Gibbs ein kurzer Anflug, eine leichte Idee, eines Lächelns über das Gesicht huschte. Dann schaute er Ducky in die Augen, „ Sag mal Duck, was gibt es neues bei der Autopsie Stones?“
 

Auf dem Bildschirm konnte man sehen, wie Ducky kurz Luft holte und in die Runde blickte.

„Also, es ist so, wie ich es Anfangs vermutet habe. Die Tatwaffe ist ein Langschwert. Der Täter hat sein Opfer von hinten mit einem einzigen, schnellen Schlag ermordet und ihn dann so liegen lassen, dass man ihn sehen konnte.“

„Aber warum hatte man ihn nicht schon eher gefunden? Warum musste Petty Officer McConnaugh erst daher gejoggt kommen, um ihn zu finden?“, fragte Ziva und schaute entschuldigend zu Tim herüber, der, kaum, dass er den Namen gehört hatte, unmerklich zusammenzuckte.

„Hmpf hmpf hmmmmmmpf.“, machte Cal gegen die Hand von Agatha und schaute sie an. Kurz betrachtete sie ihn nachdenklich, warf dann einen Blick zu Gibbs, der ihr zunickte.

Dann ließ sie den Mund des Captains los, der sofort nach Luft japste und seine XO dann anschaute: „Danke.“

Er wandte sich an Ducky: „Könnte es sein, dass – ich weiß nicht – das Schwert erst…“

Abby schnitt ihm das Wort ab: „Tolle Idee, Capitano.“

„Woher wissen Sie, was ich für eine Idee habe?“, fragte Cal und Abby lächelte: „Ich hatte die Idee selbst vor ner Knappen Stunde. Also – ich nehme an, was der Captain uns sagen will, ist Folgendes. Was ist, wenn das Schwert erst dann wirklich sichtbar ist, wenn die Sonne in einem bestimmten Winkel auf die Klinge scheint, sodass das Glitzern Neugierige Blicke anzieht?“

„Wenn ich wollte, dass jemand bestimmtes eine Leiche findet, würde ich genau so vorgehen.“, nickte Ziva und Abby strahlte, genau wie Cal. Dies zu sehen und ein leises „Was für ein Schleimer“ zu murmeln, war für Tony eine Handlung. Ziva bekam dies mit, lächelte aufreizend und lehnte sich wieder zu ihm herüber: „Was war das, Tony?“

Der Captain blinzelte, schien verblüfft ob der Charmeoffensive der Israelin zu sein und wandte sich an Agatha. „Sollten die Beiden jetzt schon so weit sein?“, raunte er ihr zu, was Agatha zu einem Schulterzucken hinriss, ehe sie wisperte: „Ich habe keine Ahnung. Eigentlich werden die Beiden ja erst in vier Jahren ein Paar, aber ich glaube, es macht nun keinen Nennenswerten Unterschied mehr, ob die Beiden jetzt zusammenkommen, oder erst in vier Jahren. Die Zeitlinie ist sowieso ziemlich durcheinander.“
 

Just in diesem Moment klingelte meldete sich lautstark Tony DiNozzos Handy zu Worte und brachte diesen dazu, es aufschnappen zu lassen.

„DiNozzo.“, identifizierte er sich und legte den Kopf lauschend schräg.

Die samtweiche Stimme, die aus dem Lautsprecher des Handys ölte brandete um Tonys Gehörgänge wie eine Flut der Erinnerungen.

Andrea. Vor zehn Jahren war sie noch eine recht junge Mitarbeiterin gewesen, die gerade frisch von der Polizeischule gekommen war – aber nachdem, was er so gehört hatte, war sie inzwischen das, was man als „tough as nails“ bezeichnete. Einen Moment lang überlegte er, sinnierte,woran es lag, dass er nur die Frauen, die wirklich tough waren, attraktiv fand. Das war es, was ihm bei Jeanne abgegangen war – sie war es einfach nicht gewesen. Kate, Ziva und eben auch Andrea jedoch waren die Sorte Frau, die er mochte.

Ein nostalgisches Lächeln legte sich auf seine Lippen, als er sich daran erinnerte, wie er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Damals war sie – frisch von der Polizeischule - jemand, der es allen recht machen wollte. Damals hatte sie ihn noch an seine ersten Tage erinnert. Jetzt erinnerte sie ihn an seine letzten Tage im Baltimore PD.

Vielleicht war sie seine 10 Jahre alte Reflektion?

„hey, DiNozzo.“, sagte sie und riss ihn damit aus den Gedanken, „Du wolltest doch wissen, ob wir `n paar Bekloppte haben, die sagen, dass sie Aliens gesehen hätten. Stell Dir vor, wir haben sie. Ich kann dir gerne Name und Adresse von einem nennen.“

„Danke.“, sagte er knapp und schrieb sich die Personalien auf, „Wir machen uns gleich auf den Weg.“

„Warum interessiert sich der NCIS neuerdings für Verrückte?“, fragte Andrea und – obwohl sie es nicht sehen konnte, zuckte Tony mit den Schultern: „Wir… haben unsere Gründe.“

„Na, wenn Du es mir nicht erzählen willst…“

„Ich lad Dich auf n Bier ein, Andrea.“, sagte er, „zum Dank, weißt du?“

„Klar, Ich komm vorbei.“, erwiderte sie und der Tonfall änderte sich. Sie klang nun wieder mehr wie die alte Andrea, die vor 10 Jahren aufs PD gekommen war.

„gut.“, sagte der Agent und klappte sein Handy zu. „Stellt euch vor, wir haben einen Verrückten.“, sagte er in die Runde.
 

Es war irgendwie beruhigend, dass die Klischees nicht immer zutrafen. Schon, als sich Tony die Adresse aufgeschrieben hatte, war ihm klar gewesen, dass dies eine der besseren Gegenden Baltimores war. Er parkte seinen schwarzen Dodger an dem weißen Hochhaus und stieg – zusammen mit Ziva, Agatha und Cal – aus.

Der Captain blickte sich um.

„Hm – nett.“, sagte er und setzte sich eine Sonnenbrille auf. Er behielt sie nicht allzulange auf der Nase, da Agatha sie griff und in den Wagen zurückwarf, ehe sie die Tür schloss.

„Hey!“, machte der Captain und Agatha funkelte ihn an: „Benimm dich n bischen, okay?“

„Jaja, schon klar.“

„Ihr benehmt euch beide, sonst lassen wir euch hier.“, sagte Ziva und fuhr auf dem Absatz herum, um die beiden mit strengem Blick anzusehen.

Der Captain schaute sie an, nickte kurz und ging dann zur Türklingel.

„Hm.“, machte er und las die Namen der Mietparteien vor, die hier wohnten: „Croft, Foss, Tapping, Magnus, Carter, Zimmerman.“

Er stockte: „Zimmerman?“

Agatha schaute ihn an, zuckte mit den Schultern und fragte: „Meinst Du, es könnte ein Ahn von Lews Zimmerman sein?“

„Entweder das, oder aber ein Nachfahre vom Ei aus dem Colonia Duett.“, antwortete der Captain, was ihm ein „Witzbold.“ von seiner XO eintrug.

Ziva rollte mit den Augen und schaute Cal an: „Was hab ich gerade gesagt?“

Der Angesprochene hob abwehrend die Hände: „Jaja, schon gut.“
 

Die Tür öffnete sich und eine ungefähr 20 Jährige Blonde schaute sie mit geringschätzig-desinteressiertem Blick an. Ziva ahnte schon, was sie sagen würde, ehe sie es tatsächlich sagte. „Mom, die vier Bekloppten sind da! Ich bring sie zu Dad!“

Damit griff sie sich eine Jacke, zog sie sich über ihren in einen hautengen Pulli gequetschten Oberkörper und zog sich die Schuhe an. Kurz hörte man ein desinteressiertes „Jaja“ aus der Küche und Ziva hörte, wie Cal hinter ihr die Luft einsog.

„Was ist?“, fragte sie leise, woraufhin der Kommandant der Dragonfly mit dem Satz antwortete: „Ach – alles in Ordnung. Die Stimme kam mir nur sehr bekannt vor.“

Sie konnte, während sie sich umdrehte um der Blonden zu folgen, sehen, dass Agatha ihren Freund auch ein wenig mißtrauisch anblickte: „Woher willst Du die Stimme kennen?“

„Sie klang ein wenig wie Sam.“, erläuterte der Captain, was ihm erneut einen mißtrauischen Blick seiner Freundin eintrug: „Das is nicht zu fassen. Kaum im 21. Jahrhundert, schon willst Du zu Sam. Du kannst ihr ja bald sagen, das wir da sind.“

„Nein, das… das hat damit nichts zu tun, sie …“

„Miss Magnus.“, brach Tony die Unterhaltung ab und schaute die Blonde an – was diese ja nicht mitbekam, da sie vorausging. Doch nun stoppte sie, wandte sich um und schaute ihn an: „Ja?“

„Was macht Ihr Vater im Keller?“

Sie seufzte: „Wenn ich das mal wüsste. Es gibt Tage, da sagt er, das alles in Ordnung ist. Und dann gibt es Tage, an denen er mir einschärft, mich vor den Abnormen in Acht zu nehmen.“

„Den Abnormen?“, echote Cal.

Ziva räusperte sich. “Aliens, Cal”, flüsterte sie.

Dann betraten sie den Keller.
 

Agatha schaute sich um und sah, wie Cal dasselbe tat.

„Hm – typischer 90er Jahre Keller, oder?“, fragte er und deutete auf einen Gegenstand am Boden: „Sogar ein Waveboard haben die hier. Dabei sind die Dinger doch noch gar nich so uncool.“

„Du kannst ja gleich mal damit fahren.“, grinste Agatha, was Cal zu einem Schulterzucken hinriss, „Klar, warum nicht?“

Der plötzlich aufbrandende Knall ließ sie alle – ausser Miss Magnus Junior – zusammenzucken. Diese zuckte zwar auch - allerdings nur mit den Schultern – und mit einer Mimik, als habe sie das schon dutzende Male gehört, sagte sie: „Das war mein Vater. Er hat mal wieder seine Waffe abgefeuert.“

„Waffe?“

Cals Augenbraue war in die Luft gestiegen.

„Naja.“, sagte die hübsche Blonde, „Er hat – er denkt halt, dass überall gestaltwandelnde Aliens lauern. Deswegen hat er sich eine Pistole gekauft. Aber – keine Sorge, er verwendet nur Platzpatronen.“

„Die sind aber dennoch verdammt laut.“, meinte der Captain und zuckte erneut zusammen, als der nächste Schuss fiel. Dann wandte er sich an Ziva und Tony: „Wollt Ihr immer noch dahin gehen? Bitte, gerne, tut euch keinen Zwang an. Ich glaube, ich bleibe hier.“

Damit blieb er stehen und schaute zu Agatha.

Tony schüttelte den Kopf: „Komm schon, Cal. Das sind nur Platzpatronen.“

„Ich … mir ist nicht wohl dabei.“, stellte der Captain fest und schaute erneut zu Agatha – beinahe so, als wollte er sie bitten, hierzubleiben. Doch die XO folgte Ziva und Tony.
 

Die Schüsse wurden lauter und eine Art Schrei mischte sich in die Geräuschkulisse.

Je näher die Drei kamen, desto verständlicher wurde es und als sie kurz vor der Sperrholztür standen, die die Drei von dem „Wahnsinnigen“ trennten, konnte man deutlich hören, was Miss Magnus Mann zu sagen hatte: „Ihr kriegt mich nicht! Ich werde euch alle umbringen!“

Tony, Ziva und Agatha schauten sich an.

„Sympathischer Zeitgenosse.“, gab die XO von sich und Tony nickte. Dann klopfte er an die Tür: „Mister Magnus? NCIS, Bundesbehörde. Wenn Sie bitte rauskommen wollen, wir haben einige Fra…“

Weiter kam er nicht, denn in diesem Moment explodierte die Tür in lauter kleine Bretter. Ziva hatte noch Gelegenheit sich mit Tony zu Boden zu werfen, als sie hörte, wie eine Pumpgun erneut nachgeladen wurde.

„Mister Mag…“, brachte Agatha hervor, doch der nächste Knall übertönte das, was sie zu sagen hatte.

Die hübsche XO warf einen Blick zu Ziva und Tony herüber, die nickten. Daraufhin zog sie ihre Waffe, lugte kurz aus der Deckung und zog ihren Kopf wieder zurück als erneut eine Pumpgunentladung in ihre Richtung abgefeuert wurde. Sie spürte, wie einige Ihrer Haare versengt wurden.
 

„Verdammt.“, schoss es Ziva durch den Kopf, „Das war knapp.“

Dann sprang Magnus durch die spärlichen Überreste seiner Tür und rannte los.

„CAL!“, schrie Agatha, „CAL, PASS AUF!!!!!“ Dann waren sie auf den Beinen, rannten los. Doch gerade, als Ziva den Captain erreichte, sah sie, was passierte. Sie wirbelte herum, packte Agatha bei den Schultern und drängte sie zurück.

„Was ist los?”, fragte die XO mit einer Spur mehr Lautstärke, als es eigentlich nötig war.

Tony lugte um die Ecke und schluckte.
 

Der Typ kam auf den Captain zugerannt, warf die Pumpgun zur Seite und wurde noch schneller. Dann griff er in seinen Halfter, zog eine 9 Millimeter und zielte – im Laufen.

Der Captain wirkte extem ratlos, sein Gesicht zeigte eine einzige Frage: „Was mache ich nun?“

„CAL!“, Agatha erneut, „PASS AUF, VERDAMMT NOCHMAL!!!“

Magnus wirbelte herum, feuerte drei Schüsse auf die Stelle ab, von der die Rufe gekommen waren. Dann drehte er sich um und rannte wieder auf Cal zu, sein Gesicht eine einzige Maske des Irrsinns.

„Agatha….“, schien der Offizier zu keuchen und dann – wie unter Hypnose oder wie ferngesteuert, zog er seinen Phaser.

Der Typ kam näher. Noch näher.

„CAL!“, rief jetzt Ziva, „SCHIESS ENDLICH!“

Cal riss seinen Phaser hoch, doch drei Treffer ließen ihn zu Boden gehen.

Ginas Blick huschte besorgt zu Agatha

John Magnus war auf der Flucht. Was auch immer diese Gestaltwandler von ihm wollten – er hatte wirklich keine Ahnung – sie würden es nicht bekommen. Und wer auch immer die Aliens waren, er hatte keine Lust, es herauszufinden. Also nahm er die Beine in die Hand. Direkt vor ihm stand ein junger Mann, der ihn gerade ein wenig überfordert anstarrte.

„CAL!“, hörte er die Stimme einer der beiden Frauen, die er da gerade überrascht hatte,, „SCHIESS ENDLICH!“ Für einen Moment schien die Zeit still zu stehen.
 

Es war just heute gewesen, dass er sich mit einer Pumpgun und der dafür vorgesehenen Munition versorgt hatte, denn – nach den letzten UFO-Sichtungen über den Himmeln von Baltimore wollte er sich und seine Familie so gut beschützen, wie es ging. Also war zum nächsten Waffenhändler gegangen, dessen Geschäft den klangvollen Namen „I am-ur-nition“ trug.
 

Magnus hatte mit den Augen gerollt. Nein, was war das kreativ. Wer auch immer das Geschäft betrieb, sagte mit diesem Namen gleich drei Dinge aus. Erstens, dass er in der Kunst der schlechten Wortspiele durchaus geübt war, zweitens, dass er der Waffen- und Munitionshändler sei, und nicht nur irgendjemand und drittens, dass Mister I-Am-Ur-Nition mit Grammatik absolut nichts am Hut hatte. Von diesem Händler hatte er allerdings die Pumpgun und die dazugehörigen Patronen erstanden und war dann nach Hause, in den Keller gegangen, um zu üben.
 

Und dann klopfte es an der Tür und jemand sagte, er sei vom NCIS? Na klar – was hat die Navy mit Angelegenheiten des Weltalls zu tun? Nichts. Wenn es jemand von der NASA gewesen wäre, hätte er sich vielleicht täuschen lassen – aber die Navy ? Nicht in einer Millionen Jahre.

Und dann stellte sich ihm jemand in den Weg. Dieser Jemand wirkte mit der Situation überfordert und eigentlich hatte Magnus gehofft, er könnte ihn einfach überrennen, aber als die zwei Frauen ihn aufforderten, zu schießen, hatte der Typ seine merkwürdige Waffe gezogen. Magnus hatte also keine andere Wahl – und ehe er realisiert hatte, was passiert war, hatte er drei Schüsse auf den Typen abgegeben. Dieser war gegen die Wand getaumeld und daran heruntergesackt.
 

Als er merkte, dass die Zeit wieder normal lief – oder besser gesagt: als er den Eindruck hatte, dass die Zeit wieder normal lief, denn er wusste, dass es nur seine persönliche Einschätzung gewesen war, dass sich der Ablauf der Zeit verlangsamt hatte – wusste er, dass er hier raus musste. Der Keller war nicht mehr sicher.
 

Er merkte, wie sein Atem schneller ging, als er sich Mühe gab, noch schneller zu laufen. Die Treppe? Ja – die Treppe hoch, dann raus auf die Straße und dann so schnell wie möglich von hier weg. Helen und Ashley? Sie waren leider ein Hindernis und ein Sicherheitsrisiko. Aber er würde sich ihnen später widmen müssen. Jetzt musste er hier raus.
 

Die Treppe war steil und mindestens einmal stolperte er, aber der Adrennalinschub, der ihn in seinem Griff hielt, ließ ihn weiterlaufen. Er konnte sich später – wenn er in Sicherheit war – um die eventuellen Blessuren kümmern. Jetzt musste er weg. Hier war es nicht sicher – es war absolut nicht…
 

Agatha schrie.

Wut, Schmerz, Angst – all diese Emotionen brandeten in ihr auf.

Es war zwar nicht das Erste mal, dass der Captain schwer verwundet wurde, aber es war jedes Mal nie einfacher für sie. Würde er es schaffen?

Sie würde am liebsten jetzt zu Cal eilen, ihn untersuchen, aber – der Verrückte war eventuell immer noch da.

Sie blickte zu Ziva, die ihr zunickte und einen Blick aus der Deckung warf.

„Die Luft ist rein.“, sagte sie. Der hübsche Rotschopf atmete erleichtert auf, warf sich dann aus der Deckung und eilte zum gefallenen Offizier. Dieser öffnete in diesem Moment die Augen und schaute sie an: „Das… tut weh.“

Agatha nickte: „Ja, Schatz, ich weiß. Du hast dir drei Kugeln eingefangen.“

Damit betätigte sie ihren Kommunikator. Wenn sie ihn jetzt auf die Dragonfly schaffte, hatte er eine Chance. Sie atmete schneller: „Silverbird an Dragonfly. Officer down. Ich wiederhole. Officer down. Captain Cat wurde schwer verletzt.“

„Bestätige.“, erklang die Stimme von Gina Intrupper, „Wir beamen euch jetzt…“

Weiter kam sie nicht, denn in diesem Moment ertönte von draußen Kampfeslärm.
 

Tony DiNozzos Instinkte waren von einem Moment auf den nächsten hellwach. Schließlich musste er Agatha und Ziva absichern, von denen die erste den Captain untersuchte und sich dann mit ihrem Raumschiff in Verbindung setzte. Nicht zu fassen – noch vor ein paar Stunden hätte er nie gedacht, dass er diesen Satz einmal sagen würde. Aber – er tat es. Das war doch irgendwie merkwürdig, wie schnell man sich mit selbst den unglaublichsten Gegebenheiten abfinden konnte.

Als von draußen die Geräusche eines Kampfes ertönten, hatte Tony die Waffe gehoben und war langsam und vorsichtig auf die Tür zugegangen, die noch sperrangelweit offen stand und von der man ins Treppenhaus gelangte.

Von seiner Position aus konnte Tony einen Blick auf den oberen Treppenabsatz werfen, auch, wenn er nicht sonderlich viel sah. Lediglich ein Stück weiße Wand, das nun, durch die angeschaltete Treppenhausbeleuchtung extrem weiß wirkte. Und dann krachte John Magnus Körper gegen die Wand. Er rutschte an ihr herunter, wirkte benommen von der Wucht des Aufschlages und fand sofort in die Realität zurück. Augenblicklich schrie er, deutete mit panisch aufgerissenen Augen auf genau den Teil des Hausflures, den DiNozzo nicht einsehen konnte und schrie: „Er ist hier!“

„Wer?“, formte DiNozzo unhörbar die Frage und versuchte, anhand des Schattens, den man an der Wand sah, irgendwas zu erkennen.

Gerade, als Magnus ihm antworten wollte, wurde er in einen roten Energiekokon eingehüllt und erschlaffte. Stille breitete sich aus, wie ein Leichentuch.
 

Tony wusste zwar, dass das, was da gerade abgefeuert worden war, zur Waffengattung der Föderationsphaser gehörte, aber er wusste nicht, wer der Benutzer dieser Waffe war. Es konnte ja auch Traceless sein, der …

Die Gedanken des Halbitalieners rissen so abrupt ab, wie sie gekommen waren, denn er sah plötzlich, dass jemand die Treppe herunterkam. Und gerade, als man hätte erkennen können, wer es war, schaltete sich das Licht automatisch aus.
 

DiNozzo erachtete sich selbst zwar nicht als Feigling, aber wenn jemand, willens war, sich mit diesem Irren zu prügeln, ihn zu entwaffnen und dann zu betäuben, die Treppe herunterkam, und wenn er das in absoluter Dunkelheit tat, dann musste man doch schon überlegen, ob man nicht besser Fersengeld geben sollte. Der Gedanke bestätigte sich, als plötzlich auf der Treppe ein greller Lichtstrahl aufblitzte. Verdammt, sein Gegenüber blendete ihn mit einer Taschenlampe, dessen war er sich sicher. Wenn es ein Laserstrahl gewesen wäre, wäre er vermutlich jetzt schon getroffen – und er fühlte sich ziemlich lebendig. Es musste also eine extrem helle Halogentaschenlampe sein. Das war irgendwie zwar nur halb so gruselig, aber ziemlich effektiv!
 

Also ließ er sich zurückfallen – womit gemeint ist, dass er den Rückzug antrat. Er rannte auf Ziva zu, packte sie am Arm und zog sie mit sich.

„Aber Agatha…“, brachte die Israelin hervor und Tony schüttelte den Kopf. Dann presste er sie an die nächste Wand und ihr die Hand auf den Mund. Er schaute ihr tief in die Augen und – wenn er nicht in der Lage war, seine Anspannung zu verbergen, würde sie mitbekommen, dass er von lebensrettender Angst besessen war.

„Pssst.“, zischte er ihr zu und beugte sich aus dem Versteck. Agatha kniete immer noch neben dem Captain und wurde in diesem Moment in das grelle Licht der Taschenlampe getaucht.

Zwei Personen kamen auf sie zu und schauten sie an. Agatha schirmte sich mit ihrer Hand ab und schüttelte den Kopf: „Toller Auftritt. Aber könntest Du die Taschenlampe abschalten? Die Person mit der Taschenlampe schaltete sie aus und der Halbitaliener war erst einmal damit beschäftigt, die bunten Punkte, die er sah, durch kräftiges Blinzeln, zu verbannen.

Als er wieder sehen konnte, erkannte er die Gesichter der beiden Fremden und erstarrte.

Der Mann mit der Taschenlampe knirschte verlegen mit den Zähnen und schaute dann zu Tony.

„Tschuldigung. Ich wollte dich nicht erschrecken.“, sagte Calvin Nathan Cat und ging dann neben seinem eigenen, gefallenen Körper in die Knie.

„Ich glaube, ich spinne.“, gab der Captain mit den Wunden von sich und der andere grinste schief: „Japp, hab ich auch gedacht, als ich mich sah. Keine Sorge – Du wirst wieder.“

Damit schaute er zu der knienden Agatha herüber: „Deswegen bin ich mit meinem Schatz hier. Um euren Platz einzunehmen.“

Die Agatha, die neben Cal kniete, stand auf und schaute ihr Gegenstück, das gerade den Keller betreten hatte, an: „Und – erfüllen sich all unsere Wünsche?“

„Manche ja – manche nein. Aber richte dich darauf ein, dass Du ein paar Wochen mit Cal auf dem Reha-Asteroiden verbringen wirst.“

„Warum? Werde ich auch noch verletzt?“

Die andere Agatha zuckte mit den Schultern und legte ihrem Gegenstück die Hand auf den Bauch: „Naja – die Wunde. Sie meldet sich in ein paar Tagen.“

„Aber es ist doch nicht so schlimm, als dass ich zur Reha müsste.“

„Hast Du eine Ahnung.“, grinste die andere Agatha und schaute dann zu Tony: „Du könntest ihr erzählen, wie unangenehm eine nicht richtig verheilte Wunde ist. Allerdings… naja… dann doch nicht.“

„Wie meinst Du das?“, fragte der Halbitaliener und ehe die Agatha, die zu Tony blickte, etwas sagen konnte, sagte die Andere, einen Blick zu beiden Cals werfend: „Vielleicht sollten wir das später besprechen.“

„Das dürfte eine gute Idee sein.“, meldete der kniende Captain und tastete nach dem Puls des Liegenden: „Der ist nämlich gerade ziemlich am Flattern.“

„Gut, ich verstehe.“, sagte die Agatha in Zivilkleidung und betätigte ihren Kommunikator.

„Notfalltransport. Gina, beam mich und Cal sofort auf die Krankenstation.“

Damit kniete sie sich wieder neben Cal, nahm seine Hand und tastete nach seinem Puls: „JETZT!“

Die Beiden dematerialisierten.

Der Captain in Sternenflottengaderobe schaute Tony lächelnd an: „Gerade noch im Reich der Bald-Toten, jetzt auf unserer Showbühne!“

Ziva trat aus den Schatten hervor und schaute zwischen den Uniformträgern hin und her: „Wieso konnte der Transporter euch von euren Gegenstücken unterscheiden?“

Tony wandte sich zu ihr: „Was? Von allem möglichen Quatsch dieser Situation, hängst du dich daran auf?“

Die hübsche Israeli zuckte mit den Schultern: „Ich glaube, ich hab mich daran gewöhnt. Ich meine – er wurde angeschossen, lag da, wird in die Zukunft gebeamt, operiert, verbringt ein paar Wochen in der Reha, beamt sich wieder runter, prügelt sich mit dem Typen der ihn angeschossen hat und ist wieder da. Wo ist das Problem?“

Drei verwirrte-dreinblickende Augenpaare schauten zur ehemaligen Mossad-Agentin, die erneut mit den Schultern zuckte und dann DiNozzo zuzwinkerte: „Komm drüber hinweg, mein kleiner Pelzarsch.“
 

In seinem Kopf pochte es.

Er hatte das Gefühl unter eine Dampfwalze geraten zu sein und gerade, als er wieder zu sich kam, wollte er genau das eigentlich nicht. Ihm wäre es am Liebsten gewesen, wenn er noch ein wenig in dieser herrlichen warmen, dunklen Umgebung hätte verweilen können, die man gerne „Morpheus Arme“ oder „Traumland“ nannte. Aber nein. John Magnus spürte, wie sein Verstand an die Oberfläche blubberte und – egal ob er es wollte, oder nicht – er kam wieder zu Bewusstsein.
 

Wenn ihn seine Erinnerung nicht trog, war er gerade an der Haustür angelangt, als ihn eine Stimme aus seiner Panik gerissen hatte. Er hatte sich umgedreht und sich gefragt, ob der Typ, den er im Keller über den Haufen geschossen hatte, eventuell einen Zwillingsbruder hatte. Dann hatte er seine Waffe gezogen, sie auf den Typen gerichtet, doch ehe er abdrücken konnte, war – wie aus dem Nichts – die Rothaarige aufgetaucht und dann war alles drunter und drüber gegangen. In einem Gewirr aus Fäusten, Beinen, Armen, Vor-und Rückhänden war es zu einer regelrechten Keilerei gekommen, in deren Verlauf er die beiden mindestens einmal zu Boden geschubst hatte, aber dennoch selbst niedergeschlagen wurde… und dann hatte der Typ ihn erschossen.
 

Magnus Augen öffneten sich und er blickte sich verdattert um. Er spürte, dass er auf einer Matraze lag und die Inneneinrichtung des Raumes, in dem er sich befand, kam ihm arg bekannt vor. Das sollte sie auch, denn es war sein eigenes Schlafzimmer.

„Hallo, Schatz. Auch wieder wach?“, erkundigte sich die brünette Schönheit, die seine Frau Helen nun einmal war. Mit leicht britischem Akzent fragte sie ihn, auf ihn zukommend: „Möchtest Du einen Tee?“

Verwirrung ergriff Besitz von ihm: „Tee? Wieso, ich… wieso bin ich nicht…“

‚Das ist alles nur ein Trick, nur ein Trick, nur ein Trick!’“, schoss es ihm durch den Kopf und ehe er sich versah, war er auch schon auf den Beinen und aus dem Bett gesprungen. Kurz kollidierte er mit dem Türrahmen und taumelte ein paar Schritte nach hinten, ehe er einen klaren Blick auf seine Frau haben konnte, die sich das ganze kopfschüttelnd ansah.

„Es wäre besser, wenn Du dich hinlegen würdest.“, sagte seine Frau – war es seine Frau oder einer dieser Ausserirdischen?! – und John hob beide Hände in einer klaren Abwehrhaltung: „Bleib mir vom Leib!“

Damit stürzte er aus dem Zimmer und lief durch den Hausflur. Dem Wohnzimmer, das er passierte, schenkte er einen kurzen Blick, stockte und blieb dann ganz stehen, bevor er sich umdrehte und ins Wohnzimmer spähte.

„Ah. Sie sind wach.“, sagte ein Mann mit leicht-italienischem Akzent und grünen Augen: „Schön Sie zu sehen. Mister Magnus, wir haben auch nur zwei, drei, kleine Fragen.“

Neben ihm rührte eine hübsche Brünette in einer Tasse und blickte dann kurz auf, um ihn – John – zu mustern: „Sie sollten tatsächlich eine Tasse Tee trinken. Ihre Frau macht einen hervorragenden Earl Grey.“

„Und Ihre Tochter ist ziemlich gut auf der Wii.“, stellte der junge Mann fest, den John über den Haufen geschossen hatte, „Hat mich bei diesem komischem Ballerspiel zwei Mal in Grund und Boden geschossen. Und eigentlich bin ich gut.“

„In irgendwas musst du ja gut sein, Cal.“, ließ sich die Brünette vernehmen und der Angesprochene nahm nun ebenfalls eine Tasse, goss sich Milch ein und trank einen Schluck, ehe er die Frau anblickte: „Sehr lustig, Ziva.“

„Ich weiß.“, grinste sie und trank einen Schluck Tee.

Dann wandte sich ‚Cal’ an ihn und sagte: „Sagen Sie mal, hat es einen Grund, dass Sie mich über den Haufen geschossen haben?“

Ehe er etwas antworten konnte, tippte ihm jemand auf die Schulter: „Entschuldigung, kann ich mal durch?“

Damit zwängte sich die Rothaarige, die ihm gegen das Kinn getreten hatte, an ihm vorbei, klopfte an die Zimmertür Ashleys und sagte: „Danke. Top und Hose passen mir. Ich bring es dann bald zurück.“

„Gerne!“, gellte es aus dem Zimmer der jungen Blonden und die Rohaarige drehte sich zu der versammelten Gruppe, die den Wohnzimmertisch mit Beschlag belegt hatte, um. „Und, wie gefällt euch das?“

Damit drehte sie sich einmal um die eigene Achse.

Der Mann, den die Frau „Cal“ genannt hatte, stand auf, trat auf die Rothaarige zu und nahm sie in den Arm. „Sexy, mein Schatz. Mehr als nur heiß.“

Vielleicht lag es daran, dass sie die Kleidung seiner Tochter trug, aber John hatte irgendwie das Bedürfnis, den jungen Mann, der Cal hieß, zu packen und kalt abzuduschen.

Erneut legte ihm jemand die Hand auf die Schulter. Er drehte sich um und schaute ihn die Augen seiner Frau.

„Es ist alles in Ordnung. Sie haben nur ein paar Fragen und dann gehen sie wieder.“

John schaute seine Frau verblüfft an: „Ein … paar Fragen?“
 

Als sich John Magnus ihnen gegenübersetzte, glaubte Ziva, dass sie mit einer komplett anderen Person sprach. Die Körperhaltung, die Wärme und Freundlichkeit in seinen Augen – das alles war nicht der Mann, der sie über den Haufen gerannt und Cal über den selbigen geschossen hatte. Mit dem Captain würde sie noch ein paar Worte reden müssen und wenn sie ihn auf seinem eigenen Schiff so lange eine Simulation durchlaufen ließ, bis er gelernt hatte, im Zweifelsfall seinen Phaser einzusetzen – es war ihr egal. Dieser Junge war ja ein Risiko für das gesamte Unternehmen.
 

Allerdings schien er zu merken, wenn man über ihn sprach, oder zumindest nachdachte, denn kaum, dass sie den Gedanken, ihn zu trainieren, gefasst hatte, schaute er sie fragend an, was sie dazu veranlasste, den Kopf zu schütteln und sich wieder John zuzuwenden.

Tony ergriff das Wort. Das tat er ja immer gerne und sie hatte sich bis jetzt nicht aufgeregt, warum sollte sie es also nun tun? Die hübsche Mossadagentin – oder besser gesagt: die ehemalige Mossad-Agentin - schaute ihn aus ihren nussbraunen Augen an, als er Luft holte, um zu beginnen. „Warum sind Sie abgehauen, Mister Magnus.“, fragte der Halitaliener und der ältere Herr betrachtete ihn kurz, ehe er sich räusperte und sagte: „Na ja, ich wusste nicht, auf welcher Seite sie stehen. Das weiß ich ehrlich gesagt, immer noch nicht.“

„Oh for crying out loud.“, murmelte Cal und schaute Magnus an, ehe er etwas lauter wurde : “Wir sind auf der Seite der Guten. Ist das nicht offensichtlich?“

„Nein, eigentlich nicht. Wenn man bedenkt, dass sie mich verprügelt und erschossen haben… übrigens, warum lebe ich noch?“

„Betäubungspfeile“, log Tony schnell und der Captain und seine XO schauten ihn verblüfft an. Der Halbitaliener zuckte mit den Schultern.
 

Die Luft in der Leichenhalle war einfach nicht schön. Da half nichts. Tim hatte sich überlegt, ob es nicht sinnvoll wäre, mal ein paar Raumerfrischer dort zu platzieren, allerdings hatte er den Gedanken schnell wieder verworfen. Der Geruch von – was auch immer hier vor sich hin verweste – gemischt mit dem Aroma von Erdbeeren oder Frühlingswiese ließ den Gedanken daran, hier Lufterfrischer aufzustellen „less than thrilled“ erscheinen.

McGee konnte sich nicht helfen, sich innerlich die Frage zu stellen, wie es Ducky und Jimmy aushalten konnten, in dieser Atmosphäre auch noch zu speisen.

Innerlich zuckte er mit den Schultern. Vermutlich waren sie abgehärtet. Aus dem Grund hatte Jimmy auch eine Leichenwäscherin als Freundin. Wenn man mit jemandem, der seinen Job liebt, zusammenlebt, sollte man auch damit klarkommen, wenn dieser Jemand plötzlich von seinem Beruf erzählte. Und wenn man dann jemand war, der die epischen Schilderungen einer Autopsie mit Doctor Mallard magentechnisch nicht vertrug – naja, es wäre alles andere als schön, dessen war sich Tim sicher.
 

Aus dem Grund bevorzugte er jemanden, der seine Hobbies teilte, weswegen Laura…

Dem Special Agent verrutschte das Gesicht. Laura… seine Laura… umgebracht von Ari.

Ein schwerer Seufzer entfuhr seiner Kehle und erweckte somit die Aufmerksamkeit Duckys, der ihn anblickte.

„Timothy“, lies er seine Stimme erklingen, „Was ist los?“

Der Special Agent schüttelte den Kopf: „Nichts, es ist… es ist nichts. Ich… ich wollte hier nur…“

Ducky nickte: „Natürlich – nimm Dir soviel Zeit, wie Du brauchst.“

Woher wusste der Schotte das jetzt wieder?

Offenbar war sein Gesichtsausdruck so eindeutig fragend, denn sein Gesprächspartner blickte ihn an und lächelte schief: „Abby. Sie hat mir gesagt, was los ist.“

Damit legte er ihm großväterlich eine Hand auf die Schulter: „Nimm Dir soviel Zeit, wie du brauchst.“

„McGee“, erklang plötzlich die raue Stimme Gibbs’ aus der Schiebetür, die die Leichenhalle vom Korridor und dem Aufzug trennte, „Du kannst Dich nachher verabschieden. Jetzt haben wir einen Fall zu lösen!“

Kurz spielte der Romancier mit dem Gedanken, so zu tun, als habe er Gibbs überhört und schaute, mit starrem Blick, auf die zugedeckte Leiche Lauras. Er spürte, wie seine Tränenkanäle die Arbeit aufnahmen.

„Elfenkönig.“, rief Gibbs erneut und McGee merkte, wie er sich gegen seinen Willen umdrehte und seinen Chef anschaute. Mit einer leisen, beinahe unhörbaren Stimme, sagte er dieses eine Wort, das die ganze Situation definieren sollte: „Nein.“

Der Senior Special Agent schaute ihn an, hob in einer Mischung aus Überraschung und „Na, warte mal ab“ die Augenbrauen und in seinen Augen blitzte derselbe Emotionsmix auf: „Nein?“

„Boss“, sagte McGee, mit einer nun ihre Festigkeit wiederfindenden Stimme, „Nein. Ich kann es nicht tun. Ich kann so tun, als sei nichts passiert.“

Gibbs löste sich von der Tür und trat langsam auf ihn zu. In seinen Augen blitzte es erneut, dieses Mal mit einer Kombination aus Sorge und Wut. „McGee, Du wirst da oben gebraucht. Das ist keine Bitte.“

„Ich“, setzte der jüngere Agent an und man merkte, wie er mit jedem Wort wütender wurde, bis er die Letzten schrie: „Ich kann es NICHT, VERDAMMT!“

„Jethro, vielleicht solltest du…“, setzte Ducky an, doch selbst er verstummte, als Gibbs ihn anblickte: „Duck, vertrau mir.“

„Vertrauen.“, spie McGee aus, schaute ihn an und in seinem Blick funkelte eine unmenschliche Wut: „Vertrauen? Wir vertrauen darauf, dass wir hier sicher sind… und was passiert? Sagen Dir die Worte ‚America is under attack’ irgendwas? Wir vertrauen darauf, dass wir wenigstens im Hauptquartier des NCIS sicher sind. Was passiert?“

Damit deutete er anklagend auf den Körper Lauras: „Verdammt, ein Verrückter, der aus seiner Zeit in unsere katapultiert wurde, hat sie erschossen. Und niemand, nicht einmal die mächtige Sternenflotte, kann etwas dagegen tun.“

Gibbs schaute ihn nur an. Dies schien McGees Zorn weiter zu entfachen: „Du selbstgerechter Bastard. Du stehst hier und denkst, dass Du mich einschüchtern könntest, weil du mir, wenn ich nicht spure, eine Kopfnuss gibst, ja?“

„Special Agent McGee, Sie übertreten gerade ihre Kompetenzen.“, sagte der Grauhaarige scharf und blieb stehen, wich nicht einmal aus, als sich McGee mit einem „ICH SCHEISS AUF DIE KOMPETENZEN!“ gegen ihn warf.

McGees Wut hatte ihren Siedepunkt erreicht. In den letzten Stunden hatte er eine konstante Kurve der Katastophen erlebt und dies brachte ihn zum Überschnappen. Als dieser selbstgerechte Bastard ihm mit „Kompetenzen“ kam, sah er einfach nur noch rot und warf sich gegen ihn. Ab da lief sein Körper auf Automatik. Die Fäuste fanden ihr Ziel und gerade, als er in den dunkelroten Schleiern der Wut zu versinken drohte, hörte er ein sehr lautes Wort.

„STOP!“

McGee hielt inne, schaute zu Gibbs, der sich gerade Blut von der Lippe wischte und fand wieder zu sich.

„Meine Güte, Boss, das… das tut mir…“

Obwohl es ziemlich schmerzhaft zu sein schien, zuckte ein kurzes Lächeln über Gibbs Lippen: „Niemals entschuldigen, McGee. Das ist ein Zeichen von Schwäche. Und nach dem, was Du gerade gezeigt hast, bist du alles, nur nicht schwach.“

Damit klopfte er ihm kameradschaftlich auf die Schulter: „Geht es Dir jetzt besser?“

Und damit war für ihn klar, was los war. Der Romancier warf einen Blick zu Ducky, der nickte: „Ja, ein Kampf ist ein sehr starkes Ventil für Emotionen.“

Plötzlich fühlte sich der Mann, als sei all seine unterdrückte Wut von ihm abgefallen und er schaute erneut zu Gibbs: „Aber… du hattest Doch gesagt…“

„Ich weiß.“

Erneut räusperte sich Ducky: „Aber du hättest die Wut in die Arbeit kanalisieren sollen, Timothy. So hast Du sie nur unterdrückt.“

Der Angesprochene nickte. Dann wandte sich Gibbs an ihn: „Und jetzt hoch, dein Typ wird verlangt.“

„Geht klar, Boss.“

Als McGee die Autopsie verlassen hatte, schaute Gibbs Ducky an: „Er wird langsam sehr erwachsen, oder?“

Der Schotte nickte: „Ja, er erinnert mich in einigen Aspekten sehr an dich. Obwohl auch Tony diverse Aspekte hat, die ihn dir Ähnlich sehen lassen. Und Ziva… Es dürfte daran liegen, dass Du die drei ausbildest.“

„Vermutlich.“, grinste Gibbs.
 

Es tat gut, wieder einmal in der alten Gegend zu sein, fand Tony und schaute sich um. Es hatte sich in den letzten zehn Jahren so einiges verändert, aber wenn man wusste, wonach man zu suchen hatte, stellte man fest, dass sich einige Sachen einfach nie ändern werden. Für Ziva, Agatha und Cal war es natürlich eine Entdeckungstour, für ihn selbst eine Reise in die Vergangenheit. Zugegeben, sein letzter Aufenthalt war gerade einmal ein paar Monate her, aber er hatte das Gefühl, viel länger fortgewesen zu sein. Aber wieder auf der Straße zu sein, die er als Polizist unsicher gemacht hatte, die Bars zu sehen, in denen er sich mit den Kolleginnen und Kollegen „die Kante gegeben hatte“, den Duft zu riechen, den jede Ecke verströmte, das alles traf ihn wie ein Vorschlaghammer und ließ ihn lächeln. Zugegeben, nicht an jeder Ecke roch es nach Rosen, aber das tat es in D.C. auch nicht. Er genoss nichtsdestotrotz jede einzelne Millisekunde, die ihnen zur Verfügung stand.
 

Es war faszinierend gewesen, was der gute Magnus so gesehen zu haben glaubte. Kaum, dass sie die Wohnung verlassen hatten, hatte sich Tony an die beiden Sternenflottenoffiziere gewandt: „Und, haltet Ihr das alles für Möglich?“

Der Captain hatte mit den Schultern gezuckt: „Ich halte es nicht für unwahrscheinlich. In den letzten Jahren haben wir herausgefunden, dass die ziemliche Mehrzahl aller Raum-Zeit-Phänomene mit dem zwanzigsten – oder in diesem Fall – einundzwanzigsten Jahrhundert zu tun haben.“

„Und wenn man bedenkt“, hatte sich Agatha eingemischt, „dass wir schon ein ziemliches Chaos hinter uns haben, würde es mich nicht wundern, wenn es noch chaotischer werden könnte. Und wir müssen festhalten, dass die Beschreibung uns Johnnys ziemlich eindeutig war.“
 

Ziva David glaubte, ihr Herz setze aus. Sie schaute die beiden Offiziere an: „ Noch chaotischer? Ziemlich Eindeutig?“

Die hübsche XO zuckte mit den Schultern: „Ein altes, vulkanisches Sprichwort besagt: „Es gibt immer Möglichkeiten.“.“

„Schatz, du klingst gerade ein wenig wie Willi.“, sagte Cal grinsend und zwinkerte ihr zu: „Ein altes Bienensprichwort sagt: Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden.“

Die XO seufzte: „Deine Scherze waren auch schon mal besser, Cal.“

Auch Ziva war nach Seufzen zu Mute – sie hatten definitiv andere Sorgen und der Captain nutzte jede Gelegenheit für einen schlechten Scherz. Sie fühlte sich, als habe sie die Aufsichtspflicht für einen zweiten Tony. Dabei kam sie mitunter nichteinmal mit dem Ersten klar. Gerade, als sie sich an diesen ersten Tony wenden wollte, bemerkte sie, dass er starr geradeaus schaute.

„Tony?“, fragte sie und schaute in die Richtung, in die auch der Halbitaliener blickte.

Dieser zuckte kurz zusammen und wandte sich dann, mit einem fragenden Gesichtsausdruck, an Ziva: „Was ist?“

„Alles in Ordnung? Du siehst ein wenig nachdenklich aus.“

„Es ist alles okay. Ich… ich habe nur gerade über meine Zeit beim BPD nachgedacht. Da war alles noch viel einfacher. Man wusste, die Bösen sind Böse, die Guten sind wir.“, sagte er mit einem leicht melancholischen Funkeln in den Augen, „Und jetzt? Schau uns an, Ziva. Ich liebe dich und selbst das ist nicht einfach.“

Ziva blinzelte: „Hast Du gerade gesagt, dass Du…“

„Frag mich nicht wieso.“, schoss Tony zurück und Agatha räusperte sich: „Vielleicht ist es die nette Aussicht auf den See Montebello?“

„Erm… will ja nicht meckern.“, gab Cal zu bedenken, „Aber – sollten wir nicht zurück nach DC fahren? Ich meine – Abby sagen, was los ist? Vielleicht kann die uns ja ne Flugroute dieses UFOS geben?“

Die XO seufzte und schaute den Captain an: „Manchmal hast Du die Emotionalität eines Holzklotzes.“

„Ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal sage, aber, ich glaube, Cal hat recht.“, sagte Tony in diesem Augenblick und nickte in die Richtung des Sternenflottencaptains, der ihm kurz dankbar zulächelte. Hatte ihm dieser Agent doch tatsächlich aus der Patsche geholfen? Der Captain atmete tief durch und schaute zu Agatha: „Komm, Schatz, wir müssen.“
 

Der schwarze Dodge fuhr so schnell, wie es die Geschwindigkeitsvorgaben und – begrenzungen erlaubten. Cal hatte seinen Tricorder aufgeklappt und es würde Ziva nicht wundern, wenn er gerade irgendwelche Daten an das Schiff sandte oder empfing. Das war einfach nur Wahnsinn. Sie hatte das Raumschiff zwar gesehen, sie hatte mit der Crew interagiert und sie hatte die Technologie ausprobiert – dennoch, es kam ihr einfach nur faszinierend vor, dass es Ausserirdische gab. Zwar hatte sie Tony gegenüber die harte Frau markiert, die damit klar kam, aber – wenn man bedachte, dass man in der Beziehung einen Partner brauchte, der stark war, und einen, der sich auf diesen starken Partner verlassen konnte… und Tony war momentan so gar nicht das, was man als stark bezeichnete.

Sie blinzelte. Nein, dieser schlechte Wortwitz…

„verdammt, DiNozzo“, fluchte sie in Gedanken, „jetzt habe ich Tony Stark im Kopf.“

Dieser Mann – DiNozzo, nicht Stark – war einfach nur eine Quelle unnützen Filmwissens und sie hatte das Gefühl, dass er sie damit ansteckte.

Sie seufzte.

Wie lange dauerte die Fahrt von Baltimore-Zentrum zum Navy Yard? Kurz überschlug sie die Geschwindigkeit, mit der Tony unterwegs war und die Entfernung (Knapp 40 Meilen) und kam zum Schluss, dass sie knapp eine Stunde hier mit diesem Mann und den beiden Starfleetoffizieren gefangen war.

Super.
 

Die rothaarige XO schaute aus dem Fenster, der braunhaarige Captain tat es ihr gleich und er presste, zu allem Überfluss, sein Gesicht so dicht ans Fenster, dass die Nase geplättet wurde. Agatha war sich dessen bewusst – sie liebte einen Mann, der körperlich zwar auf die Dreißig zuging, geistig aber irgendwo zwischen 8 und 18 stehengeblieben war.

Sie seufzte und hörte, wie auch Ziva diesen Laut von sich gab. Kurz blickte sie sie an, merkte, wie die hübsche Israelin ihren Blick erwiderte und sie waren sich beide klar, dass sie dasselbe dachten. Ihre Männer waren einfach nur seltsam.
 

Langsam, aber sicher senkte sich wieder die Nacht über die vereinigten Staaten und Tony DiNozzo konnte sich des Gedankens nicht erwehren, dass dies wohl einer der längeren Fälle werden würde. Normalerweise brauchten sie nie länger als maximal 3 Tage, bis sie den Fall gelöst haten – aber nun brach, in knapp acht Stunden schon der nächste Tag an und sie hatten sich eigentlich nur mit der Sache mit Magnus aufgehalten. Hoffentlich gab es an der McGoogle-Boss-Front etwas Neues.

Mit schnellem und routiniertem Griff schaltete der Halbitaliener das Radio ein.

„Sie hören Baltimore 47,11“, erklang die Stimme des Moderators und Tony konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Baltimore 47,11“ war einer der besten Radiosender im gesamten Stadtgebiet und während der Moderator „Howling Mad Murdoc“ seine samtweiche Stimme über den Äther jagte, fühlte sich Tony erneut wie der junge Detective, der gerade frisch von der Polizeiakademie abgegangen war.

Und dann fiel plötzlich das Radio aus.

„Erm….“, machte Tony und stockte, als der Wagen sich ebenfalls nicht mehr rührte.

„Was ist denn los?“, meldete sich verschlafen die Stimem Agathas und Tony warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Sie waren tatsächlich eine Halbe Stunde unterwegs gewesen. „Da kann man mal sehen, wie gut die Unterhaltung auf Baltimore 47,11 ist.“, grinste er und versuchte erneut, den Wagen zu starten. Und genau dabei blieb es auch.

„Lass mich mal.“, murmelte Cal, der ebenfalls ein wenig verschlafen klang, und klappte seinen Tricorder auf, ehe er stockte, und auf das technische Wunderding blickte: „Hä? Wieso geht das Ding nich an?“

Und gerade als sich Tony umdrehen wollte, sah er es.
 

Agatha hatte gar nicht mitbekommen, wann genau sie in einen tiefen, ruhigen Schlaf gesunken war, sie hatte nur gemerkt, wie das sanfte, hypnotische Rauschen der Straße sie immer mehr einlullte und ihr Kopf immer schwerer und schwerer wurde. Das Gleiche galt für ihre Augenlider, die sich bleischwer anfühlten und immer wieder nach unten gezogen wurden, egal wie sehr sie versuchte, dagegen anzugehen. Kurz blickte sie zu Cal und stellte fest, dass es ihm nicht anders erging und dann, als der Wagen eine Kurve fuhr, sank der Körper des Captains gegen sie und sie legte einen Arm um ihn. Sein Kopf sank gegen ihre Schulter, sie lächelte und ließ sich dann ebenfalls fallen.

Und nun war sie aufgewacht – dadurch dass sich plötzlich die komplette Atmosphäre änderte. Zuvor hatte sie sich in diesem Auto sicher gefühlt – was, wenn man bedachte, wie gefährlich manche Autocrashs ausgehen konnten, ein großer Witz war. Aber jetzt, mitten auf diesem einsamen, verlassenen Stück Landstraße, konnte sie sich dem Gefühl nicht erwehren, eben nicht mehr sicher zu sein. Es war, als habe der Wald Augen und das Verrückte war, dass Agatha von sich überzeugt war, eigentlich eine sehr rationale Frau zu sein. Grundlose Panik war ihr normalerweise fremd.

Doch hier war irgendetwas, dass ihr entgegenschrie, dass sie hier wegmusste.

Kurz versuchte sie, ihren Atem zu kontrollieren, doch es gelang nicht.

Wie durch Watte nahm sie die ratlose Frage des Captain wahr, warum sein Tricorder nicht funktionierte und dann …
 

Das Radio erwachte kreischend zum Leben. Es war nicht mehr die sanfte Melodie, die Tony gefunden hatte, es war etwas Anderes, das laut, hässlich, kreischend, schreiend aus dem Äther kam. Dieses Etwas hatte einen starken Einfluss auf die Starfleetoffizierin. Und nicht nur auf sie, denn plötzlich deutete der Captain auf die Windschutzscheibe, an Tony vorbei auf etwas, das sie nicht sehen konnte, nicht sehen wollte .

Sie merkte, wie ihr Herz raste, hoffte, dass die Bundesagenten genug Willensstärke bewiesen, die ihr und Cal offenbar komplett fehlte, denn plötzlich spürte sie die Hand – die inzwischen vor Schreck eiskalte Hand – des Captains, die nach ihrer griff und sie festhielt.

„C… Cal“, hauchte sie, wobei sie jede Unze an Willensstärke aufbringen musste, „Wir… wir sind Offiziere… wir dürfen… nicht…“

Der gellende Schrei des Starfleetcaptains unterbrach sie und plötzlich hatte er die Tür aufgerissen und versuchte zu fliehen. Leider hatte er immer noch den Sicherheitsgurt angelegt, weswegen er sich nicht erheben konnte.

„Sie haben uns gelähmt.“, schrie er, „Sie haben uns gelähhhmt“
 

Und dann sah sie das Wesen am Fenster.

Es starrte aus schwarzen, mandelförmigen, blicklosen Pupillen herein und in ihrem Kopf klickte es. Ihr Herzschlag beruhigte sich, sie holte tief Luft, griff nach Cals Gesicht und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige.
 

Ziva wusste nicht, was erschreckender war – die entsetzliche Kakophonie, der schrille Missklang aus dem Autoradio, das gleißende Licht vor ihnen, aus dem sich Gestalten lösten und auf sie zu kamen, der gellende Schrei des Captains hinter ihr, der sie beinahe taub werden ließ oder der Fakt, dass Agatha dem Captain plötzlich eine scheuerte – wobei, letzteres wirkte fast schon wieder zu komisch.

Sie wandte sich zum Beifahrerfenster, an dem gerade ein Wesen, ein Etwas aufgetaucht war, und sie leidenschaftslos anblickte.

„Ein Grey.“, schoss es ihr durch den Kopf, „Ich will verdammt sein. Es ist tatsächlich ein lebender Grey.“

Dann öffnete sich – ganz von alleine – die Tür und gerade, als das Wesen sie abschnallen wollte, stoppte es mitten in der Bewegung, legte den Kopf schief und blickte auf das wimmernde Häuflein Elend, das hinter ihr saß.

Es trat auf den Captain zu, schaute ihn an und begann, zu sprechen.

„Captain Cat.“
 

„Ich will verdammt sein.“, dachte sich Tony, „Der Typ kennt auch alle.“

Irgendwie wechselte gerade die komplette Situation – die zierlichen, aber dennoch furchteinflößenden Ausserirdischen schauten den Captain und seine XO an und warteten darauf, dass irgendetwas geschah.

Der Captain hob vorsichtig den Blick, schaute sich unsicher um und schnallte sich ab, ehe er – mit sehr staksigen Schritten – aus dem Auto taumelte und auf einen der Greys zustakste.

Agatha folgte ihm, schaute die Beiden an und schüttelte den Kopf. Der Befehl war klar und – Aliens waren ja das Kerngeschäft der Sternenflotte. Also musste Tony den beiden Offizieren hier das Feld überlassen.

Die Lähmung fiel von ihm ab und er schaute zu Ziva.

„Sag mal, weißt du, was hier los ist?“

Ziva, deren Brustkorb sich sichtbar hob und senkte, schüttelte den Kopf. Dieser Anblick erschütterte Tony, denn er kannte Ziva als wirklich starke Frau, die nichts erschütterte – aber vielleicht war eine Beinahe-Entführung durch Ausserirdische etwas, das einem beim Mossad nicht unbedingt beigebracht wird.

Der Captain und die XO kamen zurück, ersterer immer noch mit Angsttränen in den Augen, letztere sichtlich ruhiger.

„Wir können.“, sagte sie und der Captain schnallte sich an, „Verdammte…“

„Cal, nicht fluchen.“, ermahnte sie ihn, beugte sich vor und flüsterte ihm etwas ins Ohr, was ihn in seinem Sitz zusammensacken ließ.

Ziva schaute sie durch den Innenspiegel an: „Das ist ein Trigger, oder?“

„Ja.“, nickte Agatha und deutete nach Oben, eine Geste, die der Israeli irgendwie nicht mehr so ganz behagte, „Gina hat … naja… ist vielleicht ein wenig kompliziert, das alles zu erklären.“

„Das interessiert mich auch gerade nicht.“, meinte Tony und schaute die hübsche Rothaarige an: „Mich würde mehr interessieren, was hier gerade passiert ist?“

„Das würde auch keinen Sinn mehr machen. Ich kenne das Standardprotokoll der Asgard. Lehnt euch zurück, das wird…“

Weiter kam sie nicht, denn das Geräusch, das während der kurzen Unterhaltung zwischen Agatha, Cal und den Aliens – den Asgard – leiser geworden war, verstärkte sich wieder. Es so unbeschreiblich unangenehm, dass Tony dem keine zwei Sekunden standhielt. Sein Kopf sackte nach vorne, er hörte Ziva noch stöhnend das Bewusstsein verlieren und dann wurde es dunkel.
 

„Mich würde mal interessieren, wo DiNozzo und die anderen stecken.“,murmelte Gibbs derweil und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Selbst, wenn man bei Magnus’s noch Kaffee und Kuchen zu sich nahm, was Gibbs den Agenten lieber nicht geraten haben wollte – sich auf Staatskosten bei einer Familie durchfüttern, wo gibt es denn sowas? – brauchte man doch nicht mehr als eine knappe Stunde von Baltimore bis nach DC.

Und gerade, als er sein Handy aufschnappen lassen wollte, öffnete sich die Tür und Tony verließ den Aufzug.

„Wo kommst Du jetzt her?“, fragte Gibbs.

Tony stockte: „Wir hatten eine Panne.“

Der Chef konnte sich nicht helfen, irgendwie klang die Antwort fast schon mechanisch, wie auswendig gelernt oder wie in Trance aufgesagt.

„Und wo?“, fragte er daher, was Tony zu einem Schulterzucken nötigte: „20 Meilen vor Washington. Mitten im Nirgendwo.“

Erneut glitt die Tür des Aufzugs auf und Ziva, sowie Cal und Agatha verließen den Lift.

„Und, was habt Ihr herausgefunden?“

Ziva seufzte: „Er… na ja, er meint, etwas gesehen zu haben.“

„Korrektur.“, sagte Agatha, „Er hat etwas gesehen. Die Form, die er beschrieben hat, ist ziemlich eindeutig.“

Damit griff sie sich ein Blatt Papier und zeichnete, mit schnellen geschwungenen Linien etwas auf, das definitiv kein Flugzeug war.

Cal, der ihr über die Schulter schaute, grinste: „Steinstark, die kann malen, was?“

Damit nahm er das Blatt Papier, zeichnete, etwas weiter unten, etwas anderes auf.

„Darf ich vorstellen.“, sagte die XO anschließend, „Schiff und Pilot.“
 

Gibbs betrachtete sich das Gebilde und die Personenzeichnung, die Agatha und Cal abgeliefert hatten – wobei man bei der Zeichnung des Captains nicht viel von „Personenzeichnung“ sprechen konnte. Es war mehr eine grobe Form eines ovalen Gesichtes, mit ebenso ovalen, schwarzen Augen – fehlender Nase und einem ausdrucks- weil lippenlosen Mund.

„Den können wir aber schlecht zur Fahndung ausschreiben.“, sagte Gibbs und Ziva schüttelte den Kopf: „Ist auch nicht notwendig. Die Asgard haben nichts mit der Sache zu tun. Sie sind nur auf der Suche.“

„Auf der Suche?“, echote Gibbs und Tony nickte: „Natürlich. Weißt Du, wie lange man braucht, um einen Planeten gründlich abzusuchen? Wir brauchten damals, als McGoogle beinahe ins Gefängnis gegangen wäre, weil man ihm einen Mord anhängen wollte, auch ziemlich lange, um die entsprechenden Kugeln zu finden. Und das war nur eine kleine Seitenstraße. Die Asgard sind ebenso gründlich.und bei einem Planeten braucht es halt ein paar Jahre.“

„Und wie lange suchen sie schon?“

In diesem Moment war Abby im Bullpen aufgetaucht und schaute zuerst zum Bild, dann zu Tony und Ziva, die so sprachen, als seien sie es gewöhnt, über Ausserirdische zu reden.

Cal räusperte sich: „Seit knapp 64 Jahren. Wisst Ihr, 1947 gingen damals nicht nur die Ferengi runter, sondern auch ein Asgard-Scout-Schiff.“

„Der Roswell-Zwischenfall?“, fragte Abby und Cal schüttelte den Kopf: „Nein, Miss Sciuto, das waren die Ferengi. Wo die Asgard abstürzten, ist unbekannt. Aber – sie haben nichts mit unserer Sache zu tun.“

„Das heißt, die komplette Sache war…“, setzte Tony an, was Agatha zum Nicken brachte: „Komplett sinnlos. Aber – gut das wir mal drüber geredet haben.“
 

Lieutenant Commander Jill Menacer arbeitete gerade an ihrer taktischen Konsole. Es war heute mal wieder einer dieser langweiligen Tage, an denen es so gut wie nichts zu tun gab – aber es war besser, wenn der Tag langweilig war, als, wenn viel zu viel zu tun hatte.

Sie bevorzugte die Tage, in denen es nichts zu tun gab. Wann ergab sich schon einmal die Möglichkeit, in der Dienstzeit zu lesen?
 

Gerade verfolgte sie mit Spannung die Aufklärung der Geschichte um den niederländischen Kommissar, der auf einem Campingplatz einen Mordfall aufklären sollte, als ihr Kommunikator ein Geräusch von sich gab.

„Cat an Menacer?“

Die hübsche Blonde mit den ebenmäßigen Gesichtszügen und dem frechen Funkeln in den Augen seufzte und betätigte die Brosche an ihrer Brust: „Menacer hier?“

„Pass auf, Jill, Agatha und ich kommen gleich wieder hoch. Wir bringen nochmal Gibbs, Tony, Tim, Ziva und Abby mit, also, wunder dich nicht, wenn gleich die Brücke ein wenig voll werden könnte.“

„Verstanden, Cal.“, sagte die hübsche Frau, doch sie hob überrascht die Augenbrauen, als sie erneut die Stimme des Captains wahrnahm: „Ach ja – und scann doch mal bitte nach einer Asgard-Ionenspur, die von Washington ausgeht. Ich möchte sie finden und verfolgen.“

„Sind die Asgard nicht unsere Alliierten?“

„Eigentlich schon, aber Alliierte greifen einander nicht an, oder was meinst Du?“

Jill wiegte ihren Kopf hin und her, ihr schweres, blondes Haar machte die Bewegung mit und als sie nickte, wippte es kurz nach vorne: „Ja, stimmt.“

Damit gab sie ein paar Befehle ein, betätigte eine Taste und meldete: „Schiff scannt nach Ionenspur. Wir beamen euch jetzt direkt auf die Brücke.“

Keine zehn Sekunden später erklang ein paar Meter neben ihr das typische, leise, singende Geräusch eines Transporters, der eine – oder in diesem Fall: Mehrere – Personen materialisieren ließ.
 

„Pass auf, Jill, Agatha und ich kommen gleich wieder hoch. Wir bringen nochmal Gibbs, Tony, Tim, Ziva und Abby mit, also, wunder dich nicht, wenn gleich die Brücke ein wenig voll werden könnte.“, sagte der Captain in das kleine Schmuckstück und Tim McGee riss überrascht die Augenbrauen hoch. Sie sollten nochmal auf die Dragonfly gebeamt werden? Hatte er da denn gar nichts zu zusagen? Offenbar nicht, denn Gibbs, Tony und Ziva stellten ihre unbeeindruckten Mienen zu schau, während neben ihm Abby begeistert auf und ab hüpfte, was ihre Pferdeschwänze wippen ließ.

„Oh Tim“, lachte sie, klatschte begeistert in die Hände und schaute ihn an wie ein Kind am Weihnachtsmorgen, wenn es der Geschenke ansichtig wurde, „Ich darf mit nach oben. Wie cool ist das denn?“

Die Antwort Tims, ein leichtes, gezögertes und gedehntes „jaaa“ bekam sie gar nicht mit, denn sie eilte zu Cal und fiel ihm um den Hals: „Danke schön.“

Dann machte sie sich los und umarmete auch Agatha, die mit einer Labortechnikerin, die sich einem selbst durch umarmen-und-nie-wieder-loslassen anoperiert hatte, ein wenig überfordert wirkte. Sie schenkte ihrem Freund einen Blick, der deutlich um Hilfe bat, ehe Tim sich ihrer erbarmte, und Abby die Hand auf die Schulter legte.

„Komm, lass der armen Frau noch ein wenig Luft. Sie läuft ja schon blau an.“

Damit sprang Abby ihn an und er schüttelte den Kopf.

Irgendwie genoß er es ja sogar, wenn da nicht Laura wäre.

Okay, zugegeben, sie kannten sich erst seit ein paar Stunden und die Unterhaltung über Fanfiction, ihre Alias, die sie beide aus der Serie „Reporter Blues“ geklaut hatten, und über das Schreiben als Solches, war alles, was sie wirklich an Gemeinsamkeiten hatten, aber Tim hatte das Gefühl gehabt, dass es bei ihr gut laufen könnte.

Aber dennoch – das Gefühl der sich an ihn festkrallenden Laborgoth, ihr Parfum in seinen Nasenlöchern, die Wärme ihres Körpers an seinem, das brachte Erinnerungen hoch. Erinnerungen an Nächte voller Leidenschaft in einem … Sarg.

Sie hatten tatsächlich in einem Sarg miteinander…

Das war merkwürdig, aber – irgendwie reizte es ihn immer wieder, und wann immer Abby wieder einen neuen Verehrer hatte, wie diesen großgewachsenen Typen, den Tony „Der Hulk“ genannt hatte, war da tatsächlich immer wieder Eifersucht.

Und gerade, als er Ihr sagen wollte, dass sie ihn jetzt loslassen könne, verschwamm die Welt um ihn und machte, für einen kurzen Sekundenbruchteil, alles umschlingener Dunkelheit Platz.
 

Du bist tot, Tim. , schoss es ihm durch den Kopf, Du bist tot, weil jemand die Welt ausgelöscht hat. Du bist mit Abby im Arm gestorben. Bei deinen Freunden. Es ist…

Durch die Dunkelheit seiner Gedanken schoss, wie ein heller, warmer Lichtstrahl, ein Gedanke auf ihn zu. Es waren nur drei lateinische Wörter, die ihm neuen Lebenswillen gaben. Cogito ergo sum. – oder für alle Nicht-Lateiner: Ich denke, also bin ich.

Er dachte. Er war in der Lage, die Erkenntnis, dass er tot sein musste, weil jemand die Welt ausgelöscht hatte, zu fassen, also war er nicht tot.

Und dann kehrte die Helligkeit zurück, schoss in seine Augen, Geräusche brüllten in seine Ohren und der Geruch von Abbys Parfum, das er eigentlich sehr gerne roch, schien plötzlich viel zu aufdringlich. Die Helligkeit, sein komplettes Bewusstsein, schlug mit der Gewalt einer Welle auf ihn ein, erreichte den Höhepunkt des Erträglichen und zog sich wieder zurück.

Plötzlich war alles wieder normal.

Das Parfum roch zwar immer noch stark, aber das lag daran, dass sie sich an ihn geklammert hatte und seine Nase sehr nah an ihrem Hals war. Das Licht war wieder erträglich und die Geräusche ebenfalls.

„Captain auf der Brücke.“, bellte neben ihm plötzlich eine weibliche, doch sehr gefasste Stimme und Tim wirbelte erschrocken zu ihr herum.

Der Captain hatte sich schon auf dem Platz, der ihm gehörte, niedergelassen und wandte sich zu der Frau um: „Danke, Jill. Weitermachen.“
 

„Tim“, flüsterte Abby ihm ins Ohr, „Das ist ja die Brücke der Voyager.“

„Nicht ganz.“, raunte der Informatiker zurück, „Das ist schon die Brücke der Dragonfly, aber sie ist ein Schiff der Intrepid-Klasse.“

Damit schaute er sich erneut um. Agatha ging, ihm und Abby beruhigend zulächelnd, an ihm vorbei und setzte sich neben Cal, auf den Platz des ersten Offizieres, während Gibbs, Tony und Ziva sich ebenfalls verblüfft umblickten.

„Vielleicht“, meinte Cal von seinem Sitzplatz her, drehte sich zu ihnen um und lächelte, „Wollt Ihr es euch bequem machen? Wir können euch ein paar Gästequartiere zuteilen. Ihr könnt auch meinen Bereitschaftsraum nutzen oder den Besprechungsraum? Tim weiß sicher, wo alles ist.“

Damit lächelte der Captain ihm zu: „Er hat ja Voyager gesehen, wie ich annehme. Ich muss Dich übrigens enttäuschen, Seven of Nine wirst Du hier nicht finden. Sie ist tatsächlich auf der echten Voyager.“

„Och, das macht nichts.“, grinste Abby plötzlich neben ihm, „Ich bin sicher, ich krieg ein genau so gutes Kostüm für mich hin.“

Der Informatiker schloss die Augen und hatte das Gefühl, als würden seine Schläfen gleich pochen. Hatte Abby etwa vergessen, dass er eine Person verloren hatte, die ihm wichtig hätte werden können?

Oder wollte sie ihn einfach nur aufheitern?

Er hatte keine Zeit, sich eine Antwort auszudenken, denn in diesem Moment griff Abby seinen Arm und lächelte: „Wollen wir uns ein wenig umsehen? Ich fände ja einen Besuch auf dem Holodeck klasse.“

„Oh, wartet, wir kommen mit.“, mischte sich plötzlich Ziva ein, griff Tony bei der Hand und eilte mit ihm zu Abby und Tim, woraufhin die vier im Turbolift verschwanden.
 

Als sich Tim und Abby von der Brücke entfernten, warf Agatha ihnen einen Blick nach. Sie grinste: „Das ist so typisch. Wir haben Transporter, wir haben Replikatoren, wir haben die fortschrittlichste Bibliothek im Umkreis von Lichtjahren und die Menschen des 21. Jahrhunderts besuchen immer zuerst das Holodeck.“

Der Captain nickte: „Das stimmt.“

Anschließend grinste er schief: „Wobei, wenn ich ehrlich bin – das Holodeck ist cool. Da kann man sich richtig schön entspannen.“

„Ich glaube nicht, dass Ziva und Tony ‚Entspannung’ im Kopf haben.“, raunte die XO und Cal schaute sie verblüfft an: „Wie kommst Du darauf?“

„Och, Tony hat mir gerade einen sehr vielsagenden Blick zugeworfen.“

Der Captain lächelte: „So eine Drecksau.“

Damit wandte er sich an Gibbs: „Und Sie? Wollen Sie hier rumstehen, oder…?“

„Eigentlich schon, wenn es nichts ausmacht?“

Gerade, als Cal etwas antworten wollte, fiel ihm Agatha ins Wort: „Aber nein, absolut nicht. Stellen Sie sich irgendwo dazu und schauen sie zu.“

„Gathy, hälst du das für eine gute Idee?“, raunte Cal, „Er könnte doch Traceless sein.“

Die XO zuckte mit den Schultern: „Dann haben wir ihn aber unter Aufsicht.“

„Das stimmt auch wieder.“, nickte der Captain.
 

Nach ein paar Minuten lehnte sich Cal in seinem Sessel zurück, lächelte Agatha zu und sagte leise: „Weck mich, wenn ich zu laut schnarche.“

Damit schloss er die Augen und war, mit einem der beklopptesten Grinsen auf diesem Erdball – und das will eine Menge heißen, wenn man sich im Weltall befindet – eingeschlafen.

Agatha zuckte mit den Schultern, beugte sich vor und küsste seine Stirn, ehe sie sich mit den Berichten befasste, die seit ihrem Tripp auf die Erde darauf warteten, abgearbeitet zu werden.

Kurz hatte sie sich in einem Bericht vertieft, als sie den Blick Gibbs auf sich ruhen spürte. Sie schaute auf und wandte sich zu dem grauhaarigen Ermittler um, der gerade einen Blick auf Jills Konsole geworfen hatte.

„Stört das nicht?“, fragte er und deutete auf den schlafenden Captain neben ihr. Sie zuckte mit den Schultern: „Nein, das tut er öfter. Keine Sorge.“

Dann wandte sie sich an Jill: „Und, hast du die Ionenspur noch?“

„Ja, und sie wird stärker. In knapp einer Stunde müssten wir sie erreicht haben.“

Kurz pausierte sie und schaute ihre Chefin an: „Ich muss sagen, ich bin immer noch nicht ganz von der Sache begeistert. Es sind unsere Verbündeten, hinter denen wir her sind.“

„… die uns auch gefangen genommen hätten, wenn sie den Captain nicht durch seinen Besuch im SGC kennen würden. Vermutlich wollen sie keinen Trouble mit Jack haben.“

Jill zuckte mit den Schultern: „Das kann ich sogar irgendwie verstehen, und…“

Erneut pausierte sie, ehe sie ihren Kommunikator betätigte: „Menacer an Sato? Ich wiederhole, Menacer an Sato?“

Kurz war nichts zu hören, dann erklang eine leicht verschlafene Stimme mit einem nicht zu überhörenden, japanischen Akzent: „Sato hier, Commander.“

„Ran, ich habe dich ein paar Mal gebeten, dieses Diagnoseprogramm zu beenden.“

„Commander, ich … es ist ein wissenschaftliches Experiment, das ich dringend durchführen muss.“

Agatha schaute die taktische und Sicherheitsoffizierin fragend an. Ging es etwa schon wieder um das ominöse Projekt „Catsghost“, das die attraktive Asiatin durchführte? Sie hatte keine Ahnung, was das genau für ein Programm war, sie wusste nur, dass der Captain es abgesegnet hatte, nachdem er mit Jill und Gina über die möglichen Auswirkungen gesprochen hatte.

Warum sich Gina in diese Unterhaltung eingemischt hatte, war ihr auch nicht bekannt, aber die Bordärztin hatte es getan. Sie erinnerte sich daran, dass Gina Ran an dem letzten Tag, bevor sie mal wieder aufgebrochen waren, kühn dorthin zu gehen, wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen war, auf die Erde in die Heimatstadt der hübschen Japanerin begleitet hatte.

Als sie wiedergekommen waren, hatte sich Gina von der Architektur Tokyos begeistert gezeigt und danach stellte sie sich als starke Fürsprecherin des Projektes „Catsghost“ heraus, wenngleich auch ihr die eigentlichen genaueren Spezifikationen des Projektes nicht ganz geläufig waren. Aber sie…
 

„Ich stelle den Suchlauf für die nächsten paar Stunden ab.“, riss Rans Stimme, die aus dem Äther kam, Agatha aus ihren Gedanken und sie sah, wie Jill nickte: „Gut, tu das. Ich möchte Dich ferner bitten, den Suchlauf nur noch in der Nachtschicht laufen zu lassen. Das sind 8 Stunden, in denen die Sensoren dir voll und ganz zur Verfügung stehen.“

Die XO konnte förmlich hören, wie die Japanerin mit den Zähnen knirschte, ehe sie ein „Verstanden“ von sich gab.

„Gut.“, sagte Jill und schloss den Kanal.
 

„Computer?“, erklang in Ran Satos Quartier die samtweiche, leicht exotische Stimme der Asiatin, „Pausiere Suchlauf und beende das Programm.“

„Bestätigt.“

Ran ließ sich wieder zurück in die samtweichen Kissen sinken, deckte sich zu und rollte mit den Augen. So würde sie das Ziel nie erreichen. Aber es brachte nichts, sich darüber aufzuregen. Jill war ihr gegenüber weisungsbefugt. Sie schloss die Augen und ließ sich von dem hypnotischen Summen des Antriebs, das sie deutlich hören konnte, in das Reich der Träume tragen.
 

Abby quietschte nahezu vor Vergnügen, während sie sich umblickte.

„Das ist ja …“, brachte sie hervor und eilte durch das große Schott, auf dem groß „Maschinenraum“ prangte. Tim folgte ihr – inzwischen vom Übermut und der Neugierde genau so infiziert – und er dachte sich nichts dabei, als sich ihnen plötzlich ein Kanten von einem Mensch in den Weg stellte.

„Unbefugte haben hier keinen Zutritt.“, sagte er und schaute zu der schwarzhaarigen Goth herunter: „Sind Sie nicht Abigail Sciuto?“

„Ja.“, lachte sie, „Und wer sind sie?“

Nun ging der Kanten von einem Mann ein wenig in die Hocke, dass er sie ansehen konnte, ehe er breit grinste: „Mensch, dass ich Sie mal treffe, hätte ich nicht gedacht. Ich bin Sebastian Middlegate – aber bitte, nennen Sie mich Scotty.“

„Scotty?“, fragte Abby, „Wie … Montgomery Scott?“

„Ja.“, strahlte der Mann, wonach sein Strahlen ein wenig verrutschte, „Wenngleich ich nicht mit ihm verwandt bin. Aber… er hat mir damals – ich glaube, das war bei dieser gefährlichen Mission, wo sich die Brückencrew in einen Haufen wilder Kreaturen verwandelte – die Hand auf die Schulter gelegt und gesagt ‚Es ist keine Enterprise, wenn kein Scotty im Maschinenraum ist.’“

Er lachte: „Ich habe ihn dann darauf hingewiesen, dass dies nicht die Enterprise sei und er hatte eine Grimasse geschnitten: ‚Und der Chefingenieur der neuesten Enterprise heißt auch LaForge. Legen Sie nicht jedes Wort von mir auf die Goldwaage, Junge. Sie machen diesen Job hier wirklich gut.“

Erneut strahlte er: „Ein größeres Kompliment hätte ich vom großen Scotty nie bekommen können.“

Die hübsche Goth schaute Scotty fasziniert an und nickte: „Stimmt – oder, was meinst Du, Tim?“

Kurz regte sich ein kurzer Unmut in McGee und er wollte schon sarkastisch fragen, ob er jetzt auf einmal wieder doch gut genug war, um mit ihm zu reden, aber – irgendwie konnte er die Neugierde Abbys verstehen. Das war wirklich alles – um es auf ein Wort zu subsumieren „cool“.

„Ja.“, sagte er knapp und näherte sich einer Konsole, „Ist das… jetzt sagen Sie bloß, dass ist die Warpkernkontrollkonsole?“

Scotty ging zu ihm, nickte und sagte: „Klar, was soll es sonst sein? Ich meine, das Ding misst das Mischungsverhältnis von Materie zu Antimaterie und den Energieoutput, den wir daraus erhalten, aufs Millicochrane.“
 

Abby musste lächeln, als sie sah, wie auch in Tims Augen die kindliche Begeisterung an die Oberfläche blubberte, die er vorher versucht hatte, zu unterdrücken. Ziva und Tony hatten sich schnell von ihnen getrennt und waren in einem Holodeck verschwunden – sie wollte gar nicht so genau wissen, was die Beiden darin so taten. Es reichte schließlich schon, dass sie wusste, das ihr Tiger das tun konnte, sie musste nicht auch noch wissen, dass er es tat. Und schon gar nicht mit ihrer besten Freundin. Gut – sie wusste, dass Ziva und Tony zueinander gehörten, das war ihr schon zu dem Zeitpunkt klar gewesen, als sie sie zum ersten mal miteinander gesehen hatte – aber es gab einfach Sachen die wollte sie nicht wissen und die gingen sie auch nichts an.

Also war sie mit Tim auf eine Entdeckungstour gegangen. Schließlich drohte ihnen ja hier keine Gefahr. Das Raumschiff war doch sicher…
 

Kaum, das sie diesen Gedanken getroffen hatte, explodierte neben ihr eine Konsole und die Beleuchtung verdunkelte sich, wich einem beunruhigenden Scharlachrot.

„Was ist das?“, fragte sie und Tim schaute sie an: „Na was schon. Alarmstufe rot. Ich nehme an, wir werden angegriffen.“

Das Beben, das in diesem Moment das Schiff durchschüttelte, korrespondierte mit der Meinung des Computerexperten, der in diesem Moment von den Beinen geholt wurde. Sein Kopf krachte gegen eine Verstrebung und er sank an ihr herunter.

„TIM!“, schrie Abby, als das Beben erneut durch das Schiff ging und sie beinahe ebenfalls gefallen wäre.
 

„Bericht.“, sagte Agatha mit ruhiger Stimme, als sich ein verschlafen wirkender Cal neben ihr aufrichtete.

„Was wird es wohl sein, wir werden angegriffen.“, murmelte der Captain und klang immer noch ein wenig schläfrig, als er auf den Bildschirm, und damit auf das Goa’Uld-Hatak deutete, dass sich ihnen dort entgegen stellte.

„Lucianer-Allianz, oder echtes Goa’uld-Schiff, was meinst Du?“, fragte die hübsche XO und Cal zuckte mit den Schultern, ehe er einen Blick über seine Schulter warf: „Was sagt denn unsere Freund-Feind… oh Gott.“

Er stockte und schaute zu Gibbs, der sich gerade neben Jill aufrichtete.

„Ihr Puls ist stabil.“, sagte er mit der Selbstsicherheit eines Feldmediziners, der er ja eigentlich nicht war, „Aber… sie muss sich den Kopf angeschlagen haben. Ich würde vorschlagen, dass sie Ihre Bordärztin rufen.“

„Klar.“, nickte Cal, war sofort bei Gibbs und zog die gerade zu sich kommende Jill hoch.

Sie lächelte ihn an, wirkte ein wenig benebelt: „Hey, lass das nicht Agatha sehen.“

„Tut sie schon.“, sagte er und wandte sich an seine XO: „Schatz, du hast die Brücke, ich bring Jill eben in die Krankenstation.“

„Captain, Ihr Platz ist auf der Brücke.“, legte ihm Gibbs eine Hand auf die Schulter und Cal schüttelte den Kopf: „Special Agent, ich mache das immer so. Eine Frau, verletzt, auf meiner Brücke? Nicht wenn ichs verhindern kann. Agatha, du hast die Brücke und die Taktik.“

Damit drehte er sich um und geleitete seine benebelte taktische Offizierin in den Turbolift.
 

Gibbs warf einen verblüfften Blick zu Agatha, die mit den Schultern zuckte: „So ist er. Da kann man nichts machen.“

Damit kam sie auf ihn und die taktische Konsole zu und lächelte ihn an: „Keine Sorge, wir sind Profis.“

„Offenbar nicht, wenn der Kapitän mitten in der Schlacht…“

Erneut bebte das Schiff, doch Agatha und Gibbs hielten sich an der Verstrebung fest, um nicht ebenfalls den Boden unter den Füßen zu verlieren.

„Darüber reden wir gleich, okay?“, fragte sie und wandte sich der taktischen Konsole zu, ehe sie humorlos auflachte.

‚Agatha, du hast die Brücke`, immitierte sie Cal und schaute zu Gibbs: „Wissen Sie, Taktik ist zwar ein Steckenpferd von mir, aber… nicht gegen Goa’uld.“

„Mich brauchen Sie nicht zu fragen, ich kenn mich damit auch nicht aus.“, knurrte der Chefermittler und drehte sich verblüfft um, als die Turbolifttür aufglitt und zwei leicht derangiert-wirkende NCIS-Agenten auftauchten.

„Wie seht ihr…“, setzte Gibbs an, doch er beschloss, dazu erstmal nichts zu sagen.

Erstmal musste man sie hier herausholen. Und so zuversichtlich, wie Ziva dreinblickte, hatte die hübsche Israeli einen Plan.
 

Kurz vorher

Das animalische Knurren Zivas drang durch all seine Fasern und das Verlangen etwas Bestimmtes zu tun, war beinahe überwältigend. Er lag unter ihr, sah wie hypnotisiert in ihre funkelnden, braunen Augen und war ganz hin und weg. Alles in ihm sehnte sich danach, sich ihr zu ergeben, damit sie mit ihm machen konnte, was sie wollte. Er konnte ganz deutlich sehen, dass sie ebenfalls diese Gefühle hatte. Ihr Brustkorb hob und senkte sich schnell, ihr Atem ging stoßweise. Er machte seinen Zug, stemmte sich ihr entgegen und hörte sie keuchen: „Schwerer Fehler, DiNozzo.“

Dann schlang sie ihre Arme um ihn und drückte zu.

Der Schmerz war höllisch und er verfluchte sich, dass er sich dazu hatte breitschlagen lassen, sich von ihr in Kampfsport auf den neuesten Stand bringen zu lassen. Das, von dem er sich eine gewisse erotische Komponente versprochen hatte, endete in bloßem Trainieren, bis die beiden Agenten durchgeschwitzt waren.

„Man muss auf alles vorbereitet sein“, hatte Ziva gesagt und mit ihm etliche Kampfsimulationen in unterschiedlichen Waffennutzungen durchgespielt. Am stärksten erinnerte sich Tony an das Bild einer Ziva, die mit pfeilgeradem Rücken, stolz aufgerichtet da stand, zwei Schwerter in der Hand haltend und einen Siegesruf ausstoßend.
 

„Können… wir eine kleine Pause einlegen?“, keuchte er und sah, wie sie nickte.

Gut.

Als sie sich gegen ihn sinken ließ, umarmte er sie, küsste ihre Stirn und streichelte ihre Flanke. Sie war noch ziemlich mitgenommen, hob den Kopf und schaute ihn an: „Ich verprügel Dich und du küsst mich?“

Er lächelte schief: „Ich weiß auch nicht… irgendwie steh ich auf Frauen, die…“

In diesem Moment bebte das Schiff und Tony rollte mit den Augen: „Wer immer fliegt, wird hoffentlich einen guten Grund dafür haben, dass er uns so durchrüttelt.“
 

Als sie die Kommandobrücke betraten, glaubten sie, ihren Augen nicht zu trauen.

Flog da tatsächlich eine Pyramide im Weltall? Und feuerte sie tatsächlich auf sie?

Den verwunderten Blick und die angesetzte Frage, wie sie aussähen, ignorierte Ziva und schaute zu der hübschen Rothaarigen, die ihr ein amüsiertes, beinahe wissendes Lächeln schenkte. „Darf ich mal?“, fragte die Israeli und Agatha nickte: „Bitte, bitte, bedien dich. Du kennst die Bedienung ja noch von unserem Shuttleflug.“

Ziva nickte, ging zur Konsole und ließ, mit flinken, zielsicheren Fingern die entsprechenden Gegenmaßnahmen einleiten. Auf dem Hauptschirm sah man, wie die Pyramide von einem grellorangen Lichtstrahl getroffen wurde, ein wenig schlingerte, aber dann wieder auf sie zukam und ebenfalls etwas abfeuerte.

Der Treffer ließ das Deck beben und Ziva hielt sich fest, um nicht zu stürzen.

Kurz überlegte sie, dann hob sie ihre Stimme: „Steuermann?“

Die Person an der Navigationskonsole drehte sich zu ihr um: „Ich heiß Alexander – oder Alex.“

Ziva nickte bestätigend: „Gut, Alex – ich kann gleich deine Hilfe gebrauchen.“

„Verstanden, Ma’am.“

Mit zielsicheren Fingern tippte Ziva wieder einen Befehl und Tony konnte sich nicht helfen, er sah sie bewundernd an. Sie erinnerte ihn gerade an eine Pianistin, die genau wusste, welche Taste zu drücken war, um welchen Ton zu treffen, damit das Publikum von ihrer Darbietung verzaubert wurde. Hier waren es allerdings keine Tasten, die einer Klaviatur Töne entlockten, sondern durchweg tödliche Befehle. Und Ziva traf die Tasten mit tödlicher Präzision.

„Alex, ich brauche jetzt deine Hilfe.“

„Und wie, Ma’am?“

Ziva lächelte.
 

Im Weltall musste die Szenerie ein wenig spektakulärer ausgesehen haben, als sie eigentlich war. Die Dragonfly mit ihrer beinahe Pfeilähnlichen Form schoss auf das Ha’tak zu, feuerte grell-orange Phaserstrahlen ab, die am Schutzschild wirkungslos zerstoben und ein paar grell-weiß-gleißende Quantumtorpedos, die das selbe Schicksal ereilte. Gerade, als das Pyramidenschiff eine Garbe oranger Feuerbälle auf die Dragonfly zuschickte, die in perfekt getimten Abständen hintereinander auf das kleine Föderationssschiff zurasten, drehte das Schiff sich aufeinmal um die vertikale Achse. Die Antriebsgondeln klappten hoch. Dann schien es plötzlich so, als seien zwei Dragonflys vor Ort. Die eine schien dort zu schweben, wo sie sich „auf den Bauch“ gedreht hatte, die andere „lag“ mit herunterklappenden Antriebsgondeln genau unter dem „Bauch“ des Hataks. Dann feuerte sie.

Kurzzeitig passierte nichts, es war, als würde das Universum den Atem anhalten, um laut loszuschreien, als das Ha’tak plötzlich bebte. Orange Blitze umspielten die Pyramide, wärend Flammen aus ihr herausleckten.
 

An Bord der Dragonfly klopfte Gibbs Ziva auf den Rücken: „Gut gemacht.“

Die hübsche Israelin lächelte ihm zu, zuckte mit den Schultern und sagte: „Bedank dich nicht bei mir, sondern bei Captain Jean-Luc Picard.“

Alex drehte sich verblüfft zu ihr um: „Ich wusste doch, dass mir die Sache bekannt vorkommt. Das ist das Picard-Manöver, oder?“

Sie nickte.

Agatha drehte sich zu ihr um, lächelte schief und zuckte mit den Schultern: „Nun, ich glaube, ich werde Captain Picard mitteilen können, dass man selbst beim Mossad noch von ihm lernt.“

Gerade, als Ziva darauf etwas antworten wollte, piepste die Konsole an der sie stand.

Sie warf einen Blick auf den Text und schaute zu Agatha: „Ähm, ich glaube, wir haben sie wütend gemacht. Da kommt noch eine Pyramide auf uns zu.“

Und erneut erbebte das Schiff.

Ziva ließ ihre Finger wieder über die Konsole gleiten: „Ich intiiere Gegenfeuer.“

Dann warf sie einen Blick zu Alex, erneut auf die Konsole, und grinste dann. Ihr kam eine Idee. „Alex, auf Koordinaten 245 zu 358 zu 110 ist ein Nebel. Kannst Du uns dort hinbringen?“

Der Steuermann tippte ebenfalls mit der Präzision einer Maschine auf die Tastatur ein, nickte dann und wandte sich zu Ziva um: „Das ist ein Nebel der Mutara-Klasse.“

„Tatsächlich ein Mutara-Nebel, ja? Sehr gut.“

„Könnte ein wenig ungemütlich werden, „erklärte Alex, „aber ich kann uns reinbringen.“

Damit wandte er sich zu Agatha um, die mit den Schultern zuckte: „Mach mal.“

„Aye, Ma’ams.“, sagte Alex und das Schiff beschleunigte.

Durch die Trägheitsdämpfer bekam man davon natürlich nichts mit und Ziva konnte sich nicht helfen, die Technik der Zukunft zu bewundern.

Es war schon mehr oder weniger verrückt. Sie waren tatsächlich im Weltall, auf der Flucht vor einem Pyramidenschiff, das tödliche Energie in ihre Richtung aussandte. Und sie hatte diesen Nebel gefunden, in dem sie sich nun verstecken würden. Die einzige Möglichkeit, die Ihr zum reagieren blieb, war ein einfaches Kopfschütteln.
 

Jill Menacers Kopf schmerzte, als Gina sich über sie beugte und sie mit einem medizinischen Tricorder scannte. In den hübschen, wasserblauen Augen der Ärztin spiegelte sich kurz eine Mischung aus Sorge und Ärger, ehe sie den Mann anblickte, der neben ihr stand.

„Cal, und wenn Du nackt um mich herumtanzt und die Geister der Schamanen anrufst, ich kann nicht schneller arbeiten. Schließlich hat der erste Treffer dieser verdammten Goa’uld und schon ein paar Verletzte eingebracht.“

Der Captain nickte, legte Jill eine Hand auf die Schulter und schaute sie an: „Geht es Dir gut? Soll ich Deinen Freund rufen?“

„Scotty hat im Maschinenraum sicher alle Hände voll zu tun, da kannst Du nix machen.“, erwiderte die Taktikerin und stöhnte einmal kurz schmerzerfüllt auf, als die CMO ihr ein Hypospray verabreichte.

„Das wird dich jetzt ein wenig schlafen lassen, Jill. Danach geht es Dir besser.“

„Ich verstehe.“, murmelte die Frau und merkte, wie sie immer müder und schläfriger wurde. Sie war schon eingeschlafen, ehe ihr Kopf auf dem Biobettenkopfkissen angekommen war.
 

Gina konnte merken, wie der Captain sie entsetzt anblickte.

„Was tust Du da, Gina?“, fragte er und sie legte ihm beide Hände auf je eine Schulter: „Cal, vertrau mir. Es ist nur zu ihrem Besten. Du kannst jetzt wieder auf die Brücke gehen.“

Sie sah ihm tief in die Augen, nickte nocheinmal bestätigend und sah, wie Cal sich von ihr löste.

„Kann mir jemand helfen?“, schrie plötzlich eine panisch-klingende Stimme aus dem Eingang. Gina und Cal fuhren herum und sahen eine – im Vergleich zu dem Mann, den sie stützte – kleine Abigail Sciuto, die einen benommen-dreinblickenden Tim McGee stützte.

„Ach du Schande.“, murmelte der Captain und eilte zu Abby, um ihr zu helfen: „Was ist denn passiert?“

„Das wüsste ich auch gerne. Aus irgendeinem Grund bebt dein Schiff, Capitano. Tim hat sich vermutlich nur den Kopf gestoßen, aber er wird immer wieder bewusstlos.“

Nun war Gina neben ihr, ließ ihren Tricorder aufschnappen und scannte den halb-ohnmächtigen Bundesagenten: „Hm … hab ich mir schon geedacht. Eine Gehirnerschütterung.“

Damit lächelte sie Abby zu: „Es ist nicht schlimm. Sowas behandel ich andauernd, ich werde mich gleich um ihn kümmern.“

Im nächsten Moment schnellten die Hände der Goth vor und griffen Gina am Ärztekittel. Gina fuhr überrascht herum und wollte gerade ihr Hypospray zum Einsatz bringen, doch da hörte sie die Frage Abbys, die in einer so sanften Stimme gestellt wurde, dass ihr einfach das Herz aufging. „Darf ich – hierbleiben?“, fragte Abby und in ihrer Stimme schwang Besorgnis und Angst mit, „Bitte. Ich kann sonst nichts machen, aber… ich kann hier bei Tim sitzen und wenigstens ihm helfen.“

Eigentlich wollte Gina der hübschen Goth sagen, dass es sinnlos wäre, schließlich würde McGee kurz schlafen und wenn er aufwachte, würde er wieder „auf Deck sein“, wie man so schön sagte, aber sie konnte es nicht übers Herz bringen. Also nickte sie: „Na gut. Sie können mir helfen, oder sich auf eines der Biobetten setzen, das liegt ganz bei Ihnen.“

„Was soll ich tun?“, fragte Abby und Gina konnte sich nicht helfen. Sie musste lächeln. Das war ein Einsatzwillen.
 

Tony hatte noch nie etwas Schöneres gesehen, als Ziva David, die sich gerade vor dem Hauptschirm zu ihm umdrehte. Der lilane Mutara-Klasse-Nebel, der hinter ihr schimmerte, verlieh der hübschen Israeli etwas beinahe Engelhaftes. Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, was ihr einen verblüfften Blick entlockte.

„Tony, reiß dich zusammen. Wir werden gerade von irgendwelchen Pyramiden angegriffen.“, sagte sie und ihm war klar, dass sie gerade absolut nicht in der romantischen Stimmung war. Der Special-Agent lächelte ihr amüsiert zu und wandte sich dann an Agatha: „Und wer sind die? Ich nehme nicht an, dass Ihr Trouble mit dem ägyptischen Raumfahrtprogramm habt.“

Agatha Silverbird blickte ihn kurz verblüfft an, blinzelte dann kurz und lachte: „Hey, der war gut.“

In diesem Moment glitt die Turbolifttür auf und Cal verließ den Aufzug.

Er atmete tief durch und schaute zu Agatha, die seinen Blick erwiderte und kurz fragte: „Alles in Ordnung?“

Erneut atmete Cal, nickte dann aber und lächelte: „Ist nur eine einfache Gehirnerschütterung.“

Damit wandte er sich an Gibbs: „Tim hats auch erwischt. Aber auch nichts Ernstes. Dasselbe wie bei Jill. Gina wird ihm gleich was gegen die Schmerzen geben, und wenn er aufwacht, is alles wieder in bester Butter.“

Das zu hören gefiel Tony irgendwie gar nicht. Auf dem Schiff des Captain hatte sich einer seiner besten Freunde so schwer verletzt, dass er einen Arzt aufsuchen musste, der ihm was gegen die Schmerzen gab und ihn damit betäubte? Vor ohnmächtiger Wut knirschte er mit den Zähnen, denn er wusste, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für einen Kampf zwischen ihm und Cal war.

„Das ist gut zu hören.“, sagte Agatha, ehe sie sich an Tony wandte: „Übrigens, noch interessiert daran, wer die sind, die uns da angegriffen haben?“

Der Halbitaliener wusste, dass es die beste Möglichkeit war, sich abzulenken und nickte daher. Er konnte jetzt jede Ablenkung brauchen.
 

Im Konferenzraum der Dragonfly hatten sich die verbliebenden NCIS-Agenten, sowie Cal und Agatha versammelt. Der Captain stand, mit dem Rücken zu ihnen, da und blickte aus dem Fenster, auf den sich nähernden Nebel.

„Ein Mutara-Nebel.“, stellte er fest und schaute zu Agatha: „Wessen grandiose Idee war das denn?“

„Meine.“, meldete sich Ziva, „Ich dachte mir, dass wir dort vielleicht ein wenig gleichwertiger wären.“

„Jetzt sag bloß, die Ereignisse, die im Tod Captain Spocks gipfelten, sind auch verfilmt worden.“, sagte Cal und Tony nickte: „Star Trek II – Der Zorn des Khan. Den kenn sogar ich.“

Das geknurrte „Na Toll“ von Cal ging in einem weiteren Treffer unter, der das Schiff beben ließ. Tony blickte zu Agatha: „Und wer sind die jetzt?“

„Entweder ist das die Lucianer-Allianz oder die Goa’uld. Die Goa’uld sind parasitäre Lebewesen, die sich irgendwann mal zu Göttern aufgeschwungen haben, beziehungsweise diese Rolle übernahmen. Die Lucianer-Allianz… das sind einfache Diebe. Nicht unbedingt die netteste Gesellschaft, aber – mit denen kämen wir besser klar, als mit den Goas.“

Damit wandte sie sich an Cal: „Übrigens, Schatz, hast Du gehört? Danielle Jackson, die Urgroßenkelin des berühmten Wissenschaftlers, hat die These postuliert, dass das Orion-Syndikat aus der Lucianer-Allianz hervorgegangen ist.“

„Na das is ja mal toll.“, sagte der Captain, der dabei jedoch jegliche Begeisterung missen ließ, „Wie kriegen wir die Kuh vom Eis und uns aus dieser Lage?“

„Masterton an Cat?“, erklang eine kräftige Männerstimme und Cal legte die Stirn in Falten.

Masterton? Woher kannte er diesen Namen?

„Das ist Jills Stellvertreter.“, erklärte Agatha, die offenbar anhand seines Gesichts gesehen hatte, dass er gerade echt grübeln musste.

Ein gewispertes „Danke“ seitens Cal und einen Kussmund seitens Agatha später, sagte der Captain: „Ja, Cat hier?“

„Captain, wir erhalten gerade einen Ruf. Er kommt von einem anderen Raumschiff, das sich unserer Position nähert.“

Cal rollte mit den Augen: „Toll, noch ein Goa’uld-Schiff?“

„Nein.“, erklang die Stimme aus dem Äther, „Es ist ein Erdenschiff. Sie übermitteln eine Kennung.“

Agatha konnte sehen, wie der Captain etwas stärker als normal einatmete und grinste: „Lassen Sie mich raten? Die George Hammond ?“

„Japp, es ist die Hammond . Sie nehmen den Ha’tak unter Feuer.“

Cal strahlte und plötzlich schien Lebenswillen von ihm Besitz ergriffen zu haben: „Dann wollen wir denen doch mal helfen. Schiff umdrehen und den Ha’tak anvisieren. Wir greifen an.“
 

Hätte es einen Beobachter gegeben, der im All zugegen gewesen wäre, hätte er gesehen, wie ein Raumschiff der Intrepid-Klasse eine beeindruckend-schnittige Wende um 180 Grad hingelegt hätte. Aus dem Flüchtling wurde ein Angreifer. Und er jagte auf den Punkt zu, aus dem er gerade gekommen war, dorthin, wo ein grellbuntes Farbspektakel einen harten Kampf verhieß.
 

Als sowohl das Hatak, als auch die Hammond in Sichtweite der Dragonfly waren, und Cal den Befehl gab, das Geschehen auf den Hauptschirm zu legen, stellte Ziva fest, dass ihr die Vokabeln fehlten, die sie benötigte um die Hammond akurat beschreiben zu können. Die Struktur des Schiffes erinnerte an einen Zerstörer, wie er auf der Erde die Weltmeere befuhr. Von eher gedrungener Statur, besaß es einen zentralen Rumpf, von dem aus drei seperate Bauten abgingen.

So oder so ähnlich konnte man das Schiff vielleicht darstellen, aber, irgendwie ging der Beschreibung doch eine Menge dessen ab, was dieses Raumschiff eigentlich war – nämlich eine ziemlich effektive Kampfmaschine.

Und diese Kampfmaschine legte sich gerade, mit einem dauerfeuernden Goa’Uld-Pyramidenschiff an.
 

Cal richtete sich auf, deutete mit dem Finger auf die Position, auf der Jill normalerweise stand und setzte an: „Ji… ähm… ich meine… Masterton. Rufen Sie die Hammond .“

„Aye, Sir.“, erklang die Stimme des Offiziers und auf dem Bildschirm erschien das Bild einer wunderschönen Frau. Ziva trat neugierig einen Schritt zur Seite und sah, wie der Captain keine Chance hatte, um gegen das Grinsen anzugehen. Dann warf sie einen Blick auf den Bildschirm – natürlich, die Frau war hübsch, aber warum grinste Cal so? Und dann fiel es ihr auf.

„Moment mal.“, sagte sie, machte einen Satz über die Brüstung, welche die Hintere von der vorderen Brücke trennte und ging zu Agatha, die sie verblüfft ansah. Dann deutete Ziva auf die Frau auf dem Bildschirm.

„Das ist doch Helen Magnus.“

„Bitte?“, fragte die Blonde auf dem Bildschirm und warf ihr einen Blick zu, in dem ehrliche Überraschung stand, „Ich weiß nicht, wovon Sie reden.“

Cal rollte mit den Augen: „Erklär ich Dir gleich, Sam. Vielleicht sollten wir, bevor wir uns…“

„Wir sollten unsere Taktik abstimmen.“, schnitt ihm Agatha das Wort ab, und als er sie verblüfft anblickte, zuckte sie mit den Schultern: „Schatz, manchmal schweifst Du zu sehr aus.“

„Erm….“, machte Cal und klappte dann den Mund wieder zu.
 

Im Weltall war die Szene wirklich beeindruckend.

Orange Energiekugeln, die wie Ellipsoide wirkten, schossen vom pyramidalen Hatak auf die kleinere, gedrungen-wirkendere Hammond zu, wo sie wirkungslos an den Schilden verpufften und das Schiff in ein kurzzeitiges Energiegewaber hüllten. Gleichzeitig sandte das Erdenschiff Raketen und Rail-Gun-Salven auf den Hatak. Natürlich war auch der Hatak von Schilden geschützt und so verpufften die Schüsse der Hammond ebenso wirkungslos.

Und dann sauste die Dragonfly peilgleich heran, schwenkte, zusammen mit dem von der Frau namens „Sam“ kommandierten Raumschiff der Erde auf eine bestimmte Position ein und eröffnete das Feuer. Zusammen mit Raketen und Rail-gun-Salven rasten grell-orange Phaser und grell-weiße Quantentorpedos auf das feindliche Schiff zu und tauchten es in ein immer stärkeres Lichtschauspiel. Dann richtete sich die Pyramide erneut aus und orange-rote Energieellipsoide schossen auf die Dragonfly und die Hammond zu. Das Föderationsschiff wurde getroffen und „taumelte“, wie ein Boxer, der einen Kinnhaken erhalten hatte.
 

Funken sprühten von der Brückenbeleuchtung, als sich Agatha wieder aufrichtete. Der Treffer hatte das Schiff schlingern lassen und dann war die Manövrierfähigkeit ausgefallen. Direkt neben ihr hatte es eine Explosion gegeben und…

Sie wandte sich zur Seite und sah zu Ziva, die neben einem am Boden liegenden Cal kniete und seinen Puls tastete.

„Nich schon wieder.“, schoss es ihr durch den Kopf..
 

Kurz vorher
 

Die wasserblauen Augen Samantha Carters sahen leicht abwesend nach vorne, dorthin wo das Nicht-Glas, eine Art von transparentem Aluminium, eine zuversichtliche Barriere zwischen der Brücke der von ihr kommandierten George Hammond und dem Hyperraum bildete. Dorthin, wo eben jener Hyperraum sich als beinahe schon hypnotisierendes Leuchten präsentierte.

Normalerweise faszinierte es sie immer wieder, aber heute war sie einfach nur erschöpft. Bald würde sie zu Hause sein, könnte sich in ihren Sessel sinken lassen und Musik hören, ihre Augen entspannen. Entspannen. Dazu war sie in den letzten Wochen nicht gekommen, denn ein Trip durch den Hyperraum ist keine einfache Angelegenheit. Da kann einiges passieren – und niemand wusste es besser, als sie. Sie hatte schon so ziemlich jeden Fehler erlebt – vom Einfrieren der Zeit über eine Energiewelle, die sie ausgeknocked hatte, oder einen Replikatorangriff – der Hyperraum und die Technologie der Erdraumschiffe waren nichts, womit man leichtfertig umging. Deswegen waren ihre Nerven auch mit schöner Regelmäßigkeit bis zum Zerreissen gespannt.

Aber bald würde sie nach Hause kommen.

Zu Jack, dessen braune Augen sie jedes Mal treuherzig anblickten, der an ihr hochsprang und ihr die Hand ableckte. Ja, es war eine kleine Gemeinheit gewesen, den kleinen Rauhaardackel nach dem General zu benennen, aber der grinsende Archäologe, mit dem sie seit ein paar Monaten Tisch, Bett und Couch teilte, hatte es vorgeschlagen und als der General dies erfuhr, hatte er es mit Stil genommen.

Sie würde heim kommen.

Zu Daniel, der vermutlich genau in diesem Moment einmal mehr Homeworld Security anrief und Jack fragte, wie lange es noch dauern würde, bis die Hammond auf ihren Sensoren erscheinen würde. Sie konnte sich vorstellen, wie General O’Neill ein leicht ironisches Lächeln auf den Lippen hatte, sich zurücklehnte und sagte: „Danny-boy, ich bin sicher, wenn Du nochmal anrufst, kommt Sam gleich nochmal so schnell an.“
 

Zwar hatte Sam, als sie noch ihren Dienst auf Atlantis getan hatte, kurzzeitig eine Affaire mit Jack angefangen, aber beide hatten bald eingesehen, dass es keine gute Sache wäre. Gut – spätestens, seit Jack nichts tun konnte, als Woolsey und das IOA sie vom Posten der Leiterin der Atlantisexpedition abgesägt hatten, wusste sie nicht so ganz, ob der General die politischen Gründe nicht vorschob.
 

Mit Daniel war es erst recht spät losgegangen, aber – seit knapp 4 Monaten waren sie ein Paar. Und jedes Mal schien der Anthropologe wie gebannt zu sein, wenn sie aufstand und sich umzog. Sie hatte nie vor, sich bewusst verführerisch zu bewegen, aber Daniel schien jedes Mal…
 

„Colonel Carter?“, riss eine Stimme die hübsche Blonde aus ihren Gedanken und sie schaute zur Quelle dieser Stimme herüber. Airman Matthies – Alter 24 – erwiderte ihren Blick: „Ma’am, ich empfange gerade Waffenfeuer voraus.“

„Waffenfeuer?“, echote Carter und richtete sich in ihrem Sitz auf, „Aus dem Hyperraum gehen, schauen wir uns das mal an.“

Der Blick durchs Fenster veränderte sich. Konnte man vorher einen blauweißen Wirbel erkennen, wich dieser Wirbel nun der schwärze des Alls, sowie einem Schiff, dessen Konfiguration Sam erschreckend deutlich bekannt vorkam.

Ein Pyramidenschiff – ein Ha’tak.

„Ich empfange einen Transpondercode“, meldete Matthies und schaute sie erneut an, Verwunderung im Blick, „Es ist – ein Code, der in unserer Datenbank ist, aber schon ein paar Jahre nicht mehr verwendet wurde.“

Sam war sofort auf den langen Beinen und bei ihm:

„Ein älterer Transpondercode?“

Matthies spürte den warmen Atem seiner Kommandantin in seinem Nacken und nickte, ehe er auf seine Anzeige deutete: „Ja – hier, sehen Sie, Colonel?“

Sam runzelte die Stirn. Das war doch… das konnte doch gar nicht sein?

„Und das Ha’tak feuert auf die Quelle dieses Transpondercodes?“

Erneut nickte Matthies.

„Dann greifen wir ein.“, sagte Sam, ging zu ihrem Kommandosessel und setzte sich, mit einem Schwung und einer Dynamik, wie sie sie schon lange nicht mehr gespürt hatte. Ihre Jugend war dabei, sie einzuholen.

‚Und Du bist gerade erstmal 40.’, grinste sie innerlich, ‚Aber meine Spät-Zwanziger holen mich ein.’

„Lieutenant Peel? Stellen Sie eine Kommunikation zum Ha’tak her und anschließend klar, dass das Schiff, das sie angreifen unter unser Protektorat fällt.“, sagte sie und schaute dann zu Matthies, „Und Sie überwachen die Quelle, ich will wissen, ob irgendwelche Fluktuationen auftreten.“

Dann hieb sie auf eine Taste, die im Kommandoelement ihres Sessels befestigt war. „Hier spricht der Captain. An alle – wir gehen auf höchste Verteidigungsstufe.“

Die Beleuchtung veränderte sich, wurde eine Spur dunkler und ein enervierend-lautes Klaxon ertönte.

„Ma’am.“, drehte sich Lieutenant Tara Peel, eine attraktive Mitt-Dreißigerin mit brünetten Haaren, zu ihr um, „Das Ha’tak antwortet nicht.“

In diesem Moment ging ein Ruck durch das Schiff.

Sam rollte mit den Augen: „Ich glaube, wir haben die Antwort erhalten.“

Dann wandte sie sich an einen jungen Mann, der nur eine Armeslänge von ihr entfernt saß: „Mister Steed. Erwidern Sie das Feuer. Volle Rail-Guns und Klar bei Raketenabschuss.“

„Verstanden, Ma’am.“, erwiderte der Angesprochene und schaute sie kurz an: „Dürfte ich fragen, wen wir da retten?“

Sam lächelte: „Einen alten Freund.“

„Ma’am.“, meldete sich Matthies, „Die Transponderquelle hat umgekehrt und kommt nun frontal auf uns zu.“

„Ich messe eine starke Energiequelle, die auf das Ha’tak zusteuert. Sie hat direkten Kollisionskurs.“

Und dann explodierte etwas an den Schilden des Pyramidenschiffes.

Sam konnte sich nicht helfen und schüttelte den Kopf: „Unheil, dein Name sei Calvin Cat.“

„Ma’am?“, ließ nun Tara Peel ihre melodische Stimme erklingen, „Ich empfange einen Ruf des anderen Schiffes.“

„Es ist nun in relativer Nähe, sodass ich die Hüllensignatur erkennen kann.“, vermeldete Matthies: „U.S.S. Dragonfly – NCC 0815-A.“

Nickend seufzte Sam und wandte sich dann an Tara: „Ruffrequenzen öffnen. Bin gespannt, was sie zu sagen haben.“
 

Auf dem kleinen Bildschirm wirkte die Brücke der Dragonfly, die sie selbst ein paar Mal in der Realität gesehen hatte, unglaublich klein und beengend. Und es stimmte, dass das Fernsehen offenbar ein paar Pfunde zu dem tatsächlichen Gewicht addierte, denn der kurvenreiche Körper Agatha Silverbirds wirkte ein wenig verzerrt. Auch Cal, den sie als recht schlank in Erinnerung hatte, wirkte so, als habe er ein paar Süßigkeiten zu viel genascht. Wobei sie es sich bei diesem ‚Musterexpemplar’ eines Captains durchaus vorstellen konnte.
 

Eines ihrer berühmten 1000-Watt-Carter-Lächeln stahl sich über ihr Gesicht und sie sah, dass Cal sich ebenfalls ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Als sie dann eine exotische Schönheit über die Brüstung springen sah und hörte, wie sie sie – also Sam – als Helen Magnus bezeichnete, runzelte sie verwundert die Stirn und merkte, wie ihre Schultern straff gezogen wurden. Wie eigentlich immer, wenn sie versuchte, einer an sich sinnlosen Information etwas mehr Gehalt zu geben.

Gerade als Cal einen seiner langen Monologe anstimmen wollte – und Sam wusste dass der Captain das Vorrecht auf lange, endlose Monologe gern für sich in Anspruch nahm - vernahm sie erleichtert die samtene Stimme Agathas, die eine Quintessens dessen ablieferte, was Cal gerade sagen wollte.
 

Sie hatte dem Captain und seiner Crew nie gesagt, dass es eine Serie namens „Star Trek“ gab, er hätte es vermutlich nicht ganz verstanden.

Dazu muss gesagt sein, das man eine sehr eigenwillige Regel gefunden hatte, dem Sternenflottencaptain Asyl zu gewähren.

Zunächst wurde er, wie es bei allen anderen ausserirdischen Besuchern des Stargatecenters üblich war, im Cheyenne Mountain Complex untergrebracht – so verbrachte Cal das erste Jahr dort.

Spätestens nach drei Monaten war er kurz davor gewesen, durchzudrehen, da ihn jedes Mal, kaum, das er sanft eingeschlafen war, ein dussliger Alarm, eine komplett unwichtige Durchsage oder sonst irgendwas weckte – ganz zu schweigen davon, dass die Feldbetten komplett unbequem, und die Feldbettdecken viel zu dünn waren.
 

Doch schon das erste Jahr als Beobachter brachte seine spannenden Momente mit sich.

Da war zunächst mal die Situation mit den Za’tarc, die er nur am Rande mitbekam, da man ihm noch nicht genug traute wurde er ruhig gestellt, sprich betäubt.

Die Sache mit der Zeitschleife nahm er relativ humorvoll. Als man ihm erklärte, was passiert sei, hatte er nur geschmunzelt: „Das passiert jeder Mission irgendwann mal – ich hab meinen Groundhog Day schon hinter mir. War ’ne lustige Sache.“

Problematischer lief es da, als Jack und Teal`C mit einem umgebauten Todesgleiter in die unendlichen Weiten des Weltalls herausgetrieben wurden.

Sam hatte versucht, ihm zu erklären, warum sie Angst habe, doch Cal hatte sie angelächelt, ihr die Hand auf die Schulter gelegt und gesagt „Das packst Du schon.“

Das war überhaupt seine Standardantwort auf alle Katastrophen, die ihnen im Laufe der Jahre über den Weg liefen.

„Ihr findet den Weg schon.“, alternativ auch „Das müsst ihr selbst herausfinden.“

Als Sam ihm eines Tages, das war, als er während seines zweiten Jahres auf der Erde des 21. Jahrhunderts, ein kompliziertes Problem mit nach Hause brachte, hatte Cal sie angelächelt und gesagt „Du wirst den Weg selbst finden. Ich weiß das.“.

Sam hatte mit den Augen gerollt und eine zufällig anwesende Cassandra Fraiser hatte gelacht: „Dein Captain aus der Zukunft klingt gerade verdächtig nach einem Wächter des Lichts.“

Der Captain hatte die Stirn gerunzelt: „Einem was des Was?“

„Kommt gerade im Fernsehn – schau es Dir selbst an.“

Neugierig war Cal der jungen Ausserirdischen ins Wohnzimmer gefolgt, wo sie sich, zusammen mit ihrer Mutter Janet, eine Folge Charmed anschaute.

Als Leo Wyatt, der Wächter des Lichts, einen guten Tipp gab, hatte sich der Captain echauffiert: „So rede ich doch gar nicht, Cassandra!“

Cassie hatte ihm die Zunge rausgestreckt und Janet hatte zu ihm herübergeblickt und lakonisch gemeint: „Also – eigentlich doch.“
 

Das Zusammenleben mit einem Starfleetcaptain gestaltete sich sowieso für die entsprechenden Partizipanten, also die Teilnehmer, unterschiedlich schwierig.

Daniel hatte es im ersten Jahr nach der Ankunft des Sternenflottenoffiziers im 21. Jahrhunderts noch mit Engelsgeduld versucht , ihn an die hiesigen Umgangsformen zu gewöhnen, was beispielsweise so kleine Dienste, wie Müll runterbringen, Kühlschrank nachfüllen und anderen Späßen beinhaltete.

„Männerwirtschaft.“, nannte es Jack, „Du, Daniel, bist Felix Unger, Cal ist Oscar Madison.“

Übrigens auch Daniel verlor zwischendurch die Geduld, was meistens dann vorkam, wenn Cal einen wertvollen Stein nach der Untersuchung mit dem Tricorder nicht an den entsprechenden Ort zurückgelegt hatte, von wo er ihn genommen hatte.

Aber eigentlich hatte Cal bei Daniel noch einen relativ einfachen Stand als Untermieter.

Es hätte auch so weitergehen können – wenn da nicht der Zwischenfall mit den Kelownern gewesen wäre, der in einer radioaktiven Verstrahlung und einem zeitweisen Tod für den Anthropologen endete.

Sam, Jack und Teal`C waren überrascht, das sich Cal – dem sonst eigentlich alles relativ schnell zu Herzen ging – von der Nachricht, das Daniel tot war, kaum bis wenig betroffen zeigte.

Was die drei Mitglieder des SG 1 nicht wissen konnten, war, das Cal natürlich wusste, das Daniel aufgestiegen war, das der Wissenschaftler diese Form jedoch nicht länger als ein Jahr beibehalten würde konnen, da er sich immer noch seinen Freunden verpflichtet fühlte und versuchte, ihnen zu helfen, was in einem Kampf Daniel Versus Anubis gipfelte, wodurch Daniel wieder zum Menschen wurden.

Im „Jahr ohne Daniel“, 2002/2003 also, wurde Cal zu Jack verlegt.
 

In diesem Jahr waren übrigens einige sehr unschöne Sachen passiert – man hatte Jack beschuldigt, er habe einen Mordanschlag auf Senator Kinsey verübt und JUST als Cal von Nutzen gewesen wäre, hatte die Sternenflotte ihn auf eine Missionsbesprechung geschickt, die natürlich – wie sollte es anders sein – in der Zukunft stattfand.

Das hatte den Captain sehr gefreut, so war er wieder einmal mit seiner ersten Offizierin, Agatha Silverbird, dazu gekommen, ein wenig zu plaudern – aber Jack hatte er nicht helfen können.

Hätte er sowieso nicht gedurft – Einmischung in die erste temporale Direktive.
 

Doch in diesem Jahr waren auch andere Sachen passiert, es war ja nicht so gewesen, das NUR Katastrophen in 2003 passiert wären.

Nein – die Erde bekam den Vorläufer aller Schiffe der Föderation.

Die Prometheus, mit der Codenummer X-303.

Nicht sonderlich einfallsreich, wie Jack fand, weswegen er, sehr zu Cals Freude, versuchte, das Schiff in „Enterprise“ umbenennen zu können.
 

Und dann kam es Mitte 2003 zu DEM Ereignis, das Jacks Gefühlswelt erschütterte.

Abydos wurde von Anubis zerstört – und mit ihm auch Ska’ara, der Junge, der ihm mehr als nur am Herzen lag.

Nach aussen hin verpackte der Colonel die Tatsache, das die Abydonier nicht wirklich tot waren, sondern alle aufgestiegen, recht gut – doch, innerlich war er relativ am Ende.

Doch das Auftauchen Daniels sollte die Sache ändern.
 

Dies war auch der Moment gewesen, an dem Cal wieder umzog – diesmal zu Samantha Carter, die sich über den Neuzugang in ihrer Wohnung – naja… freuen ist dann doch schon was anderes.

Aber es war nicht so, das Cal komplett unwillkommen gewesen wäre – wenngleich Jack und Daniel ihr einige Schauergeschichten über den „Oscar Madison der Zukunft“ erzählt hatten.

Doch Cal hatte aus seinen bisherigen WG-Abenteuern mit SG 1 gelernt und versuchte tatsächlich, sich so höflich und freundlich, wie es nur ging zu gebärden.

Ob das damit zu tun hatte, das Sam nunmal eine Frau war?

Oder ob es damit zu tun hatte, das sie Sam Carter war?

Die Frau, von der Scotty Middlegate, sein Chefingenieur, ihn gebeten hatte, ihm ein Autogramm mit zu bringen?

Ob es daran lag?

Das wusste die Majorin nicht und - wenn sie ehrlich war, wollte sie die Gründe über den merkwürdigen Charakterwandel Cals gar nicht so genau wissen.

Sie wusste nur eines, sie wusste, das Cal, wenn er denn glaubwürdig einen jungen Mann darstellen wollte, der im 21. Jahrhundert lebte, viel zu steif war.

„Was soll ich denn machen?“, hatte Cal sie gefragt, die ihn an Cassandra verwiesen hatte, schließlich war sie eine Teenagerin und das sollte Cal ja nun verkörpern.

So hatte Cassandra ihm einen Crashkurs in „Benimm als Teenie“ verpasst und gesagt, dass „nackte Wände“ ja gar nicht gingen.

„Soll ich meine Wände anziehen?“, war Cals verständnislose Frage gewesen und Cassandra hatte mit den Augen gerollt: „Kauf dir ein Poster.“

„Ein … was?“

Cassandra hatte ihn an die Hand genommen, und – obwohl er sich extrem dämlich vorkam, mit 18 an der Hand einer 16 Jährigen durch die Innenstadt von Colorado Springs gezogen zu werden, ließ er dieses Prozedere über sich ergehen.

Als Jack ihn am selben Tage besuchte, um den Rest von Cals „Krempel“ herzubringen und Sam Trost zuzusprechen, war er es, der nach einem Blick in Cals Zimmer mit einem „CARTER!!!“-Schrei in die Küche kam und ein wenig konstatiert dreinblickte.

Cal kam hinterher: „Was ist denn? Warum schreist Du so, Jack?“

„Colonel!“, berichtigte Jack – man war im „Jahr ohne Daniel“ nicht über die „Colonel-und-Du“-Ebene hinausgekommen.

„Was ich habe?“, fragte der Colonel daher, packte ihn und Sam bei jeweils einer Hand und zerrte sie in Cals Zimmer.

„DAS!“, keuchte er und deutete auf das Objekt der Anklage.

Auch Sam war ein wenig irritiert.

„Cal, hast Du das gekauft?“, fragte sie und der Captain runzelte die Stirn: „Ja.“

„Weißt Du, was du da hast?“

„Wieso? Cassie meinte, es sei der letzte Schrei.“

Als sie das hörte, musste Sam lächeln: „Sagte sie das, ja?“

„Ja.“, sagte Cal und schaute die Air Force Majorin verblüfft an: „Gut, ich wundere mich auch darüber, das sie einen halbnackten Mann an meiner Wand toll findet, aber – ich hab mir gedacht: „So sind diese Teenager halt.“.“

Das hören und in einen Lachflash ausbrechen war für Sam eines, während Jack ein wenig mehr um Fassung bemüht war, sich aber ein leichtes Grinsen nicht verkneifen konnte: „Soso – und du glaubst nicht, das ihr dieses Bild so gut gefallen hat, weil sie ein Mädchen ist?“

Cal schaute kurz zu Boden: „Daran – hab ich irgendwie nicht gedacht. Die Teenager hier sind so völlig anders als in meiner Zeit.“

„Wie sind denn die Teenies in deiner Zeit. Ich nehme nicht an, das die alle Sternenflottenoffiziere sind.“

Der Captain schüttelte den Kopf, sodass seine braunen Haare nach links und rechts flogen.

„Nein, himmel, gott bewahre – das war bei uns n Zufall. Also – selbstgemachter Zufall, wir hatten ja diese Idee mit dem Raumschiff im Eigenbau… aber die meisten Teenager, wenn sie nicht gerade irgendwelche Flausen im Kopf haben, träumen von der Karriere als Sternenflottenoffiziere.“, erklärte der Captain h.c. und legte die Hände in den Rücken, „Wenngleich – ich gestehen muss, das ich da doch nicht ganz“, er hüstelte, „repräsentativ bin – gelinde gesagt.“

„Sehr gelinde.“, fuhr ihm Jack dazwischen, was ihm einen kurzen Lächler von Carter und Cal einbrachte.

„Ja – ich bin ein wenig… ich bin nicht mainstream. Daher – hab ich mich auch nie damit befasst, was jetzt andere Teenies in meinem Alter taten.“

Er lächelte schief und schaute dann zu dem halbnackten Mann an der Wand, beziehungsweise zum Poster des halbnackten Mannes.

„Ich glaube – wir nehmen doch etwas, was auch Männer an die Wand kleben dürfen.“, sagte Cal und schaute zu Jack: „Colonel?“

„Ja, Cal?“

„Bin knapp bei Kasse – würden Sie mich wohl freundlicherweise begleiten? Da können Sie mir auch gleich helfen.“
 

Es war eine entsetzlich lange und umständliche Shoppingtour gewesen, aber nach drei Stunden kam man mit Postern über Postern zurück.

Ein Poster von Prinzessin Leia klebte man über den halbnackten Typen, ein Poster von Prinzessin Amidala klebte man daneben.

Und das Poster von zwei „Popsternchen“ mit denen sich Cal noch nie beschäftigt hatte und die ihn auch nicht interessierten, die dabei waren sich zu küssen, klebte Cal an die gegenüberliegende Wand.

Als Sam DAS sah, war sie es, die hintenüber kippte.

Und Cal durfte sich ein paar Takte zum Thema Feminismus anhören.

Der Captain lächelte und überreichte ihr eine Posterrolle.

„Was soll ich damit?“, fragte Sam und Cal grinste: „Habs für Dich gekauft. Aber lass es Jack nicht sehen.“

Stirnrunzelnd, aber lächelnd, rollte Sam das Poster auf und musste dann ihr typisches 1000-Watt-Carter-Lächeln lächeln.

Ein Bild ihres Idoles lächelte ihr entgegen.

„Ich wusste doch, das Du es mit MacGyver hast, Sam.“, grinste er und klopfte ihr auf die Schulter.
 

Und 2004?

Cal hatte sich im Kampf „Erde vs. Anubis“ vornehm zurückgehalten – hatte sich mit dem üblichen ‚Ich weiß, dass Ihr es schafft’ herausgeredet und hatte Sam lächelnd Glückwünsche gewünscht, als sie im SGC ankamen – ohne Jack.

Dieser hatte das Wissen der Antiker im Kopf – mal wieder – und wurde auf Eis gelegt. Wortwörtlich.

Eine Sam Carter, die sich gerade aus verständlichen Gründen nicht wirklich im Griff hatte, rammte Cal im Vorbeigehen die Faust gegen das Kinn, was ihn sich einmal um die eigene Achse drehen und dann gegen die Wand krachen ließ.

„Ja, das tat gut.“, hatte sie gemurmelt und Cal selbigen Kommentar von sich gegeben.

Nicht einmal das Essen, das Cal an dem Tage zubereitet hatte, hatte sie aufmuntern können, obwohl er die Küche nicht unter Wasser gesetzt und die Ente nicht in Alkohol ertränkt hatte.

Irgendwann hatte sich dann die Situation ein wenig gebessert, nicht zuletzt deswegen, weil es gelungen war, Jack aus dem Tiefschlaf zu befreien und sein Gehirn wieder auf den Stand ‚vor der Antiker-Erfahrung’ zu resetten.

Sam war derweil von Replikatoren entführt worden – was Cal jetzt wiederum nicht sonderlich schmeckte.

Da SG 1 unterwegs war, Sam von den Replikatoren zu retten und man ihn nicht mitgenommen hatte, war er Doktor Weir auf die Nerven gegangen. Nach einigen, sehr interessanten Abenteuern, die ihn unter anderem in das nette Kansas-Vorstädtchen „Smallville“ geführt hatten, wo er ein komplettes Jahr als amnesischer John Doe lebte, war er wieder gefunden worden und ein paar Wochen später hatte die Sternenflotte ihn wieder abgeholt. Das hatte für Sam den Vorteil, dass sie die Star Trek DVDs wieder hervorkramen konnte, die sie solange Cal da gewesen war, wohlweißlich versteckt hatte. Und sie musste sich an diesen Moment erinnern, in dem sie im Internet einen Star Trek Reviewer gehört hatte, der sagte, dass Captain Archer keine langen Reden halten konnte. Für Cal galt dies nicht – er konnte und er tat es verdammt gerne. Leider. Dagegen waren ihre analytischen Vorträge extrem kurz gehalten. Und wenn Agatha ihn nicht unterbrach…
 

Sam mochte Agatha Silverbirds logisches und analytisches Denken. Die Vorschläge, die sie machte, um das Ha’tak aufzuhalten, waren gut durchdacht, brilliant formuliert und gut umsetzbar. So hätte sie es auch gemacht. Die beiden Schiffe begaben sich in die entsprechenden Positionen und eröffneten das Feuer. Während die Phaserstrahlen der Dragonfly über die Schutzschilde leckten, konnte die Hammond die nötige Position beziehen, um eine komplette Salve an Raketen und Rail-gun-Schüssen auf das feindliche Raumschiff abzugeben.

Und dann sah sie, wie das Hatak sich neu positionierte und einen einzigen Schuss auf die Dragonfly abgab. Diese taumelte, begann plötzlich zu trudeln, während blaue Energieblitze den kompletten Rumpf umspielten, ehe sie sich wieder fing.
 

Die Augen Colonel Carters waren weit aufgerissen. Was war das? Eine neue Geheimwaffe der Goa’Uld, eine, die Schilde durchdringen konnte?

„Colonel“, sicherte sich Steed plötzlich Aufmerksamkeit zu, „Der Ha’tak – er positioniert sich neu.“

Und damit wusste Sam, was passieren würde. Wenn ein Raumschiff aus der Zukunft dieser neuen Waffe keinen Widerstand entgegenbringen konnte, wie mochte es dann erst mit einem Raumschiff aus dieser Zeitebene sein?

Sie seufzte: „Schutzschirme verstärken.“

In diesem Moment ging ein Ruck durch das Raumschiff. Sam stolperte, versuchte sich festzuhalten, doch sie scheiterte. Das Schiff kippte einmal um 180 Grad und sie verlor wirklich den Halt. Dann war alles vorbei. Das Schiff war wieder ruhig, und sie spürte, wie ein leichter Schmerz durch ihre Seite schoss.

„Autsch.“, dachte sie und stand wieder auf.

King rappelte sich ebenfalls hoch und blickte sich zu Carter um: „Erlauben Sie mir einen One-Liner, Ma’am?“

„Schießen Sie los, Lieutenant King.“

„Das war erschütternd.“, grinste King, was ihr ein schiefes Lächeln von Carter einbrachte.

Dann wandte sie sich an Steed, der gerade auffallend still war.

„Alles in Ordnung, Steed?“, fragte sie und berührte sanft seine Schulter, was dazu führte, dass die Gestalt im gesamten nach vorne auf seine Konsole fiel.

In diesem Moment meldete sich die Krankenstation.

„Colonel Carter? Hier ist Schwester Eversprite-Leerenstadt“, erscholl eine leicht panisch, sehr jung klingende Stimme aus dem Funkgerät: „Doctor Smith und alle männlichen Patienten haben gerade das Bewusstsein verloren.“

Carter holte tief Luft, nahm das Funkgerät und aktivierte die Sprechfunktion: „Zählen Sie noch Captain Steed und Airman Matthies zu den Bewusstlosen. Und finden Sie raus, was sie gelähmt haben könnte.“

‚Obwohl ich schon einen ungefähren Plan habe, was dafür verantwortlich sein könnte.’, sagte Sam sich selbst. Allerdings beschloss sie, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Sie war Wissenschaftlerin und da hielt man sich an die Fakten.
 

„Ma’am.“, sagte Tara in diesem Moment und deutete auf das Fenster, auf dem gerade das Goa’uld-Schiff in den Hyperraum sprang.

King blickte Sam an und in ihren hübschen, grünen Augen funkelte Ratlosigkeit.

Auch der Colonel zuckte mit den Schultern, ehe sie in Richtung der Funkkonsole nickte: „Los, versuchen Sie die Dragonfly zu erreichen. Ich möchte wissen, ob es bei Ihnen genau so aussieht.“
 

Nach ein paar mehr oder weniger ergebnislosen Kommunikationsversuchen klärte sich das Bild auf und eine besorgt-dreinblickende Agatha Silverbird bettete gerade einen ohnmächtigen Alexander Strange neben Cal auf den Boden.

„Schön, wenigstens euch zu sehen.“, sagte sie dabei und wandte sich zu der hübschen, exotisch-wirkenden Frau, die gerade neben einem Mann gekniet hatte, dem sie einen sehr liebevollen Blick zuwarf, ehe sie weiterging.

„Tony und Gibbs sind auch ohnmächtig.“, stellte sie fest und wandte sich dann an Agatha: „Wenn ich das richtig sehe, hat dieser Treffer die gesamte männliche Crew ausgeknocked.“

„Das haben wir hier auch so erlebt.“, sagte Sam in diesem Moment, „Diese Waffe – was immer sie war – hat uns getroffen und als wir wieder festen Boden unter den Füßen hatten, waren nur Lieutenant King und ich bei Bewusstsein. In der Krankenstation sieht es nicht anders aus.“

„Hm.“, machte Agatha und betätigte ihren Kommunikator: „Silverbird an Intrupper?“

„Übrigens.“, sagte Ziva in diesem Moment und schaute sie – also Sam – an: „Wenn wir uns an die Regeln halten, erscheinen Tage wie Stunden.“

„TWOK?“, fragte der Colonel und Ziva nickte: „Ich sehe, Sie verstehen.“

„Natürlich, Saavik. Aber meinen Sie, dass Khan immer noch da ist?“

Erneut nickte die hübsche Israelin: „Es wäre nur die logische Alternative. Der Weihnachtsmann möchte erstmal abwarten und dann sehen, ob er die Bescherung durchziehen kann.“

„Aber der Weihnachtsmann bringt die Geschenke doch niemals am Tage.“

„Dessen bin ich mir bewusst – hoffen wir, dass Santa Claus wartet, bis die Nacht hereinbricht. Ich würde vorschlagen, wir sprechen in 2 Tagen nocheinmal mit einander, okay?“

Nun war es an Sam, zu nicken: „Einverstanden, Lieutenant Saavik.“

Damit beendete sie die Kommunikation und lächelte zu King herüber: „Wer auch immer das ist, man kann ihr nicht abschlagen, dass sie verdammt clever ist.“

„Und worüber haben Sie sich gerade unterhalten, Ma’am?“, fragte die andere Frau, was Sam zu einem ihrer 1000-Watt-Lächeln brachte: „Haben Sie das nicht mitbekommen?“

„Nun, ich weiß zwar, dass Saavik eine Figur aus Star Trek ist und TWOK vermutlich „the wrath of Khan“ bedeutet, aber ich habe die Filme nie gesehen. Ich bin kein Science-Fiction-Fan.“

‚Was für eine Ironie’, schoss es der ehemals Blonden Air-Force-Colonel durch den Kopf, ehe sie sich an King wandte: „Okay, also – die Kurzfassung: Die Frau ruft uns in 2 Stunden wieder an. Ferner wurde darüber spekuliert, ob die Goa’uld – oder die Lucianer-Allianz – noch in der Nähe sind und einen weiteren Angriff planen.“

„Ah, ich verstehe.“, lächelte King und schaute sie an: „Aber darf ich Ihnen eine Frage stellen?“

„Natürlich, Lieutenant.“

„Warum nur ‚die Kurzfassung’?“

Erneut stahl sich ein Lächeln auf Sams Gesicht: „Wissen Sie, mein ehemaliger CO wollte immer, dass ich ihm nur die Kurzfassung erzähle. Ich glaube, das hat sich ein wenig eingebürgert. Ich weiß ja, dass sie mich noch von meinem Vortrag an der Air Force Academy kennen.“

„Ja, und irgendwie hatte ich mich auf eine Langfassung gefreut.“

Sam zuckte mit den Schultern, schaute sich um und sagte: „Nun, ich sage Ihnen was: Wir überprüfen, wieviel Schaden entstanden ist und – während wir die zwei Stunden totschlagen müssen, die die Dragonfly braucht, um bei sich eine Schadensinventur zu machen, erzähle ich Ihnen alles, was Sie wissen möchten.“

Kurz schien King zu überlegen, dann nickte sie: „Okay.“
 

Mit japanischen Schimpfworten und Flüchen, die wir hier ob der Altersfreigabe und des Bildungsauftrages nicht wiederholen wollen, robbte sich die schlanke Japanerin Fähnrich Ran Sato durch die engen Jeffriesröhren. Es war doch einfach nicht zu fassen. Der Treffer, der das Schiff hatte schlingern lassen, hatte kurzzeitig den Strom ausfallen lassen und – was noch schlimmer war – ihr Projekt lahmgelegt. Sie hatte versucht, es von der Stelle, an der es aufgehört hatte, weiterlaufen zu lassen, aber wie Projekte so sind, war es extrem stur und ließ sich absolut nicht zur Kooperation bewegen. Das war das erste Mal, dass sie geflucht hatte.

Nun robbte sie durch die Jeffriesröhre, wobei sie gezwungen war, ihren schlanken Körper mehr als nur einmal zu verbiegen, da auch hier männliche Offiziere, die offenbar gerade irgendwelche Wartungsarbeiten erledigen sollten, kollabiert waren und ihr somit den Weg versperrten.
 

Das zweite Mal hatte sie geflucht, als sie in den Maschinenraum gekommen war und sah, wie die rechte Hand des Chefingenieurs, Lieutenant Commander Greta Kays gerade den über seiner Konsole zusammengebrochenen Sebastian „Scotty“ Middlegate in eine sitzende Position brachte.

„Okay, was ist passiert?“, hatte sie gefragt und keine wirklich befriedigende Antwort erhalten.
 

„Hörst keinen Ruf, hörst keinen Schrei, Gentlemen, sie zieh’n vorbei, schauen durch dein Fenster rein, klopfen dann an…“

„Wenn sie anklopfen, bevor sie dich kaschen, solltest du die Tür schließen.“, sagte Ziva, während Agatha sich unter die taktische Konsole begeben hatte, ihre langen Beine an den Körper gezogen, und versuchte…

Ziva war sich nicht so ganz sicher, was die XO da tat, sie wusste nur, dass in jeder Star Trek Serie, wann immer irgendwas am Schiff zerstört wurde, irgendwer unter irgendeine Konsole kroch und hoffte, mit einem billigen Prop – also einer toll aussehenden Requisite – die auf irgendeinen technogebabbleten Namen hörte irgendwas an der Kulisse zu reparieren. Was auch immer man da tat. Agatha schien ebenfalls zu dieser Sorte Menschen zu gehören.

Dann seufzte sie: „Ziva, ich versuche der Sache gerade eine unheilschwangere Note zu geben, in dem ich diesen Song von Buffy rezitiere. Ich meine…“

Ziva kroch ebenfalls unter die Konsole und schaute der XO in die Augen: „Mach dir keine Sorgen.“

„Ich mach mir keine Sorgen, ich weiß, dass wir mehr als nur fähig sind, allerdings haben wir nur die Hälfte der Crew zur Verfügung.“

Ein ironisches Lächeln schlich sich auf Zivas Lippen: „Wenn diese Hälfte genau so ‚fähig’ wie dein Freund ist, brauchen wir keine Panik zu haben, dass wir in irgendwelche Schwierigkeiten geraten könnten.“

Agatha schaute sie an, ihre grünen Augen wurden eine Spur heller und Amüsement funkelte in ihnen: „Stimmt schon – aber leider ist unser Chefingenieur ziemlich fähig.“
 

Abby Sciuto war vollkommen begeistert. Dieser Tricorder, den sie in den Händen hielt, funktionierte . Er funktionierte tatsächlich. Sie quietschte förmlich, vor Begeisterung, was ihr einen leicht verdatterten Blick von Gina eintrug.

„Hey“, sagte die Forensikerin, „Ich kenn die Dinger nur aus dem Fernsehen.“

Die Chefärztin runzelte verblüfft die Stirn: „Fernsehen? Jetzt sag bloß, die Abenteuer der Dragonfly werden auf einem Privatsender ausgestrahlt.“

„Nein, aber die Abenteuer von Kirk, Picard, Sisko, Janeway und Archer.“, erklärte die Forensikerin, wirbelte einmal herum und schaute Gina dann an: „Du hast keine Ahnung, wie das für mich ist, hm?“

Kurz legte Gina überlegend den Kopf schief, tippte sich mit dem Zeigefinger an die Wange und grinste dann, ehe sie ein gut gelauntes „Aha!“ von sich gab: „Natürlich weiß ich, wie das für dich ist. Du scheinst ein riesen Fan dieser Sendungen zu sein, und jetzt bist du live dabei. Klar, das muss aufregend sein.“

Abby nickte: „Ja. Ich meine, das ist alles so … real.“

„Ich sag dir was.“, zwinkerte ihr Gina zu, „Wenn Du willst, kannst Du einen Tricorder behalten.“

„Aber geht das nicht gegen die temporale erste Direktive?“, fragte Abby und Gina zuckte gut gelaunt mit den Schultern: „Die hat Cal schon so oft gebrochen… allein schon das wir hier sind ist ein Bruch gegen die erste temporale Order. Von daher – was solls?“

Damit klopfte sie der Forensikerin gut gelaunt auf die Schulter, ehe kurz durchatmete und wieder ernst wurde.

„Also gut, nach dem das geklärt wurde, Abby, würde ich vorschlagen, dass wir uns mal darum kümmern, was hier passiert ist.“

Das Nicken der hübschen Laborgoth war so heftig, dass ihre beiden Rattenschwänze hin und her wippten.
 

Auf der Hammond saß Sam zwei Stunden später grübelnd, den Oberkörper nach vorne geneigt und den Kopf schwer auf die Faust gestützt, über dem Bildschirm, auf dem die Sicherheitsaufzeichnungen der letzten paar Minuten der Konfrontation liefen.

„Hmmmm.“; machte sie und schaute dann zu Tara und Emma herüber, die sich der Bordelektronik widmeten.

Ihre wasserblauen Augen wandten sich dann wieder dem Bildschirm zu. Mal sehen – was war passiert? Sie konnte sich sehen, wie sie sich auf den Einschlag der Waffe – was auch immer diese Waffe war – vorbereitete und dann, genau wie alle anderen zu Boden ging, als das Schiff ins Schleudern geriet. Warum waren nur die Männer langfristiger ohnmächtig?
 

„Eversprite-Leerenstadt an Carter?“, erklang plötzlich die Stimme der Schwester aus dem Funkgerät. Beruhigenderweise waren nun die Anzeichen von Panik, die sich in ihre Stimme geschlichen hatten, der Professionalität der Ärzteschaft gewichen.

Carter lächelte und berührte das Funkgerät: „Sprechen Sie.“

„Ich habe das Blut der Männer untersucht. Ich kann die genauen Gründe zwar immer noch nicht zuordnen, aber ich glaube, es ist eine Art Energiefeld gewesen, dass offenbar nur auf Y-Chromosome reagiert.“

Carter blinzelte. Verdammt, Janet hätte jetzt sicher genau gewusst, was zu tun gewesen wäre, aber leider war Dr. Fraiser vor Jahren bei einer Mission gefallen. Sie vermisste sie, besonders in Situationen wie dieser.

„Ist sowas möglich?“, fragte sie daher und sie war sich sicher, dass Schwester Eversprite-Leerenstadt gerade mit den Schultern zuckte: „Uns nicht. Soviel kann ich schon mal sagen. Wie es mit den Goa’Uld aussieht, das ist eine andere Sache.“

„Na.“, murmelte Sam und erhöhte anschließend ihre Stimme auf normale Gesprächslautstärke: „Wenn es ihnen möglich ist, Handmanschetten zu benutzen, die entweder heilen, hypnotisieren oder töten können, bin ich mir sicher, dass sie auch eine Waffe im Repatoire haben, die nur ein bestimmtes Chromosom angreift. Ich danke Ihnen, Schwester.“

Damit beendete sie die Kommunikation und wandte sich an King: „Es ist soweit. Stellen Sie Kontakt mit der Dragonfly her. Mal hören, was es von denen neues gibt.“
 

Die Augen wirkten größer.

Soviel konnte Ziva immer wieder feststellen, wenn sie mit jemandem auf dem großen Hauptschirm sprach. Das Bild Sam Carters war der Größe des „Main Viewers“ angepasst und verglich man nun dieses Abbild mit ihr selbst, so waren die Augen ungefähr so groß wie Zivas Hand, die sie gerade zur Faust ballte, als sie die Nachrichten hörte.

„Das ist… unheimlich.“, stellte sie fest und schaute dann wieder zu Agatha, welche gerade einen Blick auf die taktische Konsole warf und dann zu ihr blickte.

Dann zuckte die XO mit den Schultern: „Willkommen an Bord der Dragonfly, Ziva.“

Ein Lächeln.

Die hübsche Israelin wandte sich dann wieder Sam zu: „Sind schon Spuren vom Weihnachtsmann zu finden?“

„Nein“, schüttelte Carter den Kopf und zuckte dann mit den Schultern: „Irgendwie erwarte ich aber, dass er bald auftaucht. Schließlich ist es sinnfrei ein Schiff anzugreifen, es ausser Gefecht zu setzen und anschließend…“

„Sam, da tut sich was.“, meldete plötzlich Agatha, als ihre Konsole zu piepsen begann.

Und als wäre die Luft um Ziva herum ein lebendes, atmendes Wesen, war ihr als würde sie spüren, wie der Lufthauch um sie herum immer deutlicher zu spüren war. Erst nach ein paar Millisekunden merkte sie, dass sich ihr Atem beschleunigt hatte. Auch Sams Atmung beschleunigte sich, das konnte sie sehen. Beide – also Ziva und Sam – wandten sich einer Person zu und sagten: „Zeig es mir.“
 

Auf dem Bildschirm der Dragonfly wurde das Bild Sams ein wenig kleiner, während ein anderes „Bildschirmfenster“ aufpoppte.

„Oh Gott.“, machte Agatha hinter ihr, als sie sah, was dort zu sehen war.

Drei Pyramidenschiffe – „Ha’taks“, korrigierte sich Zivas Unterbewusstsein – fielen aus dem Hyperraum und bewegten sich auf die beiden Erdenschiffe zu.
 

Sams Blick verengte sich, sie holte einmal Luft, schluckte dann und streckte ihren Hals – wie eigentlich immer, wenn sie nervös, verängstigt oder verärgert war. Durch dieses Strecken wurde ihr Körper ebenfalls angespannt und entspannte sich kurz danach wieder. Sie schaute aus kühlen blauen Augen auf die sich ihnen nähernden Schiffe.

King neben ihr schluckte einmal hörbar und Sam widerstand dem Drang, ihr beruhigend auf die Schulter zu klopfen. Vermutlich würde sie das nur noch mehr irritieren.

„Haben wir Schilde?“, fragte sie Lieutenant Peel, die sie anblickte. Auch in ihren Augen irrlichterte Angst. Und wenn sich Sam das alles so überlegte, war es alles andere als irrational, hierbei Angst zu empfinden. Doch die kommandierende Offizierin in ihr ließ nicht locker.

„Peel!“, schnappte sie und die hübsche Brünette zuckte erschrocken zusammen, „Haben wir Schilde?“

Dankbarkeit funkelte nun in den Augen Peels auf, sie riss sich los und betrachtete die Anzeigen: „Schildintensität bei 80 %. Einige Treffer können wir aushalten.“

Zuversicht ergriff Besitz von Sams Körper: „Dann wollen wir doch mal. Wenn die uns haben wollen, gehen wir nicht ohne einen Kampf, oder, Ladies?“

Sie ließ sich auf ihrem Sessel nieder und hieb auf die Kommunikationstaste: „Hier spricht Colonel Samantha Carter. Höchste Alarmbereitschaft. Ich wiederhole, höchste Alarmbereitschaft. Die Drei-Null-Zweier startklar machen. Ich wiederhole: Die Drei-Null-Zweier startklar machen.“

Und wenige Millisekunden später gellte ein lautes Klaxon, dass die Alarmbereitschaft des Schiffes signalisierte.

„Drei-Null-Zweier sind startbereit.“, sagte King und schaute sie an: „Naja, die Hälfte des Geschwaders, das wir an Bord haben – um genau zu sein.“

Sam zuckte mit den Schultern: „Muss reichen.“

Die Zuversicht hatte sie deutlich ergriffen. Sie würde nicht weichen. Niemals.
 

„Zustand unserer Schilde?“, fragte Ziva und Agatha warf einen Blick auf die Taktik: „Knapp 90 %. Phaser und Photonentorpedos sind auch bereit.“

„Sehr gut.“, sagte die hübsche Israelin und schaute die Rothaarige direkt an: „Du bist sicher, dass ich nicht die Taktik übernehmen soll?“

Agatha nickte: „Dein letzter Plan war so klasse, davon brauchen wir mehr.“

„Aye.“, sagte Ziva und setzte sich dann auf den Platz, auf dem vorher Alex gesessen hatte, „Sag mir nur, wann ich loslegen soll.“

„Sag mir, wann es dir passt.“, grinste Agatha.

In diesem Moment ging ein Ruck durch das Raumschiff.
 

Hätte sich Ziva in einer echten „Star Trek“-Folge befunden, würde spätestens jetzt hektikgetriebene Musik einsetzen, der Captain würde sich heldenhaft aufrichten und sagen: „Miss Silverbird, rufen Sie sie.“

Aber wenn dieser Captain – sie schaute zu Cal – sich aufrichten würde, wäre vermutlich eher der Satz „Au, meine Birne, ich brauch n Asperin.“ zu erwarten.

Sie schaute sich zu Agatha um, die gerade einen Blick auf ihre Konsole warf und dann zu Ziva schaute, ein vertrauensvolles Lächeln auf den vollen Lippen.

„Ziva, Du packst das, da bin ich sicher.“, sagte sie und zwinkerte ihr zu.

Sie atmete ein: „Wenn Du das sagst…“

Damit wandte sie sich um, betrachtete die Bewegungen der Feindschiffe und sagte dann, laut und klar: „Agatha, wenn ich ‚jetzt’ sage, feuerst Du auf das Schiff an Steuerbord.“

„Aye, Ma’am.“, lächelte die hübsche XO und wartete auf ihren Befehl. Ziva ließ währenddessen zielsicher ihre Finger über die Navigationskonsole gleiten, gab die notwendige Kurskorrektur und Geschwindigkeitsanpassung ein und dann flog die Dragonfly grazil und anmutig an der George Hammond vorbei, auf das erste Goa’uld-Schiff zu.

Dieses reagierte, indem es der Dragonfly orange Energieellipsoide engegenschleuderte. Die hübsche NCIS-Agentin ließ das Schiff eine Rolle um die Längsachse durchführen, sodass die Energiegeschosse die Dragonfly verfehlten. Dann drehte sie die Nase des Föderationsschiffes dem Angreifer zu und flog mit voller Impulsgeschwindigkeit auf das Zentrum des Schiffes zu.

Obwohl sie sicherlich fünf Meter voneinander entfernt waren, konnte sie Agatha Silverbirds aufgeregtes Atmen hören. „Ziva…“, keuchte sie, „Was tust du da?“

„Vertraust Du mir?“, fragte die hübsche Israeli, mit schnell gehendem Atem, „Dann feuer die Waffen jetzt ab.“

Agatha tat wie ihr geheißen und sah im nächsten Moment nur noch Weiß.
 

Sam richtete sich entsetzt auf der Brücke der George Hammond auf, als sie die Explosion mitverfolgte. Die Dragonfly war an der Hammond vorbei auf das Feindschiff Nummer 1 zugeflogen und plötzlich – wie es schien – explodiert.

Sie schluckte, schaute zu King, deren Konsole einen lauten Alarm von sich gab.

„Was ist das?“, schrie sie gegen den Lärm an und die andere Frau blickte, wie in Trance, auf ihre Konsole. Sam konnte die Langsamkeit dieser Reaktion nachvollziehen. Hatte sie gerade wirklich gesehen, wie die Dragonfly explodiert war? Hatte sie gerade das Ende einiger Freunde beobachtet?

„Ma’am, da ist eine Art Energiewelle, die auf uns zukommt.“, sagte King in diesem Moment, „Sie sollten sich lieber Festhalten.“

Beinahe kraftlos griff Sam nach der Lehne ihres Sessels, als der Treffer der Energiewelle das Schiff leicht schaukeln ließ.

Vor ihrem inneren Auge sah sie, wie Cal und Agatha ihr zuwinkten und lachten.

Sie spürte, wie ein Tränenkanal die Arbeit aufnahm.

Dann piepte ein weiterer Alarm und Sam schaute zur Geräuschquelle.

Ein Ruf ging ein.

„Lieutenant Peel?“, fragte sie und die Angesprochene nickte: „Kanal sprechbereit.“

Sam richtete sich auf. Auf dem Bildschirm konnte man eine deutliche Szenerie erkennen. Ägyptische Innenarchitektur, ein imposanter Thron in der Mitte, mehrere knapp-bekleidete Männer, die vor diesem Thron standen und auf diesem Thron saß, in etwas, was eigentlich nur eine bessere Entschuldigung für einen BH und ein Höschen war, eine durchtrainierte Brünette.

Sam seufzte.

„Bastet?“, fragte sie, legte den Kopf schief und fragte, mit gespielter Höflichkeit nach: „Bist Du nicht tot?“

Die Angesprochene lächelte – beinahe schon nachsichtig: „Colonel Samantha Carter – ehemals SG 1. Warum hast Du dich in dieses Gefecht eingemischt? Meine Truppen hatten ein fremdes Raumschiff aufgegriffen, dass in unseren Sektor eingedrungen war.“

„Euren Sektor?“, echote Sam und merkte, wie sie erneut schlucken musste. Das klang beunruhigenderweise nach einem Widererstarken der Goa’uld.

„Wir haben uns das wiedergenommen, was einst uns gehörte.“, sagte die Goa’uld und lächelte erneut. Dieses Mal schien es, als sei allein schon ihr Lächeln giftig.

„Sag mir, welches Schiff wolltet Ihr beschützen? Mit wem habt ihr diese Allianz?“

Sam schwieg.
 

Das Licht schien viel zu hell und grell in ihre Augen.

Agatha Silverbird versuchte, die Sterne und Schmerzen, die – was immer Ziva da gerade gemacht hatte – bei ihr verursachte.

Sie richtete sich auf, schaute zu Ziva, die gerade ebenfalls wieder zu sich kam.

„Okay.“, sagte sie, kam von ihrer Position auf Ziva zu und legte den Kopf neugierig schief: „Was war das?“

Die Israeli lächelte: „Hey, das hat ja tatsächlich geklappt.“

„Was hat geklappt?“

„Das erzähl ich dir gleich.“, sagte Ziva, drehte sich zu der Navigationskontrolle herum und betrachtete diese: „Hm… wir sind knapp 10 Lichtjahre vom Geschehen.“

„Da können uns die Anderen nicht finden.“, erklärte Agatha und klopfte Ziva auf die Schulter: „Gut gemacht. Aber was genau hast Du da gemacht?“

In diesem Moment öffnete sich die Turbolifttür und eine wütend dreinblickende Blondine verließ die Transportkapsel.

„Welcher Vollidiot hat gerade den Warpkern überlastet?“

Ziva hob, wie in der Schule, die Hand: „Das dürfte ich gewesen sein.“

Diesen Satz sprach sie, als wär es das Normalste auf der Welt.

Die Blonde funktelte sie an.

„Wissen Sie, was sie damit fast getan haben?“, fragte sie in einem leisen, beinahe gefährlichen Ton und Ziva nickte bekräftigend: „Klar, ich hätte uns beinahe umgebracht. Aber – eben nur beinahe.“

Sie stand auf, schaute die Blonde und dann Agatha an und zuckte mit den Schultern: „Das ist nicht gerade Starfleet-Taktik, aber die Colonials verwenden diesen Trick sehr gerne – sagt zumindest McGee.“

Damit schaute sie zu Agatha: „Durch die Überlastung des Warpkerns haben wir eine Art Strahlenwelle ausgeschickt.“

„Hm, in Kombination mit Phasern und Photonentorpedos dürfte das eine ziemlich beeindruckende Lightshow gewesen sein.“, sagte Agatha und schaute Ziva an: „Und wessen Trick war das?“

„McGee hat diese eine Serie gesehen - Battlestar Galactica. Darin hat Apollo … das soll er euch besser selbst erklären, wenn er wach wird.“, meinte Ziva und schaute dann zu der Blonden: „Tut mir leid, wenn ich Ihren Warpkern beschädigt habe.“

„So wie ich das sehe, haben Sie uns das Leben gerettet.“, sagte die Blonde und hielt ihr die Hand hin: „Greta Kays. Zweite Chefingenieurin.“

„Ziva David“, sagte die Israrli, „NCIS.“

„Sie sind aus dieser Zeit, hm?“, fragte Greta und grinste: „Hab ich mir gleich gedacht. Wir sind ja auch schon ein paar Wochen im All, die Neuzugänge hätten wir da schon kennengelernt.“

Plötzlich machte Agatha einen erschrockenen Laut und schaute zu Ziva: „Und was ist mit Sam? Ich meine, sie wird sich sicher Sorgen machen.“

Die Angesprochene zuckte mit den Schultern: „Wir können ihr erstmal nicht sagen, was los ist. Sie muss die Angreifer überzeugen können, dass wir vernichtet wurden.“

„Man könnte sie foltern.“

„Sie ist Offizier der Air Force, richtig? Dann kennt sie das Risiko.“

Agatha seufzte: „Der Captain wird nicht unbedingt begeistert sein.“

„… was mir ziemlich egal ist.“, erklärte Ziva, „Er ist nicht wach, Du hast das Kommando und – wenn Du willst, fliegen wir zurück. Ich sage nur, dass dann alles für die Katz war.“

Die XO überlegte kurz, seufzte dann und nickte: „Du hast recht. Wir müssen diese Rolle auch für eine Zeit lang spielen.“

„Wir können die Zeit auch nutzen, und heimfliegen. Ich meine, wenn Sam glaubt, dass wir tot sind, wird sie es doch sicher dem SGC melden wollen, oder?“, sagte Greta und schaute abwechselnd von Ziva zu Agatha. Beide Frauen nickten.
 


 

Das leise Rauschen des Ozeans hatte eine tiefe, beruhigende Wirkung auf ihn. Am Liebsten hätte er sich zurückgelehnt und sich der Geräuschkulisse ergeben, die seine Augen so unendlich schwer werden ließen. Doch gerade, als er sich fallen lassen wollte, sah er das wohl wunderbarste Geschöpf der Welt an der Wasserlinie entlang gehen. Ihre dunklen, gelockten Haare wirkten wie ein Halo und die nussbraunen Augen, mit denen sie ihn ansah, ließen ihn beinahe wahnsinnig werden.
 

Mann , schoss es ihm durch den Kopf, was für eine Frau.

Jetzt wechselte sie den Kurs, kam mit einem Blick, der ihn gebannt hielt, auf ihn zu. Um ihren nackten Bauch hatte sie ein Tuch gebunden, das ihr bis über den, in einem Bikini-Höschen steckenden Po reichte. Wenn sie jetzt noch ein Tuch über dem Gesicht hätte, könnte sie fast als athletische Bauchtänzerin durchgehen.
 

Sie hatte ihn erreicht, berührte sanft seine Wange, beugte sich vor und küsste ihn. Zuerst sanft, dann wilder. Seine Augen glitten zu, er gab sich der Wildheit hin, als sie sich plötzlich von ihm löste. Er konnte hören, wie sie ein paar Schritte zurücktrat und als er die Augen wieder öffnete, schaute sie ihn an. Obwohl ihre Haltung eine gewisse Verspieltheit verriet, sahen die nussbraunen Augen ihn ernst an.

„Tony DiNozzo, ich zähle bis drei. Und dann bist du wieder wach, verstanden?“

Verwirrt blinzelte er und legte dann den Kopf schief.
 

„Ziva? Bist Du das?“, fragte er und die hübsche Israeli blickte an sich herunter: „Tony, ich … wir wurden angegriffen und du hast eine erotische Fantasie von mir?“

Er musste lächeln: „Ich kann mir nicht helfen. Und manchmal stelle ich mir dich sogar nackt vor.“

Das hatte bei Kate funktioniert, um sie komplett konfus zu machen. Doch verblüffenderweise, obwohl sie gerade in all ihrer Pracht vor ihm stand, schrie sie nicht entsetzt auf. Stattdessen stemmte sie die Hände in die Hüften, schaute ihn an und sagte: „Manchmal bist Du echt erbärmlich. Meinst Du etwa, mich wirst du so leicht los?“

Damit trat sie auf ihn zu, mit einem sehr verspielten Lächeln im Gesicht und presste ihre Lippen auf die Seinigen.
 

Wenn man das Gehirn mit einem Büro verglich, wäre spätestens jetzt nur noch die L-Schicht anwesend. L wie in Lust. Sie trügen sehr freizügige Kleidung, würden einander dreckige Witze erzählen und die niederen Instinkte bedienen. Und sie hätten einiges zu tun, müssten die notwendigen Hormone, Endorphine et cetera zum Einsatz bringen und letzenendes würden sie spätestens, als Ziva Tony einen leichten Hieb auf den Kopf gab, ziemlich durchgeschüttelt werden. Der Leiter der Station L würde verblüfft aufblicken und sich fragen, was zum Teufel gerade geschehen war. Dann würde die Tür aufgehen, die anderen Stationsleiter würden hereinkommen und fragen: „Was hast Du jetzt schon wieder kaputt gemacht, L?“ Und L. würde keine logische Begründung haben.
 

Die konnte er auch nicht haben, denn selbst Tony hatte keine. Warum gab ihm die Frau, die sich ihm gerade förmlich an den Hals geworfen hatte, plötzlich eine laut-klatschende Kopfnuss? Verblüfft schaute er sie an …
 

Und das grelle Licht fiel in seine Augen.

„Hey, aua!“, machte er und versuchte seinen Blick gegen die Sternenflottendeckenbeleuchtung abzuschirmen, was ihm eher suboptimal gelang.

Er blickte sich um und stellte fest, dass egal wie futuristisch Krankenhäuser aussehen mochten, man erkannte sie spätestens an fleißig umhereilenden Pflegern, die sich um die diversen Patienten kümmerten.

In diesem Moment kam, mit wehendem Ärztekittel, eine Frau auf ihn zu, die ihm bekannt vorkam… er blinzelte. „Abby?“

„Ja“, quietschte die Goth und klang wirklich begeistert, „Schau dir das an.“

Damit hielt sie ihm eine Art Zigarettenschachtel vor die Nase, die aufklappte und verschiedene blinkende Dioden und eine Art Bildschirm aufwies.

„Was ist das?“, murmelte er und klang immer noch extrem schläfrig. Gerade, als er nach vorne sinken wollte, glitt die Tür mit einem pneumatischen Zischen auf.

„Hey, Tony, wachbleiben.“, hörte er die Stimme Zivas, die auf ihn zuging und ihn in den Arm nahm: „Bleib wach, okay?“

Damit half sie ihm, aufzustehen: „Gehen wir ein paar Schritte.“

Gut – gehen war jetzt nicht das Wort der Wahl. Ziva ging und Tony stolperte, mit seinem Kopf auf ihren Schultern und ihren beiden, ineinander verflochtenen Händen, neben ihr her, aber – für Tony war das nicht wichtig. Er schaute sie an, müde – unendlich müde.

„Wasis… was…is.“, murmelte er und merkte, wie seine Zunge immer noch genau so schwer war, wie es seine Augen waren.

„DiNozzo!“, hörte er in diesem Moment die bekannte Stimme von Leroy Jethro Gibbs, der so gar nicht angeschlagen wirkte, stattdessen eher gelangweilt im Biobett saß und zu ihm herüberschaute, „Reiß dich zusammen.“

Dann wandte er sich an die Schwester, die ihm gerade Blut abnahm: „Wann kann ich wieder auf die Brücke?“

„Sobald Doktor Intrupper Sie für fit erklärt hat, Special Agent Gibbs.“, schenkte sie ihm ein aufmunterndes Lächeln und war dann auf dem Weg zum Büro der Ärztin, das er von seiner Position aus sehr gut im Blick hatte.

Dort schien die Stimmung alles andere als gut zu sein. Gina Intrupper, eine hübsche blonde Ärztin von eventuell 30 Jahren, seufzte schwer, ließ ihr Padd sinken und stand auf. Dann ging sie mit dem Doktorkittel, der ihr wehend wie ein Cape folgte, zu dem Bett der Krankenstation, auf dem Tim ruhte. Sie tastete nach seinem Puls, klappte den medizinischen Tricorder auf und winkte Abby zu sich. Was genau die beiden Frauen besprachen, konnte er nicht hören, er sah nur, dass ihre Gesichter sehr ernst waren. Kurz blickte er zum immer noch taumelnden DiNozzo und dann zur Quelle eines weiteren, pneumatischen Zischens.

Der Captain betrat die Krankenstation.
 

Er hatte seine Uniform richtig gezogen, trat mit langsamen und gemessenen Schritten auf Gina und Abby zu und betrachtete die schlafende, entspannte Gestalt Timothy McGees.

Abby merkte, wie sie ihm einen finsteren Blick zuwarf, der deutlich dem drohenden Fauchen einer Löwin ähnelte, wenn man sich ihren Kindern näherte. Cal schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln: „Keine Sorge, Abby. Ich wollte nur wissen, wie es Tim geht.“

Gina räusperte sich: „Nun, diese Waffe – was immer sie war – hat euch Männer komplett ausgeknocked. Tim war vorher schon angeschlagen, daher kann es sein, dass der Effekt der Waffe sich hier potentiert und dadurch verschlimmert hat.“

„Heißt das, er ist in einer Art Koma?“

„Einem sehr merkwürdigen Koma.“, ergänzte Abby und griff nach dem Tricorder: „Wirf mal einen Blick auf das EEG.“

Cal nahm das Diagnosegerät, betrachtete es und legte den Kopf schief: „Ähm… ich seh da bunte Linien.“

Die beiden Frauen warfen sich einen Blick zu und Gina schenkte Abby ein abgeklärtes Schulternzucken: „So ist er. Ich glaub, du musst es ihm komplett erklären.“
 

Die Goth nickte: „Okay, also – diese bunten Linien sind die Hirnwellen Timmys.“

Sie stockte, schaute Cal an und breitete die Arme fragend aus: „Hirnwellen. Schon mal gehört? Hat jeder, der ein Hirn hat? Also, auch du.“

„Da wär ich mir noch nicht mal so sicher.“, murmelte Gina, was ihr ein amüsiertes Lächeln von Abby und ein genervt-amüsiertes Augenrollen von Cal eintrug. Letzterem warf sie dafür einen Kussmund und ein Augenzwinkern zu.

‚Das kann doch echt nicht wahr sein.’, schoss es der Goth durch den Kopf, ‚Flirtet der jetzt?’

„Hey“, sicherte sie sich daher durch einfaches „mit der Hand vor den Augen des Captains herumwedeln und schnippen“ die Aufmerksamkeit des Offizieres zu: „Vergiss nicht, dass Du eine Freundin hast.“

„Weiß ich.“, sagte Cal, verschränkte dann die Arme vor der Brust und schaute Abby an: „Also – was ist mit den Hirnwellen?“

„Nun, sie sind… merkwürdig.“

„Merkwürdig?“, echote Cal und schaute dann abwechselnd zu Gina und Abby: „Ist das ein Fachausdruck?“

Man musste nicht – wie Deanna Troi, die Bordcounselor der Enterprise-E – zur Rasse der Betazoiden gehören und Gedanken oder, im Falle von Halbbetazoiden wie Deanna, Emotionen, wahrnehmen können, um zu sehen, dass Abby gerade ein wenig gereizt war.

Der Gedanke ‚Will der mich vergackeiern?’ schoss durch ihren Kopf und sie schaute den Captain inzwischen leicht genervt an. Als nun Gina die Stimme erhob, um das Wort zu führen, wusste Abby, dass es das Beste wäre, ansonsten würde die Laborgoth Cal vermutlich noch selbst umbringen. Es war nicht zu fassen. Ihr Tim, ihr bester Freund, neben Tony, lag in der Krankenstation und sie hatte keine andere Möglichkeit, als einfach nur daneben zu stehen. Gina Intrupper, die Bordärztin, war mit ihrer Technik, die dem 21. Jahrhundert um Lichtjahre voraus war, genau so überfordert und Abby fragte sich, ob das nun der Abschied war. Eben dieser Abschied, von dem sie sicher war, dass er irgendwann kommen würde. Schließlich war Tim beim NCIS tätig und damit arbeitete er in einem potentiell lebensgefährlichen Job. Wie schnell sowas geschehen konnte, wusste sie nicht erst seit Mike Franks, der vor ein paar Monaten vom Port-to-Port-Killer umgebracht worden war. Die Tode von Paula Cassidy und Caitlyn Todd hatten sie immer wieder dazu gebracht, zu realisieren, dass es kein einfaches Leben war, dass sie führten.
 

Und sie befürchtete, dass irgendwann einmal ein Kollege Tims zu ihr kommen würde und ihr mitteilte, dass ihr bester Freund bei einer Schießerei, einer Drogen-Razzia oder einer Bombenexplosion getötet worden war.

Aber vielleicht war auch genau das dieser Moment.

Sie wusste es nicht, sie wusste nur, dass sie tatsächlich Angst um Tim hatte. Und obwohl er es vermutlich nicht merken würde, nahm sie seine Hand und streichelte sie sanft.

Sie merkte erst, dass Cal und Gina sie verblüfft anblickten, als sie sich ihnen zugewandt hatte und fühlte, wie sich Feuchtigkeit auf ihren Wangen sammelte.

„Was?“, fragte sie mit tränenerstickter Stimme, „Habt Ihr noch nie eine Labortechnikerin weinen sehen?“

Der Captain nickte ihr zu, legte ihr kurz die Hand auf die Schulter und wandte sich dann ab.

Dann merkte sie, wie plötzlich die unendlich schwache Hand Tonys auf ihrer Schulter lag und sie von ihm und Ziva umarmt wurde.

„Ich bin sicher, Tim schafft das.“, sagte Ziva in ihr Ohr und küsste sie auf die Wange: „Keine Sorge.“

Die hübsche Goth schlang ihre Arme um ihre beiden Freunde und drückte sie, mit dem festen Vorsatz, sie nie wieder los zu lassen.“
 

Die Turbolifttür glitt auf und Agatha Silverbird bemerkte, mit einem leicht beruhigten Funkeln in den Augen, wie Cal die Brücke betrat und mit dem Elan eines ausgeschlafenen Studenten die kleine Rampe heruntergejoggt kam, die den oberen Brückenteil mit dem Unteren verband. Er schaute sie an, schenkte ihr ein verliebtes Lächeln und ließ sich auf seinem Platz nieder. „Okay, wie lange brauchen wir noch, bis wir in Sektor 001 aufschlagen?“

Hinter ihm erklang die Stimme Jill Menacers – knapp, soldatisch, professionell: „Knapp 50 Minuten, Cal.“

Der Captain nickte, schaute zu Agatha und streckte sich: „Sag mal, fühlst Du dich auch noch so groggy?“

Agatha drehte sich um und hob die Augenbrauen: „Du hast eine Stunde lang tief und fest geschlafen und bist immer noch müde?“

Ein Lächeln erschien auf ihren Lippen: „Faulpelz.“

Er zwinkerte ihr zu: „Ich habe dich gefragt, ob Du auch groggy bist, sodass wir gemeinsam in unser Quartier gehen können und… naja, schlafen.“

Das war doch jetzt nicht Cals Ernst, oder? Die XO schaute ihn erst verblüfft an, rollte dann mit den Augen und schüttelte den Kopf: „Schlechteste Anmache ever.“

„Nicht gut?“, fragte der Captain und sowohl Agatha, als auch (was Cal nicht so wirklich sehen konnte) Jill schüttelten ihre hübschen Köpfe. Erneut stahl sich ein Lächeln auf die Lippen des Captains, ehe er aufstand und auf sie zukam: „Weiß ich doch.“

Sprachs, ging an ihr vorbei und schaute auf den Hauptschirm, ehe er seufzte und sich zu Agatha umdrehte: „Ich nehm nicht an, das wir die Karre schneller machen können?“

„Eher nickt.“, entgegnete seine Freundin trocken, was ihn dazu veranlasste, erneut einen Stoßseufzer auzustoßen und sich dann wieder auf den Weg zu seinem Sessel zu machen.
 

Agatha wandte sich wieder dem Weltall zu, stemmte die Hände in die Hüften und wandte sich dann an Jill: „Funkkanäle sind ruhig?“

Die TO schaute von ihrer Konsole auf, legte das PADD beiseite, das sie gerade eingehend studiert hatte und nickte: „Japp, Kanäle sind ruhig.“

„Gut, dann lies mal weiter.“, grinste Agatha, was Jill dazu veranlasste, ebenfalls zu lächeln: „Danke, Ma’am.“

„Was liest Du denn?“, fragte die XO dann und Jill schaute sie an: „Ach… den letzten Castle-Band aus der Nikki Heat – Reihe. ‚In Heat’.“

Cals Kopf ruckte herum: „Klingt mehr wie ein Porno.“

„Hey, nichts gegen die Werke des großen Richard Castle.“, grinste die taktische Offizierin, „Die Bücher sind klasse. Durchgehend. Besser als die Derek-Storm-Reihe, die ja auch von ihm ist.“

„Ich bevorzuge Thom E. Gemcity.“, sagte Cal und lehnte sich zurück: „Die Bücher sind klasse.“

„Gemcity?“, echote Jill, „Wir wissen beide, dass Gemcity McGee ist und er sich selbst in die Handlung geschrieben hat.“

„Dein Castle auch. Castle, Beckett, Riley und Esposito – sie sind alle in den Nikki-Heat-Büchern vorhanden. Wenn auch getarnt. Und ich sag mal so: Rook und Heat – da kommt man ja nun wirklich nicht drauf, wenn man die Originalnamen kennt, aber Railey? Das ist doch ein Feigenblatt.“

Die hübsche T.O. zuckte mit den Schultern: „Dafür sind die Bücher unheimlich gut geschrieben.“

„Die von…“

Weiter kam Cal nicht, denn in diesem Moment unterbrach ihn ein Alarm, der anfing, zu piepen.

„Annäherungsalarm.“

Obwohl dieser Satz einfach und ohne besondere Betonung gesprochen wurde, verriet er die Schwere der Situation, in der sie steckten.

„Unter Warp gehen.“, befahl Cal, stand auf und schaute zu Jill herüber: „Alarmstufe Gelb. Schilde hoch.“

„Schilde sind oben.“, erwiderte die T.O., „Ein Schiff nähert sich uns. Es sendet einen Ruf aus und…“

Sie atmete einmal erleichtert auf: „Es ist die George Hammond .“

Die Erleichterung erfasste auch Cal, der zu Jill herüberlächelte: „Dann klingel mal bei denen durch.“

Kurz eilten Jills Finger über die Konsole, dann sagte sie: „Sprechbereit, Sir.“

„Hey, Sam, erschreck uns doch nicht…“, sagte Cal und stockte, als er auf dem Hauptschirm eine ihm unbekannte Frau erblickte: „Wer sind Sie?“

„Mein Name ist Emma Peel. Ich bin die Navigatorin der Hammond .“

„Sehr erfreut. Calvin Cat, Föderationsraumschiff Dragonfly.“, stellte sich der Kommandant des Raumschiffs aus der Zukunft vor, „Wie können wir… wo ist Sam?“

„Auf der Krankenstation. Wir wurden geentert und Colonel Carter wurde verwundet.“, erklärte Peel. Dies brachte Cal dazu, sich zu Jill umzudrehen: „Schilde senken.“

Dann wandte er sich zu Peel: „Miss Peel, bitte informieren Sie den Ärztestab, dass wir Colonel Carter an Bord beamen werden. Nichts gegen die Ärzte auf der Hammond , aber unsere sind einfach – naja,… fortschrittlicher.“

Emma nickte und Cal betätigte seinen Kommunikator: „Cat an Transporterraum. Colonel Carter erfassen und auf die Krankenstation beamen.“

„Aye, Sir.“, erklang die Stimme eines ihm irgendwie vollkommen unbekannten Crewmitgliedes.

Milisekunden später meldete sich Gina: „Intruper an Cat? Ich habe hier eine bewusstlose Sam Carter. Was soll ich damit? Hab ich nicht bestellt.“

„Behandel sie. Ich will wissen, was mit ihr los ist.“, erteilte der Captain den Befehl und wandte sich dann an Emma: „Haben die Goa’uld sie so zugerichtet?“

„Positiv.“, erklärte die Angesprochene, „Oh, sie war stark. Sie hat gekämpft, aber Bastet war… sie war wütend.“

„Bastet? Ich dachte, die wäre von Ba’al erledigt worden.“, murmelte Cal und schaute dann wieder zu Agatha: „Wieso sollte man uns eigentlich zerstört glauben?“

„Das frag mal besser Ziva. Ich hab ihr gesagt, dass Du nicht begeistert sein würdest.“

„Und sie hat es nicht interessiert. Wie auch, sie ist ja nicht in unserem System.“, zuckte der Captain mit den Schultern und wandte sich dann wieder an Emma: „Tut mir leid, was da… passiert ist.“

„Cal, Sam wusste, was sie tat.“, sagte Agatha und legte dem Captain eine Hand in einer beruhigenden Geste auf die Schulter.

„Und dafür ist sie jetzt… was… schwer verwundet?“

Agatha schluckte.
 

Es war Sam, als höre sie noch immer die dauer-ratternden Maschinengewehrgarben, die ihre P-90 verließen und deren Rückstoß durch ihren Oberkörper fuhr. Glücklicherweise hatte sie sich in unzähligen Trainingsstunden im Fitnessstudio oder auf der Basis die nötige Muskelmasse angeeignet, um dafür zu sorgen, dass sie den Rückstoß ausgleichen konnte. Sam bildete sich ebenfalls ein, die Stabwaffenentladungen zu hören, die durch das Schiff sausten, manche von ihnen haarscharf und sengend heiß an ihr vorbei. Bis Bastet höchstpersönlich aufgetaucht war und sie mit einem gezielten Stoß aus wabernder Mentalenergie, der aus ihrer „Handspange“ kam, einige Meter nach hinten und gegen die nächste Wand geschleudert hatte.

Sie war erst wieder zu sich gekommen, als man sie mit einer besonders perfiden Erfindung der Goa’uld folterte. Es war eigentlich nur ein Stab. Dieser, bloßen Kontakt mit der Haut aufnehmend, sandte sengend-heiße Schmerzen durch den Körper, so, als würde man Salzsäure in eine offene Wunde gießen. Aber sie wollte es Bastet versagen – diese Genugtuung, dass sie, Sam Carter, schreien würde.
 

Sie wusste nicht, wie lange das Spielchen gedauert hatte, wusste nicht, wie oft Bastet sie getötet und wiederbelebt hatte, aber sie erinnerte sich an den Missionsbericht des damaligen Colonel O’Neill, der, als ein Tok’ra-Symbiont ihn geheilt hatte, unter der Kontrolle dieses Symbionten in eine Basis von Ba’al eingedrungen war. Damals hatte man ihn auf sehr ähnlich Art und Weise gefoltert – wenngleich auch nicht mit dem Stab sondern mit tatsächlicher Säure und Messern.
 

„Deine Uneinsichtigkeit wird Dein Ruin sein.“, hatte die Goa’uld gedroht doch – aus irgendeinem Grund hatte Sam gewusst, dass sie gerettet würde. Und – vielleicht war wirklich ein Stargate auf dem Raumschiff, das man hatte anwählen können, oder ihre Crew hatte sich auf den Ha’tak gebeamt, oder sie waren einfach durch das Loch im Plot gefallen – es war egal. Als sie das Maschinengewehrfeuer hörte, war ihr klar, dass man kam, um sie zu retten. Das allein genügte, damit sie ihr Selbstvertrauen zurückgewann. Sie lächelte zu Bastet herüber, ein eiskaltes, giftiges Lächeln – und war dann in Ohnmacht gefallen, als die Goa’uld ihr mit dem Handrücken ins Gesicht schlug.
 

Es war ihr aber immer noch so, als höre sie das Maschinengewehrfeuer und spürte, wie jeder Muskel ihres Körpers, jede Sehne bis aufs Äußerste angespannt war. Ihre Augen flogen auf und… beruhigt atmete sie durch. Sie kannte die Decke, an die sie starrte. Es war die Decke der Krankenstation der Dragonfly.

Gina Intrupper, die Bordärztin, beugte sich über sie und lächelte sie an: „Hey, auch wieder wach?“

Als sich Sam aufrichten wollte, legte ihr Doktor Intrupper sanft eine Hand auf die Schulter und sagte schnell: „Hey, vorsichtig. Sie haben gerade eine Foltersession mit Bastet hinter sich. Das steckt man nicht so leicht weg.“

Dennoch richtete die Colonel sich auf, spürte, wie ihr schwindlig wurde und sie ihre Hand gegen ihre Stirn brachte.

„unngh.“, stöhnte sie und schüttelte den Kopf.

„Ja“, erklang neben ihr die Stimme Ginas, „Ich habe ja gesagt, dass Sie ziemlichen Schaden genommen haben. Aber… in ein paar Minuten müsste es Ihnen wieder gut gehen. Glauben Sie mir.“

‚Warum bin ich hier?’, fragte sich die Colonel und schaute zu Gina herüber: „Ist… mein Schiff… ausser Gefahr?“

Die hübsche Ärztin schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln, eines, dass Sam sich an frühere Zeiten erinnern ließ. Janet konnte ebenso schön, wie beruhigend lächeln und es tat ihr weh, dass sie nicht mehr da war.

‚Verdammte Goa’Uld’, schoss es Sam durch den Kopf, doch sie wusste, dass eine Argumentation, die in Richtung „Hätte, wäre, wenn“ ging, eigentlich eine komplett witzlose Sache war. Man konnte die Vergangenheit zwar ändern – aber man wusste nicht, was sich stattdessen für Zeitlinien ergaben.
 

Tony konnte es immer noch nicht fassen. Irgendwie war es verständlich, denn es hatte sich in den letzten Tagen viel zu viel ergeben, um es einfach so verstehen können zu wollen. Ausserirdische existierten und die Menschheit befand sich seit Jahren – oder besser gesagt : seit einem knappen Jahrzehnt - mit ihnen im Krieg, dann waren die Ereignisse, die man im Fernsehen verfolgt hatte, und die alle unter dem Markennamen „Star Trek“ gelaufen waren, tatsächlich passiert (beziehungsweise: würden noch passieren) und es gab einen formwandelnden Maskenträger, der sich im Kampf mit einem vertrottelten Starfleetcaptain befand und der einen anderen Starfleetcaptain umgebracht hatte. Auch Director Leon Vance gehörte zu dem erlesenen Kreis der Sternenflottenoffiziere und bekleidete dort auch den Rang des Captains. „Sinn der ganzen Sache?“, blitzte der Gedanke schalkhaft in Tonys Hirn auf, „Haben wir nicht – kriegen wir auch nicht mehr rein.“

So derart in Gedanken versunken, tigerte Tony auf und ab. „Tony tigerte. Tony, der tigerte“ dachte sich der Agent, stoppte, und musste gegen seinen Willen grinsen.

„Tony, der Tiger, schon klar.“, murmelte er und schüttelte den Kopf, ehe er sich wieder in die Jetztzeit zurückfand.

Sie, das waren Tony, Ziva und Gibbs, befanden sich in einem Gästequartier. Man hatte sie freundlich gebeten, sich dort hinzubegeben, schließlich waren Tony und Gibbs einer merkwürdigen Waffe ausgesetzt gewesen und bisher wusste keiner von irgendwelchen Nebenwirkungen, abgesehen von McGee, der einfach nicht aufwachen wollte.

Aus dem Grund war auch Abby bei ihm und versuchte, ihrem besten Freund beizustehen.
 

Tony, der Tiger, tigerte weiter auf und ab. Er überlegte. Hier stimmte doch einfach was nicht. Die Sache war viel zu einfach gelöst und viel zu zufällig, um…

„Tony, alles in Ordnung?“, fragte Ziva und schaute ihn nachdenklich an. Der Angesprochene nickte, blickte dann zu Gibbs und zuckte mit den Schultern: „Ich kann mir nicht helfen – mir gefällt das alles nicht. Es war viel zu leicht.“

„Was meinst du?“, wollte nun der Chef wissen, stand auf und schaute den Halbitaliener an.

Dieser zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung, Boss. Ich … ich kann mir das nicht erklären, ich weiß nur, dass ich das Gefühl habe, als wäre die Sache mit Ari und Stone zu einfach.“

„Du meinst, dass einer die Beweise gezwungen hat?“, fragte Ziva. Tony schaute sie an: „Erstens sind das Dokumente und zweitens werden die nicht gezwungen , sondern gefälscht *

Die hübsche Israeli warf ihm aus nussbraunen Augen einen besonders wütenden Blick zu, der ihm wieder ein gewisses Hochgefühl verschaffte. Er musste lächeln.

„Und ja – ich meinte, dass jemand Beweise gefälscht hat. Wobei uns das ja bekannt ist. Schließlich wissen wir von Abby, dass die Fingerabdrücke auf dem Schwert von den Herren Riker, Troi und Turner stammen.“

Ziva stockte.

„Riker und Troi? Warum ist mir das nicht aufgefallen?“

„Was?“, fragte der Halbitaliener und Ziva zuckte mit den Schultern: „Vielleicht ist es nichts, aber … hast Du rein zufällig jemals „Raumschiff Enterprise – das nächste Jahrhundert“ gesehen?“

Tony schaute sie an, zuckte mit den Schultern und sagte: „Vielleicht einmal, während meiner Studienzeit.“

„Ist dir nicht aufgefallen, dass die Privates Riker und Troi namenstechnisch sehr viel Ähnlichkeit mit dem Commander der Enterprise und der Counselor eben jenes Schiffes haben?“

Nun sprang Ziva auf, ging zum Replikator und aktivierte einen Knopf: „David an Cat?“

Kurz war nichts zu hören, dann erklang die verwirrte Stimme Cals: „Woher weißt Du, wie man… egal. Du hast es vermutlich im Fernsehn gesehen.“

„Stimmt.“, grinste Ziva und räusperte sich: „Sag mal, Cal? Dienen auf der Enterprise rein zufällig eine Deanna Troi und ein William Riker?“

„Nein.“, sagte Cal und Ziva hatte das Gefühl, wie Verwirrung von ihr Besitz ergriff. Eigentlich müssten die Beiden doch…

„Inzwischen dienen sie beide auf der U.S.S. Titan. Will kommandiert die Kiste.“, brachte sie die Stimme Cals wieder in die Gegenwart zurück und sie spürte, wie sie erleichtert aufatmete.

„Gut, danke.“

„Bitte, aber – warum fragst du?“

Ziva zuckte mit den Schultern: „Ich weiß nicht – ich … ich hab da so ein Gefühl. Traceless tut doch nichts aus bloßem Zufall, oder?“

„Eher weniger. Wieso?“

„Meinst Du nicht, dass Deanna mit ihrer empathischen Gabe herausfinden könnte, ob jemand in Wirklichkeit eine andere Person ist?“, fragte Ziva und ließ sich wieder in den Sessel sinken, aus dem sie gerade aufgestanden war. Sie schlug ihre Beine übereinander und wartete auf die Antwort des Captains.

„hmmm.“, kam ein grüblerischer Laut aus den dafür vorgesehenen Sprechern, „Das ist durchaus möglich. Glaube ich zumindest. Warum?“

„Was wäre, wenn jemand verhindern würde, dass Will Riker oder Deanna Troi jemals geboren würden?“, fragte nun Tony, in dessen Gesicht man Verständnis erkennen konnte.
 

Das laute Klingeln erweckte Ginas Aufmerksamkeit. Gleich von zwei Betten und gleich in Stereo? Sie eilte aus ihrem Büro und prallte entsetzt zurück. Die Geräusche kamen von den Biobetten Sam Carters und Timothy McGee und sie verhießen nichts Gutes.
 

Auf der Brücke der Dragonfly hatte Cal sein PADD beiseite gelegt und schaute zu Agatha herüber, die sich neben ihn gesetzt und seine Hand ergriffen hatte.

„Schatz, das … wäre sogar irgendwie denkbar.“, hauchte sie. Der Captain nickte: „Würde zu Tracy passen. Ich nehme mal an, wir sollten uns dann dringend auf den Weg zur Erde begeben, oder?“

Damit richtete er sich auf, zog das Uniformhemd wieder glatt – er hasste die Dinger, die rutschten immer wieder hoch – und wandte sich an seine taktische Offizierin: „Jill, tu mir mal die Liebe und klingel mal auf der Hammond durch. Wir nehmen sie in den Traktorstrahl und gehen dann auf volle Pulle.“

„Und wohin fliegen wir?“, fragte die T.O.

Cal atmete tief durch und schaute ihr direkt in die wasserblauen Augen: „Zur Erde.“

Er wandte sich um, klopfte Alex auf die Schulter und sagte: „Wenn wir die Hammond im Traktorstrahl haben, können wir doch auf Warp gehen, oder?“

„Ich bin sicher, Seb hat da irgendwas gefriemelt. Sicher kriegen wir das hin.“

„Sehr gut.“, grinste der Captain und wandte sich dann wieder an Jill: „Ach so, und sag der Hammond bescheid, dass wir so auf halber Strecke versuchen müssen, mit der Erde in Kontakt zu kommen. Wenn sie da irgendwelche Sendemöglichkeiten haben, die wir nicht haben, sollen sie bitte ebenfalls die Erde anrufen.“

„Mach ich.“, nickte Jill.

In diesem Moment erklang die alarmierte Stimme von Gina Intrupper: „Cal, Agatha? Könnte einer von euch Beiden bitte runterkommen?“

„Mach ich.“, sagte Agatha, war auf den Beinen und schon im Turbolift, ehe Cal auch nur Anstalten machen konnte, etwas zu sagen.

Er wandte sich an Jill: „Irgendwie komm ich mir überflüssig vor.“

„Das könnte daran liegen“, sagte sie mit einem verschmitzten Lächeln, „dass Du überflüssig bist. Übrigens, wir haben die Hammond im Traktorstrahl“

Der Captain hob eine Augenbraue, wandte sich dann an Alex und sagte: „Volle Möhre und alles was drin is.“
 

Die Transporterkapsel des Turboliftes zuckte kurz, als ein leichtes Beben durch das Schiff ging. Agatha rollte mit den Augen. Dass der Captain auch immer so übertreiben musste.

Kaum, dass sie diesen Gedanken gefasst hatte, öffnete sich die Turbolifttür und Agatha eilte zur Krankenstation.
 

Dort hörte sie zunächst mal ein beunruhigend-lautes Klingeln und blickte verwirrt zu Gina, die gerade zwischen Sam und Tim hin und her huschte und versuchte, beide zu behandeln.

„Was ist denn hier los?“, fragte die XO und Gina zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung. Plötzlich, von jetzt auf gleich, ging dieser Alarm los. Ich weiß zwar, was das bedeutet, aber nicht, was es bedeutet, wenn Du mich verstehst?“

Agatha nickte nur und krempelte die Ärmel hoch: „Wie kann ich helfen?“

In diesem Moment kam Abby um die Ecke, trug ein Tablett mit unterschiedlichen Hyposprays und zog, mit einer bewundernswerten Gelassenheit die entsprechenden Spritzen auf.

„So, alles soweit fertig.“, sagte sie.

Agatha war fasziniert. Wenn sie sich vorstellte, mit Abby die Rollen zu tauschen, ihr war klar, dass sie sich nicht so ruhig gebärden würde.

Gina nickte der Goth zu und wandte sich dann an Agatha: „Gathy, ich kann dich hier drüben gebrauchen. Du untersuchst bitte Sam. Ich brauche kontinuierlich ihre Biowerte.“

Damit warf sie der XO einen medizinischen Tricorder zu, den sie geschickt auffing. Gina wandte sich an die Goth: „Und wir beiden hübschen kümmern uns jetzt um deinen Schatz.“

Sie trat auf das Biobett zu, klappte einen weiteren medizinischen Tricorder auf und scannte Tim damit.

„Hm… ich verstehe es nicht. Rapider Abfall des Blutdrucks. Was kann das sein?“

Abby schaute zur Italienerin hoch, schluckte und sagte, mit einem beinahe-Dackelblick: „Wird er sterben?“

„Nicht wenn ich es verhindern kann.“, klopfte ihr Gina auf die Schulter und begann, darüber nachzudenken, was den Zustand beider ausgelöst haben könnte.
 

Die Tür des Gästequartiers glitt auf und Calvin Nathan Cat kam herein. Er verschränkte die Hände hinter dem Rücken und schaute Ziva, Tony und Gibbs nacheinander an.

„Also, nur kurz zur Info: Wir fliegen jetzt zurück zur Erde.“

Damit setzte er sich auf einen weiteren Sessel und schaute Ziva an: „Mich würde aber schon interessieren, wie Du auf die Idee kamst, dass Traceless versuchen könnte, Deanna und Will auszuschalten.“

Die hübsche Israeli zuckte mit ihren Schultern, was sie irgendwie zierlich wirken ließ: „Ich weiß es nicht. Es ist… nur eine Ahnung. Sie ist nur durch Rückschlüsse zu belegen.“

„Das sind die Interessantesten.“, grinste der Captain:
 

Der athletische Körper Sams bäumete sich gerade auf, fiel dann leblos wieder in die Kissen zurück. Inzwischen hatte sich die Geräuschkulisse verändert – es war kein lautes Klingeln mehr zu hören, bei Sam piepste es. Im wahrsten Wortsinn.

„Nochmal.“, rief Agatha und Gina betätigte eine Taste am Terminal, die den Corticalstimulator, den die hübsche Blonde trug, aktivierte. Erneut zuckte sie zusammen, bäumte sich auf, sank dann zurück in die Kissen und… das Geräusch änderte sich wieder.

Abby hatte genug Arztserien gesehen um zu wissen, was da gerade passiert war.

Die Wunden, die Bastet der hübschen Colonel zugefügt hatte, waren wohl derart schwer gewesen, dass sie beinahe gestorben wäre. Oder – etwas anderes hätte sie beinahe umgebracht, denn auch, wenn Tims Hirn sich nicht plötzlich abschaltete, wie es bei Sam passiert war, war sie sich sicher, dass der Gesundheitszustand des Romanciers mit dem Gesundheitszustand der Colonel in Zusammenhang stand. Nur wie.
 

„Gina, Agatha?“, fragte sie und schaute die beiden Frauen an, „Vielleicht hat jemand versucht, die Beiden umzubringen?“

„Wer? Und warum?“, meldete Gina Zweifel an, doch seltsamerweise schien Agatha mit den Augen zu rollen und schaute die Ärztin dann an: „Ich will dir nichts vorwerfen – aber du weißt ganz genau, wem ein solches Ablenkungsmanöver helfen könnte.“

Die Doktorin stockte, atmete tief durch und schaute die XO an, leidenschaftlich italienisch fluchend, ehe sie sagte: „Ich habe meine Loyalität der Crew, dem Schiff und meinen Freunden gegenüber oft genug bewiesen. Wann wirst Du endlich aufhören, mich immer, wenn mein Bruder an Bord kommt, und Scheiße baut, zu verdächtigen?“

Agatha seufzte, schaute sie mit einem beinahe liebevollen Lächeln an und streichelte ihr sanft über die Wange: „Es tut mir leid, alte Freundin. Aber … du weißt, ich kann da nicht anders. Es wäre wirklich die Einfachste Logik.“

„Ich weiß.“, sagte Gina, „ich… ich bin dir auch nicht wirklich böse. Es ist nur… es nervt mich, dass immer, wenn Tracy an Bord kommt, jeder denkt, dass ich ihm irgendwie helfen würde.“

„Und das tust du nicht.“

Es war fast schon eine Feststellung, keine wirkliche Frage.

Gina schaute der XO in die Augen – Blaue bohrten sich in Grasgrüne: „Nein. Das tue ich nicht.“

Agathas Brustkorb hob und senkte sich, ein klares Zeichen, dass sie einmal kräftig durchgeatmet hatte: „Gut. Aber du weißt, dass ich dich beim nächsten Mal wieder befragen werde?“

„Wieso war mir das nur so klar?“, schenkte ihr Gina ein leichtes Lächeln, ehe sie sich wieder Sam zuwandte: „Was bin ich froh, dass sie bald wieder auf dem Damm ist.“

Abby räusperte sich: „Moment mal, sie war gerade an der Schwelle des Todes.“

Gina zuckte mit den Schultern: „Sternenflottentechnik. Wir konnten sie zurückholen.“

In diesem Moment öffnete sich die Tür und ein junger Mann betrat die Krankenstation.

„H… Hilfe.“, keuchte er und kollabierte.

Sofort war Abby bei ihm: „Hey, Sie, nicht schlappmachen.“

Der Mann schaute sie an, ergriff ihre Hand und keuchte ein Wort, ehe er erschlaffte.

„W… was soll…“, stammelte die Laborgoth, sprang dann auf, eilte zu einem medizinischen Tricorder und scannte den Mann: „Er… er ist tot.“

Dann wandte sie sich an Gina und Agatha: „Wenn wir Sam und McGee retten konnten, müssten wir doch eigentlich auch ihn retten können.“

Gina schüttelte den Kopf: „Bei Sam hat es geklappt, weil sie an der Schwelle des Todes war. Fähnrich Boxleitner hier… er is tot.“

Dann schaute sie Abby an: „Was… was hat er gerade eigentlich gesagt?

Die Goth holte tief Luft und sagte dann: „Er sagte: Traceless ist an Bord.“

Ginas Blick huschte besorgt zu Agatha

Gibbs riss seine Pistole hoch und feuerte

„Die Rückschlüsse sind die Besten, ja?“, fragte Ziva, „Na, dann pass mal auf, Cal.“

Und dann begann sie, zu erzählen, wie sie auf die Idee gekommen war.

Als sie geendet hatte, nickte der Captain ernst vor sich hin, ehe er aufstand und zum Replikator ging.

„Computer? Einen Cat-Erdbeertraum replizieren. Extra Schlagsahne, extra Erdbeeren.“

Es piepste und keine Milisekunde später stand ein großer, fast schon zu aufwändiger Erdbeereisbecher im Ausgabefach.

Der Captain nahm sich die Leckerei und schaute zu den Anderen: „Wollt Ihr auch oder…“

„Nein danke.“, winkte Ziva ab, ehe sie sich räusperte und ihn dann ansah: „Und, Cal? Was tun wir jetzt?“

Kurz betrachtete Cal den Erdbeerbecher, ein beeindruckend großes Konstrukt, in dessen Sahnehaube etliche Scheiben der Frucht steckten und seufzte.

„Na dann Frohe Weihnachten euch allen.“, murmelte er, brachte das Eis wieder zurück und desintegrierte es.

Ziva schaute ihn verdattert an: „Haben wir nicht erst September?“

„Wir schon, aber in der Realität ist heute der 24.12. da wünsche ich den Lesern doch mal an dieser Stelle ein frohes Fest und hoffe, das sie reich beschenkt werden.“

„Ist das nicht ein wenig schamlos, diese Geschichte dafür zu verwenden, private Neuigkeiten loszuwerden?“, hob nun Tony eine Augenbraue und Cal zuckte mit den Schultern: „Das mag sein, aber…“

Der Kommunikator piepste.

„Silverbird an Cat?“

Seufzend schloss Cal die Augen, ließ seinen Kopf zurück, gegen die Sessellehne sinken und klopfte auf die kleine Brosche: „Cat hier?“

„Schatz, am Besten ist, du kommst sofort in die Krankenstation.“

„Ist was mit Sam?“

Die Besorgnis in Cals Stimme war allzudeutlich und als er in die alarmierten Gesichter des NCIS-Teams sah, räusperte er sich und komplettierte die Frage: „…oder mit McGee?“

Kurz kam ein genervtes Seufzen aus dem Kommunikator, dann hörte er die Stimme von Agath: „Nein, Schatz. Deiner Freundin geht es gut und dein Kumpel wird auch durchkommen.“

„Das beruhigt mich.“, atmete Cal erleichtert aus und legte dann nachdenklich den Kopf schief: „Weswegen hast Du mich angepiepst?“

„Wir haben leichte Probleme.“

Und obwohl Agatha diesen Satz so ruhig und Sachlich wie möglich sagte, hatte der Captain der Dragonfly keinen Zweifel daran, das es nicht stimmte.

Sofort war er auf den Beinen und rannte los.
 

Ziva schaute ihm hinterher: „Er ist ein sehr merkwürdiger Mensch, meint Ihr nicht auch?“

„Ist das eine Fangfrage?“, ließ sich Tony vernehmen und lehnte sich zurück: „Ich glaub, der ist irre.“

„Du hast Recht, Tony“, sagte Ziva, „aber ich glaube, dass er tatsächlich versucht, seinen Leuten zu helfen.“

Der Halbitaliener betrachtete sie nachdenklich.

„Es ist so klar, dass Ziva auf Cal steht.“, dachte er sich und schüttelte den Kopf, „Jetzt versucht sie schon, seine Fehler zu verklären.“

Er stand auf – ihm schlug das alles auf den Magen – und wandte sich ab.

„Wo willst Du hin, DiNozzo?“, fragte Gibbs, woraufhin der Angesprochene sich umdrehte und Blickkontakt hielt, „Ich werde eine Runde drehen. Mir bekommt die Luft hier drin nicht.“

Er bemerkte wohl den überraschten Gesichtsausdruck Zivas und wünschte sich, ihr sagen zu können, was er für sie empfand. Aber selbst das hatte sie ja nicht davon abgehalten, den Captain verteidigen zu wollen. Ob er die Sache zu pessimistisch sah? Vielleicht war Cal ihr einfach nur sympathisch?

Quatsch, dann müsste sie ihn doch gar nicht so verteidigen… oder?

Gerade, als Tony die Tür erreichte, passierte etwas Merkwürdiges. Normalerweise gleitet die Tür, wenn man sich ihr nähert, auf und erlaubt einem, zu passieren. Genau das tat sie gerade nicht.

Und just, als er sich fragte, was passierte, veränderte sich die Beleuchtung, wurde blau und ein unheilverkündendes Geräusch erklang.

Es war die Stimme des Captains, die eine Ansage machte: „Alarmstufe Blau. Traceless ist an Bord. Alle notwendigen Vorkehrungen treffen, um ihn zu fangen.“

Tony grinste. Das konnte ja noch spannend werden.
 

Den Leichnahm Fähnrich Boxleitners hatte man inzwischen mit einem Tuch zugedeckt und in die Stasis-Kammer der Leichenhalle gefahren. Es war eindeutig, was passiert war, wenngleich sich Abby immer noch fragte, ob das plötzliche Versagen der Lebenserhaltungssysteme der Biobetten von Sam und McGee Zufall oder Absicht waren.

Sie betrachtete die beiden ruhig daliegenden, entspannten Gestalten, deren Mienen, obwohl sie eigentlich ausdruckslos sein sollten, ernsthaft wirkten. Bei niemandem fiel ihr das so sehr auf, wie bei McGee. Das verschwundene Lächeln, das Funkeln in seinen Augen, das nun nicht mehr da war, machte schon eine Menge aus. Und nun wirkte er so ernst, wie es eigentlich gar nicht das Naturell des Computergeeks war.

Sie trat näher an den bewusstlosen Körper ihres besten Freundes und legte ihre Hand sanft auf die seine. Vielleicht würde ein wenig Nähe und Wärme ihm gut tun?

Die Wissenschaftlerin in sich schimpfte sie eine Närrin, doch das war dem Freundin-Aspekt von Abby vollkommen egal.

Sie hörte hinter sich ein leises Räuspern und drehte sich um.

Cal stand vor ihr, sie entschuldigend anlächelnd: „Ich hätte euch nicht mit hochnehmen sollen.“

Dies zu hören und wild mit dem Kopf zu schütteln, so dass ihre Rattenschwänze flogen, war die Reaktion der hübschen Laborgoth.

„Nein, Du konntest doch nichts dafür. Weder für die Verletzungen McGees, noch für die Colonel Carters.“

Der Captain seufzte und ließ sich auf dem Boden nieder, wobei er die Beine anzog, sein linkes Knie mit beiden Händen umschlang und dann zu sprechen begann: „Nichtsdestotrotz. Es ist nicht euer Kampf.“

Als er das Wort „euer“ aussprach, löste er die linke Hand von seinem Knie und deutete mit dem Zeigefinger der Linken auf Abby, ehe er die Hand wieder zum Knie zurückführte.

Dann bettete er seinen Kopf auf der Kniescheibe und blickte nachdenklich drein.
 

„Er wirkt wie ein Häufchen Elend.“, dachte sich Abby, grinste schief und ließ sich dann neben ihm nieder, ehe sie ihm mit der Faust auf die Schulter boxte.

„Bist Du ein Mann, oder eine Maus, Cal?“, fragte sie und Cal schaute sie verblüfft an, sich die Stelle, gegen die sie geschlagen hatte, reibend: „Aua, das tat weh.“

„Ich glaube, das war meine Antwort.“, murmelte Abby, ehe sie ihn packte und seinen Kopf zu ihr drehte: „Calvin Nathan Cat. Du bist Kommandant eines Raumschiffes. Überlege mal, was würde Benjamin Sisko jetzt tun.“

„hmmm“, machte der Captain, schaute nach vorne, dahin, wo das Biobett mit dem Boden verbunden war. Er legte den Kopf schief: „Keine Ahnung. Ich glaube… er würde…“

Dann stand er auf: „Vermutlich würde er, nachdem er den Alarm ausgerufen hat, sich das nächsbeste Phasergewehr nehmen und auf die Jagd nach Tracyboy gehen, oder?“

Abby nickte: „Genau. Das wäre Captain Benjamin Lafayette ‚Don’t Fuck With The’ Sisko.“

Cal verzog sein Gesicht: „Lass ihn, falls Du ihn mal siehst, das „Lafayette“ nicht hören. Er mag es nicht.“

„Und was ist mit Julian Bashir?“, fragte die Laborgoth und der Captain zwinkerte ihr zu: „Mag das Subatoi nicht. Vor allem, weil keine Sau weiß, wie es ausgesprochen wird. Französisch, also Sü-ba-twa, oder doch eher wie es gelesen wird, also „Su-ba-toi“ oder, wie wir im Pott sagen würden: „Subbatoi“?“

Abby lächelte: „Sie kommen gar nicht aus dem Ruhrgebiet. Dazu ist ihre Aussprache viel zu… britisch. Und… sie würden nicht immer darauf hinweisen, dass sie aus dem Ruhrgebiet sind.“

Cal zuckte mit den Schultern: „Schuldig im Sinne der Anklage.“

In dem Moment räusperte sich Agatha hinter ihm: „Schatz, wir…“

Der Captain drehte sich zu ihr um, ein kämpferisches Lächeln auf den Lippen: „So, wir schnappen uns jetzt ein Phasergewehr und gehen auf Gründerjagd.“

Damit klopfte er ihr auf die Schulter und machte sich auf den Weg.

Agatha schaute ihm verblüfft hinterher und wandte sich dann an Abby, mit einem neugierigen Blick in den Augen: „Was hast Du zu ihm gesagt?“

Die Angesprochene zuckte mit den Schultern: „Vermutlich nur etwas, was er eh schon wusste.“
 

Die Beleuchtung – oder besser gesagt: Der Wegfall der Selbigen – lud eigentlich schon zum Schlafen ein. Allerdings war es Tony DiNozzo klar, dass er genau das nicht tun dürfte. Erstens konnte er so gegen Traceless ausgetauscht werden und zum Anderen wusste man nicht, ob er nicht einen der Anderen beiden weglocken und durch sich austauschen würde. Ihm war so klar, dass Gibbs, bei dem das zweite B eh für „Bastard“ stand, es schaffen würde, wach zu bleiben. Und dass sich Traceless Ziva nicht schnappte, dafür würde er sorgen. Er würde seine Freundin mit seinem Leben vertei… hatte er gerade „Freundin“ gedacht?“

Naja – wenn man überlegte, dass er ihr seine Liebe gestanden hatte, war sie ja seine Freundin… wenn sie es angenommen hätte.

Aber sie hatte ja verblüfft nachfragen müssen und vor allem hatte Cal ihr in die Parade fahren müssen.

Die Tür öffnete sich.

Tony fuhr überrascht herum, als er in zwei Läufe von zwei Phasergewehren blickte.
 

Das grelle Licht der Lampen, die an den Phasergewehren montiert waren, blendete ihn wieder und so brachte er eine Hand vor sein Gesicht, um seine Augen vor der Lichtquelle abzuschirmen.

„Könnt Ihr die Funzeln eventuell ausmachen?“, erklang dann seine Stimme und verständlicherweise war sie leicht ungehalten.

Die Lampen wurden ausgeschaltet und als Tony ein paar bunte Punkte, die vor seinen Augen zu sehen waren, weggeblinzelt hatte, sah er die atemberaubende Form Agatha Silverbirds und das zerknirschte Gesicht Calvin Nathan Cats.

„Tschuldigung.“, murmelte dieser und zuckte mit den Schultern, „die Dinger gehen immer an, wenn man einen Raum betritt. Sicherheitsmaßnahme.“

„Wir wissen, dass es dämlich ist.“, gab Agatha zu bedenken, „allerdings hat sich dies in manchen Situationen als ziemlich praktisch herausgestellt.“

Ziva nickte und gab ein sarkatisches „Hmhm, damit ihr die Gegner zu Tode blenden könnt, ja?“ von sich. Auch Gibbs war aufgestanden und trat nun auf den Captain zu, so nah, dass seine Nase nur Millimeter von der Nase Cals entfernt war.

„Es ist genug, Cat. Wir wollen wissen, was hier los ist.“
 

Abby beugte sich über den immernoch-leblosen Körper Tim McGees.

Er schien so friedlich zu schlafen, sie konnte sich… sie wollte sich nicht vorstellen, dass er hier sein Leben gab. Es wäre einfach zu schrecklich. Ihr Tim. Nicht ihr Tim. Nicht ihr bester Freund. Sie schloss die Augen, merkte, wie die Tränenkanäle wieder ihre vermehrte Arbeit aufnahmen und …

„Au.“, stöhnte es plötzlich unter ihr. Sie öffnete sie Augen und schaute in Tims.

Ihre Lippen verzogen sich zu einem freudigen Lächeln und sie war sich sicher, dass ihre Augen auch funkelten. „Tim? Du… du bist wach?“

Der NCIS-Agent schaute sie ein wenig verblüfft an: „Was mache ich auf der Krankenstation?“

Ehe er auch nur die Möglichkeit hatte, sich wiederzufinden, hatte Abby ihn in die Arme genommen und ihr Gesicht an seiner Brust geborgen. Er konnte fühlen, die Tränen ihr hübsches Gesicht herunterrannen und sein Hemd benetzten. Seine einzige Reaktion bestand darin, sie in die Arme zu nehmen und sanft mit der Rechten über ihren Kopf zu streicheln.

„Shhh.“, machte er, „Ich bin doch wieder da.“

„Ja“, schniefte sie, „Aber du warst fast tot.“

Verblüfft riss der Romancier die Augen auf, „pflückte“ sie von sich und schaute sie an: „Tot? Ich war… Bitte, Abby, nicht weinen, konzentrier dich. Ich war tot?“

Das funktionierte. Wenn auch nicht so, wie Tim es sich erhofft hatte, denn von einer Sekunde zur Anderen hatte Abby aufgehört zu weinen – so weit, so gut – und ihm eine Ohrfeige verpasst.

„Ich mache mir Sorgen um dich.“, sagte sie, wobei sie den Kopf vorbeugte und ihm tief in die Augen sah, „Ich rechne quasi sekündlich mit deinem Ableben und damit, dass ich den Rest meines Lebens ohne Dich auskommen muss und Du sagst mir, ich soll aufhören, zu weinen ?“ Dann wirbelte sie mit ihr folgenden Rattenschwänzen herum und ging zu Ginas Büro.

Tim schluckte.

Er hatte Abby wütend gemacht. Verdammt – das hatte er doch gar nicht gewollt. Sie sollte sich nur darauf konzentrieren, was passiert war und ihm davon berichten.

„Sie sind nicht gerade ein Experte in Frauenangelegenheiten, oder?“, erklang eine samtweiche Stimme neben ihm und er drehte sich um. Auf einem Biobett neben dem seinen lag, sich langsam aufrichtend, eine hübsche Blonde mit wasserblauen Augen, die ihn mitleidig anlächelte.
 

Warum sie plötzlich an soviele medizinische Geräte angeschlossen war, überstieg Sam Carters Verstand.

Sie erinnerte sich daran, dass sie von Bastet gefoltert und dann mehr oder weniger halbbewusstlos von ihren Leuten gerettet worden war. Auf der Krankenstation der Hammond war sie immer wieder zwischen Bewusstlosigkeit und Wach-sein hin und her gependelt und als sie auf der Dragonfly das erste Mal zu sich gekommen war, hatte sie geglaubt, zu träumen.

Aber nein, der Traum war wahr. Die Diskussion zwischen einer hübschen Brünetten und einem jungen Mann bekam sie am Rande mit und ihr war klar, dass die Dunkelhaarige ihm eine knallen würde, ehe sie es tatsächlich tat. Auf ihre Frage schaute er sie nur verblüfft an, zuckte mit den Schultern und hielt sich die Wange: „Ich… eigentlich … also.“

Ihr Gegenüber schien nicht gerade eloquent zu sein und so wurde ihr Lächeln eine Spur nachsichtiger.

„Ich glaube“, sagte sie mit einem verschmitzten Funkeln in den Augen, „dass sie, wenn Sie sich aufrichtig entschuldigen, Ihnen verzeihen wird.“

Dann betrachtete sie ihn kurz und blinzelte verwundert.

„Sagen Sie, wo ist Ihre Uniform?“, fragte sie und wollte sich gerade aus dem Krankenbett erheben, als Gina und die hübsche Brünette wieder zurückkamen. Gina schaute sie an: „Hey, Sam. Schön, dass Du wieder wach bist.“

„Schön, wieder mal hier zu sein.“, schenkte die Colonel und Astrophysikerin der Ärztin ein Lächeln und deutete dann auf die beiden Anderen: „Ich nehme an, die Beiden haben gerade dienstfrei gehabt, oder?“

„Sö ähnlich.“, grinste Gina, „Die gehören gar nicht zu unserer Crew. Das sind beides Mitglieder des Naval…“

Sie stoppte, tippte sich nachdenklich mit ihrem Finger an die Wange und sagte dann, überlegend: „Naval… ähm… des NCIS halt.“

„Des Naval Criminal Investigative Services?”, half Sam aus.

Die Ärztin nickte: “Ich merk mir das nochmal – irgendwann. Aber ich bin immerhin noch besser als Cal. Der kannte nichtmal das Wort „Naval“.“

„Darf ich raten?“, fragte Sam und schaute belustigt zu Gina: „Er verstand das englische Wort „Navel“, also „Bauchnabel“ und fragte sich, wieviele Verbrechen wohl mit Bauchnäbeln verübt wurden und vor allem, warum man dafür eine eigene Einheit benötigte.“

„Japp“, seufzte Gina.

Sam nickte: „Das ist typisch für Cal.“

„Oh ja.“, stimmte Abby in den Stoßseufzer der Blonden ein, „er ist schon…“

„… ein Depp.“, stellte Gina fest, „Aber ein Lieber.“

McGee murmelte „Wenigstens etwas“ und schaute dann zu Abby: „Abs, ich… es tut mir leid, dass ich dich gerade so…“

Abby fuhr herum, verpasste ihm einen Hieb auf die Schulter und, als sich der Computerexperte die selbige rieb, sagte sie: „Stell dich nicht so an.“

McGee gab ein beinahe maulendes Geräusch von sich, was Abby zu einem Lächeln hinriss.

Dann umarmte sie ihn erneut: „Aber ich bin froh, dass Du da bist.“

Beinahe erwürgt schaute der Computergeek zu Sam herüber, die ihm zuzwinkernd zunickte, ehe sie sich an Gina wandte: „Und wo ist euer furchtloser Anführer?“

„Jagt gerade Traceless. Würde mich nicht wundern, wenn er unsere Leute um Hilfe bittet.“, meldete Abby, die McGee inzwischen losgelassen hatte und sich nun zu Gina und Sam umdrehte: „Also – ich würde es ja an seiner Stelle tun. Niemand kann besser Spuren lesen, als Gibbsman.“

„Wenn ich mal kurz eine Frage stellen dürfte“, meldete sich McGee zu Wort und schaute Sam an: „Wer sind Sie?“

Kurz konnte man einen Hauch von Verwirrung auf den hübschen Zügen der Astrophysikerin erkennen, dann nickte sie und sagt: „Entschuldigung. Ich … hab ganz vergessen, …“

Sie umrundete das Biobett und gab zuerst Abby, dann McGee die Hand: „Colonel Samantha Carter – US Air Force.“

Abby schaute verblüfft zu Sam, dann zu Gina und wieder zu Sam: „US Air-Force? Sind Sie dafür nicht ein wenig… ausserhalb der Erdatmosphäre?“

Sam lächelte – es war eines ihrer strahlenden Sam-Carter-Lächeln, das diese gewisse Portion Verschmitztheit vermittelte: „Das zu erklären, dürfte ein wenig dauern. Aber – ich nehme an, da der Captain ja Stirb-Langsam zu spielen scheint, dürften wir die Zeit haben.“
 

Ziva hatte das Gefühl, dass sich die Gänge ähnelten, wie ein Ei dem anderen. Das war, wenn man auf der Jagd nach etwas, oder in diesem Fall: Jemandem, war ein wenig unpraktisch und sie hoffte, dass sie irgendwann in der Lage sein würde, sich hier zurecht zu finden.

Der Captain und die XO hatten Gibbs, Ziva und Tony mit jeweils einem Phasergewehr und einer Handwaffe ausgestattet, die es ihnen erlaubte, sich im Notfall zu verteidigen.

„Es ist eigentlich ganz einfach.“, hatte der Captain gesagt, „Sie zielen – den Abzug betätigen sie, um zu feuern. Und keine Angst, dass sie versehentlich jemanden töten könnten – die Waffen sind auf mittlere Betäubung eingestellt, das heißt, der Getroffene verweilt 20 Minuten im Reich der Träume. Das dürfte Zeit genug sein, ihn zu testen und im Zweifelsfall in die Arrestzelle zu bringen.“

Nach einigen Zielübungen waren Tony und Ziva sicher im Umgang mit den Waffen – Gibbs hielt das Gewehr mit einer derartigen Routine und Präzision, die Ziva wieder einmal daran erinnerte, dass der Mann beim Militär als Scharfschütze gedient hatte. Vermutlich konnte man ihm jede Waffe in die Hand geben, er würde eine verschwindend-geringe Zeit aufwenden müssen, um sich mit ihr vertraut zu machen.
 

Doch auch hier würde Gibbs – dessen war sich Ziva sicher – Abstriche machen müssen. Die Gänge waren dunkel und die Augen seines Bosses waren nicht mehr so gut, wie noch vor ein paar Jahren.

Kurz hörte sie ein leises Klackern, dann betätigte Cal seinen Kommunikator: „Cat an Menacer?“

„Menacer hier?“

„Hör mal, Jill. Wir sind hier gerade in einer etwas ungünstigen Lage. Kannst Du uns eventuell sagen, wo wir langmüssen, wenn wir zur Brücke wollen?“

Kurz breitete sich Stille aus und Ziva dachte daran, dass der Captain und die XO den Weg zur Brücke für eine wirklich gute Idee hielten. Die dahinterstehende Logik konnte sich der schönen Israeli nicht so ganz erschließen.

„Menacer an Cat?“, erklang die Stimme der hübschen Blonden aus dem Kommunikator und Cal betätigte die Brosche: „Ja, Cat hier?“

„Bleibt einfach auf dem Gang und krabbelt dann durch Jeffries-Röhre 3-7.“

Trotz der Dunkelheit meinte Ziva sehen zu können, wie Cal mit den Augen rollte: „Sag mir nicht, dass die Turbolifts ausgefallen sind.“

„Doch. Du musstest ja den Traceless-Alarm geben.“, erklang es leicht schnippisch aus dem Kommunikator, „Also darfst Du auch eine kleine, sportive Tour durch die Jeffries-Röhren machen.“

Die Begeisterung, die Cal mit den Worten „Oh, Toll!“ zum Ausdruck brachte, war ganz klar nicht ernst gemeint und Ziva konnte es dem Captain nicht sonderlich verübeln. Wenn auch nur die Hälfte der Schauergeschichten, die Tim über diese Jeffries-Röhren zu erzählen wusste, zutraf, war das alles andere als ein Vergnügen.
 

Die Atmosphäre hätte für Tony ausgereicht, um hier „Alien 6“ zu drehen, aber wenn er ganz ehrlich wahr, könnte er auf eine Hauptrolle in diesem Sci-Fi-Schocker gut verzichten. Schließlich wusste er, wie es den Mitkombatanten, ausser dem final girl erging. Und von einem Alien gefressen, oder als Wirt für seine Nachkommenschaft auserkoren zu werden, war definitiv nicht nach DiNozzos Gusto. Also widmete er jeder dunklen Ecke, die er sah, seine vollste Aufmerksamkeit, denn wie ja alle wissen, kommen die Aliens gerne aus dem Dunkel, das man nicht einsehen kann.

Und die Beleuchtung, die sich gerade noch eine Stufe verdunkelt hatte, trug auch nicht gerade dazu bei, die Situation zu verbessern. Ganz im Gegenteil.

Die Schatten, die von irgendwelchen Gegenständen, die dämlich im Weg platziert waren, nahmen unheimlichere und größere Formen an. Und dieses Mal – im Gegensatz zu der sehr ähnlichen Situation im Keller des NCIS-Gebäudes – würde sich die Situation vermutlich nicht als schlechter Scherz herausstellen. Es war nicht so, dass er sich fürchtete. Aber er war konzentriert – sehr, sehr konzentriert. Er fühlte sich ein bischen, als wäre er auf der Jagd. Und streng genommen war er das auch. Nachdem Cal ihnen erklärt hatte, was los war und was die Dimmung des Lichtes genau zu bedeuten hatte, war ihm klar, dass die Situation gekippt war. Dieser Traceless war auf freiem Fuß und niemand war sicher. Und das, obwohl das Raumschiff noch Minuten vor der Meldung beängstigend groß gewirkt hatte.

Sie erreichten eine T-Kreuzung. Ein Seitengang mündete in den Korridor, in dem sie unterwegs waren, ein und Tony drehte sich um, damit er den Gang mit seinem Gewehr und der aufmontierten Lampe ausreichend illuminieren konnte.
 

Da! , dachte sich der Halbitaliener, Hat sich da gerade etwas bewegt?

Zumindest war er sich sicher, kurz ein Schemen gesehen zu haben, das sich in Deckung begeben hatte. „Bundesagenten!“, schrie er, „Kommen Sie da raus und werfen Sie die Waffe weg.“

„Gute Idee!“, kam es von der Stelle, auf die er gezielt hatte, „Ich werfe die Waffe jetzt weg.“

Er hörte ein klackerndes Geräusch, dass neben ihm gegen die Wand und dann auf den Boden aufgeschlagen war.

Es war ein Phaser, eine ebensolche Waffe, wie er momentan ebenfalls besaß.

Und das Ding heulte.

Er schaute zu dem Captain, der sich über die Waffe gebeugt hatte. Rasch richtete er sich auf, die Augen weit aufgerissen und sagte: „Scheiße.“

Dann schrie er einen Befehl und kam seiner Order selbst nach. Nicht nur er, auch Agatha, Gibbs und…

Von einem Moment zum Anderen hatte sich Ziva auf ihn geworfen, ihren zierlichen Körper als Schutzschild vor den seinen bringend… als der ganze Korridor für den Bruchteil einer Sekunde unerträglich grell wurde. Neben der Helligkeit wurde es auch noch laut, ungefähr vergleichbar mit dem Starten eines ganzen Düsenjetbattalions.

Benebelt versuchte er, das Klingeln in seinen Ohren und die bunten Lichtpunkte vor seinen Augen zu vertreiben, als er sah, wie Ziva ihn am Kragen packte und zu sich herumdrehte.

Er konnte nicht hören, was sie sagte, denn es klingelte viel zu sehr in seinen Augen, doch mit dem Lauf der Zeit hörte es auf. Dann nahm er, wie durch Watte, ihre Stimme wahr: „… DiNozzo. Verdammt, antworte endlich. Hörst Du mich?“

„Ja“, stöhnte er benommen und versuchte, durch das Schütteln seines Kopfes klarer zu werden, „Was… was… war das?“

„Ich nehme an, dass Traceless einen Phaser überladen hat.“, erklärte sie und die neben ihr hochkommende Agatha schaute sie an und nickte, ehe sie ihre Hand an die Stirn brachte, von der aus Blut über das Gesicht tropfte.

„Ach verdammt.“, sagte sie, nachdem sie die Feuchtigkeit des Blutes ertastet, die Finger betrachtet und das Blut zwischen ihren Fingern verrieben hatte, „Na, wie gut, dass wir Hautregeneratoren haben.“

Dann wandte sie sich suchend um.

Cal und Gibbs rappelten sich hoch, der Captain reichte dem NCIS-Agenten die Hand und grinste: „Hab ich Ihnen schon ein herzliches ‚Willkommen an Bord’ ausgesprochen, Agent Gibbs? Wenn nicht – das war unser Begrüßungskommitee. Näheres erfahren Sie bei einem Kennenlernbrunch um …“

Er stockte, als Gibbs ihm einen genervten Blick zuwarf und sich dann, mit feuerbereitem Phasergewehr in Richtung der Stelle bewegte, von wo Traceless geworfen hatte.
 

Natürlich würde er nie zugeben, dass es auch ihn ein wenig verunsicherte, auf einem Raumschiff zu sein, zu wissen, dass Aliens existierten und dass er sich gerade in einer künstlichen Struktur aus allerlei Metall, die eine künstliche Schwerkraft und das Atmen von Sauerstoff ermöglichte, befand, die in der grenzenlosen Unendlichkeit des Weltalls schwebte. Es beunruhigte ihn natürlich auch, dass es jemand auf ihn und sein Team abgesehen hatte und ihm dieser sehr übel wollte.

Aber – das würde er seinen Leuten nicht zeigen. Gerade in dieser Krise musste sich sein Team darauf verlassen, dass er einen kühlen Kopf und die Oberhand behielt. Aber die Situation machte es ihm nicht unbedingt einfach. Schließlich hatte er es hier mit einem Gegner zu tun, der das Gelände zu kennen schien und der in der Lage war, sich in jeden Menschen zu verwandeln, dessen Gesicht ihm gerade zusagte. Einmal hatte man es auch im NCIS-Hauptquartier bemerkt, als sich Traceless Zivas Gesicht bemächtigt hatte, um in ihrer Maskerade einen Private zu erschießen. Was Traceless allerdings gegen Private Turner hatte, das war ihm nicht ganz bewusst.
 

Er war inzwischen nahe genug an dem Versteck Traceless, um hervorzupreschen und das Gewehr auf das Versteck auszurichten, aber… es war leer.

‚Verdammt’, entfuhr es dem NCIS-Agenten knurrend und er warf einen Blick zu seinem Team, das sich gerade mehr oder weniger die Wunden leckte.

„Klar.“, sagte er und kam zurück.

Der Captain sah ihn an und nickte ihm zu.

Gibbs tat es ihm gleich, ehe er einen Blick zu Ziva und Tony warf. Erstere kniete neben dem liegenden Halb-Italiener, der immer noch versuchte, die Nebenwirkungen des überlasteten Phasers abzuschütteln.

Die Israeli warf erst Tony einen liebevollen, dann Gibbs einen besorgten Blick zu.

„Er ist momentan nicht in der Verfassung, zu kämpfen.“, flüsterte sie, „Wenn Traceless uns hier angreift…“

„Ich verstehe.“, raunte ihr Gibbs zu, stand auf und ging langsam zu Cal herüber: „Wir haben einen Verwundeten. Können Sie uns auf die Krankenstation bringen?“

Der Captain schüttelte den Kopf: „Wir müssen zur Brücke. Dort können wir uns dann um alles kümmern.“

„Haben Sie mich nicht verstanden?“, fragte Gibbs und griff nach Cals Schulter: „Tony ist verwundet.“

„Ist er nicht. Vorübergehende Orientierungslosigkeit in Folge einer Phaserüberlastung. Das geht vorbei. Mich wundert allerdings, dass es Ihnen und Ziva so gut geht.“

„Mit Ihnen und Ihrer XO scheint auch alles in Ordnung zu sein.“, erwiderte Gibbs, „Wie war das nochmal? Er kann sich regenerieren?“

Cal nickte: „Wir dürften allerdings sicher sein, dass es weder Sie und Ziva noch Ich und Agatha sein können. Er kann sich nicht in zwei Personen aufspalten. Also sind es entweder Sie, Ziva, Agatha oder ich. Und da ich mich sehr … wie ich fühle, weiß ich, dass ich ich bin.“

Er stockte, als lausche er verundert seinen eigenen Worten.

„Erm… oder so ähnlich. Aber wie auch immer. Wir müssen zur Brücke. Von dort können wir…“

Für den Bruchteil einer Millisekunde wurde der komplette Gang von einem grellorangen Widerschein erhellt. Gibbs hörte ein schmerzvolles Aufstöhnen, drehte sich dann, zusammen mit Cal zu der Quelle des Geräusches um und sah, wie Agatha Silverbird in einer weiteren T-Kreuzungseinmündung in sich zusammensackte. Eine kleine Rauchwolke kräuselte sich von ihrem Bauch.

„Nein!“, hauchte Cal, sprintete los und warf sich neben sie. Er riss das Phasergewehr hoch und feuerte – blind – in die vor ihm liegenden Korridore, in der Hoffnung, irgendwas zu treffen, ehe er sich an die Gefallene wandte. Er ging erschüttert neben ihr in die Knie, tastete nach ihrem Puls und schaute Gibbs an. Tränen schillerten in seinen Augen.

„Es…“, setzte er an, unterbrach sich und schluckte. Dann nickte er und während Tränen in Bächen an seinen Wangen herabliefen, sagte er: „Es geht ihr gut. Leichte Betäubung. Sie ist für fünf Minuten ausser Gefecht.“

Dann beugte er sich vor, küsste sie auf den Mund und nahm ihre Hand, sie beruhigend streichelnd.

„Tut mir leid, Gathy. Ich… warum musstest Du auch da stehen?“

Als Gibbs eine Hand auf Cals Schulter legte, hörte er ein weiteres, schmerzhaftes Aufstöhnen – dieses mal ein Duett. Tony und Ziva.

Beide fuhren herum, die Phasergewehre in Anschlag, und sahen wie Tony die Augen schloss und Ziva haltlos auf ihn fiel.

Man könnte meinen, die Beiden hätten es sich im Korridor bequem gemacht.

Der Captain und der Special Agent warfen sich einen besorgten Blick zu, dann stand Cal auf, ging, das Gewehr im Anschlag haltend, auf die Beiden zu, neben ihnen in die Knie und warf einen Blick zu Gibbs.

„Puls rast … aber beide sind okay.“, sagte er, „Ihnen wird ein wenig der Kopf dröhnen, aber…“

„Cat! Kommen Sie hierher!“, schnitt ihm Gibbs das Wort ab und der verblüffte Sternenflottenoffizier gehorchte.

Mit feuerbereitem Phasergewehr sprintete er zum Grauhaarigen zurück, schaute ihn verblüfft an, als dieser ihn packte und sich mit ihm gegen die nächste Wand warf.

„Warum…“, brachte Cal hervor. Gibbs merkte, wie in ihm der alte Marine wieder seinen Dienst aufnahm. Er hatte es ja immer gesagt – es gibt keine Ex-Marines. Ein Teil von ihm würde immer ein Gunnery Sergeant bleiben und irgendwie wusste er, dass es gut so war.

Daher brachte er seinen ausgestreckten Zeigefinger vor seinen Mund, deutete an, dass Cal die Klappe halten sollte und spähte, sich ganz flach an die Wand gepresst, in den Korridor, an dessen Einmündung die bewusstlose Rothaarige lag.

Er konnte nicht erkennen, wer da war, allerdings zog er den Kopf schnell zurück, als er es Aufblitzen sah. Direkt über Agathas Kopf schlugen goldene Phaserstrahlen in die Wand ein, ließen Funken sprühen.

„Das reicht.“, knurrte Cal, warf sich aus der Deckung und feuerte. Es war ihm anscheinnend egal, ob er traf und wenn, wen und was er traf. Im grell-organgen Widerschein, der des Captains Gesicht erhellte, konnte Gibbs sehen, dass das Gesicht des Offizieres zu einer Zornesfratze verzerrt war. Er war sich sicher, dass der Captain gleich durchdrehen würde.

Mit sich überschlagender Stimme schrie der Offizier: „Komm doch her, Tracy. Du willst was von mir? Dann komm doch her! Hier steh ich doch!“

„Cat, reißen Sie sich zusammen.“, zischte Gibbs, doch er wusste, dass er das „Ich“ des Offiziers nicht mehr erreichen würde. Wenn er so weitermachte, gefährdete er die Mission.

Kurz schielte Gibbs auf seine Waffe – sie war immer noch auf „mittlere Betäubung“ eingestellt – und hob sie, sodass er Cal im Zweifelsfall betäuben konnte. Doch – auf wen auch immer Cal da schoss, kam ihm zuvor.
 

Noch bevor der Captain von einem orangenen Strahl getroffen wurde und gegen die Wand krachte, um neben Agatha liegen zu bleiben, war Gibbs klar, wie die Sache ausgehen würde. Und tatsächlich. Der Captain wurde getroffen, taumelte mit einem fassungslosen Blick nach hinten und rutschte an der Wand herunter, wo er neben Agatha liegenblieb.

Er hörte im Korridor jemanden fluchen und warf sich aus der Deckung. Mit dem Phasergewehr zum Schuss angehoben zielte er auf die Person, die im Gang stand und sich gerade mit seiner eigenen Waffe beschäftigte.

„Warum geht das Scheißding nicht.“, hörte Gibbs eine ihm bekannte Stimme und sagte, mit militärischer Schärfe im Tonfall: „Bundesagent! Nehmen Sie die Waffe herunter.“

Verblüfft tat der Angesprochene das genaue Gegenteil, was Gibbs zum Anlass nahm, ihm die Waffe aus der Hand zu schießen. Erschrocken ließ der Mann sie fallen und schaute Gibbs aus nussbraunen Augen an. „Hey, darf ein Mann nicht mal versuchen, sein Schiff zurückzuerobern?“, fragte Calvin Nathan Cat und lächelte ihn nervös an.
 

Die Geschichten, die die blonde Air Force Colonel zu berichten hatte, wären allesamt als Erzählungen einer Verrückten durchgegangen, wenn Tim inzwischen nicht schon viel zu viele, genau so unglaubwürdige, aber dennoch existente Dinge gesehen hätte. Allein schon der Fakt, dass eine seiner Lieblingsserien real war, ließ ihn immer wieder schmunzeln. Was stellte sich wohl als nächstes als real und existent heraus? Battlestar Galactica? Doctor Who? Der unglaubliche Hulk?

Er betrachtete nachdenklich die Konsole vor ihm und streckte, langsam und beinahe ehrfürchtig die Hand nach ihr aus, bevor er sie sanft berührte.

„Das…“, grinste er, „Das ist alles echt.“

Er schaute zu Gina: „Bitte, vergib mir, aber – ich möchte etwas ausprobieren.“

Die Ärztin wechselte einen verwunderten, dann amüsierten Blick mit Abby und Sam. Beide Frauen aus dem 21. Jahrhundert trugen ein wissendes Lächeln auf den Lippen – und irgendwie war Tim klar, wie sehr er sich gerade zum Affen machte. Aber… dieser eine Test würde ihm zeigen, ob er wirklich mit Menschen des 24. Jahrhunderts sprach, oder ob das alles nur sehr fantasievoll-kreierte Hochstapelei war.

Er räusperte sich: „Computer? Das medizinisch-holografische Notfallprogramm aktivieren.“

So – jetzt galt es.

Und plötzlich zuckte er zusammen, denn direkt neben ihm erschien – wie aus Luft geformt – ein ihm bekannter Mann.

Entweder hatte man für diese Hochstapelei Robert Picardo, der das MHN in Star Trek: Voyager verkörperte, gewonnen – oder es war alles echt.

Die Gestalt schaute ihn an und sagte: „Bitte nennen Sie die Art des medizinischen Notfalls.“

Tim schluckte.

Das war real.

Es war wirklich und wahrhaftig real.
 

Ein Lächeln breitete sich auf Tims Gesicht aus und er schaute zum MHN: „Es gibt keinen Notfall, Doktor. Ich… wollte nur eine Theorie überprüfen.“

Das Hologramm schob das Kinn nach vorne, legte den Kopf schief und betrachtete ihn, mit einem Hauch von Ärger in den Augen.

„Wenn Sie mich dann wieder deaktivieren wollten.“, sagte das MHN und Tim nickte: „Selbstverständlich.“
 

Die Waffe immer noch auf den Mann mit dem Gesicht des Captains gerichtet, trat Gibbs näher. „Schiff zurückerobern?“, fragte er und seine eisblauen Augen verengten sich zu mißtrauischen Schlitzen. Der Angesprochene hob beide Hände und schaute erst sein Gegenüber an, dann stockte er und starrte fassungslos an ihm vorbei.

„A… Agatha.“, hauchte er und wollte loseilen, doch ein fester Griff um sein Handgelenk ließ ihn stoppen. Er fuhr herum und funkelte Gibbs wütend an: „Lassen Sie mich los.“

„Nicht, bevor ich nicht einhundertprozentig weiß, wer Sie sind.“

Der „Captain“ schaute ihn an, biss die Zähne aufeinander und ballte seine linke Hand zur Faust. Gibbs hatte schon zugeschlagen, ehe „Cal“ überhaupt Schwung nehmen konnte. Der Offizier – wenn es der Offizier war – taumelte zu Boden, blinzelte kurz und warf sich dann herum, um auf Agatha zuzulaufen.
 

Gibbs musste gar nicht großartig zielen. Er hob das Gewehr, richtete es auf den Fliehenden, rief noch einmal „Bundesagenten! STEHENBLEIBEN!“ und – als das nicht fruchtete – drückte er ab. Der Strahl traf den Mann im Rücken. Dann klappte er in sich zusammen, sackte erst in die Knie und dann mit dem Oberkörper nach vorne. Seine Hand kam neben Agatha zum Liegen.

Schon war der NCIS-Special-Agent bei ihm, tastete nach seinem Puls und atmete erleichtert aus. Er war vorhanden, raste wie ein ICE bei freier Strecke und ohne Streik der Bahngewerkschaft, aber – er war vorhanden.
 

Die Ankunft von Ziva und Tony ahnte er bereits, bevor er sie hörte.

Ein benommenes, schläfriges „Was… ist hier passiert?“ von Ziva wurde mit einem „Das wüsste ich auch gerne“ von Gibbs beantwortet und der leitende Chefermittler atmete tief durch. Dann drehte er sich zu Ziva und Tony um und lächelte erleichtert: „Schön, euch wieder auf den Beinen zu sehen.“
 

Wenige Sekunden später meldete sich mit einem schmerzhaft-schläfrigen Stöhnen Agatha Silverbird wieder zurück. Dass sie nach Tony und Ziva wach wurde, registrierte der Special Agent, aber es interessierte ihn nicht. Vielmehr von Interesse war das Mimenspiel der hübschen Frau, als sie sich des Mannes neben ihr und des Mannes vor ihr, die beide gleich aussahen, gewahr wurde. Und sie tat das, was das Regelwerk für den Kontakt mit Traceless vorsah. Sie ließ Beide in je eine Arrestzelle beamen.
 

Gina Intrupper sah man die Überraschung deutlich an, als sie den Vorraum der Brig betrat, von dem aus unterschiedliche Arrestzellen abgingen. In zweien befand sich ein Mann, der aussah wie der Captain.

Sie hob amüsiert eine Augenbraue.

„Okay, das konnte noch lustig werden.“, schoss es ihr durch den Kopf, ein Gedanke, den Agatha nicht unbedingt unterstützt hätte, wenn sie ihn gekannt hätte.

Sie wusste aber nicht, was ihre beste Freundin dachte, und so blickte sie mit steinerner Miene von der einen, zur anderen Arrestzelle.

„Was sagst Du dazu?“, fragte sie.

Gina schaute sie an, zuckte mit den Schultern und grinste verschmitzt: „Nun, wenn Du dich nicht entscheiden kannst…“

„Es geht mit hier aber um genau das. Um eine Entscheidung. Wer ist der echte Captain? Ich meine – ich… wenn ich mit meinem Herzen höre, würde ich sagen, dass es der Mann in der rechten Arrestzelle ist, aber… Traceless hat uns schon oft genug getäuscht. Ich will da einfach auf Nummer sicher gehen.“

Die Medo-Offizierin nickte: „Das kann ich voll und ganz nachvollziehen.“

Sie seufzte und schaute erst in die eine Zelle, dann in die Andere: „Mit dem medizinischen Tricorder könnte ich herausfinden, wer wer ist.“

„Funktioniert er denn, durch ein Kraftfeld?“

„Normalerweise schon.“, zuckte die Ärztin mit den Schultern, „Natürlich wäre es genau das, was Traceless von uns erwarten würde, um den schwarzen Peter irgendwie dem Captain zuzuschieben.“
 

Kurz vorher

Auf der Krankenstation der Dragonfly saß Abby, mit baumelnden Beinen, auf dem Biobett und schaute aufmerksam zu Sam herüber.

„Und was ist das jetzt mit Traceless? Kennen Sie ihn auch?“

Sam nickte.

„Oh ja.“, sagte sie, kam auf Abby zu und setzte sich neben sie: „Ein ziemlich unfreundlicher Zeitgenosse. Mal sehen – was kann man über ihn sagen. Er hat einmal versucht, den Ahn des Captains zu töten – auf einer Klassenfahrt nach Marseille. Cals Vorfahr wusste damals weder, dass er in Gefahr schwebte, noch, dass die Ersatzlehrer, die für die Klassenfahrt der Schule zugeteilt wurden, durch uns ausgetauscht wurden und dass Cal selbst, in der Gestalt des Mitschülers Johann Sumpf, zusammen mit einigen anderen Teenagern auf ihn achtete.“

Abby grinste: „Kann es sein, dass der Captain eine Vorliebe für leicht schrullige Namen hat?“

„Wie kommst Du darauf?“

„Johann Sumpf? Johann Sumpf in Frankreich? Oder besser gesagt: Johann Sumpf auf französisch?“

Sam schaute sie an: „Erm… wenn Du die Anspielung auf Jean Marais – der ja damals Fantomas gespielt hat – meinst, dann … nein, der Captain war nie wirklich kreativ. Als er damals in Smallville war, während der Invasion der Kryptonier, stellte er sich einem in den Weg, mit den Worten „Ich bin John Doe“.“

Damit zuckte sie mit den Schultern: „Naja, eigentlich hätte er schon ‚John Doe’ gesagt, aber der Kryptonier schleuderte ihn gegen die nächste Wand, weswegen das Doe mehr nach einem Dohooooooooooooo klang.“

Nun räusperte sich auch McGee und trat zu ihr herüber: „Und was war das nun mit Traceless und Marseille?“

„Eigentlich ist da nicht viel zu erzählen gewesen. Der Ahn des Captains hat die Sache überlebt, nie wirklich mitbekommen, in welcher Gefahr er schwebte, was – zugegeben – ein wenig damit zu tun hatte, dass er, wann immer es gefährlich wurde, von einem von uns abgelenkt wurde, oder die verkleidete Agatha ihn betäubte. Ich glaube, wenn er wüsste, was da passiert war, er würde ein wenig ungehalten sein.“

Dies brachte McGee dazu, zu nicken: „Und… Sie? Haben Sie mit Traceless gekämpft?“

„Oh ja.“, sagte Sam und in ihrer Stimme schwang Erzähllust mit, „Mehr als nur einmal. Allerdings ist er gerissen. Und – ich sage euch – glaubt nie, dass er geschlagen ist. Dann habt ihr nämlich schon verloren.“

Abby stand auf, lächelte McGee an und sagte: „Vermutlich sollte man sich auch nicht von einem freundlichen oder sehr bekannten Gesicht täuschen lassen, oder? Denn eine kleine Unachtsamkeit und…“

Damit beugte sie sich vor und stahl dem Computerexperten einen Kuss, der sie verblüfft anblickte.

Die Colonel lächelte: „Genau so. Traceless weiß, wie wir ticken. Er ist… es gibt Menschen, die benötigen kein Motiv, um böse zu sein. Sie sind es einfach. Und egal, was man in unterschiedlichen Psychologie-Kursen lernt, darüber, dass ein Mensch immer ein Motiv braucht, um zu handeln, immer einer Motivation folgt – das ist nicht immer so. Nehmen wir… keine Ahnung.“

McGee schaute sie an: „Den Joker? Aus Batman? Er… seine Motivation ist es, Chaos zu schaffen. Nicht, weil er etwas erreichen will, nicht, weil er Geld oder sonst etwas möchte. Seine Motivation ist die pure Lust an der Zerstörung.“

„Das ist ein guter Vergleich.“, sagte Sam und war auf ihren durchtrainierten Beinen, die immer noch in der Armee-Hose und den dazugehörigen Schaftstiefeln steckten, „Vergleichen wir Traceless am Besten mit Joker. Oder noch besser… mit Fantomas. Auch er hat keine wirkliche Motivation.“

Erneut blickte McGee in ihre Richtung, dieses Mal wirkte er ein wenig unsicher: „Aber… hat er nicht zumindest im letzten der drei Teile mit Louis de Funes versucht, eine Reichensteuer abzukassieren?“

„Oh McGee.“, machte Abby und schlug ihm auf die Schulter, „Ich bitte dich – du kommst mit dem Schwächsten der drei Teile? Fantomas gegen Scotland-Yard – oder auch: Fantomas bedroht die Welt? Ich bitte dich. Das ist doch…“

„Was ist das?“, fragte in diesem Moment ein die Krankenstation betretender Gibbs, dem Ziva und Tony folgten.

„Gibbsman.“, rief Abby aus und warf sich in eine Umarmung, die der grauhaarige Special-Agent nur zu gerne erwiderte. Er schaute dann zu Gina und räusperte sich: „Doktor Intrupper, ich glaube, ihre Expertise wird in der Arrestzelle benötigt.“

„Ja, das dachte ich mir schon.“, lächelte die hübsche Ärztin, „Aber die Debatte hier war einfach nur… zu geil.“

Damit ging sie an Gibbs vorbei, schenkte Tony ein kurzes Lächeln und war dann durch die Tür verschwunden.

Der ihr hinterherblickende Tony erhielt sofort einen Stoß mit dem Ellbogen in die Magengrube. Dies verursachte bei den Tony und Ziva beobachtenden Anderen einen großen Heiterkeitsausbruch.
 

Agatha musste gegen ihren Willen grinsen. Die Situation war so typisch – zumindest für die Dragonfly-Crew. Zwei Kerle, die genau gleich aussahen, hämmerten gegen die Kraftfelder der Arrestzellen, in die sie eingesperrt waren. Die beiden Männer verwendeten den selben Duktus, die selbe Tonart, die selbe Gestik und Mimik und sagten genau das selbe: „Verdammt noch mal, hol mich hier raus.“

Und es war wie in einem schlechten Sketch oder einer schlechten Zeichentrickfolge, denn der eine Cal erkannte, dass der Andere genau das selbe gesagt hatte, fuhr ihn an, dass er die Klappe halten solle, was der Andere Cal zum selben Zeitpunkt mit den selben Worten und derselben Mimik und Gestik ebenfalls tat.

Die Frau blickte erst nach links, dann nach Rechts, beide Cals schauten sie an und in den Augen beider konnte sie das sehen, was sie sonst immer sah, wenn sie in des Captains Augen blickte. Den Willen, sich zu beweisen, die Hoffnung, dieses mal nichts falsch zu machen, die Erkenntnis, dass genau das passiert war, Begierde, Liebe, Freundschaft ihr gegenüber…

„Verdammt.“, fluchte die XO in Gedanken, „Tracy ist auch wieder mal gut.“
 

Gina betrachtete ebenfalls die beiden Männer, die hinter je einem Kraftfeld standen und wusste, dass es zwar Möglichkeiten gab, die Identität Traceless nachzuweisen, aber, sie wusste natürlich auch, dass sie diese Möglichkeiten nicht hatte. Schließlich war Traceless ein Meister der Verkleidung und selbst eine Narbe konnte durchaus auch gefälscht oder einfach überschminkt werden.

Sie seufzte. Die einzige Möglichkeit, Original und Fälschung zu unterscheiden, würde der medizinische Tricorder sein, allerdings auch nur dann, wenn Traceless nicht irgendein nettes Gimmick in die Zelle geschmuggelt hatte, das den Tricorder durcheinander brachte. Und solche Gimmicks hatte der Verbrecher, das war ihr bewusst.

Aber – es brachte alles nichts. Einen Versuch war es wert und so klappte die hübsche Frau den medizinischen Tricorder aus, richtete ihn auf den Cal, der in der rechten Arrestzelle saß und scannte ihn.

Sie warf einen Blick auf die Datenausgabe, schaute dann zu Agatha und sagte: „Laut Tricorder ist er okay. Aber – lass mich nochmal eben den anderen Cal scannen.“

Damit richtete sie das Gerät auf den Anderen aus, scannte ihn ebenfalls und warf einen Blick auf die Datenausgabe. Frustration war in ihren attraktiven Zügen sichtbar und nach ein paar herzhaften italienischen Flüchen, die unter anderem die Mutter der Konstrukteurin des medizinischen Tricorders in ein wenig schmeichelhaftes Licht rückte, wandte sie sich erneut an die XO: „Laut Tricorder ist der aber auch okay.“

Das nun in Stero auftretende „Ha! Wat hab ich gesagt?“ wurde durch ein lautes „Klappe halten!“ von Agatha beinahe wirkungsvoll unterdrückt.
 

„Okay, dann lasst uns mal überlegen.“, sagte Gina ein paar Minuten später, als sie sich mit den Senior-Crewmitgliedern des Dragonfly-Stabes, Agatha und dem NCIS-Team im Besprechungsraum befanden. Sie tigerte auf und ab.

„Mein Bruder ist ein guter Schauspieler, er merkt sich jede Kleinigkeit und kann seine Lüge bis auf den Mikrometer an die Frage anpassen. Selbst ich hatte Schwierigkeiten, den echten Cal zu erkennen und ich kenne sowohl Cal, als auch meinen Bruder.“

Sie seufzte frustriert und schaute hilfesuchend zu Agatha.

Diese zuckte mit den Schultern: „Fragt mich was leichteres, ich weiß nur, dass wir so schnell wie Möglich zur Erde müssen. Die Ermordung der Privates Riker und Troi muss verhindert werden.“

„Ich kann Dir nur das geben, was zur Verfügung steht.“, knurrte Sebastian Middlegate in die Runde und Agatha wusste, dass er seine Maschinen – seine „Babies“, wie er sie nannte – so optimal, wie es ging, forderte. Der blonde Igelschnitt Middlegates war ölverschmiert – ein klares Indiz, dass er, bis gerade eben, in irgendwelchen Innereien des Schiffes herumgekraucht war.

Und, dann passierte genau das, worauf sie eigentlich Willens gewesen war, lächerlich-exorbitante Summen zu wetten. Sam Carter räusperte sich, lehnte sich nach vorne, schaute erst sie fragend an und wandte sich dann an Middlegate.

„Vielleicht… kann ich dir ja helfen, Scotty?“, fragte sie und schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln.

Der Chefingenieur der Dragonfly schaute sie an, wie vor den Kopf geschlagen, nickte dann und grinste, ein wenig linkisch: „Na… natürlich, Colonel Carter. Wenn Sie… also, wenn Sie möchten?“

„Scotty, vergiss nicht, dass Du eine Freundin hast.“, räusperte sich Agatha, wenn auch mit einem leicht amüsierten Funkeln in den Augen. Dann wandte sie sich an Gibbs und sagte: „Ich habe auch eine Bitte an Sie.“

Der angesprochene Special Agent nickte, trank einen Schluck Kaffee aus einer metallenen Tasse und stellte sie dann ab.

„Ich verstehe.“
 

Computerlogbuch Nummer 1 der Dragonfly, Datum: Montag, der 3. Oktober 2011. Diese Eintragung erfolgt durch den momentanen kommandierenden Offizier der U.S.S. Dragonfly, Commander Agatha Silverbird.

Nach einigen Reparaturarbeiten, die wir auf dem Weg erledigen konnten, und für die uns die Hilfe von Colonel Samantha Carter zur Verfügung stand, haben wir auf dem letzten Stück unserer Reise zurück zur Erde ein paar Tage gutmachen können. Seitdem wir den Asgard hinterhergeflogen sind, sind knappe 6 Tage vergangen und wir hoffen, mit Hilfe von Colonel Carter und Miss Abigail Sciuto ein wenig Licht ins Dunkel bringen zu können.

Dieses Logbuch enthält einen Anhang, der an Admiral Franz Angler, den Leiter der Traceless-Division weitergeleitet werden soll. Im Anhang finden sich Videoprotokolle der Verhöre Cals und Traceless, deren Unterscheidung uns immer noch schwerfällt. Irgendwie war die Unterscheidung von Formwandlern und Menschen doch einfacher.
 

Im Orbit um die Erde werden wir uns mit weiteren Reparaturarbeiten, sowohl an unserem Schiff, als auch an der in Mitleidenschaft gezogenen George Hammond beschäftigen, sowie weiterhin versuchen, den Mord an Captain Thaddeus Alexander Stone aufzuklären. Weitere Informationen erhalten Sie vom zuständigen Captain vor Ort, Leon Vance.
 

Ein leises Seufzen entrann Agathas Kehle, passierte ihre vollen Lippen und blieb im Raum hängen. Der Körper lag auf dem Bett, das für sie und den Captain groß genug war und das sie gerade alleine in Anspruch nahm. Es hatte Vorteile, wenn der Partner nicht da war, da konnte man sich so ausstrecken, wie man es in seinem eigenen Bett auch gekonnt hatte.

Erneut streckte sie sich und ein wohliges Seufzen entrann ihrer Kehle. Es tat gut, im Bett zu liegen und einfach nur die Gedanken gleiten zu lassen. Ihr Geist huschte zu alten Missionen, wo sie dem Captain mehr als nur einmal den Hintern gerettet hatte. Es nagte an ihr, dass sie nicht in der Lage war, den Captain und Traceless auseinander zu halten.

So hauchte ihr seit Tagen eine imaginäre, böse Stimme zu, dass sie ja wohl eine tolle Freundin sei, wenn sie nicht wusste, wer nun der echte Cal sei.
 

Doch gerade, als dieses Gefühl wie eine Woge über ihr zusammenzubrechen drohte, schloss sie kurz die Augen, atmete tief durch und riss die Augen wieder auf. Wäre jetzt jemand vor Ort gewesen, er hätte gesehen, wie sich ihre komplette Körperhaltung verändert hatte. Natürlich machte sie sich Sorgen, aber jetzt lag nicht mehr Agatha Silverbird, die Liebende im Bett, sondern Commander Agatha Silverbird, ihres Zeichens Offizier der Sternenflotte. Sie musste ihre Pflicht erfüllen.

Also schwang sie ihre langen Beine behende aus dem Bett und stand auf. Ein Blick in den Spiegel sagte ihr, dass sie vermutlich alles richtig machte. Sie schlief ausreichend, konzentrierte sich auf die Aufgabe, die zu erledigen war und verschob das Grübeln auf ihre Freizeit. Mit selbstsicheren Schritten verließ sie das Quartier – ihre Uniform hatte sie sich bereits, bevor sie grübelnd auf das noch warme Bett, in dem sie vor knapp 10 Minuten noch geschlafen hatte, gesunken war, angezogen.
 

Als sie die Brücke betrat, bemerkte sie, dass Jill sie ein wenig merkwürdig anblickte.

Die XO runzelte die Stirn, trat auf die taktische Offizierin zu und fragte: „Alles in Ordnung, Lieutenant?“

„Das könnte ich Dich fragen, Gathy. Du siehst furchtbar aus.“

„Bitte?“, riss sie überrascht beide Augenbrauen nach oben und Jill legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter: „Meine Liebe, wir sind im Erdorbit. Sam und Abby brüten in der Astrometrie. Es ist alles in Ordnung, warum schaust Du so besorgt drein.“

Agatha warf einen Blick in die reflektierende Oberfläche der Konsole, strich sich ihre feuerroten Auge aus dem Gesicht und schaute Jill dann verblüfft an: „Was meinst Du?“

„Du erkennst es wirklich nicht, Gathy? Du siehst wirklich nicht, dass deine Augen an Strahlkraft verloren haben?“

Irgendwie machte Agatha dieser Satz wütend und sie schaute ihre Freundin ein wenig verärgert an: „Ich weiß nicht von was du redest. Aber es hat sicher nichts damit zu tun, dass Cal in der Brig sitzt.“

„Doch, genau damit.“, sagte Jill und zuckte mit den Schultern: „Natürlich nicht mit dem Fakt, dass er im Knast sitzt, aber mit dem Fakt, dass Du als seine Freundin nicht weißt, welcher der Beiden der echte ist.“

Damit lächelte sie Agatha zu: „Schatz, glaub mir, auch Cal könnte dich nicht von Tracy unterscheiden.“

„Das liegt aber mehr daran, dass Cal ein Idiot ist.“, sagte die XO und auf ihren Lippen erschien ein leichtes Lächeln.

Jill nickte: „Das ist ein guter…“
 

Zuerst blinkte ein Alarm auf, dann piepste die taktische Konsole und zu guter Letzt ging ein gewaltiger Ruck durch das Schiff. Dieses kippte um 90 Grad auf der Längsachse, die Trägheitsdämpfer fielen für eine Nanosekunde aus und sorgten dafür, dass die Crew diese Bewegung mitmachte. Nachdem sich Agatha wieder aufgerappelt hatte, schaute sie zu Jill herüber, die über ihre Konsole gebeugt stand und versuchte, herauszufinden, was da los war.

„und?“, fragte sie. Dann zuckte sie ein wenig zurück, als die taktische Offizierin ihre Faust auf die Konsole hieb: „Verdammt.“

Die XO blickte Jill verblüfft an, diese zuckte mit den Schultern, hielt sich die Faust und knirschte mit den Zähnen: „Die Arrestzellen. Irgendwas ist explodiert.“

Man konnte Agatha Silverbird nun einiges nachsagen, aber nicht, dass sie nicht reaktionsschnell wäre. Schnell betätigte sie ihren Kommunikator: „Silverbird an Hazard-Team und Gibbs.“

„Hazard-Team hört?“

„Gibbs hört!“

Die Professionalität, die sowohl in der Stimme Lieutenant Alexander Munroes, als auch in der von Leroy Jethro Gibbs lag, war verblüffend. Aber während Agatha sprach, merkte sie, dass auch ihre Stimme gefühlskalt und professionell klang, auch wenn sie sich selbst alles andere als professionell fühlte.

„Etwas ist in den Arrestzellen explodiert. Sehen Sie bitte nach, ob Traceless einen Ausbruchversuch unternommen hat.“, erteilte Agatha den Befehl und setzte in Gedanken ein „… und schaut bitte nach, ob Cal noch lebt“ hinzu. Und während sie dies dachte, war ihr klar, dass dieser Satz ihre Mitkombatanten nur noch mehr verwirrt hätte.

„Carter an Silverbird?“, hörte sie in diesem Moment die Stimme Sams und schaute verwundert zu Jill. Was konnte Sam wollen?

„Ja, Silverbird hört?“

Sie konnte ein leichtes Schmunzeln in den Worten „Oh, sag das drei mal schnell hintereinander“ wahrnehmen, ehe sich Sam räusperte und sie sagte: „Könntet Ihr jemanden hier herunterschicken? Wir haben offenbar eine Mikrofraktur im Warpkern.“

„Ich verstehe.“, räusperte sich Agatha und betätigte ihren Kommunikator erneut: „Silverbird an Munroe.“

„Ich habs mitbekommen.“, hörte sie die Stimme des Lieutenants, „Irgendwie kommt mir das sehr bekannt vor. Ich mach mich auf den Weg.“

„Verstanden.“, sagte Agatha.

Sie ging zum Sessel des Captains, lies sich nieder und klopfte wieder auf das Schmuckstück: „Silverbird an Carter?“

„Carter hier?“

„Wo ist eigentlich Scotty?“

Sie konnte hören, wie die Frau im Maschinenraum kurz Luft holte: „Er… er hat versucht eine Konsole abzuschalten, als das Spektakel los ging.“

Hinter sich hörte sie Jill aufkeuchen und drehte sich zu ihr herum. Natürlich – Jill war Scottys Freundin und logischerweise machte sie sich Sorgen um ihn.

„Medizinischer Status?“, fragte Agatha und hoffte, dass der Commander nicht allzu schwer verwundet war.

„Ich hab mir ne ziemliche Beule geholt.“

Als sie dies hörte, konnte sie sehen, dass Jills Gesicht sich wieder aufhellte. Es wäre ja auch eine Sache gewesen, die Scotty unwürdig wäre. Der Mann hatte noch in jeder schlimmen Katastrophe seinen Posten nicht verlassen.

„Das ist beruhigend.“, grinste sie daher und schaute zu Jill, ihr zuzwinkernd. Dann wandte sie sich wieder nach vorne, nahm ein Padd und versuchte, einige Eintragungen zu machen.

Ihre eigene Stimme, die schrie, dass sie jetzt endlich ihren Allerwertesten aus dem Sessel bewegen und selbst zur Arrestzelle gehen sollte, um nachzusehen, was mit Cal loswäre, versuchte sie, zu ignorieren, aber dieses Unterfangen wurde von Minute zu Minute schwieriger.

Und dann blipste der Kommunikator.

‚Blipsen’ ist vielleicht ein merkwürdiges Wort, weil es ein reines Klangspiel ist und vom Geräusch herrührt, das der Kommunikator macht, wenn jemand versucht, anzurufen.

Andererseits kann es dekliniert werden.

Ich blipse, du blipst, er/sie/es blipst, wir blipsen, ihr blipst, sie blipsen. Aber spätestens ab „wir werden geblipst worden sein“ wird es albern. Nein – „blipsen“ ist eigentlich nur ein anderes Wort für „und dann hörte sie, wie jemand versuchte, mit ihrem Kommunikator Kontakt aufzunehmen“. Schließlich versuchen wir uns an der obersten Regel original-guten Schreibens, und diese Regel lautet:;“ SDT – show, don’t tell“. Bei dem Logbucheintrag konnte man es natürlich so nicht machen, aber Logbucheintragungen haben eh reinen Expositionscharakter. Aber, da sich natürich jeder fragt „Wie kann sie hören, wenn jemand versucht, mit ihrem Kommunikator Kontakt aufzunehmen“ wurde eben das Wort „Blipsen“ erfunden.
 

Also, der Kommunikator blipste.

Wenige Sekunden später erklang der Ruf: „Gibbs an Silverbird?“

Sie merkte, wie ihr Herz kurz aussetzte und sagte dann, so leise und beherrscht, wie es ihr möglich war: „Silverbird hier?“

Die Stimme Gibbs klang neutral, wenngleich die nächsten Worte ihr verrieten, dass er vermutlich eher bestürzt war: „Die Zellen sind leer. Sowohl der Traceless, als auch der Captain sind auf freiem Fuß.“

Agatha schloss die Augen. Es hatte natürlich den Vorteil, dass Cal zumindest noch lebte. Oder hatte der Verbrecher den Leichnahm des Captains einfach nur versteckt?

Sie holte tief Luft, sagte ein knappes „Verstanden“ und drückte einen Knopf an der Sessellehne von Cals Kommandosessel: „Hier spricht der momentane Captain. Ab sofort ergeht Alarmstufe Blau. Traceless ist entkommen. Finden Sie sich in den Zweier-Teams ein, die sie selbst ausgeknobelt haben. Und noch etwas. Es könnte sein, dass Traceless immer noch wie der Captain aussieht. Bis zum Widerruf dieser Order ist der Captain bei Sicht zu betäuben und zu sichern. Silverbird Ende.“

Damit wandte sie sich an Jill und atmete tief durch.

„Ich hoffe, dass dieser Plan funktioniert.“

„Zumindest hat die Traceless-Devision diesen Leitfaden ausgegeben. Die werden sich schon was dabei gedacht haben.“

„Hoffentlich“, sprachen Tonnen von Selbstzweifeln aus der schönen ersten Offizierin, die ihren Blick von Jill abwandte und sich auf die Erde, deren eleganter Bogen den Bildschirm ausfüllte, konzentrierte.
 

Ihr Kommunikator blipste und eine schmerzerfüllte, benommene, männliche Stimme erklang: „Hier ist Fähnrich Noir.“

Agatha musste nur den Bruchteil einer Millisekunde überlegen, wer dieser Noir war, wandte sich an Jill, von der sie erst jetzt merkte, dass diese sie ebenfalls ansah. Erkenntnis stand in den Augen der blonden Sicherheitsoffizierin geschrieben – die gleiche grausame Erkenntnis, von der sie sich sicher war, dass man sie auch in ihren Zügen sehen konnte. Wie aus einem Munde sagten beide: „Der Transporter!“
 

Als Agatha bei Peter Noir ankam, sah sie zuerst Noirs gesundheitliche Situation. Seine Nase blutete, definitiv das Produkt einer Faust, die in sie gerammt worden war. Kristina Rouge, seine rechte Hand, kümmerte sich schon um ihn, wenngleich man auch bei ihr einige Verletzungen erkennen konnte: ein blaues Auge und ein Kiefer, den sie versuchte, so wenig wie möglich zu belasten.

Agatha war klar, dass dies Souviniers einer schmerzhaften Begegnung mit Traceless waren.

„Tut mir leid.“, nuschelte Noir, „Ich wollte ihn aufhalten. Das Resultat sehen sie.“

Damit nickte er in Richtung Rouge.

Die XO seufzte, legte je eine Hand auf die Schulter von Rouge und Noir und lächelte sanft: „Könnt Ihr ja nichts für. Vielleicht sollten wir das Trainingspensum erhöhen.“

Damit ging sie an den beiden Transporteroffizieren vorbei und warf einen Blick auf die Konsole.

„Die Transportkoordinaten sind noch da.“, stellte sie überrascht fest und wollte gerade ihre Hand nach ihnen ausstrecken, als die Tür aufglitt und Ziva, Tony, Gibbs und MCGee hereinkamen.

Agatha lächelte den Zeiteinheimischen zu und merkte, wie ihre Laune sich besserte: „Schön euch zu sehen.“

Gibbs nickte nur knapp, schaute sich um und gerade, als Agatha die Konsole berühren wollte, schrie er ein lautes: „NEIN!“

Ihre Hand zuckte zurück und sie sah Gibbs verblüfft an: „Was?“

„Bauchgefühl.“, erklärte der Special Agent, trat auf Agatha und die Konsole zu, ehe er das Design betrachtete, „Wenn ich ein flüchtiger Krimineller wäre, würde ich dafür sorgen, dass uns so leicht niemand folgen kann.“

Damit blickte er zu McGee: „Hey, Elfenkönig. Was meinst Du?“

Der Angesprochene schaute kurz seinen Chef an, ging dann ebenfalls zur Konsole und betrachtete sie.

„Hmmm“, machte er, ging in die Knie und öffnete eine Wartungsklappe, ehe er wieder aufstand: „Schwierig. Man könnte die Konsole, beispielsweise, überladen.“

Damit blickte er zu Agatha: „Du hast doch sicherlich von den Logbüchern der Voyager gehört?“

Die XO verschränkte die Hände hinter dem Rücken, legte den Kopf nachdenklich schief und nickte dann: „Ja.“

„Erinnerst Du dich daran, was Janeway mit Seven of Nine gemacht hat?“, fragte McGee und man konnte Agatha ansehen, dass sie gerade einige Informationen durch ihren Kopf laufen lies. „Telepathische Werferpflanze.“, spezifizierte der Computergeek und jetzt hellte sich das Gesicht der hübschen XO auf: „Du meinst – wenn man die Konsole anfasst, fällt man in Stasis?“

„So in etwa.“, nickte McGee.
 

Die Beule entsprach ungefähr der Größe eines Fünf-Mark-Stückes und hatte sich inzwischen in ein nettes Lila verfärbt. Sebastian ‚Scotty’ Middlegate fluchte. Der Kopf schmerzte, aber – irgendjemand musste den Job machen und er konnte es Sam auch nicht alleine aufbürden. Zwar war die Air-Force-Colonel clever und hochintelligent, aber sie würde effektiv gesehen mit Technik „herumexperimentieren“, die ihr um knappe dreihundert Jahre voraus war.

Und das konnte er ihr nicht antun. Momentan war sowieso jeder beschäftigt. Seine rechte Hand, Greta Kays, war gerade dabei die Dilithium-Matrix wieder zu „alignen“, also wieder in Gang zu bekommen, Munroe krabbelte irgendwo in einer Jeffries-Röhre herum und versuchte, sein Team zu erreichen, dass sich nicht mehr meldete und die restliche Crew des Maschinenraumes kam ihren Aufgaben nach. Wie wollte er sich da abseilen? Es ging nicht.

Das „blipsen“ des Kommunikators war viel zu laut und so fluchte er erneut, ehe er das Kommunikationsgerät betätigte: „Middlegate?“

„Hier Agatha. Könntest Du einen deiner Schrauber runterschicken?“

„Wohin denn?“, fragte der Chefingenieur.
 

Die Tür glitt auf und Samantha Carter betrat den Transporterraum. Sie trug einen der technischen Equivalente eines Ärztekoffers, den irgendjemand an Bord mal „Techno-Koffer“ genannt hatte, worauf hin Captain und erster Offizier einander ein wenig sparsam anblickten.

‚Techno-Koffer?’, hatte der Captain gegrinst, ‚Dann lass’ ihn mal zu. Ich bin nicht der Freund dieses Bumms-hämmer-hämmer-bumms-hämmer-hämmer-bumms-hämmer-bumms-hämmer-bumms-bummshämmer -Dings.’

Sam klappte den „Techno-Koffer“ auf und nahm als allererstes ein langes Stück Metall heraus, mit dem sie einmal gegen die Konsole tippte. Als nichts passierte, nickte sie befriedigt, legte das Stück Metall weg und nahm einen technischen Tricorder, den sie auf die Konsole richtete.

„Ich scanne“, sagte sie und warf einen Blick auf das Datendisplay. Nach ein paar Minuten des intensiven „Auf-den-Tricorder-schauens“ machte sie einen nachdenklichen „Hmmm“-Laut und aktivierte ihren Kommunikator: „Carter an Middlegate. Alle Transporter sind sauber.“

„Gut“, sagte Gibbs und nickte Tony, Ziva und McGee zu, die zur Transporterplattform gingen und Positionen einnahmen. Gibbs folgte ihnen, wandte sich um und schaute zu Agatha: „Commander Silverbird – wir finden ihren Traceless. Beamen Sie uns runter.“
 

Washington D.C.

Leroy Jethro Gibbs atmete tief durch. Es roch einfach anders, in der großen Stadt, als auf einem großen Raumschiff. Dort war die Luft gefiltert und hier - gut, er musste zugeben, es gab durchaus Ecken, in denen er sich die gefilterte Luft des Raumschiffs wünschte, aber der Geruch von Herbst, der in der Luft lag, gemischt mit dem Duft eines Hot-Dogs, der ein paar Meter Straßenaufwärts verkauft wurde – es war einfach nur ein anderes Gefühl. Und so gerne er hier auch verweilen würde, er wusste, dass er jetzt eine Aufgabe hatte.
 

Traceless finden.

Nicht unbedingt ein einfacher Job – darüber hatte er sich in den letzten Tagen informieren können. Er war clever, er war gerissen und konnte sich in jeden möglichen Menschen verwandeln.

„Wird Zeit, dass Du wieder wer Anderes wirst.“, hörte er jemanden aus einer Gasse schimpfen. Die Antwort, ein süffisantes „Warum denn?“ wurde mit der selben Stimme gesprochen. Gibbs warf einen Blick zu seinem Team. Auch sie waren sich sicher, dass dort offenbar jemand einen Streit mit jemandem hatte, der aussah wie er.

Die Geräusche von abgefangenen Schlägen, Treffern, dem Klatschen von Fleisch auf Fleisch, schmerzvollen Stöhnen und Flüchen wurden immer lauter. Gibbs hob seine linke Hand, signalisierte seinem Team zu warten, zog mit der Rechten seine Waffe – keinen Phaser, sondern die Dienstwaffe, eine Baretta, und machte sich bereit, einzugreifen. Innerlich zählte er bis vier und warf sich dann aus der Deckung: „BUNDES…“

Er stockte und sprang dann wieder in Deckung, als einer der Beiden Cals einen Mülltonnendeckel nahm und ihn, wie eine gigantische Frisbeescheibe in seine Richtung schleuderte. Schmetternd krachte sie gegen die nächste Wand und blieb verbeult liegen.

Dem Mülltonnendeckel folgte einer der beiden Cals, der ebenfalls gegen die Wand krachte und dann liegenblieb.
 

Der Special Agent überprüfte seine Waffe und warf sich erneut aus der Deckung.

Gibbs riss seine Pistole hoch und feuerte

Cal und Gibbs zielten aufeinander

Der Schuss war kaum verklungen, da hörte Gibbs auch schon Schritte, die davoneilten.

Verdammt – eigentlich war er sich sicher gewesen, den Angreifer getroffen zu haben. Und so hetzte er ihm hinterher. Seine Beine trugen ihn, hämmerten auf den Asphalt und er war sich sicher, Traceless fangen zu können. Die enge Gasse, durch die er rannte, war sicherlich nicht in der Lage, diesem Verbrecher genügend Unterschlupf zu bieten. Inzwischen lief er wie auf Automatik. Die Hand war zu der Waffe geglitten, die er bei sich trug, er hatte sie gezogen und brachte sie so vor sich, dass er im Zweifelsfalle nur noch schießen musste.

Die Enge der Gasse wich einer großen, breiten Straße, die direkt vor ihm von links nach rechts verlief und in der eine Menge Verkehr war.

Hier würde ihn vermutlich keine Überraschung erwarten – allerdings würde es ihn nicht wundern, wenn genau dies doch eintrat. Er war nun schon viel zu lange dabei – ob beim Corps, dem NCIS oder seinem Vorgänger, dem NIS.

Dennoch – als er die Straße erreichte, war seine erste Reaktion sich an die Backsteinwand zu pressen und einen Blick um die Ecke, auf die große Straße zu wagen.

Die verdatterten Blicke eines älteren Ehepaares, das sich vermutlich gerade seinen Einkäufen widmete, waren ihm sicher und bewusst.
 

Ziva war die Erste, die reagierte. Sie war, nachdem Gibbs einen Schuss in die Gasse abgefeuert hatte und Traceless gefolgt war, zum offenbar bewusstlosen Captain gegangen, neben ihm in die Hocke und hatte nach seinem Puls getastet.

„Er ist nur ohnmächtig.“, sagte sie dann, einen Blick zu Tony und McGee gerichtet, die gerade ihre Waffen zogen und auf den Bewusstlosen zielten.

Die Stimme Tonys hatte eine, von ihr bis dato nicht gekannte Autorität und Sorge um ihr Wohlbefinden angenommen und sie konnte sehen, wie er Cal – so es denn Cal war – über den Lauf seiner Waffe hinweg anschaute, die Augen zugekniffen und bereit, im richtigen Moment zu schießen, sollte er auch nur einmal falsch husten.

Ziva warf dem Special-Agenten einen Blick zu, als würde sie seinen Geisteszustand in Frage stellen und blickte dann zum Ohnmächtigen, auf den diese Zustandsbeschreibung just in diesem Moment nicht mehr zutrag. Cal schlug die Augen auf, blickte verwirrt in die Runde und murmelte: „Frohes neues Jahr.“

„Frohes neues Jahr?“, echote Ziva und Cal schaute sie an. Jetzt erst konnte die hübsche Israeli sehen, dass er leicht schielte, etwas, dass man hier als „cross-eyed“ bezeichnete.

Er versuchte sich, auf sie zu konzentrieren, was bei dem Schielen und dem leicht dämlichen Lächeln auf den Lippen eher so wirkte, als sei er Betrunken oder noch benommen. Dann hob er einen Finger und deutete auf einen Fixpunkt neben ihr: „Ich sehe überall Feuerwerk. Muss also Neujahr sein. Frohes… neues.“

Dann wurde das Schilen schlimmer, die Augen rollten nach oben und er schloss sie wieder, mit einem schläfrigen Seufzen.

„Wow, eine echte Gefahr.“, murmelte Ziva sarkastisch und schaute zu Tony herüber, „Er denkt tatsächlich, es wäre Neujahr. Also – das ist ja mal wirklich ein ziemlich gefärhlicher Typ.“

Damit stand sie auf, den Blick immer noch auf den Halbitaliener gerichtet, ging den einen Schritt auf ihn zu und küsste ihn auf die Wange: „Danke, mein starker Held.“

Sie zwinkerte ihm zu, legte dann eine Hand auf den Lauf der Waffe und drückte sie leicht nach unten. Die Pistole folgte und allzubald deutete sie auf den Boden.

Ziva bemerkte zwar, wie Tim sie ein wenig ungläubig anblickte, schaute dann zu ihm und zwinkerte ihm amüsiert zu.

„Komm, sag Agatha bescheid, dass wir ihren Freund hier haben. Da werden ihr tausend Steine von der Lunge fallen.“

„Herz, Ziva.“, korrigierte Tony und grinste sie frech an, „Das heißt „Tausend Steine vom Herzen fallen“.“ Nun rollte die hübsche Israeli ihre braunen Augen und schenkte Tony ein genervtes Grinsen: „Musst Du mich immer korrigieren?“

Tony beugte sich nach vorne, sodass seine Lippen beinahe ihr Ohr berührten und hauchte: „Immer.“

Lächelnd lehnte sich Ziva an den Halbitaliener, berührte mit der rechten seinen Oberarm, fuhr ihn bis zur Schulter empor, glitt dann über den Nacken, wo sie ihn sanft mit ihren Fingernägeln kitzelte, erreichte den Hinterkopf und schlug mit einem lauten „Patsch“-laut zu.

DiNozzo zuckte zusammen und schaute sie überrascht an, als ihr genervtes Grinsen sehr frech und spielerisch wurde: „Ich nehme an, dann muss ich das hier auch immer tun.“

Tim räusperte sich, was Ziva und Tony dazu brachte, auseinanderzufahren, als habe der Blitz zwischen ihnen eingeschlagen. DiNozzo bedachte McGee mit einem wütenden Blick, während Ziva kurz zu Boden blickte, und dann mit der Hand ein in ihr aufsteigendes Lachen unterdrücken musste. Sie mussten wohl zu komisch ausgesehen haben.

„Ja, McGee?“, versuchte sie, wieder ernst zu werden.

Der Romancier zuckte mit den Schultern: „Hat einer von euch einen Kommunikator mitgenommen oder wie soll ich Agatha darauf hinweisen, dass wir ihren Schatz gefunden haben?“
 

Gibbs rannte wieder. Seine Beine trugen ihn mit der Eleganz und Geschwindigkeit eines Marathonläufers, was eigentlich nicht verwunderte. Beim Corps und NCIS musste man top-fit sein. Aber – dieser Gegner, gegen den er anging, war heimtückisch, immer in seinem Rücken und darauf aus, ihm ein Bein zu stellen. Und damit meinte er nicht Traceless, sondern, das Alter, das ihn immer wieder einholte. Er mochte zwar immer noch nicht zum alten Eisen gehören, aber er bemerkte, an diversen Stellen, dass er auch nicht mehr der junge Spund war, der damals zum Corps gegangen war. Gunnery Sergeant Gibbs. Gunny. Er war aus Überzeugung, Gerechtigkeitsempfinden und Vaterlandsliebe zum Corps gegangen, wollte sein Land vor Schurkenstaaten beschützen. Er hatte einen großen Teil dazu beigetragen, dass sein Land sicher war… und es hatte ihn die Frau und die Tochter gekostet.
 

Jetzt beschütze er Amerika und seine Alliierten auf andere Weise und…

Musste seufzen.

Wann immer er in dieser patriotisch-melancholischen Stimmung war, stellte er fest, dass er tatsächlich gealtert war. Inzwischen schrieb man das Jahr 2011 – in knappen 5 Monaten würde ein neues Jahr anbrechen, mit allen möglichen Katastrophen, die auf sie noch hereinbrechen würden. War der Tod Kellys inzwischen wirklich schon 20 Jahre her?
 

Erneut seufzte er und bemerkte, dass er inzwischen ziemlich weit gelaufen war. Sein Startpunkt lag knapp anderthalb Meilen hinter ihm und er bemerkte, wie sein Alter ihn wieder einholte. Seitenstechen plagte ihn, die Sicht verschwamm und er spürte deutlich, wie das Raubtier „Zeit“ hinter ihm auf einen Moment der Schwäche lauerte. Aber nicht mit ihm. Nicht mit Leroy Jethro Gibbs. Kurz hatte er sich gekrümmt, stand dann wieder stolz aufrecht und würde sich nicht unterkriegen lassen.
 

Traceless – der andere Jäger, der hinter ihnen her war und der tatsächlich einen Plan verfolgte, ganz im Gegensatz zur Zeit, die einfach nur ablief – war hier irgendwo. Nun hatte er auch Gelegenheit, sich genauer umzusehen.

Es war eine Gasse – nicht mehr so schmal, wie die, in der er Traceless angeschossen hatte, aber auch nicht unbedingt etwas, was man in die Washington-DC-Sightseeing-Tour mitaufnehmen sollte. Es würde ihn nicht wundern, wenn hier irgendwelche Banden ihr Unwesen trieben und er sich bald verteidigen müsste.

Kaum, dass er diese Erkenntnis getroffen hatte, hätte ihn beinahe etwas Anderes getroffen. Knapp hinter ihm fiel ein Eisenrohr zu Boden. Er blickte nach oben, und sah dort jemanden die Feuerleiter hochklettern. Der braune Haarschopf, der gerade aus seinem Sichtfeld verschwand, kam ihm ziemlich bekannt vor und so setzte er Traceless hinterher.
 

„Es geht mir gut.“, knurrte ein genervter Calvin Nathan Cat, als Ziva seinen Kopf betrachtete: „Ich bin keine Medizinerin, aber ich würde nach diesen Wunden zu urteilen, behaupten, dass das eine Lüge wäre.“

Sie lächelte ihn charmant an, richtete sich auf, stemmte die Hände in die Hüften und warf einen Blick zu Tony: „Also, ich würde sagen, wir schaffen ihn ins Krankenhaus.“

„Bekloppt geworden?“, fragte der Captain, richtete sich auf und verzog das Gesicht. Offenbar verschwamm vor seinen Augen die Sicht etwas, denn er versuchte, mit beiden Fingern, der nach vorne gestreckten Hände, irgendwie einen Referenzpunkt zu schaffen, damit er wieder klarer sehen konnte.

Tony konnte nicht anders, er musste grinsen. Das hatte unterschiedliche Gründe. Zunächsteinmal war die Tatsache, dass Ziva – seine Ziva – plötzlich mehr oder weniger die Florence Nightingale herauskehrte, einfach nur faszinierend. Sie war süß, wenn sie versuchte, sich um andere zu kümmern. Und er wusste, dass sie dies in den letzten Jahren zwar mit steigender Häufigkeit getan hatte, es ihr anfangs allerdings eventuell ein wenig unangenehm sein konnte. Zumal sie sich da um Menschen kümmerte, die sie gar nicht kannte. Tony bezweifelte, dass die hübsche Israeli nie zu Mitgefühl fähig gewesen wäre, denn sie hatte ihm schon oft erzählt, wie sie, wann immer Eli tatsächlich einmal krank zu Bett gelegen hatte, ihren Vater gepflegt hatte.

Auch konnte er ahnen, dass sie sich Michael Rivkin gegenüber immer sehr fürsorglich gezeigt hatte, ebenso Ray. Irgendwie fuchste es ihn, dass er noch nie in den Genuss ihrer Fürsorge gekommen war, aber – er war sich sicher, wenn sie beide einander ihre Gefühle endlich eingestanden hatten, würde sich dies auch ändern. Der Fakt, dass sie sich so freundlich um Cal kümmerte, war auch etwas, dass ihn ein wenig auf die Palme brachte und einer der beiden Gründe, weswegen er grinste.

Wie konnte er, nachdem er erlebt hatte, wie sie ihn – Tony - liebte, immer noch eifersüchtig auf den Captain sein? Das war doch Blödsinn. Der Offizier hatte eine Freundin und er bezweifelte, dass er das aufs Spiel setzen würde.
 

Der andere Grund betraf ebenfalls den Captain. Er stand da, wie Jack Sparrow, der immer diesen leicht schwankenden Schritt draufhatte und immer extrem angeschickert wirkte. So sah auch Cal aus und es amüsierte Tony.

Als die nussbraunen Augen Zivas ihn fokussierten, merkte er, wie sein Atem heftiger ging. Er schaute sie an, versuchte ein Lächeln, doch irgendwie scheiterte er.

„Krankenhaus, natürlich.“, brachte der Halbitaliener hervor, zog sein Handy und wollte gerade die Nummer wählen, als Cal sich räusperte: „Wie wärs denn hiermit?“

Dies fragte er und zog eine kleine Brosche – einen Kommunikator, wie Tony inzwischen wusste – aus der Hosentasche.

Ziva blickte ihn verblüfft an: „Moment mal, du hast einen Kommunikator und lässt uns darüber nachdenken, wie wir Dich nach Hause kriegen, Cal?“

Zur Verblüffung gesellte sich eine gehörige Portion Wut.

Der Captain zuckte mit den Schultern: „Hey, ich war bis gerade eben ohnmächtig, wenn das als Entschuldigung zählt?“

Ziva seufzte.
 

Gibbs schnitt eine Grimasse.

Tony DiNozzo hätte jetzt wirklich seinen Spaß gehabt. Einerseits hatte Jethro immer noch seine Worte „STOP! ICH HAB LAUFSCHUHE AN!“ im Ohr und war sich sicher, dass der Halbitaliener genau diese Worte jetzt ausrufen würde. Zum Teufel, er selbst war geneigt, sie nun auszurufen. Zum Anderen würde DiNozzo ihm spätestens jetzt in den Ohren liegen, wie sehr „Casino Royale“ diese Szene war. Und es stimmte. Gibbs hatte sich den Bondfilm mit Daniel Craig einmal angesehen und konnte sich nicht helfen – er müsste Tony zustimmen. Der Mann, den er da gerade jagte, rannte, wie von der Tarantel gestochen, nahm jedes Hindernis das ihm im Weg stand zum Anlas, darüber zu springen, unter ihm herzurutschen, einen Sprung zur Seite zu machen und an der Wand entlang zu rennen oder einfach über das Hindernis zu laufen, zu balancieren oder es auf Gibbs zu werfen.

Es war tatsächlich wie bei dem vorletzten Bond-Film, in dem der von Daniel Craig portraitierte blonde Bond einen Terroristen quer durch eine Stadt jagte und sich beide dabei in der Trendsportart „Parcour“ betätigten. Dabei durfte jedes Hindernis als Teil der Strecke gewertet, und übersprungen, unterrutscht oder sonstwie miteingebaut werden. Und der Mann vor ihm, der gerade rannte, als sei der Leibhaftige hinter ihm her, war so gut in Form, dass mit jedem Schritt, den er machte, die Identität des Mannes klar war. Es musste Traceless sein.Erneut hatte sich die Szenerie geändert, sie waren nun nicht mehr in einem der ärmeren Vierteln DCs, sondern befanden sich in einer Shopping-Mall. Dies war ein Fakt, den Gibbs auch erst bemerkte, als er mitten im Foyer stand, direkt neben einem Springbrunnen und einem Postkartenstand, der Fotografien der Sehenswürdigkeiten Washingtons anpries.

In dem Moment, in dem er wieder zu sich zurückfand und feststellte, dass er mitten in diesem Foyer stand, die Sig so haltend, dass er niemanden direkt bedrohte, aber bald feuern konnte, bemerkte er, dass sein Gegenspieler einfach weiterrannte, die Treppe hoch. Dann stoppte er kurz, schenkte seiner Umgebung einen Blick, drehte sich zu ihm um und sah ihn an.

Irgendwas war da in seinen Augen. War es Furcht? Panik? Einfach nur Wahnsinn? Gibbs wusste es nicht, aber er räusperte sich, schaute zu dem Flüchtenden empor und sagte: „Kommen Sie. Das hat doch keinen Sinn.“

„Für dich nicht, Traceless, für mich schon!“, schrie der Flüchtende, hatte seinen Phaser gezogen und gefeuert. Direkt neben Gibbs spritzte sengendheiße Erde auf. Eine Druckwelle schleuderte ihn zur Seite, und warf den Postkartenständer um. Und während Fotografien der Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt auf Gibbs niederregneten, kamen die umstehenden Passanten auf die nahezu grandiose Idee, lauthals aufzukreischen und sich in eine flüchtende Menschenmenge zu verwandeln.

Traceless brüllte etwas von oben, hatte einen Phaser in der Hand und …
 

Doch da war Gibbs auf den Beinen, zielte und schoss. Der Kriminelle wurde getroffen, taumelte, mit einem ungläubigen Gesichtsausdruck, zur Seite und stürzte die Treppe herunter.

Erleichtert richtete der Special-Agent sich auf und wollte gerade zu Traceless gehen, als sich ihm jemand in den Weg stellte.

„Danke, sie haben uns gerettet.“, stellte eine hübsche Rothaarige in seinem Alter fest. Er lächelte ihr freundlich zu, doch als er an ihr vorbeiblickte war Traceless wieder verschwunden.
 

McGee hasste den Moment des Transportes. Er wusste natürlich aus den unterschiedlichen Fernsehserien, die sich der Thematik „Erforschung des Weltalls durch die Föderation der vereinten Planeten“ verschrieben hatten, dass der Effekt nach aussen hin extrem cool aussah. Es war, als verschwinde – oder erschiene – man in einem Regenschauer. Allerdings war der Vorgang der Teleportation jedes Mal alles andere als cool. Immer wieder kam er sich vor, als würde er sterben – besonders, wenn dieser Sekundenbruchteil der absoluten Leere stattfand. In der Realität dauerte dieser Augenblick vermutlich nicht einmal eine Nanosekunde, aber Tim glaubte, jedes Mal zu spüren, wie sein Bewusstsein einer alles umfassenden Dunkelheit wich. Und jedes Mal schimpfte er sich für seine Angst einen Idioten. Dieses mal allerdings nicht. Denn kaum, dass er auf der Platform rematerialisiert war, fand er sich umzingelt von Offizierinnen und Offizieren die ihre Phaser auf den Captain richteten. Dieser blinzelte kurz überrascht.

„Schulde ich irgendwem von euch noch Geld?“, fragte er, mit einem schüchternen Lächeln in die Runde und zuckte zusammen, als Jill Menacer ihm den Phaser direkt vor die Nase hielt.

Sie funkelte ihn an: „Okay, Freundchen. Keine Zicken, mitkommen.“

Der Mann, von dessen Identität Tim immer noch nicht ganz überzeugt war, schluckte unbehaglich, betrachtete dann Jill und hob dann gehorsam die Hände.

Gleichzeitig sagte er: „Die Uniform ist normal, sie ist keine sexy Bauchfrei-Variante der Starfleetkluft – das heißt, Du, Jill, kannst eigentlich nur Du sein.“

Tim räusperte sich: „Aber… Captain, wir wissen nicht, wer Sie sind.“

Über das Gesicht des Offiziers – wenn er denn der Offizier war – lief ein strahlendes Lächeln: „ACH SO!“

Damit wandte er sich Jill zu: „Eigentlich sollte ich beleidigt sein, du untreue Tomate. Ich meine – gab es hier nicht mal was von wegen „Unschuldig, bis das Gegenteil bewiesen ist?“

„Ja“, nickte die taktische und Sicherheitsoffizierin, „Aber bei Traceless haben wir eine stehende Order. Keine Risiken eingehen. Heißt – entweder, du kommst jetzt artig in deine Arrestzelle, Pussy, oder aber wir bringen dich persönlich dorthin.“

„Pussy?“, hob Cal eine Augenbraue und zuckte mit den Schultern: „Naja, besser als Garfield.“

Damit wandte er sich zu Ziva, Tony und McGee um und winkte ihnen zu: „Ihr könnt mich gleich sicherlich im Knast besuchen. Ich glaube nämlich, dass Gibbs Traceless verfolgt.“

„Weiter gehen.“, sagte Jill und gab ihm einen unsanften Stoß in den Rücken. Der Captain taumelte nach vorne, kam neben Agatha zum Stehen, die ihn anblickte.

„Et tu, mon amour?“, fragte er und seine XO zuckte mit den Schultern: „Traceless ist einfach gut. Wir wissen es doch. Nicht mal seine Schwester könnte ihren Exfreund von ihrem Bruder unterscheiden, wenn der Bruder wie der Exfreund aussieht. Und das is Famillisch .“

„Ich verstehe“

Cal zuckte mit den Schultern, wandte sich dann an Jill und schaute sie an: „Darf ich mich noch eben von meiner Freundin verabschieden?“

„Keine Tricks.“, sagte die Sicherheitsoffizierin, was Cal zu einem freundlichen Lächeln und einem Kopfschütteln brachte: „Wie werde ich denn?“

Damit trat er auf die hübsche Rothaarige zu, schaute ihr in die Augen und gab ihr einen langen Kuss. Die XO erwiderte dieses Lippenbekenntnis, ehe sie sich von ihm löste und ihm in die Augen sah: „Schatz, geh mit, ehe die Sache hässlich wird.“
 

Ziva sah zu Agatha herüber und nickte anerkennend. Die Schwächen des Gegners ausspielen, um ihn zu kriegen – nicht schlecht.

Sie trat von der Teleportationsplattform und auf Agatha zu, die nun die Hände hinter dem Rücken verschränkte und hinter Cal hinterherblickte, der gerade abgeführt wurde. .

„Vermutlich war das nicht einfach, oder?“, fragte die Israeli, was durch ein Kopfschütteln der XO bestätigt wurde. Beide Frauen sahen einander in die Augen und Ziva konnte erkennen, dass sich in den Augen Agathas Tränen bildeten.

„Er ist mein Freund.“, erklärte die XO, „Wie soll es für mich einfach sein, ihm zu mißtrauen und jedes Wort auf die Goldwaage zu legen?“

Ziva zuckte mit den Schultern, legte ihr eine Hand auf den linken Arm und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln: „Ich bin sicher, wenn Gibbs den richtigen Cal jagt, dann wird er froh sein, dass Du so schnell geschaltet hast. Und wenn dieser Captain tatsächlich der Echte ist, dann kann man davon ausgehen, dass ihr irgendwann darauf zurückblickt und darüber lacht.“

„Ich weiß, du hast recht, huschte ein kleines, trauriges Lächeln über die attraktiven Züge der Rothaarigen, „und wenn man bedenkt, wie lange wir uns schon kennen – wir haben viele Abenteuer erlebt, auf die wir mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurückblicken können. Er ist ja mehr oder weniger ein Freund der Familie.“

„So gut kennt ihr euch?“, fragte Ziva und Agatha zuckte mit den Schultern, ehe sie zu Tim und Tony blickte: „Warum steht Ihr beiden da eigentlich so rum, wie bestellt und nicht abgeholt?“

Der Halbitaliener schaute zum Romancier, zuckte mit den Schultern und sagte: „Komm, wir gehen, ehe uns Ziva auch betäubt.“

„Da stehst Du doch drauf.“, grinste McGee, was ihm einen bösen Blick und ein „Was war das, Bambino?“ eintrug.
 

Aufgeben zählte seit jeher zu keiner Charaktereigenschaft, die Leroy Jethro Gibbs für sich verbuchte. Im Gegenteil – wenn er eine Spur hatte, wurde er hartnäckig und verbiss sich in ihr, wenn er keine Spur hatte, hörte er auf sein Bauchgefühl, aber… aufgeben stand definitiv ausser Frage.

Und selbst wenn dieser Typ ihm wieder entkommen war – dieses mal hatte er drei Kugeln im Körper Traceless versenkt, es konnte nicht all zu schwer sein, der Blutspur zu folgen. Und als er am Fuß der Treppe, die Traceless heruntergestürzt war, anlangte, stellte er fest, dass die Blutspur schön deutlich zu sehen war. Sehr gut. Von den Blutspritzern, die von der Lache aus Richtung Westausganges der Mall führten, konnte er einige Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand seines Gegners ziehen. Momentan war er sich sicher, dass der Gesuchte schwer verwundet war und eines seiner Beine nicht mehr vollständig belasten konnte. Auch fiel ihm an der Wand neben ihm ein roter Handabdruck auf – sehr wahrscheinlich von einer blutverschmierten Hand.

Mit vorgehaltener Waffe folgte er der Blutspur, bis er sah, dass sie vor einem Aufzug endete.

Es konnte natürlich sein, dass Traceless ihn jetzt sofort hinter der noch geschlossenen Aufzugtür erwartete, entweder in guter Kampfverfassung oder von Blutverlust geschwächt und kollabiert.

Es war allerdings auch möglich, dass der Verbrecher sich in einem der Shops auf der zweiten Etage der Mall versteckte, oder in einem der Büros, die noch ein Stockwerk höher angesiedelt waren. Oder aber er befand sich auf dem Dach.
 

Die Turbolifttür glitt auf und Jill betrat, energisch schreitend und mit einem selbstbewussten Lächeln auf den vollen Lippen, die Brücke. Sie wandte sich an ihre befehlshabende Offizierin: „Ich melde gehorsamst: Das Subjekt befindet sich in der Arrestzelle. Keine Schwierigkeiten, keine Ausbruchsversuche.“

„Hm“, machte die XO, „Dann melde das mal zu Gibbs. Er soll Cal ausfindig machen und dann zum Navy Yard fahren. Wir holen den Captain dann dort ab und kümmern uns endlich, endlich darum, das Motiv des Mordes an Captain Stone herauszuarbeiten.“

„Alles in Ordnung?“

Jill sah von ihrer Konsole auf und die XO von der Seite an. Diese drehte sich zu Jill um, zuckte mit den Schultern und streckte sich: „Ja – ich bin nur… ich bin nur fertig mit der Welt. Das is alles. Mein Freund ist da unten und wird von Gibbs gejagt, Ginas Bruder hat sich als mein Freund ausgegeben und hätte wer-weiß-was tun können und wir haben einen Mordfall an den Hacken. Alles ein bischen viel.“

„Ich kann dir zur Hand gehen.“, schlug die taktische Offizierin vor, „Ich meine, ich kann dir helfen. Also – wenn du willst.“

Agatha schüttelte den Kopf: „Nein, ich … ich muss das alleine machen.“

„Du bist genau wie dein Freund.“, stellte die Blonde fest, „Ihr seid beide gleich stur. Warum denn auch Hilfe annehmen, hm?“

Seufzend lehnte sich die XO wieder in ihren Sessel zurück: „Ich nehme an – Hilfe ersuchen kommt für mich nicht in Frage. Habe ich nie. Ich hab immer alles alleine gemacht.“

Damit blickte sie ihre Freundin an, stand auf und ging zu ihr herüber: „Und irgendwie vermisse ich das.“

„Was?“, fragte Jill, „Du vermisst… was? Deine Kindheit? Deine Jugend? Liebelein, es tut mir leid, es dir so knallhart sagen zu müssen, aber – da kann ich nicht mitreden. Über deine Kindheit und Jugend hast Du immer ein großes Geheimnis gemacht. Ich weiß so gut wie gar nichts über dich, bevor du zur Academy kamst.“

„Kann es sein, dass es dich als Sicherheitsoffizierin fuchst, dass Du nicht weißt, wer der zweite Kommandant des Schiffes ist?“, ließ nun Agatha eine Frage erklingen, in die sie ein charmantes, gewitztes Lächeln einflocht.

Jill betrachtete ihre Freundin kurz, zuckte dann mit den Schultern und meinte: „Kann sein. Ich meine – was ist deine Lieblingsfarbe?“

Die XO überlegte kurz, schenkte ihr ein geheimisvolles Lächeln und flüsterte ihr die Antwort ins Ohr.

„Aber pssst.“, machte sie, nachdem sie sich normal neben Jill positioniert hatte, „Das weiß niemand. Nicht einmal Cal.“

Jill nickte und legte sich eine Hand auf die Brust: „Ich werde das Geheimnis in meinem Herzen verwahren.“

Ein Räuspern von der Navigationskonsole ließ die beiden Frauen Alex verwundert anschauen, der amüsiert dreinblickte: „Meint Ihr beiden Grazien nicht, dass Ihr für eine ordinäre Sache wie ‚Meine Lieblingsfarbe’ ein wenig zu sehr auf Mission: Impossible macht?“

Agatha lächelte ihm zu: „Vielleicht – vielleicht auch nicht.“

Damit klopfte sie der taktischen Offizierin auf die Schulter: „Und jetzt gib Gibbs bescheid.“

„Mach ich.“
 

Weder die Boulettenbraterei aus Illinois, noch das Jeans-Fachgeschäft waren der Aufenthaltsort Traceless gewesen. Das hatte Gibbs festgestellt, nachdem er der Blutspur gefolgt war. Sie führte zu einem Treppenhaus und der Special Agent war sich sicher, dass er bald Traceless haben würde. Gibbs näherte sich langsam der Tür, griff nach dem Griff und …
 

Die Tür flog auf.

Traceless, immer noch mit dem Gesicht von Cal, warf sich Gibbs entgegen und der NCIS-Agent brauchte ihn nicht einmal näher herankommen zu lassen. Er drückte ab. Wieder drangen die Kugeln in den Körper des Verbrechers ein, der zu Boden taumelte und liegenblieb.

Mit auf Traceless gerichteter Waffe trat Gibbs auf ihn zu, kickte den Phaser ausser Reichweite und griff nach seinem Handy, das in diesem Moment zu klingeln begann. Die Nachricht ließ den Chefermittler ein wenig stutzen, dann schaute er auf den am Boden liegenden Verbrecher, dessen Wunden sich merkwürdigerweise nicht heilten.

„Jill“, setzte Gibbs an, „Ihr habt tatsächlich den Richtigen. Erfasst mein Handysignal und beamt mich sofort, mit eurem Captain, auf die…“

Weiter kam er nicht, denn plötzlich war Cal wieder auf den Beinen, wirkte nicht mehr so angeschlagen wie vorher und schlug dem Chefermittler das Handy aus der Hand, ehe er sich daran machte, fortzulaufen.

Gibbs seufzte. Nahm das denn nie ein Ende?
 

Wenn es sich bei dem Captain um einen größeren Menschen gehandelt hätte, wäre die Situation bestimmt sogar ein wenig unheimlich gewesen. Der Mann stand hinter einem Kraftfeld, Handschellen fesselten seine Hände vor dem Bauch und ein Grinsen war auf seinem Gesicht zu sehen. Dieses Grinsen erweiterte sich, als er Ziva sah, die den Raum betrat.

„Hi, Ziva.“, sagte er und seine Stimme verriet eine gewisse Unbekümmertheit, „Wie geht’s Tony? Wo ist er?“

Die Israeli bedachte ihn mit einem mißtrauischen Blick. Sie merkte, wie in ihrem Geist, die Frage, ob dies wirklich der Captain, oder doch Traceless war, eine immer prominentere Position einnahm. Sie schaute ihn an, studierte jeden Zentimeter seines Gesichts und fühlte sich an ihre Zeit beim Mossad erinnert, in der sie lediglich anhand Mimik, Gestik und Sprachduktus der befragten Zielperson herausfinden musste, ob sie die Wahrheit sagte, oder nicht. Und obwohl sie diese Tests hasste, wusste sie um ihren Sinn und immer recht gut in ihnen gewesen.

Die Augen – so war ihnen eingebläut worden – waren der Schlüssel zum Gelingen der Operation. Als „Fenster zur Seele“ konnte man an ihnen am Ehesten ablesen, ob jemand log, wenn man wusste, wonach man zu suchen hatte und derjenige, den man überprüfen will, nicht geübt darin ist, sein Gesicht unter Kontrolle zu halten. Für solche Menschen gab es dann andere Wahrheitsfindungsmethoden – aber für eine freundliche Unterhaltung, bei der derjenige, der überprüft wurde nicht wusste, dass er überprüft wurde, reichte es durchaus aus.
 

Calvin Cats Augen jedoch… entweder wusste Traceless, sich zu verstellen, oder aber es war wirklich Cal, denn in diesen Augen fanden sich eine bunt-gemischte Vielzahl an Emotionen, die der Agentin die Identität des Befragten nahezu entgegenschrien. Freude, Sorge, Neugierde, Ironie – all das fand sie vor und hoffte, dass sie nicht allzu falsch lag, als sie zum Kommunikationsterminal ging und sagte: „David an Silverbird? Komm mal bitte in die Arrestzelle.“
 

Einige Minuten später befanden sich, sowohl Agatha, als auch Jill zusammen mit Tony, McGee und Ziva in der Arrestzelle und schenkten ihre ungeteilte Aufmerksamkeit der hübschen Israeli.

Diese hatte ihnen gerade ihre Überlegungen mitgeteilt und Agatha konnte sich nicht helfen, als sie als ziemlich logisch zu bezeichnen. Schließlich hatte sich das Verhaltensmuster des gejagten Captain mehr oder weniger als das von Traceless herausgestellt. Was bedeutete: Cal befand sich hinter dem Kraftfeld. Sie warf einen Blick zur taktischen Offizierin, der vermutlich die gleichen Gedanken durch den Kopf gingen und streckte ihre Hand nach dem Kontrollpanel aus, das wenige Sekunden später das Kraftfeld kollabieren ließ. Cal trat vor, streckte die Hände aus, sodass Jill ihn befreien konnte, und blickte von ihr zu seiner Freundin und XO.

„Jetzt gilt es.“, schoss es Agatha durch den Kopf, „Jetzt wird sich zeigen, ob der Cal, den wir hier haben, der Echte ist.“

Diesem Gedanken folgte: „Und wenn dieser hier der Falsche ist, wird er sich garantiert wieder daran machen, das Schiff zu erobern. Dann wissen wir aber, woran wir sind.“

Der Captain trat auf sie zu, blieb allerdings ausserhalb ihres persönlichen Bereiches und lächelte sie schief an: „Sag mal, Schatz, musstest Du da tatsächlich erst Ziva kommen lassen, um mich einwandfrei identifizieren zu können?“

Er zwinkerte: „’N bischen schwach, oder?“

Agatha merkte, wie Zorn ihre Gedanken umwölkte.

„Ach ja?“, sagte sie, „Ich werde dich daran erinnern, wenn er sich das nächste mal meinen Körper aussucht, um ihn zu immitieren.“

Verwundert hob der Kommandant der Dragonfly eine Augenbraue, schaute dann zu Jill, danach wieder zu Agatha und kratzte sich nachdenklich am Kopf: „Sorry, das war vielleicht ein bischen zu vorlaut?“

„Ein bischen?“, fragte seine Freundin und schüttelte den Kopf: „Ich bin durch eine emotionale Vorhölle gegangen, du unsensibler Holzklotz.“

„Das Gefühl kenn ich.“, sagte der Captain und trat näher, „Als Traceless dich im Gang niedergeschossen hat… ich… ich dachte, ich hätte…“

Und dann, so als hätte er komplett vergessen, wo er sich befand, ging er den letzten Schritt auf sie zu und schloss sie in seine Arme, den Kopf gegen ihre Schulter gelehnt.

„Gott“, schluchzte er, „Ich dachte wirklich, ich hätte dich verloren. Ich dachte wirklich, er hätte dich erschossen.“

Dies war ein Novum. Nicht, dass er ihr nicht schon oft gesagt hätte, dass er sich um sie Sorgen mache – aber meistens war es so, dass sie sich gut ihrer eigenen Haut erwehren konnte. Dieses mal war sie jedoch in einen Hinterhalt geraten und – gerade als sie getroffen wurde – hatte sie sich dafür verflucht. Sie benötigte einige Sekunden um sich zu fangen, dann schlang sie ihre Arme um ihn, ließ die Hand sanft über seinen Rücken streichen und gab ihm einen Kuss, den er zärtlich erwiderte und sich weiter an sie schmiegte.
 

Tony blickte zu dem Liebespaar und wandte sich dann an Ziva, die ihn anblickte.

„Hey, komm nicht auf den Gedanken, mich jetzt auch küssen zu wollen.“, sagte sie mit trockenem Humor in der Stimme. Der Halbitaliener stockte kurz, schaute sie verblüfft an und grinste dann. Sie war einfach … sie war schon klasse, die gute Ziva. Und nach dem Ende dieser Mission würde er sie zum Essen einladen – nicht so, wie er es bis jetzt immer gemacht hatte, mit dem Ziel eine Frau ins Bett zu kriegen, sondern mit dem Ziel, Ziva für sich zu gewinnen. Natürlich wäre er auch nicht abgeneigt, mit ihr zu schlafen, aber es ging ihm hier nicht nur um den körperlichen Aspekt. Obwohl sie so attraktiv wie exotisch war, war es nicht seine Lendenregion, die ihn leitete, sondern das immer schneller schlagende Herz des Agenten.

„Keine Sorge.“, sagte er, „Ich werde mich benehmen.“

Dies brachte Ziva und McGee dazu, den Agenten verblüfft anzusehen. Das bemerkte er allerdings erst nach einigen Nanosekunden, widmete seinen Mitarbeitern dann seine volle Aufmerksamkeit und schaute sie fragend an: „Was ist los?“

„Du willst dich benehmen, Tony?“, fragte Ziva und tastete nach seiner Stirn: „Bist Du krank?“

„Das machst Du doch sonst nie.“, sekundierte McGee, ehe er mit Ziva einen vielsagenden Blick wechselte und der Agentin die Schlusspointe gab. Sie betrachtete den Halbitaliener und lächelte dann: „Das kann nur heißen, dass Du Traceless bist.“

Augenblicklich hatten Cal, Agatha und Jill ihre Phaser gezogen und sie auf Tony gerichtet. Der Captain trat einen Schritt nach vorne und knurrte: „Dann werde ich dich umbringen müssen.“

Und gerade, als Tony überlegte, ob es sinnvoll wäre, entweder abzuhauen oder den Irrtum zu erklären, grinste der Offizier, zwinkerte ihm zu und sagte: „Peng.“

„Sehr witzig.“, murrte Tony und wollte etwas sagen, doch Zivas bezauberndes, hypnotisierendes Lächeln ließ all seine Gedanken verfliegen.
 

Gibbs hätte nie gedacht, dass ein einziger Mann ausgereicht hätte, um ihn in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen. Inzwischen war Traceless aus der Shopping Mall geflohen und war – verfolgt von Gibbs – auf eine der offeneren Straßen gerannt.

In Gedanken konnte der Senior Special Agent wieder nicht umherkommen, dem Verbrecher seinen Respekt zu zollen. Die breite Straße und die große Menschenmenge war definitiv ein großes Plus. Und – das musste man hier auch mal sagen – es war Gibbs unmöglich, seine Waffe abzufeuern. Schließlich musste er dazu die komplette Menschenmenge zwischen sich und Traceless informieren wer sowohl er war, als auch derjenige der gejagt wurde, und spätestens nach dem geschrienen „BUNDESAGENTEN“ war für Gibbs klar, dass die Menschenmenge ihn erst einmal komplett verdattert ansehen würde. Und bis er diesem Konglumerat aus ihm unbekannten Personen erklärt hatte, was er vorhatte und warum er sich so laut identifiziert hatte und eine Waffe bei sich trug – das würde dauern.

So ließ er die Waffe erst einmal stecken und versuchte, sich einen Überblick zu verschaffen. Wo konnte sich Traceless verstecken?

Eigentlich kam jede Ecke als mögliches Versteck in Frage, aber – so, wie er den kriminellen Verkleidungskünstler einschätzte, war er sich sicher, dass dieser sich einen der höchsten Punkte dieser Gegend aussuchen würde.

Hätte er an seiner Stelle auch gemacht. Von diesem höchsten Punkt hatte man in der Regel einen guten Überblick, stand über den Dingen und war vor allem vor Angriffen von der Seite geschützt, wenn sich der potentielle Angreifer unter ihm befand.Und auf der Straße, auf der er war, gab es nur ein sehr großes Gebäude, das von jedem Ort gesehen werden konnte. Die Zweigstelle der Goliath National Bank.

Praktischerweise strebte die Straße geradewegs auf den kreisrunden Platz zu, auf dem die GNB der weit sichtbare höchste Punkt war. Also mobilisierte Gibbs noch einmal alle Kraftreserven für einen Sprint, der ihn zu eben diesem Gebäude tragen würde.
 

Die Tür zur Astrometrie glitt auf und Ran Sato fuhr überrascht herum, als plötzlich Calvin Nathan Cat, Agatha Silverbird und Jill Menacer, sowie drei Mitglieder des Teams von der Erde im Raum standen.

Jill deutete auf die große holografische Karte hinter der schlanken Asiatin, die sich immer wieder aktualisierte: „Hatte ich Dir nicht gesagt, dass Du dein Projekt „Catsghost“ in der Nachtschicht erledigen sollst?“

„Ja, schon.“, sagte die Asiatin, „Aber … ich hatte gerade einen sehr guten Lauf, mit den verbesserten Sensoren und… es tut mir leid.“

Damit verneigte sie sich in einem bestimmten Winkel und Cal runzelte die Stirn: „Was ist Projekt ‚Catsghost’ eigentlich nochmal genau?“

Agatha blickte zu ihm, zuckte mit den Schultern und lächelte dann: „Keine Ahnung – aber Du hast es genehmigt. Ich dachte, du wüsstest es.“

„Eigentlich nicht. Ich meine – Gina hatte gesagt, es wäre eine gute Sache, also…“, rechtfertigte sich der Captain, ehe er Ran anschaute: „Aber ‚Catsghost’ klingt irgendwie – ich weiß auch nicht…“

Die hübsche Asiatin trat auf den Offizier zu, lächelte ihn an und sagte dann, in einem sehr sanften, sehr höflichen Tonfall: „Keine Sorge, Sir. Es ist nur ein kleines Familienprojekt. Ich verspreche Ihnen, es wird die Schiffsfunktionen und die Abläufe nicht beeinträchtigen.“

Cal legte den Kopf schief, so, als ob er überlegen würde, zuckte dann mit den Schultern: „Wenn das so ist…“

Damit wandte er sich an seine XO und schaute sie ratsuchend an. Diese machte eine Handbewegung, als wolle sie sagen „Is dein Schiff, mach Du deine eigenen Fehler“ und verschränkte dann die Arme vor der Brust.

Erneut warf der Captain einen Blick auf den Bildschirm, schaute dann zu Ran und sagte schließlich, mit einer Lockerheit in der Stimme, die verriet, dass es möglich wäre, dass er gar nichts verstanden hatte: „Dann is ja okay. Aber dennoch müssten wir dein kleines Projekt mal kurz abbrechen. Wir brauchen die Sensoren, um wichtige Arbeit zu erledigen.“

„Ich habe verstanden.“, erklärte Ran, wandte sich zur Konsole um und gab einen kurzen Befehl ein: „Ich werde den Suchlauf speichern und danach die Arbeitsstation für Sie frei geben, Captain..“

„Danke, Ran.“, nickte der Kommandant und schaute ihr bei ihrer Arbeit zu: „Aber… vielleicht könntest Du mir wirklich erklären, worum es geht?“

Die Asiatin betätigte eine Taste und wandte ihren Blick dann zum Captain: „Sir… es ist lediglich ein familieninternes Projekt. Ich beobachte die Flugbahnen verschiedener Raumschiffe, die den Planeten Erde über die letzten Jahre und Jahrhunderte angeflogen haben.“

Fasziniert hob Cal beide Augenbrauen: „Und wie machst Du das?“

„Das ist der schwere Teil. Wissen Sie, Sir“, sie beendete das Programm, wandte sich dann voll und ganz dem Captain zu und verschränkte die Arme hinter dem Rücken, sodass sie fast schon dozierend da stand: „Raumschiffe die in den letzten Wochen in diesem System waren, können wir natürlich durch Ionensignaturen erkennen. Wenn die Besuche ihre Jahrhunderte her sind, ist dies nahezu unmöglich, da diese Ionen recht schnell flüchtig sind.“

„Das ist“, unterbrach McGee die hübsche Asiatin, deren Stimmmelodie ihre Herkunft deutlich verriet, „Wie in ‚Broken Bow’, dem Pilotfilm zu ‚Enterprise’.“

Jill, Agatha, Cal und Ran schauten ein wenig verdattert zum Compterexperten herüber. Dieser bemerkte, was er da gerade gesagt hatte, rollte überlegend mit den Augen und sagte dann: „Die erste Mission der NX-01. Captain Archer hat doch ein Schiff der Suliban in einen Gasriesen verfolgt. Erinnern Sie sich?“

Cal schaute McGee ein wenig schräg an, wandte sich dann an Ran und machte eine wegwerfende Handbewegung: „Bevor Du fragst – anscheinend sind die Geschehnisse der Expeditionen von Archer, Kirk, Picard, Sisko und Janeway den ‚Erdlingen’ durchaus bekannt.“

Damit warf er wieder einen Blick zu McGee, der ein amüsiertes Funkeln in den Augen des Captains zu sehen glaubte: „Die mutigen Abenteuer der USS Dragonfly und ihres heroischen Captains, Calvin Nathan Cat, allerdings werden nirgendwo erwähnt.“

Tim grinste: „Ich könnte mich ja anbieten, über euch eine Fanfiction zu schreiben. Wobei – vielleicht passiert dies ja gerade. Irgendwo auf der Erde? Ein Junge mit viel zu viel Freizeit sitzt vor seinem Laptop und hämmert gerade sinnlose Wortfetzen in die Tastatur.“

„Sinnlos?“, echote Cal, „Die Abenteuer der Dragonfly? Niemals.“

Dann grinste er, wandte sich wieder Ran zu und schaute auf den Bildschirm: „Dann könnten wir damit doch sicherlich auch Raumschiffe ausfindig machen, die in den letzten Tagen über Baltimore geschwebt sind, oder?“

Die Asiatin nickte, nachdem sie kurz überlegt hatte.

„Gut, dann machen wir das.“, riss nun Agatha das Wort an sich und trat neben Cal, ihm eine Hand auf die Schulter legend. Der Captain sah beide – also die Hand und die XO – ein wenig verblüfft an. Sie schenkte ihm einen leicht genervten Blick und wandte sich dann an die Asiatin: „Wir müssen jetzt allerdings ein paar Sachen klären.“

„Oh, kein Problem. Ich hab sowieso Dienstfrei.“, erklärte Ran und wandte sich zur Tür.

Cal schaute ihr kurz hinterher, runzelte verblüfft die Stirn und wandte sich an Jill und Agatha: „Süß – aber extrem merkwürdig. Ist sie immer so?“

„Nein, erst seit wir sie kennen gelernt haben.“, seufzte Agatha trocken und drehte sich nun zu McGee, Ziva und Tony um: „Ihr hättet ruhig etwas sagen können.“

Der Halbitaliener deutete ein wenig verblüfft auf das große Hologramm vor ihnen allen.

„Das ist ja…“
 

Auf dem Dach des GNB-Gebäudes öffnete sich eine Tür, die das Treppenhaus von jenem Dach trennte. Es war Gibbs klar, dass dies der wahrscheinlich logischste Aufenthaltsort war, wenn man sich versuchen wollte, zu orientieren. Also war es mehr oder weniger logisch, dass sich auch Traceless, sollte er sich einen Überblick verschaffen wollen, genau hier aufhielt. Und tatsächlich saß, mit den Beinen über dem Abgrund baumelnd, die Gestalt Calvin Nathan Cats dort und starrte in die Ferne. Als Gibbs näher trat, zog der Andere die Beine an, stand auf und drehte sich zu ihm um.

„Interessante Verkleidung, Traceless.“, sagte der Offizier dann und wenn sein Hemd nicht vollkommen rot, von dem ganzen Blut gewesen wäre, hätte Gibbs ihm tatsächlich geglaubt, dass er Cal war.

„Mich legen Sie nicht rein.“, sagte er daher nur und nickte in Richtung des Hemdes.

Traceless – oder besser: Der Mann, von dem Gibbs dachte, dass es Traceless sei – schaute an sich herunter und nickte: „Ja – ich weiß. Das sieht sicherlich ein wenig merkwürdig aus.“

Er zuckte mit den Schultern: „Ich meine, Du wirst wissen, wie das passiert ist, mein Freund und Kupferstecher. Aber – ich tu mal für einen Moment so, als wärest Du tatsächlich der, für den Du dich ausgibst.“

„Und warum tust du das?“, fragte Gibbs.

Traceless zuckte mit den Schultern: „Einer muss in dieser Szene die Exposition übernehmen und unseren Lesern erklären, was los ist.“

Dann räusperte er sich: „Ich tu mal so, als wärest Du Gibbs. Also:“

Er blickte kurz zu Boden, zuckte dann zusammen und sein Kopf ruckte hoch – mit einem gehetzten Gesichtsausdruck. Dann nahm der Mann Gibbs wahr, hob die Hände und sagte, in einem sehr hektisch hervorgepressten Duktus: „Bitte – nicht schießen. Ich… ich bin ich. Ich bin Cal.“

Er deutete auf sein Hemd: „Das? Das ist… das war Traceless. Er… er hat mir ein Serum injiziert. Es… es heilt einen automatisch. Bitte, glauben Sie mir.“

Gibbs blickte sein Gegenüber über den Lauf der Waffe hinweg an und wenn Traceless auch nur halb so gut in der Kunst des sogenannten „Cold readings“ war, also darin, Menschen auf Anhieb zu durchschauen, dann wusste er, dass der Special Agent Traceless kein Wort glaubte.

Erneut änderte sich die Körperhaltung Cals – oder Traceless. Der Mann blickte über die Kante des Daches, hinab in den Abgrund der Straße unter ihnen.

„Das Zeug, dass Du mir gespritzt hast, ist… naja, man kann ihm eine gewisse Coolness nicht absprechen, Tracy-boy.“, sagte er dann, „Ich könnte mich hier vom Gebäude fallen lassen – nachdem das Genick gebrochen ist, heilt alles wieder. Es ist zwar tierisch schmerzhaft, wenn die Knochen wieder in die richtige Richtung gedreht werden, aber – irgendwie isses cool. Deswegen passiert mir auch nichts, wenn du hier wie Gibbs auftrittst und mich über den Haufen knallen willst.“

Der Grauhaarige atmete einmal tief durch und mit einer Stimme, die deutlich verriet, dass er kurz davor war, den legendären „Lethal-Weapon-Satz“ „Ich bin zu alt für diesen Scheiß“ zum Besten zu geben, sagte er: „Ich bin Gibbs, nicht Traceless.“

Der Mann an der Dachkante stockte kurz, runzelte fragend die Stirn und lächelte dann: „Hey, das is ja clever. Sehr clever. Ich meine, ich kann nicht feststellen, ob Du wirklich Gibbs bist, oder nicht – so gut kenne ich den Special Agent nun auch nicht.“

„Und ich kenne den Captain nicht gut genug, um zu beweisen, dass sie Traceless sind.“, sagte Gibbs und zuckte mit den Schultern: „Klingt nach einer Patt-Situation.“

Sein Gegenüber nickte: „Japp, das tut es wohl.“
 

„Japp, das ist ein Hologramm von Washington.“, sagte Cal in diesem Moment und ließ seine Finger über die Tastatur der Astrometrie fliegen. Agatha schaute ihn an, und für einen Bruchteil einer Millisekunde war da tatsächlich etwas wie Bewunderung zu erkennen, fand Ziva. Der Captain zuckte mit den Schultern: „Zehn-Finger-Blind-System. Was man gelernt hat, hat man gelernt und kriegt es nie wieder von der Platte. Genau wie Shakespeare.“

Er pausierte, um mit gelangweilter Stimme zu intonieren: „ Wie ich auch den Wald durchstrich – kein Athener zeigte sich.…

Ziva wusste erst, dass sie es getan hatte, als sie es getan hatte. Ihre Hand hatte sich sozusagen verselbstständigt und dem Captain mit voller Wucht auf den Hinterkopf geschlagen. Ein lautes Klatschen war zu hören und Cal zu ihr herumgefahren: „Ich glaub, die Tendenz zum Gibbs-en liegt im Team, oder?“

Erneut ein lautes Klatschen, dieses mal drehte sich Cal zu Agatha um: „Oder auch nicht.“

Die XO deutete auf die Tastatur: „Mach hinne. Wir wissen nicht, wo Traceless sich – zusammen mit Gibbs aufhalten könnte.“

„Ja, ich scanne nach dem großen Boss.“, meinte Cal dann noch und hackte weiter auf die Tastatur ein.

Ziva lehnte sich mit dem Rücken gegen die Konsole, mit vor der Brust verschränkten Armen und schaute Cal ins Gesicht, in dem sie tatsächlich Anstrengung und den leisesten Hauch einer Ahnung, was er da tat, vorfand. Irgendwie beruhigte es sie, dass ein Captain eines Raumschiffes tatsächlich eine entfernte Ahnung von seinen Tätigkeiten hat. Das entspannte sie kollosal.

„Sag mal, Cal… wie soll das funktionieren?“

Erneut rasten die Finger des Captains über die Tastatur: „Also – wenn ich das richtig verstanden habe, was mir Scotty und Sam vor ein paar Jahren zu erklären versuchten, dann kann das Raumschiff nach spezifischen DNS-Strängen scannen.“

Agatha nickte und fuhr mit der Erklärung fort: „Natürlich nicht bei Traceless, das wäre ja auch zu schön um wahr zu sein, aber … euren Boss müssten wir finden können, genau so wie wir jeden unserer Vorfahren mit diesem Computer finden könnten – nur eben … nicht den auf den es ankommt.“

„Das wäre ja auch wirklich mal zu schön.“, seufzte Tony und man konnte hören, dass er es definitiv nicht ernst meinte.
 

Gibbs betrachtete sein Gegenüber über den Lauf seiner Waffe und war bereit, im Zweifelsfall zu schießen.

„Ich hab wichtigere Dinge zu tun, als zu beweisen, dass Sie Traceless sind, Traceless.“, sagte er und seine Waffe ruckte wieder hoch, als sich der Angesprochene ihm zuwandte.

Der Mann, von dem sich Gibbs sicher war, dass es sich dabei um den Verbrecher handelte, hob beide Hände und schaute ihn an – wenngleich ein wenig genervt.

„Meinen Sie wirklich, wenn ich Traceless wäre, würde ich mich von Ihnen quer durch die Stadt jagen lassen? Ich bitte sie. Ich würde schön oben, auf dem Schiff bleiben, von wo ich alles überwachen könnte.“

Damit setzte er sich: „Was ich gerade auch am Liebsten täte.“

Er ließ seine Hände über die Beine gleiten und verzog schmerzverzerrt das Gesicht: „Junge, das gibt einen Muskelkater. Au haua ha.“
 

Irgendwie erschien Gibbs der Gedanke, dass der Verbrecher, den er jagte, sich über einen Muskelkater beschweren würde, absurd, aber, wenn er im Laufe der letzten Tage eines gelernt hatte, dann war es, einerseits die neue Regel 52 zu befolgen und zum Anderen diesem Kriminellen nicht zu trauen. Man wusste schließlich nicht, was er sich jetzt wieder ausdachte.

Sein Großvater hatte ihm einmal erzählt, dass er den großen Harry Houdini persönlich getroffen hatte. Dieser wiederum hatte ihm ein Geheimnis anvertraut – die Kunst der Magie besteht zum großen Teil auch aus Ablenkung. Wenn ein Magier seine Zuschauer auffordert, der rechten Hand die volle Aufmerksamkeit zu widmen, dürfte sicher sein, dass er mit der linken Hand seinen Trick vorbereitet. Mit Traceless war es nicht anders, da war Gibbs sich sicher. Man musste ihn komplett im Auge behalten und immer auf der Hut sein, egal, ob er sich gerade als ein ihm mehr oder weniger unbekannter Starfleetoffizier, oder als Ziva David ausgab. Und auch, wenn er in einer Rolle zum charmanten Plaudern neigte, durfte man sich nicht in falsche Sicherheit lullen lassen. Und Gibbs wusste, dass – wenn der Mann vor ihm tatsächlich Traceless war – der Verbrecher eine neue Gemeinheit ausbrütete. Momentan hielt der Special Agent seine Pistole in Anschlag, aber wie lange würde das gut gehen?
 

Die Finger des Mannes, den Ziva als Captain Cat sah, glitten schnell über die Tastatur und bald hatten sie die Position Gibbs ausfindig gemacht. Schnell zoomte der Captain mit der Holografietechnologie heran und die hübsche Isaraeli konnte sich nicht helfen – es erinnerte sie frappant an die Technologie die heutzutage auf manchen Rechnern zu finden war, und mit der man unter Zuhilfenahme von Suchmaschinen und Satelliten auf ein bestimmtes Gebäude zoomen konnte.

„Na, da haben wir ihn ja.“, stellte Cal fest, zoomte näher und schüttelte den Kopf: „Das is nich zu fassen. Hat sich der Typ immer noch mein Gesicht geklaut?“

„Ich bin sicher, dass der Mann, den Gibbs da unten bedroht, ungefähr das Selbe über Dich sagt, Cal.“, warf Tony in den Raum, was den Captain dazu brachte, ihn verärgert anzusehen: „Deine Freundin hat mich von jeder Schuld befreit.“

„Nicht von jeder“, korrigierte Ziva, „Ich sage auch nicht, dass Du nicht Traceless bist, ich halte es nur für sehr unwahrscheinlich. Dafür sprechen zwei Dinge. Erstens kann ich mich auf meine Menschenkenntnis ziemlich verlassen und zum Anderen wird dieser Cal da gerade von Gibbs bedroht. Und wenn der da wirklich der Echte Cal wäre, hätte sich Gibbs mit ihm längst hochgebeamt und deinen traurigen Allerwertesten in die Krankenstation geprügelt.“

Cal blickte sie verdattert an: „Was is mit meinem Hintern?“

Agatha stöhnte genervt, drehte Cals Kopf zu ihr und sagte: „Warum interessiert es Dich was eine andere Frau über deinen Hintern denkt?“

„Er ist halt auch nur ein Mann.“, grinste Ziva und schaute an Cal vorbei zu Agatha, ihr gut gelaunt zuzwinkernd, „Und – sieh es mal so, damit wissen wir schon mal, dass er wirklich er ist.“

„Das is auch wieder wahr.“, murmelte Agatha und wandte sich an Cal: „Na, zoom näher ran. Wir müssen doch wissen, was da passiert.“

Cal sagte nichts und starrte auf den Bildschirm, was Agatha zum erneuten Augenrollen brachte: „Was ist? Sauer weil ich Dir Befehle gebe? Ich dachte, wir sind ein Team? Fifty Fifty?“

Erneut sagte der Captain nichts.
 

Sie wusste nicht wieso, aber irgendwie waren all ihre Sinne angespannt. Ziva David merkte, dass sich irgendwas verändert hatte, dass der Raum plötzlich mehr oder weniger einer Falle glich, die im Begriff war, zuzuschnappen. Erst, als sie Agathas Stimme vernahm, die den Captain eine Spur lauter, als normal ansprach, bemerkte sie, dass der Offizier seine Freundin vollkommen zu ignorieren schien und einfach nur auf den Bildschirm starrte. Dann hörte sie das leise Zischen. Er erinnerte sie an Geschenkpapier, das sehr leise zerrissen wurde, oder an das entfernte Summen von Insekten oder an…

Sie warf einen Blick auf die Konsole und stellte fest, dass sich Cal gar nicht mehr bewegte. Stattdessen waren seine Hände auf den Tasten und wurden permanent von kleinen, blauen Blitzen getroffen.

„Das Surren von Elektrizität!“, schoss es ihr durch den Kopf.
 

„Ich werde eine EM-Ladung an diese Station schicken. Seven wird in Stase fallen, ob sie will, oder nicht.“

Tim McGee erinnerte sich, in dem Moment, in dem er das leise Zischen hörte, an diese Szene aus der Voyager-Folge „Euphorie“, in der eine sogenannte „Telepathische Werfer-Pflanze“ die Crew dazu brachte, Seven auszuschalten. Er erinnerte sich daran, zu sehen, wie blaue Blitze die zierlichen Hände der attraktiven Borg trafen, wie sie verwirrt einen Schritt zurücktaumelte und dann bewusstlos aufs Deck fiel.

So ähnlich passierte es hier. Cal blieb stocksteif stehen, erst als Agatha und Ziva einander zunickten und sich auf den Captain warfen, um ihn von der Konsole zu schubsen, taumelte er nach hinten und sank in sich zusammen.

Die XO war sofort bei ihm, tastete nach seinem Puls und schüttelte ihren Freund: „Schatz? Hey, komm, bleib wach!“

Offenbar waren die Augenlider bleischwer, denn sie schienen dem Captain immer wieder zuzufallen und die Konzentration auf Agathas Stimme war offenbar auch nicht unbedingt ein einfaches Unterfangen.

Er sank weiter zurück, in ihrem sanften Griff, ehe er auf den Holografischen Schirm deutete und etwas murmelte.

Dann erschlaffte er.
 

Die XO seufzte, stand auf und betätigte ihren Kommunikator, ehe sie langsam und sehr deutlich sagte: „Silverbird an Intrupper? Wir haben hier einen Fall von EM-Stase. Bring doch bitte eine Trage mit.“

„Ich verstehe.“, erklang die samtweiche Stimme der Italienerin aus dem Kommunikator, „Kann ich sonst noch etwas tun?“

„Das erzähle ich dir gleich.“

Damit wandte sie sich an Tim: „Stell Kontakt zu deinem Boss her. Sag ihm, er soll sich darauf vorbereiten, mit Cal an Bord zu beamen.“

„Mit… Cal?“, echote der Computergeek.

Ungeduldig sog Agatha scharf Luft ein, schlug auf ihren Kommunikator – ja, das würde einen blauen Fleck geben – und sagte zwar langsam, deutlich und konzentriert, allerdings mit einem Unterton von Wut und eben jener Ungeduld, die die gerade schon Tim gezeigt hatte: „Silverbird an Transporterraum. Erfassen Sie Special Agent Gibbs und den neben ihm stehenden Mann. Es handelt sich um den Captain.“
 

Gibbs und der Fremde materialisierten im Transporterraum der Dragonfly und wurden wie Helden begrüßt. Agatha, Ziva, Tony, McGee, Jill, Gina und Abby standen Spalier und salutierten. Der Captain und der Special-Agent schenkten sich einen verwunderten Blick, ehe Cal auf die Waffe, die immer noch auf ihn gerichtet war, schaute: „Hätten Sie nun die Güte, das Ding runter zu nehmen?“

„Offenbar sind Sie von dem Verdacht, Traceless zu sein, freigesprochen, hm?“, fragte der Special Agent dann, und ließ die Waffe sinken.

Der kommandierende Offizier der U.S.S. Dragonfly flächelte den leitenden Chefermittler des „Major Response Teams“ des NCIS an und nickte dann: „Offenbar.“

Sein Lächeln verschwand, er verzog das Gesicht schmerzvoll und ließ sich auf den Boden sinken: „Und das is auch gut so. Meine Beine bringen mich um. Ich glaube – ich kann keinen einzigen Schritt mehr laufen.“

„Keine Sorge.“, lächelte Gina und trat auf ihn zu, einen medizinischen Tricorder in die Hand nehmend, „Da hab ich das Richtige für Dich.“

Während die Ärztin einen Scan über den Körper des Captains laufen ließ, schaute Ziva zu Agatha und flüsterte: „Was hatte Traceless Dir eigentlich gesagt, bevor er ohnmächtig wurde?“

Die XO zuckte mit den Schultern: „Er sagte nur ‚Anführer’.“

Dann wandte sie sich an Ziva: „Aber irgendwie kommt mir das merkwürdig vor. Warum sollte sich Traceless so einfach schnappen lassen und uns mitteilen, wer der wirkliche Captain ist?“

„Macht mich auch ein wenig mißtrauisch.“, murmelte Ziva und schaute sie an: „Cal spielt nicht rein zufällig gern mal Wortspiele?“

„Hin und wieder – wenn ihm ein besonders Gutes einfällt.“, meinte die XO und ging dann an Ziva vorbei auf Gina zu. Die Israeli legte den Kopf schief, stützte ihren Kopf auf die linke Hand und lehnte sich gegen eine Wand. Vermutlich konnte man ihr ansehen, dass sie grübelte. Aber – irgendwas stimmte daran nicht.

Wirklich - warum sollte Traceless sagen, wo sich der wirkliche Captain aufhielte? Das war komplett sinnlos.

Und – vielleicht war es viel zu sehr um die Ecke gedacht, aber, vielleicht hatte das Wort „Anführer“ ja noch etwas Anderes zu bedeuten? Vielleicht hatte sie auch nur zu viele Conan-Mangas gelesen, wo die letzten Worte eines Sterbenden immer etwas zu bedeuten hatten. Gut – Traceless war nur bewusstlos, nicht tot, aber, irgendwie hatte sie das Gefühl, als ob sein letztes Wort noch etwas Anderes zu sagen hatte.
 

Agatha stand neben Gina, die gerade ihre Untersuchung des Captains beendet hatte.

Die Ärztin klappte den Tricorder zu, schaute alarmiert zu Agatha und dann zu Cal, ehe sie sagte: „Was ist mit Dir passiert?“

„Ach so.“, sagte der Kommandant, deutete auf sich und zuckte mit den Schultern: „Traceless hat mir irgend ein Serum verpasst, dass mich selbst heilt. Er hat mir gesagt, dass es meine DNS durcheinanderbringt und deswegen dein Tricorder Schwierigkeiten mit mir haben dürfte.“

Gina blickte zu Agatha, als es plötzlich laut knallte.
 

Verblüfft fuhr die Menge auseinander und gab den Blick auf Ziva frei, die ihre Pistole gezogen hatte. Rauch stieg aus dem Lauf auf und erneut knallte es.

Agatha merkte, wie ihr Herz aussetzte. Was geschah hier?

Sie drehte sich um, um in die Richtung zu blicken, in die der Schuss gegangen war und sah neben einem roten Fleck auf der Transporterplattform den entsetzten Gesichtsausdruck Cals, der gerade seine blutüberströmte Hand von seiner Brust nahm und sie anstarrte.

Er blickte Ziva an, hauchte ein „Wieso“ und taumelte nach hinten, als wieder ein Schuss fiel. Dieses mal wurde er ins Knie getroffen.

„Ziva!“, schrie Agatha und kam aus ihrer Starre, „Was tust du da?“

„Anführer.“, sagte die hübsche Israeli, zielte erneut auf Cal und schoss, „Dein Schatz spielte ein Wortspiel.“

„Du tötest ihn gerade.“, schrie Agatha und Panik tauchte in ihrer Stimme auf.

Die ehemalige Mossad-Agentin schüttelte den Kopf.

„Dein Schatz liegt in der Krankenstation. Er hier ist Traceless.“

Damit feuerte sie erneut. Die Kugel traf den Bauch des Captains, der nun gegen die Wand der Transporterkammer sackte und an ihr heruntersank. Eine rote Blutspur war zu sehen.

Agatha hatte genug. Sie zog ihren Phaser, richtete ihn auf Ziva und ihre Augen verengten sich zu Schlitzen: „Ich hoffe, du hast eine glaubwürdige Begründung.“

„Anführer.“, erklärte Ziva und ließ die Waffe sinken, „Anführer – wie in „der, der anführt.“.“

Man konnte förmlich die Glühlampe sehen, die über Agathas Kopf aufleuchtete, als Erkenntnis in ihrem Gesicht auftauchte. Sie drehte sich zu dem blutenden Captain um und zielte auf ihn.

„Agatha, bist Du bescheuert?“, fragte Gina und Agatha grinste: „Das Wort „anführen“ ist ein Teekesselchen. Es bedeutet einerseits ‚leiten’, im Sinne von „Da geht’s lang.“ Man sagte früher aber auch „anführen“, für eine andere Tätigkeit, die wir heute sehr gerne, und etwas vulgärer, als ‚verarschen’, ‚verscheissern’, oder – etwas zivilisierter – ‚vergackeiern’ bezeichnen.“

Damit wandte sie ihren Kopf zu Gina, hielt den blutenden Mann allerdings mit ihren Augen im Blick: „Cal wollte nicht ausdrücken, dass der Mann, der mit Gibbs spricht, unser Anführer wäre – das wär auch ziemlich unlogisch, schließlich kennt Traceless Cals Führungsstil un dweiß, dass er zwar auf dem Papier unser Chef ist, aber wir es hier ein wenig anders Handhaben. Warum sollte Traceless diesen Mann dann als ‚Anführer’ bezeichnen?“

„Stattdessen“, sagte Ziva, „Wollte der Captain mitteilen, dass der Mann, der mit Gibbs spricht, der ‚Anführer’ ist, also der Betrüger.“

„Ist das nicht ein wenig weit hergeholt?“, fragte Gina und Agatha zuckte mit den Schultern: „Eigentlich schon, aber…“

„Cal liest auch gerne Mangas, oder? Ranma, Yu-gi-Oh, Detektiv Conan?“, zählte Ziva auf und nun nickte die XO: „Ja, stimmt. Er ist immer wieder fasziniert, dass Shinichi Kudo immer noch 17 ist.“

„Nun, bei Conan sind ja immer gerne solche kleinen Wortspiele eingebaut. Und warum sollte ein Conan-Fan, wenn er weiß, dass mindestens zwei Fans an Bord sind, nicht versuchen, den Hinweis so zu verklausulieren.“, erklärte die hübsche Israeli dann.

Traceless richtete sich auf.

„Hm, sollte ich ihn unterschätzt haben?“, fragte er und ehe Ziva oder Agatha feuern konnten schmolz die Gestalt in sich zusammen, wie ein Schneemann und floss durch einen Lüftungsschacht.

Verblüfft schauten die Offiziere dem Formwandler hinterher und Gibbs richtete seinen Blick dann auf Ziva: „Na, da können wir ja von Glück reden, dass hier zwei Conan-Fans an Bord sind. Aber – warum hat er nicht einfach gesagt „Ich bin ich“?“

Agatha zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung, vielleicht wusste er, dass er bald das Bewusstsein verlieren würde und ein Satz wie ‚Ich bin…“ nicht unbedingt zur Klärung der Situation beitragen würde.“

Damit wandte sie sich an Ziva: „Ich glaube, dass Deine Methode, Traceless von anderen Menschen zu unterscheiden doch recht sinnvoll ist.“

„Das mag ja alles sein.“, meldete sich jetzt Jill zu Wort, „Aber darf ich mal anmerken, dass wir jetzt wieder einen Formwandler haben, der auf der Flucht ist?“

Tony rollte mit den Augen: „Müssen wir ihn jetzt schon wieder suchen?“

Wie zur Antwort piepste die Transporterkonsole. Jill eilte zu ihr, betätigte einige Tasten und schüttelte den Kopf: „Er ist schon wieder weg. Hat sich von einem anderen Transporterraum zur Erde gebeamt.“

„Na, dann beam uns hinterher.“, sagte Gibbs und nickte seinem Team zu. Doch gerade, als es Position bezogen hatte, schüttelte Jill den Kopf: „Ich krieg die Koordinaten nich raus.“

„Aber beim letzten Mal hat das doch geklappt.“, sagte Agatha verständnislos und Gina nickte, ehe sie schmunzelnd zu ihrer Freundin blickte: „Vielleicht hat der Captain da tatsächlich mal Kompetenz bewiesen und uns einen Hinweis hinterlassen.“

Die hübsche XO zuckte mit den Schultern: „Soll ja auch mal vorkommen, dass der Mann nachdenkt.“

Dann wandte sie sich an Jill: „Und du meinst, Tracy-boy ist nun von Bord?“

„Nach den Werten, die ich hier empfange, hat sich jemand von Bord teleportiert und das dürfte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unser Freund und Kupferstecher sein.“, berichtete Jill, schaute dann zu Gibbs und lächelte: „Übrigens, gut gemacht, dass Sie sich nicht haben einwickeln lassen.“

Der Special Agent schaute sie einfach nur an und Jill hatte das Gefühl, nicht ganz feststellen zu können, ob er sich über dieses Lob freute oder nicht. Dann räusperte er sich und sie wusste, dass er sich der Aufmerksamkeit aller im Raum Befindlichen sicher sein konnte.

„Habt Ihr inzwischen die Privates Riker und Troi hochgebeamt?“, fragte er mit einem Hauch von Ungeduld in der Stimme, „Ich meine, Traceless ist hinter ihnen her, oder?“

„Vermutlich.“, sagte Agatha und schaute zu Jill: „Versuch, sie im Transporterfokus zu behalten und dann, wenn sie ins Bett gehen, hochzubeamen.“

„Troi hat eine Frau.“, schoss Tony die Information dazwischen und Agatha nickte: „Gut, dann beam sie auch gleich mit hoch. Wir werden alle drei schlafen schicken und solange hier behalten, bis die Sache ausgestanden ist. Bis dahin werden sie Urlaub nehmen.“

Erneut blickte die hübsche XO zu Jill: „Du veranlasst das, okay?“

„Klaro.“, lächelte die taktische und Sicherheitoffizierin, ehe sie den Raum verließ.
 

Gina betrat die Krankenstation und lächelte. Der Captain lag immer noch auf dem Bio-Bett, die Gesichtszüge völlig ernst und wie hingestreckt. Es war ihr klar, dass eine EM-Entladung mit anschließender Stasis keine Sache war, die man einfach so abschütteln konnte. Bei Seven of Nine war die Sache dadurch so einfach gewesen, weil sie eine Borg war und dadurch einen höheren Resistenzquotienten, als ein normaler Mensch aufwies. Cal würde noch für ein paar Stunden Kopfschmerzen haben und deswegen erachtete sie es als das Beste, ihn noch schlafen zu lassen. Sie betrat ihr Büro und traf die Vorbereitungen für Operation „Sandmännchen“ – also die Betäubung und „Lagerung“ des Privates Riker und des Ehepaares Troi.

Vermutlich würde man sie zunächst mit einem einfachen Anästhetikum betäuben müssen, ehe man ihre genauen Parameter erfuhr, und die Dosis der Schlafmittel genau auf sie abstimmen konnte. Im Grunde war es eine der einfachen Aufgaben, die sie auf der Academy immer mit Links gelöst hatte. Sie hatte schon damals gute Kopfrechenfähigkeiten bewiesen und – wenn man einmal die richtige Formel kannte, war es eigentlich eine einfache und logische Sache.

Das sie dafür nicht unbedingt gemocht wurde, war klar. Irgendwer nannte sie mal „Hermine Granger“, was sie erst verstand, als sie einen Blick in die Harry-Potter-Holodeck-Programme warf.
 

Das pneumatische Zischen der Eingangstür ließ Gina hochschrecken und sie stand auf. Sie ging in den Behandlungsbereich und seufzte. Cals Krankenbett war leer.
 

Agatha hatte ihre langen, femininen Beine gerade aus den Schaftstiefeln der Sternenflottenuniform und den Uniformhosen befreit, als der Kommunikator blipste.

„Menacer an Silverbird?“

Sie rollte mit den Augen, lies sich auf das Bett sinken, winkelte die Beine an und betätigte die Brosche: „Ja, Silverbird hier?“

„Gina hat gerade bescheid gesagt – offenbar ist Cal abgehauen.“

Agatha nahm das Kissen, auf das sie ihren Kopf gebettet hatte, drückte es gegen ihr Gesicht und schrie ihre Wut hinein. Dann nahm sie es von ihrem Kopf und seufzte hörbar: „Ich habe verstanden.“

Und sie konnte sich des Gedankens nicht erwehren, ob der Mann ihr nicht wenistens einmal einen ruhigen Tag gönnen konnte. Musste er jetzt wieder ziellos umherwandeln?

Sie kannte die Nebenwirkungen einer EM-Stasis sehr gut, schließlich hatte sie die Berichte darüber gelesen. Man war desorientiert, benommen, hatte ziemliche Kopfschmerzen und war müde. Einfach nur müde.

Und gerade, als sie einen Befehl geben wollte, glitt die Tür auf, Cal wankte auf sie zu, mit leerem Blick, wie ein Zombie aus diesen schlechten Filmen und krachte neben ihr, Kopf voran, ins Bett.

Ein leises Schnarchen war zu hören. Müdigkeit, Schlafen, das waren die letzten Merkmale einer EM-Stasis. Sie wusste, dass der Captain jetzt mindestens drei Stunden schlafen würde, wenn nicht noch länger.

Agatha betätigte ihren Kommunikator: „Silverbird an Menacer? Cal ist hier. Ich glaube, er schläft sich aus.“

Damit schlüpfte sie aus dem Bett, deckte den Captain zu und ging duschen.
 

Die komplette Geschichte, wie sie Gibbs geläufig war, mit dem Mord an Stone, den versuchten Morden an seinen Teamkollegen und der Jagd auf Traceless, mit dem Schutz der Privates Riker und Troi und der Frau des letztgenannten, das war eigentlich Stoff für drei Fälle. Aber es gab Tage, an denen kam alles sehr komprimiert. So war es seit Tagen. Er seufzte und ließ sich auf die Couch des Gästequartieres sinken. Jeder des NCIS-Teams hatte die Option, ein eigenes Quartier zu beziehen und Gibbs hatte diese Option in Anspruch genommen. Tony und Ziva – das erfuhr er aber erst dann – teilten sich ein Quartier, ebenso wie McGee und Abby. Damit war der leitende Chefermittler eigentlich nicht einverstanden gewesen, aber nachdem Jill ihm versichert hatte, dass sich jemand von der Dragonfly gebeamt hatte – und die Schätzungen waren vorsichtig optimistisch, dass dieser jemand Traceless war – hatte der grauhaarige Agent kein Problem mehr damit, dass sich seine Teammitglieder ein Quartier teilten.
 

Tim und Abby saßen in der schiffseigenen Kantine und gönnten sich ein Abendessen. Es war wirklich verblüffend, was ein Replikator alles herstellen konnte und was für Varianten eines einfachen Rezeptes der Computer kannte. Allein schon die Variationen eines einfachen Hamburgers reichten in den 10.000er Bereich. McGee wäre verblüfft gewesen, wenn er sich nicht in einer angeregten Konversation befunden hätte. Er und Abby diskutierten über das Für und Wider der ersten Direktive, jener Richtlinie, die die Einmischung in Belange einer Prä-Warp-Zivilisation verbot. Und die erste Temporale Direktive untersagte es, sich in vergangene Geschehnisse einzumischen.
 

Die Diskussion hatte damit begonnen, dass sich Tim einen Hamburger bestellt hatte und, als er sich zu Abby gesetzt hatte, hatte diese ihn angesehen und gefragt: „Meinst Du, Cal und Agatha kriegen Ärger?“

Gerade waren sie dabei die Argumente abzuarbeiten die gegen eine Einmischung in vergangene Geschehnisse sprachen, als die Tür aufglitt und Sam Carter hereinkam. Sie lächelte und trat näher: „Kann ich mich setzen?“

„Natürlich.“, nickte Abby und schaute sie an, „Was meinen Sie? Ist die Anwesenheit der Dragonfly in diesem Zeitrahmen ein Verstoß gegen die erste temporale Direktive?“

Sams Augen verengten sich kurz nachdenklich zu Schlitzen, als sie schluckte und dann wieder lächelte: „Eine Debatte über Temporalrecht beim Abendessen? Harter Stoff.“

Abby zuckte mit den Schultern: „Ich weiß, aber … die Frage muss gestellt werden.“

„Ja“, stimmte Sam zu, legte beide Hände auf den Tisch und begann dann, mit ihnen zu gestikulieren: „Also – ich weiß nicht. Wäre die Dragonfly hier, wenn es nicht einen guten Grund gäbe?“

„Verraten Sie es uns.“, sagte McGee und bedachte sie mit einem neugierigen Blick. Erneut lächelte sie ihr wunderschönes 10.000 Watt Carter-Lächeln, ehe sie den Romancier in den Blick nahm: „Ich weiß es nicht, ehrlich gesagt. Als sie das erste Mal in dieser Zeit aufgetaucht ist, wollte ihr Captain verhindern, dass eine Allianz der Borg und der Goa’uld die Erde angriff.“

Die Überaschung auf Tims Gesicht war deutlich zu erkennen.

„Eine Allianz der Borg und der Goa’uld?“

„Ja“, nickte Sam, „Die Goa’uld Hathor hatte sich im Jahr 1998 mit der Borg-Königin zusammengetan, und versucht, die Erde zu übernehmen. Dies versuchten, zwei Raumschiffe der Sternenflotte zu verhindern – die Dragonfly und die Voyager.“

„Oh, jetzt legen Sie uns rein.“, lächelte die schöne Forensikerin und schaute Colonel Carter mit Unglauben in den Augen an. Es war ungefähr so, als würden Kinder der Mutter zuhören, wie sie ein Märchen erzählte.

Sam schüttelte den Kopf: „Nein, nein – wirklich. Fragt Cal oder Agatha, wenn ihr sie seht. Fragt sie nach der Hathor-Mission. Das war noch, bevor wir mit diesem freundlichen Verbrecher in Kontakt kamen, der Traceless heißt.“

Und wieder konnten die strahlend blauen Augen der Astrophysikerin sehen, wie die Forensikerin und der Computerexperte in wortloses Staunen ausbrachen. Ein weiteres Lächeln legte sich über ihre vollen Lippen und sie begann, zu erzählen.
 

Es war wie in einem schlechten Scherz. Tony und Ziva befanden sich in ihrem Gästequartier, hatten sich ihrer Kleidung entledigt und standen nun, wie das höhere Wesen, an das sie glaubten, sie geschaffen hatte voreinander und wollten es sich gerade unter der Dusche gemütlich machen, als Ziva bemerkte, dass aus dem Duschkopf kein Wasser kam.

Stattdessen war seit knapp 5 Minuten, seit Ziva unglaublich anmutig und gelenkig aus dem Slip gestiegen war, ein sehr komisches Geräusch zu hören. Irgendwie hatte die hübsche Israeli ein ungutes Gefühl – vielleicht erinnerte sie sich auch nur an die Sache mit Cal in der stellaren Kartographie und vielleicht war es auch nicht so schlimm – aber sie konnte sich nicht helfen: Bewusstlos in der Dusche gefunden zu werden, nackt, neben einem nicht weniger ohnmächtigen Tony, war nicht wirklich nach ihrem Gusto.

Also zogen sie sich seufzend wieder an, gingen zum Kommunikatorpanel des Replikators und riefen Agatha.
 

Agatha Silverbird mochte die sonische Dusche. Sie schaffte es, jede Verspannung durch einen konzentrierten Schallstoß zu lösen und es hatte natürlich auch Vorteile, dass in dieser Dusche kein Wasser verwendet wurde. So konnte man schnell duschen und war dadurch wieder fit und konzentriert. Schnell konnte man wieder in die Uniform steigen und musste keinen Aufwand betreiben, um erst wieder Haut und Haare trocknen zu können. Als sie sich gerade ihrer Kleidung entledigt hatte, meldete sich aus dem Wohnbereich der Kommunikatorenbereich des Replikators. Sie bekam davon jedoch nichts mit, wurde sie doch gerade schallbestrahlt. Was los war, bekam sie auch erst mit, als es im Wohnbereich zu einigen unschönen Wortäußerungen kam. Schnell zog sie sich wieder an, kam nach draußen und sah ein ziemliches Durcheinander. Ziva, Tony und Gibbs standen im Zimmer, einige Einrichtungsgegenstände lagen im Raum verteilt und Cal auf dem Bett, allerdings mit dem Gesicht Richtung Gibbs und ziemlich wach.

„Was ist hier los?“, fragte Agatha verblüfft und sah, dass diese Wortäußerung einen ziemlich eindeutigen Erfolg zeitigte. Cal zog die Beine an, stieß sich vom Bett ab und schoss aus selbigem quer durch den Raum, wo er aufkam, sich abrollte und etwas ergriff.

Agatha seufzte. Es war ein Phaser, den der Captain gefunden und aufgenommen hatte.
 

Cal und Gibbs zielten aufeinander.

Agatha, Cal und Ziva warfen einander einen bestürzten Blick zu, ehe sie kollabierten.

Kurz vorher

Ziva aktivierte den Kommunikationskanal und sagte laut und deutlich den Adressaten, zu dem sie durchgestellt werden wollte. Nach einigen Sekunden erklang eine genervte Stimme: „Wehe, wenn das nicht wirklich wichtig ist. Ich bin gerade mehrfach ausgeknocked worden, Ziva.“

Die hübsche Israeli wandte sich an Tony, der mit den Schultern zuckte.

„Was machst Du denn bei Agatha im Quartier, Cal?“, fragte Ziva, was den Captain zu einem Stoßseufzer animierte und der genervten Frage: „Ich wohne hier?“

Irgendwie klang eine gewisse Feindseligkeit aus den Worten des Captains, eine Feindseligkeit die man von ihm sonst nicht kannte. Ziva schaute Tony in die Augen, suchte dort nach irgendwelchen wichtigen, nennenswerten Erkenntnissen, allein, es stand dort dieselbe Ratlosigkeit geschrieben, die sie auch bei sich vermutete. Es war ja auch nunmal so eine Sache. War Traceless tatsächlich wieder auf die Erde gebeamt oder hatte Tracy den guten Captain nach unten befördert. Und, wie sah es nun aus? War das wirklich Cal oder doch nur der Formwandler Schrägstrich Bösewicht Schrägstrich (und das ließ Ziva innerlich erkennend aufseufzen) der böse Bruder von Gina? Das mit dem bösen Bruder kannte sie nur allzu gut und es würde sie gar nicht mal allzusehr erstaunen, wenn Gina, genau wie sie, Ziva, durch dieselben Verdrängungsphasen gegangen wäre, was die Bösartigkeit ihres Bruders betraf. Sie sah die hübsche Italienerin schon vor sich, wie sie sich auf die Tischplatte des Captains abstützte, ihn mit ihren blauen Augen eiskalt fixierend und sich dann abstieß, um im Büro auf und ab zugehen. Dabei würde sie die Arme in die Luft werfen und immer wieder verkünden, dass diese Information, dass ihr Bruder, Buzz Intrupper, inzwischen böse geworden war, als vollkommen lächerlich zu werten war. Sie wusste es, weil sie selbst vor ein paar Jahren genau dasselbe gemacht hatte. Zwar war es der Schreibtisch ihres Vaters gewesen und es hatte der Beziehung zwischen ihr und Eli nachhaltig geschadet, aber es war vermutlich dasselbe Prinzip gewesen. Und, nach dem was Agatha ihr erzählt hatte, war Gina vorher die Freundin des Captains gewesen. Da konnte man ja drei mal raten, was dieser Beziehung den Todesstoß versetzt hatte. Sie wusste es nur allzu gut, die Freundschaft zwischen ihr und Tony hatte nach dem Tod von Rivkin extrem gelitten.
 

„Ich hab keine Ahnung.“, sagte Tony in diesem Momen tund schaute die Israeli an, die mit einem „Hm?“ aus ihren Gedanken aufschreckte. Der Halbitaliener schenkte ihr ein freches Lächeln: „Du fragst dich doch sicherlich, ob es wirklich Cal ist, mit dem Du da sprichst.“

„Ist das so unglaublich?“

DiNozzo schaute sie an, sein Lächeln verschwand, er wurde ernst und legte ihr beide Hände auf je eine Schulter. Sein Blick bohrte sich in den ihren, als er den Kopf schüttelte.

„Nein, Ziva. Mir schießen genau die selben Gedanken durch den Kopf. Es ist immer wieder das gleiche, mit diesem Traceless. Wem können wir vertrauen? Wer will uns verraten?“

Sie nickte, streckte eine Hand nach seinem Gesicht aus und streichelte ihm sanft über die Wange.

„Ich weiß nur eines.“, sagte sie dann und lächelte, „Ich kann spüren, dass Du der echte Tony bist.“

Ihre Stimme war ganz sanft, beinahe hypnotisch geworden.
 

Tony spürte, wie sein Herz raste und beinahe vor Glück zerspringen wollte. Sie … sie war einfach so… so…

„Ziva, ich li…“

Das Schöne an Klischees ist, dass sie in knapp 90 % der Fälle sogar zutreffen. So auch hier. Gerade, als der Halbitaliener mit vor Liebe überschäumendem Herzen das Geständnis aller Geständnisse ablegen wollte, gerade, als er all seine Verteidigungen abgebaut und ihr so die Möglichkeit gegeben hatte, den wahren, den echten Anthony DiNozzo Junior zu erkennen, klingelte es an der Tür.

Und – wie es weiterhin ein schönes Klischee ist – war der Besucher auch noch ziemlich hartnäckig. Das erste Mal konnten Tony und Ziva noch ignorieren, dass es klingelte, aber bereits beim fünften Mal fielen die Beiden aus der siebten Wolke, auf der sie beide bis dahin geschwebt hatten und kamen ziemlich unsanft auf.

„Wehe, wenn das nicht wirklich wichtig ist.“, murmelte Tony, drehte sich um und ging zur Tür.
 

Der Anblick, der sich Tony bot, entschädigte sofort für die Störung. Zwar stand dort keine wunderschöne Frau vor der Tür, sondern der grauhaarige Special Agent Leroy Jethro Gibbs, aber der Fakt, dass er mindestens genau so genervt dreinblickte, wie sie vor ein paar Minuten, als sie festgestellt hatten, dass kein Wasser aus ihrer Dusche kam, ließ ein kurzes Lächeln über Tonys Gesicht huschen.

„Ein Wort, DiNozzo, und ich lass Dich zur Verkehrswacht im Baltimore PD versetzen.“, knurrte Gibbs und betrat unaufgefordert das Quartier.
 

Es ist wirklich faszinierend wie manche Geschichtsabläufe einander gleichen können. So auch hier, wenngleich Gibbs keine schöne Frau mit unter die Dusche genommen hatte. Aber auch er hatte festgestellt, dass die Dusche nur komische Geräusche von sich gab, anstatt Wasser auszuspeien und hatte sich erst einmal versucht, mit dem Chefingenieur in Verbindung zu setzen. Dieser war jedoch gerade dabei, irgendwas zu reparieren, von dem Gibbs zähneknirschend zugeben musste, tatsächlich nicht die geringste Ahnung zu haben. Selbst im Büro versuchte er, sich so selten wie möglich mit Technik abzugeben und deligierte die Aufgaben, die damit zu tun hatten, an diejenigen, die sich damit besser auskannten. Das hatte drei Vorteile. Erstens, erschien er, wenn er diese Aufgaben mit einem genervten Gesichtsausdruck an McGee weiterleitete, ziemlich badass – was ein Zusatznutzen war, wenn man das Image als „harter Hund“ pflegen wollte. Und dieses Image konnte nicht schaden.

Zweitens war es wirklich besser, wenn er die Aufgaben an die Leute weiterreichte, die sich damit auskannten, da war – das mussste Gibbs vollkommen wertefrei zugeben – die Fehlerquote geringer und drittens hatte er viel zu viel zu tun, um sich mit einem Aufbaukursus in EDV zu beschäftigen. Dieser moderne High-Tech-Krempel war einfach nicht seine Welt. Dafür die gute, alte Handarbeit – ein Mann und sein Boot. Oder was immer man baute. Handwerkliche Tätigkeiten, Deduktion, logisches Denken – das lag Gibbs und damit konnte er etwas anfangen. Wenn man sich beim Sägen versägte, dann lag es daran, dass die Hand-Augen-Koordination eventuell doch nicht so gut war, oder man sich ein wenig verkalkuliert hatte. Die Logik der analogen Welt verstand er vermutlich sogar besser, als der Rest seines Teams. Die verstanden dafür die Logik der digitalen Welt besser – besonders McGee.

Gibbs konnte sich nicht helfen, er hatte das Gefühl, dieser Blechkasten, mit dem sie in den letzten Jahren förmlich zusammengewachsen waren, hatte irgendwas gegen ihn. Es gab keinen Tag, an dem er ihn nicht mit irgendeinem sinnlosen „Ausnahmefehler“ ärgerte. Oder noch besser – mit einem „unerwarteten Fehler“. Was war das eigentlich für eine Fehlermeldung? Erwartete man die anderen Fehler? Oder was wollte man damit sagen?
 

Nachdem er sich damit abgefunden hatte, dass seine Dusche anscheinend Musik machte, fragte er sich, ob das Radio – so es denn eines gab – Wasser ausspieh. Und dann hatte er die Nase voll gehabt. Er hatte sich wieder angezogen und war zum Quartier von Tony und Ziva gegangen.
 

„Unsere Dusche singt auch mehr, als dass da Wasser rauskommt.“, murmelte Tony und seufzte, „Um mal Charlie Chang aus ‚Eine Leiche zum Dessert’`zu zitieren ‚Was ist Bedeutung von dies’.“

Direkt neben ihm stöhnte Ziva auf und ließ sich auf das Bett sinken.

„Wir sind Idioten.“, stellte sie fest und schaute Tony und ihren Chef an: „Wir sind auf einem Schiff der Föderation. Die haben keine Duschen, die Wasser versprühen. Oder – vielleicht nur gegen Aufpreis.“

„Bitte?“, fragte Gibbs und setzte sich mißmutig auf den Fußboden. Er schaute die hübsche Israeli an, die aufstand und ihn und Tony mit verzaubernd-lebhaften Augen anblickte.

„Sonische Duschen – Schallduschen. Die brauchen kein Wasser in der Zukunft.“

„Kein Wasser?“, fragte Tony und schnupperte: „Uhh, das muss nach ein paar Tagen anfangen zu riechen.“

Ziva schüttelte den Kopf: „Keine Ahnung, wie sie das hinkriegen, aber, wenn ich ehrlich bin, will ich gar nicht so genau wissen, wie das mit der Technik der Zukunft en detail funktioniert. Ich meine – nehmen wir den Replikator. Ich will nicht wissen, was die Lasagne, die Du vorhin gegessen hast, Tony, vorher war. Ich will auch gar nicht wissen, ob da überhaupt Nährstoffe drin sind.“

„Allzuviele können es nicht sein, wenn Du dir anschaust, wie die Frauen hier aussehen.“, grinste der Halbitaliener und Ziva schüttelte erneut den Kopf: „Tony, woran Du wieder denkst.“

Tony lächelte sie an – er versuchte dabei, gewinnend auszusehen. Dann räusperte sich der Chefagent, stand auf und schaute die Beiden an.

„Wenn ihr fertig seid, miteinander zu flirten, würde ich jetzt gern mit dem Kapitän dieses Kahns reden. Der wird ja wohl noch auf der Krankenstation liegen.“

„Entweder das, oder er ist in seinem Quartier, zusammen mit Agatha.“
 

Was nun folgte, konnte man entweder einfach nur Planlosigkeit nennen, oder es auf den Fakt schieben, dass man sich seit Tagen einem Gegner gegenübersah, der die Fähigkeit bewiesen hatte, andere Leute perfekt nachzuahmen. Gibbs begab sich, zusammen mit seinem Team ins Quartier des Captains und verlangte, dass dieser sich identifizierte.

Cal – oder Traceless – schien jedoch noch derart geschafft zu sein, dass er der Aufforderung nicht direkt nachkommen konnte, oder wollte, auf jeden Fall war er, als Agatha aus ihrer sonischen Dusche zurückkam damit beschäftigt, sich Gibbs vom Leib zu halten, der auf ihn zielte. Doch dann hatte sich das Blatt gewendet und auch der Captain – oder Traceless – eine Waffe in der Hand. Er zielte auf Gibbs und Gibbs zielte auf ihn. Ein schöner Mexican-Standoff, der jedoch allzu bald zerstört wurde, dadurch dass Ziva dem Captain den Phaser aus der Hand trat, die Waffe selbst griff und auf den Captain anlegte.

„Erm… ups?“, machte dieser und hob vorsichtig die Hände: „Nicht schießen, ich ergebe mich?“
 

Es gab Gelegenheiten, die waren Dr. Gina Intrupper einfach zuwider. Ein junges Pärchen mitten in der Nacht aus dem Bett zu beamen, um sie vor einem kriminellen Superhirn zu schützen, gehörte in sofern dazu, dass sie es auch nicht schätzen würde, einem Offizier der Sternenflotte nur in Unterwäsche gegenüberzutreten. Das Problem war aber, dass man nur in der Nacht diesen Transport unbemerkt durchführen konnte.
 

Der Transporterchef hatte den Private Riker, sowie PFC Troi und seine Frau die ganze Zeit über beobachtet, zumindest soweit es seine Kompetenzen und der Anstand erlaubten. Er, sowie Gina waren sich sicher, dass Troi und seine Frau die Anwesenheit des jeweils anderen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit genossen hatten. Sei es durch eine tatsächliche Vereinigung der Beiden oder aber durch die bloße Nähe, die das Ehepaar in ein behagliches, warmes Gefühl der Sicherheit hüllte.
 

Weiterhin hatte der Transporterchef eine ungefähre Schätzung der körperlichen Konstitution des Ehepaars und des benachbarten PFCs Riker abgegeben, was eine genauere Dosierung des Anästhetikums, das die drei so lange in Morpheus Armen ruhen lassen würde, bis sie ausser Gefahr waren, ermöglichte.
 

Gina wartete in der Krankenstation darauf, dass der Teleport in die drei Biobetten vorgenommen werden würde und nach ein paar Minuten hörte sie das bekannte Singen des Transporters. Tatsächlich, auf dem Biobett am Eingang lag, gerade zu sich kommend, ein Mann, dem man die Ähnlichkeit zu Commander William T. Riker nicht absprechen konnte. Verblüfft blinzelte er die hübsche Ärztin aus blauen Augen an und fragte benebelt: „Wo bin ich?“

Weiter sollte er nicht kommen, denn Gina trat auf ihn zu, lächelte ihn beruhigend an und sagte nur ein „Schlafen Sie.“, ehe sie ihm den Injektor gegen den Nacken presste. Der Effekt trat sofort ein. Rikers Augen rollten nach oben, der komplette Körper erschlaffte und er war binnen Nanosekunden wieder eingeschlafen. Vermutlich – so dachte sich Gina – würde der PFC sich entweder gar nicht an diese Episode erinnern, oder sie für einen verrückten Traum halten. Der Teleport PFC Trois verlief genau so problemlos und hier injizierte Gina dem schlafenden Private das Betäubungsmittel, ehe er überhaupt aus seinem Schlummer erwachen konnte. Bei der als Nächstes an Bord gebeamten Misses Troi sah sie Sache allerdinds schon wieder anders aus.
 

Gerade, als Gina zu ihr getreten war, um sie ebenfalls wieder schlafen zu schicken, schlug die hübsche Blonde ihre blau-grauen Augen auf, fixierte die Ärztin und war so schnell auf den durchtrainierten Beinen, dass die italienische Ärztin nur verblüfft mit den Augen blinzeln konnte.

„Wo bin ich hier?“, fragte die Frau in ihrem Schlaftop und der Pyjama-Hose, ehe sie ihren schlafenden Mann erkannte.

Mit weit aufgerissenen Augen, in denen nun langsam, aber sicher Wut sichtbar war, schaute sie die blonde Ärztin an: „Was haben Sie mit meinem Mann gemacht?“

Gina atmete tief durch, konzentrierte sich auf ihre medizinische Ausbildung und hielt das Hypospray so, dass sie Misses Troi nicht direkt bedrohte, es allerdings im Zweifelsfall sofort einsetzen konnte.

„Sie brauchen keine Angst zu haben. Ihnen wird nichts geschehen.“

Misses Troi schien davon nicht unbedingt überzeugt. Sie funkelte Gina an: „Ach so – natürlich. Deswegen entführen Sie uns auch aus unseren Betten. Was haben Sie vor? Uns zu analysieren?“

Nun war die Ärztin ein wenig verblüfft: „Wieso… analysieren?“

Misses Troi stieß verächtlich die Luft aus: „Halten Sie wen anders zum Narren. Sie entführen doch seit Jahrzehnten Menschen nachts aus ihren Betten. Ich hätte nur nicht gedacht, dass sie gar nicht so… gar nicht grau sind.“

„Ma’am?“, fragte Gina verdattert und versuchte, mit schief gelegtem Kopf aus den ihr gerade genannten Informationen irgendeinen Sinn zu machen.

„Na… sie sind doch diese Greys, oder?“

„Greys?“, echote die Ärztin, schnippte dann mit den Fingern und lächelte: „Sie meinen die Asgard. Nein, mit denen haben wir nur bedingt etwas zu tun. Wir… sind Forscher, das ist wahr. Aber ich versichere Ihnen, wir sind Menschen, genau wie Sie.“

„Na klar.“, nickte Troi und schien absolut nicht überzeugt zu sein, „Und warum entführen Sie uns dann aus unserem Ehebett?“

Gina atmtete durch. Gut, das konnte jetzt ein wenig kompliziert werden, aber sie würde versuchen, ihr alles so zu erklären, dass es für Misses Troi glaubwürdig war, andererseits aber auch nicht zu viel verriet.

Sie schaute die Blonde aus ihren blauen Augen an und versuchte, ein vertrauenerweckendes Lächeln.

„Dass Sie nur schlafen, würden Sie nicht glauben, oder?“, fragte sie und nickte, als Troi den Kopf schüttelte: „War mir ja auch klar.“

„Ich bin nicht irgendwer, ich bin Diana Troi und ich schreibe für den DC-Chronicle. Und glauben Sie mir, diese Story wird erscheinen.“

„Diana Troi, ja?“, echote Gina und musste lächeln. Manche Sachen waren einfach nur zu komisch. William Troi und Diana Troi – natürlich. Es war klar, dass sich gewisse Variablen so – oder so ähnlich – wiederholen würden, aber dass ein späterer William Riker eine Deanna Troi heiraten würde – das war nur zu komisch.

„Warum lächeln Sie so dämlich?“, zischte Diana Troi und funkelte sie aus grauen Augen an, „Ich kann Sie mit einem einzigen Fingerschnippen erledigen. Wenn ich mit Ihnen fertig bin, kriegen Sie kein Bein mehr auf den Boden. Lassen Sie mich lieber hier raus, oder ich…“

So langsam, aber sicher ging die hübsche Journalistin der Ärztin auf den Geist. Und wenn man sie nicht mit einem Hypospray ruhigstellen konnte, musste man halt andere Möglichkeiten ergreifen. Hatte Diana da nicht gerade etwas von „Fingerschnippen“ gesagt?

Ein leises, böses Lächeln legte sich auf Ginas volle Lippen. Oh – die Ironie würde sowas von deutlich werden.
 

Nach ein paar Minuten war die junge Journalistin ganz friedlich. Gina bohrte ihren Blick weiter in die nun immer glasiger werdenden Augen der Frau und fuhr sanft über die Punkte, die sie beim Training mit Agatha perfektioniert hatte. Beruhigend sprach sie die letzten Worte, bei denen sie ihre Stimmmodulation inzwischen in einen hypnotischen Singsang verändert hatte. Dann schnippte sie mit den Fingern und sah, wie Dianas Kopf auf ihre Brust sank.

Vorsichtig streckte sie ihre Hand nach der hypnotisierten Frau aus, ergriff sie und führte sie zum Bett, sie sanft auf dieses legend und ihr erklärend, was sie gerade vor ihrem inneren Auge sah. Dann – nur um sicher zu gehen – presste sie ihr den Injektor gegen den Hals, was sie Frau schläfrig aufstöhnen und dann komplett erschlaffen lies.

Gina berührte vorsichtig den Kommunikator: „Intrupper an Silverbird?“

„Lass hören.“, erklang Cals Stimme.

„Unsere drei Babys schlafen.“, erklärte sie und runzelte verblüfft die Stirn: „Warum schläfst Du eigentlich nicht?“

„Ich wurde etwas unsanft geweckt.“, hörte sie die amüsierte Stimme des Captains, „Und ich erwarte dich mit deinem Medokoffer in unserem Quariter.“

„Hat sich wer verletzt?“, seufzte die Ärztin und hörte, wie nun auch Cal seufzte: „Ja, ich bin mit dem Kopf gegen – is ja auch egal. Ich hab ne schicke Platzwunde, wenn Du dich mal darum kümmern würdest.“
 

Kurz vorher

„Erm… ups?“, machte Cal und hob vorsichtig die Hände: „Nicht schießen, ich ergebe mich?“

Dann lies er seinen Blick zwischen Ziva, Tony und Gibbs hin und her sausen und wandte sich schließlich an die gerade aus der sonischen Dusche kommenden Agatha.

„Hey Schatz“, lächelte der Captain ihr zu, „Wie geht’s denn so?“

„Wäre ich jetzt Commander Offensichtlich würde ich sagen ‚Du bist wach’“, schenkte die XO dem Captain ein Lächeln, dann schaute sie zu ihren Gästen: „Wenn Ihr beim nächsten Mal vorbeikommen wollt, sagt vorher bescheid. Stellt euch mal vor, ich wäre nackt gewesen.“

„Tun wir gerne, Agatha.“, schoss Cal dazwischen, stockte und verpasste sich selbst einen Schlag mit der flachen Hand auf den Hinterkopf, sie anschauend: „Sorry.“

Die XO rollte mit den Augen – dann räusperte sich Gibbs. Das eine hat mit dem anderen nicht viel zu tun, ist aber der präzise Ablauf der Geschichte. Erst rollte Agatha mit den Augen, dann räusperte sich Gibbs.

„Wir haben eigentlich nur zwei Fragen – die erste: Warum singt unsere Dusche. Die haben wir schon beantwortet. Aber die wichtigere ist – wer ist er hier?“

Damit schaute Gibbs über den Lauf seiner Waffe zu Cal, der mit einem „Oh for crying out loud“ seinen Kopf gegen eine Querverstrebung schlug. Dies tat er leider so gründlich, dass er kaum, dass er den Kopf von der Querverstrebung nahm, eine schöne Platzwunde sein eigen nannte. Benommen taumelte er nach hinten, ließ sich auf den Hosenboden nieder und seufzte: „Jack passiert das nie.“
 

Jetzzeit

Gina fuhr mit dem Hautregenerator über die Platzwunde und schaute den Captain mißbilligend an: „Sowas macht man auch nicht. Das ist schmerzhaft.“

„Da wär ich nie drauf gekommen“, stöhnte der Captain und schaute sie an: „Hast Du nicht noch irgendwelche Schmerzmittel für mich?“

Gina schüttelte den Kopf: „Meine Oma sagte immer: ‚Doof bleibt doof. Da helfen keine Pillen und keine Medizin.’ Ich kann dir also nichts gegen die Schmerzen der Dummheit geben. Aber – ich bin sicher, Agatha kann dir helfen. Frag sie einfach.“

Der Captain schaute sie an, legte überlegend den Kopf schief und dann erhellte sich sein Gesicht: „Du meinst wie in…“

Gina nickte.

„Ich sehe, wir verstehen uns.“

Damit wollte sie gehen, doch Gibbs versperrte ihr den Weg.

„Wir würden gerne erstmal wissen, ob das wirklich Cal ist.“

Die Ärztin zuckte mit den Schultern: „Seine Schläfe blutete. Was wollen Sie noch?“

„Als ich den anderen Cal erschossen habe, hat er auch zunächst geblutet.“, lies sich Ziva vernehmen und der Captain hob verblüfft beide Augenbrauen: „Du hast mich erschossen?“

Die hübsche Israeli zuckte mit den Schultern: „Naja, warst ja nicht du. Zumindest – glaube ich das.“

„Hey“, sagte Cal und wollte gerade aufstehen, als er sich der Querverstrebung, unter der er saß, gewahr wurde. Schnell trat er einen Schritt nach vorne und richtete sich zu seiner vollen Größe auf.

„Ich … woher warst Du sicher, dass ich das nicht wahr.“

„Du hast den Hinweis doch selbst gegeben.“, lächelte Ziva, „’Anführer’.“

Cal schaute sie verblüfft an: „Sag bloß, der Hinweis kam an.“

„Ich les auch Conan.“, sagte Ziva, mit einem weiteren Lächeln, „Ich dachte, das wüsstest du:“

Der Captain schaute sie an, und sein verwirrter Gesichtsausdruck wich einem strahlenden Lächeln: „Und ich hab schon gedacht, das Ding wär zu schwer zu knacken gewesen. Ich sah mich schon als Traceless-Duplikat in Stasis liegen.“

„Wo Du auch immer noch landen könntest, wenn Du uns nicht endlich erzählst, woran wir feststellen können, dass Du du bist.“

Cal rollte mit den Augen, sah von einem zum Anderen und sagte: „Ich weiß, das ist jetzt der an den Haaren herbeigezogenste Beweis, den man sich vorstellen kann – aber ich werde es mal versuchen.“

Damit lächelte er Ziva an: „Wonder Woman, fessel mich doch in deinem Lasso der Wahrheit.“

Die hübsche Israeli zog die Stirn kraus.

„Seit wann stehst Du auf Fesselspiele?“, fragte sie und Agatha räusperte sich: „Wenn ich da mal dazwischen gehen dürfte? Wonder Woman hat das goldene „Lasso der Wahrheit“, womit man Menschen dazu bringen kann, dass man die Wahrheit sagt.“

„Ah…“, machte Ziva, „Und das soll uns jetzt helfen? Ich meine, vielleicht hat auch Traceless diese Comics gelesen?“

„Nein, hat er nicht.“, sagte Gina und schaute die Israelin an: „Mein Bruder hält Comics für wertlosen Zeitvertreib.“

Damit blickte sie zu Cal: „Zumindest bin ich geneigt, ihm mehr zu glauben.“

„Das freut mich.“, lächelte der Captain und schaute zu Agatha: „Aber noch schöner ist, dass mir meine M.J. glaubt.“

Die hübsche XO schüttelte ihre roten Haare, schaute den Captain an und stemmte eine Hand in die Hüfte: „Und wer sagt Dir, dass ich nicht Traceless bin?“

„Dein hypnotisierendes Funkeln in den Augen, meine Liebste. Das hast nur du. Das kann man nicht duplizieren.“

Damit ging er auf sie zu, schlang seine Arme um ihre Hüfte und schaute sie an: „Und ausserdem, kannst Du nur Agatha sein, weil ich das folgende nie mit einem Mann machen würde.“

Und schon hatte er sie gegriffen und ihr einen Kuss auf den Mund gedrückt.

Als sie sich voneinander lösten, grinste Agatha Cal an, wie eine Katze, die einen Kanarienvogel verschluckt hatte: „Schöne Art der Beweisführung, mein Captain. Aber ich bezweifel, dass das vor Gericht standhalten würde.“
 

Elegant schwebte das Föderationsraumschiff, dessen rot-blauer Warpantrieb durch die deuterium-graue Hülle einen Eye-Catcher-Charakter hatte, ausserhalb der Möglichkeiten der Erde, die Dragonfly mit ihren Ortungsmethoden zu erfassen. Zwar schmälerten einige Hüllenbrüche nach dem Gefecht mit den Goa’uld und der Explosion in der Arrestzelle das schnittige Aussehen, aber, wenn man die Dragonfly wirklich gedanklich in eine Frau verwandeln wollte, ließen die Schrammen, Kratzer und Wunden, die ihr beigebracht wurden, den Fakt, dass sie immer noch stolz und aufrecht stand, sie zu einer stolzen Kriegerin verwandeln.

Die George Hammond , die inzwischen ebenfalls soweit repariert worden war, dass sie aus eigener Kraft fliegen konnte, schwebte neben ihr und man konnte eine gewisse Aufbruchstimmung spüren.
 

Sam hatte gerade davon erzählt, wie sie und der Kommandant der Dragonfly sich das erste Mal getroffen hatten. Damals war es ihr verrückt erschienen, ein so junges Personal ins Weltall zu entsenden und dem Wutausbruch des damaligen Colonels O’Neill konnte sie nur aus vollem Herzen zustimmen.

Calvin selbst hörte laut Musik über seinen Walkman und ein Bleistift als Mikrophon benutzend, sang er laut den Refrain mit.

Janeway sah Carter an. „Der ist immer so.“, erklärte sie und man konnte deutlich hören, dass sie ein wenig genervt klang. Die schöne Astrophysikerin wandte sich ihr zu und fragte: „Diese Kinder und Sie anderen. Was machen sie?“

Dazu muss gesagt werden, dass der Begriff „Kinder“ ein etwas dehnbarer Begriff war, denn der Captain war zu diesem Zeitpunkt knappe 17 Jahre alt – zwar immer noch mitten in den Flegeljahren, aber, man konnte sagen, dass er aus dem Gröbsten raus war. Da war allerdings das Verhalten, das selbst die 16 jährige Rothaarige neben ihm, die Hände über dem Kopf zusammenschlagen lies.
 

„Wir erforschen das Weltall.“, erklärte Janeway, was O’Neill dazu brachte, sich abrupt zu ihr herumzudrehen. In seinen Augen standen Flammen und Sam, die neben ihm saß, konnte sich nicht helfen – sie gab ihm recht.

„Und dazu benutzen sie Kinder?“, eruptierte der Colonel. Janeway hob beschwichtigend beide Hände: „Wir benutzen sie nicht, sie sind freiwillig in ein Raumschiff gestiegen!“

„Natürlich. Genau wie auf Orban Kinder ‘freiwillig’ zu gehirnlosen Zombies wurden!“

Man konnte dem Colonel anmerken, dass die Sache mit den Orbanern und vor allem der jungen Merrin ihm, knappe zwei Monate nach den Ereignissen, immer noch nahe ging.

„Nein, Colonel.“, sagte Agatha mit einer sanften, abgeklärten Stimme, „Wir sind tatsächlich freiwillig losgeflogen.“

O’Neill sah ihr in die Augen: „Ja, klar. Wer weiß, was diese Leute mit euch gemacht haben. Eine Prise Nish’ta hatte aus uns damals Sektierer gemacht. Glaub mir, wir kennen uns mit Gedächtnisveränderung aus.“

Cal meldete sich zu Wort. „Was? Sie sind in Kontakt mit einer gehirnmanipulierenden Droge gekommen und konnten sich befreien? Sie müssen alle unglaublich willensstark sein.“, sagte sie.

„Mit der richtigen Technik ist alles möglich!“, konnte sich O’Neill nicht verkneifen.

Sam lächelte Abby und Tim an, die wie gebannt an ihren Lippen hingen. Dann räusperte sich die hübsche Laborgoth: „Aber – hättet ihr nicht völlig aus dem Häuschen sein müssen, wenn da plötzlich ein Föderationsraumschiff auftaucht?“

„Das wären wir wohl gewesen.“, wiegte Sam ihren Kopf mit den verzaubernd-funkelnden blauen Augen hin und her und ihr 1000-Watt-Carter-Lächeln wurde noch intensiver; „Aber wenn man selbst durch so etwas wie ein Stargate geht, kann einen nichts mehr schocken. Und ob ihr es glaubt, oder nicht. Janeway war so klug, uns darauf anzusprechen. Sie ist nicht so, wie SF-Debris sie hinstellt.“

Dieser Satz hatte gesessen, denn Sam konnte erkennen, dass um Tims Mundwinkel ein verräterisches Zucken stattfand und in seinen Augen eine Mischung aus Unglaube und Verwirrtheit miteinander rang.

„Meint Ihr, ich schau mir die Internet-Reviewer-Szene nicht an?“, lächelte Sam, „Natürlich, wenn ich Zeit habe, werfe ich einen Blick darauf.“

Sie nahm einen weiteren Schluck ihres Diät-Drinks, den sie mit den Worten „Der schmeckt einfach besser“ bestellt hatte, ehe sie sich wieder an ihr Publikum wandte: „Wie schon gesagt – Janeway hat uns gefragt, warum wir nicht allzu verblüfft reagierten und Daniel hatte es ihr dann erklärt. Sie kam zum Schluss, dass es die Zeitlinie noch mehr verändern würde, wenn man nun darauf achtete, ob irgendjemand Informationen in die Vergangenheit weiterleitete.“

„Versteh ich nicht.“, meinte eine, sich plötzlich dazusetzende Tara King und schaute Sam an. Diese schenkte ihr ein Lächeln und reichte ihr die Hand: „Tara, schön dass Du es einrichten konntest.“

„Ja und ich will auch nicht hetzen, aber – die Sache mit Bastet hat das SGC in Aufruhr versetzt. General O’Neill bittet darum, dass wir beide bald zu einer Besprechung kommen mögen. Und ich soll Captain Cat entweder alles sagen, oder ja nichts.“

Sam schaute ihre Offizierin an, zwinkerte ihr zu und sagte, mit einem leicht amüsierten Lächeln: „Erzähl es ihm. Ich bin sicher, er wird mit runterkommen wollen.“

„Aber haben wir nicht andere Sorgen?“, meldete sich Tim, „Ich meine, auf der Erde treibt sich dieser Traceless rum, und keiner weiß, was er vor hat, oder wer er ist.“

„Keine Sorge, ich passe auf den Captain und seine XO auf.“, sagte Sam und zwinkerte Tim zu: „Ausserdem bin ich sicher, dass der General auch die Meinung von Ihnen hören will.“

„Jaja“, sagte Abby und wirkte ein wenig ungeduldig: „Aber warum würde es noch mehr Schaden an der Zeitlinie verursachen, wenn von heute auf morgen keine Informationen mehr in die Vergangenheit – also unsere Gegenwart – kommen würden?“

Die hübsche Astrophysikerin lehnte sich zurück und seufzte genießerisch. Es tat so gut, einfach nur mal die letzten Jahre aufzuarbeiten.

„Also – die Kurzfassung: Man musste einen guten Moment abpassen. Das späte zwanzigste Jahrhundert ist so häufig von Zeitreisenden besucht worden, dass die temporale Barriere dort ungefähr so löcherig ist, wie ein schweizer Käse. Ausserdem gibt es dort fünf große parallele Zeitströme.Der eine setzt in den frühen zwanziger Jahren ein. Sagt euch die Star Trek-Episode „City on the edge of forever“ etwas?“

Tim nickte: “Du …”

Sofort bemerkte er, was er da gerade getan hatte, und verstummte Schlagartig, was Sam zu einem glockenhellen Lachen brachte: “Duz mich ruhig. Erstens sind wir alterstechnisch so weit nicht auseinander, zweitens erlaube ich es dir, drittens ist dies eine Fanfiction und daher nicht Canon und viertens würde ich es Dir sogar im Canon erlauben, Tim.“

Der Informatikfachmann schluckte, schaute Sam dann an und holte erneut Luft: „Du meinst also die Folge, in der Kirk und Spock in die Zwanziger reisen um McCoy zu finden?“

„Ja, und wenn sie nicht in die Vergangenheit gereist wären, hätte der gute Doktor eine Frau namens Edith Keeler gerettet, was unschöne Konsequenzen gehabt hätte. Das ist ein paralleler Zeitstrom. Ein weiterer setzt ein paar Jahre später ein – im Krieg. Ihr erinnert euch an die Folge „Sturmfront“?“

„Aus „Enterprise?“, fragte Abby und Sam nickte: „Genau. Das ist der zweite große Zeitstrom. Ein Dritter waren die ‚Eugenischen Kriege’, die eigentlich in den 90ern hätten stattfinden sollen und mit der Verbannung Khan Noonian Singhs von der Erde geendet hätten. Einen Vierten verursachte der Systemlord Ba’al, als er das Schiff, welches das Stargate von Ägypten nach Amerika hätte bringen sollen, versenkte. Ein Fünfter wurde durch den Absturz des Raumschiffes AEON verursacht, das diese Zeitlinie, mit ihrem Computerzeitalter in den 90ern verursachte.“

Der Informatikfachmann blickte die hübsche Astrophysikerin verdattert an, versuchte sich Zahlen und Daten zu merken und damit klar zu kommen – Abby nickte nur verstehend und beugte sich dann vor: „Und wenn man nun noch eine Veränderung vornehmen würde – im ausgehenden zwanzigsten, frühen 21. Jahrhundert würde es zu Komplikationen kommen.“

„Exakt.“, sagte Sam, „Anzeichen davon, was passieren könnte, habt ihr offenbar schon erlebt.“

„Ja, einen Haufen Paralleluniversumsbewohner, die hier auftauchten.“, erklärte Abby, „Aber es war eigentlich ganz lustig.“

„Soso“, lächelte Carter und beugte sich wieder vor: „Ich bin neugierig – wollt ihr es mir erzählen?“

„Gerne.“, sagte Abby und begann.
 

Es gab Momente, in denen sich Leroy Jethro Gibbs vom Schicksal verfolgt fühlte – oder auf den Arm genommen. Gerade war es Letzteres. Cal hatte sich gerade durch einen alten Trick zu identifizieren versucht und irgenwie gelang dieser sogar, weil selbst er geneigt war, ihm zu glauben. Vielleicht lag es auch einfach nur daran, dass Gibbs sich sicher war, dass er sich auf seine Leute verlassen konnte. Er selbst hatte immer ein sehr starkes Bauchgefühl und dieses verriet ihm zwar, dass die Sache nicht ausgestanden war, Traceless aller Wahrscheinlichkeit nach aber nicht mehr an Bord weilte. Dies bedeutete, dass dieser Cal der echte war.

Und gerade, als er beschlossen hatte, diesen Fakt zu aktzeptieren, meldete sich die Türklingel. Mit einem „Herrein“ von Cal und Agatha glitt die Tür beiseite und gab den Blick auf eine junge Brünette, allerhöchstens Anfang zwanzig frei. Sie nickte in die Runde.

„Captain Cat, Commander Silverbird, und die Special Agents Gibbs, David und DiNozzo? Ich darf Sie bitten, sich nach Washington D.C. zu begeben.“, sagte die Frau und salutierte dann: „Lieutenant Tara King meldet sich wie befohlen.“

„Moment mal.“, sagte Tony und schaute die hübsche Brünette verblüfft an: „Wer hat befohlen, dass wir uns da einfinden sollen?“

Tara schaute ihn an und ihr Blick verriet keinerlei großartige Regung: „General Jack O’Neill von Homeworld Security.“

„Tatsächlich?“, grinste Cal breit, „Darf ich mich dann wieder darauf freuen, dass wir mal wieder durchs Gate gehen?“

Die hübsche Brünette schüttelte den Kopf: „Dazu wird es vermutlich nicht kommen, Sir. Aber Sie werden sich sicherlich auch so auf ein weiteres Gespräch mit dem General freuen.“

„Worauf Sie Gift nehmen können, Lieutenant King.“, sagte der Captain und wandte sich an Agatha: „Wollen wir, Schatz?“

„Lass uns wollen.“, erwiderte sie.

Damit betätigte die attraktive XO ihren Kommunikator, räusperte sich und sagte: „Silverbird an Intrupper. Wir beamen uns gleich zu General O’Neill herunter.“

„Ich verstehe.“, erwiderte die Ärztin, „Habt Ihr eigentlich schon eure Tri-Ox-Impfung erhalten?“

„Tri-Ox?“, echote Cal und hob fragend eine Augenbraue. Ziva tat unbewusst das gleiche, schaute Cal an, dann zu Agatha und plötzlich verstand sie. Natürlich – das war eine logische Schlussfolgerung. Sie wandte sich dem Captain zu und zuckte mit den Schultern: „Ich nehme an, dass die Luft hier dicker ist, als auf der Erde?“

Nuns chaute auch Tony sie überrascht an. Ziva erwiderte seinen Blick, zuckte mit den Schultern und lächelte ihn an.

Sie beugte sich vor, stellte sich auf die Zehenspitzen um den Größenausgleich zu bewerkstelligen und flüsterte ihm ins Ohr: „Ich erkläre es Dir später, Tony.“
 

Es war doch eine etwas merkwürdige Situation, als die Tür aufglitt und Tony DiNozzo Tim und Abby sah, die sich mit einer blonden Frau unterhielten, die aussah, als wäre sie eine Zwillingsschwester von Helen Magnus.

„Sam.“, lächelte plötzlich Cal neben ihr und schaute sie an, „Das is doch mal schön, dass Du uns mit nach unten begleitest.“

Die Angesprochene zuckte mit den Schultern: „Ich musste sowieso runter, da kann ich auch mit euch nach unten beamen.“

„Det is wohl wahr.“, machte der Captain und drehte sich um, als er das pneumatische Zischen der Tür hörte und Gina Intrupper auf ihn zukommen sah.

Die Italienerin lächelte ihn freundlich an: „Keine Panik, es wird nicht weh tun.“

Damit hatte sie ein Hypospray gezogen und Cal den Injektor gegen den Nacken gepresst.

„Au!“, machte dieser, schaute Gina vorwurfsvoll an und fragte: „Hast Du nich gesagt, dass ich nichts merken würde?“

„Nein, ich sagte, es würde nicht wehtun.“, korrigierte die Ärztin ihn, mit einem amüsierten Zwinkern, was der Captain mit einem „Hat es aber“ kommentierte, und damit, dass er sich über die Stelle rieb, die gerade nähere Bekanntschaft mit dem Injektor gemacht hatte.

Tony konnte sich das alles nicht vorstellen. Dieser Mann war - formal und ganz ohne jegweden bösen Absichten betrachtet – ein Vollidiot. Vermutlich wäre ein Kind noch eher geeignet gewesen, ein Raumschiff zu kommandieren, als er.

Es war einfach nur faszinierend. Dieser Mann trug die Verantwortung für Hunderte von Leben und war mit sowas einfachem und banalem wie einer Spritze überfodert, die…

„AU!“, machte nun auch Tony und schaute die Ärztin verblüfft an.

Okay – es tat tatsächlich weh. Oder besser gesagt: Die Injektion kam sehr überraschend.

Kurz glaubte er, das seine Sicht verschwömme, aber gerade, als er sich an der Konsole festhalten wollte, ging es wieder.

„Was war das?“, fragte er und Ziva, die gerade die Hand von ihrer Stirn nahm, schaute den Agenten an. „Tri-Ox.“, erklärte sie und zuckte mit den Schultern: „Ich glaube, das gehört dazu, damit wir keine unangenehmen Überraschungen auf der Erde erleben.“

„Hoffentlich.“, ließ McGee verlautbaren und schüttelte den Kopf, nachdem Gina ihm die Injektion verabreicht hatte, „Mein Bedarf an Überraschungen ist für heute sowas von gedeckt.“

Und dann passierte etwas, womit eigentlich schon wieder fast jeder gerechnet hatte. Gina ging auf Abby zu, die sie anschaute, auf und ab hüpfte und fragte: „Darf ich mir das selbst injizieren? Das wäre cool.“

Die Ärztin warf einen Blick auf irgendeine Anzeige, nickte dann grinsend und überreichte der hübschen Goth den Injektor. Beinahe erfurchtsvoll betrachtete diese das Gerät, drehte es dann und injizierte sich die letzte Dosis Tri-Ox. Kurz wankte sie, schüttelte den Kopf und schaute McGee an: „Wow, das war cool.“

Dieser schaute sie an und grinste schief: „Cool ist nicht unbedingt das Wort, das ich dafür im Sinn hatte.“
 

Homeworld Security .

Hier wurden Entscheidungen von globaler Relevanz getroffen, hier wurde die Sicherheit der Erde geplant und verteidigt. Es war wie Will Smith mal über die Men in Black gesungen hatte: „We're your first, last and only line of defence against the worst scum of the universe“

In diesem Fall war der schlimmste Abschaum des Universums eine Rasse von Parasiten, die sich in Menschenkörpern einnisteten, um Götter zu spielen.

Und im Gegensatz zum Hauptquartier der Men in Black aus dem Film, war dies hier ganz bestimmt nicht LaGuardia Airport in New York. Nein, dies war ein eigentlich recht unscheinbar wirkendes Gebäude im Herzen von Washington.

Sam konnte sehen, wie das Gesicht Captain Cats eine gewisse Enttäuschung verriet, aber – was hatte er erwartet? Ein großes Gebäude, das mit leuchtenden Buchstaben darauf hinwies, dass hier die Sicherheit der Erde verteidigt wurde?

Eines ihrer berühmten strahlenden Lächeln umspielte ihre Lippen und Amüsement funkelte in ihren grau-blauen Augen.

„Nicht ganz das, was Du erwartet hattest, oder?“, fragte sie, klopfte dem Offizier mitfühlend auf die Schulter und ging auf den Eingang zu. Hier hatte Sam die Führung.
 

Gibbs sah weder Sinn noch Nutzen darin, sich ‚vorzudrängeln’. Erstens war es nicht sein Stil, zweitens mochte er es, wenn jemand auf dessen Gebiet führend war oder sich zumindest auskannte – solange er nicht in irgendein sinnloses technologisches Geblabber verfiel, das kaum einer verstand – und drittens musste er zugeben, dass er von den Dingen, die hinter der Tür von Homeworld Security lagen, keinen blassen Schimmer hatte. Und es war eigentlich interessant. Noch vor knapp 3 Wochen hätte er nicht einmal im Traum daran gedacht, dass Raumschiffe, Ausserirdische, Zeitreisende und Formwandler existierten. Und noch vor 3 Wochen wäre es ihm egal gewesen, was dort draußen, hinter dem Rand des Sternenlichts – oder auch „beyond the rim of the starlight“ - geschah. Wann immer man ihm erzählt hätte, dass jemand von Ausserirdischen entführt worden war, oder dass sich „beyond the rim of the starlight“ Dinge abspielten, die so wundervoll, so erschreckend waren, dass man an seinem eigenen Verstand zweifelte, er hätte diesen Menschen für verrückt erklärt.

Ja – natürlich hatte er, Gibbs, die Mondlandung gesehen und die berühmten Worte von Neil Armstrong inzwischen oft genug gehört. Die Meldung, dass das Shuttle von Captain William ‚Buck’ Rogers in den unendlichen Weiten verschwunden war, hatte er auf dem Weg zum Stützpunkt gehört und anschließend Shannon in die Arme genommen. Auch andere Katastrophen im Zusammenhang mit dem Raumfahrtprogramm hatte er mitbekommen und wäre niemals auf die Idee gekommen, dass all dies irgendwann mal darin gipfeln würde, dass er mit zwei Offizieren einer Sternenflotte, die es offenbar doch gab, obwohl sie fikitiv war, unterwegs wäre, um einen Verbrecher zu fangen. Und dann stand die attraktive Blonde vor ihm und bedeutete ihm, dass man hier seine Waffen konfiszieren würde.
 

Ziva waren Geheimgesellschaften nicht unbekannt und der Fakt, dass sie durch McGee einige Star-Trek-Folgen gesehen hatte, ließen sie all die Fakten, mit denen sie auf der Dragonfly konfrontiert gewesen war, recht schnell begreifen. Es war einfach nur faszinierend, diese Halle zu sehen, durch die sie gerade schritten.

Sam Carter ging mit der natürlichen Autorität, die ihr innewohnte voran, kannte jeden Winkel und salutierte jedem Soldaten, der ihr entgegen kam, zu. Dann erreichten sie einen großen Konferenzraum, in dem genug Platz war, um sie alle zu beherbergen.

Der Mahagoni-Tisch musste teuer gewesen sein, und sie fragte sich gerade, ob die Steuergelder auch hier hineinflossen. Es würde sie nicht wundern, wenn diese gesamte Geheimgesellschaft, die sich die Präsidenten der USA seit einigen Jahren leistete, nicht auch zum Teil mit der bekannten Lehman-Brothers-Pleite zu tun hatte. Und der beste Weg, Unsummenausgaben zu verschleiern, war tatsächlich, eine Bank für sowas haften zu lassen.

Sie nahm platz und fühlte, wie der Stuhl sich an ihre Körperform anpasste.

Kurz lehnte sie sich zurück, als sich die Tür schloss und Stille einkehrte.
 

Die Stille legte sich betäubend über die Köpfe der Anwesenden, wie ein mit Chloroform getränktes Tuch. Zuerst versucht man, sich dagegen zu wehren, aber bald scheint man keine Chance mehr zu haben. So ähnlich war es mit der hier vorherrschenden Stille.

Dann öffnete sich eine weitere Tür, und allein die Lautstärke des Öffnens konnte gut und gerne mit einer Explosion konkurrieren. Als die Tür sich wieder schloss, folgte Ziva dem den Raum betretenden Mann, der in eine blaue Air-Force-Uniform gekleidet war und ein militärisch-zackiges Verhalten an den Tag legte. Doch irgendwas war da – sie konnte es nicht ganz wahrnehmen, aber es fühlte sich so an, als ob dieser Mann die militärische Zackigkeit nur als eine Art Fassade, eine Art Maske trug.

Unbewusst verkrampfte sie sich und Tony schaute sie an.

„Alles in Ordnung?“

Ihr Atem ging schneller, sie hatte das Gefühl, in eine Falle gelaufen zu sein, aber … offenbar war sie die Einzige.

Vielleicht bilde ich mir das alles nur ein? , dachte sich Ziva und nickte dann Tony zu: „Natürlich, DiNozzo. Warum fragst du?“

Dann wandte sie sich wieder zu dem Mann, der sich nun an den Kopf des Tisches setzte und sie alle der Reihe nach anblickte. Der blonde Schopf Sams, war kurz ihr zugewandt – Zeichen dass sie sich mit dem Mann unterhielt – und auch, wenn sie nicht verstand, was der Mann sagte, signalisierte die Körperhaltung Sams, dass sie zwar aufmerksam, aber eigentlich entspannt war.

„Soso.“, machte der Mann plötzlich und seine braunen Augen schienen jeden in diesem Raum kurz zu durchleuchten. Dann beugte er sich vor und fixierte den Captain, der zwei Plätze neben ihr saß.

„Ich sitze in meinem Büro, denke an nichts Böses und plötzlich werde ich darüber informiert, dass ein Föderationsraumschiff im Orbit schwebt.“, sprach der Mann und warf dem Captain ein ironisches Lächeln zu: „Könntest Du vorher bescheid sagen, wenn Du deine Schrottkiste parkst, Cal?“

Der Captain wandte sich ihm zu. Da Ziva hinter ihm saß, konnte sie das Mimenspiel des Offiziers nicht sehen, aber die Stimme Cals klang amüsiert: „Hey, immerhin sehen wir besser aus, als eure plattgetretenen Zerstörer, Jack.“

Kurz umwölkte irgendwas, was sie nicht ganz erfassen konnte, den Blick des Generals, dann lehnte er sich zurück und betrachtete den Captain und seine XO: „Ihr habt also tatsächlich mal wieder Krieg angezettelt, ja?“

Cal schüttelte verwirrt den Kopf und auch Agatha schien überrascht zu sein.

„Krieg, Jack?“, fragte sie.

General O’Neill lehnte sich wieder vor, die Ellbogen auf den Mahagoni-Tisch gestützt, und schaute die beiden Starfleetoffiziere an. Er nickte ernst.

„Wir haben gerade ein Kommunique von Anise erhalten.“

„Anise?“, echote Cal, „Wie geht’s ihr denn? Trägt sie immer noch so wenig?“

Kurz umspielte ein Lächeln die Gesichtszüge des Colonels, ehe er antwortete:

“ Wie es aussieht, haben einige Tok’ra-Spione bei den Goa’uld erfahren können, dass die Würmchen wieder mobil machen.“

Nun war es an Cal, sich zurückzulehnen. Er schlug sich beide Hände vors Gesicht und stöhnte in sie hinein, was der Stimme einen hohlen Klang gab.

„Oh Gott.“, machte er, nahm dann die Hände wieder vom Gesicht und betrachtete erst Sam, dann Jack: „Gibt es eine Möglichkeit, die ganze Sache…“

Der General nickte: „So wie ich das verstanden habe, ist Dakara – ihr wisst schon, die gewählte Heimatwelt der freien Jaffa-Allianz – der Dreh- und Angelpunkt. Wenn Dakara fällt, haben die Goa’Uld wieder ihre Jaffa-Diener und können in beeindruckender Truppenstärke aufmarschieren.“

Sam beugte sich vor: „Ich kann die George Hammond in einigen Stunden flugbereit haben.“

Jack schüttelte den Kopf: „Negativ. Das dauert zu lange. Die Hammond bleibt für weitere Reparaturen im Trockendock. Wir werden das Gate nehmen.“

„Wir?“, echote Cal und schaute den General fassungslos an: „Jack, hältst Du das für klug?“

„Wann hab ich je das ‚kluge’ getan?“, gab der General eine Gegenfrage.

„Das ist wohl wahr:“, zuckte der Offizier mit den Schultern, „aber…“

Er stockte und schaute seine XO an.

„Hast Du mich gerade getreten?“, fragte er und Agatha deutete nach draußen: „Wenn ich dich mal kurz sprechen dürfte?“

Irgendwas in ihrer Stimme schien keinen Aufschub zu dulden. Sie griff die Hand des Captains und ging.

Was da wohl los war?

Sam und Jack tauschten ebenfalls verwirrte Blicke.

Dann stand Ziva auf: „Wenn Sie mich entschuldigen… wo ist die Toilette?“

„Dritte von links.“, sagte Sam, „Wir warten, bis ihr alle wieder da seid.“
 

Natürlich musste Ziva nicht wirklich aufs Klo, aber sie war neugierig und wollte wissen, was so wichtig war, das Agatha wieder einschritt. Also folgte sie den beiden Offizieren, langsam, vorsichtig, mit den Schatten des Gebäudes verschmelzend. Dafür war sie trainiert, dafür hatte sie den richtigen Körperbau und die Möglichkeiten, sich zu bewegen. Bald hatte sie einen guten Ort erreicht, von dem sie die Unterhaltung des Captains und der XO mithören konnte.

„… halte das für keine gute Idee, Gathy. Sie haben uns gerettet.“

„Du weißt, dass es keinen anderen Ausweg gibt? In den Geschichtsbüchern steht es so.“, sagte Agatha und man konnte deutlich hören, dass sie mit sich einen Kampf ausfocht, „In den Geschichtsbüchern steht, dass die dritte Schlacht um Dakara die sein wird, bei der SG-1 einen letzten heroischen Kampf abliefert.“

„Wir wissen nicht, ob sie wirklich sterben.“, erklang die Stimme des Captains, aus der Tonnen von Zweifel sprachen, „Und es wäre ein Leichtes, sie zu retten.“

„Ja, aber dann müsstest Du auch in die Vergangenheit, und Captain Stone retten. Du weißt, dass wir das nicht tun können.“, hörte Ziva mit immer schneller werdendem Atem die Stimme Agathas, die nicht glücklich damit klang, was sie gerade tat.

„Agatha – ich will SG-1 nicht ins Verderben schicken.“

Ziva beugte sich aus ihrem Versteck und sah, wie Cal seine Freundin griff und seinen Kopf gegen ihre Schulter barg.

Sie legte ihm beruhigend eine Hand auf den Rücken, streichelte ihn und schluckte.

„Ich weiß.“, sagte sie mit brüchiger Stimme, „Ich bin auch kein Fan davon. Aber – es ist so. Es steht so geschrieben. SG-1 stirbt bald.“
 

Ziva hatte keine Ahnung, wer dieses „SG-1“ war, aber anhand des Faktes, dass ein Ort namens Dakara genannt wurde, und der General diesen Ort gerade eben erwähnt hatte, war es eine sichere Annahme, dass sowohl Jack als auch Sam zu diesem Team gehörten. Und diese Leute wollte Agatha in den Tod schicken?

Als sie realisierte, was sie gerade getan hatte, fragte sich Ziva, wo ihre Motivation gelegen hatte und wieso sie ausgerechnet jetzt eingriff.

Sie kam aus ihrem Versteck hervor, griff sich Cal und Agatha an je einem Arm und zog sie mit sich. Schnell schaute sie sich um, trat die Tür zur nächstbesten Besenkammer auf, schubste zuerst Cal, dann Agatha hinein und betrat schließlich selbst den Raum.

Der Captain rappelte sich auf, schaute Ziva verständnislos an, als sie ihm plötzlich die Beine wegzog und ihm ihren Fuß gegen den Adamsapfel presste.

„Ziva… k… krieg keine Luft.“, keuchte Cal. Die hübsche Israelin schaute ihn mit kaltfunkelnden Augen an, beugte sich vor, griff den Phaser Agathas und zielte auf sie.

„Okay – warum wollt ihr SG 1 sterben lassen.“
 

Wenn niemand in Besprechungen etwas sagt, neigen diese Veranstaltungen dazu, schnell ziemlich langweilig zu werden. Tony DiNozzo verfluchte sich gerade dafür, nicht irgendwelchen Lesestoff mitgenommen zu haben. Momentan würde er alles lesen - Readers Digest, ein Wissensmagazin oder den Playboy – Hauptsache war, dass es ihn von der gähnenden Langeweile ablenkte, die gerade im Raum zu spühren war.

Er seufzte, lehnte sich im Sessel zurück und versuchte, wenigstens ein wenig produktiv zu sein.

Mal sehen – was hatte man für einen Fall?

Da war ein Typ – ein hochrangiger Captain – umgelegt worden. Das Schwert, ein Beid- oder auch Bastardhänder wies Fingerabdrücke von drei Petty Officern auf, von denen keiner zur fraglichen Tatzeit in der Nähe des Fundortes der Leiche war. Auch ohne das Eintreffen der beiden Sternenflottenoffiziere war die Sache klar – jemand hatte versucht, die P.O.s Riker, Troi und Turner hereinzulegen. Wozu? Gute Frage.
 

Die Anwesenheit der Sternenflottenoffiziere machte die Sache noch undurchsichtiger, brachten sie doch tatsächlich mit diesem Typen namens „Traceless“ einen vollkommen neuen Spieler ins Bild. Und dieser Traceless war auch noch in der Lage, sich im wahrsten Sinne des Wortes zu „verflüssigen“, beziehungsweise anderer Leute Gestalt anzunehmen. Wie sollte man da den Überblick behalten? Überhaupt wurde sie Sache durch verschiedene Akteure aus Gegenwart und Zukunft, einem zeitreisenden Ari, der wer-weiß-wohin-verschwunden war und mysteriösen Hintermännern, die das Eq uipment, den Attentäter vor seinem Tode bewahren zu können und ihn immer wieder in die Nähe Gibbs und Co bringen zu können, irgendwie organisiert hatten, nur noch mehr erschwert - um nicht zu sagen: Undurchsichtig.

Wo war Traceless und wer waren die Hintermänner hinter dieser ganzen Sache?

Tony überlegte, fand sich aber irgendwie nicht in der Lage, das Rätsel zu lösen.
 

Das leise Räuspern Sam Carters riss ihn aus seinen Gedanken. Überrascht schaute er zu ihr, die entschuldigend in die Runde lächelte und sagte: „Wenn Sie mich auch kurz entschuldigen möchten?“

Damit schob sie den Stuhl zurück, erhob sich und ging mit anmutigen, beherrschten Bewegungen.
 

Cals Gesicht hatte inzwischen eine bläuliche Färbung angenommen, aber Zivas Schuhe blieben an Ort und Stelle. Sie schaute ihn immer noch feindseelig an, als Agatha mit einem leichten Räuspern ihre Aufmerksamkeit auf sich zog.

„Lass es mich Dir erklären.“, sagte sie und erhob sich unter den mißtrauischen Augen Zivas.

Sie nicht aus dem Blick lassend, nahm sie den Fuß von Cals Kehle und platzierte ihn auf der Schulter. Dabei achtete sie darauf, dass sie genug Gewicht auf ihn ausübte, um ihn am Boden zu halten, aber nicht genügend Gewicht, um ihn zu verletzen.

„Okay“, nickte die hübsche Israeli: „Aber keine Tricks.“

„Keine Tricks“, sagte Agatha und schaute sie aus grasgrünen Augen an: „Ich… ich weiß, wie das rüberkommen muss, aber – wir wollen eigentlich auch nicht, dass SG-1 stirbt. Das Problem ist, dass wir diese Ereignisse geschehen lassen müssen.“

Sie machte eine Pause, streckte sich einmal kurz und man konnte ihr ansehen, dass sie kurz damit liebäugelte, Ziva die Waffe zu entreißen. Die Israeli hob die Waffe erneut, verstärkte den Druck auf Cals Schulter, was dieser mit einem schmerzerfüllten Stöhnen quittierte und dann zu Agatha sah.

„Dann erklär mal.“, knirschte er.
 

Die hübsche Astrophysikerin lenkte ihre Schritte durch die großen Hallen des Gebäudes.

Wo waren Agatha, Cal und Ziva? Dass die hübsche Israeli den dringenden Toilettenbesuch vorgeschoben hatte, war klar und die Begründung mehr als nur ein Feigenblatt. Also musste es etwas sein, das die Drei wirklich betraf. Stellte sich natürlich die Frage, wo die Drei sich befanden.

Sam Carter schaute sich um. Oft genug war sie in diesen Fluren und Korridoren unterwegs gewesen,, man konnte also tatsächlich behaupten, dass sie das Terrain kannte. Aber wenn ihr jemand so einfach entkam – kannte sie es dann tatsächlich? Diese Frage ging ihr nicht aus dem Sinn, als sie aus einer Tür, die deutlich als Besenkammer gekennzeichnet war, ein lautes Geräusch hörte. Aha – da waren sie also.

Sie streckte ihre Hand nach der Klinke aus, drückte sie herunter und…
 

Cal knirschte mit den Zähnen, als Ziva den Druck verringerte. Die Frau konnte sich denken, dass der Captain Schmerzen hatte und dies tat ihr sogar leid. Allerdings musste sie wissen, was hier los war.

Agatha hob die Stimme.

„Also – Du kennst doch die Logik hinter einem Großvaterparadoxon, oder?“, fragte sie und Ziva nickte: „Natürlich. Ich reise in die Vergangenheit, töte dabei versehentlich meinen Großvater, was bedeutet, dass ich nicht geboren werden kann. Also kann ich auch nicht in die Vergangenheit reisen, weswegen mein Großvater nicht stirbt, weswegen ich wieder geboren werde, in die Vergangenheit reise und…“

Jetzt war es an Agatha zu nicken.

„Aus dem Grund dürfen wir uns in Ereignisse in der Raum-Zeit nicht einmischen.“, erklärte sie.

Ziva räusperte sich: „Aber… habt Ihr die Zeitlinie nicht schon geändert? Dadurch dass ihr uns helft, den Mord an Stone aufzuklären, und so weiter?“

Die hübsche XO wiegte abwägend mit dem Kopf, was Ziva dazu brachte, sich zu fragen, ob Agatha ihr nun die Wahrheit auftischen würde, oder nicht.

„Also – eigentlich ist es so, dass wir den Zeitfluss einhalten müssen. Der Mord an Stone war ja eigentlich auch nicht geplant. Schließlich ist er ein Kontrolloffizier aus der Zukunft.“

„Aber müsste dann nicht sowieso eine neue Zeitlinie begonnen haben, sodass alle Karten neu gemischt wurden?“

Cal richtete seinen Kopf auf und schaute zu Ziva herüber: „Eigentlich hast Du recht, aber wir versuchen ja, die Zeitlinie wieder zu bereinigen.“

Diese Antwort ließ die hübsche ehemalige Mossad-Agentin auflachen, was Agatha und Cal dazu brachte, zuerst sich und dann sie verwundert anzublicken. Irgendwie hatte Ziva das Gefühl, dass in den Augen der beiden Offiziere die Frage stand, ob sie komplett durchgedreht sei.

Also beruhigte sie sich wieder, schaute die Beiden an und sagte: „Entschuldigung, das ich so lachen musste, aber - wisst ihr, wenn ihr die Zeitlinie bewahren wollt, macht ihr einen echt miesen Job. So viele Logiklöcher und Paradoxien haben sich inzwischen ergeben – das kann man nur noch dadurch klären, das man die kompletten Aufzeichnungen über die letzten Erlebnisse streicht.“

Der Captain schaute sie ernst an: „Eigentlich rechnen wir darauf, dass ihr genau das tut. Ihr sollt alle Aufzeichnungen über Stone, seine Ermordung et cetera löschen und vernichten. Also zumindest den Teil, das er aus der Zukunft kam. Diese Informationen dürfen nicht in die Öffentlichkeit und… darf ich mich wieder aufrichten?“

Ziva nickte und gestattete es dem Offizier.

Dieser rappelte sich hoch. Agatha schaute ihn an, legte den Kopf schief und sanft eine Hand auf seine Schulter: „Alles in Ordnung?“

„Ich werds überleben.“, murmelte der Captain, „hoffentlich.“

Damit wandte er sich an Ziva: „Also. Was die Öffentlichkeit - und damit meine ich alles ausserhalb des Major Response Teams, einschließlich Abby und Ducky - angeht, ist Captain Stone tatsächlich nur ein einfacher Navy Captain gewesen, seine Frau und seine Sekretärin ebenfalls und Leon Vance ist auch kein Sternenflottenoffizier. Wenn diese Informationen gelöscht werden, dürfte mit der Zeitlinie eigentlich nichts Schlimmes passieren. Und deshalb muss in dieser Zeitlinie alles so ablaufen, wie es normalerweise abgelaufen wäre.“

„Das heißt, SG-1 muss tatsächlich sterben?“, fragte Ziva und Cal nickte: „Ich befürchte es. Und es wäre wirklich sehr wichtig, dass Du es dem Team – und dieses mal schließe ich dein Team mit ein – nicht verrätst.“

Ziva nickte.

„Wenn es so wichtig für die Zeitlinie ist…“

„ist es.“, sagte Agatha und legte der Israeli eine Hand auf die Schulter: „Ich find das auch nicht toll, glaub mir. Ich meine, Sam ist eine gute Freundin und ich würde sie gerne retten, aber … ich kann es nicht. Ich muss sie opfern - so wie ich jeden opfern würde. Die Dragonfly, Cal, Dich… “

Der Captain schaute sie verblüfft an, deutete dann auf sich und machte: „Miep?“

Dann öffnete sich die Tür, etwas wurde hereingeworfen und die Tür wurde wieder geschlossen. Von einem Augenblick zum Anderen wurde der Raum mit einem sehr süßlichen Geruch gefüllt. Agatha schaute auf das Objekt, das diesen Geruch verbreitete und murmelte: „Gas.“

Agatha, Cal und Ziva warfen einander einen bestürzten Blick zu, ehe sie kollabierten.

Traceless warf die Tasche in den Mülleimer und verschwand in der Menge.

Traceless warf die Tasche in den Mülleimer und verschwand in der Menge.
 


 

2370 - In knapp 359 Jahren - 9 Jahre vor Datas Tod
 

Irgendwie kam er sich übers Ohr gehauen vor. Seine Schwester stand in der Tür, lächelte ihn an und neben ihr stand dieser junge Kerl, mit einem der wohl unverschämtesten Lächeln auf den Lippen, das man sich vorstellen konnte.

„Buzz Intrupper? Darf ich Dir Calvin Nathan Cat vorstellen?“, sagte sie und deutete auf den Typen, „Das is mein Freund.“

Eher Widerwillig griff Buzz die Hand des Typen, der ihn noch unverschämter angrinste, der Gegend einen kurzen Blick schenkte und dann zu Gina sagte: „Schicke Hütte.“

‚Schicke Hütte?!’

Das Haus, in dem diese Szenerie stattfand, stand in Ginas und Buzz’s Geburtsort – Perugia – und gehörte seit Generationen in den Familienbesitz der Intruppers. Wie konnte dieser Typ es wagen, einem so schönen, alterwürdigen Gebäude das Wort ‚Hütte’ beinahe schon despektierlich entgegenzusetzen?

„Sehr erfreut.“

Hoffentlich merkte dieser Cat nicht, dass er es absolut nicht ernst meinte. Am Liebsten würde er ihm den Tiber zeigen – aus nächster Nähe – und ihn erfahren lassen, wie tief der Fluss in Perugia war.

‚Schicke Hütte’. Auf diesem Grundstück hatten sich Schlachten entschieden und war Geschichte geschrieben worden. Dieses Haus hatte miterlebt, wie Italien die Finanzkrise überlebt hatte, wie der dritte Weltkrieg Europa verheert hatte und hatte etlichen Flüchtlingen als Schutz gedient. Hier war die Familie Popolo seit hunderten von Jahren zu Hause und nicht einmal die Einheirat von Clark Intrupper, Ginas und Buzz’s Großvater, hatte die Einstellung der Intruppers zu diesem Ort verändert. Hier waren sie zu Hause – seit Jahrhunderten.

Und dann kam dieser Typ und sagte „Schicke Hütte“?

‚Wo kommen wir denn da hin?’, schoss es Buzz durch den Kopf, gefolgt von dem Gedanken:’Ach, lass mal – vielleicht berappelt sich der Junge ja noch. Er mag nicht älter als 18 sein. Da ist man noch sehr ungestüm.’

Und ausserdem konnte Buzz, das sah er an dem Funkeln in Ginas Augen – und an dem Funkeln in den Augen des Typen – gegen eine Wand anreden. Die beiden waren offenkundig in einander verliebt und er hatte seine Schwester sehr gern. Er würde nicht zulassen, dass irgendjemand – und ganz besonders nicht er – ihrem Glück im Wege stand.

Und vielleicht war er ja auch gar nicht so verkehrt.

„Sag mal, macht’n dein Bruder so?“, fragte Cal in diesem Moment und Buzz schaute ihn an: „Ich bin Arzt. Doktor um genau zu sein.“

„Doctor Who?“

„Intrupper. Das hatten wir schon.“, erläuterte Buzz und schaute verblüfft mit an, wie Cal sich vor Lachen bog. Gina bedachte ihn mit einem warnenden Blick und schaute dann entschuldigend zu Buzz herüber, ehe sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Lachenden schenkte: „Cal, das war nicht witzig. Du kannst nicht bei jedem Arzt diesen ‚Doctor Who’-Gag bringen.“

„Warum nich? Is doch lustig.“

Die Frau rollte mit den Augen, zuckte mit den Schultern und schaute den Typen an: „Schatz, dürfte ich dich bitten, dich in meiner Gegenwart zu benehmen?“

Cal schaute sie an, wiegte kurz mit dem Kopf und nickte dann. „okay.“

Das er dabei nicht noch ein Kaugummi kaute, war schon alles.

Als der Mann, der später Captain sein würde, ging, schauten Brüderchen und Schwesterchen ihm hinterher, sich dann an.

„Und?“, fragte sie, mit einem Lächeln auf den Lippen; „Was sagst Du? Er ist doch…“

„Bescheuert?“

„Ja, aber ich erzieh ihn mir schon.“, sagte sie, gab ihm einen leichten Knuffer in die Seite und machte sich auf den Weg, dem späteren Captain zu folgen.
 

2374 In knapp 362 Jahren, damit 5 Jahre vor Datas Tod
 

Buzz Intrupper hielt es für eine nahezu unglaubliche Mitteilung. Die komplette Belegschaft des ‚IntelliMask’-Projektes hatte der Übertragung der neuesten Gefallenenlisten beigewohnt, als plötzlich eine Sonderausgabe der beliebten Nachrichtensendung „Schlaglicht auf die Stadt der Lichter“, live aus Paris, Frankreich, übermittelt wurde.

Wie immer fanden sich die üblichen Polit-Nasen in weich-gepolsterten Sesseln ein, um über das aktuelle Tagesgeschehen zu diskutieren. In der Sendung wurden zwei Themen besprochen. Alle beide waren eigentlich positiv und tatsächlich riss die erste Nachricht (der Dominion-Krieg war vorbei) Buzz aus seiner Lethargie, die er empfunden hatte. Vielleicht war es doch nicht notwendig, diese Maske herzustellen? Man hatte ihm eingeschärft, dass man, wenn man die Formwandler je infiltrieren wollte, weiter gehen musste, als nur eine sich-selbstverändernde Maske zu entwickeln. Man musst eselbst zu einem Formwandler werden. Leider war das Testsubjekt, irgendein Lieutenant Nobody, den niemand vermissen würde, bei dem letzten Scharmützel, das sich die U.S.S. Crazy-Horse mit einem Jem’Hadar-Schiff geliefert hatte, verstorben. Und bevor er von der berühmt-berüchtigten Sektion 31 bestraft wurde, weil er keine Ergebnisse liefern konnte, hatte er sich überlegt, dass es wohl am besten wäre, selbst den Versuch anzutreten. Aber das schien ja nun nicht notwendig.

„Und nun auf der positiven Seite des Tages. Die Föderation hat sich sofort nach dem Ende des Krieges bereit erklärt, sich wieder der Erforschung des Weltalls zu widmen. Den ersten Flug in diese neue Ära übernimmt am morgigen Donnerstag, die U.S.S. Dragonfly NCC-0815-A. Kommandiert wird sie von Captain Calvin Nathan Cat, der…“

Ab da war es Buzz eigentlich egal, was in den Nachrichten gesagt wurde. Dieser Typ, der vor vier Jahren die Ehre des Hauses mit Füßen getreten hatte, wurde nun Kommandant eines Raumschiffes? Wenn das mal kein schlechter Scherz war.

Und wenn man überlegte, was dieser Vollhorst sich dazwischen noch so geleistet hatte – von der Trennung von Gina mal gar nicht zu reden. Er – Buzz – hatte tagelang darauf verwendet, sie dazu zu bringen, endlich zuzugeben, dass sie sauer war.

Sie hatte immer nur behauptet, dass sie es nicht wäre, aber er konnte sich vorstellen, was für eine unbeschreibliche Wut in ihr brodeln musste. In ihr, die doch eigentlich besseres verdient hätte, und die zwei Jahre an diesen Vollidioten verschwendet hatte. Und er würde es diesem Cal schon heimzahlen. Niemand ließ ungestraft seine Schwester fallen und kam mit dem Leben davon. Das hatte er schon damals, als sie noch in die Grundschule gingen, klar gemacht. Jeder, der es auch nur wagte, seiner kleinen Schwester in den Haaren zu ziehen, fand sich mit mindestens einem gebrochenen Nasenbein auf dem Boden wieder. Und das würde auch Cal so ergehen, oh ja.
 

War es Unfall oder so etwas wie eine unbewusste Reaktion? Buzz wusste es nicht, er wusste nur, dass er sich an einen nicht-gut-einsehbaren Ort schlich und sich das Serum, an dem er gerade gearbeitet hatte, injizierte. Und schon handgestoppte drei Sekunden später bereute er es. Die Schmerzen, die durch seinen Körper pulsten, waren rasend. Er ging in die Knie, wollte schreien, bekam aber keinen Ton heraus. Und dann hörte er eine Stimme in seinem Kopf.

Hallo, Buzz. Wir werden sehr viel Spaß miteinander haben.

Oh ja, das würden sie.
 

Die drei leblosen Körper, auf die er gerade herabblickte, ließen ihn lächeln. Eigentlich war es ja nur Cal, hinter dem er her war, aber, warum sollte er nicht…

„Jack?“, erklang die Stimme Daniels, der gerade aus der Tür zum Besprechungsraum kam. Verdattert blickte er erst ihn an und warf dann einen Blick zurück in den Besprechungsraum. Und dann hörte Traceless die Stimme des Mannes, dessen Gesicht er da gerade spazieren trug. Keine Sekunde später verließ General Jack O’Neill den Besprechungsraum, schaute sein Gegenüber mit der sehr typischen Verwirrtheit an, die mit dem Blick ins eigene Antlitz, das einem gegenüberstand, eigentlich immer einherging. Und keine Millisekunde später hörte er hinter sich das Geräusch einer entsicherten Baretta. Er brauchte eigentlich keinen Blick über seine Schulter zu werfen, es war logisch, das die Person hinter ihm jemand vom Personal der Homeworld Security sein musste – und er tippte auf Sam.

„Keine Bewegung.“, zischte die Inhaberin der Stimme und Traceless spürte, wie Zufriedenheit seinen Geist durchpulste. Es war tatsächlich Sam Carter. Langsam drehte er sich um, sah, wie sie ausholte und ihm dann die Waffe gegen die Schläfe schlug. Normalerweise hätte dies dafür gesorgt, dass ein Mann seiner Größe und Statur zu Boden getaumelt wäre und das Bewusstsein für mindestens eine Stunde verloren hätte. Er jedoch war nicht normal.
 

Zwar taumelte er zu Boden und fühlte, wie eine leichte Benommenheit in ihm emporstieg, aber die dunklen Ränder der Ohnmacht, die er schon oft genug gespürt hatte, blieben aus.

Also war er wieder auf den Beinen, lächelte und wollte gerade verschwinden, als er silberheißen Schmerz fühlte, der mit einem lauten Knall einherging.

Verblüfft starrte er Sam an – doch von ihrer Waffe stieg kein Rauch auf. Erneut dieser Schmerz. Er taumelte nach hinten, hatte nun auch O’Neill im Blick, aber auch von dieser Waffe kräuselte sich keine verdächtige Rauchspur. Und dann sah er, wie etwas auf ihn zuraste.

Erneut taumelte er nach hinten, krachte gegen die Wand und rutschte an ihr herunter.

Ziva David kam auf ihn zu, blies sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und schaute ihn an.

Sie flankierten Cal und Agatha.

„Wieso…“, brachte er hervor und Cal lächelte.
 

„Captain Cat, Commander Silverbird, und die Special Agents Gibbs, David und DiNozzo? Ich darf Sie bitten, sich nach Washington D.C. zu begeben.“, sagte die Frau und salutierte dann: „Lieutenant Tara King meldet sich wie befohlen.“

„Moment mal.“, sagte Tony und schaute die hübsche Brünette verblüfft an: „Wer hat befohlen, dass wir uns da einfinden sollen?“

Tara schaute ihn an und ihr Blick verriet keinerlei großartige Regung: „General Jack O’Neill von Homeworld Security.“

„Tatsächlich?“, grinste Cal breit, „Darf ich mich dann wieder darauf freuen, dass wir mal wieder durchs Gate gehen?“

Die hübsche Brünette schüttelte den Kopf: „Dazu wird es vermutlich nicht kommen, Sir. Aber Sie werden sich sicherlich auch so auf ein weiteres Gespräch mit dem General freuen.“

„Worauf Sie Gift nehmen können, Lieutenant King.“, sagte der Captain und wandte sich an Agatha: „Wollen wir, Schatz?“

„Lass uns wollen.“, erwiderte sie.

Damit betätigte die attraktive XO ihren Kommunikator, räusperte sich und sagte: „Silverbird an Intrupper. Wir beamen uns gleich zu General O’Neill herunter.“

„Ich verstehe.“, erwiderte die Ärztin, „Habt Ihr eigentlich schon eure Tri-Ox-Impfung erhalten?“

„Tri-Ox?“, echote Cal und hob fragend eine Augenbraue. Ziva tat unbewusst das gleiche, schaute Cal an, dann zu Agatha und plötzlich verstand sie. Natürlich – das war eine logische Schlussfolgerung. Sie wandte sich dem Captain zu und zuckte mit den Schultern: „Ich nehme an, dass die Luft hier dicker ist, als auf der Erde?“

Nuns chaute auch Tony sie überrascht an. Ziva erwiderte seinen Blick, zuckte mit den Schultern und lächelte ihn an.

Sie beugte sich vor, stellte sich auf die Zehenspitzen um den Größenausgleich zu bewerkstelligen und flüsterte ihm ins Ohr: „Ich erkläre es Dir später, Tony.“

Der Halbitaliener lehnte sich in seinem Sessel zurück, als von draußen Schüsse zu hören waren. Schnell war er auf den Beinen, taumelte zur Tür und sah gerade noch, wie eine Person, die Jack O’Neill aufs Haar gleichte, an einer Wand herunterrutschte. Und vor ihr stand, in einer Pose, die sie irgendwie cool und sexy erscheinen lies, Ziva David.

Hey, sie erschießt gerade einen Sterne-General!, schoss es Tony durch den Kopf, der sich dann mit einem Schütteln desselbigen korrigierte, Traceless.
 

„Wieso…“, brachte der Verbrecher hervor und Cal lächelte.Dann wandte er sich an Ziva und schaute sie an: „Woher wusstest Du eigentlich, was meine Chefärztin und meine XO wieder planen?“

Ohne den Verbrecher aus den Augen zu lassen, zuckte sie mit den Schultern und ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen: „Tri-Ox. Das ist der selbe Trick, den McCoy seinerzeit bei Kirk verwendet hatte. Damals war es ein Anästhetikum, das den Tod Kirks vortäuschen sollte, hier war es ein Breitbandgegengift.“

„Ich hätte es nicht besser erklären können.“, grinste Agatha, „Ich meine – zwar konnte keiner wissen, ob und was Tracy-Boy hier plant, aber…es war halt alles irgendwie möglich. Und da dachte sich Gina, dass Vorsicht besser wäre, als Nachsicht.“

„Narren.“, spuckte Tracy aus und ehe Ziva reagieren konnte, hatte sich der Verbrecher verflüssigt und verflüchtigt.

Der Captain schaute zu Agatha herüber: „Müssen wir ihn jetzt echt wieder suchen?“

„Wenn Du nicht willst, dass Riker und Troi sterben, dann sollten wir uns auf die Socken machen.“, erwiderte die XO, was den Captain dazu brachte, theatralisch zu seufzen: „Dabei bin ich soooo schwach.“

„Sagt der Mann, der gerade mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht.“, grinste Ziva und schaute ihn an: „Und ausserdem – komm, sei mal ein Anführer und zeige uns, wo er sich versteckt haben könnte, der gute Tracy.“

Cal rollte mit den Augen.
 

Dr. Daniel Jackson hatte verdammt gute Laune. Gerade eben hatte man ihm mitgeteilt, dass die George Hammond im Orbit schwebte und er sich mit Sam im Hauptquartier der Homeworld Security treffen konnte. Da eine Fahrt von Colorado Springs nach Washington etliche Stunden dauerte, hatte er es sich zur Angewohnheit gemacht, regelmäßig zwei Tage, bevor Sam dem Missionsplan und der Missionsdauer folgend, ankommen würde, in einem der unzähligen Washingtoner Hotels unterzukommen. Das hatte den immensen Vorteil, dass er sich regelmäßig in den Büchereien und anderen kulturellen Glanzlichtern der Hauptstadt der USA verlieren konnte. Heute hatte er schon das Lincoln Memorial besichtigt, mit einigen Besuchern der Stadt gesprochen und erneut einen Abstecher in eines der von ihm häufig frequentierten Schnelllokale hinter sich. Dann hatte man ihn angerufen, ihm erklärt, dass Colonel Carter gerade angekommen wäre und er hatte sich auf den Weg gemacht.

Daher die verdammt gute Laune.
 

Als Daniel bei Sam angekommen war, wurde er gerade Zeuge, wie eine wabernde Masse, die ihn an einen Gründer aus Star Trek erinnerte, in den Lüftungsschächten verschwand und nahm es mit der stoischen Gelassenheit, die er sich in 15 Jahren Stargate-Center antrainiert hatte. Es war sinnlos, sich über etwas aufzuregen oder zu wundern, erst recht nicht, wenn die Dragonfly im Orbit schwebte.
 

Er baute sich hinter Sam auf, räusperte sich und überließ seinen Körper der Schwerkraft, denn er wusste, was eine gelernte Soldatin in diesem Fall tat. Tatsächlich überraschte sie ihn jedoch, schlug nicht mit der Hand nach Hinten, um sich dann umzudrehen, sondern trat zu. Dorthin, wo es weh tat.

Das Geräusch war bekannt und Daniel konnte seinen Schmerz glaubhaft machen. Und dennoch lächelte Sam. Sie entschuldigte sich zwar, aber sie lächelte. Das war doch wirklich ein starkes Stück.
 

Eigentlich war es eine sinnlose Übung und Ziva war geneigt, der allgemeinen, pessimistischen Grundstimmung, die sich gerade im Hauptquartier ausbreitete, durchaus zuzustimmen. Es war schon verstörend. Zwar hatte man Traceless ausgetrickst und ihn mal wieder gestellt, aber – er war entkommen. Mal wieder. Und es störte sie, dass sie ihn zwar so sehr verwunden konnte, dass er sich verflüssigte, er dann aber wieder entkam. Was konnte man machen? Vielleicht einen großen Schwamm holen und Traceless damit aufsaugen?

Sie drehte sich zum Captain und der XO um, holte tief Luft und fuhr sich in einer frustrierten Geste durch die Haare: „Okay, ich will jetzt wissen, was hier gespielt wird.“

Der Blick des Captains war beinahe schon zu unschuldig, sodass die hübsche ehemalige Mossad-Agentin nicht wirklich geneigt war, zu glauben, dass der Mann keine Ahnung hatte. Er wusste genau, was los war.

„Was hat er für Probleme mit euch?“, fragte sie daher und deutete auf die Besenkammer, „Warum hat er versucht uns zu betäuben?“

Ehe Cal antworten konnte, trat Agatha auf sie zu, die Hände in die Hüften gestemmt und sie aus ihren grünen Augen derart unnachgiebig anblickend, dass sie die Willenskraft, die dahintersteckte, deutlich körperlich spüren konnte.
 

Auch für Tony war dies möglich, und er konnte sich nicht helfen, er musse den Kopf schütteln und grinsen.

„DiNozzo?“, fragte Gibbs und der Halbitaliener zuckte mit den Schultern. Dann deutete er auf die beiden hübschen Frauen, die da einen wortlosen Kampf der Willen ausfochten. Keine der beiden schien geneigt, aufzugeben.

„Es ist nichts, es ist… es ist nur, dass Agatha, als wir sie am Anfang verhört haben, so komplett anders war.“ Und schon begann er, daran zu denken.
 

Im anderen Verhörraum saß die Rothaarige auf einem Stuhl, vor ihr saß, mit einem freundlichen Lächeln Anthony DiNozzo.

Er legte vor ihr die Fotos von Captain Stone auf den Tisch: „Kommt er Ihnen bekannt vor?“

„Nein.“, sagte sie und schaute ihm in die Augen, „Tut er nicht. Wieso?“

„Weil Sie gesehen wurden, wie Sie das Vorzimmer seines Büros betreten hatten.“

„Von wem?“

„Einer Zeugin.“, antwortete DiNozzo und erwiderte ihren Blick. Sie schien kurz über das nachzudenken, was er sagte, legte den Kopf schief und schüttelte dann den Kopf: „Ihre Zeugin lügt.“

„Warum sollte sie?“

Ein Schulternzucken. Das war tatsächlich ihre Antwort, ein einfaches, fast schon gelangweiltes Schulterzucken. Dann blickte sie auf die Fotos von Captain Stone.

„Er ist wirklich tot, ja?“

„Unser Pathologe meint das zumindest. Was sollte er auch sonst sein?“

Nun schaute sie ihn an, verschränkte ihre Arme vor der Brust, verengte ihre Augen zu Schlitzen, ehe sie sagte: „Ich habe schon von Leichen gehört, die gar nicht tot waren. Die stehen einfach auf und gehen.“

Tony lachte. „Klar, wie Zombies, ja? Die Leichen erheben sich aus den Gräbern?“

„Nein“, schüttelte sie den Kopf, „Nicht wie Zombies. Es ist etwas viel Schrecklicheres, und wenn Sie sie gesehen hätten, würde ihnen der kalte Schauer über den Rücken laufen, wenn sie im Radio diesen einen Satz hören. Ich vergesse ihn niemals.“

„Und wie lautet dieser Satz?“, fragte Tony nach und legte den Kopf schief. Sie beugte sich vor, so weit, dass sie sich beinahe berühren konnten. Mit ernstem Blick, der sich durch die Augen tief in Tonys Seele bohrte, wisperte sie: „Widerstand ist zwecklos.“

Der NCIS-Agent schaute die Frau mit angehaltenem Atem an, merkte, dass sie diesen Satz komplett ernst meinte und offenbar daran GLAUBTE, was sie sagte. In ihrem Blick gefangen wand er sich, spürte, wie die unterschwellige Panik, die in diesem Satz innewohnte aus ihr heraus in sein Bewusstsein brandete. Er wollte sich dagegen auflehnen, dagegen kämpfen, er…

Das Klopfen an der Tür ließ Tony kurz zusammenschrecken, ehe er sich wieder fasste. Ziva stand dort, winkte ihn zu sich. Er stand auf und ging zu ihr.
 

„Ich weiß nicht, wie es mit Deinem ist, aber meine ist komplett verrückt. Sie glaubt tatsächlich, dass Zombies existieren.“, eröffnete DiNozzo, grinste dann schräg: „Aber sie kriegt eine Eins für „Atmosphäre“. Sie hat das wirklich gut verkauft.“

„Meiner ist aber auch ein wenig merkwürdig, Tony. Ich glaube, er hat nicht mehr alle Gläser im Schrank.“

„Tassen, Ziva. Das heißt ‚Tassen im Schrank’.“, korrigierte er sie, was sie dazu brachte, ihn böse anzufunkeln: „Wann wirst Du damit endlich aufhören, Tony?“

Er grinste schuljungenhaft: „Nie, dazu macht es viel zu viel Spaß.“

„Könnt Ihr mir mitteilen, was es Neues gibt?“, fragte plötzlich die etwas ungeduldig klingende Stimme von Leroy Jethro Gibbs. Kein Wunder – mitten auf dem Navy-Yard war ein Mord geschehen. Das setzte nicht nur Gibbs, sondern auch den Chef des NCIS, Leon Vance unter enormen Druck.

„Gibbs, unsere beiden Verdächtigen sind reif für die Klapsmühle.“, erklärte Ziva und stockte, als sie merkte, wie Tony sie verblüfft ansah. Sie fuhr herum: „Was?!“

DiNozzo grinste: „Ich finde es nur verblüffend, dass Du tatsächlich ein Idiom richtig verwenden konntest.“

Ihr „Ach, halt die Klappe“ nahm er mit einem noch breiteren Grinsen zur Kenntnis, das sich jedoch verflüchtigte, als er das Räuspern des Bosses wahrnahm. „’Tschuldige, Boss.“, machte er und in seinen Tonfall schlich sich so was wie Schuldbewusstsein.

Dann begann Ziva zu erzählen.

Gibbs genervtes Räuspern riss den Halbitaliener wieder aus seinen Erinnerungen. Er blickte kurz zu den beiden Frauen, die gerade ein mentales Duell ausfochten und wandte dann seine volle Aufmerksamkeit seinem Chef zu.

„Also – als ich sie verhörte, zeigte sie zwar auch den sehr starken Willen, sich nicht in die Karten gucken zu lassen, aber…“, er machte eine Pause und deutete auf Ziva und die sie anstarrende Agatha, „… das hier ist wirklich anders.“

„Schluss jetzt.“, erklang die Stimme des Captains und er schaute von der hübschen Israeli zum Rotschopf, „Es bringt nichts, wenn wir uns gegenseitig mißtrauen und uns angiften.“

„Cal, die oberste temporale Direktive…“, setzte Agatha an und der Kommandant seufzte genervt, ehe er sie unterbrach: „… ist sowieso schon genug unter Beschuss. Wir können die Hilfe dieser Leute gut brauchen, zumal der Kampf jetzt hier stattzufinden scheint.“

Damit wandte er sich an Ziva: „Also gut – kurz und knapp erzählt: der gute Traceless ist, wann immer wir aufeinander treffen, hinter mir her, weil er einen Groll hat. Na ja – mehr oder weniger einen Groll. Es ist…“

Er holte Luft, blickte ein wenig unschlüssig nach links, nach rechts, sah hilfesuchend zu Agatha, die den Kopf schüttelte und ihm zuzischte „Das hast Du Dir selbst eingebrockt. Jetzt sieh zu.“

Der Captain nickte, räusperte sich und schaute die hübsche Israeli dann an: „Es geht, wie immer wenn es um was geht, um Liebe. Romantische Liebe, Geschwisterliebe, die Liebe, die unter Freunden auftritt, die Liebe die unter besten Freunden – oder Freundinnen – auftritt.“

Erneut machte er eine kurze Pause und begann, während er weitersprach und die Geschichte erzählte, auf und abzugehen.

Ziva blickte ihn an: „Also er ist der Bruder deiner Schiffsärztin, die nicht wütend ist, dass Du sie für Agatha verlassen hast?“

„Das ist in kurzen Worten die lange Geschichte. Ich weiß auch nicht, wieso Gina mir nicht böse war…“

„Dürfte daran liegen, dass sie zu diesem Zeitpunkt für einen gewissen Sternenflottenarzt schwärmte und du, so britisch Du auch sein magst, nun mal kein Julian Bashir bist.“, sagte Agatha und schaute ihn mit einem Schmunzeln an, „Ich für meinen Teil bin mit einem Calvin Nathan Cat zufrieden. Es muss kein Doctor sein, Sweetie.“

Ziva grinste: „Nun ja – immerhin ist er der Captain.“

„Captain who?“, fragte nun Sam Carter und kam näher. Die drei Frauen nickten einander wissend zu und wandten sich, nachdem sich der Captain geräuspert hatte, wieder ihm zu.

„Ja, Captain, mein Captain?“, fragte Agatha mit einem schelmischen Lächeln, „Was gibt es?“

Der Angesprochene zuckte mit den Schultern: „Och, nichts Wichtiges. Ich dachte nur – vielleicht wollten wir Tracy-Boy fangen.“

„Du wolltest uns sowieso zu ihm führen, Cal.“, grinste Ziva, „Dann mach es auch.“

Nun schluckte der Captain, schaute die Israeli ein wenig nervös an und lächelte: „Wollte ich, ja?“

„Wer wäre besser geeignet? Du kennst ihn seit Jahren.“, erläuterte die Dunkelhaarige, was Agatha dazu brachte, sich zu räuspern: „Mir ist er auch nicht unbekannt. Ihr solltet euch nicht zu sehr auf den Captain verlassen.“

Dies zu hören und verärgert den Kopf zu ihr herumzudrehen, war für den, über den da gesprochen wurde, eine Handlung: „Man sollte sich nicht zu sehr auf mich verlassen? Hab ich mich da verhört?“

„Oh, nun komm aber. Willst Du wirklich sagen, dass Du genau wüsstest , wo Tracy sich hingeschlängelt hat?“, fragte die XO und schenkte ihm einen neugierigen Blick. Der Captain überlegte kurz, zuckte dann mit den Schultern und deutete nach vorne: „Dann mach mal, Gathy-Chan.“

Die hübsche XO holte tief Luft, schaute sich dann um und begann, mit befehlsgewohnter Stimme zu sprechen.

„Für innovative Pläne haben wir keine Zeit, also müssen wir das nehmen, was wir haben. Wir teilen uns in Zweierteams auf. Die jeweiligen Partner denken sich Erkennungswörter aus, sodass die, im Fall einer kurz- oder längerfristigen Trennung voneinander, leichter zu identifizieren sind. Diese Passwörter verratet Ihr bitte nur eurem Partner und niemand Anderem.“

Damit schaute sie zu Cal: „Ich würde vorschlagen, dass die Teamaufteilung so aussehen wird:

Cal, Du und ich werden ein Paar bilden. Die Anderen sind Ziva und Tony, Sam und Daniel, Abby und McGee.“

„Sie, General O’Neill bleiben bei Special Agent Gibbs.“, sagte Sam und schaute ihren Chef an, mit den Schultern zuckend: „Es ist halt die beste Idee.“

Dies brachte Cal dazu, sich zu räuspern: „Übrigens, … beste Idee. Wat is’n ma’ so mit Knarren?“
 

McGee kam sich vor, als würde er in einer Deep-Space-Nine-Folge mitspielen. Die Star-Trek-Serie, in der Benjamin Sisko die titelgebende Raumstation Deep Space Nine – oder auch DS09 – kommandierte, enthielt neben dem ziemlich vielschichtigen Bösewicht Gul Dukat, auch die formwandelnden Wechselbälger, die, wie es Traceless tat – dazu in der Lage waren, sich in alles mögliche zu verwandeln.
 

Die Problematik, die er sah, war, dass man einerseits nie hundertprozentig wissen konnte, wer ein Formwandler war und wer nicht – allerdings hatte die Idee mit den Erkennungswörtern dieser Sache den Schrecken zumindest teilweise genommen. Ein anderes Problem war, dass diese Formwandler aus jeder noch so unmöglichen Ecke zuschlagen konnten. Wie hatte Odo doch gleich gesagt? „Ein Wechselbalg kann alles sein. Ein Pfosten, ein Pfeiler, sogar ein Stück der Reflektionsdeckschicht.“ Das war, nachdem er bei einer Art „Planspiel“ oder „Angriffssimulation“ selbst als Wechselbalg unterwegs gewesen war.

Hier galt dies genauso. Niemand wusste, aus welcher Ecke Traceless hervorschießen konnte, noch, was genau er vorhatte. Und dann würden sie scharfe Munition verwenden müssen… das machte ihm besonders zu schaffen.

Sam Carter, die vor ihm herging, schien das zu spüren, sie wandte sich zu ihm um und lächelte ihn beruhigend an.

„Keine Sorge – wir werden natürlich keine Munition verwenden, die tödlich sein könnte. Schließlich ist es ja durchaus möglich, dass Du auf jemanden schießt, der eigentlich nur seinen Partner verloren hat.“, sagte sie und schaute kurz zu Daniel und dann zum Captain, ehe sie wieder Blickkontakt mit McGee herstellte: „Das wäre ja schade, wenn Du Cal oder Daniel ein Loch in den Pelz brennen würdest.“

Der Anthropologe schaute die hübsche Astrophysikerin an: „Also ich möchte kein Loch im Pelz. Der Tritt gerade hat mir gereicht.“

„Was schleichst Du dich auch an?“, fragte Sam mit einem frechen Glitzern in den Augen, ehe sie sich an McGee wandte: „Also – wir teilen gleich INTARs aus.“

„Eine Art Kristall, die aussieht wie gewöhnliche Schusswaffen.“, warf der Captain aus der Nachhut die Erklärung ein, „Frag mich nich – sieht lustig aus.“

Tatsache. Die Waffe, die Sam dem IT-Fachmann aushändigte, hatte das genaue Gewicht und die genaue Form einer Baretta – also seiner eigenen Dienstwaffe – wenn nicht dort, wo normalerweise das Magazin eingerastet ist, eine art rötlicher Kristall leuchtete.

„Ich würde euch gerne einige Proberunden damit machen lassen, aber…“, setzte Sam an und Ziva komplettierte: „Ich nehme mal an, dafür ist nicht genügend Zeit übrig? Kennen wir. Auf der Dragonfly war es genau so.“
 

Sie hatten sich aufgeteilt. Tony und Ziva gingen, Rücken an Rücken, die Gänge entlang, bereit beim ersten Zeichen eines Angriffs zu feuern. Irgendwie fühlte sich die Wärme der schönen Frau, die seinen Rücken beinahe berührte, unglaublich gut an und hüllte ihn in eine Wolke der … Tony konnte das Gefühl nicht ganz beschreiben. Es war, als würde sein Herz gleich zerspringen, aber er wäre komplett ruhig. Das war – merkwürdig.
 

Ziva merkte, wie das zügige Nachfolgen DiNozzos ein wenig stagnierte. Sie wandte sich um, wollte gerade etwas sagen, als sie von einer Art Tentakel gepackt und gegen die nächste Wand geschleudert wurde. In dem Moment, in dem ihr Kopf mit dem harten Beton kontakt aufnahm, wurde es dunkel um sie.
 

„Sage mal, Agatha“, eröffnete andernorts Captain Calvin Nathan Cat das Gespräch, dabei die Umgebung nicht aus den Augen lassend, „Warum zum Henker darf ich eigentlich nie in den rechten Schlafzimmerschrank schauen?“

Die Angesprochene stoppte so gründlich und augenblicklich, dass der Kommandant in sie hereinrannte und mit ihr zu Boden ging. Sie richtete ihren Oberkörper auf, schüttelte ihre roten Haare, sodass sie ihr nicht mehr ins Gesicht fielen, sondern ihren Kopf einrahmten, wie ein Halo und stützte sich auf ihre Unterarme, um den Captain anzublicken. „Bitte?“, fragte sie, zog die Beine an und stand dann komplett.

Der Captain rappelte sich hoch, streckte sich und schaute sie an: „Naja – der rechte Schlafzimmerschrank. Du hast mir gesagt, ich soll ihn nie öffnen. Warum nicht?“

Ein leichtes Lächeln erschien auf den Lippen der XO: „Ich habe gesagt, es wäre mir lieb , wenn Du den Schrank nicht öffnen würdest. Wenn Du magst, kannst Du gerne. Ich mach Dich nur darauf aufmerksam, dass da Sachen drin sind, die ich mit in unsere Beziehung gerettet habe, die dich eventuell nicht interessieren.“

Er schaute sie an und grinste: „Toll, und ich musste meinen Spielzeugphaser verreplizieren. Du hast n ganzen Schrank voller Puppen.“

„Nicht direkt Puppen – mehr etwas, was man hier ‚Collectibles’ nennen würde. Du hast doch auch einen Schrank voller Conan- und sonstiger Mangas. Das ist dein Schrank und der Andere ist meiner.“

„Du meinst – keine Ahnung – Pferdemagazine?“, fragte Cal und Agatha schüttelte wild den Kopf: „Doch nicht sowas Banales.“

Sie wollte schon weitergehen, aber sie merkte, wie der Captain sie ansah und offenbar eine Erklärung erwartete. Sie ließ den Kopf sinken: „Nun gut – darin befinden sich unterschiedliche… Gerätschaften. Die näheren Details würden nur langweilen, aber, sagen wir so… sie geben Geräusche von sich und sind länglich.“

Der Captain legte den Kopf schief, runzelte die Stirn und schien zu überlegen. Dann, nach ein paar Sekunden errötete er: „W… was?“

„Da sind meine Spielzeug-Sonic-Screwdriver drin, Sweetie. Ich bin eine Whovianerin, ein weiblicher Doctor-Who-Fan. Was denkst Du denn schon wieder?“, fragte Agatha grinsend und gab ihm einen Klaps auf die Schulter. Der Captain atmete durch, was die XO dazu nutzte, noch breiter zu grinsen und zu sagen: „Als ob ich Dir sagen würde, wo die anderen Dinger sind.“

Und gerade, als Cal etwas sagen wollte, hörte er wie drei Schüsse abgegeben wurden, und Tony schrie.
 

Sie waren binnen weniger Sekundenbruchteile beim Halbitaliener, der am Boden lag und vor Wut irrlichternde Augen hatte. Ziva lag am Boden, die Schläfe war blutig und Agatha konnte sich lebhaft vorstellen, was passiert war. „Er ist in die Richtung gelaufen.“, sagte Tony und deutete nach links. Cal hob seine Waffe, klopfte Agatha auf die Schulter und sagte: „Kümmer dich um die Beiden.“

Dann war er weg. Den protestierenden „Hey!“-Laut hörte er schon sicherlich nicht mehr.

Tony blickte zu ihr hoch, und Agatha konnte ihm ansehen, dass er wohl, wenn Traceless tatsächlich angreifen sollte, nicht in der Lage wäre, einen Angriff dieses Mannes zu überstehen. Also seufzte sie, nahm ihre Waffe und hielt sie so, dass sie im Zweifelsfall sofort feuern konnte.

„Tony, ich bin sicher, sie kommt gleich wieder zu sich.“, versuchte sie einen sanften, beruhigenden Tonfall anzuschlagen, „Aber es bringt ihr nichts, wenn Du auch gleich angegriffen wirst.“
 

Ihr Körper schmerzte, die Explosion lies ihre Ohren klingeln. Sie sah den Rauch vor sich aufsteigen, wie der Mann, der vorher an die Bar gegangen war, die Arme ausbreitete… kurz fielen ihre Augenlider zu und sie glaubte, durch die geschlossenen Augenlider ein oranges Gleißen zu sehen.

Verdammt, warum war ihr das nicht schon eher eingefallen?

Bleischwere Augenlider, die sich weigerten, die Augen weitersehen zu lassen, nahmen anfangs nur Umrisse wahr. Dann schärfte sich ihr Blick und aus dem Halbdunkel schälten sich drei Personen. Zwei Männer, eine Frau. Die silber-roten Haare funkelten im Licht des einzigen Scheinwerfers, der nach der Explosion noch funktionierte und sie konnte sehen, wie einer der beiden Männer ihren Kopf in seinen Schoß bettete, die Hände hob und die nussbraunen Augen seine blutüberströmten Hände in Augenschein nahmen.

Kurz blinzelte sie mit den Augen, hörte dann vor ihrem inneren Ohr einen Hustenkrampf und dann ein Wort. „River.“

„Warum ist mir das nicht schon eher eingefallen?“, schoss ihr der Gedanke durch den Kopf und sie merkte, wie ihre Augenlider flatterten. Kam sie wieder zu Bewusstsein?

Ihr Blick schärfte sich, sie sah Agatha und Tony, die sich besorgt über sie beugten und dann wieder nach Angreifern ausschau hielten. Dann wurde es wieder dunkel um sie.

Erneut schärfte sich ihr Blick und sie erkannte die drei Personen wieder. Um sie herum brannte die Bar aber… da war noch etwas. Etwas, das ihr vorher nicht aufgefallen war. In der entfernten Ecke der Bar stand eine Art große, stehende blaue Kiste.

Nein, das war keine Kiste, das war…

Sie sah die Aufschrift und stutzte.

Police box , stand da.

Einer der beiden Männer blickte sie an, nickte ihr zu und…

Ziva David öffnete die Augen. Tony DiNozzo blickte auf sie herab und sagte überflüssigerweise ein „Du bist wach.“

Sie wollte ihm gerade sagen, dass dies vollkommen sinnfrei war, als sie sein erleichtertes Atmen hörte. Ein Lächeln glitt über ihre Lippen. „Ja, mir geht’s gut.“

Die Hand Agathas ergriff sie und zog sich von der Liegenden in die Stehende, ehe sie sich umblickte: „Wo ist Traceless jetzt wieder hin?“

„Keine Ahnung.“, zuckte Agatha mit den Schultern, „Aber der große Captain spielt wieder Superheld und verfolgt ihn alleine.“

„Sollten wir ihm nach?“, fragte Ziva, was Agatha erneut zum Schulterzucken brachte: „Bringt nichts. Er ist wieder auf seinem Actionhelden-Trip, da kann man ihn sowieso nicht stören.“
 

War die Umgebung eigentlich schon immer so unheimlich gewesen? So dunkel und mit praktischerweise-flackernden Lichtern? Calvin Nathan Cat hatte seinen Phaser schussbereit gemacht, falls man sich mal verteidigen musste. Aber die Umgebung war momentan alles andere als heimelig und lud nicht gerade zum Verweilen ein. Es erinnerte ihn an frühere Abenteuer, die er erlebt hatte, frühere Schlachten, die er geschlagen hatte und… nicht blinzeln .

Er stockte. Wo kam der Gedanke her, nicht zu blinzeln?

Blinzelt und Ihr seid tot.

Cal schüttelte den Kopf, als er sich daran erinnerte, dass er diese Worte vor einigen Jahren gehört hatte – oder besser, in knapp 360 Jahren hören würde. Natürlich. Die legendäre Doctor Who-Folge „Blink“. Er hatte sie mit Agatha im Holodeck nachgespielt. Wobei Agatha lieber die Folgen mit dem elften Doktor nachspielte, wobei er immer den Doktor spielen musste und sie seine Frau. Wie hieß sie gleich wieder?

Der Captain seufzte. Es war schon ein mehr als nur schlechtes Zeichen, wenn man sich an allen möglichen Kleinkram erinnern konnte, beispielsweise daran, wann die legendären Weinenden Engel das erste Mal aufgetaucht waren, aber nicht daran, wie die Frau des Doktors hieß.

Erneut schüttelte er den Kopf. Woran dachte er hier eigentlich gerade? Es gab eine deutlich schlimmere Situation, mit der man sich beschäftigen musste, als …
 

Weiter kam er mit seinen Gedanken nicht, denn plötzlich traf ihn eine Faust am Kinn, ließ seinen Kopf nach hinten sausen, dem der Körper aus Gründen des am Kopf angebrachten Halses folgte. Er setzte sich sehr unelegant auf den Hosenboden, rappelte sich hoch und sah, wie aus einer dunklen Ecke jemand auf ihn zukam, sich in eine Angriffshaltung begebend.

„Traceless.“, murmelte Cal und begab sich in die Verteidigungsposition, die im Jill eingebläut hatte. Nur keine Experimente, alles by the book und vor allem, das Wichtigste, dem Gegner immer einen Schritt voraus sein – das waren die Maxime, denen die hübsche Taktikerin folgte und die sie ihm eingebläut hatte.
 

Wieso schossen ihm nun die Erinnerungen an seine Kindheit durch den Kopf?

Mit 12 Jahren war er das erste Mal an der Starfleet-Academy. Das lag daran, dass sein Vater, Richard Nathaniel Cat I. einen Auftritt beim Giggles-Gig in der Academy-eigenen Mensa hatte. Dieser Giggles-Gig ist wichtig, für jeden guten Komiker, der es in den bekannten Quadranten zu etwas bringen möchte oder es schon zu etwas gebracht hat. Die Auftritte dort sind gleichermaßen Sprungbretter für Unbekannte, aber auch ein Adelsschlag für bekannte Größen – um nicht zu sagen der Adelsschlag schlechthin. Und sein Vater hatte oft genug Bewerbungen und Demo-Bänder geschickt, um die Verantwortlichen davon zu überzeugen, ihn auftreten zu lassen. 2366 hatte er es geschafft, seine Familie geschnappt und war übers Wochenende nach San Francisco gefahren. Während Richard Senior sich die „Location“ genauer ansah, um seine Performence der Umgebung anpassen zu können, hatte der Rest der Familie die Möglichkeit, sich genauer umzusehen. Rick Junior, der später zusammen mit seinem Bruder das Projekt „Teen Squadron“ vorantreiben würde, fühlte sich in diesem Moment sehr von den sportlichen Möglichkeiten, die dieser Ort anbot, angezogen.

Gerade wollte Cal seinem Bruder folgen, als…
 

Traceless sprang vor, warf sich mit voller Wucht voran auf den Captain, riss ihn erneut zu Boden. Der Offizier reagierte so instinktiv, dass es ihn selbst verwunderte. Er zog sein Bein an, der Fuß traf jene empfindliche Stelle, die bei allen diese Zeile lesenden Männern ein mitleidiges „Uhhhh“ und bei den diese Zeilen lesenden Frauen ein Grinsen hervorruft und Traceless ließ los.

Schnell zog der Captain erneut seine Beine an und stieß die Füße gegen den Brustkorb des Anderen, in der Hoffnung, ihn von sich fortzukatapultieren. Dies gelang auch und so konnte Cal wieder Atem holen. Er rollte sich ab, schaute sich suchend nach seinem Phaser um und sprang, als er ihn entdeckt hatte, darauf zu.
 

Er hatte die Waffe in der Hand, rollte sich erneut ab, zielte auf Traceless und atmete tief durch. Sollte es das gewesen sein? War es wirklich so einfach, wie es B’elanna Torres ihm seinerzeit gesagt hatte, als er auf die damals süße 18 jährige Klingonin traf?

Er erinnerte sich daran, wie sie sich getroffen hatten. Es war, als Cal seinem Bruder zu den sportlichen Möglichkeiten folgen wollte und er dabei dummerweise mitten in eine Kampfsportvorführung geriet. Der Vorführende wurde jedoch gerade kompromisslos durch den Ring geprügelt, aber das erfuhr Cal auch erst später. Mit 12 Jahren hat man noch eine große Klappe und besonders dann, wenn durch verbesserte Ernährung die Pubertät sehr viel eher einsetzt und man schon mit 12 eben jene gefürchtete Phase erreicht, die nicht umsonst zwischenzeitlich als „die Zeit, in der die Eltern anfangen, bescheuert zu werden“ bezeichnet wird. Nur sind es eben in den seltensten Fällen die Eltern, die…
 

Hatte sich Traceless da gerade bewegt?

Mensch, Cal, konzentrier dich endlich. Drück ab, schick ihn schlafen, dann ist die Sache beendet und Du kannst festhalten, dass Du ihn gefangen hast. Das wird Agatha sehr freuen. Du hast, ohne fremde Hilfe, einen gefährlichen Kriminellen betäubt.

Die Waffe des Captains zuckte hoch, er zielte und feuerte. Da war Traceless aber schon nicht mehr da. De Facto verwandelte er sich gerade in…

Cal legte den Kopf schief, als er das große, grüne Ungetüm sah.

„Ernsthaft? Mach mich nicht wütend, du magst mich nicht, wenn ich wütend bin?“, fragte er und als Traceless, der gerade wie Hulk wirkte, bestätigend-herausfordernd brüllte, war Cal schneller. Der Schuss traf, lies das Wesen erzittern und zu Boden gehen.

Der Captain atmete tief durch. Irgendwie erschien es ihm zwar viel zu schnell gegangen zu sein, aber… egal, wen kümmern Details?

Er betätigte seinen Kommunkator: „Cat an Silverbird? Ich habe Traceless ge… uff!“

Der letzte Laut entstand dadurch, dass Traceless – immer noch in Hulk-Form – auf ihn zugesprungen war, und ihn von den Beinen gehoben – und noch schlimmer – mit dem Rücken in die nächste Wand katapultiert hatte. Des Captains Kopf stellte harten Kontakt mit der Wand her und kurz konnte man auf seinem Gesicht den Ausdruck von Schmerz erkennen, ehe sich Gesicht und Körper komplett entspannten und er die Wand herunterrutschte. Erst ging er auf die Knie, nur um dann mit dem Oberkörper nach vorne zu sinken und komplett auf dem Bauch liegen zu bleiben. Traceless-Hulk packte den Captain am Schopf und hob ihn an. Die Arme Cals baumelten leblos vor dem Oberkörper umher, Blut schien vom Mund auf den Boden zu tropfen.
 

„Ge…uff?“, fragte Ziva, mit weit aufgerissenen Augen und auch in Agatha dämmerte Erkenntnis heran. Sie schaute zu der Israeli: „Kannst Du aufstehen?“

„Versuch, mich daran zu hindern.“, grinste diese, wandte sich an Tony und sagte noch: „Du gehst zu Gibbs und sagst ihm bescheid.“

Damit eilte sie, zusammen mit Agatha, los. Tony blickte ihr kurz verdattert hinterher, schüttelte dann den Kopf und folgte ihr. Als ob er sie einfach so in eine potentielle Falle laufen lassen würde.
 

Der Körper Cals lag in einer wunderbar einzusehenden T-Kreuzung. Blut sickerte auf den Boden, die Augen des Offiziers waren geschlossen und Agatha wäre gar nicht so sehr überrascht, wenn er wieder ein paar Stunden bei Gina verbringen müsste. Die XO presste sich an die Wand des Ganges, aus dem sie gerade gekommen war, hob den Phaser und spähte dann um die Ecke. Zwar sah man dort nichts, aber das hatte ja nichts zu bedeuten. Sie veränderte die Phasereinstellung, katapultierte sich aus der Deckung und gab zwei Schüsse ab. Einen in die Richtung des Ganges zu ihrer Rechten und einen nach vorne. Das Ziel war es, Traceless, sollte er sich in einem der beiden Gänge befinden, zu treffen. Dann war sie auch schon in der Nähe des Captains, presste sich auf den Boden und robbte zu ihm. Als sie ihn erreicht hatte, war ihr erster Reflex, den Puls des Offiziers zu fühlen. Dieser war noch vorhanden.

Erleichterung durchpulste sie. Das nächste Problem war, wie man dort wieder rauskommen sollte. Momentan lagen beide wie auf dem Präsentierteller. Und tatsächlich zischte aus dem Gang direkt vor ihr eine Phaserentladung heran und verfehlte sie so knapp, dass sie in die Wärme des Strahls gebadet war.

Verdammt. , schoss es ihr durch den Kopf, „Tolle Falle.“
 

Das diese Korridore auch immer gleich aussehen mussten. Samantha Carter störte es zwar nicht, aber es war etwas, das auffiel. Andererseits – wie sollte man eine Basis auch sonst gestalten? Solche Orte mussten nun einmal einen gewissen grauen, tristen Farbton haben. Sam war sich sicher, dass das in irgendeinem Vertrag für Inneneinrichtungen stand.

Den Lauf ihrer P-90 so haltend, dass sie im Zweifelsfall einen Schuss abgeben konnte, pirschte sie langsam und vorsichtig durch endlos gleich-aussehende Korridore. Momentan befanden sie sich irgendwo im Westsektor der Einrichtung, in Korridor AA 35.
 

Ihr drahtiger Körper stand unter Anspannung und wurde mit Botenstoffen geflutet, die sie wachsam hielten. Vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen, blickte kurz nach hinten und stellte beruhigt fest, dass Daniel Jackson seinen Posten nicht verlassen hatte. Dieser machte das, was man im Militärjargon „cover my six“ nannte. Zu Deutsch: Er hielt ihr den Rücken frei.
 

Ihr kompletter Körper war angespannt und sie war bereit, im Zweifelsfall loszulegen. Ihrem Gehör entging keine Unstimmigkeit und ihre blauen Augen tasteten den Gang, der vor ihnen lag, milimetergenau ab. Sie überprüfte jeden Meter zwei Mal, ehe sie ihn einmal betrat – ganz, wie man es ihr auf der Air Force Academy eingebläut hatte. Und plötzlich stoppte sie.
 

Direkt vor ihr endete der Korridor, in dem sie sich befanden, aber es mündete ein weiterer Gang ein, der – wenn sie recht informiert war – in einen Lagerraum führen würde.

Es war ein beinahe schon zu subtiles Gefühl, das ihr in den Nacken kroch und ihr zuflüsterte, dass die vor ihr liegende Biegung des Ganges mit besonderer Vorsicht zu genießen war. Und tatsächlich – ein leises Zischen drang an ihre Ohren und an der Wand konnte sie einen gelblichen Widerschein erkennen. Waffenfeuer? Phaserentladungen?

Zumindest das gelbliche Lichtspiel, das von der Wand reflektiert wurde, erinnerte sie daran.
 

Sie wandte sich an Daniel, der beinahe in sie hineingelaufen wäre und deutete ihm, in der bekannten Armee-Zeichensprache an, dass sie um die Ecke lugen werde und dafür ein Periskop benötige. In dieser Zeit wäre sie verwundbar, sodass Daniel nun mehr aufpassen müsse, denn jeh. Dieser Aufforderung kam der Anthropologe auch nach. Er hob sein Maschinengewehr, so dass er im Zweifelsfall über Kimme und Korn zielen konnte, und stellte sich so, dass er seiner Aufgabe gut nachkommen konnte. Langsam, vorsichtig und darauf bedacht, kein Geräusch von sich zu geben, fingerte Sam nach dem Periskop, das in ihrer Einsatzweste war. Allein dieser Moment, in dem sie den Klettverschluss der Westentasche öffnete, war für sie schon eine atemberaubende Tortur, da sie sich bewusst war, dass eine schnelle Öffnung ein ziemlich lautes Geräusch verursachen würde.

Millimeter um Millimeter gab der Klettverschluss nach und irgendwann hatte sie die Tasche geöffnet. Mit einem lautlosen Seufzer fingerte sie nach dem länglichen Periskop, förderte es aus ihrer Brusttasche zu tage und zog es vorsichtig aus. Dann spähte sie hindurch.

Die geöffnete Tür des Lagerraumes zeigte, dass auch hier gelbliche Lichtstrahlen reflektiert wurden, also vermutete die Colonel die Quelle der Strahlen in dem Korridor, der parallel zu diesem verlief und der über diesen Lagerraum betreten werden konnte.

Sie wandte sich an den Anthropologen, atmete tief durch und flüsterte: „Sag General O’Neill bescheid. In Korridor CC 28 wird entweder mit Stabwaffen oder Phasern geschossen.“
 

Der Anthropologe schaute sie an und Sam konnte erkennen, dass er am Liebsten eingreifen würde. Schnell griff sie nach seinem Arm, hielt ihn fest und schüttelte den Kopf, wobei sich ihr Blick mit Entschlossenheit in seinen bohrte. Daniel nickte.
 

Der grellorange Widerschein des Phaserfeuers war auch Ziva etwas Bekanntes und sie ahnte, dass Agatha in eine Falle gelaufen sein musste. Sie schüttelte den Kopf, verwünschte sich dafür, die hübsche Rothaarige einfach so gehen gelassen zu haben, aber Tony schaute sie an und vermutlich wusste er schon, was ihr durch den Kopf ging, denn er sagte mit einem sehr sanften Ton in der Stimme: „DU kannst nichts dafür. Es war ihre Entscheidung. Wenn sie tatsächlich in die Falle gelaufen ist, dann muss sie die Konsequenzen tragen, nicht du.“

„Ich weiß.“, raunte die hübsche Israeli, „Aber – wir müssen dennoch dahin. Traceless ist dort. Das heißt, wenn wir ihn dort fangen können, ist die Gefahr gebannt. Vielleicht sogar ein für alle mal.“

Tony blickte sie kurz nachdenklich an, nickte dann und machte sich auf den Weg. Sie folgte ihm, den Blick kurz auf den Boden gerichtet. Der Gedanke „Ausserdem dürfen sie nicht hier sterben, sondern müssen in der Bar… schoss durch ihre Sinne – doch sie schüttelte den Kopf. Daran wollte sie gerade nicht denken. Vielleicht gab es ja Möglichkeiten, sie alle zu retten. Agatha, Cal, SG-1… wenn alles gut ging, musste niemand von ihnen sterben.

Und wer bist du, dass du sagst, dass sie nicht sterben müssen? , dachte sie sich und erneut lies sie sich zurückfallen.

Wirklich – wer war sie? Eigentlich „nur“ eine NCIS-Agentin, die sich mit Fragen der temporalen Mechanik weder auskannte, noch auskennen musste. Aber sie wusste, wann Unrecht sein hässliches Haupt erhob. Und sie sah, wann Unschuldige auf den Altären der Wissenschaft oder der temporalen Logik geopfert wurden.

„Ich find das auch nicht toll, glaub mir. Ich meine, Sam ist eine gute Freundin und ich würde sie gerne retten, aber … ich kann es nicht. Ich muss sie opfern - so wie ich jeden opfern würde. Die Dragonfly, Cal, Dich… “

Wieso erinnerte sie sich gerade an den Satz von Agatha? Vermutlich, weil es richtig war. Aber – wer bestimmte dies? Vor allem – wer bestimmte, dass…

„Ziva, wo bleibst Du?“, fragte Tony, der plötzlich wieder neben ihr aufgetaucht war. Kurz stockte er, legte den Kopf schief: „Geht es Dir gut?“

Vermutlich musste sie ein wenig hyperventiliert haben, denn ihr war schwindlig. Kurz schüttelte sie den Kopf, um wieder klar zu werden, ehe sie nickte.

„Ja, wieso?“, fragte sie, vielleicht eine Spur zu scharf und zu fies, aber – gerade nervte er sie.

Tony schien dies zu merken – zwar zuckte er nicht zurück, aber er runzelte fragend die Stirn, ehe er, mit einem leichten Kopfschütteln, beschloss, der Sache nicht viel Bedeutung beizumessen. Er deutete in die Richtung, aus der er gerade gekommen war: „Da geht es lang.“
 

Jack O’Neill war nicht unbedingt ein Fan davon, in seiner eigenen Einrichtung hinter den Schreibtisch – oder in diesem Fall: in einen einzigen Raum – eingesperrt zu sein. Irgendwie vertrug sich das nicht mit dem Naturell des Generals, schließlich war er früher derjenige gewesen, der Entscheidungen lediglich aufgrund seines Bauchgefühls getroffen hatte. Nun war er hier, zusammen mit diesem Navy-Cop und es fehlte an Gesprächsstoff.
 

So ähnlich ging es auch Gibbs, aber das wusste Jack nicht. Der leitende Chefermittler war es gewöhnt, zusammen mit seinen Teammitgliedern die Verbrecher zu jagen. Schreibtischarbeit, dazu verdonnert zu sein, lediglich Befehle zu geben – das war für ihn nichts. Und plötzlich brach O’Neill das Schweigen.

„So, Sie sind vom NCIS, ja?“, fragte er und schaute ihn an. Gibbs antwortete in der einzig-möglichen Option, die ihm offenblieb, ohne als kompletter Vollidiot dazustehen. Er schaute sein Gegenüber aus grauen Augen an, sagte nichts, nickte nur.

„Ah!“, machte der General und es schien, als sei das Thema „Unterhaltung“ damit gestorben.

Warum sich Gibbs dann doch mit dem General unterhielt, entzog sich seiner Erkenntnis. Er tat es einfach. Kurz räusperte er sich und sagte dann: „Woher kennen Sie eigentlich diesen sehr quirligen Typen?“

„Sie meinen die Nervensäge, Captain Cat?“, fragte der General und als Gibbs nickte, holte er Luft und begann, zu erzählen.
 

"Die Iris gibt nach!", schrie Carter, was sofort die Aufmerksamkeit sämtlicher im Kontrollraum anwesender Personen auf sich zog. Hammond löste sofort Alarm aus und griff nach dem Mikrophon. "Sicherheitsalarm. SG 1 bis SG 3! Sofort in den Gateraum." O'Neill und Carter rannten zeitgleich zur Waffenkammer, dicht gefolgt von Teal'C und Daniel.
 

Wenig später war die Iris aufgebrochen und der Weg zur Erde stand eventuellen Invasoren offen. Mit militärischer Effizienz hatten sich nicht nur Sam, Daniel, Teal’C und O’Neill am Tor postiert, sondern auch etliche andere Soldaten, welche die Gewehrläufe auf das Tor richteten. Die Stimmung war bis zum äußersten gespannt. Was würde da durchs Tor kommen und – wenn es durchs Tor käme, wäre es freundlich?

Jack hatte keine Möglichkeit, weiter darüber nachzudenken, denn in diesem Moment gab das Tor das erste gurgelnde Geräusch von sich und eine Person hatte das Sternentor passiert.

Sie trug einen weinroten, enganliegenden Einteiler und war zweifelsohne weiblich. Dann fiel eine andere Frau durch das Tor, die eine Art Uniform trug, mit einem schwarzen Torso und einer roten Schulterpartie. Kurz blickte sie zu O’Neill und er war der Meinung, dass sie ihm grüßend zunickte. Ihr folgten zwei Jugendliche – ein junger Mann mit kurzen, blonden Haaren und eine junge Frau, deren Haare so kupferrot waren, dass sie die Lichter des Tors reflektierten. Das Tor schloss sich.
 

Die Frau, die Jack vorher grüßend zugenickt hatte, trat nach vorne und sah Carter und O'Neill eine Weile schweigend an. Dann winkte sie einen Jugendlichen herbei, der die beiden auch noch begutachtete. Der Jugendliche und die Frau sahen sich an und nickten. Die Frau erhob die Stimme: "Ich bin Captain Kathryn Janeway, vom Föderationsraumschiff Voyager." Der Jugendliche mischte sich jetzt ebenfalls ein. "Und ich bin Captain Calvin Cat von der USS Dragonfly. Wir sind aus dem vierundzwanzigsten Jahrhundert und haben eine Warnung an Sie alle."

„Eine Warnung an Sie alle?“, fragte Gibbs und hob eine Augenbraue, als sich die Tür öffnete und Daniel den Raum betrat: „Ja, damals hatte er es nicht dramatischer.“

Der General und der leitende Chefermittler wandten sich zum Neuankömmling um und hatten ihre Waffen schussbereit gemacht.

„WHOA!“, machte Daniel, warf die Hände hoch und sich dann in Deckung, „Nicht schießen! Ich bin Daniel Jackson!“

„Haben wir dafür auch Beweise?“, wollte sekundenbruchteile später Gibbs wissen und er, sowie Jack konnten hören, dass eine gewisse Verzweifelung von Daniels Stimme Besitz nahm.

„Ehm, ich weiß auch nicht“, setzte er zu sprechen an, ehe er fortfuhr und dabei immer schneller wurde.

„Vielleicht hilft der Fakt, dass ich … ich weiß auch nicht… ehm…“

„Oh for cyring out loud.“, murmelte Jack und rollte mit den Augen: “Daniel! Kleid!“

Kurz legte sich Stille über den Raum, wie ein Leichentuch, ehe der Anthropologe vorsichtig über den Tisch lugte: „Ich habe keine Schwester, Jack. Und wenn ich eine hätte, würde ich sie nicht mit Ihnen ausgehen lassen.“

Befriedigt nickte Jack, sicherte die Waffe und steckte sie in den Halfter. Dann wandte er sich an Gibbs: „Wir hatten schon einmal eine ähnliche Situation. Da habe ich ihn nach der Farbe des Kleides gefragt, das seine Schwester getragen hatte, als sie die Woche davor mit mir ausgegangen war. Diese Antwort ist die Richtige.“

„Und wenn Traceless die Frage und die Antwort kennt?“ , fragte Gibbs, „Ich meine – er kommt, wie Agatha gesagt hat, ebenfalls aus der Zukunft.“

Kurz umwölkten Zweifel das Gesicht O’Neills. Natürlich – das konnte ja wirklich sein. Kurz hob er die Waffe wieder, als Daniel sagte: „Jack, Stop! Frag mich doch was, was nur vier Personen wissen können, weil es nicht in den Unterlagen steht.“

„Gut“, nickte der General, „Wer ist Jack?“

Ein Lächeln legte sich auf die Lippen des Anthropologen: „Wir haben den Hund von Sam nach Dir benannt.“

„Wofür ich dich eigentlich immer noch erschießen müsste.“, sagte der General mit einer Stimmfärbung, die deutlich verriet, dass er es, trotz des ernsten Gesichtsausdrucks, nur spaßig meinte.

„Wenn Du jemanden erschießen willst.“, hob Daniel an, „Dann sag unseren Leuten, wir sollen uns in Korridor CC28 versammeln. Entweder werden dort Stabwaffen abgefeuert – was ich für unwahrscheinlich halte – oder aber Phaser.“

Jack und Gibbs blickten einander an und nickten.
 

Agatha presste ihren Körper weiter auf den Boden, streckte ihre Hand nach Cal aus und robbte so dicht an ihn heran, dass sie seine Körperwärme spüren konnte. Und in einem selbstlosen Akt, zog sie ihn an sich, um ihn mit ihrem Körper beschützen und abschirmen zu können. Sie merkte, wie ihr Herz anfing, schneller zu schlagen, als der Captain sich plötzlich bewegte. Verwirrte braune Augen schauten sie von unten an, als erneut Phaserschüsse zu hören waren. Der Ausdruck in den Augen änderte sich. Sie sah tatsächlich so etwas wie „Resignation“ in ihnen, als wüsste Cal, dass sie hier nicht so einfach herauskämen.

„Schon gut.“, murmelte sie beruhigend und warf ihm einen Kussmund zu, „Es wird alles wieder gut.“

Sie sah, wie seine Tränenkanäle die Arbeit aufnahmen und wie er den Kopf schüttelte. „Es wird nicht wieder gut.“, hauchte er, „Schatz, wir sind auf dem Präsentierteller.

Sie spürte, wie seine Hand sich um ihre Taille legte, über das Bein strich und offenbar entweder versuchte an den Phaser zu kommen, den sie normalerweise im Beinholster hatte, oder sie irgendwie anders berühren wollte, bevor sie beide von Traceless über den Haufen geschossen wurden.

„Cal“, flüsterte sie, „Keine Sorge, es wird schon alles gut.“
 

Sam blickte durch das Periskop, stellte erleichtert fest, dass beide Starfleetoffiziere, die da im Gang lagen, offenbar bei vollem Bewusstsein waren und wartete darauf, einzugreifen.

„Sam?“, hörte sie plötzlich eine gewisperte Frage und drehte sich um – in einer schnellen Reaktion hatte sie das Nahkampfmesser gezogen und es an den Hals der Person gesetzt, die sie angesprochen hatte – allerdings ohne, wirklich Druck auszuüben.

Daniel Jackson schluckte: „Könn… Könntest Du das Ding bitte wieder…“

„Mal sehen.“, grinste Sam verspielt, ehe sie wieder ernst wurde, „Alpha.“

„Zentauri.“, sagte Daniel und schaute sie an, immer noch ein wenig unbehaglich wirkend.

Das Messer wurde vom Hals des Anthropologen genommen und wanderte wieder in das Beinholster, ehe die hübschen, verzaubernden blauen Augen den Anthropologen ins Visier nahmen: „Bericht?“

„Wir bekommen gleich Hilfe.“, erklärte Daniel und schaute sie an: „Dir gefällt das Ganze, oder?“

„Wie kommst Du darauf?“

„Du bist immer so … energiegeladen, wenn es gegen den Feind in den Einsatz geht.“

Sam zuckte mit den Schultern: „Vielleicht liegt es auch nur daran, das ich weiß, dass da draußen noch schlimmeres auf uns wartet. Das hier ist lediglich eine Übung.“

„Übung?“, fragte Daniel und man konnte sehen, dass ihm jegliches Verständnis für die Lockerheit Sams abging. Die hübsche Astrophysikerin nickte: „Natürlich. Ich bin mir sogar sicher, dass Traceless nur mit einem Phaser feuert, der auf Stufe drei eingestellt ist. Schließlich ist der Mann besessen davon, es Cal heimzuzahlen. Und das könnte er nicht, wenn er die Beiden einfach töten würde.“

Der Anthropologe legte nachdenklich den Kopf schief, ehe er nickte: „Klingt logisch.“

„Ich weiß. Also – sobald wir Verstärkung haben, legen wir los.“

Damit spähte sie durch das Periskop und lächelte.

„Und die Verstärkung ist schon da.“
 

Das Phaserfeuer war schon lauter geworden und so hatte sich Ziva auf den Boden sinken lassen und war die letzten Meter gerobbt. Tony hatte sie anfangs ein wenig verwundert angesehen, aber als Ziva ihm zugezischt hatte, dass er ihrem Beispiel gefälligst Folge leisten sollte, nickte er und tat es. Nach einigen Sekunden erreichten sie eine T-Kreuzung, von der ein Gang durch eine Tür in eine Art Lagerhalle führte. Vor dieser Tür lagen Agatha und Cal aufeinander, sie versuchte ihn, mit ihrem Körper vor den Treffern abzuschirmen.

„Gute Lösung.“, nickte Ziva leise und spähte in den vor ihr liegenden Gang. Schnell riss sie sich wieder zurück, denn kaum, dass sie ihren Kopf aus der Öffnung gesteckt hatte, schoss ein Phaserstrahl heran.

„Okay“, machte Ziva, „Der Verrückte ist genau da.“
 

Sam spürte das Gewicht Daniels auf sich, als dieser mit dem Periskop bewaffnet an ihr vorbei spähte, um die gerade ihren Kopf zurückziehende Ziva David zu sehen. Auch er zog den Kopf zurück, drückte der Colonel das Periskop in die Hand und nickte: „Japp, Verstärkung ist da.“

Er wollte gerade wieder einen Schritt zurücktreten, als er die Wärme ihres Körpers sehr deutlich spürte. Die Lippen, diese wünderschönen Augen – alles nur wenige Millimeter von ihm entfernt, er müsste nur …

„Daniel?“, fragte sie leise und er zuckte zusammen: „Ja?“

War da gerade eine Spur Mitleid in ihren Augen?

Er schüttelte den Kopf, trat wieder hinter sie und stellte fest, dass er sie definitiv viel zu lange nicht mehr gesehen hatte. Das war es, bei der nächsten Mission der Hammond würde er Jack auf Knien anflehen, mitzukommen, egal ob es für einen Anthropologen etwas zu tun gab, oder nicht. Seine Expertise konnte man per Kommunikationssteinen einholen, man musste ihm nur einen Wirtskörper zur Verfügung stellen, und…

Moment mal… Wirtskörper?

Irgendwie klang das Ganze gerade verdächtig nach Goa’uld. Oder besser gesagt – nach Tok’Ra, denn man stellte seinen Körper ja freiwillig zur Verfügung.

„Woran denkst Du gerade?“, riss Sam ihn aus seinen Gedanken und erneut schüttelte er den Kopf: „Nichts, alles in Ordnung.“
 

Die Phaserschüsse wurden lauter, die Hitze die von ihnen ausging, immer unerträglicher. Es war Agatha klar, dass es nur noch eine Frage von Sekunden sein würde, bis Traceless sie treffen würde. „Agatha.“, murmelte Cal gegen ihren Bauch und schaute sie an: „Lass es geschehen. Es bringt sowieso nichts.“

Und dann mischten sich andere Geräusche in die Phaserschüsse, die haarscharf über ihre Körper zischten. Maschinengewehrsalven, Barettas entluden sich… Agatha erlaubte sich, kurz den Kopf zu heben und sich umzublicken. Überraschung zeigte sich in ihrem Gesicht, dann ein triumphierendes Grinsen.

Tatsächlich. Aus den Korridorabzweigungen links und Rechts von ihr lehnten sich abwechselnd Tony DiNozzo, Daniel Jackson, Samantha Carter und Ziva David und gaben Schüsse ab.

„IN DECKUNG.“, schrie Sam gegen den Lärm an.

Agatha riss ihren Kopf erneut hoch, wobei ihre Haare wild hin und her schwangen, packte dann Cal und warf ihn und sich in Richtung der Sicherheit verheißenden Deckung. Sie kamen neben Sam und Daniel schlitternd zum liegen.

Der Captain schaute sie an, lächelte, ehe er die Augen schloss und mit seinem Kopf auf ihrem Bauch liegen blieb.

Agatha schüttelte den Kopf, rappelte sich hoch und zog den Captain weiter in Deckung, ehe sie ihren Phaser nahm und ebenfalls Gegenfeuer leistete.

Inzwischen hatte sich die Frequenz der Phaserschüsse erhöht und bald erhellte ein einziger, kontinuierlicher grelloranger Strahl das Areal.

Zusammen mit einem immer lauter werdenden Heulen verhieß das nichts Gutes.

„WEG HIER!“, schrie Agatha.
 

Tony und Ziva prallten von der Korridoröffnung zurück und überließen ihren Fluchtinstinkten das Kommando – in einem perfekten Zusammenspiel von Geschwindigkeiten eilten sie den Korridor herunter, öffneten die nächstbeste Tür, warfen sich hinein, schlossen die Tür und dann… lag Tony auf Ziva.

„Was tust Du da?“, fragte sie und er zischte ein: „Ich schütz dich mit meinem Körper. Klappe!“
 

Die beiden Türen des Lagerraumes wurden ebenfalls geschlossen. So würde dieser Raum zwar zu einer Art Gefängnis, aber die Zeit, sich einen anderen Schutz zu suchen, blieb aus. Und als die laute Explosion den Raum erschütterte, fanden sich Agatha und Sam unter den Körpern Daniels und Cals begraben wieder.
 

Cal hob als Erster den Kopf, stellte fest, dass der Raum noch stand und dass die Explosion dann offenbar doch nicht so schlimm gewesen sein konnte. Er schaute auf das hübsche, ebenmäßige Gesicht Agathas herunter und lächelte, als ihre grünen Augen ihn verständnislos anstarrten.

„Du hast mich gerettet.“, sagte er sanft und ließ sich auf sie sinken, um ihr einen langen Kuss zu geben, „Danke.“

Ein Räuspern ließ ihn hochzucken. Sam und Daniel schauten ihn amüsiert an, ehe sich Daniel an die Colonel wandte: „Er hat eine hübsche Art, sich zu bedanken.“

„Stimmt.“, lächelte sie, „Das könntest Du dir auch abschauen.“
 

Die Augen zusammengekniffen hatte Tony seine Arme um die hübsche Israeli Ziva David geschlungen, sich an sie gepresst und ihren Kopf gegen seine Schulter gedrückt, damit sie nicht von herabfallenden Trümmern der Explosion erschlagen würde. Tatsächlich fielen auch etliche Teile auf sie herunter und er spürte auch den einen oder anderen Treffer am Kopf, doch waren diese Trümmer entweder aus Pappmaché, oder…

Tony öffnete seine Augen, hob den Kopf und blickte um sich herum.

„Putzschwämme.“, murmelte er und schaute die entspannte Gestalt unter sich an, die ihm ein schelmisches Grinsen schenkte: „Du wusstest genau, was hier los ist, oder?“

„Nun, bevor Du dich auf mich geworfen hast, konnte ich deutlich erkennen, dass das hier Putzschwämme sind und uns auf diese Entfernung sicherlich keine Gefahr mehr droht.

Verblüfft richtete er sich auf, blieb auf ihr sitzen und schaute sie an: „Du bist ein cleveres Mädchen, weißt Du das?“

Sie lächelte: „Ich bin kein Mädchen.“

„Nein, eine wunderschöne Frau.“

„Das wollt ich hören.“, nickte sie, zog ihre Beine unter ihm weg und richtete sich, in einer geschmeidigen Bewegung auf.
 

„So, wir sollten jetzt Traceless folgen.“, sagte Cal, rappelte sich auf, ging ein paar Schritte, nur um zur Seite zu Taumeln und sich an einem Regal festzuhalten.

Agatha war neben ihm, hielt ihn fest, als er in ihrem Griff zusammensank: „Du bist in keiner Kondition, um irgendwo hin zu laufen und schon gar nicht, um Traceless zu suchen.“

„An alle“, erklang in diesem Moment die Stimme von Jack O’Neill aus dem Lautsprecher:

“Flüchtige Person gefunden. Sie befindet sich in Block C – Ebene 4.“

Sam und Daniel schauten einander an: „Das ist fast am Ausgang. Wenn er entkommt…“

Dies genügte. Der Captain klopfte so hart auf seinen Kommunikator, dass Agatha befürchtete, dass dies einen blauen Fleck nach sich ziehen würde, dann bellte er: „Dragonfly – vier zum Beamen. Block C, Ebene Vier.“
 

Block C war der Ausgangsbereich. Dieser Bereich war in sofern interessant, als das er eine gewisse „Industrieromantik“ versprühte. Fenster, die am Boden anfingen, dann bis zur Decke reichten und durch blauen Stahl eingerahmt wurden. Dieses Gebäude wirkte tatsächlich so, als würden hier noch alte Maschinen stehen und ihren Dienst versehen. Allerdings taten sie es nicht, sie standen noch nicht einmal hier. Es war lediglich der Ein- und Ausgangsbereich für die Homeworld Security , was man so eigentlich nicht erwarten würde. Aber es hatte einen Vorteil – hier konnte man sich wunderbar verstecken. Wirklich praktisch für einen Formwandler wie ihn. Traceless schaute sich um, lächelte und wollte sich gerade in die Menge einfädeln, als er aus seinen Augenwinkeln ein vertrautes Glitzern wahrnahm. Ein Transporter.

Und er brauchte auch nicht all zu lange, um herauszufinden, was da geschah, denn die Stimme Calvin Cats gellte durch den gesamten Platz: „TRACELESS; STEHENBLEIBEN!“

Als ob er sich daran hielte. HA!

Er blickte sich um und fand etwas, was ihm eigentilch sehr zu Pass kam – eine Wendeltreppe. Sie führte in die obere Etage, in der sich schon einige Büros befanden, aber auch ein Steg zu einem dieser großen Fenster führte.

„Traceless“, rief in diesem Moment die gütige Stimme Daniels, „Bleib stehen, ich bin sicher, es wird dir nichts passieren. Du musst doch wissen, was Du da tust.“

„Glaub mir, Jackson, ich weiß es.“, sagte der Verbrecher, einige Sekundenbruchteile später, zog eine Waffe, wirbelte herum und gab einen Schuss ab. Der Antorphologe zuckte getroffen zusammen und taumelte nach hinten. Sam kniete sich neben ihn und betrachtete seine Wunde: „Es ist nur die Schulter, Daniel – keine Sorge.“

„Den kauf ich mir!“, knurrte in diesem Moment Cal, preschte los zu der Wendeltreppe. Er erklomm sie, zog seinen Phaser und schrie: „BLEIB ENDLICH STEHEN!“

Traceless erstarrte, wenige Millimeter vor dem Fenster, und drehte sich langsam um.

Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht: „Cal, erinnerst Du dich an Flensburg?“

„Du meinst, wo Du mich beinahe erwischt hast? Wie könnte ich das je vergessen?“

Das Lächeln auf Traceless Gesicht wurde noch breiter: „Ich wünschte, es wäre damals nicht nur beinahe gewesen.“
 

Agatha, die immer noch neben der Colonel stand, hörte die Konversation und ahnte was dort gleich passieren würde.

Sie wandte sich zu Sam: „Kann ich für einige Sekunden alleine lassen?“

„Ich bin nicht angeschossen.“, erwiderte die hübsche Colonel, „los, ehe dein Gallan irgendwas Dummes macht.“

Die XO nickte und preschte los. Sie hatte den Captain in dem Moment erreicht, als sich ein grelloranger Strahl von dem Emitter des Phasers, den Cal auf Traceless gerichtet hatte, zur Brust des Verbrechers spannte. Dieser zuckte zusammen, wurde von der Wucht des Strahles von den Füßen gerissen und fiel, mit einem lauten Klirren, aus dem Fenster.

„Nein!“, schrie Agatha, doch es war zu spät. Dort, wo Traceless gerade eben noch gestanden hatte, war nun ein Loch im Fenster. Sie kam zu spät – nicht jedoch um mitzubekommen, wie die Waffe auf den Boden klackerte und die Beine das Gewicht des Captains nicht mehr zu tragen schienen. Agatha hielt ihn fest, als er in sich zusammensackte. „Schatz?“, fragte sie, ehe sie merkte, dass sein Kopf nach hinten rutschte und gegen ihren Busen fiel. Sie betrachtete den erschlafften Körper und seufzte: „Typisch Cal.“
 

Die nächsten paar Stunden waren sehr kurzweilig. Kurzweilig in Sofern, als dass eine Menge Menschen unterwegs waren, die den hinter dem Fenster, aus dem Traceless gestürzt war, verlaufenden Chesapeake and Ohio Canal bis zur Mündung in den Rock Creek und weiter bis zu dessen Mündung in den Potomac absuchten. Natürlich fehlte die Leiche – das war Agatha klar. Der von ihnen Gejagte war schon so oft „umgebracht worden“, dass die Crew der Dragonfly ihn scherzhaft als ihren Murdoc bezeichnete – dabei bezog man sich auf den verrückten Killer aus MacGyver, nicht etwa auf den Verrückten aus dem A-Team.

Die einzigen Drei, die den Scherz mit schöner Regelmäßigkeit nicht Lustig fanden, waren Gina, Cal und Agatha. Gina aufgrund ihrer persönlichen Bindung zu ihrem Bruder und Cal und Agatha aufgund ihrer persönlichen Bindung zu Gina.

„Man macht sich nicht über die Famillisch lustig.“, hatte Cal eines Tages erklärt und würde es vermutlich auch dieses mal tun.
 

Und natürlich hatten sie recht, wenn sie behaupteten, dass die Leiche Traceless nicht gefunden werden konnte, weil es keine gab.

Knappe 5 Kilometer „flussaufwärts“ war er nämlich die Böschung hochgeklettert. Bei einem Kanal kann man zwar nicht von Flussaufwärts sprechen, bei dem parallel zum Kanal fließenden Potomac-River jedoch schon. Das Häuschen, das da an der Böschung kam, kam dem Verbrecher sehr zu pass, also brach er ein – das war für ihn kein großes Kunststück.

Auch der Fakt, dass die Kleidung, die in dem Häuschen im Schrank zu finden war, eigentlich für jemanden gedacht war, der ein wenig fülliger als Traceless war, stellt sich, wenn man die Fähigkeiten des Verbrechers bedenkt, kein großes Problem dar. Die zerschlissene Kleidung musste er logischerweise entsorgen, aber nicht an Ort und Stelle. Stattdessen besorgte er sich eine Tasche, in die er die Kleidung stopfte, fuhr dann mit dem Bus in die Innenstadt von Washington. Am Hauptbahnhof setzte er seinen Plan in die Tat um.

Traceless warf die Tasche in den Mülleimer und verschwand in der Menge.

Ziva wirbelte herum, als die Brücke hinter ihr zusammenkrachte.

Dunkelheit umgab ihn. Eigentlich war er sich seiner Existenz nur noch am Rande bewusst, ehe er eine sanfte Berührung spürte. Sein Kopf, der beschloss, dass es gerade jetzt eine perfekte Idee sei, sich wieder zu melden, sank nach hinten, berührte etwas Weiches und er hörte ein mädchenhaftes Lachen.

„Cal?“, hörte er die Stimme seiner Freundin und mit einem Mal war er wieder wach. Die Augenlider flatterten kurz, dann riss er sie hoch und fand sich in dem wieder, was die meisten so euphemistisch als Realität bezeichneten. Kurz blinzelte er, um dieses dämliche Feuerwerk vor seinen Augen auszublenden und als er es geschafft hatte, lies er sich mit einem Stoßseufzer wieder gegen das sinken, gegen das er gerade schon gesunken war. Die sanfte Berührung Agathas kitzelte seine Wange und er drehte sich um.

Japp – definitiv: Er lag auf einer Krankenstation.

Kurz versuchte er, sich ein Bild des Ortes zu machen, an dem er gelandet war und stellte fest, dass es keine Krankenstation der Föderation war – vielmehr ähnelte es dem Krankenrevier des SGC.

„Gathy?“, murmelte er und stellte fest, dass er sich immer noch unendlich müde fühlte. Seine XO lächelte ihn sanft an und sagte: „Bleib liegen. Traceless hat dich ordentlich durch die Mangel gedreht.“

„Danke für den Hinweis“, seufzte Cal und richtete sich wieder auf, „Da wäre ich so nie drauf gekommen.“

Damit schaute er zu Agatha: „Irre ich mich, oder hast Du mich aufgefangen, bevor ich gefallen bin?“

Mit einem leicht amüsierten Funkeln in den Augen, aber ansonsten einem todernsten Gesichtsausdruck sagte die XO: „Oh, da musst Du mich mit einer anderen sexy Rothaarigen verwechseln.“

„Du meinst, die die so bescheiden ist?“, fragte der Captain – die Antwort war ein nicht unbedingt schmeichelhafter Zwicker in den Bauch.

„Hey“, protestierte der Captain, „Da hab ich viel Geld und Mühe reingesteckt, damit der so aussieht, wie er aussieht.“

Er zwinkerte ihr zu und versank mit ihr in einem langen Kuss: „Ich dank Dir, Schatz. Danke, dass Du mich gerettet hast, danke, dass Du immer da bist, um mich aufzufangen.“

„Und wir alle wissen, wie schwer das bei deinem Gewicht ist.“, grinste die XO und Cal streckte ihr die Zunge heraus.

„Oh, wie erwachsen Ihr doch sein könnt.“, ertönte plötzlich die Stimme General Jack O’Neills und Cal zuckte so heftig zurück, als habe er sich verbrannt. Das führte dazu, dass er beinahe von der Liege, auf die er gebettet worden war, fiel.

„Hey, hey, hey.“, machte Jack, und half dem Captain, sich wieder aufzusetzen, „Wo willst Du denn hin?“

Agatha grinste schief. „Durch den Boden?“, schlug sie vor und Cal funkelte sie, allerdings nicht ernst gemeint, an. Dann wandte er sich an den General: „Und, wie isses?“

„Dürfte ich mal erfahren, was Dich dazu treibt, einen von eurem Verein gesuchten Gangster durch eines unserer Fenster in den Chesapeake and Ohio Canal zu schießen?“, fragte der Angesprochene und man konnte sehen, dass er ein wenig angefressen wirkte, „Wir haben die letzten fünf Stunden damit verbracht, das Ufer abzusuchen. Mit Netzen.“

„Als ob Ihr da was finden werdet.“, sagte Cal und seufzte: „Der Typ is weg. Das kannst Du wissen, Jack.“

„Das kannst Du wissen, General.“, korrigierte Jack ihn und rollte mit den Augen, „Sag mir lieber, wie wir ihn finden können.“

Der Captain lehnte sich zurück, seufzte erneut und schüttelte dann den Kopf: „Gar nicht. Er ist weg. Wie in ‚verschwundibus’.“

„Deine Schuld, Cal. Du musstest auf ihn schießen.“, erklärte der General.

Cal schoss hoch: „Ja – aber – wie soll ich das erklären? Er hat mich wütend gemacht. Er hat… er hat die Flensburg-Sache mit ins Spiel gebracht.“

Jack schloss die Augen, hob eine Augenbraue und schaute Cal dann fragend an: „Flensburg?“

Schulternzuckend schaute der Captain den General an: „Nun, damals – es ist nun schon ein paar Jahre her – oder wird in … du weißt schon. Zeitreisen machen komplett kirre. Also – Traceless wollte in Flensburg den Präsidenten der Föderation um die Ecke bringen – wir haben versucht ihn daran zu hindern – was darin endete, dass ich mir drei Kugeln einfing. Kugeln – der Sack schoss mit einer richtigen, alten Wumme auf mich.“

„Ich kann verstehen, dass dies dich ein wenig verärgert, Cal, aber…“

„Es ist gar nicht so sehr, dass er auf mich geschossen hat – das is unangenehm, aber… was mich nervt, oder besser gesagt wütend macht, ist der Fakt, dass der Typ gerade eben noch sagte, dass er es begrüßt hätte, wenn ich draufgegangen wäre.“

Man konnte deutlich hören, dass des Captains Stimme nicht gerade wenig seiner Wut verriet.

Jack zuckte mit den Schultern: „Hey, er ist der Bösewicht in dieser Story – das ist sein Job. Er muss sagen ‚Hey, ich wünschte, du wärest damals draufgegangen. Muhahaha’, denn nur so kriegt er dich dazu, das zu tun, was Du getan hast, nämlich komplett unüberlegt zu handeln.“
 

„Gibbs wird den Captain sowas von umbringen.“, murmelte Tony währenddessen im Besprechungsraum, was ihm einen Blick von Ziva eintrug, der nur allzu deutlich machte, dass sie geneigt war, ihm bei der Situationsanalyse zuzustimmen: „Jeder Andere wäre aus dem Team geflogen, aber das kann Gibbs ja nun auch nicht machen. Dennoch – der Fehler, den Cal da gemacht hat, ist mehr als deutlich. Das kann noch interessant werden.“
 

Abby kniete vor dem zerstörten Fenster, betrachtete es und streckte dann ihren Kopf durch den Rahmen. Unter ihnen floss – sprach man in diesem Zusammenhang eigentlich von Fließen? – der Chesapeak and Ohio Canal von Westen nach Osten, wo er sich mit dem Rock Creek vereinen und dann in den Anacostia einmünden würde. Die Blutspuren Traceless – insofern man Blutspuren von ihm hätte sichern können – würden sich inzwischen mit den Wassern des Kanals vermischt haben und es wäre unmöglich, ihn wieder aufzuspüren.

Tim McGee schaute sie an und hob fragend eine Augenbraue: „Ist alles okay?“

„Nein, McGee, es ist nicht alles okay. Wir hatten ihn – hier und hätten die Möglichkeit gehabt, ihn zu fangen. Aber der Captain meinte, es wäre besser, ihn aus dem Fenster zu schießen. Da stellt man sich die Frage, ob die Sternenflotte tatsächlich so gut besetzt ist, wenn solche unüberlegten Aktionen die komplette Mission gefährden.“

„Ich verstehe worauf du hinauswillst, Abs.“, sagte Tim und ging neben ihr in die Hocke: „Ich hab die Sternenflottenoffiziere auch immer für gut ausgebildet und meistteils fehlerfrei gehalten. Da irritiert einen dieser Offizier schon.“

„Er irritiert mich insofern, als dass ich bezweifele, dass er tatsächlich ein Offizier ist. Er könnte ja auch ein Cosplayer sein.“

„Ein Cosplayer, der rein zufällig über Laserpistolen verfügt, Wissen über die Sternenflotte hat und mit Menschen befreundet ist, die unser Universum auf täglicher Basis retten?“, echote McGee und grinste jungenhaft, „Das wär mir dann doch ein wenig zu weit hergeholt.“

Und ehe er sich versah, hatte Abby ihn umarmt.

„Danke.“, murmelte sie gegen seine Halsbeuge, „Danke, dass Du für mich da bist.“

Huch, wo kommt das wieder her? , fragte McGee sich, sagte aber nichts. Stattdessen kraulte er ihr beruhigend den Rücken.
 

Die Tür ging auf und Leroy Jethro Gibbs betrat den Raum. Er bedachte Cal mit einem neutralen Blick, ehe er sich neben Jack postierte. Eine Weile sprach niemand. Cal schaute die beiden dienstälteren Offiziere an, die wiederum das Pärchen betrachteten.

Plötzlich wandte sich Jack an Gibbs: „Ich werde das Gefühl nicht los, dass er uns was verheimlicht, was meinen Sie?“

Der Angesprochene nickte nur.

Typisch Gibbs. , schoss es Agatha durch den Kopf, nicht mehr sagen, als notwendig.

Erneut Schweigen.

Dann räusperte sich der Captain, schaute die beiden Männer wieder an und zuckte mit den Schultern: „Ich verheimliche euch nichts. Der Typ hat mich in Flensburg beinahe umgebracht und… er wusste genau, wie er mich dazu kriegt, dass ich das tue, was er von mir erwartete.“

„Das war Dein erster Fehler, Cal.“, sagte Jack und blickte kurz zu Gibbs, der diese Gelegenheit nutzte, um sich einzubringen: „Man könnte fast meinen, dass es ein abgekartetes Spiel war.“

So schnell war Cal noch nie auf den Beinen gewesen, fand Agatha, denn er stand, noch ehe sie bemerkte, was los war, vor Gibbs und O’Neill, sie wütend anfunkelnd.

Bei Gibbs hätte der einschüchternde Blick, den Cal versuchte, ihm zuzuwerfen ob seiner der Größe des Captains von 1,85 Metern noch funktioniert, denn Gibbs maß „nur“ 1,83 Meter, doch Jacks 1,87 Meter waren auch für den Captain nicht zu toppen. Und der Fakt, dass Cal der Jüngste der drei war, machte diesen versucht-einschüchternden Blick mehr oder weniger sinnlos. Das vollkommen ignorierend presste der Offizier der Sternenflotte unter mühsam unterdrückter Wut die Worte „Ich hab mich nicht von Traceless kaufen lassen“ hervor, wobei der die letzten beiden Satzteile beinahe bedrohlich leise zischte.
 

Aber auch dies war mehr oder weniger von gar keinem Erfolg gekrönt, besonders nicht, wenn man bedachte, dass des Captains Knie, Millisekunden, nachdem er dies hervorgebracht hatte, einknickten und er wieder in Agathas Arme sank, die sich in Sekundenbruchteilen hinter ihm positioniert hatte und Gibbs und Jack verzeihungheischend anlächelte: „Was Traceless angeht, ist er immer ein wenig…“

„Wie könnt Ihr nur andeuten, dass ich mit Traceless gemeinsame Sache mache?“, brachte Cal hervor, ehe Agatha sich vorbeugte und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Und sofort war der Körper des Captains erschlafft und hing in ihren Armen wie ein nasser Sack. Dies bedeutete eine gewisse Kraftanstrengung, denn 1,85 Meter Captain Calvin Cat wogen ein paar Kilo.

Sie rollte mit den Augen: „Ich werde ihm die Cola und die Süßigkeiten ausreden.“

„Ja, da müssen wir uns schuldig bekennen.“, grinste Jack, „Die Pizzen, Wraps und Lasagnen hat er erst bei uns so wirklich zu genießen angefangen. Tschuldigung.“

Agatha zuckte mit den Schultern: „Besser als der Rohkostfanatiker, der er vorher war. Aber man muss ihm mal beibringen, dass alles nur mit Maßen zu genießen ist.“

„Das ist wohl wahr.“, sagte Jack und zuckte zusammen, als einerseits Cal, den Agatha gerade mehr oder weniger mit dem Oberkörper aufs Bett verfrachtet hatte, auf den Boden krachte und er zum Anderen von Gibbs einen Schlag mit der flachen Hand auf den Hinterkopf bekam.

„Hey?“, machte der General und Gibbs räusperte sich: „Fokussieren wir uns aufs Thema, wie wäre es damit?“

„Gute Idee.“, grinste Agatha und verschränkte die Arme vor der Brust: „Also – Traceless. Wo könnte er sein?“
 

Auf der Krankenstation der USS Dragonfly war Gina Intrupper gerade daran, einige Proben zu katalogisieren. Man muss zugeben, es gibt Arbeit, die macht keinen Spaß, aber sie muss gemacht werden – das Katalogisieren von Gewebeproben war definitiv so ein Fall. Gina hatte es schon auf der Academy gehasst und auch heute war der Spaßfaktor dieser Arbeit relativ gering. Eigentlich würde sie es gerne den um sie herumwerkelnden Krankenschwestern aufbrummen, aber – das konnte sie nicht machen. Die Arbeit gehörte zu ihrem Job und auch, wenn es nicht die populärste aller zu erledigenden Arbeiten war, so war es ein nicht unwesentlicher Teil eben jener. Und – wie schon angemerkt – einer musste diesen Job erledigen.

Gina seufzte.

Dann glitt die Tür auf und…
 

Donald „Ducky“ Mallard betrachtete die Videobänder, die man ihm von dem Gebäude mitgegeben hatte, das er bisher als „homeland security“ kannte. Dass sich dahinter eine Organisation befand, die nicht nur die Sicherung des Heimatlandes, sondern gleich der kompletten Erde befand, hatte er ja nun wirklich nicht ahnen können. Seit Minuten beäugte er die Szene, die er sah. Der Mann, den er als Calvin Cat kennengelernt hatte, rannte auf einen anderen Mann zu, richtete seine Waffe – einen Phaser, wie er sich in Gedanken korrigierte – auf den Mann, von dem er, Ducky, annahm, dass es sich dabei um Traceless handelte und nach einigen Worten, die die Beiden miteinander wechselten, drückte Cal ab. Traceless stürzte aus dem Fenster.

„Oh je.“, murmelte er und wandte sich an Jimmy Palmer, der neben ihm Position bezogen hatte. So langsam merkte der Leichenbeschauer das Alter, das sich heimtückisch in seinen Körper schlich, seine Augen schlechter werden lies, seinen Hände zittern und seinen Körper im Gesamten. „Coroner“ Palmer blickte seinen Chef aus neugierigen Augen, in denen ein Hauch von Schalk funkelte, an: „Was ist los, Doktor Mallard?“

Der schottische Akzent, der in Duckys Stimme immer mal wieder hervorbrach, machte sich gerade deutlich bemerkbar: „Ich fürchte, unser guter Captain hat sich viel zu sehr reizen lassen.“

„Sollte man sich nicht eigentlich benehmen lernen, wenn man eine so hohe Position hat?“, merkte Palmer an und Ducky ging, langsamen und gemächlichen Schrittes - wobei er darauf bedacht war, seinen Körper nicht zu sehr zu belasten – auf einen Stuhl zu, auf dem er sich anscheinend niederzulassen gedachte. Als wollte er etwas anmerken, hob er seinen Zeigefinger: „Die Torheit der Jugend ist ein Gift, Mister Palmer. Das werden Sie noch sehr früh feststellen. Besonders impulsive Menschen können, von einer einzigen Anmerkung, soweit getrieben werden, dass sie die sinnlosesten Taten begehen.“

Er hatte den Stuhl erreicht, lies sich nieder und seufzte erleichtert, ehe er Palmer aus amüsiert blitzenden Augen ansah: „Früher, in meinen jungen Jahren, war ich auch sehr impulsiv. Ich erinnere mich daran, wie ich einmal versucht habe, vor Cynthia Asterton anzugeben.“

Plötzlich begann er, amüsiert zu glucksen: „… und , Mister Palmer, das glauben Sie nicht. Ich habe mich dafür mit dem größten und wohl gefährlichsten Rabauken der ganzen Schule angelegt. Dennis Ketchum. Alle nannten ihn nur „Dennis, the menace“ – also Dennis, die Bedrohung. Und ich war entschlossen, ihm zu zeigen, dass er mich nicht einschüchtern kann. Zumal nicht vor der liebreizenden Cynthia.“

Nun setzte sich auch Jimmy, nahm die Brille von der Nase, putzte sie kurz und setzte sie wieder auf: „Und, was ist passiert, Doktor Mallard?“

„Ich wurde in Grund und Boden geschlagen. Unangespitzt.“

„Und Cynthia?“

Ducky lächelte melancholisch: „Sagen wir so – zuerst fand sie dieses Machogehabe fürchterlich albern, dann einfach nur süß und so gingen wir ein paar Monate miteinander.“

„Interessant, Duck.“, sagte Palmer in diesem Moment in einem Tonfall, der dem alten Pathologen bekannt vorkam. Kurz schaute er seinen jüngeren Kollegen an, die Körperhaltung hatte sich verändert und die Augen, die vorher noch lebhaft und amüsiert dreingeblickt hatten, schienen nun einer weitaus älteren und abgeklärteren Person zu gehören. Irgendwie erschien es Doktor Mallard so, als greife eine altersbedingte Weisheit und Erfahrung, die weit ausserhalb des eigentlichen Alters Palmers lag, aus dem Geist seines Kollegen.

„Ich sehe, Palmer hat den Stein berührt, den wir dir gerade geschickt haben?“, fragte der Mann, der nun offenbar nicht mehr Jimmy war, und seinen Freund und Kollegen über sich selbst in der dritten Person sprechen zu hören, lies bei Mallard sämtliche Alarmglocken schellen. Doch dann erkannte er den Duktus deutlicher, den Palmer verwendete – oder besser, der Mann, der eigentlich Palmer sein sollte. Er fasste sich ans Herz und sagte, in einem sehr anklagenden Tonfall: „Hey, Jethro – wenn Du sowas nochmal machst, darf mich unser junger Mister Palmer hier selbst obduzieren.“

Wenn man wusste, wonach man zu suchen hatte, konnte man gerade tatsächlich eine Art von entschuldigenden Lächelns in Gibbs Zügen erkennen. Allerdings war es nur für den Bruchteil einer Millisekunde sichtbar und war eben so schnell verschwunden, wie es gekommen war. Er räusperte sich kurz: „Was hast Du für mich, Duck?“

„Wie kann es sein, dass ich mit Palmer spreche, aber doch eher mit Dir?“, beantwortete Donald Mallard die Frage mit einer Gegenfrage und hob eine Augenbraue. Gibbs zuckte mit den Schultern: „Ich bin gar nicht da. General O’Neill hat mir gerade Zugriff zu einer Technologie gegeben, die er „Kommunikationssteine“ nennt. Ich weiß nicht, wie lange ich die Verbindung aufrecht erhalten kann – also, wenn Du mit mitteilen könntest, was Du weißt, wäre ich Dir sehr verbunden.“

Ducky nickte, stand wieder auf und ging zum Videoschirm: „Es wäre viel einfacher gewesen, wenn Du dich über die Videokonferenz gemeldet hättest.“

In diesem Satz lag nur ein Hauch von Vorwurf, der größte Teil war Amüsement. Palmer war von Gibbs besessen – ein interessantes Gedankenspiel.

Kurz versuchte der Pathologe, sich mit einem Räuspern eine freie Kehle zu verschaffen, ehe er sich an Gibbs/Palmer wandte: „Unser junger Captain hat irgendeinen Satz gehört, der ihn so hat reagieren lassen.“

Sein Freund mit dem Gesicht seines Kollegen und dem Geist seines Chefs nickte: „Ja, Cal hat gesagt, dass Traceless irgendwas von ‚Flensburg’ gesagt hatte und ihn das wohl etwas wütend werden lies.“

„Die Torheit der Jugend, Jethro.“, lächelte Ducky ein melancholisches Lächeln, „Daran können wir uns doch noch sehr gut erinnern, oder?“

Gibbs, im Körper von Palmer, nickte und sagte: „Oh, Doktor Mallard, ich erinnere mich…“

Kurz stockte der junge Mann, legte überlegend den Kopf schief und schaute sich um: „Ich muss kurz ohnmächtig geworden sein. Irgendwie hatte ich das Gefühl, ich sei gerade wo anders gewesen.“
 

Die Tür öffnete sich und Agatha, die den Kopf Cals in ihren Schoß gebettet hatte und seinen Haarschopf streichelte, schaute den Eindringling an. Gibbs zuckte mit den Schultern: „Es ist eigentlich genau so, wie der Captain es gesagt hat.“

„Sag ich doch.“, grinste Agatha, „Was uns wieder zur Kernfrage zurückbringt – wo könnte sich Traceless aufhalten?“

Jack, der in diesem Moment ebenfalls den Raum betrat, schaute die XO lächelnd an: „Sag mal, könnte euer Scann-Dingsi nicht irgendwie versuchen, ihn ausfindig zu machen?“

Dies lies die XO mit den Schultern zucken: „Nein – das habe ich schon Tony und Ziva erklärt. Faszinierenderweise können wir jeden Menschen auf dem Planeten lokalisieren, aber bei Traceless versagt diese Technologie jedes Mal.“

Ein breites Lächeln erschien auf den Zügen des Generals: „Vielleicht braucht ihr auch einfach nur jemanden, der das Ding aufmotzen kann?“
 

Sam Carter zog den Bauch ein und sich dann durch die engen Wartungsröhren, die irgendein Witzbold nach den Jeffriesröhren der Starfleetschiffe konzipiert und sie durch die komplette George Hammond hatte ziehen lassen, wie durch einen schweizer Käse.

„Wenn ich den in die Finger kriege…“, murmelte sie und versuchte, mit ihrem Tablett-PC einen Überblick über die Schiffsfunktionen zu erhalten.

Das, was sie sah, stimmte sie nicht unbedingt glücklich und ließ sie ein „Super“ seufzen.

Das Seufzen wurde noch deutlich-genervter, als der Tablett-PC kurz flackerte. Irgendwie lies sich der Gedanke, dass da jemand etwas gegen sie hatte, nicht von der Hand weisen. Doch als sie das Gesicht General O’Neills sah, konnte sie gar nicht anders, sie musste lächeln.

„Hey, Carter.“, hörte sie die rauhe Stimme ihres Chefs und fühlte sich, wie in alten Zeiten. Ihr 1000-Watt-Lächeln wurde eine Spur heller.

„Sir“, grüßte sie und schaute ihn fragend an. Wenn er sie über ihren Tablett-PC kontaktierte, war die Sache so ernst, dass sie keinen Aufschub duldtete. Ansonsten hätte er sie ja auch über den normalen Kommunikationskanal rufen können und gewartet.

Jacks Lippen verzogen sich zu einem frechen Grinsen: „Wenn Sie da sowieso rumschweben – was halten Sie von einem kleinen Tripp zur Dragonfly, um die Sensoren ein wenig aufzumotzen?“

„Ist das eine Fangfrage?“, lächelte die hübsche Astrophysikerin, „Sie müssten mich erschießen, um mich davon abzuhalten.“

„Das hab ich heute nicht vor. Halten Sie sich fest, Carter, Jill holt sie rüber.“
 

Kopfschmerzen waren nicht so ganz seines. Das fand Alexander Strange immer wieder. Aber manchmal gab es keine Alternative – wenn man immer nur auf diese selben Knöpfe schaute, wenn man immer nur einen beschränkten Ausblick hatte und immer nur die selbe, andauernd gleiche Routine erlebte – irgendwann rebellierte der Kopf. Für Alex tat er das seit heute Morgen und endlich hatte er sich dazu aufrappeln können, dem stellvertretenden, stellvertretenden, stellvertretenden Stellvertreterkommandanten – also sich selbst – Bescheid zu geben und einzugestehen, dass er sich nicht wohl fühlte. Er entlies sich mit dem Befehl, zum Arzt zu gehen und mit der Order an seine Zwillingsschwester Alexandra, seinen Posten auf der Brücke zu übernehmen. Die Tür zur Krankenstation öffnete sich und den jungen Piloten traf eine vollkommen faszinierende Erkenntnis. Entweder musste stand ein Streik an, von dem er nichts wusste, oder aber Gina hatte ihren Krankenschwestern frei gegeben. Sie selbst saß, den Blick auf ihn gerichtet, in ihrem Stuhl im Büro, und lächelte ihn freundlich an.

„Hey, Doc.“, sagte er, trat näher und massierte sich die Schläfe: „Ich hab Kopfschmerzen, kannst Du mir da vielleicht etwas geben?“

Die Ärztin reagierte nicht, schaute ihn weiterhin an und lächelte.

Kurz überlegte er, ob sie ihn eventuell nicht verstanden hatte – was blödsinnig war – dann bemerkte er die Anwesenheit einer weiteren Person im Raum. Sie hielt eine Art Stift auf Gina gerichtet, dessen Spitze eine Art Lampe war. Sie leuchtete grün und ihre Intensität schwoll an und wieder ab, an und wieder ab.

Die Person erkannte er in dem Moment, als sie ihn anblickte etwas zu Gina sagte, das ihn schlucken lies.

„Betäub ihn.“

Alexander taumelte einen Schritt zurück, versuchte von Traceless und der komischen Lampe zu fliehen, als plötzlich Leben in den athletischen Körper der blonden Italienerin trat. Sie war auf den Beinen, zog ihren Phaser, legte auf ihn an und feuerte.

Den Treffer spürte er schon nicht mehr, fürchtete aber, bevor es endgültig dunkel um ihn wurde, dass die Kopfschmerzen beim Aufwachen immer noch präsent wären.
 

Der Alarm lies Sam und Jill zusammenzucken.

Gerade vor einigen Sekunden war die drahtige Blonde materialisiert und vond er Transporterplattform gestiegen, als sich das Licht verdunkelte und ein nahezu enervierend-lautes Geräusch einen Alarm verkündete. Die rote Beleuchtung, die in Aktion trat, verriet, dass es Alarmstufe rot war und Jill reagierte blitzschnell. Sie betätigte ihren Kommunikator: „Menacer an Masterton? Was ist da los?“

„Ein Phaserschuss wurde in der Krankenstation abgegeben.“, erklärte der Mann am anderen Ende der Kommunikationsverbindung: „Ich sende einige Offiziere nach unten.“

„Gute Idee. Ich bringe Colonel Carter eben zu ihrem Arbeitsbereich und stoße dann dazu.“

„Verstanden.“

Eine gewisse militärische Zweckmäßigkeit breitete sich in solchen Fällen immer aus – was durchaus nachzuvollziehen war.

Die taktische Offizierin der Dragonfly klopfte Sam auf die Schulter und sagte: „Komm, wir gehen.“
 

Mit einem leichten Klackern meldete sich der Kommunikator Agathas zu Worte. Verwirrt schaute sie zu Jack und Gibbs, betätigte das Gerät und sagte: „Agatha Silverbird hört?“

„Agatha?“

Das war Ginas Stimme und sie klang aufgewühlt: „Agatha, kannst Du mich hören?“

„Ja, wieso, was ist los?“

Verwirrung begann, sich über die ebenen und attraktiven Gesichtszüge der XO zu legen, „Was ist passiert?“

„Er… war hier.“

Die Stimme der hübschen Ärztin verriet, dass ihr gerade vermutlich dicke Tränen die hübschen Wangen herunterrannen. Eine ihrer besten Freundinnen weinte? Gerade Gina? Dieselbe Gina, die vor knapp 4 Jahren, als das Projekt Dragonfly in Gang gesetzt wurde, den vermeintlichen Tod ihres kommandierenden Offiziers, Exfreundes, besten Freundes und Geliebten ihrer besten Freundin mit einem harten Schlucken und einem „Ich habe verstanden“ verarbeitet hatte? Dieselbe Gina, die die Trennung von Cal zwar mit einer großen Packung Schokoladepralinés, aber ohne explosiven Gefühlsausbruch überwunden hatte? Eben jene Gina, die ihr, Agatha, wann immer sie ihre Stärke nicht mehr zu halten vermuchte, als Vorbild diente, wie sie stolz und aufrecht dastand?

Diese Gina weinte, weil jemand – vermutlich Traceless – auf der Krankenstation aufgetaucht war?

War dies Möglich?

„Traceless?“, versuchte sich die XO zu vergewissern, was in einem weiteren Weinanfall Ginas endete, ehe sie schluchzte und ein klägliches „Ja“ von sich gab. Und ehe Agatha merkte, wie ihr geschah, hörte sie ihre Freundin sagen: „Er hat mich dazu gebracht, Alexander zu betäuben. Er hat mich… mißbraucht.“

Und in diesem Moment schlug die Traurigkeit Ginas in Wut um.

„Ich beam mich hoch“, sagte Agatha, „Keine Sorge, ich helf dir.“

„Kannst Du bitte Cal mitbringen? Ihr beiden seid ein so eingespieltes Team…“, fragte die Ärztin an und Agatha, Gibbs und Jack warfen einander verblüffte Blicke zu. Dann nickte die XO – etwas, das die Ärztin, aufgrund der lediglichen Audio-Verbindung logischerweise nicht sehen konnte – und sagte: „Klar, logisch. Er schläft gerade nur etwas. Aber wir kommen gleich hoch.“

„Danke.“, schniefte Gina und beendete die Verbindung.

Agatha holte tief Luft, ging neben Cal in die Knie und schüttelte ihn sanft, ehe sie ihm etwas ins Ohr flüsterte. Der Captain stöhnte schläfrig, schlug die Augen auf und strahlte seine XO an: „Hab ich Dir schon mal gesagt, dass Du sexy bist?“

„Mehr als einmal.“, lies sich die XO vernehmen, nahm seine Hand und half ihm in die Sitzende: „Wir müssen auf die Dragonfly. Gina hatte Besuch von Tracy-boy.“

Gibbs räusperte sich: „Entschuldigung, wenn ich so dazwischen gehe. Aber ich finde die Sache alles andere als vertrauenswürdig. Wenn Traceless an Bord ist, kann es eine ausgeklügelte Falle sein.“

Agatha nickte: „Stimmt – was können wir tun?“

„Ich hab da schon eine Idee.“, sagte der Chefermittler, „Wenn ich dürfte?“

Agathas Blick folgte dem Seinen auf ihre Brust und sie nickte: „Natürlich.“
 

Auf der Brücke der Dragonfly schien momentan ein Alarm nach dem Anderen los zu gehen. Die Beleuchtung war dunkel, die Klaxone der unterschiedlichen Alarmkategorien piepsten und in Mitten des Chaos versuchten zwei Senior-Offiziere, die Ruhe zu bewahren. Alexandra Strange warf hektisch einen Blick auf die Navigationskonsole und vermeldete mit einer rauchig-melodiösen Stimme: „Ich empfange etwas. Ich weiß nicht, was es ist, ich weiß nur, dass es Kurs auf uns nimmt. Oder so ähnlich.“

Angus Masterton hob seinen massigen Kopf, betrachtete seine Konsole und wandte sich dann an Alexandra: „Die Sensoren spielen verrückt und der Computer ist besoffen.“

Die hübsche Brünette nickte: „Vermutlich hast Du recht, Angus.“

Und gerade, als man versuchen wollte, der Computerfehler, die in den Fenstern der Konsolen aufpoppten, Herr zu werden, meldete sich der Kommunikator zu Wort: „Verdammt, hier ist Cat. Kann mich da oben einer hören?“

Alexandra legte ihren Kopf schräg, betätigte ihren Kommunikator: „Cal, bist Du das?“

„Nein, Du Mikaela-Banes-Verschnitt, ich bin Lawrence von Arabien! Natürlich bin ich Cal! Wieso macht mein Schiff mehr Krach als jede beschissene Disko?“

„Das wüssten wir auch gern.“, antwortete die Frau, der ein leichtes Lächeln über das hübsche Gesicht huschte, „Aber schön, euch wieder an Bord zu haben.“

„Schön wieder da zusein.“, meldete sich Agatha, „Ich nehme an, Gina ist immer noch in der Krankenstation?“

„Soweit wir wissen.“, schaltete sich Masterton ein und man konnte bei dem sich nun meldenden Cal hören, dass er anscheinend drei- bis vier Mal überlegen musste, mit wem er da gerade sprach.

„Angus Masterton“, sagte er schließlich mit der Sicherheit des großen Sternenflottenoffiziers der er nicht war, „Wieso könnt Ihr mir nur Näherungsinformationen geben?“

„Unsere Sensoren sind ausgefallen.“, erklärte Masterton und man konnte ein genervtes Stöhnen Cals hören: „Sag bloß, Scotty und Sam haben den Computer kaputt gekriegt.“

„Eher weniger, Cal“, mischte sich die Stimme Sams in die Diskussion ein. Masterton konnte ganz deutlich einen sehr amüsierten, aber auch sehr tadelnden Tonfall in ihrer Stimme wahrnehmen, als sie fortfuhr: „Wir versuchen gerade das, was immer da kaputt ist, zu reparieren.“

Alexandra lächelte: „Das ist gut zu hören. Erm… Cal? Ich glaube der Weg zu Gina ist gangbar.“

„Okay.“

Und schon war die Verbindung beendet.

Einige Sekunden später stellte Masterton zwar fest, dass seine Konsole meldete, dass ein erneuter Transport stattgefunden hätte, aber die Meldung war so schnell wieder verschwunden, dass der Offizier sie als einen weiteren Computerfehler einstufte.
 

Die Tür zur Krankenstation öffnete sich, Cal und Agatha betraten den Raum und schauten sich um. Gina kniete weinend neben Alexanders leblosem Körper. Die hübsche Rothaarige eilte mit wehenden Haaren zu ihren beiden Freunden, legte beruhigend eine Hand auf Ginas Schulter und tastete mit der anderen Hand nach dem Puls des Mannes. Sie wandte sich an Cal: „Er ist wirklich nur betäubt.“

„Das ist gut zu hören.“, sprach der Captain und trat näher, als sich plötzlich Gina aufrichtete, ihre Arme fest um Agatha schloss und ihr etwas ins Ohr flüsterte. Der Effekt war dramatisch. Die hübsche Rothaarige sackte in sich zsuammen, als habe man ihr die Fäden durchgeschnitten.

„AGATHA!“, schrie Cal, riss seine Waffe hoch, zielte auf Gina, die grausam lächelnd den Mund öffnete und nur ein Wort sagte: „Erdbeerparfait.“

Dunkelheit schlug über Cals Bewusstsein zusammen.
 

Der Körper der XO fühlte sich an, als sei er mit Steinen gefüllt und sie war sich sicher, dass an ihren Augenlidern mindestens ein 10 Kilo-Gewicht hing. In ihrem Kopf summte es und sie fühlte sich gut. Wieso sollte sie sich wehren?

Doch diese kleine, nervige Stimme in ihrem Inneren, die viel zu sehr nach ihr selbst klang, forderte sie auf, sich nicht diesem angenehmen, warmen Gefühl, das über ihren Körper wogte, hinzugeben, sondern jede Unze ihres Willens darauf zu konzentrieren, aus diesem Zustand entkommen zu können.

Andererseits, stellte eine andere Stimme, die nach Gina klang, die Frage, warum sie das alles auf sich nahm.

Und wenn sie ehrlich war, stellte sie sich die Frage von Sekunde zu Sekunde selbst, von Augenblick zu Augenblick, in denen die Augenlider so schwer, so blei…bleischwer wurden.

„Nein“, hörte sie jemanden – sich selbst? – knurren und spürte, wie ihr Willen wieder in ihren Körper zurückkehrte. Sie rappelte sich auf, stemmte sich auf den Armen ab, versuchte, durch intensives Kopfschütteln die Spinnweben, die sich um ihre Denkstube gelegt hatten, von eben jener zu verbannen… ihr Blick wurde schärfer.

Hinter Gina stand jemand.

„Alpha Prime“, hörte sie die samtweiche, sich in ihren Gehörgang schmeichelnde, Stimme Ginas und all jener Widerstand, den sie gerade aufgebaut hatte, wurde von einer heranrasenden Woge der Lethargie, der Benommenheit und eines nebulösen Glücksgefühls weggewischt. Gerade, als sie dabei war, sich der sanften Stimme Ginas und ihrem Befehl, schlafen zu gehen, ergeben wollte, stellte sich ihr Blick kurz komplett scharf und sie sah, wie Traceless hinter Gina stand, beide Hände auf je eine Schulter gestemmt und lächelnd. Und da fiel ihr auch auf, dass der Blick ihrer Freundin genau so leer war, wie der ihre sein musste.
 

„Trace…less“, stöhnte plötzlich neben ihr Cal und in einem beinahe schon bewundernswerten Akt der Selbstbeherrschung kämpfte sich der Captain aus der Liegenden in den Stand, den Phaser auf die Ärztin und den Verbrecher gerichtet.

Das maliziöse Lächeln, dass Ginas volle Lippen umspielte, kontrastierte mit dem leeren Blick, der in ihren Augen zu sehen war: „Erdbeerparfait.“

Und plötzlich, als habe man den Boden unter seinen Beinen weggezogen, sackte Cal in sich zusammen, kam mit dem Kopf an ihrer Schulter zu liegen.

In einem Akt von nahezu herculaeischer Anstrengung kämpfte sie zumindest ihren Arm nach oben, sodass ersich um Cals Schulter schlingen konnte.

Der Atem der hübschen Frau ging stoßweise, als sie in sein Ohr keuchte: „Wir… müssen… kämpfen.“
 

Dann hörte sie, wie Traceless etwas sagte – sehr laut.

„Ihr habt sie doch nur benutzt!“; schrie er anklagend, „Ihr habt ihre Gefühle zu euch ausgenutzt, damit sie euch dienstbar ist!“

„Nein“, hauchte Cal, „Das… würden… wir…“

„Erdbeerparfait!“, heulte Traceless, „Schlaf wird über dich kommen und du wirst…“

Der laute Knall, der über ihr losging, lies Agatha zusammenzucken und plötzlich war alles wieder normal. Die Zeit, von der sie sekündlich dein Eindruck bekommen hatte, sie verginge zähfließend, wie Wackelpudding, kehrte zu ihrer normalen Geschwindigkeit zurück und sie fühlte, wie ihr Körper ihr wieder gehorchte. Traceless taumelte zurück, während Agatha an dem sich gerade aufrappelnden Cal vorbeipreschte, Anlauf nahm und sich mit voller Wucht und vollem Körpereinsatz auf Gina warf. Beide Frauen gingen zu Boden.

In diesem Moment war Traceless wieder auf den Beinen, gleiches galt für Cal. Der Captain hatte seinen Phaser in der Hand, schrie „TRACELESS!“ und erstarrte, als der Verbrecher erneut das Erdbeerparfait bemühte. Erneut gingen Schüsse los. Links und Rechts von Cal schälten sich plötzlich die vertrauten Gestalten Ziva Davids und Tony DiNozzos aus den Schatten, legten auf den Verbrecher an und feuerten erneut.

Traceless keuchte auf, taumelte zurück und rutschte an der Wand herunter – Blut war zu sehen.

„Buzz!“, schrie Gina, „NEIN!“

Und in diesem Moment wurden sie alle geblendet.
 

Als Gina wieder klar denken konnte, kniete sie schon neben einem bewusstlosen Tony DiNozzo, tastete nach seinem Puls und nickte Ziva David beruhigend zu: „Keine Sorge – was auch immer uns getroffen hat… es wird ihn bald wieder zu sich kommen lassen.“

„Ja.“, sagte Ziva und schaute sich verschlafen um, „Aber wo ist Traceless?“

„Schwerer zu halten als ein Sack Flöhe.“, murmelte Agatha, die gerade auf Gina zukam, sie in den Arm nahm und ihr in die Augen sah: „Du weißt, dass das, was Traceless gesagt hat, nicht wahr ist? Wir lieben dich – also Cal und ich.“

Gina nickte und die hübsche XO schloss ihre Freundin in die Arme: „Es tut mir so leid.“

„Muss es nicht – was kannst Du schon dafür?“

Und damit gab sie Gina einen Kuss auf die Stirn.
 

wenig später
 

Die bunten Schleier des Teleportationsvorganges waren kaum verschwunden, da war Leroy Jethro Gibbs schon in Bewegung. Er eilte los, von der Transporterplattform, durch die Tür in den Korridor. Es war kaum zu fassen. Traceless war ihnen schon wieder entkommen? Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass die Crew der Dragonfly auf ihrem eigenen Schiff einen Heimvorteil hätte – aber anscheinend traf dies nicht zu. Andererseits, wenn er bedachte, dass auch die Navy Basis von Traceless infiltriert worden war und der Verbrecher, ohne Spuren zu hinterlassen, verschwunden war. Gibbs konnte sich nicht helfen, er musste leicht grinsen. Kein Wunder, dass der Typ „Traceless“, also Spurlos, hieß. Als Gibbs die Tür zur Krankenstation erreicht und sie sich geöffnet hatte, wurde er von der Ansicht seiner zwei Agenten begrüßt, die ihre Waffen zogen und sie auf ihn richteten.

Verdammt, selbst wenn es ihm fernlag, sich selbst zu loben, aber er musste eines zugeben – er hatte sie wirklich gut trainiert.

Der Grauhaarige Specialagent hob die Hände, schaute Ziva und Tony an und nickte: „Gut gemacht. Aber ich bin Gibbs.“

Direkt neben seinem Ohr konnte er eine weitere Waffe fühlen, die gegen seinen Kopf gepresst war. Aus den Augenwinkeln konnte er Cal sehen, der den Phaser gezogen und ihn auf ihn gerichtet hatte. Mit einem grimmigen Lächeln sagte der Captain: „Sorry, wir können kein Risiko eingehen. Davon hatten wir heute schon genug.“

Kurz pausierte er, ehe er nur ein Wort sagte: „Gina?“

Die Ärztin kam aus ihrem Büro auf ihn zu, lächelte ihn entschuldigend an – man konnte merken, dass ihr diese Haltung ihres Captains ein wenig peinlich war – und zog ein Hypospray hervor. Sie presste es gegen seinen Hals, entnahm dann dem Gegenstand eine Phiole roten Blutes und schwenkte es ein wenig herum.

Dann legte sie das Hypospray und die Phiole auf den Rollcontainer, auf dem auch andere medizinische Gerätschaften lagen.

Sie wandte sich an Cal und nickte: „Wenn Du mich fragst - er ist es.“

Gibbs konnte fühlen, wie der Captain den Druck auf die Waffe langsam verringerte. Dann legte sich ein weiteres Lächeln auf die Lippen des Special Agenten: „Kann man solche Blutproben nicht fälschen?“

Sofort war der Druck auf seinen Kopf wieder da.

„Keine Bewegung, Traceless.“, bellte Cal, was Gibbs tatsächlich ein wenig taub werden lies.

„Ich sagte nicht“, knurrte er daher, „Dass ich Traceless bin, ich stellte nur fest, dass es doch sicherlich Möglichkeiten gibt, die Technik zu täuschen. Und ausserdem, warum sollte ich euch einen Tipp geben, um herauszufinden, dass ich wirklich Traceless bin, wenn ich Traceless wäre.“

Gina warf Cal aus ihren meerblauen Augen einen Blick zu und nickte: „ich glaube, er sagt die Wahrheit.“

„Meinst Du?“, schoss Cal zurück, „Ich weiß nicht. Er könnte doch auch einfach darauf spekulieren, dass wir nicht denken würden, dass Traceless uns einen Tipp geben würde, wie man ihn finden würde. Also gibt er uns den Tipp, damit er unverfänglich ist.“

„Aber es gäbe doch andere Methoden.“

Die Ärztin der Dragonfly schien nicht wirklich überzeugt und Cal, der gerade Luft holen wollte, eine weitere Erklärung abzusetzen, zuckte zusammen, als Tony plötzlich lachte. Dass ihm dies einige, schräge Blicke eintrug, dürfte verständlich sein. Dies bemerkend, räusperte sich der Halbitaliener und sagte: „Entschuldigung – ich… ich musste nur gerade an Fluch der Karibik denken. Die beiden Typen, die das Boot bewachen sollen.“

„Ich habe keine Ahnung, wovon Du redest, Tony, aber… es interessiert mich auch nicht.“, ließ sich der Captain der Dragonfly vernehmen und verstärkte den Druck seines Phasers gegen Gibbs Kopf: „Ziva, wenn Du so nett wärest…“

Die hübsche Israelin nickte, trat auf Gibbs zu und sah ihm tief in die Augen.

Sie waren blau. Eisblau. Sie konnte so viel Schmerz sehen, soviel Liebe, soviel…

„Er ist es.“

„Du scheinst Dir sehr sicher zu sein, Ziva.“, murmelte der Captain und lies den Phaser sinken. Die Israeli zwinkerte ihm zu: „Wenn ich meinen Boss nicht erkennen würde, wäre ich ein schlechter Special Agent, meinst Du nicht auch, Cal?“

Überlegend den Kopf schieflegend, schauten nussbraune Augen in nussbraune Augen, der Captain trat näher und versuchte anscheinend, in ihren Augen etwas zu lesen.

Sie lächelte mitleidig: „Vergiss es, Cal, dazu muss man Jahre lang üben – ich hab es auch erst nach dem vierten Test richtig herausgefunden.“

„Vielleicht könntest Du es mir ja dennoch beibringen?“, fragte der Captain und sie legte ihm eine Hand auf die Schulter: „Ich schaue, was ich tun kann, okay?“

Irgendwie klangen ihre Worte extrem vertröstend. In dem Moment, in dem sie genau das bemerkt hatte, schien auch Cal geschnallt zu haben, wie es klang und seufzte enttäuscht, was sie dazu brachte, aufmunternd zu lächeln: „Hey, ich muss das erst Tony beibringen. Und wenn ich dann noch Lust, Zeit und Muße habe, dann trainiere ich dich gerne. Solange kannst Du ja mal mit Gina üben. Oder mit Agatha.“

Cal schüttelte den Kopf: „Vergiss es. Ich schau denen in die Augen, die sagen irgendwas und ich bin weg. Ich weiß auch nicht, wie sie das machen, ich weiß nicht mal, was das für ein Wort ist – ich bin einfach weg.“

Ein Lächeln lief über die vollen Lippen der hübschen Israeli: „Vielleicht können dir die beiden ja beibringen, wie man einem klassischen Trigger widersteht. Du hast es immerhin geschafft, dich gegen die Hypnose durch Traceless zu wehren.“

„Was mich zum Punkt bringt.“, mischte sich Gibbs ein und Ziva merkte, dass der Special Agent sehr ungehalten war, „Wie konntet ihr ihn wieder entkommen lassen?“

„Das is nicht ihre Schuld.“, bemerkte in diesem Moment Sebastian ‚Scotty’ Middlegate aus dem Büro der Ärztin. Er betrat die Krankenstation und hielt ein Ding – eine Gerätschaft – in den Händen. In der Hauptsache war es rund und silbern glänzend.

Cal wandte sich dem Ding zu: „Eine Goa’Uld-Schokgranate? Ich kann mich gar nicht an das schrille Heulen des Dings erinnern.“

„Vielleicht ist sie ja auch modifiziert.“, bemerkte der große Chefingenieur, warf sie Gibbs zu und zog sich die Gummihandschuhe aus, die er wegen der Fingerabdrücke getragen hatte, „Wenn ihr mich entschuldigen wollt – ich muss zusammen mit Sam einige Sensorenphalanxen rekalibrieren.“

Damit wollte er sich schon umdrehen, als Cal ihn am Arm griff: „Scotty, du weiß schon, dass sie vergeben ist? Ich meine – sie hat Daniel. Und…“

Er räusperte sich, stellte sich auf die Zehenspitzen und flüsterte ihm ins Ohr: „… sie sind bald auf dem Weg nach Dakara.“

Die Reaktion des Chefingenieurs war zu erwarten. Der Mann wurde bleich wie ein Leintuch, schaute Cal entsetzt an und hauchte: „Da müssen wir doch was tun.“

Der Captain schüttelte schweigend den Kopf.
 

Sam Carters Herz raste.

Es tat einfach gut, sie fühlte sich so lebendig, wie eigentlich immer, wenn sie sich mit technischen Problemen beschäftigen durfte. Die Sensoren der Dragonfly aufmotzen? Das heißt, sie durfte in die tiefsten Tiefen des Computerkerns eintauchen, sich mit den Algorhythmen beschäftigen, die sie seit Jahren faszinierten und natürlich sich mit den damit verbundenen Problemen herumschlagen. Sowas machte für eine kreative Problemlöserin, wie es Sam nun mal war, mehr Spaß, als das, was andere Frauen in ihrem Alter so als „Spaß“ bezeichneten. Als sie vor Jahren mit Daniel und Jack in den Kinofilm „Transformers“ gegangen war, hatte sie sich mit dem Charakter der Mikaela identifizieren können – insofern, als dass auch sie schon damals, auf der Highschool, mehr über Technik und Physik gewusst hatte, als jeder andere Mitschüler. Bei Mädchen und Jungs ihres Alters machte es sie dummerweise unpopulär – bei den Mädchen, weil sie viel zu jungenhaft war und sich für Sachen wie „Schminke“ einfach nicht interessierte. Die Jungs sahen ihre heraufdräuende Männlichkeit durch dieses Mädchen bedroht und beschlossen sie zu ignorieren, wo es nur ging. Gut – ihr war es egal gewesen. Anfangs hatte es wehgetan, als der Starquarterback, T.J. Treyter, sie dann doch für irgend ein dummes Blondchen sitzen lies, aber… es ging und geht um mehr, als nur darum, wie cool man in der Highschool war und wie perfekt der jeweilige Partner.

Das Traurige war – solche Sachen ändern sich nicht.
 

Als sie kürzlich mit Cassandra, ihrer Pflegetochter, gesprochen hatte, stellte sich heraus, dass sie denselben Zwängen unterworfen war, wie Sam vor knapp 26 Jahren. Es kam immer noch darauf an, die Zeit mit der richtigen Clique zu verbringen, die richtige Freundin zu haben und so weiter. Und anstatt, dass man dagegen anging, sagten die meisten Eltern: „Ja, es ist schrecklich – aber das ist das Leben.“
 

Und, vor knapp 5 Jahren erfuhr sie – die Zeiten werden sich auch nicht ändern. Vor knapp 5 Jahren traf sie auf die Crew der Dragonfly und Cal, der knappe vier Jahre im 21. Jahrhundert verbrachte und mit SG-1 auf Missionen ging, hatte ihr einmal, in einer stillen Stunde, bei der man sich über alles mögliche unterhielt, gestanden, dass es auch in der Zukunft auf die richtige Peer-Group ankam, was einer der Gründe war, weswegen das Teen Squadron Projekt anfangs nicht so gut besucht war. Erst Gina und Agatha hatten einige der Klassenkameraden dazu bewogen, das Projekt zu wagen. Dies hatte er ihr allerdings erzählt, als er und Sam, nebeneinander auf der Couch saßen, beide ein Glas Rotwein in der Hand und Cal schon ziemlich betrunken war. Was bei dem Captain nicht schwer zu erreichen war, er trank so gut wie nie.
 

Sam seufzte und riss sich in die Realität zurück. Der Computerkern wollte neu gestartet werden und Scotty war kurz auf die Krankenstation verschwunden. Das war praktisch – so konnte sie sich dem Problem allein widmen. Sie überbrückte diverse Schaltkreise und betätigte einige Tasten. Hoffentlich klappte das alles. Sie hielt die Luft an und atmete erleichtert aus, als kein Fehleralarm lospiepte und keine Computerstimme sie sanft darauf hinwies, dass ihr ein Fehler unterlaufen wäre. Das Panel, an dem sie gearbeitet hatte, wies einen kleinen Bildschirm auf, auf dem sie diverse Zeilen Kommandocode lesen konnte.
 

restarting sensor phallanx… complete

starting primary search routine… enabled

restarting “project catsghost”… complete

restarting…

Sam runzelte die Stirn.

“Project Catsghost?”, murmelte sie, „Was kann das sein?“

Und gerade, als sie die dafür notwendigen Dateien aufrufen wollte, meldete der Computer etwas.
 

Der Raum, in dem sie gerade saß, war eine ziemlich genaue Nachbildung des Verhörraumes, wie er im NCIS-Hauptquartier in Washington zu finden war. Eine Tatsache, die Gina Intrupper irgendwie beunruhigte. Als sich die Tür öffnete und Special Agent Leroy Jethro Gibbs hereinkam, hatte sie plötzlich das Gefühl, als Beschuldigte dazusitzen.

„Wollen wir nicht lieber alle zusammen Traceless fangen?“, schlug sie vor und schluckte unbehaglich, als sie in diesem Blick dieser eiskalten, blauen Augen gefangen war.

Gibbs sagte nichts.

Das hatte er nicht nötig. Seine komplette Masche war darauf ausgelegt, bedrohlich zu wirken, ohne tatsächlich etwas zu tun, die Informationen mit einem Minimum an eigentlicher Handlung aus einer Person herauszubekommen. Der Agent schaute sie an, nahm sich eine Akte und lies sie vor ihr auf den Tisch gleiten. Sanft, beinahe zärtlich, öffnete der Mann die Akte, schaute sich das Foto darin an und legte es so, dass Gina genaueren Einblick hatte.
 

„Captain Thaddeus Alexander Stone.“, sagte sie. Es war nicht notwendig, mehr zu sagen. Die Bordärztin schaute den Special Agenten an, blaue Augen bohrten sich in blaue Augen, ehe sie sich räusperte: „Mein Bruder hat ihn nicht umgebracht.“

„Nein, aber es ist interessant zu wissen, wieso wir damals auf Sie getroffen sind.“

Gina Intrupper seufzte, lehnte sich zurück und schaute den Special Agent an: „Captain Stone arbeitete für die Sternenflotte. Sein gesamtes Büro wurde von uns gestellt, ebenso wie das Haus und die Identität. Das seine Ermordung Sternenflottenoffiziere auf den Plan rufen würde, ist also logisch und unvermeindlich. Zieht man dann noch den Fakt dazu, dass die drei Herren Riker, Troi und Turner als Täter gebrandmarkt wurden, hat man eine wunderbare Geschichte am Laufen. Nur eine Sache macht da keinen Sinn.“

„Warum wollte Traceless Turner, Troi und Riker tot sehen und hat dafür Ari engagiert ?“

Gina blickte ihn überrascht an: „Sie denken tatsächlich, dass mein Bruder ihren Serienkiller in diese Zeit geholt hat?“

„Haben Sie einen anderen Verdächtigen?“

Gibbs klang tatsächlich ein wenig angenervt – allerdings irgendwie auch gelangweilt.

Er schaute die Bordärztin an, die nachdenklich den Kopf schieflegte: „Nein, eigentlich nicht. Und eigentlich macht es sogar Sinn – wenn man überlegt, dass Deanna Troi Traceless enttarnen könnte…“

Sie stockte und starrte den Special Agent erschrocken an: „Das… das heißt, die ganze Sache ist unsere Schuld?“

„Mehr oder weniger.“, erklärte der Mann und schaute Gina an: „Hören Sie, ich mache Ihnen keinen Vorwurf – nicht deswegen. Interessanter ist natürlich, weswegen Sie Traceless entkommen ließen.“

Die Ärztin riss schockiert den Mund und die Augen auf, schaute den Grauhaarigen an, ehe sich ihre Augen zu Schlitzen verengten: „Hören Sie, ich habe ihm nicht freiwillig geholfen.“

Nun schlich sich eine Spur Entrüstung und Wut in die Stimme der hübschen Blonden: „Ich weiß ja nicht, ob Sie schon mal unter Hypnose waren, Special Agent Gibbs, aber…“

„Soweit ich weiß, kann man unter Hypnose nichts tun, was man nicht auch so tun würde.“, schnitt Gibbs ihr das Wort ab und Gina verstummte kurz, ehe sie weitersprach: „Das ist in sofern richtig – aber ich würde meinem Bruder nie helfen, einfach so zu entkommen.“

„Wie kann ich da sicher sein?“

Gina lehnte sich vor: „Sie vertrauen doch Ziva. Warum vertrauen Sie dann nicht mir?“

„Ziva ist in meinem Team. Ich habe Seite an Seite mit ihr gekämpft. Sie , Doktor Intrupper, kenne ich nicht.“
 

Cal verfluchte in Gedanken die interne Kommunikation. Gerade hatte er sich hingelegt, gerade hatte sein Kopf Kontakt zum Kopfkissen und seine linke Hand Kontakt zu Agathas Hüfte hergestellt, als plötzlich der Kommunikator begann, auf sich aufmerksam zu machen. Die sanfte Stimme Sam Carters erklang: „Cal? Du wirst es nicht glauben, ich hab was gefunden.“

Der Angesprochene seufzte, beugte sich über Agatha, gab ihr einen Kuss, in den er alle Leidenschaft lud, die er momentan empfand, ehe er mit den Augen rollte und sich dann aus dem Bett.

„Ja, Sam, was gibt’s?“, fragte er mit einer gewissen Genervtheit, die man ihm hier ob der Situation auch nicht unbedingt übelnehmen wollen würde.

Die Kommunikationskonsole flammte auf, Sams blaue Augen leuchteten förmlich, als sie auf dem Bildschirm erschien und ihn ansah: „Erstmal – schickes Outfit.“

Cal stockte, schaute an sich herunter und seufzte: „Ich zieh mir ein Hemd an.“

Das „Oh, nicht nötig“, von Agatha wurde von Sam in der selben Modulation gesprochen und der Captain rollte mit den Augen, ehe er sich ein Hemd überzog.

„Sorry“, murmelte er zu Agatha und schaute dann zu Sam: „Was habt ihr?“

Die hübsche Blonde zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung. Es ist auf jeden Fall auf einem Orbit um die Erde und kommt auf uns zu. Ich vermute, wir stellen in knapp 10 Minuten Kontakt her.“

Kurz schenkten sich XO und Captain einen Blick, dann wandte sich Cal zurück zu Sam: „Wir sind gleich auf der Brücke. Cat Ende.“

Damit beendete er die Kommunikation, drehte sich um und betrachtete, die gerade aus dem Bett steigende Agatha Silverbird.

Ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen.

Die XO bemerkte seinen Blick, schaute an sich herunter und seufzte: „Ich zieh mir meine Uniform an.“

„Nur keine Eile.“, grinste Cal und duckte sich, als sie ein Kissen nach ihm warf.
 

Keine fünf Minuten später öffnete sich die Turbolifttür und Cal, sowie Agatha betraten die Brücke. Der Captain stellte noch seine Kleiderordnung richtig, ehe er zu Alexa blickte: „Und, was gibt’s?“

Die hübsche Brünette zuckte mit den Schultern: „Sag du es mir. Du hast hier einiges an Zeit verbracht.“

Damit deutete sie auf den Bildschirm.

„Was ist das denn?“, fragte Cal, als er das Schiff auf dem Monitor betrachtete. Es war – nicht mal annähernd starfleetmäßig, einnerte von weitem eher an ein Schiff der X303er Serie, wie es die George Hammond war. Allerdings war ihm kein Schiff geläufig, dass auf seiner Schnauze ein großes V spazieren trug.

Er wandte sich an Jill, die ihn mit einem Schulterzucken ansah, das er sofort erwiderte: „Freund-Feind-Kennung?“

„Lass ich laufen, kleine Sekunde.“, erwiderte die hübsche Blonde und lies ihre grazilen Finger über die Tastatur gleiten.

Währenddessen näherte sich das Schiff immer weiter und Cal wandte sich an Agatha: „Die Freund-Feind-Kennung muss eindeutig schneller laufen. Setz es auf Scottys To-do-liste für Today.“

„Werde ich machen.“, erwiderte seine XO. In diesem Moment räusperte sich Jill: „Sir, ich hab den Scan gerade drei mal durchlaufen lassen – es ändert nichts am Ergebnis. Das Ding ist unbekannt.“

„Und wie ist die Bewaffnung?“

„Vorhanden und – nicht unbedingt etwas, mit das wir uns anlegen wollen würden.“, erklärte die taktische Offizierin. Cal nickte und spürte plötzlich den warmen Atem Agathas in seinem Nacken. Er wandte sich zu ihr: „Und was nun?“

„Keine Ahnung… ruf sie?“

„Gute Idee.“, sagte er, wandte sich an Jill, ehe er stoppte und zu Agatha blickte: „Und was wenn die nicht mit uns reden wollen?“

„Dann machen sie uns platt.“, meldete Jill von ihrer Konsole. Cal schaute sie an, schluckte: „Danke für diese Information. Na dann… ruf mal.“
 

Ziva David wirbelte herum und verpasste dem Angreifer einen Tritt gegen das Kinn. Dieser ging mit einem schmerzvollen Laut zu Boden. Schnell zog sie ihre Pistole, überprüfte sie auf Ladung und schlich weiter. Das Holodeck war schon ein wirklich sehr interessanter Trainingsort – besser als ihr regelmäßiges Ausdauertraining in „Marios Muskelpalast“, zu dem es sie jeden Freitag abend zog. Zwar stählte die Verbrecherjagd beim NCIS die Muskelpartien der hübschen Israeli zu genüge, dennoch wollte sie sich auch mal ein wenig Spaß gönnen – und da war ein Besuch in einem Fitnessstudio eigentlich ganz praktisch. So konnte man das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.
 

Hier im Holodeck konnte sie jedoch nicht nur ihren Körper stärken, sondern auch ihre Reaktionszeit verbessern. Das wurde zwar auch in schöner Regelmäßigkeit im NCIS gemacht, meistens dann, wenn man kollektiv zum Schießstand ging, aber hier war es dann doch nochmal eine Spur anders. Hier konnten sie und Tony trainieren, sich in quasi realistische Situationen hineinversetzen und nachher – so hatte man ihr erklärt – war es sogar möglich, diese Trainigsession genauer zu betrachten und festzustellen, wo die Fehler lagen.

Das Magazin der simulierten Baretta lag schwer und kalt in ihrer Hand, als sie die Waffe nachlud. Auch die Pistole als solche hatte noch keine Hauttemperatur angenommen, noch würde sie es jeh tun. Aber das war ihr ganz recht. Dieses Ding war ein Werkzeug, im Zweifelsfall eine Tötungsmaschine. Eines der letzten Gefühle, die man damit verbinden sollte, war Wärme oder „Behaglichkeit“.
 

Als ihr Angreifer sich ihr näherte, brauchte sie keine fünf Sekunden, um das zu tun, was ihr Instinkt ihr riet. Sie hob die Waffe, zielte und schoss. Das grelle Mündungsfeuer war etwas, woran sie sich inzwischen gewöhnt hatte. Am Anfang – als sie sich beim Mossad ihre allerersten Sporen verdient hatte, war es dieses Mündungsfeuer gewesen, das ihr am Unangenehmsten war. Grell und das damit verbundene Geräusch war so laut gewesen. Auch der Fakt, dass sie tötete, war am Anfang einfach nur unerträglich gewesen.

Eli, ihr Vater, hatte ihr jedoch allzubald eingeschärft, dass die Menschen, die sie umbrachte, solche waren, die sie, ohne zu zögern, töten würden. Und nicht nur sie. Ihre Freunde, ihre Familie… und das alles, weil sie es nicht übers Herz gebracht hatte, abzudrücken.

„Sie würden dich töten, Ziva. Ohne mit der Wimper zu zucken.“, hörte sie die Stimme ihres Vaters in ihren Ohren.

Konnte man es ihr verübeln, dass sie im Laufe der Jahre innerlich verrohte und sich eine zweite Persönlichkeit als flirtend-spielerisches Mädchen zulegte?
 

Als sie Gibbs getroffen hatte, war es ihr, als hätte er sie auf Anhieb durchschaut. Der Mann war gut. Er hatte sie nur einmal mit diesen eisblauen Augen ansehen müssen und sofort erkannt, wie es in ihr wirklich aussah. Und er war es gewesen, der die Zweifel an ihrem Bruder geweckt hatte. An ihrem Bruder – an ihrem Vater – an ihrer Mission.

Hier, in D.C. hatte sie zum ersten Mal tatsächlich angefangen, zu leben . Ihre Herkunft, ihre Familie konnte sie nie vergessen – und darum ging es auch gar nicht – aber spätestens, als sie tatsächlich als Agentin und nicht nur als Verbindungsoffizier, beim NCIS zu arbeiten begann – spätestens zu diesem Zeitpunkt fühlte sie sich frei. Sie gehörte hierher.
 

„ZIVA, ACHTUNG!“, erklang hinter ihr die Stimme Tonys und ehe er die letzte Silbe des Wörtchens „Tung“ ausgesprochen hatte, gellte ihre simulierte Baretta los. Sie hatte den Angreifer gesehen und wollte ihn in Sicherheit wiegen. Der nächste Knall drang aus der simulierten Dienstwaffe Tonys und Ziva wirbelte herum. Direkt vor ihr stand ein Typ, der irgendwie sehr erstaunt dreinblickte. Hatte sie ihn tatsächlich übersehen? Sie blickte an dem Typen vorbei, zu Tony, der immer noch da stand, die Waffe erhoben und den Typen anvisierend. Dann lächelte er ihr zu: „Hey, lass dich auch mal retten.“

Sie grinste gut gelaunt: „Oh, danke, mein Held.“
 

„Okay – dann gib Alarmstufe Gelb und versuch, wer auch immer das ist, mal guten Tag zu sagen.“, befahl Calvin Nathan Cat in diesem Moment auf der Brücke der Dragonfly.

„Kanal offen, du kannst sprechen.“, sagte die taktische Offizierin. Der Captain nickte ihr zu, wandte sich zum Bildschirm und sagte: „Hier spricht Captain Calvin Cat vom Föderationsraumschiff U.S.S Dragonfly. Mit wem hab ich das Vergnü…gen?“

Er stockte.

Auf dem Bildschirm stand ein Mann vor einer sehr metallisch wirkenden Wand, trug eine Starfleetuniform und einen braunen Hut auf dem Kopf.

„Captain Linkara von der Comicron 1 hier.“, meldete er sich und Cal runzelte die Stirn.

„Linkara? Comicron one?“

Er wandte sich an Agatha: „Kennen wir den?“

„Eigentlich nicht.“, zuckte die XO mit den Schultern, „Aber… ich kenn auch nicht jeden Starfleetcaptain.“

Sam, die gerade die Brücke betrat, stoppte, prallte zurück und rieb sich die Augen.

„Das gibt es nicht.“, grinste sie dann und wandte sich an Cal: „Wie kommst Du dazu in diesem Moment ‚Atop the fourth wall’ zu schauen?“

Der Captain der Sternenflotte runzelte verblüfft die Stirn: „Atop the… was?“

„Naja“, räusperte sich Sam und schaute zum Bildschirm: „Er reviewt Comic-Bücher.“

„Comics?“, echote Agatha, schaute zu Cal und klopfte ihm auf die Schulter: „Nerds unter sich?“

Schulterzuckend blickte der Captain der Sternenflotte den anderen Mann mit der Sternenflottenuniform an und machte eine hilflose Geste: „Sorry, ich kenn Sie nicht. Von welcher Flotte sind Sie?“

„Flotte?“, fragte der Mann mit dem Hut zurück. Er wirkte nun auch ein wenig ratlos, räusperte sich und sagte: „Nimueh? Identifiziere das Raumschiff an Backbord.“

Sofort erfüllte eine sehr angenehm-klingende Frauenstimme den Raum.

„Analysiere… analysiere. Analyse abgeschlossen. Raumschiffkonfiguration entspricht einem Schiff aus dem Star Trek – Seriencanon. Ähnlichkeit zu U.S.S. Voyager vorhanden. Seriennummer anders, Name ebenfalls. Lese Seriennummer und Raumschiffname.

U.S.S. Dragonfly NCC 0815-A. Nähere Daten unbekannt.“

„Nimueh, analysiere und vermute - wo könnte dieses Schiff seinen Ursprung haben.“

Erneut erfüllte die angenehme Frauenstimme sowohl die Brücke der Dragonfly, als auch den Ort, an dem Captain Linkara stand.

„Aufgrund der Form des Schiffes, der Strahlung, die dem Antrieb entweicht, die Ionenspur, die es hinter sich her zieht und der Nomenklatur ist es eine logische Annahme, dass dieses Schiff aus dem Star Trek Universum entstammt.“, erklärte der Computer und Linkara runzelte die Stirn: „Könnte es sich dabei nicht einfach nur um einen weiteren Versuch von Lord Vyce handeln, uns zu schaden?“

„Analyse und Hypothese: Negativ.“

Der Reviewer hob eine Augenbraue.

„Das ist es?“, fragte er und runzelte fragend die Stirn, „Nur Negativ ?“

„Korrekt“, bestätigte der Computer, „Diverse Fakten – nicht zu letzt der von Ihnen gewählte, momentane Aufenthaltsort Lord Vyces – lässt die Theorie nicht zu.“
 

Auf der Brücke der Dragonfly hörten die Offiziere diesen Austausch der Informationen mit gerunzelter Stirn mit und irgendwann räusperte sich Cal: „Erm… wer ist Lord Vyce?“

„Unerheblich.“, unterbrach in diesem Moment Agatha und drehte den Captain zu sich: „Schatz, wir haben momentan dringlichere Probleme. Darf ich Dich mal an unseren Tracy-Boy erinnern, der auf der Flucht ist?“

Kurz blickte der Captain beschämt zu Boden, ehe er nickte und sich an Jill und Sam wandte: „Sagt mal – wie siehts aus? Sind die Sensoren soweit?“

„Der erste Suchlauf läuft schon, Cal.“, grinste Sam, „Was meinst Du, wie ich den Typen mit dem Hut gefunden habe?“

„Guter Punkt.“, nickte der Captain ihr zu, wandte sich dann an Agatha und klopfte ihr sanft auf die Schulter: „Dann werden wir Tracy ja bald haben.“

„Ja, so in knapp 4 Monaten.“, sagte der Colonel der Air Force, was Cal dazu brachte, zu schlucken: „Erm… hab ich mich da gerade verhört? Vier Monate ? Ich hab Gibbs in der Astrometrie innerhalb von 5 Sekunden gefunden.“

„Hey“, rechtfertigte sich die hübsche Blonde, „Gibbs zu finden war ja einfach – Ihr hattet ja einen ungefähren Anhaltspunkt. Jetzt ist Traceless komplett… erm… traceless. Wie in „Verschwunden.“. Das heißt – wir scannen die komplette Erde nach einer spezifischen DNA.“

„Und das ist hier nicht X-Men.“, stellte Jill fest, „Wir können hier nicht Patrick Stewart mit dem Rollstuhl reinholen, damit er ihn sucht.“

Cal rollte mit den Augen: „Und… könnten wir das irgendwie beschleunigen?“

„Wenn wir die George Hammond dazuziehen, können wir die Zeit signifikant verkürzen. Ich schätze, dass wir es dann in knapp 2 Monaten haben werden.“, erklärte Sam – was den Captain der Dragonfly dazu brachte, zu seufzen und sich auf seinem Platz niederzulassen.

Er schnappte sich ein PADD, gab ein paar Befehle ein und seufzte: „Gut – besser als gar nichts. Wenn Du die Hammond informieren könntest…“

In diesem Moment räusperte sich der Mann auf dem Bildschirm.

Des Captains Kopf ruckte hoch: „Ja, Captain Linkara, was gibt’s?“

„Nun – wir haben auch noch Sensoren. Und ich bin sicher – drei Schiffe sehen mehr als zwei.“

Cal grinste: „… und er hat einen Plan.“

Dann räusperte er sich, schaute zu Jill und Sam: „Wie lange würde es jetzt dauern?“

„Lass mich das mal machen.“, sagte der Reviewer: „Nimueh? Analyse und Hypnothese – wie lange würde es dauern, wenn die Dragonfly, die George Hammond und die Comicron-One nach einer spezifischen DNA suchen würden?“

„Analysiere“, erscholl wieder die Stimme, „Knapp 14 Tage.“

„Vierzehn Tage? Aber ich muss noch…“, Linkara stoppte, als sich Nimueh wieder meldete: „Achtung, Angriff auf das Hologramm steht bevor.“

„Okay“, sagte Linkara und man konnte hören, dass er sich sicher war, einen Plan zu haben, „Ich muss unsere Konversation beenden. Aber – ich melde mich wieder.“

Damit war er vom Bildschirm verschwunden.

Der Captain der Dragonfly wandte sich an seine Crew und Sam: „Na, dann können wir nur hoffen, dass er – was immer er vorhat – beendet, denn wir brauchen das Schiff wirklich. 14 Tage sind besser als 2 Monate.“

Er zuckte mit den Schultern und schaute zu Jill: „Naja, egal – lass den Scanvorgang schon einmal laufen.“

„Und… wenn ich mal so fragen darf, wollen wir uns irgendwie aufteilen? Ich meine, 7 Milliarden Menschen wollen gescannt werden – das können wir nicht einfach von einer Stelle aus bewerkstelligen.“, fragte Agatha. Dies brachte die hübsche blonde Air Force Offizierin Samantha Carter dazu, zu lächeln: „Ich würde ja vorschlagen, wir verteilen uns um den Globus. Die Dragonfly kümmert sich um die USA, Mittel- und Südamerika, die Hammond nimmt sich den europäischen Teil und Afrika vor und wenn Linkara uns helfen sollte, könnte er sich um den Asiatischen Teil und Ozeanien kümmern.“

„Das klingt nach einem Plan.“, meinte Jill von ihrer Position aus.

Cal nickte: „Gut… dann machen wir es so.“

Er stockte, als wäre ihm etwas eingefallen, wandte sich an Agatha, holte Luft, etwas zu sagen, lies es dann jedoch bleiben. Seine Freundin schaute ihm in die Augen, als suche sie dort etwas – eine verborgene Wahrheit, eine Erkenntnis, eine Frage? – klopfte ihm dann sanft auf die Schulter und nickte: „Geh.“

Der Captain nahm sie kurz in den Arm, wandte sich dann an Sam und salutierte: „Wir sehen uns nachher.“ Dann machte er sich auf den Weg.

„Wo gehst Du hin?“, fragte Jill. Cal blieb kurz vor dem Turbolift stehen und schaute seine taktische Offizierin an: „Ich werde mit Gibbs sprechen.“
 

Die Tür des Holodecks war hinter ihm zugeglitten, er hatte der Bordärztin Zeit gegeben, sich über ihre Worte klar zu werden, über ihre Implikationen und über ihren momentanen Stand.

„Gibbs!“, hörte er hinter sich eine Stimme und wandte sich um. Calvin Cat kam auf ihn zu, ihn vorwurfsvoll anblickend.

„Dürfte ich erfahren, warum Sie meine Bordärztin verhören?“, fragte er und in seiner Stimme lag eine gewisse Schärfe. Der Special Agent schaute ihn aus seinen eisblauen Augen an, machte eine Geste, als wolle er in einem ironischen Tonfall „Wenn Sie darauf bestehen…“ sagen, und blickte den Captain dann an: „Wenn Sie meinen, dass ihre Bordärztin ihrem Bruder nicht geholfen hat.“

„Hat sie nicht. Ich kenne Gina – sie ist absolut loyal.“

„Captain“, setzte Gibbs an, „Ich…“

„Nein, Gibbs.“

Cals Stimme hatte nun noch mehr Schärfe angenommen, in seinen Augen blitzte es entschlossen und er funkelte den Special Agent an: „Meine Crew untersteht mir. Ich vertraue ihr und ich vertraue ganz besonders meiner ersten Offizierin und meiner Bordärztin. Und noch was – ich weiß nicht, wie die Sache beim NCIS gehandhabt werden, aber bei mir an Bord herrscht keine Sippenhaft.“

Damit stieß er seinen Finger in Gibbs Brust und funkelte ihn weiter an: „Ich weiß nicht, ob Sie Ziva vertrauen, ungeachtet der Taten ihres Halbbruders und ihres Vaters, aber ich vertraue Gina. An Bord wird niemand verurteilt und ich verlange von Ihnen, Gibbs, dass Sie die Mitglieder meiner Crew mit dem Selben Respekt behandeln, mit dem ich Mitglieder Ihres Teams behandeln werde.“

In den Augen des Senior Special Agents funkelte es amüsiert.

„Captain?“, setzte er erneut an und konnte sich ein leises Lächeln nicht verkneifen, als der Captain ihn wieder unterbrach:

„Nein, Senior Special Agent Gibbs. Diese Crew ist meine Familie. Sie sind meine Freunde. Ich liebe und vertraue jedem einzelnen von ihnen. Und bevor Sie irgendein Mitglied meiner Familie beschuldigen, sich mit Traceless eingelassen zu haben, können Sie noch viel eher mich verdächtigen. Und wir haben schon darüber gesprochen, dass ich eher dem Teufel die Hand schütteln würde, als diesem Saftsack zu helfen.“

Gibbs räusperte sich, versuchte ernst zu bleiben, was ihm zum ersten Mal in seinem Leben mislang. Er schaute seinem Gesprächspartner in die Augen, „Ich kann Sie voll und ganz verstehen. Nur… wie soll ich sagen? Ich hab Gina befragt und bin mir sicher, dass Sie Traceless nicht gehlfen hat.“

Cal stoppte.

„Erm… bitte?“, fragte er mit seinem ihm eigenen ziemlich unintelligenten Gesichtsausdruck und blickte zu Gibbs herab: „Soll das heißen, ich … ich hab meinen besten Auftritt in dieser kompletten Geschichte verschwendet, um mich vor meinen Lesern mal wieder so richtig schön zum Deppen zu machen?“

„Scheint so.“, sagte Gibbs, klopfte ihm auf die Schulter und sagte: „Machen Sie sich nichts draus. Sowas passiert.“

„Gut, dann…“, machte Cal und deutete hinter sich auf die Turbolifttür: „Bin ich mal wieder auf der Brücke.“

Er wollte sich gerade umdrehen, als sich der Special Agent räusperte: „Nicht so schnell. Ich Möchte ja ein komplettes Profil unseres Täters haben – und daher brauche ich alle Informationen. Wenn Sie mich also unterstützen wollen würden?“

„Warum nicht?“, grinste Cal, „Wir haben sowieso knappe 2 Monate totzuschlagen.“

Gerade, als Gibbs fragen wollte, was der Captain damit meinte, meldete sich der Kommunikator Cals.

„Silverbird an Cat?“

„Ja, Cat hier?“

„Captain Linkara ist wieder auf dem Schirm.“
 

Tony DiNozzo spähte kurz in Richtung der Tür, durch die Ziva gerade verschwunden war. Er ahnte, was sie im Bad vorhatte und am liebsten würde er ihr da gerade Gesellschaft leisten, aber, der Fakt, dass ihm gerade sämtliche Muskeln wehtaten, über die er verfügte, lies schon das Aufstehen zu einer Tortur werden. Das Trainingsprogramm hatte sie richtig hart arbeiten lassen – da war alles dabei, von kurzen Sprinteinlagen, um irgendwelche Bösewichte zu kriegen, über einen Faustkampf, Schießereien in Lagerhallen, sogar ein Tauchgang, um einen USB-Stick zu bergen war im Paket gewesen. Tony hoffte inständig, dass die Sternenflotte ihnen nie ein solches Holodeck verkaufen würde. Wobei er sich denken konnte, dass Ziva argumentationstechnisch die komplett andere Schiene bediente, während die Klänge der sonischen Dusche ihren Körper massierten. Vermutlich würde wäre sie der Meinung, dass sowas gerade ihm, Tony DiNozzo, sehr zu pass käme.

Sein Körper, dessen Bauchmuskeln gerade über ihre unwürdige Behandlung protestierten, als er versuchte aus der Liegenden wieder in die sitzende Position zu kommen, würde ihr vermutlich recht geben, gleichzeitig aber auch ihm.

Und als er lag, merkte er, wie alle Anspannung von ihm wich, wie die Entspannung über ihn brandete, wie Wellen. Seine Augenlider flatterten kurz, dann lies er sich mit einem sanften „Mmmh“ in Schlummer sinken. Und als Ziva David das Badezimmer verließ, ihr Haar bei jedem Schritt schwingend und ihn anlächelte, bemerkte sie, dass er schon eingeschlafen war.

Sie schüttelte amüsiert den Kopf, legte sich neben ihn und lies sich ebenfalls in die dunklen Schleier des Schlafes sinken.

Kurz, bevor es dunkel wurde, dachte sie noch: „Gerade jetzt bräuchtest du wirklich ein Deo, Tony“ – aber dann war sie eingeschlafen.
 

Der Mann mit dem Hut war wieder auf dem Bildschirm zu sehen – dieses mal saß er auf einer grünen Couch vor einer weißen Wand.

„Hallo, und willkommen bei „Atop the fourth wall“ – da, wo die schlechten Comics brennen.“.“, sagte er, was Cal dazu brachte, verblüfft eine Augenbraue zu heben: „Ja und… erm… Wenn mir eine clevere Antwort einfällt, melde ich mich.“

Er wandte sich verblüfft an Jill, die mit den Schultern zuckte: „Das ist sein Standardspruch. Damit begrüßt er die Zuschauer seiner Reviews. Ich hab mir die Mühe gemacht, ihn mal in den Erddatenbanken nachzuschlagen. Hier bitte.“

Damit überreichte sie dem Captain ein PADD, das er aufmerksam durchlas. Kurz stockte er, wandte sich dann an Jill und sagte: „Okay, wenn das alles zutrifft, was da zutrifft, dann sollten wir der Entität keine Chance geben.“

„Entität?“, fragte Agatha, Cal gab ihr das PADD, das nun von ihr ein aufmerksames Studium erfuhr. Dann wandte sie sich an den Captain: „Du weißt schon, dass das die Storyline für eine Serie ist?“

Der Angesprochene deutete auf den Bildschirm: „Und wie kommt der dann dahin?“

„Hey!“, sagte Linkara in diesem Moment, „Seid Ihr fertig?“

Cal drehte sich zu ihm um: „Ja, sorry, Captain. Was gibt es denn?“

„Wir sind mit dem Angriff fertig geworden und ich hab Nimueh befragt. Wir haben genug Kapazitäten um Ihnen zu helfen.“

„Na, das is ja mal großzügig.“, grinste Cal, „Danke – ehrlich.“

„Gut, wonach suchen wir denn?“

„Traceless.“, sagte der Captain, „Er ist eine Art Formwandler, der… erm… okay, sagen wir so… stellen Sie sich Mystique vor… nur in Männlich. Und mit mehr Klamotten.“

Agatha tippte ihm auf die Schulter: „Du hättest auch die Gründer als Beispiel verwenden können. Ich meine, er hat eine Starfleet-Uniform an. Er wird wohl ein Star Trek Fan sein.“

Cal stockte, schaute seine Freundin an und zuckte dann mit den Schultern: „Erm… stimmt. Okay – also – der Mann ist gefährlich. Wir … ich kann nicht oft genug betonen, dass wir ihn fangen müssen .“

Er schaute dann wieder zu Linkara, der nachdenklich den Kopf schieflegte und dann nickte: „Alles klar – ich hab die nötigen Ressourcen, ich helfe Ihnen.“

Damit räusperte er sich und klopfte auf seinen Kommunikator: „Nineties-Kid? Begib Dich auf die Comicron One und scanne nach einer spezifischen DNA.“

„Duuuuude“, erklang eine Stimme, die Cal schon nach den ersten fünf Sekunden Kopfschmerzen einbrachte, „Nach DNA…“

„Schon gut, Nineties-Kid.“, sagte Linkara und rollte mit den Augen, „Hat sich erledigt.“

Erneut betätigte er den Kommunikator: „Nimueh? Scann nach der spezifischen DNA die dir gleich zugesendet wird.“

„Sie mussen nur Asien und Ozeanien scannen.“, erklärte Jill, was Captain Linkara mit einem Augenrollen quittierte: „Ich nehme nicht an, dass dies in ein paar Stunden geschafft sein wird. Aber – ich hab ja Zeit.“

„Bestätige.“, hörte man wieder die angenehme Stimme einer Frau und Cal wandte sich an Jill: „Dann schick mal die Daten rüber.“

„Daten sind unterwegs.“

„Daten erhalten.“, sagte Nimueh, „Ich beginne mit der Analyse. Geschätzte Zeit bis zum Ende des Suchlaufes – 2 Wochen.“

Der Captain räusperte sich: „Ich danke Ihnen, Captain Linkara. Wenn ich mich irgendwann revanchieren kann, sagen Sie bescheid.“

Damit nickte er Jill zu und die Verbindung wurde abgebrochen.

Cal wandte sich an Agatha und lächelte ihr zu: „Zwei Wochen – das ist doch wirklich etwas.“

Damit zog er sie an sich und gab ihr einen Kuss.

Die taktische Offizierin schaute den Captain mit einem warmherzigen Lächeln an, als plötzlich ein Piepsen der Konsole ihre Aufmerksamkeit erhaschte.

„Cal?“, sagte sie, „Wir haben Verbindung mit der Hammond und der Comicron one. Das heißt – wir können unseren Suchlauf beginnen.“

„Gut“, grinste der Captain, „Das klingt doch nach guten Neuigkeiten.“
 

Zwei Wochen später
 

„Und, wie läuft es mit Ziva?“

Wenn man gerade dabei ist, zu frühstücken, sind Fragen von solcher Natur dazu geeignet, das man sich verschluckt. Der treue Dackelblick des Mannes auf dem Bildschirm lies Tony mit den Augen rollen. Doktor Daniel Jackson lächelte ihn freundlich an, als der Halbitaliener seine Atemwege geräumt hatte und wieder frei atmen konnte. Sein „Woher wissen Sie das?“, klang dennoch ein wenig gehetzt und irgendwie um mindestens eine Oktave höher.

Das wissende Lächeln das Anthropologen lies ihn verzweifeln.

„Ich habe die Blicke gesehen, die sie Agent David zuwerfen. Und es ist keine Schande, sich in eine Arbeitskollegin zu verlieben. Aber, ehe man das bemerkt, ehe man es zulässt und erkennt – das dauert. Ich kenne es von mir selbst. Jahre lang habe ich gedacht, dass sie mir so viel bedeutet, wie eine Schwester. Dann aber merkte ich, dass ihr Lächeln mein Herz schneller schlagen lies – und das es anders ist, als bei anderen Frauen. Ihr Lächeln, ihre Art zu gehen, ihre Intelligenz, ihr … einfach alles. Ich fühle mich so lebendig, wenn ich bei ihr bin.“

Tony nickte verschworen: „Das Gefühl kenne ich. So geht es mir bei Ziva auch.“

„Und irgendwann ging es los, nicht wahr? Erst mit der Stillung der Körperlichen Begierde?“

Die Fragen des Anthropologen hatten sich in den letzten zwei Wochen als sehr direkt herausgestellt. Und irgendwie mochte Tony genau das. Wenn er Daniel sah, fühlte er sich an einen McGee erinnert, der durchaus aus der Zukunft kommen könnte. Leicht geeky, eine sehr schnelle Auffassungsgabe, ein potentieller guter Kumpel, der sich nicht die Butter vom Brot nehmen lies. Daniel war ein McGee, der sein McGee erst noch werden musste.

Vielleicht war es deshalb so einfach gewesen, sich über die letzten zwei Wochen mit ihm zu befreunden?

Sie hatten sich bei einem Kennenlerndinner, das Cal an Bord der Dragonfly hatte ausrichten lassen, getroffen. Dort waren alle anwesend. Die Crew der Dragonfly trug schicke, weiße Galauniformen, das Major Response Team hatte sich ebenfalls in Schale geschmissen (Ziva und Abby hatten an diesem Abend einfach nur umwerfend ausgesehen) und selbst die Crew der Comicron One war aufgetaucht. Ein Typ namens Harvey Finevoice hatte gesungen – allesamt alte Klassiker aus den 40er Jahren, bei denen sich Ducky offenbar wieder richtig lebendig fühlte, und Tony hatte das erste Mal zumindest die Brückencrew der George Hammond kennengelernt. Natürlich waren auch sie in Gala-Uniform aufgetaucht.

Und dann hatte er Daniel Jackson getroffen. Bald schon waren der Anthropologe, die Air Force Colonel und die beiden NCIS-Agenten Ziva und Tony in regem Informationsaustausch beschäftigt. Ziva und Daniel wechselten einige Worte in Israelisch, während Sam und Tony nur verblüfftes Staunen über die Sprachfertigkeit des Mannes übrig geblieben war. Und wie Sam ihm mit ihren verzaubernd-grauen Augen erzählt hatte, verblüffte sie ihr Freund regelmäßig aufs Neue. Was nur all zu fair war, denn sie überraschte ihn auch mit schöner Regelmäßigkeit. Und zum Ausklang des ganzen Abends hatten sie sich versprochen, wenn sich die Gelegenheit bot, miteinander zu reden.
 

So wie heute.

Daniel hatte ihn von Bord der Hammond aus angerufen – er war mal wieder in seinem und Zivas Gästequartier auf der Dragonfly. Nachdem sich das Major Response Team einmal die Woche zum Besuch auf dem Schiff angekündigt hatte, war der Captain so freundlich gewesen, ihnen einige Gästequartiere zu reservieren, eine Einladung, die das Team gerne angenommen hatte.

Ziva war gerade unter der sonischen Dusche – etwas, das sie an Bord der Dragonfly mit großer Leidenschaft tat. Offenbar genoss sie es, dass die Dusche eben kein Wasser verströmte, sondern Klänge.

„Hallo, Erde an DiNozzo?“, riss ihn die Stimme Jacksons aus den Gedanken. Der Halbitaliener blinzelte und versuchte, sich wieder ins Hier und Jetzt zurückzufinden, ehe er bemerkte, das Statik – oder besser gesagt – Pixelstürme den Empfang zur Hammond erschwerten.

„Daniel?“, fragte er, „Die Verbindung wird schwächer. Was hast Du gerade gesagt?“

Nichts.

Kurz flackerte das Bild nochmal, er konnte Daniel sehen, der verblüfft dreinblickte, dann brach die Kommunikation ab.

Und gerade, als er zum Replikator gehen wollte, um auf der Brücke nachzufragen, was da los wäre, sprang das Schiff auf Alarmstufe rot.

Die Tür flog auf, Ziva betrat, in BH und Höschen, den Wohnbereich – ein Anblick, der Tony normalerweise gefallen hätte, aber die Atmosphäre eignete sich nicht für Liebesspiele. Schnell und mit unerhörter Effizienz zog sich die Israeli an und nickte zu ihrem Partner herüber.
 

„Was ist hier los?“, erklang Gibbs Stimme auf der Brücke. Agatha richtete sich auf, schaute Gibbs an und sagte vier Wörter, die sie in den letzten Wochen selten gesagt hatte: „Ich weiß es nicht.“

Sie holte Luft, wandte sich an Jill, die hektisch über ihre Konsole gebeugt irgendwelche Daten überprüfte.

„Wir haben Kontakt zur Hammond verloren.“, erläuterte die hübsche Rothaarige und blickte zu Gibbs, „Aber wir wissen nicht, woran das liegen könnte.“

„Na großartig.“, murmelte Cal, der aus seinem Büro kam, „Ich bin gerade dabei, mit Sam die neuesten … Sage mal, könnte mal einer diesen Krach ausstellen?“

Sofort ward es Stille im Raum.

Der Captain atmete tief durch: „Und ich dacht schon, der Krach hört gar nicht mehr…“

Er stockte und schaute Gibbs an: „Fragen Sie mich nicht, was hier los ist, Gibbs.“

Meeeeenschenwesen , erklang plötzlich eine sehr sanfte Stimme – quasi von überall her.

„Okay“, sagte Cal und nickte Agatha zu: „ Dat is nun wirklich neu.“

In diesem Moment räusperte sich Jill: „Captain? Wir haben eine ungefähre Position von Traceless. Er ist in Kanada. Die genauen Koordinaten sende ich an den Transporterraum.“

„Gut“, sagte Gibbs und wandte sich an Cal: „Wir schnappen ihn uns.“

Er wollte sich umdrehen.

„Hey!“, stoppte Cal ihn.

Der Special Agent wandte sich um, schaute den Captain ungeduldig-fragend an. Dieser zwinkerte ihm zu, nahm seinen Kommunikator ab und warf ihn Gibbs zu: „Viel Glück.“

Gibbs nickte dem Captain zu, wandte er sich um und war auch schon im Turbolift verschwunden.

Cal schaute ihm nach, wandte sich an Agatha und seufzte enttäuscht: „Eigentlich hatte ich gehofft, die vier nach unten zu begleiten.“

Ihn anlächelnd klopfte Agatha ihm auf die Schulter: „Keine Sorge, Schatz. Deine Stunde wird kommen.“

„Na, hoffentlich.“

Erneut piepste Jills taktische Konsole: „Sir? Ich habe eine Sonde zu der Position der Hammond geschickt.“

„Und?“

„Sie ist weg.“

Cal und Agatha schauten erst sich verblüfft an, dann blickten beide zu Jill: „Wie – weg?“

„Weg. Verschwundibus.“, erklärte diese und winkte den Captain zu sich. Dieser war sofort auf den Beinen, eilte zu ihr und blickte ihr über die Schulter.

„Das sind die Koordinaten.“, erklärte die hübsche Taktikerin, „An der die Hammond planmäßig sein sollte.“

„Ist sie nicht?“, fragte Cal und Jill nickte: „Ist sie nicht.“

Der Captain seufzte, lehnte seinen Kopf gegen eine Querverstrebung und murmelte ein „Verdammt“, ehe er sich an Agatha wandte: „Okay, mir schwant Übles. Vermutlich müssen wir gleich an mehreren Fronten ermitteln. Das kann nur…“

Er stockte, als erneut die sehr sanfte Stimme erscholl, dieses Mal mit einem Lachen.

Cal blickte zu Agatha, zuckte mit den Schultern, doch diese schien plötzlich durch ihn hindurchzublicken und deutete hinter ihn.

Der Captain wandte sich um und stockte erneut.

Auf dem Bildschirm erschienen die Worte: „Time’s up. I can see you.“

„Was zum Teufel…“, murmelte der Captain.

Dann brach die Hölle los.
 

Ziva und Tony waren gerade auf dem Weg zum Turbolift, als ihnen Gibbs entgegen kam.

„Wir haben Traceless gefunden. Packt euer Zeug und zieht euch warm an.“, sagte er mit seiner berühmten Politik der sparsamen Worte.

Ziva schaute ihn verwundert an: „Warm anziehen, Gibbs?“

Diese Frage stellte sie, wie eigentlich immer, mit diesem fast kaum wahrnehmbaren Hauch an Ironie. Gibbs stoppte, schaute sie an und in seinen grauen Augen funkelte Jagdfieber: „Er ist in Kanada.“

Als dann der Alarm wieder zu heulen anfing, blickten sich die Mitglieder des Major Case Response-Teams überrascht an, ehe Gibbs den beiden zunickte. Sie eilten zurück in ihr Quartier und kamen nach einigen Sekunden wieder umgezogen heraus. Militärische Präzision.

Ein leichtes Lächeln legte sich auf die Lippen des Chefermittlers.
 

„Bericht.“, sagte der Captain in just diesem Moment und schaute seine taktische Offizierin an. Diese beugte sich über ihre Konsole, betätigte einige Tasten und zuckte hilflos mit den Schultern: „Ich… ich hab keine Ahnung. Ich weiß nur, dass sich die Comicron One entfernt und das…“

Sie brach ab und seufzte.

„Ich hab die Sensoren verloren.“

Captain und XO wechselten besorgte Blicke und der Captain war auf den Beinen, um zu Jills Konsole zu gehen.

„Vermutlich so, wie wir es gelesen haben, oder?“, fragte er, was Jill und Agatha dazu brachte, zu nicken. „Japp, so wird es sein.“

Der Captain betätigte seinen Kommunikator: „Cat an Middlegate? Kannst Du mir für noch knappe 5 Minuten volle Energie garantieren?“

„Mehr auch nicht.“, erklang die Stimme des Chefingenieurs, „Der Warpkern wird langsam so feuergefährlich…“

„… wie ein Weihnachtsbaum?“, hörte man die Stimme McGees, „Vielleicht kann ich noch mithelfen.“

Cal und Agatha schauten einander verblüfft an: „Special Agent McGee? Sollten Sie nicht bei Gibbs und den anderen sein?“

„Das ist schon in Ordnung.“, ertönte die Stimme Gibbs aus dem Kommunikator: „Ich nehme an, sie können unseren Computertechniker gerade sehr gut gebrauchen.“
 

Im Maschinenraum der Dragonfly blickte McGee zu seinem Team herüber. Wieso hatte er gerade das Gefühl, dass er sie für eine lange Zeit nicht sehen würde?

Dennoch konnte er sich nicht helfen, ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen.

„Danke, Boss.“

Die Antwort Gibbs bestand in einem einfachen Nicken – was auch sonst? – dann machte sich McGee daran, auf die Tastatur der Konsole vor ihm einzuhacken.

Gibbs wandte sich ab, machte sich auf den Weg zum Transporterraum, gefolgt von Ziva und Tony.

„Was meinst Du, was hier los ist?“, fragte Ziva und Gibbs zuckte mit den Schultern: „Was es auch immer ist. Elfenkönig ist gut dafür geeignet.“

Dann betätigte er den Kommunikator, den er von Cal erhalten hatte: „Cat? Hier Gibbs. Ich wollte nur sagen – halten Sie das Schiff zusammen, bis wir wieder oben sind. Und passen Sie uns auf McGee auf!“

„Werden wir machen.“, ertönte die Stimme Cals aus dem Gerät und Gibbs war der Meinung, dass er ein amüsiertes Lächeln hören konnte, „Passt auf euch auf.“

Der Wechsel vom offiziellen „Sie“ ins inoffizielle „Du“ lies Ziva lächeln: „Machen wir Cal. Passt Ihr auch auf euch auf.“

„Versuchen wir.“, antwortete Agatha, „Und jetzt beeilt euch, wir wissen nicht, wie lange wir die Energie noch halten können. Es wäre sehr unpraktisch, wenn Traceless das nutzen könnte.“

„Wird er nicht.“

„Deine Zuversicht möchte ich haben, Ziva.“, flüsterte Tony und zuckte zusammen, als Gibbs ihm einen Schlag auf den Hinterkopf verpasste. Dann hatten sie den Transporterraum erreicht und betraten die Teleportationsplattform.

Gibbs sagte, in seinem üblichen, geschäftsmäßigen Duktus „Wir sind jetzt da.“.

„Okay, wir beamen euch dann jetzt. Viel Spaß.“, erklang Cals Stimme und augenblicklich verschwand die Welt in bunten Pixeln. Kaum, dass sie verschwunden waren, ertönte ein leises, sanftes Lachen und der Transporterraum wurde dunkel.
 

Kälte lies Dunstwolken vor ihren Augen erscheinen, als Ziva David ausatmete. Glücklicherweise hatte sie sich einen gefütterten Parker repliziert, sodass die recht frostigen Temperarturen ihr nicht allzuviel anhaben konnten. Auch Tony und Gibbs trotzten der Kälte.

Dennoch biss ihnen der frostige Wind ins Gesicht und sie konnte nicht umher, sich zu fragen, warum Traceless ausgerechnet in Kanada materialisieren musste. Hätten es südlichere Gefilde nicht auch getan? Was sprach denn, wenn man auf amerikanischem Grund und Boden bleiben wollte, gegen Hawaii? Dort waren, selbst im heraufdräuenden Winter, die Temperaturen selten unter Null Grad – der Spruch „Eher schneit es auf Hawaii, als dass ich etwas mache, was ich nicht machen will“ schoss ihr in diesem Moment durch den Kopf – und die Landschaft war von ausgesuchter Schönheit. Sie erinnerte sich daran, einmal mit ihrem Vater einen kleinen Aufenthalt auf Hawaii, gehabt zu haben und dass es dort einfach nur wunderschön war.
 

Und, obwohl sie Tony immer schön im Glauben gelassen hatte, die Serie Magnum nie verfolgt zu haben, hatte sie es natürlich getan. Der rote Ferrari war auch ihr ein Begriff und er symbolisierte für sie, Ziva etwas ganz besonderes. Freiheit. Ein gutes Gefühl – eben jenes Gefühl, das sie seitdem mit dieser Konstellation von Bundesländern, den vereinigten Staaten von Amerika, gleichsetzte. Wieso fiel ihr gerade jetzt die Folge „Limbo“ ein, in der Magnum angeschossen worden war und der Charakter eigentlich hätte sterben sollen, wenn die Einschaltquoten ihn nicht vor diesem Tod bewahrt hätten? Sie erinnerte sich daran, diese Folge mit 8 Jahren gesehen zu haben, fingernägelkauend, mit der Frage beschäftigt, ob Thomas Sullivan Magnum dies überleben würde und…
 

Sie schüttelte den Kopf.

Ziva David , schoss es ihr durch den Kopf, nicht träumen.

Ihr Bewusstsein, oder besser gesagt, ihre Aufmerksamkeit, kehrte zu der Situation zurück, in der sie sich gerade befanden.

„Gibbs an Dragonfly?“, hörte sie neben sich die Stimme ihres leitenden Chefermittlers und sie merkte erst in diesem Moment, dass er diesen Satz wohl inzwischen einige Male gesagt haben musste, denn er schoss ein „Meldet euch, verdammt!“ hinterher.
 

Die 32-Jährige Israeli mit den verzaubernden braunen Augen schaute Gibbs verblüfft an, fragte aber nicht, was los war. Das war auch gar nicht nötig, denn in diesem Moment blickte ihr Chef sie an und sie konnte sehen, dass er sich mit der Situation nicht unbedingt wohlfühlte.

Damit reichte er den Kommunikator an sie weiter: „Hier – ich hätte es wissen müssen.“

Zugegeben, der Gedanke „Gibbs und die Technik“ hatte einen Bruchteil einer Millisekunde in ihrem Geist platz genommen, aber sie hatte ihn so schnell wie möglich wieder verscheucht.

Sie wog das Gerät in ihrer Hand, tippte einmal, wie sie es bei Star Trek – The next

Generation - und den Folgeserien gesehen hatte und sagte: „David an Dragonfly? Cal, hörst Du mich?“

Nichts.

Keine Antwort.
 

Sie warf einen verwunderten Blick zu Tony herüber, der ebenfalls ratlos mit den Schultern zuckte: „Spielen die verstecken?“

„Glaube ich nicht, DiNozzo.“, antwortete Ziva, „Warum sollten sie?“

„Genau, warum sollten sie uns hier, mitten in der Pampa absetzen?“, fragte Gibbs und Ziva wusste, dass ihr Chef nicht nur ein wenig angesäuert war. Er blickte seine beiden Mitagenten aus eisblauen Augen an, als Tony sich räusperte: „Falle?“

„Möglich.“, antwortete Gibbs, „Wir sollten uns aber dennoch umsehen und sei es nur, um einen Unterstand zu finden.“

Die hübsche Israeli nickte.

Natürlich – einen Unterstand zu suchen war eine der logischsten und wichtigsten Aufgaben, wenn man in der Wildnis überleben wollte. Aber dennoch – die Vorstellung, hier, im Schnee einige Zeit ausharren zu müssen, war nicht unbedingt etwas, worauf sie sich freute.
 

Auf der Brücke der Dragonfly war inzwischen Notstand angesagt. Das Schiff bebte und schüttelte sich, die Crew hatte Schwierigkeiten sich auf den Beinen zu halten. Calvin Nathan Cat richtete sich auf, schaute zu Agatha Silverbird und dann zu Jill Menacer: „Hat eine von euch beiden hübschen Grazien eine Ahnung, was hier los ist?“

Jill räusperte sich: „Naja – also … wenn die Storyline zutrifft, die ich gelesen habe… dann wird es Schlimmer, ehe es besser wird?“

„Oh, ich liebe es, wenn Du so kryptisch wirst.“, knurrte der Captain, rollte mit den Augen und schaute zu ihr herüber. Die Reaktion der taktischen Offizierin war eindeutig – sie bedeutete dem Captain, zu ihr zu kommen, was dieser auch tat. Sie beugte sich vor, flüsterte ihm etwas ins Ohr und Cal nickte: „Ah, ich verstehe. Okay… das heißt… es wird noch übel.“

Jill, die kurz einen Blick auf die taktische Station geworfen hatte, deutete auf die Konsole: „Lies Dir das durch und dann frag nochmal.“

Der Captain tat wie ihm geheißen und seine nussbraunen Augen weiteten sich in Panik.

Hastig hieb er auf seinen Kommunikator: „Cat an Maschinenraum? Schwingt eure Ärsche dort raus! Es wird ungemütlich!“

„Ach wirklich?“, erscholl Scottys Stimme aus dem Gerät: „Da wäre ich nie drauf gekommen. Um uns herum verschwindet nur alles.“

„Commander Middlegate?“, konnte man die Stimme McGees hören, „Wir können noch versuchen…

„Scotty?“

Cals Stimme war schneidend scharf und ungewohnte Befehlsgewalt ergriff Besitz von ihm: „Schaff McGee da raus und mach selbst die Fliege. Rettungskapsel 34 ist in eurer Nähe. Los, ab, ich will keine Widerrede hören.“

Damit wandte er sich an Jill und schaute sie an: „Du begleitest die Beiden.“

„Cal, du kannst mich hier auf der Brücke sehr gut brauchen.“

„Wenn Du nicht willst, dass ich dich K.o. schlage, und in die Rettungskapsel beame, schwingst du deinen knackigen Hintern jetzt zu deinem Freund.“

Die Stimme des Captains strotzte gerade vor Befehlsgewalt und man konnte merken, dass er keinen Widerspruch zuließ. Die taktische Offizierin nickte, salutierte ihm zu und wandte sich zum Gehen.

„Bevor Du auf eine dumme Idee kommst, Cal.…“, hörte sie in diesem Moment die Stimme von Agatha, dann einen Schuss und einen Fall. Sie wirbelte herum und sah, wie Agatha den Phaser wegsteckte, zu Cal eilte und ihn anhob.

„Ich kenn ihn doch, er wird versuchen den Helden zu spielen. Auf diese Gelegenheiten wartet er doch immer.“, grinste sie und schaute Jill an: „Kannst Du mir helfen? Welche Rettungskapsel ist noch frei?“

In diesem Moment piepste die Konsole. Die blonde Taktikerin runzelte die Stirn, ging zu ihrer Arbeitsstation und warf einen Blick darauf.

„Ach du meine Güte.“, hauchte sie, „ich glaube, die Rettungskapseln fallen aus.“

„Wieso?“, murmelte Cal schläfrig, schaute Agatha an, die seinen Blick erwiderte, wobei sie grimmig-grinsend zischte: „Wenn Du auch nur einen Gedanken daran verschwendest, mich zu betäuben und in Sicherheit zu bringen, sage ich das Codewort und Du pennst für die nächsten Stunden.“

Der Captain hob geschlagen die Hände. „Schon gut, schon gut.“

Dann rappelte er sich auf.

„Toll, Meuterei auf der Dragonfly.“, murmelte er dabei und schaute zu Jill: „Sag mal, hab ich Dir nich gesagt, dass Du zur Rettungskapsel gehen sollst?“

Jill nickte.

„Würde ich auch gerne. Allerdings haben wir ein Problem.“

„und das wäre?“, fragte Agatha.

Jill deutete auf ihre Konsole: „Schaut euch das an? Was auch immer diese Entity ist – sie hat uns umhüllt und ist dabei, Deck für Deck zu fressen.“

„Charmant.“, grinste Agatha, „Wenigstens schmecken wir ihr.“
 

Tony, Ziva und Gibbs waren inzwischen einige hundert Meter gegen den sehr plötzlich, sehr heftig aufkommenden Wind angegangen.

„Wo müssen wir hin?“, schrie der Halbitaliener gegen den Sturm an, was ihm ein „Da lang!“ von Gibbs eintrug. Es war immer wieder faszinierend, wie der leitende Chefermittler so hundertprozentig genau eine Richtung bestimmen konnte. Das musste seine Zeit bei den Marines gewesen sein, dessen war sich Tony sicher. Anders ging es eigentlich schon fast nicht mehr. Dieses absolut Zielsichere, für das er Gibbs bewunderte – irgenjemand musste ihm das beigebracht haben. Vielleicht in irgendeinem Survival-Kurs?

Er wusste es nicht, stellte jedoch fest, dass er Ziva beneidete. Gerade jetzt hatte sich Mossad-Ziva wieder zu Worte gemeldet und ihre alten Instinkte, die sie für das Überleben in Extremsituationen stählten, hatten wieder die Kontrolle übernommen. Sie und Gibbs sprachen nicht miteinander, sie gab dem Älteren nur einige Winke, die der Halbitaliener nicht verstand, aber Gibbs offenbar schon. Und dann sah DiNozzo das, wohin sie unterwegs waren. Es schälte sich aus dem Vorhang aus Schneeflocken hervor und wurde immer deutlich sichtbarer.

Ein altes Industriegebäude – was auch immer es sein mochte. Es schien nicht unbedingt gemütlich zu sein, aber besser, als die in alle Knochen beißende Kälte, war es allemal.
 

Sie erreichten innerhalb grob geschätzter 20 Minuten den äußersten Perimeter des Industriekomplexes und Tony konnte das Eingangsschild lesen:

„Mad Cow Middleton Inc – Dependance Nunavut, Kanada.“

“Mad Cow?”, echote Tony und überlegte, wo er diesen Namen schon mal gehört haben könnte. Klar, es gab die Mad Cow Desease – also den Rinderwahnsinn – aber irgendwie schien im da kein Zusammenhang zu kommen.

„Weiter“, hörte er in diesem Moment die Stimme von Ziva und setzte sich in Bewegung.
 

Auf der Brücke der Dragonfly ging inzwischen alles drunter und drüber. Und damit ist die Situation noch ziemlich euphemistisch beschrieben.

„Wir haben gerade Deck 11 verloren.“

Jill Menacer klang ziemlich gestresst, um nicht zu sagen, panisch.

Das war verständlich, denn Deck 11 beherbergte unter anderem den Maschinenraum und die Büros der Ingenieure. Ingenieure wie Sebastian ‚Scotty’ Middlegate einer war.

Die Augen der hübschen Blonden waren weit aufgerissen und die Angst um ihren Freund war deutlich zu spüren. Agatha trat auf sie zu, nahm sie in den Arm und streichelte ihr beruhigend über den Kopf. „Keine Sorge“, raunte sie ihr zu, „Es wird alles wieder gut.“

„Das bezweifele ich.“, murmelte Cal, klopfte auf seinen Kommunikator: „Cat an Middlegate?“

Keine Antwort.

„Cat an McGee?“, versuchte der Offizier und erneut kam keine Antwort.

Kopfschüttelnd wandte er sich der taktischen Konsole Jills zu und tat das, was gerade durch seinen Kopf ging. Er hob die Hand, ballte sie zur Faust und lies sie in hohem Bogen auf den Plastik niedersausen. Hand und Plastik waren von dieser Behandlung nicht unbedingt begeistert und des Captains Greifwerkzeug machte dem Offizier klar, was es davon hielt, indem es Schmerzimpulse in sein Hirn sandte.

„AU!“; machte er, hielt sich die Hand als er einen Blick zu Agatha warf, die ihn aus dunklen, beinahe schon ausdruckslosen Augen anschaute: „Du solltest Dich mehr beherrschen, Cal.“

Der Captain nickte, öffnete und schloss seine Hand und wandte sich an Jill. Deren Augen waren, im Gegensatz zu Agathas, ganz und gar nicht ausdruckslos und voller Tränen.

‚Na klar’, schoss es dem Captain durch den Kopf, ‚Auch Jill ist nur ein Mensch.’

Und er nahm sie in den Arm, schaute über ihre Schulter hinweg zu Agatha, die ihm zunickte und auf ihren Kommunikator klopfte: „Silverbird an Intrupper? Wir haben keine Zeit um zu reden – komm sofort auf die Brücke.“

„Ich bin auf dem Weg.“
 

Die Zweigstelle von „Mad Cow Middleton“ war mindestens genau so heruntergewirtschaftet, wie man es von einer Industrieruine zu erwarten hatte. Anderes Leben, kein Menschliches, hatte sich diesen Platz wieder zurückerobert. So konnte Ziva eine Gruppe von Polarhasen sehen, die es sich unter einem Fließband in der Fertigungshalle gemütlich gemacht hatten und die Besucher aus großen Augen neugierig beobachteten. Irgendwie bezweifelte die hübsche Israeli, dass die Hasen hier großartig gestört wurden und es war ihr egal. Sie hatte andere Probleme. Direkt vor ihr befand sich eine Brücke, die über einen Flusslauf führte und die Fertigungshalle von Bürokomplex trennte. Wenn sie tatsächlich Unterschlupf und Zuflucht finden könnten – und eventuell sogar Traceless – dann wäre er in diesem Bürokomplex zu suchen. Ein sanftes Lachen lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Geschehnisse hinter sich. Sie wollte sich gerade umwenden, um Gibbs diese Meldung mitzuteilen, als sie bemerkte, dass er verschwunden war.

Tony schaute sie ein wenig ratlos an.

„Was ist?“, fragte er und Zivas Blick bohrte sich in seinen: „Hast Du Gibbs gesehen?“

Erst jetzt schien auch der Halbitaliener zu bemerken, dass ihr Boss verschwunden war und schaute sich suchend um.

„Erm? Gibbs?“, rief er dann und erhielt keine Antwort.
 

Die Turbolifttür glitt auf, Gina Intrupper betrat die Brücke und schaute sich um.

„Gibt es einen Grund, warum ich alles stehen und liegen lassen sollte?“, fragte sie und man konnte deutlich hören, dass sie nicht nur ein wenig gereizt war.

Cal räusperte sich, trat auf sie zu und nahm sie in den Arm.

Dies brachte die Ärztin dazu, sich ein wenig zu versteifen, ehe sie mit einem „Schon gut, schon gut“ eine Hand nach oben brachte und Cal von sich wegdrückte: „Alles in Ordnung mit dir?“

„Ja“, nickte der Captain, „ich wollte nur sagen, dass ich…“

Weiter kam er nicht, denn in diesem Moment hörten sie alle nur ein sanftes Lachen… und alles wurde dunkel.
 

„DiNozzo“, fauchte Ziva in diesem Moment und schaute ihren Partner und Freund mit einem eindeutigen Blick an, „Kann man dir nicht einmal die Nachhut überlassen?“

„Wo… was…?“, brachte der Halb-Italiener hervor, doch sie wollte nichts hören. Sie zischte ein: „Such lieber Gibbs! Ich schau mal da drüben nach.“

Damit betrat sie die Brücke. Das Knacken der Konstruktion mochte kein sonderliches Vertrauen in die Konstruktion als solche aufkommen lassen. Sie schluckte. Zwar war sie eine schlanke Person, aber…

Erneut das sanfte Lachen.

Sie schaute über ihre Schulter und stellte fest, dass auch DiNozzo verschwunden war.

‚Typisch`, murmelte sie, machte sich daran, wieder zurückzukommen, sie erneut das Lachen hörte und merkte, wie etwas geschah.

Ziva wirbelte herum, als die Brücke hinter ihr zusammenkrachte.

Gibbs und Cal sahen einander frustriert an.

Wenn man die blaue Murmel, die ihre Bewohner „Erde“ nannten, aus dem All katalogisieren würde, hätte man normalerweise einiges zu tun. Unzählige Tier- und Pflanzenarten existierten friedlich nebeneinander her, wenn sie nicht vom Raubtier Nummer 1, dem Menschen, platt gemacht wurden. Gut – der Mensch, das muss man zu seiner Verteidigung dabei sagen, macht das ja nicht freiwillig. Er wacht ja nicht morgens auf, wirft einen Blick in den Kalender und sagt „Oh, heut is Donnerstag, welche Tierart rotte ich denn heute aus?“

Wobei – wir wollen fair sein – vielleicht gibt es auch solche Menschen. Aber die Meisten haben ein Problem. In Zeiten knapper Ressourcen wollen sie das stillen, was Betriebswirtschaftler „Grundbedürfnisse“ nennen. Dazu zählen Schutz und Nahrung. Seit Jahrmillionen, seit der Mensch gelernt hat, Knüppel zu benutzen, um zuerst dem Reh und dann dem Nachbarn den Schädel einzuschlagen, versucht er, die Grundbedürfnisse zu stillen. Das kann man ihm eigentlich nicht vorwerfen. Und wenn mehr Menschen da sind, wollen eben auch mehr Mäuler gestopft werden. Was will man da machen? Menschen verhungern lassen? Das schlägt man nicht mal im Spaß vor. Das geht nicht. Der Mensch ist in allererster Linie eine Maschine, die versorgt werden muss, wenn sie weiter funktionieren soll.
 

Wenn man die Erde also aus dem All katalogisieren würde, stellte man normalerweise fest, dass dort einiges los ist. Wäre man allerdings an jenem Montag, dem 31.10. an der Erde vorbeigeflogen und hätte sie untersucht, wäre man ins Stutzen gekommen, vor allem, wenn man wüsste, dass sich dort Lebewesen aufhalten.

Denn an jenem Montag hätte man nur zwei Lebenszeichen gefunden – auf dem kompletten Planeten.

Das eine wäre das eines normalen Menschen gewesen, eines Homo Sapiens, wie sie eigentlich zu Sieben Milliarden auf der Erde hätten existieren sollen. Das andere Lebewesen war gar nicht zu erkennen. Es hatte sich eines anderen Menschen bemächtigt, aber was das Wesen selbst war… das wäre selbst Starfleetoffizieren, die „kühn dorthin gehen, wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist“ nicht bekannt gwesen.
 

Wie auch?

Wie hätten diese Offiziere wissen sollen, dass in einem Paralleluniversum etwas erstarkt war, das so entgegen jeglicher Logik ist, dass ein vernunftbegabtes Lebewesen, egal ob Mensch, Klingone, Romulaner oder Goa’Uld jemanden ausgelacht hätte, wenn man ihm davon berichtet hätte.

Und niemand hätte je ahnen können, dass diese alles umfassende Macht aus einem Videospiel stammt.
 

Der urbane Mythos der „Missing No.“ Verrät dem Interessierten folgende Geschichte.

Im Videospiel Pokemon existiert ein sogenannter „Glitch“, also ein Fehler. Um ihn absichtlich herbeizuführen muss man in einer bestimmten Stadt mit einem alten Mann sprechen, der einen auf eine Insel schickt, wo ein Pokemon zu fangen ist – diese Quest schien damals nie wirklich komplettiert worden zu sein, weswegen man bei diesem speziellen Pokemon von einer „Fehlenden Nummer“ oder eben „Missing No.“ Spricht.
 

In unserem Universum, in dem die Griechen wieder sparen müssen, weil sie ansonsten kein Geld von der Troika bekommen, kursieren zwar Gerüchte, das dieser Glitch das Spiel insofern geschädigt hat, dass, Grafikfehler auftreten, der Speicherstand gelöscht wurde oder ähnliches. Das ist nun ein kleiner Rückschlag, wie Darkwing Duck sagen würde.
 

Im Universum, in dem unsere Geschichte spielt, sind die Konsequenzen durchaus allumfassenderer Natur, denn hier musste sich Comic-Reviewer Linkara über die letzten Monate mit unterschiedlichen Fehlern, Menschen, die es auf ihn abgesehen hatten und ähnlichem herumschlagen – und das ist schon ein hartes Brot, wenn man schlechte Comics kritisiert. Nun, am 31.10., zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Geschichte spielt, hatte sich der Urheber dieser gesamten Situation ihm gegenüber offenbart. Missing Number hatte den Körper von 90’s Kid besetzt und seit Monaten immer wieder dafür gesorgt, dass Leute verschwinden. Zuletzt waren es Harvey Finevoice, den Tony noch von der Veranstaltung auf der Dragonfly kannte, und die Kampfesgefährtin Linkaras, Iron Liz.
 

Nun standen sich Missing Number und Linkara zum letzten Gefecht gegenüber und nachdem er das getan hatte, was er immer tut – ein schlechtes Comic zu reviewen – hatte er die Idee, wie man mit der Entität fertig werden konnte.
 

Es war eine einfache Frage, die den Fall der Kreatur einleitete, so wie die geneigten Star Trek Fans wissen, dass es immer eine einfache Frage ist, die den Fall von etwas einleitet. Auch Colombo-Fans sind sich dieser Tatsache bekannt und wissen, dass der Mörder eigentlich erst durchatmen kann, wenn Colombo aus dem Haus ist. Wenn er noch einmal wiederkommt, und „ach, eine letzte Frage noch, Sir“ von sich gibt, weiß man, das kann nichts Gutes bedeuten.

Die Star Trek Fans kennen diese eine Frage auch.

Eigentlich war es eine einfache Frage: „Wozu braucht Gott ein Raumschiff?“

Solche einfachen Fragen bringen gestandene Bösewichter durcheinander und sie so dazu, sich selbst zu richten.

So auch hier.

Linkaras einfache Frage war: „Und was tust du hiernach?“
 

Was macht eine mächtige Entität, die sich alles Leben angeeignet hat, die alle Möglichkeiten durchgespielt und erlebt hat?

Vermutlich bricht die große Langeweile aus, es gibt dann ja nicht mal Kreuzworträtsel.
 

Zumal Linkara durchaus zu Recht feststellte, dass „wenn Existenz das Ziel als solches sei“, hätte die Entität ihre Aufgabe schon von vornherein erfüllt. Die unter diesem Schicksalsschlag wankende fehlende Nummer bemerkte nicht, dass sie gerade in eine Falle getappt war – aber mit ihr ist es, wie mit jedem anderen Bösewicht auch. Anstatt das sie zuschlagen, lassen sie sich auf logische Diskussionen ein.

Und dann wurde der Comic-Reviewer richtig kreativ.
 

„Hier ist eine Frage, äußerer Gott, eine Möglichkeit, die Du durchspielen könntest.“, sagte er und die Entität lies das Gesicht des Nineties-Kid süffisant lächeln: „Du kannst sprechen.“

„Was passiert mit einem äußeren Gott“, fragte Linkara und schaute Missing No. an, „wenn er stirbt?“

Das Wesen brauchte keine Millisekunde, um zu überlegen, es lächelte erneut und sagte: „Das werde ich herausfinden“.
 

Und so wurde unsere blaue Murmel, die wir so liebevoll „Erde“ nennen, wieder bevölkert, denn die Entity beging so eine Art Selbstmord. Alles, was vorher verschwunden war, von ihr konsumiert, tauchte wieder auf.
 

Gerade war noch alles verschwunden gewesen, jetzt spürte Agatha Silverbird ihren Körper wieder. Ihre Augen nahmen wieder Farben, Formen und Gestalten wahr, ihr Gehör die Brückenkulisse – dieses charakteristische Piepsen, Fiepen und Biepen – und ihre Nase die Geruchsmischung, die in der Luft lag, von Parfum, Deos, Shampoo, das alles traf sie für den Bruchteil einer Millisekunde wie mit einem Holzhammer, ehe sie sich wieder aklimatisiert hatte.

„Entschuldigung.“, sagte in diesem Moment Cal und schaute Gina an, „Ich… es… ich… es…“

Die XO seufzte, trat neben den Captain und legte ihm einen Arm auf die Schulter: „Es ist gut, Cal.“

Sie verlieh ihren Worten und ihrer Stimme eine Sanftheit, die Cal zu elektrisieren schien, denn sein Kopf ruckte hoch und er begann, sich um die eigene Achse zu drehen.

„Okay“, sagte er, als haben neue Lebensgeister von ihm Besitz ergriffen, „Jill, wie ist unser Status?“

Die angesprochene taktische Offizierin runzelte fragend die Stirn, ging dann zu ihrer Konsole und berührte einige Eingabefelder.

Dann blickte sie zu Cal: „Wir haben wieder volle Sensoren.“

„Gut.“, nickte der Captain, wandte sich an Agatha und klopfte ihr spielerisch auf die Schulter, „Ich glaube, dann können wir.“

Er begab sich zu seinem Platz, stockte und schaute wieder zu Jill herüber: „Sage mal, was ist eigentlich mit der George Hammond und der Comicron-One?“

Erneut befragte die hübsche Blonde ihren Computer, wandte ihre Aufmerksamkeit dem Captain zu und meldete: „Alle Schiffe vollzählig.“

„Dann sei doch mal so nett und ruf sie. Zuerst die Hammond, vielleicht haben die ja eine Ahnung, was das war?“

„Aye, Sir.“, meldete Jill und einen Sekundenbruchteil später erschien das attraktive Gesicht Samantha Carters auf dem Bildschirm.

Cal erhob sich: „Hey, Sam. Wie geht es euch?“

Die hübsche Blonde lächelte: „Oh, ganz gut – abgesehen davon, dass wir offenbar von einer Art Entität verspeist wurden.“

„Nun ja, der Kölner würde dich zwar ein ‚lecker Mädsche’ nennen und auch im Hochdeutschen findet man die Floskel ‚du siehst zum Anbeißen aus’, aber ich hätte nie gedacht, dass das jemand wörtlich ni…AU!“

Der letzte Laut war darauf zurückzuführen, dass sich Agatha und Gina hinter Cal postiert hatten, die hübsche Rothaarige links, die Blonde rechts und ihm zeitgleich einen Schlag auf den Hinterkopf verpasst hatten. Mit der flachen Hand, versteht sich.

Der Captain drehte sich zu den beiden Frauen um: „Hey, darf man hier nicht mal in Ruhe freundlich sein?“

Agatha zwinkerte: „Doch, schon, solange Du nicht vergisst, wen Du hier eher anbeißen solltest.“

„Oder sonst wie verwöhnen.“, schloss Gina und lächelte.
 

Cal merkte, wie sein Herz schneller zu schlagen begann. War sich die hübsche Ärztin eigentlich klar, was sie da implizierte? Seine Gedanken rasten noch schneller, als er Sam sah, die grinste. Nicht nur frech, sondern wissend . Verdammt, wie konnte diese Frau schon wieder wissen, oder zumindest ahnen, was er selbst erst seit ein paar Minuten wusste?

Und – ahnte Gina, was ihm vor ein paar Minuten klar geworden war? Oder besser gesagt, seit Traceless diese Sache angesprochen hatte?

Er hörte, wie Agatha sich räusperte und war froh, über diese Ablenkung.

„Wie sind eure Schäden, Sam?“, fragte die hübsche XO und die Colonel wandte sich kurz ab, um auf ihrem Tablett-PC etwas nachzulesen.

Dann schaute sie die drei Offiziere aus ihren blauen Augen an: „Wir wurden ein bischen durchgerüttelt, aber nichts Ernstes. Wir können also unsere andere Mission antreten.“

„Andere Mission?“, echote Cal und Sam nickte: „Ja, wir wollen nachprüfen, in wieweit die Goa’uld wieder zu alter Macht kommen.“

Innerhalb von Millisekunden kühlte sich die Stimmung auf beinahe antarktische Werte ab.

Der Captain versuchte, ruhig zu bleiben, auch, wenn er spürte, wie Herz und Kopf um die Wette rasten. Der Kopf sagte ihm ganz eindeutig, dass er hier nicht eingreifen durfte, das Herz jedoch schrie: „Halt die Schnauze, sie ist eine gute Freundin und die lasse ich nicht sterben.“
 

Er erinnerte sich daran, was er noch vor ein paar Wochen zu Gibbs gesagt hatte.

„Nein, Senior Special Agent Gibbs. Diese Crew ist meine Familie. Sie sind meine Freunde. Ich liebe und vertraue jedem einzelnen von ihnen. Und bevor Sie irgendein Mitglied meiner Familie beschuldigen, sich mit Traceless eingelassen zu haben, können Sie noch viel eher mich verdächtigen. Und wir haben schon darüber gesprochen, dass ich eher dem Teufel die Hand schütteln würde, als diesem Saftsack zu helfen.“

Crew – Familie… wenn man seine Zeit beim SGC in Betracht zog, war auch Sam Crew und Familie. Famillisch.

Er konnte sie nicht sterben lassen.

„Sam?“, setzte er an und merkte, wie sein Kopf ihm immer wieder einredete, dass das, was er nun zu tun bereit war, das komplette Raum-Zeit-Kontinuum gefährden würde.

Agatha nahm seine Hand – normalerweise war dies eine beruhigende Geste, er konnte die Wärme, die Sanftheit, die ihren Körper und ihr Wesen ausmachte, spüren und fühlen, wie sie ihm Kraft gab. Dieses Mal war die Hand eiskalt. Die Sanftheit war gewichen und es fühlte sich eher an, als hielte er einen Stein fest.

„Ja?“, fragte die hübsche Blonde und schaute ihn neugierig an.

Kurz wechselte er einen Blick mit Agatha, in dem er dieselbe Zerrissenheit sehen konnte, schaute zu Gina, die mit dem SGC noch am Wenigsten zu tun gehabt hatte. Doch auch die Augen der Italienerin zeigten, dass es keine einfache Entscheidung war.

Der Captain räusperte sich und schaute Sam an: „Wenn Du mich kurz entschuldigen würdest…“

Damit gab er Jill ein Zeichen, sodass sie die Verbindung unterbrach.

Und nun gab es kein Halten mehr.

Tränenkanäle nahmen die Arbeit auf, der Captain packte Agatha bei beiden Schultern, schaute sie an und sagte: „Ich kann es nicht. Ich kann sie nicht guten Gewissens in den Tod schicken. Ich muss sie warnen.“

Die XO nickte.

„Du weißt, ich könnte dich dazu bringen, dass Du ihr einfach gute Fahrt wünschst.“, sagte sie und schlang beide Arme um ihn, „Aber…“

Gina legte ihre Hand auf die Agathas, fuhr beruhigend über die Finger und schaute die XO an: „Nein. Wir können das nicht. Ich kann das nicht. Es wäre ein Verstoß gegen den Hippokratischen Eid.“

„Und was ist mit dem großen Wort von Spock?“, fragte in diesem Moment Jill von ihrer Konsole her, „Das wohl von vielen wiegt schwerer, als das Wohl von wenigen oder des Einzelnen?“

Cals Kopf ruckte hoch und er funkelte Jill an: „Zum Teufel mit dem grünblütigen Waldschrat. Wenn das Universum sich morgen im Gegenuhrzeigersinn dreht, nehm ich die ganze Scheiße auf meine Kappe.“

Er machte sich von Agatha los, schniefte und wischte sich mit dem Ärmel die kochend-heißen Tränen ab, ehe er sich an Jill wandte: „Ruf die Hammond .“

Die taktische Offizierin räusperte sich: „Cal – ich … wollte nur sagen, ich habe nichts gegen Sam… ich möchte auch, dass sie lebt. Aber können wir das verantworten?“

Es folgte eine lange Pause und beinahe war die Atmosphäre wie in diesen Science-Fiction-Filmen, in denen man zu der Erkenntnis kommen musste , dass die Geschichte sich so wiederholen muss, wie sie sich seinerzeit zugetragen hatte.

Cals Kopf ruckte hoch: „Zum Teufel. Ja – ich bin Willens diese Bürde zu tragen.“

Die taktische Offizierin nickte, betätigte einen Knopf, der den Kanal wieder öffnen sollte – aber es geschah nichts.

„Was ist da los?“, fragte Cal, wandte sich zu Jill um, die mit den Schultern zuckte, „Ich scanne…“

Dann blickte sie den Captain an: „Sie sind weg, Cal.“

„Weg?“, echote der Offizier, bei dem das Wort wohl deshalb so gut passt, weil Cal allerhöchstens im Off eine Zierde wäre. Die Taktikerin scannte erneut und nickte: „Ja, sie ist offenbar gerade in den Hyperraum gesprungen.“

Und gerade, als Cal Luft holte, um sich aufzuregen, piepste die Konsole erneut.

„Captain“, sagte Jill plötzlich, in einer Förmlichkeit, die anscheinend selbst sie überraschte. Der Captain fokussierte sie: „Ja, was gibt es?“

„Ich empfange gerade einen medizinischen Notruf von der Erde… es ist dein Kommunikator.“

Erneut war der Captain wie unter Strom. Er lief auf die taktische Konsole zu, wandte sich im Laufen zu Gina und sagte: „Scha… ich meine, Gina? Mach die Krankenstation bereit.“

Die angesprochene Ärztin nickte und eilte von der Brücke.
 

Irgendwie war es beruhigend, dass die Entität nichts von all dem lange genug verspeist hatte, um irgendwelchen Schaden anzurichten. Die Krankenstation sah genau so geleckt aus, wie vorher auch.

Und als Gina Intrupper ihre Wirkungsstätte betrat, sich die Tür mit einem pneumatischen Zischen hinter ihr schloss, war es so, als würde sie, zusammen mit dem Doktorkittel, in den sie gerade schlüpfte, in ihre Rolle als Ärztin schlüpfen. Sie blickte sich um, in verwunderte Augen ihrer Krankenschwestern und – Pfleger.

„Okay, Mädels.“, sagte sie, klatschte in die Hände, „Versuchen wir, mal n bischen Schwung hier rein zu bringen. Wir haben einen medizinischen Notfall.“

Sie betätigte den Kommunikator: „Intrupper an Menacer?“

„Menacer hört?“

„Beschreibe die Art des Notfalls.“

Kurz pausierte die taktische Offizierin, dann räusperte sie sich: „Offenbar eine starke Unterkühlung. Der Kommunikator des Captain ist in einen eiskalten Fluss gefallen und wurde von der Ströhmung ein paar Kilometer landauswärts getragen. Wir beamen Ziva gleich rüber.“

„Verstanden.“, erklärte die Bordärztin, rief die medizinische Datenbank auf, um mehr über die Physiologie der attraktiven Israeli zu erfahren, als der Gesang des Transporters den Teleport einleitete. Und tatsächlich, auf einem Krankenbett materialisierte die komplett durchnässte Gestalt Ziva Davids.
 

„Verdammt“, fluchte in Nunuvat Special Agent Anthony DiNozzo, „Ich hätte sie auffangen sollen. Ich hätte… ich weiß auch nicht… hinterherspringen müssen oder so.“

Er musste für den Bruchteil einer Millisekunde weggedöst sein. Peinlich mitten im Stehen.

Wo war Ziva? Schnell blickte er sich um, sah sie auf der Brücke stehen, die in diesem Moment nachgab und in sich zusammenkrachte. Leider war Ziva, so leicht und athletisch sie auch war, nicht in der Lage, in der Luft stehen zu bleiben und so folgte sie der Schwerkraft.
 

Er war immer wieder fasziniert, wie es diese Frau schaffte, sich so zu bewegen, dass sie, im Falle eines Sturzes keine allzu schweren, bleibenden Schäden davontrug – so auch hier. Sie rollte sich zu einem kleinen Ball zusammen und kam auf der zugefrohrenen Obefläche des breiten Flusses unter ihr zu liegen. Tony Herz raste. Ging es ihr gut? War alles in Ordnung?

„Ziva!“, rief er, „Ziva, bist Du okay?“

Für den Bruchteil einer Millisekunde geschah nichts, dann reckte sie ihre Faust gen Himmel und zeigte den nach Oben gerichteten Daumen.

„Mir geht’s gut, DiNozzo“, rief sie und streckte sich aus, um das Eis nicht punktuell zu beschweren, sondern ihr Körpergewicht zu verteilen.

Ihre braunen Augen suchten die Eisfläche ab, offenbar versuchte sie, irgendwie von dort herunter zu kommen.

Ein kleines Grinsen konnte er sich nicht verkneifen. Ziva, die ehemalige Eiskönigin, auf dem Eis, das war schon irgendwie lustig.
 

Knack

Tonys Gesichtszüge verrutschten. Was war das für ein Geräusch?

Brach etwa das Eis?

Das hässliche Knacken und Knirschen wurde lauter.

„ZIVA!“, schrie er ihr zu, „BEEIL DICH!“

Und da spürte er, wie ihn jemand von Hinten ergriff und festhielt.

Wut eruptierte in ihm: „Was soll das, lassen Sie mich los!“

Der Schlag, der seinen Hinterkopf traf, kam nicht in der Absicht, die große Dunkelheit zu bringen, sondern ihn mehr oder weniger aufzuwecken. In diesem Moment wusste er, dass es Gibbs war, der ihn festhielt.

„Verdammt, DiNozzo!“, sagte er, „Konzentrier dich!“
 

Konzentration. Schön und gut, so wunderbar einfach dahergesagt, aber, wenn die eigene Freundin auf dem Eis liegt und selbiges bedrohlich knackt, dann…

Das Knirschen wurde noch lauter. Er warf den Kopf herum, schaute zu ihr, sie fixierte ihn mit diesen haselnussbraunen Augen, er verlor sich in ihnen… bis er die grausige Erkenntnis in ihnen sah.

Ziva war sich sicher, sie würde sterben.
 

„Gibbs!“, rief sie, „Sucht einen anderen Weg!“

Damit zog sie ihre Waffe, lud sie durch, richtete sie auf das Eis… und drückte ab.

Der Schuss gellte so laut, dass er Tony beinahe taub werden lies und von einem Moment zum nächsten war Ziva verschwunden. An der Stelle, an der sie gelegen hatte, befand sich ein großes Loch.

Gerade jetzt, wo die Erinnerungen hochkamen, merkte er, wie seine Tränendrüsen die Arbeit aufnahmen. Nein – nicht jetzt, nicht hier, nicht so.

Er blickte zu Gibbs, sah in dessen eisblauen Augen einen leichten Anflug von Mitgefühl, als er die Hand nach ihm ausstreckte und sie ihm auf die Schulter legte.

„Komm“, sagte er und klang nicht mehr so befehlsgewohnt wie vorher, „Wir gehen.“
 

Es war Tony eigentlich inzwischen egal. Die komplette Situation – ob Traceless entkam oder nicht, ob das Raum-Zeit-Kontinuum sich veränderte oder nicht, es interessierte ihn nicht mehr.

Ich habe erneut eine Partnerin verloren.

Dieser Gedanke war da, traf ihn völlig unvorbereitet.

Natürlich blieb es in einer solchen Art von Dienst nicht aus, dass man jemanden verlor, der einem nahe stand und vermutlich stellten sich Polizisten, Feuerwehrleute, Ärztinnen und Ärzte, Soldatinnen und Soldaten – also alle Berufsgruppen, die das Risiko beherbergten, in Ausübung der Pflicht ums Leben zu kommen – regelmäßig die Frage, ob dies nun der Einsatz war, von dem sie nicht mehr zurückkamen und was man ihren Angehörigen wohl sagen würde.
 

Er musste zugeben, er hatte sich diese Frage selbst nie wirklich gestellt. Wenn es ihn erwischte, erwischte es ihn halt. Es gab genug Situationen, in denen er beinahe ums Leben gekommen wäre, so erinnerte er sich noch sehr deutlich an die Sache mit der Pest, damals.

Aber – jemanden zu verlieren, den man geliebt hatte, das war etwas vollkommen Anderes, selbst, wenn ihm Ziva da widersprechen würde.

Du bist ein Dummkopf, DiNozzo. , hörte er sie und sah vor seinem inneren Auge Zivas Körper aus dem Wasser entsteigen, wie die Göttin Aphrodite persönlich. Der ein oder Andere Leser mag sich jetzt vermutlich fragen, wieso Tony, der bisher nie wirkliches Interesse für Mythen und Legenden gezeigt hatte, die Göttin Aphrodite kennen würde, aber da weiß ich rein zufällig zu berichten, dass Daniel ihm seinerzeit einen kleinen Crashkurs in Gottheiten gegeben hatte. Und das tat er natürlich nur, weil es in die Geschichte passte.

Zivas Vision entstieg dem Wasser, wie ihr Schöpfer sie geschaffen hatte und, wie die Göttin Aphrodite vor der Küste Zyperns, ihre Blöße durch einen Mythenstrauch bedeckte.

Ob die Mythe darüber gemault hatte, und wo Zivas Vision in der kalten Landschaft eben jenen Strauch gefunden hatte, darf sich nun jeder Leser selbst fragen.

Es war ihm egal – sie stand vor ihm, nackt, stolz und schön und gerade, als er ihr zulächelte, verschwand die Figur der Frau, die er liebte, wie ein Schneemann im Tauwetter.

„NEIN!“, schrie er und merkte, wie seine Tränenkanäle wieder die Arbeit aufnahmen.

Er hatte Ziva nicht nur einmal, sondern gleich zwei Mal verloren.
 

Der entsetzte Schrei drang zu Leroy Jehtro Gibbs Hirn durch. Natürlich hatte er schon etliche Leute verloren. Die diversen Kriegseinsätzen, zu denen man ihn entsandt hatte, waren sichlich nicht damit geendet, dass er mit den meisten seiner Kameraden wiedergekommen war und er fühlte sich jedes Mal schuldig. Er hätte seiner Pflicht besser nachkommen sollen, hätte besser aufpassen müssen – was auch immer, das Schuldgefühl war jedes Mal, wann immer er einen Kameraden verloren hatte, anwesend. Aber niemals war dies so deutlich gewesen wie zu diesen sechs Zeitpunkten in seinem Leben, als er jemand Besonderen verloren hatte.

Kelley und Shannon – wie vermisste er sie, wie war er damals bestrebt gewesen, die beiden zu rächen und was hatte er damals, nachdem er seinen Plan kaltherzig in die Tat umgesetzt hatte, für eine Leere gefühlt.

Caitlynn ‚Kate’ Todd – gefallen durch den verrückten Ari, weil er Gibbs zuerst durch eine emotionale Hölle senden wollte, bevor er ihn umbrachte.

Jenny – gestorben in einem alten Diner, gestorben, wie eine wahre Kämpferin, in dem sie soviele von ihren Angreifern mitgenommen hatte, wie es ihr möglich gewesen war.

Mike – einer der sinnlosesten Tode seiner gesamten Laufbahn. Der Port-to-Port-Killer hatte ihn angegriffen und, ohne dass es eine Konsequenz für sein Leben gehabt hätte, wenn er den ehemaligen Bundesagenten nicht umgebracht hätte, hatte er ihm das Leben genommen.

Und nun Ziva David, die Tochter des Mossadchefs Eli, den mit Gibbs und dessen neuen Chef Leon Vance eine besondere Beziehung verband. Es war nicht wirklich Freundschaft, aber Eli wusste, dass er sich auf die Ehrlichkeit des leitenden Chefermittlers, dieses alten Wolfes, verlassen konnte.

Die Ziva, die er schon seit dem ersten Tag in sein Herz geschlossen hatte und bei der er der Meinung war, dass ein Ausserkraftsetzen seiner Regel, das Zusammenleben sie und Tony betreffend, eine völlige Legitimation erhielt.

Ziva und Tony – ein tolles Paar. Die beiden ergänzten sich und nahmen einander nicht so ernst und hätten das Potential gehabt, eine wunderbare Beziehung zueinander aufbauen zu können.

Und nun das.
 

Nun der Tod. Anders als Mike, dessen Tod sinnlos war, hatte sie ihren Abgang selbst gewählt. Es war ein Opfertod gewesen, berechnend und eiskalt ausgeführt, mit dem präzisen Ziel, ihren Freund davor zu bewahren, eine Dummheit zu begehen und sich selbst in Gefahr zu bringen. Sie musste schon, als sie auf dem Eis aufgeschlagen war, gewusst haben, dass sie keine Chance haben würde, von dort rechtzeitig zu entfliehen.
 

Gibbs war Marine gewesen. Den letzten Wunsch eines im sterben liegenden Kameraden zu erfüllen, war eines der ungeschriebenen und dennoch heiligsten Gesetze, die er sich vorstellen konnte. Nichts, nicht einmal der Tod selbst, würde Gibbs davon abhalten, den Wunsch Zivas zu respektieren, eine alternative Route zur anderen Uferseite zu finden und sich zu dem Bürokomplex durchzuschlagen.

Er wollte verdammt sein, wenn sie es nicht schafften.

Und dann die Reaktion von Tony.

Er hatte zuerst einfach ins Leere geblickt und dann eine Art Vision gehabt, denn die Gesichtszüge des Halbitalieners zeigten eine Vielzahl an Emotionen. Von Trauer über Freude bishin zu nackter Panik reichte das Spektrum, die Bandbreite.

Der Marine in Gibbs wusste, dass man sich endlich in Bewegung setzen musste. Wenn Traceless tatsächlich hier war, wenn er in diesem Gebäude auf sie lauerte, dann würde er nun wissen, dass sie hier waren und dann wären sie momentan ein viel zu leichtes Ziel.

Ausserdem mussten sie in das geschütztere Bürogebäude.

Und ehe Gibbs realisierte, was er gerade getan hatte, hatte sich seine Hand in Bewegung gesetzt und seinem Untergebenen eine schallende Ohrfeige versetzt. Im ersten Moment spürte der blauäugige Leitwolf die Schmerzen in seiner eigenen Hand und als zweites eine Art schlechten Gewissens. Nicht so sehr, weil er Tony eine Ohrfeige versetzt hatte, sondern vielmehr, weil es ein Verstoß gegen seine eigene Regel war. Und diese hatte er von Shannon übernommen. Er hatte etwas in den Schmutz gezogen, das seiner ersten, seiner wahren Liebe eigen gewesen war. Es dauerte nur einen Bruchteil einer Millisekunde, bis er sich wieder gefangen hatte, aber in dieser Zeit ging er durch die Hölle. Dann fing er sich wieder, war wieder er selbst, stark, streng, selbstsicher und kontrolliert.
 

Die grünen Augen DiNozzos tauchten vor ihm auf und er konnte eine starke Verwunderung in ihnen lesen.

„Hast Du mich gerade geohrfeigt?“

„Ja.“, machte Gibbs, einerseits tief verletzt, andererseits froh, dass sie wieder in Aktion fallen konnten und stockte, als DiNozzo ihn plötzlich umarmte.

„Danke, Boss.“, sagte er nur knapp und lies ihn dann wieder los, „Das habe ich gebraucht.“
 

Das war noch nicht einmal gelogen. Zwar war mörderische Wut in ihm aufgestiegen, als er den Schlag gefühlt hatte, aber dann war die Ratio, der Verstand, wieder in Aktion getreten und er hatte sich daran erinnert, weswegen sie hier waren.

Um Ziva trauern, das konnte, das musste er auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Jetzt galt es erst einmal, diesen Typen zu finden, der die ganze Sache eingebrockt hatte, wozu sie diesen Fluss überqueren mussten. Die fehlende Brücke war natürlich ein Problem, denn dem ersten Blick nach zu urteilen fand sich keine weitere Überquerungsmöglichkeit.

Es gab nur den Weg, den Ziva genommen hatte und das hieß, sie war nicht nur umsonst gestorben, sondern hatte ihnen die Aufgabe zusätzlich noch unmöglich gemacht.

Eine tiefe, urwüchsige Irrationalität ergriff von DiNozzo Besitz, er musste irgendwas tun, also beugte er sich vor, formte den vor ihm liegenden Schnee zu einem Schneeball und feuerte ihn mit schnellem Schwung und dahintersitzender Kraft über den breiten Fluss.

Gibbs sah zu ihm und nickte anerkennend. Doch Tony sah, dass es nicht ernst gemeint war und hörte den Sarkasmus, der aus den nächsten Worten des Ermittlers troff: „Toll. Wenn Du mich jetzt auch noch rüberwerfen willst…“

„Ich musste meine Wut an irgendwas auslassen.“, stellte der Halbitaliener fest und sah seinen Freund und Chef an, der erneut nickte.

„Versteh ich“, sagte er dann und ließ seinen Blick erneut über das Areal schweifen, ehe er sich zu Tony wandte: „Regel 53. Niemals aufgeben, niemals kapitulieren.“

Der Halbitaliener schaute ihn an, murmelte ein „Jetzt klaut er auch noch aus ‚Galaxy Quest’ und zuckte fragend mit den Schultern. Er hatte nicht einmal den Schatten einer Ahnung, was Gibbs nun wieder meinte, also schaute er sich erneut um, blickte dann zur verfallenen Ruine des Fertigungsbereiches und deutete auf die Fließbänder.

„Sag mal, meinst Du, dass jemand, der hier bei MadCow-Middleton in dieser Eiseskälte arbeitet, mehr Meter geht, als er eigentlich müsste?“

Gibbs schaute ihn aus eisblauen Augen an, und Tony wusste, er hatte mit dieser Vermutung ins Schwarze getroffen.
 

Sie waren nun schon ein paar Minuten damit beschäftigt gewesen, den Fließbändern zu folgen. Tatsächlich war das Gebäude über eine Art „Wartungsschacht“ mit dem Hauptgebäude verbunden und so fanden sich Tony und Gibbs nach ein paar weiteren Minuten in einer abgrundtiefen Schwärze wieder, die sie durch spontanes Anknipsen ihrer Taschenlampen vertrieben.

„Wie gut, das wir die Dinger mitgenommen haben“, lächelte Tony seinem Chef zu und es war beinahe so, als haben sie den Verlust ihrer guten Freundin für den Bruchteil einer Sekunde vergessen.
 

Calvin Nathan Cat saß auf einem Stuhl, die Lehne zur Tür der Krankenstation ausgerichtet und betrachtete nachdenklich das schöne Gesicht der Israelin, die gerade unter diversen Decken vor sich hindämmerte. Die Hand des Captain spielte mit dem Insignienkommunikator, der Brosche, die er von der durchnässten Kleidung der Frau geborgen hatte, ehe man ihn herausgeschickt hatte, um sie zu entkleiden und dann unter etlichen Decken zu begraben. Er konnte sich nicht helfen, seufzte und schüttelte den Kopf.

Erneut schaute er zu Ziva: „Es tut mir leid. Es tut mir so leid.“

Dann spürte er eine warme Hand auf seiner Schulter, wandte sich um und sah in die blauen Augen Gina Intruppers.

„Hey“, lächelte sie und schaute ihn dann ernst an: „Cal, du kannst nichts dafür. Es ist nicht deine Schuld.“

„Doch“, erwiderte er mit Grabesstimme, „Ich hätte die drei nicht auf die Mission schicken dürfen, ich hätte sie gar nicht erst in die Sache mit hineinziehen dürfen.“

Sanft ließ die hübsche blonde Ärztin ihre Hand über die Wange ihres Captains gleiten: „Mein Lieber, wenn Du an einer Sache Schuld bist, dann daran, dass Du die Besten an dem Fall haben wolltest. Und das sind die Mitglieder des Major Case Response Teams.“

Dies schien jedoch wenig Erfolg zu zeitigen, denn der Captain sprang auf und schaute sie, mit einem Anflug irrationaler Wut in den Augen, an: „Das ist doch Scheiße! Traceless is irgendwo auf dem Planeten, Gibbs und Tony können momentan auch nicht gefunden werden, weil wir all unsere Kapazitäten für die Suche nach Tracyboy einsetzen, der wieder verschwunden ist, und Ziva ist … tiefgefroren!“

Und gerade, als Gina etwas sagen wollte, krümmte sich der Captain, verzog sein Gesicht und ballte die Fäuste so kräftig, dass die Knöchel weiß hervortraten.

Besorgt trat sie auf ihn zu: „Cal? Alles in Ordnung?“

Der Angesprochene knirschte mit den Zähnen, richtete sich auf und für den Bruchteil einer Sekunde schien es so, als würde ein orangener Glanz von ihm ausgehen.

Schnell griff Gina ihren Tricorder, richtete ihn auf ihren Chef, scannte ihn und stutzte.

Zeigte das Ding gerade zwei…

Der Bildschirm flackerte und Cal räusperte sich.

„Alles in Ordnung, Gina?“

Kurz blickte die Doktorin verdattert auf, wandte sich dann wieder ihrem Tricorder zu und nickte dann: „Ja… hier war nur gerade eine merkwürdige Anzeige. Nach diesem Tricorder hattest Du für den Bruchteil einer Sekunde zwei Herzen.“

Cal grinste, zuckte mit den Schultern und sagte, sich kurz schneuzend: „Zwei Herzen? Was bin ich denn? Ein Timelord? Womöglich noch der Doctor, was?“

Erneut grinste er, klopfte Gina auf die Schulter und wandte sich zum Gehen.

Verblüfft schaute die Ärztin ihm hinterher. Vermutlich war es einfach nur ein sehr eigener Weg mit Selbstzweifeln und Selbstvorwürfen umzugehen.

Oder er wurde langsam, aber sicher völlig verrückt. Dann müsste sie Maßnahmen ergreifen.
 

„Es gibt keine größere Quelle der Angst, als eine verschlossene Tür.“, zitierte Tony und er war geneigt, Alfred Hitchcock, der diesen Satz angeblich gesagt haben soll, zuzustimmen. Man wusste nicht, was sich dahinterbefand. Während der Altmeister des Films diesen Satz darauf bezog, dass man hinter verschlossenen Türen wunderbar seinen Mörder in Stellung bringen konnte – sei es Anthony Perkins als Norman Bates in Psycho oder Cary Grant als Johnny Aysgarth in Alfred Hitchcocks „Verdacht“-Verfilmung – konnte DiNozzo hier festhalten, dass es stimmte. Nach allem, was sie bisher erlebt hatten, könnte sich hinter dieser verschlossenen Tür ein schleimiges Alien befinden, Traceless, der sie mit einer Kanone angreifen wollte, die sie in ihre Atome auflöste – der amerikanische Sprachgebrauch verwendet hier gerne den Ausdruck „to blow to Smithereens“, wobei Tony nicht wusste, wo, wer oder was die Smithereens waren. Es könnte auch sein, dass eine gute, altmodische Sprengfalle an die Tür angebracht war.
 

Und hier zeigte sich, dass Leroy Jethro Gibbs Vollprofi war. Er untersuchte die Tür mit dem Gespür eines trainierten Agenten, klopfte einige male sanft dagegen und öffnete sie dann.

Nichts.
 

Keine Explosion, die ihr Leben beenden würde – nichts.

Beruhigt schlichen Gibbs und Tony weiter.

Zwar waren die eingeschlagenen Fenster, denen sie unterwegs begegneten sehr freundlich und einladend für die kalte Luft, allerdings war es hier nicht so kalt wie draußen. Dies war ein beruhigender Fortschritt, dem sie allerdings nicht mehr allzulange ausgesetzt waren. Gibbs wandte sich an Tony, plötzlich hörte der Halbitaliener ein singendes Geräusch und alles verschwand um ihn herum.
 

Es war ein furchtbares Gefühl gewesen, zu wissen , dass man sterben würde, zu wissen , dass kein Ausweg existierte, kein Trick, kein gar nichts. Und Ziva David wusste es. Es war ihr auf elementarste Art und Weise bewusst. Sie lag auf dem Eis, die Kälte biss ihr trotz gefütterter Kleidung in den Körper – und das Knacken und Knirschen von brechendem Eis kam immer näher.

Sie hörte das Kämpfen Tonys um sie, hörte, wie er sich mit Gibbs anlegte, um auf das Eis und sie zuzukommen und hoffte, dass Gibbs ihm bald genug sagen würde, dass dies nicht nur sinnlos, sondern auch dumm war. Sie schaute ihn an, sah, wie er den Kopf herumwarf und sie ansah – und realisierte, dass er ihre Angst sah.

Kurz schloss sie die Augen – es gab keinen anderen Weg.

Oh, sie könnte versuchen, sich nach vom Eis zu robben, aber die Kälte hatte ihren Körper so gut wie betäubt. Sie spürte unter sich das erste Knacken und wusste, dass sie nicht mehr lange auf dem Eis bleiben würde.

Sie holte Luft, hoffte, dass ihre Stimme stark bleiben würde, während sie den Namen ihres Chefs rief: „Sucht einen anderen Weg!“

Es war eigentlich nur logisch gewsen, das zu tun, was sie nun tat. Sie griff nach ihrer Waffe, zog sie und überprüfte, ob sie noch geladen war. Befriedigt und grimmig nickte sie, richtete die Waffe auf das Eis unter ihr und drückte ab.

Ehe sie realisierte, das das Eis gesplittert war, fiel sie schon ins Wasser, wurde nach unten gezogen und versuchte, wieder nach oben zu kommen. Die Kälte biss ihr nun in den kompletten Körper, das Rauschen des Wassers, die Strömung, das alles trug dazu bei, dass sie die Orientierung verlor. Wasser drang in ihre Lungen, sie versuchte, gegen die Panik anzukämpfen, die in ihr aufstieg und hoffte, dass sie ohnmächtig sein möge, bevor ihr die Luft ausginge.

Dann veränderte sich die Umgebung. Erst hörte sie ein Singen, dann sah sie das bekannte Mosaikmuster des Beamens und dann – ehe sie das Bewusstsein verlor, nahm sie die Umgebung der Krankenstation wahr. Dann umfing sie Dunkelheit.

Als sie wieder zu sich kam, war das beißende Gefühl der Kälte fort. Stattdessen umfing sie Wärme, einer Bettdecke gleich. Und als sie sich genauer konzentrierte und ihren Kopf hob – eine Prozedur, die momentan ziemlich schwer war – stellte sie fest, dass man sie in mehrere Decken eingewickelt hatte.

Gleichermaßen wurde ihr gewahr, dass neben ihr eine Person saß. Wer es war, konnte sie momentan noch nicht sagen, aber sie war sich eigentlich sicher, dass es Tony sein musste. Wer würde sie sonst auf der Krankenstation der Dragonfly besuchen?

Die Person bemerkte sie jetzt, beugte sich über sie und nun konnte sie die Gesichtszüge des Captains erkennen.

„Ziva?“, fragte er, hob den Kopf und wandte sich an Personen, die sie noch nicht wahrgenommen hatte, „Hey, Leute, sie ist wach.“

Die attraktive Agentin versuchte den Kopf zu drehen, was ihr nur Millimeter für Millimeter gelang und spürte immer noch die Auswirkungen der Ohnmacht, die sie übermannt hatte. Ein Blinzeln später hatte sich ihr Blick wieder scharfgestellt und sie erkannte Tony, Abby, McGee und Gibbs, die sie besorgt anblickten.

Der Halbitaliener war der Erste, der vortrat, anscheinend nach einem längeren Wortgefecht zwischen ihm und Abby, so wie die Laborgoth ihn anblickte. Aber als die angeschlagene Agentin in die grünen Augen ihres Partners schaute, sah sie, wie krank er vor Sorge um sie gewesen sein musste. Diese Augen, die lebhaft funkeln konnten, in denen der Schalk glitzerte, wirkten leblos und fahl.

„H… hey“, murmelte sie und merkte, wie ihre Stimme noch nicht das vollständige Sprechpotential erreicht hatte. Es war eher ein schlaffes Atmen, dass ihre Kehle hervorbrachte und sie war sich sicher, dass sie ebenfalls nicht unbedingt wie ein Model wirkte.

Sie haben geweint , so realisierte sie, als sie die Augen Tonys, als auch Gibbs betrachtete, Hielten sie mich für tot?

Das mochte eine logische Schlussfolgerung sein, sie selbst war sich sicher gewesen, diese Angelegenheit nicht lebendig zu überstehen.

Kurz räusperte sie sich, schaute Tony wieder an, der gerade versuchte, irgendwas zu sagen, aber offenbar das monumentale Problem hatte, das ihm die Worte fehlten.

Wie so häufig , schoss es ihr durch den Kopf und lächelte, wenngleich es vermutlich eher blass und kraftlos wirkte.

„DiNozzo, du siehst mitgenommen aus.“, krächzte sie, was den gewünschten Erfolg zeitigte. Die Mundwinkel des Anglo-Italieners zuckten verräterisch und in seinen grünen Augen funkelte Amüsement. Sie sah, wie er begann, sich besser zu fühlen und spürte, wie die Wärme durch ihren eigenen Körper pulste.
 

Calvin Nathan Cat betrachtete diese Versöhnung von einigen Metern Entfernung, mit sichtlicher Erleichterung. Er hatte sich in den Halbschatten zurückgezogen, um diesem Bild der Hoffnung beizuwohnen, mit einem Lächeln auf den Lippen.

„Wie gut“, dachte er sich, „das wir mit Scotty einen so fähigen Mann auf dem Schiff haben.“

Er wusste nicht, wie der Hühne mit den raspelkurzen Haaren es hinbekommen hatte, dem störrischen Computer beizubringen, dass sie sich nicht darum scherten, dass es nicht empfohlen wurde, einen Suchlauf abzubrechen, vermutlich hatte er einige Male geflucht, gegen den Computer geschlagen und getreten und hatte ihm den Mittelfinger gezeigt – aber wie auch immer der Mann es gemacht hatte – es hatte funktioniert.

Der Captain betätigte seinen Kommunikator: „Cat an Silverbird? Lass den Computer mal weiter nach Traceless suchen. Wir haben Gibbs und Tony auf die Krankenstation gebracht und sie sind wohlauf.“

„Verstanden.“, erklang die angenehme Stimme seiner X.O., seiner Freundin und gerade, als er die Verbindung abbrach, spürte er wieder leichte Schmerzen, die durch seinen Brustkorb jagten.

Er hob seine linke Hand, brachte sie vor seine Augen – zitterte er? Leuchtete er orange?

Dann war alles wieder vorbei und Cal atmete tief durch. Er blickte zu Ziva, die ihn anschaute, nickte ihr zu und wandte sich dann ab.
 

Die Israeli blickte ihm stirnrunzelnd hinterher. Dann wandte sie sich an Gibbs: „Mit ihm stimmt was nicht.“
 

Was bewog ihn eigentlich, das zu tun, was er gerade tat? Wieso folgte er diesem Mann gerade durch die Gänge seines eigenen Raumschiffes?

Weil Ziva ihm gesagt hatte, dass sie glaube, dass mit Cal etwas nicht stimme – und auf das Bauchgefühl seiner Mitarbeiter gab er genau so viel, wie auf sein Eigenes. Eine seiner Regeln besagte, dass man Menschen entweder so folgen sollte, dass sie nicht bemerkten, dass sie verfolgt wurden, oder so, dass sie nur den Verfolger, aber niemand anderen bemerkten. Gibbs entschied sich für die erste Auslegung des Regel und machte sich daran, unter optimaler Ausnutzung diverser Versteckmöglichkeiten, dem Captain der Dragonfly zu folgen, denn, wenn er ehrlich war, glaubte er Ziva und hatte bei dem Offizier sowieso ein merkwürdiges Gefühl. Der Captain benahm sich seit ein paar Minuten irgendwie merkwürdig, schien unter Strom zu stehen, so, als habe man seine komplette Persönlichkeit ausgetauscht. Konnte es tatsächlich sein, dass dieser Mann, dem er gerade folgte, jener ominöse Traceless war? Gab es ihn überhaupt?
 

In den letzten Wochen hatte man zwar intensiv nach Traceless gesucht, ihn aber nicht gefunden. Vielleicht hatte man ihn nicht finden können, - wie auch, wenn der Mann in Wirklichkeit auf der Brücke der Dragonfly war und die Suche nach sich selbst koordinierte?

Hier stimmte wirklich etwas nicht.

Und gerade, als Gibbs diese Erkenntnis getroffen hatte, zuckte Cal zusammen und bog sich, wie unter Krämpfen, sich den Magen haltend. Sich aufrichtend, ging Cal weiter – zuerst langsam, dann schneller, bis er schließlich rannte. Gibbs reagierte so, wie er es sich selbst innerhalb von Jahren mühevollen Trainings eingeimpft hatte. Er zog seine Pistole, trat aus der Deckung und brüllte: „BUNDESBEAMTER! KEINE BEWEGUNG.“

Der Captain stoppte, wandte sich um und schaute den Mann an, der da gerade seine Waffe auf ihn richtete. Erneut verzog er das Gesicht und krümmte sich. Seine Hände krampften sich zusammen und die Knöchel traten weiß hervor, ehe eine Last von ihm zu fallen schien, denn plötzlich atmete er wieder durch, richtete sich auf und schaute Gibbs an: „Entschuldigung, ich… ich glaube ich… ich müsste mal.“

Damit deutete er auf die Tür neben sich: „Wenn ich… also, ich möchte nicht unbedingt, dass an Bord meines Schiffes ein Malheur passiert.“

Die Waffe immer noch erhoben, schaute Gibbs den Captain über den Lauf der Pistole an, gab ihm durch ein leichtes Kopfnicken zu verstehen, dass er ihm die Chance geben würde, sich zu erleichtern, aber dass er, wenn Cal Dummheiten machen würde, nicht zögern würde, abzudrücken. Dankbarkeit schien in den Augen des Offiziers aufzuflackern, er wandte sich zur Tür und betrat das, was offenbar eine öffentliche Toilette war.
 

Gina Intruppers Mantel wehte, als sie schnellen Schrittes die Brücke betrat, hinter ihr her, wie das Cape einer Superheldin. Sie trat auf Agatha zu, blickte zu ihr und nahm Haltung an.

Agatha, die gerade in der Lektüre der Kurzgeschichte „Gibt es ein Leben nach der Todesanzeige“ von Ephraim Kishon gesteckt hatte, legte das PADD zur Seite und blickte die drahtige Ärztin mit unverhohlener Neugierde an. Die XO wusste, dass nun der Satz von ihr erwartet wurde, der an diesen Stellen immer kam: „Steh bequem.“

Diesem Befehl kam die hübsche Ärztin bereitwillig nach, blickte kurz auf den Platz, auf dem Cal sonst immer saß, ehe sie Platz nahm und die langen Beine übereinanderschlug.

„Was liest Du?“, fragte Gina – Agatha ahnte jedoch, dass diese Frage lediglich eine Floskel war. Nichtdestotrotz antwortete sie, nahm sich das PADD wieder hervor und las eine besonders amüsante Stelle aus der Kurzgeschichte des Satirikers und Humoristen vor.

Sie schaute die italienische Ärztin an und war sich sicher, dass in ihren Augen so etwas wie Neugierde zu sehen sein würde, als sie fragte: „Was meinst Du, was würde wohl uns Ziva dazu sagen?“

„Keine Ahnung“, zuckte die chief medical officer (CMO) mit den Schultern und erwiderte ihren Blick. Agatha erkannte, dass in diesen verzaubernden, blauen Augen viel Sorge funkelte. Sie legte das PADD beiseite, runzelte die Stirn und deutete auf das Büro des Captains: „Ich nehme an, du möchtest etwas Berufliches mit mir besprechen?“

Noch bevor die Ärztin genickt hatte, machte Agatha eine Geste, das sie bitte vorgehen möge.
 

Das Büro Cals war nicht wirklich dekoriert. Zwar handelte es sich um ein Schiff der Intrepid-Klasse und besaß somit die entsprechenden Raumkonfigurationen, die dem geneigten Voyager-Fan geläufig sind, allerdings konnte man nicht behaupten, dass der Captain dem Thema „Innenausstattung“ viel Bedeutung beimaß. Man fand – neben den üblichen Polstermöbeln, einem Schreibtisch und zwei Stühlen, zwei künstliche Pflanzen, ein schönes, gebundenes Buch mit einem Umschlag, der aus rotem Samt bestand, und in den eine Art Medallion eingelassen war, das zwei Schlangen zeigte, die einander in den Schwanz bissen und – wo wir gerade bei Schlangen sind – ein Terrarium mit zwei ausgewachsenen und einer Baby-Schlange. Als die Tür zischend aufglitt, schien selbige Baby-Schlange es nicht einmal einer Erwähnung wert. Sie hob kurz den Kopf, züngelte, und ließ ihn dann wieder sinken.
 

Ginas Mantel flatterte immer noch wie das Cape Supergirls, als sie den Raum betrat und sich zu der ihr folgenden Agatha umwandte. Diese schaute sie kurz amüsiert an, legte dann fragend den Kopf schief.

Doktor Intrupper stemmte die Hände in die Hüften, bemerkte, dass dies ihr Superheldenimage noch mehr zementieren würde und lies sie sinken.“

„Agatha“, setzte sie an, „ich…“

„Ja?“, fragte die XO und ging zum Replikator: „Computer, einen Raktajino, doppelt schwarz, doppelt stark, doppelt süß.“

Es piepste, und das bestellte Getränk erschien im Ausgabefach.

Schlechte Gastgeberin! , schoss es ihr durch den Kopf und sie schaute zu Gina: „Sorry… möchtest Du auch was?“

Die CMO schüttelte den Kopf: „Nein, muss nicht sein. Ich bin sowieso ein wenig konfus.“

Nickend setzte sich die XO auf die Couch, schlug ihre Beine übereinander und trank einen Schluck, ehe sie die Tasse auf den Tisch stellte. Dann schaute sie ihre CMO an: „Was bedrückt dich?“

„Ich weiß es noch nicht einmal.“, erklärte Gina, trat näher und ließ sich auf der Couch nieder, wobei sie ihre Beine ausstreckte, „Ich… es ist so. Cal hatte gerade eine Art Anfall – einen Krampf oder so.“

Agatha merkte, wie ihr Herz schneller schlug und sie wandte ihren Kopf so heftig zu Gina herum, dass ihr Nacken sich anscheinend beschweren wollte und ihr Schmerzimpulse sandte.

„Au!“; machte sie kurz, schaute die Ärztin dann an und fragte: „Eine Art Anfall?“

Gina nickte bestätigend: „Ja – er … er krümmte sich vor Schmerzen, schien dann orange zu glühen und …“

Sie machte eine Pause, schaute der XO in die Augen und atmete durch: „Agatha, ich habe ihn gescannt. Er hatte für den Bruchteil einer Sekunde zwei Herzen.“
 

Die Tür der öffentlichen Toilette blieb für eine Weile geschlossen, aber Gibbs konnte aus ihr Schmerzensschreie hören. Und wenn man bedachte, dass diese Türen dazu gedacht waren, schallisoliert zu sein, mussten die Schreie, die auf der Toilette abgegeben wurden, verdammt laut sein.

Gibbs hatte dem Captain einige Minuten gegeben, um sich zu fangen, aber er schien immer noch Schmerzen zu haben. Vorsichtig trat der Agent näher, die Tür glitt auf und er stockte.

Was hatte er eigentlich erwartet?

Natürlich das, was man sich allgemeinhin unter einer Öffentlichen Toilette vorstellte – unter anderem katastrophale hygienische Zustände. Aber dieser Raum war sauber. Und nicht nur sauber, es würde Gibbs sogar nicht überraschen, wenn dieses öffentliche Klosett keimfrei wäre.

Der Schrei, der aus der hintersten Kabine kam, war laut und schmerzerfüllt. Gibbs fuhr herum, seine Waffe schussbereit gemacht und bereit, im Zweifelsfall abzudrücken. Er stockte abermals, als er sehen konnte, wie unter der Türrille orangenes Licht pulste. Und jedes mal, wenn Cal schrie, wurde das organene Leuchten immer greller, bis es sogar nach Gelb changierte.

Und dann eruptierte eine ungeheure Energie aus der letzten Kabine. Die Schreie Cals wurden lauter und lauter, bis sie nicht mehr nach der Stimme des Captain klangen. Gibbs trat näher, hämmerte an die Tür: „Cat, sind Sie in Ordnung?“

Täuschte es ihn, oder klang der Captain wirklich anders? Jünger, vitaler?

„Ja, mir geht es gut.“, antwortete er, ehe sich die Tür öffnete und der verschwitzte Kopf Captain Calvin Cats aus der Kabine lugte: „Könnten Sie mich eventuell entschuldigen? Ich… ich glaube, ich hab das Chilli nicht vertragen.“

Das war eine so offensichtliche Lüge, dass Gibbs sich fragte, ob er ihn darauf ansprechen sollte, aber als der Captain die Tür schloss, schüttelte der Chefermittler den Kopf. Der Captain war einfach merkwürdig, daran würde sich vermutlich nie etwas ändern.
 

Gina verengte ihre Augen zu Schlitzen. Gerade hatte Agatha viel zu offensichtlich versucht, die Theorie, dass Cal kurzzeitig zwei Herzen hatte, als „Irrtum der Technik“ abzutun. Eigentlich war sie sogar geneigt, dies zu glauben, das Problem an der Sache war, dass sie danach etliche Tests mit genau diesem Tricorder durchgeführt hatte und dieses Messgerät einfach mit Spitzeneffiziens operierte. Das heißt – es konnte kein Messfehler sein, kein Irrtum. Und wenn man bedachte, was ihnen alles passiert war, wäre ein kurzzeitig auftretendes doppeltes Herz nicht gerade etwas, was sie mit größter Vorsicht beäugen müssten.

Normalerweise hätte sie es Agatha berichtet, die hübsche XO beruhigt und ihr gesagt, dass sich alles wieder finden würde, aber der Fakt, dass ihre beste Freundin viel zu offensichtlich versucht hatte, das ganze abzuwiegeln, machte sie neugierig.

Was wusste Agatha, was Gina über ihren ehemaligen Freund nicht wusste?

Sie schaute die XO an: „Einen Messfehler kann ich zu 90 Prozent ausschließen.“

„Versuch, hundert draus zu machen.“, entgegnete Agatha, was Gina ein leichtes Stirnrunzeln entlockte: „100 %? Wie soll das gehen?“

Die schöne Rothaarige lächelte, lehnte sich zurück und schaute ihre Freundin und Ärztin an: „Klar geht das nicht. Aber, du kannst nicht…“

„Ich weiß, was ich gesehen habe. Mein Exfreund – dein Freund – hat orange geleuchtet und…“, setzte Gina an, als die Stimme des Chefingenieurs, aus dem Kommunikator kommend, unterbrach, „Middlegate an Silverbird?“

Irgendwie schien Agatha froh über diese Ablenkung zu sein, betätigte ihren Kommunikator und beantwortete den Ruf.

Was war mit der XO los? Wieso war sie so … Gina konnte es noch nicht einmal sagen, was ihr an dem Verhalten merkwürdig vorkam – doch dieser unbekannte Faktor störte sie.

Dann hörte sie die Stimme Scottys: „Irgendetwas stört unseren Antrieb. Ich habe mich schon mit Jill kurzgeschlossen – es ist eine Art Strahlung, die aus der hintersten Kabine der öffentlichen Toilette Epsilon gedrungen ist. Sie tauchte eruptionsartig auf und ist nun wieder verschwunden.“

„Verstanden.“, sagte die XO und betrat die Brücke.

Gina blickte ihr verdattert hinterher – was war da wieder passiert?
 

Gibbs schloss die Tür hinter sich, öffnete den Reißverschluss seiner Hose hörbar und schloss ihn dann wieder leise.

„Entschuldigung“, sagte er so, dass der in der Kabine neben ihm sitzende Cal ihn hörte.

Die Stimme des Offiziers klang ein wenig angespannt, denn das orangene Leuchten, das Gibbs wieder sah, wurde wieder stärker: „Wenn Sie nicht sterben wollen, Gibbs, gehen Sie. Gehen Sie und versuchen Sie, soviel Platz wie Möglich zwischen sich und mich zu bringen.“

„Warum?“, fragte der leitende Chefermittler und sie schien ihm richtig, weil angemessen.

Der Mann in der anderen Kabine knirschte hörbar mit den Zähnen: „Ich… ich kann es ihnen nicht erklären, es ist… viel zu … kom… pliziert.“

„Ich bleibe hier!“; erklärte Gibbs entschieden und die Stimme des Captains überschlug sich: „Wenn Sie hier wie Murtaugh sterben wollen, bitte!“

Und dann eruptierte die Energie wieder, dieses mal noch gewaltiger, so stark, dass die Trennwand zwischen der Kabine des Captains und der Kabine Gibbs von einem Strom aus grell-oranger Energie durchschlagen wurde.

Erneut schrie der Captain, dann hörte es auf.

Aus der Kabine, in der sich Cal verbarrikadiert hatte, hörte er das Geräusch eines fallenden Körpers, spähte unter der Trennwand hindurch und sah in das Gesicht eines anderen Mannes.

Und gerade, als er etwas tun wollte, öffnete der Andere die Augen, wurde von einer unsichtbaren Macht angehoben und dematerialisierte mit ihr.

Dann klopfte es an der Tür, die seine Kabine abschloss, Gibbs öffnete und schaute in das verblüffte Gesicht des Captain.

„Was machen Sie hier?“, fragte er und Gibbs runzelte die Stirn: „Wie, was mache ich hier? Sie waren doch gerade in dieser anderen Kabine?“

Der Captain rollte mit den Augen: „Hat sich Traceless wieder für mich ausgegeben?“

„Das würde auch erklären, dass er plötzlich wie jemand Anders aussieht.“, nickte Gibbs, ehe er ihn ansah: „Aber was war das denn für eine grell-orange Energie, die er abgab?“

Kurz ihn anschauend, wandte sich Cal dann ab, richtete seine Uniform, von der Gibbs erst jetzt bemerkte, dass er sie offenbar gewechselt hatte und schaute den leitenden Chefermittler durch den Spiegel an: „Jedes Mal, wenn Traceless sich verwandelt, wird eine ungeheure Menge an Energie frei. Die Metamorphose, die er normalerweise durchlebt, dieses Schmelzen, das wir auch von den Gründern kennen, hängt damit zusammen, dass er …“

Er stockte, als er den genervten Blick seines Gegenübers wahrnahm.

„Okay – knapp gesagt: Manchmal schmilzt er, besonders wenn er angeschossen wurde, aber er kann auch anders. Besonders, wenn er lange Zeit nicht metamorphiert hat. Er kann zwischendurch nicht stehen bleiben, also muss er andere Formen, Gesichter oder sonst was annehmen. Wenn er es nicht macht, wird er … instabil. Und dann passiert sowas.“

„Ich verstehe.“, nickte Gibbs und schaute den Captain durch den Spiegel an: „Und wer sagt mir, dass Sie Sie sind?“

Der Mann zuckte mit den Schultern: „Und was meinen Sie, was sich dann gerade auf dem Klo verwandelt hat? Cal? Meinen Sie, ich metamorphiere jetzt auch vor mich hin?“

„Captain?“, knurrte Gibbs und zog seine Pistole.

Kurz auf den Lauf der Waffe schielend, schluckte der Captain, legte eine Hand sanft auf die Waffe und ballte die Andere zur Faust, um sie in das Spiegelbild zu treiben. Rotes Blut tropfte von der Wunde und vom Spiegel in das Waschbecken.

„Au!“, machte der Offizier, bewegte probehalber seine Hand und schaute zu Gibbs: „Sind Sie nun zufrieden?“

Der Special Agent nickte.
 

Mit verbundener Hand und einer etwas mißmutigen Miene saß Cal im Besprechungsraum der Dragonfly, zusammen mit Gibbs, Ziva, Tony, Agatha und Gina.

„Ich find es eigentlich fast schon ein wenig beleidigend, dass Ihr mich nicht von Traceless unterscheiden konntet.“, grinste der Captain amüsiert, was ein unterdrücktes Seufzen von Agatha und ein Augenrollen von Ziva als Erfolg zeitigte. Offenbar bemerkend, was für einen Bock er da geschossen hatte, legte der Offizier eine Hand auf die Agathas, um ihr sanft zuzulächeln: „Aber ich bin sicher, du hast dein Bestes gegeben, mein Rotschopf.“

Die XO schaute ihn mit einer Mischung aus Amüsement und Genervtheit an: „Jaja, du mich auch.“

Dann wandte sie sich an das Major Case Response Team: „Und was habt Ihr herausgefunden?“

McGee räusperte sich und stand auf: „Dort, wo ihr Tony, Ziva und den Boss abgesetzt hattet, bevor das alles passierte, befand sich eine Zweigstelle der Firma „Mad Cow Middleton Inc“. Ich habe mal einige Erkundigungen eingezogen. „Mad Cow Middleton“ war ein Katzenfutterhersteller, dessen Hauptsitz in Washington D.C. hatte, bevor er im Zuge der Bankenkrise insolvent wurde. Interessant ist hierbei, dass die Middleton Inc. nicht nur in Katzenfutter machte. Ich habe die Aktivitäten der Firma bis in die frühen Achtziger zurückverfolgen können, damals noch unter der Leitung der beiden Geschäftsführer Walter Harriman und Peter Sell. Ihre erste Firma, Harriman und Sell, verkaufte Sport-Utensilien, wobei sie mit der sogenannten „Lurzer K.G.“ zu Lurzer, Harriman und Sell fusionierten…“

„Wirklich rasend interessant.“, meldete sich Tony zu Wort, ehe er sich an Gibbs wandte, „Ich habe währenddessen mal meine Kontakte zum Washington P.D. spielen lassen. Das wirklich Interessante ist, dass in D.C. vor dem Firmenhauptquartier von „Mad Cow – Middleton Incorporated“ zwei Fahrzeuge stehen, deren Halter vermisst sind. Ein Jeep Cherokee, der auf einen Franz Meyer zugelassen ist und ein Polizeiwagen, der für einen Dave Speed zur Verfügung gestellt wurde.“

„Klingt auf jeden Fall nach einer Spur, der man nachgehen könnte.“, meinte Ziva und Cal nickte: „Klar – aber dieses mal gehen wir keine Risiken ein. Ich schicke euch ein komplettes Team mit, ausgestattet mit Phasergewehren vom Typ Drei – zu Deutsch: Die richtig dicken Dinger. Und Agatha, Gina und ich kommen auch mit. Wenn Traceless da ist, brenne ich darauf, ihm eine Revange zu geben.“
 

Gibbs saß im Besprechungsraum und starrte auf die gestirnte Unendlichkeit, die sich jenseits dieses Fensters erstreckte. Es war erschreckend, wenn man bedachte, was sich dort alles abspielen konnte – und man hatte nicht den Hauch einer Ahnung. Wer weiß, was sich jenseits der Kontrollmöglichkeiten des Planeten Erde so abspielte? Wer weiß, wer dort Krieg führen mochte oder sich daran machte, mit einer anderen Rasse zu verbünden? Und wer weiß, als was diese Lebensformen die Menschen ansahen? Alliierte? Partner? Nahrung?

Vermutlich würde er nie erfahren, was dort alles passierte und wenn er ehrlich war, war er darüber ganz froh. Zumal es wesentlich wichtigere Sachen gab, die nach Aufmerksamkeit schrien. Der entflohene Traceless zum Beispiel.
 

Der Captain dieses Raumschiffs hatte es sich in seinen Kopf gesetzt, den Gangster selbst jagen zu wollen und weder die Ermahungen seiner Freundin, noch die, die sein Team ausgesprochen hatten, schienen irgendwelchen Erfolg zu zeitigen.

Eigentlich konnte der SpecialAgent den Captain verstehen. Damals, als er selbst in der Situation gewesen war, sich an dem Waffenhändler zu rächen, hatte er nicht einmal gezögert. Und nun wollte er Cal sagen, dass er dieses ureigenste Bedürfnis, Rache an der Person, die ihn in diese Situation gebracht hatte, zu nehmen? Kein Stück. Schon gar nicht, wenn der Verbrecher für den Mord an Captain Stone verantwortlich zeichnete. Gut, eigentlich sollte er den Captain eher dazu ermutigen, sich gar nicht erst solchen Rachephantasien herzugeben und er würde ihn im entsprechenden Moment auch aufhalten, allerdings sahen 12 Augen bekanntlich mehr als nur Sechs.
 

Mit einem pneumatischen Zischen glitt die Tür zum Besprechungsraum auf und nicht nur Cal, Agatha und Gina betraten die Örtlichkeit, sondern auch Sebastian ‚Scotty’ Middlegate und ihm total unbekannte Personen, die zwar älter als die anwesenden Führungsoffiziere wirkten, dennoch – wie sich Gibbs durch einen Blick vergewissern konnte – waren sie im Rang unter den Jüngeren.
 

Tim McGee schaute verblüfft auf und stieß Ziva in die Seite: „Das… Das ist doch…“

Die hübsche Israeli reagierte, in dem sie ihn erst verwundert-wütend anblickte und dann zu den Typen herüberschaute. Dann zuckte sie mit den Schultern: „Keine Ahnung. Kennt man die?“

„Hey“, sagte McGee, „Du hast … hast Du nie Elite-Force gespielt? Das ist Fähnrich Munroe vom Hazard-Team!“

Einer der vier räusperte sich, deutete auf seine Rangpins und korrigierte, mit einem freundlichen Lächeln: „Lieutenant Munroe. Aber der Rest stimmt.“

Der Computer-Experte schaute den Captain verblüfft an: „Wieso haben Sie das Hazard-Team an Bord?“
 

Diese Frage lies den Captain schmunzeln. Ja, wie war das passiert?

Diese Menschen waren die Einzigen, die nicht in der damaligen Klassengemeinschaft Cals waren. Einige hatte man ihm zugeteilt, andere hatte er selbst ausgewählt.

So hatte er beispielsweise darauf bestanden, den Bolianer Chell, die Menschenfrau Telsia Murphy, die Betazoidin Juliet Jurot und Alexander Munro an Bord zu haben - diese Offiziere hatten als Hazard Team an Bord der Voyager gedient, ebenfalls während einer Krise, an Bord der Enterprise Dienst getan.

Gut, eigentlich hatte er nicht die große Wahl gehabt - Telsia, Jurot und Chell waren ihm laut Akte sehr kompetent erschienen, ebenso Alexander Munro und da er Telsia unbedingt an Bord haben wollte, hatte sich Munro, der mit ihr in einer festen Beziehung befand, ebenfalls um eine Versetzung gebeten.

Es hatte ein langes Hin und Her gegeben, als sich Cal mit Picard unterhielt, aber letztenendes hatte der Captain der Enterprise gelächelt und ihm, mit leicht französischem Akzent gesagt, das er die beiden haben könne, und hatte ihm dann ‘bonne chance’ gewünscht, was ‘viel Glück’ auf Französisch bedeutete.

Der Zwischenfall bei Vektor Sigma kam Cal dabei zu Gute. Damals war ihnen Q erschienen, hatte die Crew der Dragonfly in Kindergartenkinderkörper auf der Erde gesteckt und zugesehen, was passierte. Dieser Zwischenfall erbrachte Cal und seiner Crew nach der Erfolgreichen Lösung die Reputation, sich ebenfalls mit Q herumschlagen zu können. Dies ließ ihn wieder in Kontakt mit diversen Crewmitgliedern der Enterprise, der Station Deep Space Nine und der Voyager treten, die alle diverse Erfahrungen hatten und begierig darauf waren, sie auszutauschen.

Dieser Zwischenfall war es offenbar gewesen, der dem Captain die Chance gegeben hatte, die Eliteeinheit zu bekommen.

Das die Anwesenheit dieses Teams nur aufgrund puren Zufalls passiert war, mussten die NCIS-Mitarbeiter natürlich nicht unbedingt erfahren, also räusperte sich der Captain und schaute zu Munroe, der ihm lächelnd zunickte und sich dann an McGee wandte: „Captain Cat hat uns angefordert und wir wurden hierher versetzt. So einfach ist das.“
 

„Ah!“, machte der Computerexperte und schüttelte innerlich den Kopf. Das Hazard-Team… hier. Wie oft hatte er die Nächte zum Tage gemacht, weil er diese verdammte Mission auf dem Alienschiff oder auf der Scavenger-Basis nicht geknackt hatte. Wie häufig hatte er geflucht und wie häufig hatte er nur noch die Ausflucht in den Cheatcode gewusst?

Und nun sprach er mit diesen Charakteren mano-a-mano.

Das war doch einfach nur verrückt, oder?
 

Das Räuspern Cals lies den Computergeek aus seinen Gedanken fahren und er schaute ihn an.

Luft holend schaute der Offizier in die Runde.

„Gentlemen und Ladies“, setzte er an, stand dann auf und ging zu dem Bildschirm herüber, über den sich in der Sendung der Doktor hin und wieder gemeldet hatte, betätigte mehrere Tasten und deutete auf das nun auftauchende Bild eines Firmengeländes.

„Dies hier ist Mad Cow Middleton Inc.“, erklärte der Offizier und deutete der Reihe nach auf verschiedene Gebäudeteile: „Wie Ihr alle sehen könnt, besteht die Firma aus vier separaten Gebäuden, von denen drei – nämlich das Hauptgebäude, mit den Büros, die Fertigungs- und die Lagerhalle untereinander verbunden sind. Das Parkhaus ist das vierte Gebäude.“

Während Cal die unterschiedlichen Bauten aufgezählt und bezeichnet hatte, leuchteten sie auf dem Bildschirm kurz rot auf. Der Offizier räusperte sich, blickte mit ernstem Blick in die Runde und fuhr fort: „Wir haben allen Grund zur Annahme, dass sich der Verbrecher Traceless hier aufhalten könnte – wir wissen es aber noch nicht genau. Diese Mission, bei der ich Euch alle benötige, wird eine Aufklärungsmission sein – sollte es zu Feindauseinandersetzungen kommen, ist die Benutzung betäubender oder tödlicher Gewalt nicht mit Strafen sanktioniert. Ich würde es jedoch bevorzugen, wenn Ihr eure Phasergewehre aus Betäuben gestellt belassen würdet.“

Erneut räusperte er sich, deutete zu Agatha und nickte ihr zu. Die hübsche Rothaarige erhob sich anmutig und blickte in die Runde: „Da der Captain den Wunsch verspürt, sich ebenfalls in diese Sache zu stürzen, wird das erste Team aus mir, Doktor Intrupper, Agent David und Captain Cat bestehen. Im Funkverkehr sind wir als Team Rot zu bezeichnen.“

Sie machte eine Pause und schaute zu Gibbs herüber: „Sie, Special Agent Gibbs, werden Team Blau leiten. Es besteht aus Ihnen, den Agents McGee und DiNozzo, sowie unserem Chefingenieur, Lieutenant Middlegate.“

Damit schaute sie zu Munroe herüber, der nickte, aufstand und seine Teamkameraden anschaute: „Wir werden Team Gelb und Grün sein. Chell, Sie und Telsia werden mit mir in Team Gelb sein, während Odell, Jurot und Chang die Rolle des Teams Grün übernehmen.“

Auf dem Bildschirm begannen, unterschiedliche Positionsmarkierungen in den genannten Farben zu leuchten. Munroe nutzte dies und trat an den Bildschirm heran.

„Dies“, sagte er und deutete auf die Punkte, „Sind unsere Extraktionspunkte. Das Team Rot wird im Norden des Gebäudes auftauchen, Team Blau ‚schräg gegenüber’, also hinter dem Lager. Team Gelb materialisiert hinter dem Hauptgebäude, während Team Grün hinter dem Parkhaus erscheinen wird.“

Damit setzte er sich wieder, schaute noch einmal in die Runde, ehe er sagte: „Und vorsicht. Wir haben das Gelände zwar gescannt, aber es könnten sich immer einige unliebsame Überraschungen dort befinden.“

„Das Ziel der ganzen Sache“, setzte Agatha fort, „ist es, herauszufinden, ob unser Freund und Kupferstecher dort ist. Wenn ja, versuchen wir, ihn zu betäuben und zu verhaften, sollte er euch in eine Situation bringen, in der ihr zwischen dem Leben eines Teammitglieds oder Traceless zu wählen habt, seid ihr authorisiert, ihn mit allen möglichen Mitteln auszuschalten, solange es nicht bedeutet, dass ihr euer Teammitglied erschießen müsst.“
 

Gibbs merkte, wie sein Herz schneller schlug. Es war eine ganz einfache Aufklärungsmission, aber die Problematik, die mit einem Formwandler einherging, war im deutlich. Von daher konnte er verstehen, dass Agatha so auf das Offensichtliche hinwies. Dennoch kam er sich gerade vor, wie ein Schuljunge. Vielleicht lag es daran, dass er es im Vergleich zu der Technik, die zum Einsatz kam, ein wenig war. Auch die Benutzung des Phaserkompressionsgewehres war ihnen geläufig, daher erachtete der Special Agent die minutiöse Einführung, die der Captain zelebrierte, für – gelinde gesagt – sinnlos, schließlich hatten sie darüber schon einmal gesprochen. Aber, er würde ihn nicht darauf hinweisen, zumindest nicht vor den Untergebenen des Offizieres – zwar war es nicht so, als wäre der Captain tatsächlich eine Person höheren Ranges und man könnte eben jenen höheren Rang beschädigen, in dem man ihn vor versammelter Mannschaft auf Fehler hinwies, aber ein wenig Freundlichkeit dem Offizier gegenüber konnte nicht schaden.
 

Zumal gerade in diesem Moment Agatha den Captain auf das Offensichtliche hinwies.

„Cal“, sagte sie, „Darüber haben wir schon gesprochen.“

Die Gesichtszüge des Offiziers verrutschten, er schaute sie fragend an, legte den Kopf in den Nacken, schien zu überlegen und schnippte dann mit den Fingern: „Natürlich, tschuldigung.“

Damit wippte er auf den Füßen auf und ab, was bei Gibbs das Gefühl verursachte, als habe er Abbys Caf-Pow-Vorräte in einem Schluck ausgetrunken.

Und dann schauten die braunen Augen des Captain ihn an und er konnte den Willen, sich zu beweisen in ihnen feststellen. Na wunderbar.

Gibbs richtete sich auf, schaute in die Runde und als er sprach, war es gar nicht notwendig, seine Stimme zu erheben. „Wann genau werden wir aufbrechen?“

Es war eine ganz einfache Frage - doch diese Frage genügte, um ein komplettes Chaos starten zu lassen. Der Captain warf einen Blick auf den Bildschirm, auf dem eine Uhr sichtbar war und nickte nur: „Jetzt.“

Und automatisch setzten sich alle in Bewegung.
 

Sie hätte nie gedacht, dass der Transporterraum einmal überfüllt aussehen könne, aber Ziva David wurde eines Besseren belehrt. Dabei befanden sich maximal 16 Personen im Raum – 17, wenn man den Transporterchief mitzählte. Und wie sie so an das Wort „Transporterchief“ dachte, war sie selbst von sich erstaunt. Wie schnell sie diese für sie eigentlich komplett bedeutungs- und sinnlosen Wörter einem Nutzen zuführen konnte, war verblüffend.

Das Gewehr lag temperaturneutral in ihrer Hand und war faszinierend leicht. Sie schätzte, es würde nicht mehr als zwei bis vier Kilo wiegen, was im Kampfeinsatz durchaus praktisch war. Das M 240, von dem Gibbs erzählt hatte, das man es im amerikanischen Militär verwendete, wog 10,85 Kilo und im Vergleich zu dem eher stromlinienförmigeren Starfleetpendant war das Militärgewehr eher sperrig.

Die braunen Augen der Israeli fokussierten die Umgebung. Kurz machte sie eine Zielübung, visierte den Captain an, der dies bemerkte und grinsend die Hände hob: „Hey, Ziva, du könntest damit jemandem ein Auge ausschießen.“

Sie ließ das Gewehr sinken und legte den Kopf schief: „Und wenn ich jetzt Traceless gewesen wäre?“

„Dann hättest Du mich hier über den Haufen geknallt, wärest von 15 anderen Personen gleichzeitig anvisiert und von mindestens der Hälfte von ihnen mit Phaserstrahlen ins Reich der Träume geschickt worden.“, schmunzelte Agatha und schaute sie an: „So schnell kommt nicht mal Traceless aus der Falle..

„Aber es ist eine gute Idee, vorsichtig zu sein.“, meinte Gina von ihrer Position her, ehe sie in die versammelte Runde schaute und mit den Schultern zuckte: „Wir sollten auf jeden Fall dafür sorgen, dass wir uns im Zweifelsfall identifizieren können.“

Ziva rollte innerlich mit den Augen. Daran hatte wirklich keiner gedacht? Sie wandte sich an Gibbs, der ihr wie ein ruhender Pol vorkam und sich in diesem Moment räusperte: „Passwörter, Captain?“

Ja, das was typisch Gibbs. Effizient, wortkarg, immer im Einsatz und allen mindestens einen halben Sprung voraus. Ziva stutzte. Sagte man jetzt Sprung? Oder Schritt?

Es war eigentlich nicht zu fassen, dass sie sich immer noch mit einigen dieser verdammten Idiome schwertat. Das Problem war, dass sich die Sprache so schnell veränderte, dass man da gar nicht mitkam. Sagte man noch „geil“, beziehungsweise „porno“? Ihr fiel da eine reizende Kurzgeschichte ein, die irgendein deutscher Kabarettist geschrieben hatte. Sie hieß „Über Porno“ und die Quintessenz der Story war das, was sie gerade schon festgestellt hatte – manchmal kommt man echt nicht mehr hinterher.

Eine sanfte Berührung riss sie aus ihrer Überlegung. Sie sah in kristallgrüne Augen und wusste, wem sie gehörten. Als sie dann die Lippen des Halbitalieners auf den ihren spürte und das gehauchte „Ich wünsche dir viel Glück“ könnte sie nicht anders, als lächeln. Tony hatte halt ein Gespür für – nennen wir es mal : effektreiche – Auftritte und schämte sich derer auch so gut wie fast nie.

„Pass auf dich auf.“, hauchte sie gegen sein Ohr, fuhr ihm sanft über dieses markante Kinn und zwinkerte ihm zu: „Ich mach das selbe.“

Hinter ihr räusperte sich jemand. Sie fuhr herum und sah in die nussbraunen Augen des Captains.

Er lächelte: „Ich will eure traute Zweisamkeit ja nicht stören, aber – wir müssen.“

Damit legte er ihr eine Hand auf die Schulter und sie spürte einen leichten Schock und hörte ein leichtes Knistern, wie nach einem elektrischen Schlag. Es war, als stünde Cals Körper unter immenser Spannung.

Sie schaute ihn an, er erwiderte ihren Blick und zwinkerte ihr zu: „Wird schon gut gehen.“

Dann wandte er sich an Tony: „Keine Sorge, ich bring deine Freundin wohlbehalten zurück.“

„Das hoffe ich für dich.“, sagte der Halbitaliener und Ziva spürte, dass dieser leicht spaßige Ton, den er angeschlagen hatte, keineswegs nur Spaß war.

Sie konnte nicht anders, als den Kopf zu schütteln, wenn auch nur innerlich. Warum wurde bei Männern eigentlich jeder Satz zu einer Art sprachlichem – verdammt, wie hieß das Wort? – Rutenvergleich?

Ziva konnte sich ihrer eigenen Haut erwehren und ihre eigenen Kämpfe austragen, dafür brauchte sie weder einen sie patronisierenden Captain der Sternenflotte, der de facto vier Jahre jünger als sie war, noch Tony, der eben diesem Jungspund sagte, dass er besser auf seine Freundin aufpassen sollte.

Sie konnte sich ein Seufzen nicht verkneifen, klopfte dann dem Captain auf die Schulter und lächelte ihm zu: „Also, wenn Du mich fragst, können wir.“

Einerseits war dies ein Zeichen, dass sie bereit war, sich – was auch immer dort auf sie wartete – zu stellen, zum Anderen sollte es Tony zeigen, dass sie seine Art und Weise in diesem Moment absolut nicht guthieß. Und dies wirkte, wie sie mit einem leichten, einem Anflug, einer Ahnung eines Lächelns feststellte.

Den Kuss, den ihr Tony zuwarf, beantwortete sie, zwinkerte ihm nocheinmal aufmunternd zu und wandte sich dann um, um dem Captain, der ersten Offizierin und der Ärztin auf die Transporterplattform zu folgen.

Bisher hatte sie nichts gesagt, obwohl sie den Plan für strategisch extrem fragwürdig hielt. Wenn Cal, Agatha und Gina hier etwas zustieße – wer hätte dann das Kommando?

Sie wandte sich an Cal: „Sag mal, hältst Du es eigentlich für besonders klug, dich, deine XO und deine Chefärztin einer potentiell gefährlichen Situation auszusetzen?“

Der Angesprochene schaute sie an und zuckte mit den Schultern, ehe er mit einem schwer zu deutenden Lächeln auf den Lippen antwortete: „Meine gute Ziva, ich erachte Dich als gute Freundin.“

„Wir kennen uns kaum.“, unterbrach die Israeli ihn und Cal nickte: „Stimmt, aber wir hatten auf den letzten knapp 400 Seiten eine Menge Spaß. Und von daher – ich bin mal so frei und zähl Dich zu meinen Kumpels dazu. Und ich weiß, dass Du und das Team um Gibbs die Besten seid, aber – Du kamst hier hoch und da unten fast draufgegangen. Und ich versuche meine Freunde so gut zu beschützen, wie ich kann.“

Ziva versuchte, eine neutrale Haltung zu wahren, das Problem war, dass die unglaubliche Unlogik, die Cal ihr da um die Ohren schlug, ihr offenbar deutlicher war, als ihm.

„Wenn Dir deine Freunde so wichtig sind, Cal, warum setzt Du sie dann immer der Gefahr aus, dass sie von Traceless getötet werden?“

Der Captain holte tief Luft: „Das tu ich garantiert nicht freiwillig.“

„Ah“, machte die Israeli und zuckte mit den Schultern: „War mir klar, dass Logik nicht funktioniert.“

„Bitte, wie meinst Du das?“, fragte der Captain und Ziva grinste: „Hey, Du bist ein Star Trek Charakter. Das Erste, was ein Captain macht, wenn er einem unbekannten Planeten einen Besuch abstattet, ist, sich mit seinem ersten Offizier und seinem Chefarzt runterzubeamen. Schon klar.“

Sie klopfte ihm gut gelaunt auf die Schulter, wohl wissend, dass sie sagen oder tun könnte, was sie wollte, es würde nichts bringen. Und dann konnte man sich auch ein bischen Spaß gönnen.

Der Captain blickte sie ein wenig irritiert an, schüttelte dann den Kopf und wandte sich an den Transporterchief: „Fritz? Energie.“

Die Welt verschwand in einem Energieregen, der ihren Körper auflöste.
 

Regen.

Sie wusste nicht was schneller fiel – die Energiepartikel, die den Transport visuell darstellten, oder der tatsächliche Regen, der gerade vom Himmel fiel.

Toll – da waren sie kaum 5 Sekunden auf der Erde und schon waren sie durchnässt bis auf die Knochen.

Ziva David blickte zu Agatha Silverbird, deren rote Haarpracht ein wenig an Schein verloren hatte und ihr nach einigen Sekunden strähnig ins Gesicht hing.

„Brrrr“, machte neben ihr Cal und schüttelte sich, „Das is ja wirklich mal… nass.“

Die Situation hatte nun wirklich etwas zu komisch-abstraktes. Da war dieser Offizier, der sicherlich oder besser gesagt: vermutlich etliche gefährliche Missionen absolviert hatte und er stellte fest, dass Regen nass ist. Was würde er wohl als nächstes herausfinden? Der Boden ist hart? Die Luft kann man atmen?

Doch gerade, als Ziva sich dazu äußern wollte, bemerkte sie, wie sich auf dem Dach des ihnen gegenüberliegenden Gebäudes etwas – oder jemand? – bewegte. Was mochte das sein? Sie tippte Cal auf die Schulter und deutete auf das Dach des Gebäudes. Der Captain kniff die Augen zusammen, nickte und betätigte seinen Kommunikator.

„Cat an Menacer? Möglicherweise ein Bandit auf dem Dach des Hauptgebäudes. Schau dir das mal an.“

„Roger.“, erklang die Stimme aus dem Kommunikator.

Kurz warf der Captain seinen Begleitern einen Blick zu, den Ziva als „Besorgnis“ zu deuten geneigt war. Als der Kommunikator piepste und Jills Stimme aus dem Gerät erscholl, betätigte er das Gerät und sagte: „Ja, ich höre?“

„Ich weiß nicht, was es ist“, sagte die taktische Offizierin, „Aber es sieht nicht unbedingt freundlich aus.“

„Okay, behalte es im Blick. Wir schleichen los.“

„Roger“

Damit machte Cal sich auf den Weg, mit erhobenem Phasergewehr. Ziva lies die Frauen an sich vorbeigehen und übernahm die rückwärtige Absicherung des Grüppchens.

Und gerade in dem Moment fiel ihr auf, dass diese komplette Umgebung irgendwas bedrohliches an sich hatte. Sie konnte nicht ganz „den Finger drauflegen“, wie die amerikanische Redensart ging - „Toll“, schoss es ihr durch den Kopf, „to put a finger on it“ merkst du dir?“ – aber Fakt war, dass die Umgebung alles Andere als heimelig wirkte. War es der Regen, war es die Tatsache, dass das komplette Gebäude seit einem knappen Jahr leerstand und sich schon die einen oder anderen Verfallserscheinungen zeigten? Vor allem aber musste man nicht unbedingt unter Paranoia leiden, wenn man feststellte, dass die Umgebung Augen hatte. Sie hatte sie. Hasen, wilde Hunde, Vögel, sogar kleines Getier wie Küchenschaben fanden hier sicherlich zuflucht.

Sie hörte einen schrillen Schrei und einen Schuss, wirbelte herum und sah Cal, der sein Phasergewehr auf etwas an einer Wand gerichtet hatte. Sie folgte seinem Blick und sah eine Art Kugel aus Lehm, in der nun ein rauchendes Loch war.

Sie seufzte: „Hey, sehr schön – ich glaub, das Wespennest wird es sich zwei mal überlegen, uns anzugreifen. Wie es mit den Wespen aussieht, weiß ich jedoch nicht.“

„Alle betäubt.“, keuchte Cal und schüttelte den Kopf: „Sorry, ich hasse, hasse, hasse diese Biester.“

„Auf jeden Fall weiß, wer nicht wissen sollte, dass wir hier sind, dass wir hier sind.“, sagte Agatha mit einer Mischung aus Genervtheit, Resignation und Amüsement in der Stimme.

Der Captain schaute sie an und zog den Kopf ein: „Ja, sorry.“

„Mit ‚Ja, Sorry’ ist es auch nicht getan.“, murmelte die Rothaarige und ging weiter: „Ich bin jetzt an der Spitze.“

Das war mal eine klare Ansage. Cal ließ das Phasergewehr in dem Transporterpuffer verschwinden, zog seinen Phaser aus dem dafür vorgesehenen Halfter und folgte seiner Freundin.
 

Man konnte den Gebäudeteilen nicht unbedingt eine phantasievolle Architektur zugestehen, aber eigentlich ging es darum auch nie. Schließlich war der Gebäudekomplex von „Mad Cow Middleton Inc“ – so häufig, wie der Name fällt, müsste man meinen, dass der Autor auf Provisionsbasis schreibt, aber weder tut er es, noch gibt es diese Firma in der Realität, und wenn es sie gibt, stellt sie kein Katzenfutter her – eine Geschäftsadresse. Da Geschäftsleute mitunter recht konservativ rein können, würde es sich vermutlich weniger gut machen, ein wirklich ausladendes und phantasievoll entworfenes Gebäude zu beziehen, wenn man in Geschäfte verwickelt sein möchte. Und hier, bei „Mad Cow Middleton“ war eine sehr funktionelle Architektur gegeben. Vier Gebäude, davon ein Parkhaus, die meisten Gebäudeteile untereinander mit Brücken verbunden – das war schon der einzige Luxus, den sich die Firma leistete.
 

Ziva David schaute sich weiter um. Das, was einstmals sicherlich eine funktionale, dennoch mehr oder weniger ansprechende Fassade und Struktur gewesen sein mochte, lud nun dazu ein, als Kulisse für einen Horrorfilm zu dienen. Ihre militärischen Sinne waren in voller Aktionsbereitschaft, sie revoltierten gegen die Leitung des Teams durch den unfähigen Captains. Eigentlich mochte sie ihn ja – er war lieb, nett, freundlich, man konnte mit ihm reden, aber für eine militärische Führungsrolle war der Mann in etwa so geeignet, wie ein Eisbär als Vertreter für eine Fünf-Sterne-Sauna. Agatha war in der Rolle weitaus besser geeignet und ihr war klar, dass sie nicht nur das Gesicht, sondern auch das Hirn hinter den Aktivitäten des Teen Squad war. Cal hatte die große Klappe, versuchte, sich den Anschein des Machers, des Mackers zu geben, aber die Fäden liefen eine Position hinter dem Captain zusammen. Ihr war klar, dass, solange das Projekt funktionierte, es eigentlich vollkommen egal sein konnte, wer der Chef des Unternehmens war. Oder, wie man im kapitalistisch-geprägten 21. Jahrhundert sagte: „Es ist vollkommen egal, wer die Schecks ausstellt, solange Arbeit vorhanden ist.“

Nur, im 24. Jahrhundert, aus dem Agatha, Cal und der Rest der Dragonfly-Crew, sogar der Kriminelle Traceless, kamen, war die Föderation zwar noch in finanzielle Transaktionen verwickelt, aber innerhalb des Staatenbundes gab man sich den Anschein, dass es kein Geld gäbe.

Zumindest war dies Ziva so aufgefallen.

Hatte Gene Roddenberry eine sozialistische Zukunft entworfen, in der jeder den gleichen Stand hatte, nur „für Spaß“ arbeitete und Geld unnötig war?
 

Sie schüttelte den Kopf. Darum ging es doch eigentlich gar nicht, zumal immer wieder gezeigt wurde, dass diese Zukunft nicht so ganz ohne Geld auskam. Aber es gab offenbar keine Gier mehr – und da fragte sie sich, wie das geschehen sollte. Wie hatte man im 23. Jahrhundert die Gier abgeschafft?
 

Sie hatte keine großartige Gelegenheit, sich weiter über solche Probleme und Fragen Gedanken zu machen, denn, gerade als sie den Eingangsbereich betraten, konnte sie hören wie die Architektur der Brücke über ihnen zuerst mit einem Geräusch das vage an Knäckebrot erinnerte und dann immer lauter wurde, immer mehr nachgab, bis sie schließlich der Schwerkraft folgte.

Ziva ließ ihre lebensrettenden Instinkte das Kommando übernehmen – das heißt – eigentlich war es kein willenlichter Akt, sondern mehr eine Notwendigkeit des Körpers. Sie sprang vor, riss dabei Gina, Cal und Agatha um, als Millimeter hinter ihr mit einem ohrenbetäubenden Lärm die Brücke herunterkrachte.

Der Captain rollte sich auf den Rücken, schaute sich verwundert um und dann zu den Überresten dessen, was vor ein paar Minuten noch ein Weg aus der Fertigungshalle in das Hauptgebäude gewesen war.

„Hat da einer was gegen uns, oder war das Altersschwäche?“, fragte er und Agatha, die mit ihrem Tricorder den Beton scannte, zuckte mit den Schultern: „Vermutlich einfach nur schlechte Wartung, Cal. Mach dir keinen Kopf.“

Der Angesprochene schaute sie mit hochgerissenen Augenbrauen an. „’Mach Dir keinen Kopf’?“, echote er, „Soll ich dich mal ganz dezent darauf hinweisen, dass uns das Ding auf denselbigen hätte fallen können, wenn Ziva und nicht das Leben gerettet hätte?“

‚Ich glaube, das weiß sie.’, dachte sich die Israeli und der Blick, mit dem die XO ihren Kommandanten bedachte, der die komplette Umgebung beinahe augenblicklich zumindest gefühlt schockfrostete, korrespondierte mit dieser Überlegung, genauso wie das gezischte: „Als ob ich das nicht wüsste.“
 

Tony DiNozzo war nie wirklich ein Fan von Fabrikgebäuden gewesen. Dies erinnerte ihn zu sehr an seinen Onkel, Vincenzo, der in Long Island als Metzger tätig war und dem er zwischendurch geholfen hatte, das Fleisch vom Großmarkt zu seinem Lager zu transportieren. Nicht, dass er ein gutes Steak abzulehnen wusste, aber diese kurze Arbeit hatte ihn dann doch in eine ebenso kurze, wie heftige „Vegetarier-Phase“ katapultiert.

Und komplett leere Fabrikgebäude waren auch nicht unbedingt dazu geeignet, ihn zu beruhigen. Hier war viel Raum, in dem sich potentielle Angreifer verstecken konnten, besonders, wenn sie in der Lage waren, sich zu tarnen, so wie Traceless.

Er konnte sich nicht helfen, irgendwie vermisste er die alten Tätigkeiten, die der NCIS für ihn bereit hielt – die kleinen Freuden des Alltags, wenn ein sogenannter „BOLO“, ein „bo on the lookout“, also eine Fahndungsausschreibung, erfolgreich war, wenn der Böse, der Terrorist, der Kriminelle, der – was auch immer – hinter Gittern saß und man es einfach gut sein lassen konnte.

Er musste grinsen.

Bei einem ihrer ersten gemeinsamen Einsätze hatte Ziva tatsächlich den in den USA gängigen Term „To call it a day“ – also „den Kehraus machen“, bzw. „es gut sein lassen“, in „to call it a night“ umgewandelt. Der Logik der attraktiven Israeli zufolge war es nun vollkommen egal, ob man es „einen Tag“ oder „eine Nacht“ nannte.

Recht hat sie. Und auch wenn er sie mit Leidenschaft auf die Schüppe nahm, sie mit ihren Fehlern aufzog, eigentlich war es doch vollkommen schnurz, solange die Intention, in der es gesagt worden war, aufzeigte, was gemeint war.

Vermutlich würde er beim nächsten Mal…

Das Geräusch, das da an seine Ohren drang, war ihm schon aus unzähligen Situationen bekannt. Irgendwas war eingestürzt, was ihn eigentlich, ob der Situation und vor allem des Zustandes, in dem sich das Gebäude befand, nicht großartig verwunderte.

Wenn da nicht der Fakt wäre, dass Cal gesagt hatte, dass Ziva sein Team verstärkte - und wenn er in den letzten Tagen und Wochen eines gelernt hatte, dann, dass man in der Nähe von Captain Cat nicht unbedingt in Sicherheit war. Die Versicherungsprämien, die er zahlen musste, müssten gewaltig sein.
 

In diesem Moment spürte Tony, wie sein Herz immer schneller zu schlagen begann und – quasi wie zur ausgleichenden Gerechtigkeit – die Zeit um ihn herum langsamer zu werden schien. Allein die Kraft, die er aufwenden musste, um diesen Kommunikator zu betätigen, schien unmenschlich zu sein. „DiNozzo an…“

Weiter kam er nicht, denn die Hand Gibbs schnitt ihm kompromisslos, schnell und effizient die Möglichkeit ab, zu sprechen.

„HMPH!“, machte der Halbitaliener noch, doch Gibbs zischte ihm ein „Sei still“ zu.

Er könnte jetzt versuchen, sich herauszuwinden, könnte versuchen, Gibbs in die Hand zu beißen und dann Ziva zu rufen, aber – wenn der Chef ihm die Sprechmöglichkeit entzog, würde da schon was dran sein. Also ließ er jeglichen Widerstand fahren, schaute Gibbs nur fragend an.

Dieser senkte seine Stimme, bohrte seinen Blick in den DiNozzos und setzte an: „Denkst Du, dass, was immer das für ein Krach war, zufällig passiert ist?“

Tony schüttelte den Kopf. Natürlich nicht – Gibbs glaubte nicht an zufälle und wenn es eines gab, das man ihm sofort am ersten Tag beigebracht hatte, war es, niemals den großen Meister zu verärgern. Der Halbitaliener schaute seinen Chef an, der gerade vollkommen im Marine-Modus aufging.

Mit erhobenem Gewehr ließ er den Tricorder aufschnappen und benutzte ihn anscheinend, um einen Scan der Gegend anzufertigen. Ausgerechnet er – ausgerechnet Gibbs, der mit Technik nicht viel am Hut hatte. Es gab Sachen, die waren einfach zu komisch.
 

Einer abgebrochenen Spitze einer Stahlverstrebung nur um Milimeter entgangen zu sein, belebte Ziva David ungefähr genau so, wie eine Hand voll kaltes Wasser ins Gesicht, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Zwar gönnte sie sich diesen zeitlichen Luxus, durch eine Hand voll eiskalter klarer Flüssigkeit aus der Leitung, die ins Gesicht gespritzt wurde, in den Tag zu finden, aber diese Spitze, die gerade einmal zwei Millimeter von ihrem schönen Gesicht plötzlich aus dem Boden ragte, war etwas, das nicht nur den Kreislauf weckte, sondern ihn mit Adrenalin vollpumpte. Vorsichtig robbte sie zurück, rollte sich dann über den Rücken ab und stand schon wieder aufrecht, ehe die Anderen in die stehende Position gelangt waren. Ziva sah den drei Offizieren an, dass sie sich gerade von einem ziemlichen Schock erholten, wandte sich an Cal und lächelte ihm beruhigend zu, als sie plötzlich hinter dem Captain etwas durchs Glas blicken sah – etwas, das nicht menschlich war.

Den Phaser zu ziehen, den man ihr als Sekundärwaffe mitgegeben hatte und hinter den Captain zu deuten, war eines. Der Offizier wirbelte herum, schaute das… was auch immer es war…an und wurde in einem Schein beunruhigenden Rotes gebadet. Er brummte überrascht auf und kollabierte. Agatha erwiderte das Feuer, was darin endete, dass der Alien vollkommen unbeeindruckt stehenblieb, die Waffe auf die hübsche Rothaarige schwenkte und abdrückte.

Zivas Phaser spieh nun ihrerseits Energie, gleichzeitig hatte sie einen Schritt zur Seite gemacht und die Hand Ginas ergriffen, um sich in Sicherheit zu bringen. Ehe die hübsche Blonde realisiert hatte, was los war, wurde auch sie getroffen und erschlaffte. Nun war Ziva allein, gab nocheinmal einen Schuss ab und rannte, so schnell sie ihre muskulösen Beine trugen.
 

Das Waffenfeuer blieb bei Gibbs Team nicht unbemerkt. Da brauchte es nicht einmal einen Befehl ihres Chefs, Tony und McGee hatten ihre Waffen gezogen und sich in die Richtung gewandt, aus der die Schüsse kamen. Der Chefermittler hob die linke Hand, als Zeichen dafür, stehen zu bleiben, legte dann den Kopf schief und schloss die Augen. Für den einen oder anderen Uneingeweihten mochte dies tatsächlich so aussehen, als ob er diese Zeit für einen Mittagsschlaf verwendete, aber tatsächlich horchte er in den Regen hinein, versuchte, ihre Entfernung zum Waffenfeuer abzuschätzen. Dann ließ er den Kopf sinken – sie waren viel zu weit entfernt.
 

Die Idee war eigentlich einfach. Man locke den Feind aus der Deckung und kümmere sich dann um ihn. Also rannte Ziva David, scheinbar in kopfloser Flucht, über die Straße, auf der früher vermutlich ein reger Verkehr von Lieferwagen und Gabelstablern – oder Stapelgablern? – geflossen war. Jetzt war die brüchig-löchrige Straßendecke voller Schlaglöcher, die mit Regenfasserpfützen gefüllt waren. In Kombination mit den gerade heruntergekrachten Brückentrümmern wirkte die komplette Szenerie ein wenig, wie aus einem Kriegsgebiet. Zivas hübscher, schlanker, athletischer Körper wusste sich effizient in dieser Umgebung zu bewegen, sprang über größere Trümmerteile hinweg, duckte sich mit wehenden Haaren, als ein Laserstrahl – oder was auch immer das war – herangeflogen kam, warf sich auf den Boden, rollte sich ab und erwiderte das Feuer. Dummerweise immer noch mit demselben, sehr überschaubaren, nämlich gar nicht vorhandenen Effekt.
 

Und dann krachte es keine 10 Meter hinter ihr.

Sie wirbelte herum, Schlamm hinterließ seine Spuren in ihrem Gesicht, und sie sah mit diesen nußbraunen Augen etwas auf sie zukommen, das einer Art Albtraum entsprungen zu sein schien. Es erinnerte sie an einen Comic-Charakter, von dem sie einmal bei Tim McGee etwas gehört hatte. Aber wieso kam gerade der unglaubliche Hulk auf sie zu?

Und ehe sie eine Gelegenheit hatte, sich diese Frage zu stellen, rammte das Biest ihr die Faust gegen das Kinn. Wenn sie durch den Treffer nicht schon bewusstlos gewesen wäre, nahm in diesem Moment ein insektoides Wesen neben dem Hulk Stellung, legte mit der Waffe auf sie an und feuerte. Zivas Körper verfiel in Zuckungen, die das Bewusstsein nun entgültig aus ihrem Körper verbannt hätten, wenn sie es nicht schon gewesen wäre.
 

Das Erste, was Ziva David merkte, als sie wieder zu sich kam, war, dass über ihr das Gesicht Cals schwebte, der sie besorgt anblickte. „Hey, geht es Dir gut?“, fragte er und sie konnte sich eine Grimasse nicht verkneifen.

„Natürlich“, sagte sie, mit vor Ironie triefender Stimme, „Ich wurde von etwas, das aussah wieder Unglaubliche Hulk, k.o. geschlagen – mir geht es fabelhaft.“

„Hulk?“, echote Cal und schüttelte sich: „Mit dem Biest konnte ich noch nie etwas anfangen.“

„Wie auch immer.“

Ziva und der Captain drehten sich zur Quelle dieses Satzes um. Gina Intrupper stand, an eine Wand gelehnt und machte eine Geste, diesem Raum galt, in dem sie sich befanden und erst jetzt stellte Ziva fest, wo sie waren.

Es musste so eine Art Büro oder so sein, das ihnen gerade als Unterkunft diente. Allerdings waren die Hochzeiten dieses Büros schon ein paar Jahre her, wie sie vermutete. Sie stemmte sich in die sitzende Position, wobei Gina ihr Hilfestellung gab. Kurz ergriff eine leichte Benommenheit Besitz vom Körper der attraktiven Israeli, die sie mit einem Kopfschütteln vertrieb.

„Okay, was war das?“, fragte sie.

Captain Cat und Doktor Intrupper warfen einander kurz unsichere Blicke zu, ehe ein Geräusch die beiden Sternenflottenoffiziere herumfahren ließ. Wie eine leblose Puppe wurde Agatha Silverbirds Körper in den Raum geworfen und ehe Cal neben ihr in die Knie gehen konnte, stand auch schon Hulk vor ihm und schaute ihn an.

Der Captain machte sich gar nicht erst die Mühe, sich umzudrehen, sagte mit einer plötzlich aufbrechenden Autorität: „Gina, kümmere dich um Agatha.“, ehe er das Wesen anfunkelte: „Ich bin Captain Calvin Cat, von der USS Dragonfly. Wenn Sie mit jemandem reden wollen, nehmen Sie mich.“

Hulks Antwort war ein Hieb in den Magen, der Cal in die Knie gehen ließ, worauf das Wesen ihn packte und hinter sich herzog. Kaum, dass die Tür geschlossen war, waren Gina und Ziva auf den Beinen, um zur leblosen Agatha zu eilen.

Diese rollte sich in diesem Moment auf den Rücken, was Ziva stocken ließ. Nicht so ganz der Fakt, dass sich die hübsche XO umdrehte, sondern einfach der Fakt, wie sie aussah, war es, das Ziva ins Stocken brachte, denn die Verletzungen, die der Rothaarigen beigebracht wurden, erinnerten sie verdammt an ihre Eigenen, die sie aus ihrer Folter in Somalia erhalten hatte.

Sie ging neben der Commander in die Knie: „Hey, geht es Dir gut?“

Es ist faszinierend, dass man immer wieder diese Frage stellt und immer wieder ist man als derjenige, der so sehr durch die Mangel gedreht wurde, dass er gefragt wurde, ob es ihm gut gehe, fasziniert davon, wie Dämlich manche Menschen sein können – aber dennoch ist es die erste Frage, die einem in der Situation durch den Kopf schießt.

Die XO bedachte sie mit einem Lächeln: „Ich stell immer wieder fest, dass ich mit den Modernitäten bei solchen Vorladungen nicht ganz einverstanden bin. Sie hätten wenigstens was zu Essen oder zu Trinken bereitstellen können. Ich werde mich bei der Reiseleitung beschweren.“

Gerade, als Ziva lächeln wollte, hörte sie ein Geräusch.

Etwas, das nach einem „Plopp“ oder „Popp“ klang – vielleicht war es doch eher eine Art von Zischen?

Es schien aus weiter Ferne zu kommen, aber es war ihr klar, was da gerade passierte. Die Rettung nahte.

Sie lächelte Agatha zu: „Hey, ich weiß auch nicht wie, aber die haben uns gefunden und wir kommen hier bald raus.“

Ginas Blick war eine Spur kälter und irgendwie war die Frage, die sie in diesem Moment stellte verdammt verständlich: „Was macht Dich da so sicher?“

Das war in der Tat eine verdammt gute Frage – sie wusste auch keine Antwort auf sie – aber sie wusste aus purem Instinkt, dass ihre Leute unterwegs waren, und sie hier rausholen würden.
 

Tatsächlich, keine Millisekunde, nachdem sie diesen Gedanken gefasst hatte, öffnete sich die Tür und Tony DiNozzo stand, mit einem entsicherten Phasergewehr, wie Rambo persönlich, im Türrahmen.

„So, Leute“, grinste er, „Dann wollen wir mal. Gibbs holt euern Captain.“
 

Leroy Jethro Gibbs pirschte sich durch die dunklen Gänge des Gebäudes. Hier war wirklich viel Spielraum, um ihm aufzulauern – er als Marine war sich dessen bewusst. Aber, einer seiner Leitsätze war, dass man niemals einen Mann zurückließ und als sie, dem Tricorder folgend, festgestellt hatten, dass da dieser eine Raum war, in dem eine Regelrechte Personenfluktuation stattfand, hatte man sich diesen Raum als Ziel gesetzt. Gerade, als ein riesiges Wesen den Captain vor sich her trieb, waren sie im Korridor aufgetaucht. Dass dies ein riesiger Zufall ist, war nicht nur Gibbs klar, sondern auch dem Autoren. Mit schussbereitgemachten Waffen begann man den Angriff, der darin endete, dass Cal von dem Wesen in einen Raum geschubst wurde, den das Wesen danach betrat und offenbar begann, ihn zu verhören.

Es war überhaupt interessant, dass das Ding sprechen konnte und gerade, als Cal eine besonders pffifige Antwort, die ihm Gibbs tatsächlich mal als solche anerkennen wollte, gab und dafür – dem Geräusch nach zu urteilen – mindestens einen Kinnhaken erhielt, hatte der Special Agent die Tür eingetreten und das Wesen anvisiert.

Das Wesen schaute Gibbs an – aus hasserfüllten Augen – und gerade, als es einen Angriff starten wollte, zersprang das Fenster, vor dem das Wesen stand in seine Bestandteile und Hulks Cousin krachte zu Boden.

Captain und Special Agent schauten verblüfft zuerst zu dem Wesen, dann zum Fenster – und schließlich schluckte der Captain.

„Bilde ich mir das nur ein, oder zielt hier tatsächlich jemand auf mich.“, fragte er, was Gibbs dazu brachte, ihn genauer zu betrachten. Tatsächlich, auf Höhe der Stirn des Offiziers, befand sich ein roter Punkt, wie von einem Laserpointer. Gibbs handelte schnell und effektiv, warf sich gegen Captain und Stuhl und ging mit dem Offizier zu Boden.

Über ihnen rieselte der Putz aus einem ganz frischen Loch.

Beide Chefs ihres jeweiligen Teams schauten sich an.

„Ari“, murmelte Cal.

„Traceless“, murmelte Gibbs.

Beide schauten einander an und sagten, wie aus einem Mund: “So ein Schweinehund.”

Dann versuchte Cal, sich aufzurichten, was spätestens nach dem zweiten Versuch erfolg zeitigte, und er, sowie Gibbs rannten an das zerstörte Fenster.

Sie zielten mit ihren Waffen auf die Flüchtenden, der in diesem Moment hinter einem Bauzaun verschwand.

Gibbs und Cal sahen einander frustriert an.

Gina kniete neben dem reglos da liegenden Gibbs

Agathas Kopf brummte, als sie die immer lauter und erregter klingende Stimme Leroy Jethro Gibbs’s hörte, und sah, wie der grauhaarige Special Agent zusammen mit einem sehr geknickt wirkenden Cal von dort zurückkam, wo sie auch immer gewesen sein mögen.

„Captain, Sie haben vor wenigen Wochen gesagt, dass Sie Ari in seine Zeit und damit seiner Strafe überstellt hätten.“, sagte Gibbs und blieb plötzlich stehen, wirbelte herum und ging auf Cal zu, bis sie nur Millimeter voneinander trennten. Mit einer eiskalten Stimme sagte er: „Ich warne Sie. Wenn meinen Leuten wegen Ihrer Unfähigkeit irgendetwas zustößt, ziehe ich Sie persönlich zur Verantwortung.“
 

Die hübsche XO fand es ungeheuer faszinierend, dass es der Special Agent offenbar nicht nötig hatte, die Stimme allzusehr zu erheben, stattdessen wurde er immer leiser, bis er das Wort „Verantwortung“ nur noch zischte. Als sich der Mann umgewandt hatte und auf sein Team zukam, sah Agatha, wie das Gesicht ihres Freundes von purer Überraschung und Zerknirschtheit zu einer Grimasse des Zorns metamorphierte. Er folgte Gibbs, eine Spur schneller als es vermutlich notwendig gewesen wäre, doch ehe er ihn erreicht hatte, war die hübsche Israeli bei ihm und blockierte ihn. Es war ein eindringlicher Tausch von Blicken, den die beiden, der Captain und die Agentin, zelebrierten, aber die Botschaft war klar. Die Körperhaltung Cals schrie förmlich, „Lass mich durch!“, während Ziva ihn festhielt und anstarrte, wobei man deutlich den Befehl „Cal, beruhig dich!“ erkennen konnte. Dies schien dem Offizier jedoch nicht wirklich leicht zu fallen, denn in seinen Augen standen Blitze, die, wenn Blicke Laserwaffen wären, Gibbs zweifelsohne in den Rücken geschossen hätten.

Und wütende 80 Kilo Sternenflottencaptain blockierte die um einen Kopf kleinere, zierlichere Israeli einfach so, ohne großartig in Mühe auszubrechen.

Erneut schaute Cal die Israeli an, erneut schien jähe Wut aus ihm eruptieren zu wollen, aber als Agatha sich räusperte, und er zu ihr blickte, da merkte sie, wie sein Widerstand zu schmelzen begann. Sie richtete sich auf, trat auf ihn zu und legte ihm sanft eine Hand auf die Schulter.

„Cal“, sagte sie, „Gibbs hat recht.“

Der Blick des Captains flackerte kurz, dann schloss sie die Augen, nickte, als wisse sie was er sagen wollte – und natürlich konnte sie sich denken , was er vorhatte zu sagen – und legte die zweite Hand auf seine Schulter: „Wenn Ari tatsächlich wieder entkommen ist, dann hast Du in der Aufgabe versagt.“

Sie beugte sich vor, so dass ihr schön geformter Mund beinahe sein Ohr berührte und flüsterte: „Wenngleich ich denke, dass Gibbs mit dem zweiten Teilsatz einfach nur seiner Wut Ausdruck verleihen wollte.“

„Ich hoffe es“, flüsterte der Captain zurück und klang nun nicht mehr verärgert, sondern wieder zerknirscht.
 

Was war eigentlich vorgefallen? Wieso hatte Gibbs dem Captain vertraut? Eigentlich hätte es dem Chefermittler klar sein müssen und er würde sofort eine neue Regel aufstellen. „Regel 54: Trau niemandem aus der Sternenflotte.“

Wobei – wenn er so darüber nachdachte: Einerseits stimmte der Gedanke, schließlich wusste Gibbs nicht, wo der Captain den Verbrecher hingebracht hatte. Vielleicht hatte er ihn auch einfach nur versteckt und ihm gesagt, dass er bald wieder spielen dürfte?

Andererseits hatte der Special Agent wenig – bis eigentlich gar keinen – Grund, dem Captain zu mißtrauen. Bisher hatte die Sternenflotte ihm immer geholfen, wo sie konnte. Wobei – wieder von einer anderen Warte betrachtet, wäre es gerade zu von teuflischer Logik, ihn und sein Team auf Traceless anzusetzen – nicht, weil sie die Besten wären, sondern weil die Sternenflotte Ari wiederbelebt haben könnte und ihn für…

War das schon Paranoia?

Das Problem mit Verschwörungstheorien sämtlicher Spielarten ist natürlich, der Fakt, dass man immer entsprechende Beweise, Indizien oder „Fakten“ finden könnte, die diese Theorien unterstützen.

So könnte Ari tatsächlich von der Sternenflotte dazu ausgesandt worden sein, das zu machen, was er am Liebsten tat – zu versuchen, Gibbs und Co zu töten. Die Logik hinter dieser These: Cal hatte nie einen Beweis vorgelegt, dass Ari tatsächlich in die Vergangenheit gebracht worden war. Weiterhin hatten sie nie nach dem Aufenthaltsort des Terroristen gesucht, stattdessen waren sie dazu abkommandiert worden, oder hatten sich freiwillig gemeldet, ein Chamäleon zu fangen.

Das Problem war – so logisch es auch klang – die Frage nach dem „Warum“, das Motiv, das fehlte.

Warum sollte die Sternenflotte Ari wieder ins Leben zurückrufen, auf dass er Gibbs und seine Kollegen tötete – dies würde keinen Sinn machen.
 

Ziva hatte nicht den Hauch einer Ahnung, was zwischen Captain und Gibbs geschehen war, aber sie hatte die Worte ihres Bosses gehört. Ari sollte noch am Leben sein?

Zugegeben, wenn man schon in der Zeit reisen konnte, warum sollte man dann nicht auch Ari…

„Stopp!“, sagte sie laut und wandte sich an Gibbs und Cal. Der Offizier und der Gentleman schauten sie verblüfft an und sagten, beinahe wie aus einem Mund: „Ja, was ist los?“

Ziva räusperte sich, trat an beide heran und sah ihnen in die Augen: „Wir werden uns nicht in all zu viele Gefechte verzetteln.“

Damit fokussierte sie Gibbs, der sie mit einer Mischung aus Ärger und Amüsement anblickte.

Sie fuhr fort: „Wer auch immer unser Hauptgegner ist, versucht, uns aufzuteilen, uns zu schwächen. Wie sonst erklärt Ihr euch das Auftreten von Ari?“

„Hauptgegner?“, fragte Tony und Ziva drehte sich zu ihm um: „Der, der das alles plant. Und hinter all diesem muss ein Plan stecken – eine Intelligenz, die das alles steuert.“

Cal trat einen Schritt auf sie zu: „So wie – ich weiß auch nicht – eine Bienenkönigin?“

„Weniger an Borg denken, Captain.“, grinste die hübsche Israeli, „Ich hab gesehen, was uns angegriffen hat. Erinnert ihr euch an die Xindi?“

„Die wen?“, fragte Agatha, was McGee dazu brachte, laut aufzulachen: „Also ist „Enterprise“ doch ein komplett anderes Universum, ja? Die Abenteuer von Captain Jonathan Archer haben nie stattgefunden?“

„Doch schon“, meldete Gina von ihrem Platz her, „Allerdings steht Florida noch, wenn Du das wissen willst.“

Und auf die verwunderten Blicke von Cal und Agatha, mit den Schultern zuckend: „Ich hab mich mal genauer in dieses ‚Star Trek Universum’ reingelesen.“

Der Captain rollte mit den Augen.

„Das is ja alles schön und gut“, sagte er mit Bestimmtheit, „Aber wir müssen uns…“

Die sanfte Stimme Zivas unterbrach ihn: „Ich war noch nicht fertig.“

„Dann bitte.“

„Wir wurden angegriffen“, fuhr die hübsche Israeli fort, „Von einer insektoiden Rasse, die man als ‚Die Insekten-Xindi’ kennt. Vermutlich befinden wir uns immer noch mitten im temporalen kalten Krieg oder so.“

Tim schaute die Attentäterin und NCIS-Agentin an: „Das wäre eher eine Suliban-Spezialität.“

„Tali…“, setzte Tony an, doch er stockte, als er die zunehmende Genervtheit Gibbs wahrnahm. Der Senior Special Agent schüttelte den Kopf: „Das ist doch alles unerheblich.“

„Ist es auch, Gibbs, da gebe ich Dir recht.“, nickte Ziva und schaute erneut ins Rund, „Wir müssen nur aufpassen, dass wir uns nicht verzetteln. Also – wir werden versuchen, herauszufinden, was hier los ist und dann sehen wir weiter.“
 

Wieso kam sich Tony in genau diesem Moment so unsterblich verliebt vor? Diese Leidenschaft und Durchsetzungsfähigkeit, die Ziva da gerade an den Tag legte, war ihm zwar nicht fremd, aber sie so über einen dermaßenen Stuss reden zu hören, trieb ein Grinsen in sein Gesicht, dass sich dort hielt. Vielleicht würde sie nach dieser ganzen Sache tatsächlich mit ihm Es…

Gerade noch stoppte er diesen Gedanken.

Oh, oh , schoss es ihm durch den Kopf, Filmfan, ich hör dir trapsen. Wann immer ein Satz wie „Wenn wir hier herauskommen, heirate ich meine Freundin“ fällt, weiß man doch, dass gerade die Person, die diesen Satz sagte, den Film nicht überleben wird. Ich werde mich hüten, daran zu denken, dass ich mit Ziva essen gehen werde, wenn wir hier rauskommen.

Verdammt, hatte er es doch gedacht.

Aber – ihre Nähe machte ihn so … er fühlte sich einfach nur frei. Warum sollte er sich Sorgen machen? Er konnte sich wehren, sie war noch besser und eigentlich waren sie alle in einer sehr sicheren Situation. Oder?

Wieso fühlte er sich plötzlich so, als werde er beobachtet?

Kurz blickte er sich um … und sah, dass ihn vom Fenster grün-funkelnde Augen anstarrten.
 

„Gut, was sollten wir tun?“, fragte Agatha und trat näher zu Gibbs, Ziva und Cal, eine Hand auf die Schulter des Offiziers legend. Dieser atmete hörbar durch, verspannte sich, ehe er zu seiner XO blickte und lächelte: „Tschuldigung, ich bin gerade ein wenig … durcheinander.“

Den Schlag auf den Hinterkopf hörte er eher, als dass er ihn spürte und wandte sich an Gibbs, der ihn anstarrte: „Bist Du fertig?“

„Jaja“, machte der Captain und legte nachdenklich den Kopf schief, ehe er von draußen ein lautes Kreischen hörte. Zur Quelle des Geräusches herumfahrend, sah Gibbs, wie sich draußen zwei Katzen fauchend über den Boden rollten.

„Deine Cousins beim Streiten, Cal?“, fragte Gina und zwinkerte dem Captain zu, der mit den Schultern zuckte: „An mir liegts nicht.“

„An Dir liegt doch sonst immer alles.“

Der Captain seufzte und schaute zu Agatha: „Haben wir es dann jetzt und können uns auf die wichtigen Dinge konzentrieren?“

„Gute Idee“, sagte Gibbs und man begann, sich zu unterhalten.
 

Es war Gibbs Idee gewesen, Cal mit in sein Team zu nehmen und McGee dafür Agatha, Gina und Ziva zuzuteilen. Das schien der Kommandant ihm ein wenig übel zu nehmen, was ihn jedoch nicht interessierte. Vielmehr versuchte er, sich ein genaues Bild der Situation zu machen und hielt seinen Tricorder aufgeklappt vor sich.

Der Captain bedachte ihn mit einem verwunderten Blick: „Ich dachte, Sie und Technik…“

Ja – das dachten viele. Er würde sich hüten, Cal eine Antwort zu geben, aber – obwohl er tatsächlich nicht so viel für die Technik übrig hatte, gab es hier und da Situationen, in denen sie einfach nützlich war. Er – Gibbs – war ja auch nicht von vorgestern, aber er versuchte, die Technik, so gut es ging im Rahmen zu halten. Er war kein absoluter Technikgegner, aber manche Sachen sollten lieber manuell erledigt werden. Es traf mit seiner Philosophie überein – versuche nie etwas, über das System zu erfahren, was Du über die Leute erfahren kannst.

So war es und wenn sich alle Menschen in diesen Datenmoloch des Internet begaben – gab es dann überhaupt noch wirkliche Menschen oder existierte nur das „System“?

Gibbs schüttelte den Kopf. Solche Diskussionen wollte er gar nicht aufmachen, schon gar nicht mit sich selbst.

Er schaute daher den Captain an, lächelte – wie er hoffte – nicht zu überheblich und wandte sich dann wieder der Informationsgewinnung per Tricorder zu.

Kurz scannte er nach Lebenszeichen und stockte.

Dann wandte er sich an Tony, bedeutete ihm auf den Tricorder zu schauen, klappte das Gerät zu und packte den Captain.

„Wir müssen weg.“, sagte er, knapp, befehlsgewohnt und ehe Cal etwas sagen konnte, betätigte der Chefagent seinen Kommunikator: „Gibbs an Team Rot! Rückzug. Wir treffen uns am Extraktionspunkt. Ich wiederhole. Rückzug. Das ist ein Befehl.“

Der Captain blieb plötzlich stehen, riss sich von Gibbs los und schaute ihn verdattert an: „Sind Sie jetzt komplett bescheuert geworden?“

„Werfen Sie einen Blick auf Ihren Tricorder.“, seufzte der Angesprochene.

Cal tat wie ihm geheißen und erbleichte.

„W… wieviele Xindi sind das?“

„Etliche.“, antwortete Gibbs mit Grabesstimme.
 

Lieutenant Alexander Munroe schlich durch die Gänge, warf einen Blick auf seinen Tricorder und schüttelte den Kopf. Die Situation war eigentlich fast schon ein alter Hut. Wie häufig hatten sie das Universum schon gerettet? Sein erster Kampf, den er komplett alleine, ohne sein Team zu bestehen hatte, lag inzwischen zwei Jahre zurück. Im Delta-Quadranten hatte er seine Fähigkeiten mehrfach unter Beweis gestellt und im Kampf gegen die Vorsoth hatte er die Möglichkeit erhalten, wirklich zu zeigen, was er konnte. Seitdem war er der Leiter des Hazard-Teams und sich sicher, diese Aufgabe mit der gebotenen Portion an Präzision, Würde und Konzentration erledigen zu können.

Die Situation war allerdings in sofern neu, dass sich das Team nun mit etwas beschäftigen musste, dem sie noch nie begegnet waren.
 

Sicher, Munroe hatte von den Gründern gehört und er hatte auch den einen oder anderen Zeitungsartikel über die Taten des Kriminellen Traceless gelesen, der die Föderation umtrieb, aber auf die Jagd nach ihm oder den Gründern hatte er sich nie begeben. Natürlich gab es auch von der Föderation vorgeschlagene und empfohlene Prozeduren, wie man mit dem Mann umzugehen hatte, aber diese hatten sich, laut dem Captain und seiner schönen XO als ziemlich unzuverlässig herausgestellt.
 

Dennoch – ihm fiel Benjamin Franklin ein, der gesagt hatte: „Ich habe nicht darin versagt, eine Glühlampe herzustellen, ich habe Tausend Wege aufgezeigt, wie eine Glühlampe nicht herzustellen ist.“

Vermutlich würde Starfleet Security das genau so sehen. Sie hatten tausend Wege aufgezeigt, wie Traceless nicht zu fangen wäre.

Und damit lägen sie noch nicht einmal falsch. Aber wie konnte die Sternenflotte auch versuchen, einen Verbrecher zu fangen, der sich dauernd verwandelte und der sich verhielt wie…

Er fühlte Telsia Murphys Atem in seinem Nacken, wandte sich zu ihr herum und lächelte ihr zu: „Lenkst Du mich bitte nicht ab, wenn ich versuche, die Vorhut zu bilden?“

Die Augen der Frau funkelten lebhaft: „Entschuldigung, Alex. Ich wollte dich nicht stören.“

„Kein Problem. Hier ist nichts und ich habe sowieso gerade überlegt, wie wir Traceless fangen wollen. Wir haben ja keinen Anhaltspunkt, wie er aussieht.“

Telsia zuckte mit den Schultern: „Frag mich was leichteres, Alex.“

Dann schüttelte sie sich, was Munroe dazu brachte, sie verblüfft anzusehen.

„Ist dir kalt?“

„Nein“, sagte seine rechte Hand, „Aber, ich habe irgendwie ein komisches Gefühl. Er… erinnerst Du dich noch an die Etherianer*?“

Munroe legte den Kopf schief, tippte mit dem Finger gegen sein Kinn, als denke er nach und nickte dann: „Natürlich – damals, in diesem Taschenuniversum, oder wo immer wir mit der Voyager gelandet waren.“

„Ja, ich… ich habe das Gefühl, als würden wir gleich etwas zu tun bekommen.“

Ein Lächeln legte sich auf die Lippen des Chefs: „Du weißt, dass ich dir nahezu alles glaube, aber… bist Du seit neuestem Telepathin?“

„Nein“, schüttelte sie den Kopf, „Das nicht, aber…“

Der Kommunikator unterbrach beide, als die samtweiche Stimme Juliet Jurots aus dem Gerät ölte: „Jurot an Munroe.“

Der Chef des Hazard Teams schloss kurz die Augen, schüttelte den Kopf und lächelte dann, um in seine Stimme eine freundliche Tonlage zu schmuggeln: „Munroe hier?“

„Wir sind an einem Computerterminal angekommen, das merkwürdig wirkt.“

„Definiere merkwürdig.“, sagte Munroe mit gerunzelter Stirn. Merkwürdig, das konnte ja nun so ziemlich alles bedeuten.
 

Juliet Jurot fand sich gerade ein wenig überfordert. Die Halbbetazoidin blickte auf das Computerterminal, das nun einmal mit „Merkwürdig“ am Besten beschrieben war. Aber – sie wusste, dass Munroe gerne genaue Bezeichnungen hörte. Also räusperte sie sich und beschrieb: „Es besitzt ein knapp Display von 15 Zentimetern Bildschirmdiagonale. Ferner ist es grau, nicht starfleet-grau, sondern dunkelgrau, verfügt über einen Haufen blinkende Lichter und…“

Sie stockte, als der Bilschirm anging.

„Sekunde, gerade passiert etwas.“, erläuterte sie und runzelte die Stirn, als auf dem Terminalmonitor Schriftzeichen in einer ihr unbekannten Sprache erschienen.

„Was…“, brachte sie hervor und fuhr herum, als Odell und Chang einen Warnruf ausstießen. Schnell holte sie das Phasergewehr aus ihrem Transporterpuffer, rollte über die eigene Schulter ab und brachte die Waffe nach oben, sodass sie schießen konnte.

„Jurot?!“, erklang die Stimme Munroes aus dem Kommunikator, „Jurot, Bericht!“

Der Mann hat Wünsche! , schoss es der Halbbetazoidin durch den Kopf, Wir kämpfen hier ums Überleben und er will von Meldungen unterhalten werden.

Ihr Phasergewehr spuckte vernichtende Energie auf ihre Feinde – einen Haufen zwei-Beiniger, knapper eins-siebzig großer Insekten, die alles andere als freundlich wirkten.

„Verdammt, wo kommen die her?“, brüllte sie gegen das Waffenfeuer an.

„Keine Ahnung“, entgegnete Austin Chang, der in diesem Moment wieder einen Insektoiden aufs Korn nahm und abdrückte, „Sie tauchten plötzlich auf und…“

Odell tauchte aus seiner Deckung auf, legte mit dem Phasergewehr an und feuerte – mit dem Effekt, dass die Insekten kurz stehen blieben, aber weiter auf sie zukamen.

Er knirschte mit den Zähnen, schaute zu Jurot herüber und bellte: „Verdammt, das Waffenfeuer hat keine Wirkung.“

Die schöne Halbbetazoidin warf kurz den Kopf herum, schaute zu Odell, wandte sich dann wieder ihrer Aufgabe zu und feuerte, ehe sie entgegnete: „Zumindest hält es sie kurzzeitig auf!“

Konnten ihre Teamkameraden ihre Anspannung spüren? Sie hoffte es nicht, denn wie sollte man ein Team kommandieren, wenn ihre Mitstreiter von der Unsicherheit wussten, die sie gerade plagte?

Mit hochgerissenem Phasergewer warf sie sich aus der Schusslinie und zu Changs Position hin. Kurz wandte er sich zu ihr, sie zwinkerte ihm kurz, aufmunternd zu und bedeutete ihm dann, sich wieder den Angreifern zu widmen, ein Befehl, dem er nachkam.

Schnell hieb sie auf ihren Kommunikator: „Jurot an Munroe!“

„Das wurde aber auch Zeit“, erklang die eher unwirsche Stimme ihres Chefs und sie ließ ein leises, beinahe unhörbares Stöhnen aus ihrer Kehle entrinnen. Der Typ machte sie fertig.

„Entschuldigung. Ich glaube, es gibt ein Bürgerbegehren gegen unsere Anwesenheit hier.“, ließ sie die Information, dass die Feinde auf sie zukamen, eine leicht ironische Formulierung angedeihen.

„Ich verstehe“, machte Munroe aus dem Kommunikator, „Dann schließt das Wahllokal und ab nach Hause.“

Juliet wandte ihren Blick zu Austin, doch der Asiate schüttelte den Kopf.

Vielleicht war auch die Niedergeschlagenheit in ihrer Stimme viel zu deutlich, als sie sagte: „Nicht möglich, Sir. Der ÖPNV streikt.“

„Wo seid Ihr?“, erklang nun die Stimme Murphys aus dem Kommunikator und Juliet schaute sich um: „Ich glaube, wir sind ziemlich in der Mitte des Gebäudes. Das dürfte hier wohl mal die Kaffeteria gewesen sein.“
 

Munroe und Telsia schauten sich an.

Die Kaffeteria? Diese Örtlichkeit war doch keine 500 Meter von ihnen entfernt. Und wenn sie schnell waren…

„Wir sind gleich da!“, bellte Munroe, klopfte Telsia auf die Schulter und eilte los, wissend, dass sie ihm folgen würde. „Hey, Munroe, der letzte, der dort ist ist ein denebianischer Schleimteufel.“, sagte die Frau und rannte athletisch weiter, wurde schneller, über Stühle und Sitzgruppen hetzend, unter umgestürzten Säulen durchschlitternd. Der muskulöse Anführer des Hazard Teams hatte zwischendurch seine liebe Not, mit der Frau, die er seit Jahren kannte, mitzuhalten.
 

An der Kaffeteria angelangt, verfiel sie zuerst aus dem Sprint in leichten Gang, ehe sie komplett stoppte, sich ganz flach gegen die Wand, in die die Eingangstür eingelassen war, presste und in den Raum spähte. Inzwischen war das Phaserfeuer deutlich zu hören und Telsias Augen rissen weiter auf, als sie sah, wie durch einen anderen Eingang eine nicht enden wollende Anzahl an Insektoiden in den Raum kam. Das Phaserfeuer, das die hinter der Essensausgabe verschanzten Sternenflottenoffiziere leisteten, schien kaum, bis wenig Erfolg zu bringen.

Sie wandte sich an Munroe und schüttelte den Kopf.

„Wenn Biesmann noch hier wäre, würde er sich jetzt ohne Rücksicht auf sein eigenes Leben da reinwerfen und versuchen, einen Unterschied zu erreichen.“, murmelte Munroe und Telsia hörte, wie der Tod Kendrick Biesmanns ihn immer noch traf – zumal er so komplett sinnlos gewesen war.

Die hübsche Frau richtete sich auf, legte ihre Hand auf seine und schaute ihn an: „Was meinst Du, Alex? Schaffen wir es?“

Kurz umwölkten Zweifel das markante Gesicht des Mannes, ehe er entschlossen nickte. Dann zog er das Phasergewehr aus seinem Transporterpuffer. Telsia huschte an der Tür vorbei, dass die beiden die Tür quasi von links und rechts flankierten, dann hob der Chef die Hand und zeigte mit drei Fingern den Countdown an.

3

Telsia hob ihr Phasergewehr.

2

Sie schloss die Augen, atmete tief durch und öffnete sie wieder.

1

Sie war bereit – so bereit, wie man nur sein konnte. Eine geladene, eine tödliche Waffe.

0

Telsia und Munroe nickten einander zu und schlugen dann los. Zuerst eilte sie in den Raum, rannte nach links, dann folgte er, rannte nach rechts. Mit erhobenen Phasergewehren versuchten sie, die Angreifer in die Zange zu nehmen, nahmen Ziel und feuerten.

„Wer sind die?!“, rief Munroe über den Lärm der sich permanent entladenden Phasergewehre hinweg.

„Ich hab keine Ahnung!“, schrie Telsia und zielte wieder auf den nächsten Angreifer. Sie drückte ab, sah, wie der grelle Phaserstrahl sein Opfer in die Brust traf und ihn zwar nach hinten drängte – das war aber auch schon alles an Effekten.

Das Insekt blieb stehen, betrachtete sie aus Facettenaugen und begann, auf sie zuzustürmen.

Telsia lies das Gewehr sinken, wartete, bis das Insekt auf einen Meter herangekommen war, griff ihre Waffe am Lauf und wirbelte herum, um dem Wesen den Griff der Waffe gegen den Panzer zu treiben. Sie verlor den Boden unter den Füßen, setzte sich auf den Hosenboden und sah, wie das Wesen taumelte und in sich zusammensank.

Dann betrachtete sie das Gewehr, das nun definitiv nicht mehr zum Schießen zu gebrauchen war.

„Okay, das klappt einmal.“, murmelte sie und warf sich dann zu Jurot, Odell und Chang in Deckung.
 

Tony DiNozzo war sich gerade nicht schlüssig, was er sich wünschen sollte. Er schwankte zwischen einer riesigen Dose Insektenvernichter, einem großen Vogelschnabel oder aber diesen Insektenschockern, die es in der Bäckerei gab, wenn die Wespen um den Pflaumenkuchen schwirrten. Momentan würde er sogar mit einer großen Sportseite vorlieb nehmen, die er zusammengerollt auf diese Biester niedersausen lassen konnte.

Sie waren gerade im Nachbargebäude unterwegs gewesen, als ein lauter Alarm ertönt war. Schnell hatte man sich hinter der Hydrokultur in Sicherheit gebracht – was keine Sekunde zu früh war, denn aus den Bürotüren, oder besser den Räumen hinter den Bürotüren, kamen nun Insektoid um Insektoid, um diesem Krach zu folgen.

Woher wussten die eigentlich, dass im Nebengebäude Krach verursacht wurde? Ihm wäre nicht geläufig, dass in Sekten Ohren hätten.
 

Gibbs schluckte, als er sah, was dort los war, und er brauchte eine Milisekunde um sich zu fangen. Dann war er wieder die Ruhe in Person. Verdammt, er hatte gegen Terroristen gekämpft, im Irakkrieg das Vaterland verteidigt – da würde er mit einem Haufen Insekten doch sicher fertig werden. Zugegeben, sie waren ein wenig größer als die heimische Variante der Küchenschabe, aber – „the bigger they are, the harder they fall“. Es würde sicherlich einen Weg geben, gegen diese Wesen anzugehen und den Drahtzieher dieser gesamten Geschichte zu finden. Und gerade, als er diesen Gedanken gefasst hatte, hörte er neben sich ein entsetztes Aufkeuchen. Er warf den Blick zum Captain, der gerade bleich, wie die sprichwörtliche Wand oder das sprichwörtliche Leintuch, dreinblickte und offenbar Anzeichen entwickelte, losschlagen zu wollen.

„Agatha“, hauchte er, „Agatha.“

Die Hand des Special Agents schnellte vor, griff den Captain und hielt ihn fest.

„Konzentrieren Sie sich!“, knurrte er und Cal schaute ihn nur vollkommen weggetreten an.

Schnell warf er einen Blick zu Tony und nickte ihm zu.

Dieser betätigte seinen Kommunikator, was Gibbs dazu brachte, sich nicht gerade wenig stolz zu fühlen. Wie gut er seine Leute angelernt hatte, war immer wieder etwas, das er vermutlich auf der großen Rechnung, die bekanntlich immer am Schluss erfolgte, als dicken Bonuspunkt angerechnet bekam.

Oder?

Die Stimme seiner rechten Hand ließ ihn sich erinnern, was los war.

„DiNozzo an Silverbird?“

„Silverbird hier?“, erklang die rauchig-samtene Stimme der XO Cals, was Gibbs dazu brachte, zu lächeln: „Statusreport?“

„Was immer diesen Krach gemacht hat – es hat uns die Xindi auf jeden Fall vom Leib gehalten. Wir befinden uns gerade in der Fertigungshalle, sind auf dem Weg zum Extraktionspunkt und… oh mein Gott.“

Das Lächeln verschwand von Gibbs Zügen: „Bericht?“

„Wir haben hier…“, setzte Agatha an und schluckte hart, „… haben hier… Leichen… in sehr…“

Erneut schluckte sie und dann hörte man, wie sie sich übergab.

„Hier David“, schaltete sich Zivas geschäftsmäßige Stimme ein und Gibbs konnte sehen, wie Tony erleichtert aufatmete: „Wir haben hier zwei Leichen in sehr bizarren Positionen gefunden. Ich würde vorschlagen, wir holen, wenn wir mit der Sache fertig sind, Ducky, denn wenn mich nicht alles täuscht, haben wir Policeman Speed und Meyer gefunden.“

Arme Teufel. , schoss es Gibbs durch den Kopf und er konnte sich für den Bruchteil einer Nanosekunde nicht entscheiden, wen er damit eigentlich meinte. Dann wandte er sich an den apathisch dreinblickenden Cal: „Hey, keine Sorge, deiner XO geht es gut.“

Das Leben kehrte in den Gesichtsausdruck des Captains zurück, er betätigte seinen Kommunikator: „Hey, Gathy. Bist Du in Ordnung?“

„Einigermaßen.“, kam die Stimme aus dem Gerät und man konnte hören, dass sie immer noch von der Sichtung dieser Leichen mitgenommen war.

„Wenn wir hier wieder rauskommen“, grinste Cal, „Machen wir Urlaub auf Hawaii. Nur Du und ich, das Meer, die Wellen und du in einem knappen Biki…“

Gibbs schaute ihn an, schüttelte den Kopf und fast gegen seinen Willen erschien ein kleines Lächeln auf den Lippen des Chefermittlers, ehe er dem Captain eine Kopfnuss verpasste.

„Deiner XO geht es gut, können wir wieder zum Wesentlichen kommen?“, fragte er und deutete auf die Aliens, die nun vor dem Hauptgebäude standen. Der Captain nickte: „Ich nehme an, dass…“

Er betätigte seinen Kommunikator: „Cat an Team Grün und Team Gelb. Status?“

Unter dem Geräusch von andauerndem Phaserfeuer erklang die Stimme von Alexander Munroe: „Wir kriegen gerade eine ordentliche Portion Arschtritte von einem Haufen Killerküchenschaben. Eigentlich habe ich gedacht, sowas nie wieder miterleben zu müssen!“

„Können Sie sie noch eine Weile aufhalten?“

Der Captain blickte verwundert zu Gibbs, der gerade diese Frage gestellt hatte. Kurz war nichts zu hören, dann drang wieder das Phaserfeuer aus dem Kommunikator: „Ja, aber nicht mehr lange!“

„Gibbs, was tun Sie da?“, fragte der Kommandant der Dragonfly, „Wir müssen ihnen doch helfen!“

„An allererster Stelle steht die Mission, Cat.“

Junge, klingt das wieder frostig. , dachte sich Gibbs, kaum, dass er diese Worte gesagt hatte. Er bohrte seinen Blick in den Cals und ließ ihn kurz eine väterliche Wärme annehmen.

„Ich weiß, es ist hart. Aber jede Mission fordert potentiell Opfer. Und wäre es dir lieber, wenn sie Agatha, Gina oder Ziva angreifen würden?“

Das Mienenspiel des Captain zeigte deutlich, dass er gerade ein Wechselbad der Gefühle durchlitt und es tat Gibbs tatsächlich leid. Zwar war Cal freiwillig in diese Situation gerutscht und hatte in irgendwelchen Kursen vermutlich gelernt, dass man solche harten Entscheidungen zweifelsohne irgendwann treffen würde, aber Gibbs sah ihm an, dass er Schwierigkeiten hatte. Jedenfalls für eine Sekunde oder so. Dann holte der Captain tief Luft und nickte.

„Gut – wir teilen uns auf. Gibbs, Du evakuierst Ziva, Agatha, Mcgee und Gina, Tony, Du holst das Hazard-Team da raus und ich schaue mal nach, wer der Drahtzieher der ganzen Kiste ist und… rede mit ihm.“

Tony blinzelte kurz: „Das ist ein Scherz, oder?“

„Eigentlich ja.“, nickte der Captain und schaute Gibbs an: „Wie sieht der Plan aus?“
 

War das tatsächlich Gibbs Idee gewesen?

Tony DiNozzo war sich da momentan nicht ganz sicher und – mal ehrlich – wer könnte es ihm verübeln? In einem konstanten Aufeinandertreffen mit anschließendem Rückzug eine Person betreffend, die sich so praktischerweise „Traceless“ nannte, die einem eine astreine Identifikation nicht ermöglichte, war es da bei Verhaltensänderungen bekannte Personen betreffend nicht legitim, darüber nachzusinnen, ob sie tatsächlich diese bekannten Personen waren? Oder war das schon der Beginn guter, altmodischer Paranoia?

Wo war die Grenze?

Tony ahnte nun, wie sich Ziva am Anfang ihrer Karriere beim NCIS gefühlt haben musste – Meilen von der Heimat entfernt, entwurzelt und mit einem Haufen von Leuten arbeitend, die man nicht kannte, bei denen man keine Ahnung hatte, ob sie tatsächlich nur das Beste für sie im Kopf hatten, oder ob sie jemanden im erstbesten Augenblick verraten würden. Und hier? Wie sah es hier aus? Die Person, die diese Befehle gegeben hatte, die die ganze Idee ausgebrütet hatte, schien den Habitus und den Duktus Leroy Jethro Gibbs zu haben und doch war die Idee dermaßen un-gibbsig, dass bei Tony sämtliche Alarmglocken, die zu schrillen in der Lage waren, dieser Arbeit nachkamen.

Und dennoch erfüllte er diesen Befehl.

Warum?

Weil es Gibbs Befehl war – und wenn man seinem Vorgesetzten nicht mehr trauen konnte, wem dann?

Das Phasergewehr lag schwer in seiner Hand und Tony hatte das Gefühl, dass die Waffe von Mal zu Mal schwerer wurde. Das konnte nicht sein, aber dennoch war das Gefühl vorhanden.

Lag es an der Verantwortung die ihm, Tony, von Gibbs aufgebürdet worden war? Lag es an dem Fakt, dass er nicht wusste, ob Gibbs wirklich sein Boss war?

Er wusste es nicht, er wusste nur, dass er dem Befehl so gut es ging, Folge leisten musste, Folge leisten wollte

Der Aufzug trug ihn dorthin, wo er einen guten Blick über das Gebäude hatte.
 

Das Phasergewehr spie kontinuierlich Energiesalven und Juliet Jurot versuchte, den Rückstoß der Waffe zu kompensieren, was auch gelang. Die hübschen Augen der Frau nahmen erfassten das nächste, herannahende Ziel, sie riss die Waffe hoch und feuerte, wenngleich sie wusste, dass der Treffer als solcher keinen großen Effekt haben würde. Verdammt, wie konnte man gegen einen Haufen Aliens angehen, die gegen Phaserfeuer immun waren?

Aus den Augenwinkeln sah sie ihren Chef, Alexander Munroe, gerade in einen Kampf mit einem der Ausserirdischen verwickelt und hoffte, dass Munroe sich gegen diesen Angreifer behaupten konnte. Die Faust des Mannes mit dem markanten Gesicht, das sie schon oft genug in unterschiedlichen Besprechungen genau studiert hatte, traf das Kinn des Aliens, was jedoch keinen großartigen Erfolg zeitigte.

Sie fluchte in Gedanken, zog ihren Handphaser und gab einen Schuss auf den Alien ab, was dazu führte, dass das Wesen zwei Schritte zurücktaumelte und verwirrt den Kopf schüttelte. Munroe ergriff die Chance, griff nach dem Phasergewehr, das er hatte fallen lassen und hieb dem Wesen den Kolben ins Gesicht. Dies wirkte. Das Ding taumelte zurück und blieb liegen.

„Toll gemacht, Alex!“, rief Telsia und grinste schief, „Und wie willst Du dich jetzt gegen diese Biester verteidigen?“

Für den Bruchteil einer Sekunde konnte Jurot die Frage „Verdammt, da hat sie recht“ in seinen Gesichtszügen erkennen, die jedoch einer Millisekunde später grimmiger Entschlossenheit platz machte. Was auch immer Alex vorhatte, er würde sich durchkämpfen, das war sicher.
 

Ziva David betrachtete die hängenden Leichen und schüttelte den Kopf. Was für eine kranke Person musste dahinter stecken? Zumal sie sich sowieso fragte, wer der große – wie hieß das gleich? Mistermind? Mastermand? Irgendwas in der Richtung. Auf jeden Fall fragte sie sich, wer der große Planer war. Ari aus der Vergangenheit zu holen, Traceless dazu zu bringen, mit zu spielen und nun die Xindi zu involvieren – das zeugte von Ambitionen. Aber – was war das Motiv? Wieso sollte jemand all diese Schwierigkeiten auf sich nehmen?

Sie wusste es nicht, sie wusste nur, dass sie diese hypothetische Person nicht kennenlernen wollte.

Kurz wandte sie ihren Blick zu Doktor Gina Intrupper, die gerade ein wenig angewidert auf die Leichen starrte.

„Was ist deine professionelle Meinung?“, fragte sie und Gina klappte ihren Tricorder aus. Ehe die hübsche Ärztin es gesagt hatte, wusste Ziva, was sie sagen würde.

„Sie sind tot, Ziva.“, stellte die Doktorin die Diagnose und Ziva konnte nicht anders, als zu grinsen: „Gehört dieser Satz zur Standardausbildung bei der medizinischen Sternenflottenfakultät?“

Verwirrt schüttelte die Blonde den Kopf: „Bitte?“

„Naja“, sagte Ziva, die Schultern zuckend, „Ich hab ihn bisher immer wieder von Star Trek Ärzten gehört. Doktor McCoy, Doktor Crusher, Doktor Bashir, der Doktor, selbst Doktor Phlox… sie alle haben diesen Satz im Repatoire.“

„Ja, aber was will man sonst sagen?“, fragte Gina, was Ziva zum Kopfschütteln brachte: „Nein, es ist ja… es ist alles in Ordnung, aber… das ist so wie bei… erm…“

„Doctor Who“, half McGee aus, „Als würde bei Doctor Who der zehnte Doktor „allons-y“ oder „molto bene“ sagen. Oder der Neunte „Fantastisch“ grinsen. Das sind Catchphrases.“

Die Ärztin blickte die beiden Menschen aus der Gegenwart an und Ziva konnte sich genau denken, was ihr gerade durch den Kopf gehen musste. Vermutlich fragte sie sich, ob sie und McGee eine gute geistige Gesundheit aufwiesen, oder ob ihnen fünf Fritten zu einem Happy Meal fehlten. Fünf? Oder waren es drei?

Ziva seufze. Verdammte Idiome.

Die Verblüffung Gina Intruppers dauerte nicht lange an, sie fuhr mit dem Tricorder über die Toten, schaute dann zu Ziva und seufzte.

„Also, ich möchte am Liebsten gar nicht aufzählen, was alles mit ihnen angestellt worden ist, halten wir lediglich fest, dass ihr dahinscheiden nicht unbedingt schmerzlos war Aber, tu mir einen Gefallen, und frage mich nicht, wer der Mörder sein könnte. Das willst Du nämlich gar nicht wissen.“

„Wieso?“, fragte die Agentin und nun war es an Gina, zu seufzen.

Sie warf einen Blick auf den Tricorder, schaute dann zu Ziva und begann, zu berichten.

„Ich habe eine ungefähre Analyse des Täters durchführen können. Anhand der Art und Weise der Knochenbrüche dürfte die Person, die unsere beiden unglückseeligen Freunde eliminierte, ungefähr zwei Meter groß gewesen sein und ziemlich muskulös. Und – ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich bin nicht scharf darauf, so einem Wesen zu begegnen.“

Die hübsche Israeli schaute die Ärztin an: „Könnte es sich dabei nicht um dieses Wesen gehandelt haben, dass den Captain und vorher mich niedergeschlagen hat? Dieses… Brocken, nein… erm…“

Sie schaute hilfesuchend zu McGee und fragte: „Wie heißt er… groß, grün, schlechte Laune… Horn?“

„Hulk?“, half der Computerexperte aus und Ziva nickte: „Ja, genau. Dieses Hulk-Wesen.“

Sie schaute Gina an, diese legte kurz überlegend den Kopf schief: „Also, möglich wäre es. Ich möchte ihm dennoch nicht begegnen, um herauszufinden, ob Du recht hast.“

„Keine Sorge.“, sagte in diesem Moment McGee, „Soweit ich das vorhin von Cal gehört hab, hat Ari – oder Traceless – oder Traceless-Ari, dem Hulk einen Kopfschuss verpasst. Der dürfte hin sei…“

Er stockte, als er aus der Ferne etwas hörte, das verdächtig nach einem ziemlich lauten Gebrüll klang.

Kurz blickte er zu Gina, Ziva und Agatha: „Sagt mir, dass ich das nicht gehört habe.“

In diesem Moment brach eine gewaltige Faust durch die Wand.
 

Gibbs hatte seinen gewählten Stützpunkt erreicht, hob das Phasergewehr und betätige den Kommunikator: „Gibbs an DiNozzo. Gibbs an Cat. Seid ihr bereit?“

„DiNozzo bereit.“

„Hier Cat. Haltet ihr das tatsächlich für eine so grandiose Idee?“

Der Special Agent rollte mit den Augen. War ja klar, dass der Captain wieder querschießen musste. Er unterdrückte ein genervtes Seufzen, betätigte seinen Kommunikator erneut und sagte: „Die Antwort ist entweder ‚bereit’ oder ‚erbitte Verzögerung’. Und ja – der Plan ist sicher.“

Erneut erklang die Stimme des Captains aus dem Gerät – er klang nicht unbedingt überzeugt.

„Cat – bereit.“, schluckte er und Gibbs grinste.

„Dann schlagt los.“
 

Das Hauptgebäude der „Mad Cow Middleton Inc.“ wiess zwei Verbindungsbrücken zu je einem Gebäude auf. Eine der Brücken führte zur Fertigungshalle, die andere hätte zur Lagerhallte geführt, wenn sie nicht ein paar Minuten vorher der Schwerkraft gefolgt und heruntergekracht wäre. Plötzlich splitterten zwei Fenster auf der obersten Ebene auf, und zwei Strahlen orangener Phaserenergie spannten sich von diesen jeweiligen Fenstern zu einem Fixpunkt der Lagerhalle. Das Spektakel dauerte nur zwei Sekunden, dann trat wieder Stille ein, nur um zwei Sekunden später erneut gebrochen zu werden. Beton splitterte unter den Treffern und nach fünf weiteren Schüssen fand sich ein veritables Loch in der Gebäudewand.
 

Das donnernde Geräusch der Phaserstrahlen wurde auch in der Kaffeteria wahrgenommen.

Verblüfft blickten Telsia und Odell auf, schauten zu Munroe und Jurot, ehe die hübsche Halbbetazoidin ihren Phaser überlud und ihn in hohem Bogen in die Insektenmasse warf. Dort detonierte er und hinterlies wenigstens eine kleine Lücke. „Was meint ihr?“, fragte sie dann und kam auf die Beine, um zum Ausgang zu sprinten, wohlwissend, dass die anderen ihr folgten.
 

Renn! RENN! SCHNELLER!“ , schoss es Telsia Murphy durch den Kopf, als ihre athletischen, durchtrainierten Beine auf den Boden hämmerten, um sie noch schneller werden zu lassen. Natürlich hämmerten nicht die Beine, sondern die Füße, aber nichts desto trotz wurde sie noch mehr beschleunigt, was ihr einen nicht ungeringen Vorsprung vor dem sie angreifenden Alien gab.
 

Das Wesen verfolgte sie und sie war sich sicher, das sie, wenn sie von dieser Lebensform gefangen genommen werden würde, dieses Wesen keine großartige Mühe daran verschwenden würde, sie am Leben zu erhalten. Stattdessen würde es das mit ihr machen, was man als „kurzen Prozess“ bezeichnete, sprich, sie ohne mit der Wimper zu zucken umbringen. Vermutlich sogar wirklich, ohne mit der Wimper zu zucken, denn sie hatte keine Wimpern bei diesem Alien gesehen. Phasergewehrsalven hatten sich gegen die Insektoiden als nicht-effektiv herausgestellt, die Attacke mit dem Gewehrkolben ließ sich auch nur einmal pro Waffe einsetzen – aber der Wurf eines sich überladenden Phasers schien zumindest einen gewissen Schaden anzurichten. Das hatte sie bei der Durchführung des Plans durch Betazoidin Juliet Jurot bemerkt und war nun in der Situation, selbst verzweifelt genug zu sein, um diese Technik anzuwenden.

„Here goes nothing“, dachte sie sich, tastete tastete nach der Waffe, welche sich in ihrem Hüfthalfter befand und ließ ihn sich überladen, ehe sie ihn griff und mit einem „FIRE IN THE HOLE!“ die Waffe in hohem Bogen hinter sich warf.
 

Kurze Zeit blieb es still.

Telsia merkte, wie ihr Herz schneller schlug. Hatten die Aliens die Waffe gefunden, aufgenommen und deaktiviert? Oder war es nur einer dieser Momente, in denen die Zeit stehen blieb, in denen das Universum tief Luft holte, nur, um einem im nächsten Moment in die Ohren zu brüllen? Sie hatte keine Zeit, großartig darüber nachzudenken, denn in diesem Moment ertönte hinter ihr eine trommelfellzerreißende Explosion, deren Lautstärke durch etwas Anderes, noch Unbekanntes noch verstärkt und gesteigert wurde.
 

Die Druckwelle erfasste sie, hob sie an, wie eine leblose Puppe, beschleunigte sie, schleuderte sie von sich. Sie kam auf, hörte ein Knacken und wusste, dass dies vermutlich ihr Schultergelenk war, dass aus der Pfanne gesprungen war. In einem Gewirr von Armen und Beinen blieb sie für einige Sekunden liegen, rappelte sich dann hoch, wobei sie darauf bedacht war, ihren rechten Arm nicht zu benutzen. Schmerzen pochten von dort aus durch ihren gesamten Körper. Dennoch, als sie ihr Werk sah, musste sie grinsen. Direkt hinter ihr hatte die Explosion einen Teil der Decke herunterkrachen lassen und etliche der Angreifer unter sich begraben.

Es würde wohl eine Zeit dauern, bis die Aliens sich dort durchgegraben hatten.

Zumindest hoffte sie das.
 

Sie spürte die Hand auf ihrer Schulter – zum Glück nicht auf der Malträtierten, sonst hätte sie vermutlich doch eine Unmutsäußerung von sich gegeben - , wandte sich um und sah in die Augen Alex Munroes.

„Das hast Du gut gemacht.“, sagte er und sie konnte hören, dass diese Worte Teils mit Bewunderung, Teils mit Stolz und Teils mit Liebe gesprochen waren. Sie schaute ihren Vorgesetzten an und zwinkerte ihm zu, dann schaute sie zu Odell, Chang und Jurot, die ihr ebenfalls zunickten.

„Klasse gemacht.“, hörte sie die telepathische Botschaft Jurots und schenkte ihr ein ehrliches, dankbares Lächeln. In diesem Moment veränderte sich der Gesichtsausdruck der Halbbetazoidin und sie rannte los, an ihr vorbei. Pure Neugierde brachte Telsia dazu, ihr nachzusehen und so wurde sie Zeuge, wie sich Jurot mit pantherhafter Agilität und einem „IN DECKUNG; SIR!“ auf den sie nahezu fassungslos anblickenden Calvin Nathan Cat stürzte, ihn ansprang und mit ihm hinter einer Säule verschwand.

Keine Sekunde später heulte ein Schuss und nun wurde auch Munroe und Telsia klar, was die berühmte Stunde geschlagen hatte. Aus einem weiteren Zugang zur Cafeteria kamen die Ausserirdischen, ihre Waffen im Anschlag und begannen zu feuern.

Telsia Murphy ließ sich in Deckung fallen, knirschte mit den Zähnen, als sie merkte, dass sie auf der schon lädierten Schulter aufgekommen war, und schaute, augenrollend zu Murphy, der neben ihr Zuflucht suchte.

„und nun?“, fragte sie, „Wir haben keine Phaser, die sich überladen könnten.“
 

Ihren agilen Körper schnell von dem verblüfften Captain herunterrollend, kam Jurot in einer Bewegung auf die Beine, die vermutlich der ein oder andere als „grazil“ beschrieben hätte.

Sie beugte sich vor, zog den Captain in die Stehende und als sie merkte, dass er etwas von sich geben wollte, presste sie ihm die Hand auf den Mund, während sie um die Säule lugte. Sie hatte die Selbstpräsenz der Xindi gespürt, bevor sie dazu gekommen waren, einen großartig-schädigenden Angriff durchzuführen. Und nun spürte sie die Verwirrung des Captains, trat an ihn heran und raunte ihm nur ein Wort ins Ohr: „Xindi.“

Dann griff sie mit der anderen Hand nach dem Phaser des Captains und manipulierte ihn so, dass er sich überlud. Sie wartete, bis das Jaulen, das die Waffe aussandte beinahe ohrenbetäubend war, ging dann in die Knie und ließ den Phaser zu den Xindi schlittern.

Dann presste sie sich hinter der Säule in Deckung.
 

Gibbs nahm wieder Ziel.

Die Waffe fauchte, als der Senior Special Agent einen weiteren Schuss auf das immer größer werdende Loch im Gebäude abgab. Schnell wechselte er einen Blick mit Tony und lächelte kurz. Es war wie damals, als er noch ein Scharfschütze bei den Marines war, nur, dass die Waffe, mit der er jetzt feuerte…

Kurz blinzelte Gibbs, als er merkte, dass es ein wenig dunkler wurde.

„Verdammt, dabei waren doch gar keine Wolken angekündigt.“, murmelte er und stockte, als er die Stimme von DiNozzo hörte. „Ähm, Boss?“

Kurz schaute er zum Halbitaliener herüber, der auf etwas vor ihnen deutete.

Gibbs wandte sich um und erstarrte für den Bruchteil einer Millisekunde.

Über dem Gebäude schwebte eine Art Raumschiff.

Es war nicht so groß, wie das, mit dem die Sternenflottenoffiziere unterwegs waren, aber es war da. Und in diesem Moment fuhr es etwas aus. Man musste nicht über viel Fantasie verfügen, um zu wissen, dass das Raumschiff sich gerade feuerbereit machte.

„DECKUNG!“, riss seine Waffe hoch, gab einen Schuss ab, der wirkungslos an den Schilden verpuffte. Dann schaute er zu Tony, nickte ihm zu und rannte los – verfolgt von Laserstrahlen, die in das Gebäude einschlugen.
 

Als ein weiterer Deckenteil der Schwerkraft nachkam und einige Xindi unter sich begrub, lugte Telsia Murphy erneut hinter ihrer Deckung hervor. Da würden die Aliens dieses mal wirklich nicht herauskommen, das war sicher. Sie schaute zu Munroe, der ihr einen Blick zuwarf, der eindeutig besagte. „Was sagst Du dazu?“

Und sie wusste wirklich nicht, was sie dazu sagen sollte. Zumal sie keine Ahnung hatte, worauf der Mann sich bezog, wenn er von „Dazu“ sprach. Die komplette Situation war unglaubwürdig und sie fragte sich, was sie im vorherigen Leben wohl falsch gemacht haben musste, wenn sie nun durch solche Qualen geschickt wurde.

Sie wusste es nicht, aber die Gedanken verschwanden in diesem Moment, da sie von draußen etwas hörte.

Lasersalven, die sich…

Erneut blickte Telsia zu Alex, war auf ihren Beinen und am nächsten Ausgang, um einen Blick nach draußen zu werfen. Tatsächlich.

Direkt über ihnen schwebte ein Raumschiff und nahm das Hauptgebäude unter Feuer.

„Verdammt.“, fluchte sie und wandte sich an Munroe: „Und wir haben keine Möglichkeit, gegen dieses Schiff vorzugehen.“
 

Als sich der Rauch der herunterkrachenden Decke gelegt hatte, schaute Jurot an ihrem Körper herunter und stellte fest, dass ihre Rückseite ziemlich weiß aussah. Kurz blickte sie zum Captain, dessen Mund sie immer noch mit ihrer Hand verschloss. Er zwinkerte ihr zu, deutete auf ihre Hand, die sie, seiner Bitte und seinem Befehl folgend, entfernte.

„Schick.“, sagte er, „Sieht sehr… bäckerig aus. Als wären Sie in eine Mehlexplosion geraten.“

Dann deutete er hinter sich: „Ich … ich wollt auch gar nicht lange aufgehalten haben, ich wollte euch eigentlich nur retten und dann zur Fertigungshalle und…“

Er stockte.

„Hören Sie dieses komische Summen auch?“

Juliet konnte nicht anders, als zu nicken.

„Ja, und ich spüre auch Angst, Verwirrung, … und das Traceless hier ist.“

„Echt?“, machte der Captain und schaute sie an: „Und ist er weit von hier entfernt?“

Sie schüttelte den Kopf: „Nein, kann man nicht sagen. Eigentlich sogar ziemlich nahe.“

Kurz runzelte der Offizier die Stirn, schaute ihr in die Augen und zuckte mit den Schultern: „Also, Sie sind es schon einmal nicht.“

Damit klopfte er ihr auf die Schulter und rannte los: „Ich werde dann mal Traceless jagen.“

Sie schaute ihm hinterher und seufzte.

Traceless war nahe, aber wo und wer er genau war, vermochte sie aus irgendeinem Grund nicht zu sagen. Vielleicht musste sie ihre Wahrnehmung komplett öffnen, um etwas zu erreichen. Dies war aber im Moment, gerade in dieser Situation, mit ausserirdischen Killerinsekten, die sie angriffen, ein Ding der Unmöglichkeit.

Immer noch verwundert darüber, wie locker der Captain das alles nahm und wieso sie Traceless nicht so einfach finden konnte, machte sie sich auf den Weg zurück zum Team.
 

McGee war bewusstlos.

Der Hulk – wer oder was auch immer es war – hatte ihn, nachdem der Computerexperte zum Angriff mit Phasern übergegangen war, gepackt und ihn durch einen sauberen Kinnhaken gegen die nächste Wand befördert, an der er ohnmächtig und entspannt herabgesackt war. Gina versuchte in diesen Sekunden, sich um den Bewusstlosen zu kümmern, das hieß, es blieben noch zwei Leute, die den Ohnmächtigen und die Ärztin schützen konnten: Agatha und Ziva.
 

Und Beide gaben ihr Bestes. Sie feuerten aus der Distanz, kamen näher, versetzten dem Biest den einen oder anderen Tritt, nur um Sekunden später in ausreichende Distanz gekommen zu sein, um nicht getroffen zu werden. Und selbst wenn Hulk sie erwischte, wandten sie sich so, dass sie dem Wesen keine großartigen Trefferoptionen ermöglichten.

Aber selbst heißgeschossene Phaser schienen keinen Effekt zu haben, denn das Wesen brüllte einfach weiter, wütender denn je.

„Verdammt.“, keuchte Agatha neben Ziva, als beide Frauen sahen, wie der Hulk sich nun komplett durch die Wand schälte, eine Aufgabe, von der ihn nicht einmal harte Phasertreffer oder Tritte abhalten konnten.

Die Israeli wandte ihren Blick zu Agatha und sie konnte im Blick der grünäugigen Schönheit lesen, wie in einem Buch. Sie wusste, genau wie Ziva, dass sie das Ding hier im Korridor nicht so einfach besiegen konnten.

Schnell warf Agatha ihren Kopf herum, schaute zu Gina und Tim, der gerade wieder zu sich kam.

„Verschwindet!“, bellte sie und sah, mit einer Spur von Zufriedenheit, dass Beide der Aufforderung nachkamen. Dann schaute sie zu Ziva. „Du musst dich nicht auch noch opfern.“
 

„Und Du darfst hier nicht sterben.“, dachte die Israeli, als sie diese Worte hörte, „Wenn ich schon SG 1 nicht retten konnte, will ich wenigstens diesen Teil der Zeitlinie erhalten.“

Ihre hübschen, braunen Augen verengten sich zu Schlitzen und sie merkte, wie ihre Stimme eine Bestimmtheit annahm, von der sie wusste, dass sie diese besaß. Oft genug hatte sie Eli Kontra geboten, oft genug hatte sie Tali…

„Nein, denk nicht jetzt an deine Verluste! Konzentrier dich!“ , schoss es ihr durch den Kopf und sie schüttelte selbigen: „Ich werde nicht gehen. Du gehst doch auch nicht.“

Es war eine Art wortloses Verständnis, eine Art Einigung, die keinerlei gesprochene Sprache benötigte, um verstanden zu werden. Ziva spürte die Entschlossenheit der Rothaarigen, den Hulk hier und jetzt aufzuhalten, gleiches galt für sie.

„Ihr habt doch beide gekifft.“, erklang hinter ihnen eine Stimme und Ziva drehte sich um.

Calvin Nathan Cat stand dort, hielt ein Schwert in der Hand und deutete damit auf den Hulk.

„So, und nun unter uns Klosterschwestern, Tracy. Dein Weg endet hier.“

Damit warf er sich auf den Hulk, in der Absicht, ihn mit der Waffe zu verletzen.

Der erste Treffer, den das Muskelpaket beim Captain erzielte, lies ihn gleich zehn Meter nach hinten fallen.

„Darf ich fragen, woher du das Schwert hast?“, fragte die hübsche XO, hatte wieder ihre Waffe gezogen und gab einen Schuss auf den Hulk ab.

„Ist das tatsächlich Traceless?“, schoss es Ziva durch den Kopf, als Cal wieder auf den Beinen war und versuchte, die Waffe in den Bauch der Kreatur zu treiben.

Dabei lächelte er grimmig und sagte: „Der Chefbuchhalter der Firma heißt Heizo Hattsutori. Und da lag das Schwert rum.“

In diesem Moment brüllte das Biest auf, denn Cal hatte es tatsächlich geschafft, die Waffe in den Körper zu jagen – wenngleich nicht in den Bauch, sondern ins Knie.

„Okay, Traceless“, sagte er nun und funkelte den Verbrecher an, „Ich nehm das Schwert wieder raus, wenn Du uns in Ruhe lässt.“

Ein abschätziges Schnauben war zu hören, und keine Sekunde später hatte der Hulk Cal in den Bauch getreten. Dieser sauste an Agatha und Ziva vorbei, knallte gegen eine Wand und blieb liegen.

„Out for the count.“, seufzte Agatha und zog ihren Phaser erneut, um auf das Wesen zu schießen. Das zeigte sich weiterhin ziemlich unbeeindruckt, sprang über Ziva und Agatha hinweg, packte den bewusstlosen Captain und sprang mit dem Körper aus dem Fenster.

Ziva und Agatha schauten sich verblüfft an: „Was war das denn?“
 

Gibbs rannte.

Irgendwie war es ihm zuwider, sich umzudrehen und zu flüchten, aber es gab Momente, in denen musste man akzeptieren, dass man nicht unbezwingbar war. So auch hier. Das Waffenfeuer war herzerfrischend ineffektiv, was bei solchen mächtigen Gerätschaften, wie sie diese Phasergewehre darstellten, schon was heißen wollte und der Fakt, dass dieses Schiff ebenfalls Laserstrahlen abfeuerte, flößte Gibbs nicht unbedingt Vertrauen in diese neue Technologie ein.

Auch, wenn ihm gerade danach zu Mute war, einen lauten Fluch von sich zu geben oder so lautstark und farbig zu schimpfen, dass ein gestandener Seemann vor Scham rot angelaufen wäre, er musste vor allem eines tun: Di Nozzo in Sicherheit bringen.

Tony war – obwohl seine rechte Hand und obwohl mit Vertrauen gesegnet – sein Untergebener und zweitens sein Freund. Wenn es in seiner Macht stand, würde er verhindern, dass ihm etwas zustieße. Zumal der Halbitaliener gerade etwas hatte, für das es sich zu kämpfen lohnte – die Liebe einer wunderschönen Frau.

Eigentlich war der Grauhaarige gegen Beziehungen am Arbeitsplatz, aber hier ließe sich eine Ausnahme machen.

Schließlich waren die Beiden professionell genug, um berufliches von privatem zu trennen.

Der Gedanke, Tony in Sicherheit zu bringen, ihn zu Ziva zu bringen, und sie alle hier rauszuholen, beherrschte sein Sinnen, Denken und Handeln und er merkte gar nicht, wie er auf Autopilot schaltete. Eigentlich merkte er erstaunlich wenig, aber das überraschte ihn nicht. Es war wie damals im Krieg.

Um sie herum explodierten Sachen – was genau wusste Gibbs nicht, und es interessierte ihn auch nicht. Er hatte ein Ziel. Und er würde verdammt sein, wenn er es nicht erfüllen würde.

So trieb er DiNozzo vor sich her, auf das Sicherheit verheißende Treppenhaus zu.

Ohne Rücksicht auf Verluste trat er die Tür ein, griff seinen Stellvertreter und schubste ihn in das Treppenhaus, ehe er einen mörderischen Schlag gegen die Seite spürte.

Kurz taumelte er, schüttelte dann den Kopf und war wieder auf den Beinen.

Er betrat das Treppenhaus und sah, wie Tony ihn verdattert anblickte.

„Was ist?“, keifte er, „Los, zum Extraktionspunkt!“

Der Halbitaliener nickte ihm zu und rannte los.

Gibbs folgte nach.
 

Das Schiff schwebte direkt über ihnen und Telsia fragte sich, wie man dieses Ding knacken könnte, als plötzlich etwas aus einem der oberen Geschosse der Fertigungshalle sprang. Verblüfft blinzelte die hübsche Frau, als sie sah, was es war – wobei sie sich ausserstande sah, es genau zu beschreiben. Es war grau-grün-bläulich, hatte viele Muskeln und hielt jemanden in beiden Armen, der erstens verdächtig nach einer bewusstlosen Ausgabe des Captains aussah und zweitens aufgrund der Bewusstlosigkeit „wie ein Schluck Wasser in der Kurve“ in den Armen hing.

Das Ding – Telsia hatte keinen Namen für so ein Wesen – flog aus dem Fenster und schien auf dem Raumschiff zu landen.

„Na klasse.“, murmelte sie, als sie sah, wie das Shuttle plötzlich abhob.

Munroe sah sie an: „War das…?“

„Der Captain“, nickte sie und rollte mit den Augen, „Ich nehme an, er ist entführt worden. Durch Ausserirdische.“
 

McGee hörte noch immer das Brüllen der Kreatur, die sich durch die Wand brechen wollte und auf die er sich hatte werfen wollen. Der harte Schlag hatte sein Kinn getroffen, ihn gegen die nächstliegende Wand katapultiert und dabei das Bewusstsein aus seinem Kopf beinahe völlig vertrieben. Wie durch Watte nahm er die Bemühungen der Chefärztin Gina Intrupper wahr, ihn zu untersuchen. Das Piepsen des Tricorders, eigentlich ziemlich leise, klang nun unglaublich laut und misstönend an seine Ohren und er war sich nicht sicher, welche Option gerade am Attraktivsten erschien – sich der Ohnmacht hinzugeben, oder Gina den Scanner aus der Hand zu schlagen. Sein Kinn schmerzte und er war sich sicher, dass das Wesen es durch diesen einen Schlag, den es gegen ihn ausgeführt hatte, gebrochen hatte.
 

Die Dunkelheit, die ihn immer mehr für sich beanspruchte, war schließlich so übermächtig, dass er keine andere Wahl hatte, als sich ihr hinzugeben. Er merkte, wie er den Halt verlor und versank.

„Tony, das würde ich nicht tun.“

Mit diesen Worten hatte die komplette Situation angefangen. Er erinnerte sich daran, wie er an jenem Septembermorgen den Bullpen betreten hatte, von Director Vance gebrieft worden war und gerade noch rechtzeitig ankam, um Tony daran zu hindern, eine größere Dummheit zu begehen.

„Offenbar haben wir einen Hackerangriff hinter uns – sämtliche Daten sind verschlüsselt worden, als wir es bemerkt haben. Jedes Passwort, jedes Kilobyte an Daten kann gerade von irgendwoher abfangen werden.“

„Ein Hackerangriff, McGoogle?“, echote Tony und schaute den Agenten an, „Warum hat uns unsere Firewall nicht davor geschützt?“

„Nun, offenbar hat der Angreifer eine fortschrittliche, sich mehrfach-kodierende Software verwendet, die es einfach macht, in jedes System einzudringen.“, gab der jüngere der beiden Agenten zurück und begann, auf die Tastatur seines Computers einzuhacken.

Das verwirrte Tony.

„Was tust du da, Bambino?“, fragte er, „Ich meine, wenn all unsere Informationen gerade abgezogen werden, ist es unsinnig, dem Hacker weitere Informationen zu geben.“

„Das schon, aber ich kann versuchen, mich quasi auf dem Rücken des Signales in die entsprechende Software einzuklinken. Vielleicht finde ich was.“

Dies erklären und weiterhacken war für McGee eines.

Und gerade als Tony eine erneute Frage stellen wollte, betrat Leroy Jethro Gibbs den Raum.

„Tony, Ziva, packt eure Sachen. Ein toter Marine im Anacostia-Park, Sektion C.“, sagte er mit der typischen Routine des erfahrenen Chefermittlers, „Ducky und Palmer sind schon vor Ort. Elfenkönig, du kümmerst dich um den Hackerangriff.“

„Verstanden, Boss.“, erwiderte McGee und tippte erneut auf die Tastatur ein, ein Musterbeispiel an Konzentration.

Mit dem Fund von Captain Thaddeus Alexander Stone hatte alles angefangen und niemand damals auch nur einen Gedanken daran verschwendet, zu was dieser Fall in Bälde mutiert war. Zugegeben, die Mordmethode war bestialisch, aber das Team um Leroy Jethro Gibbs war mit solchen Fällen auf Du und du. Wie damals, als Ducky ein ums andere Mal Tonnen mit Haut zugespielt wurden, oder wie damals, als ein Massenmörder Bikern Füße abgetrennt hatte. Auch der Fund eines Kopfes war ihnen schon einmal untergekommen oder – einer seiner speziellen Lieblinge – das Bein einer jungen Frau, an dem man Tony DiNozzos Zahnabdrücke gefunden hatte. Sie alle hatten schon einmal ihre speziellen Fälle und manchmal waren sie von brutaler, nahezu unheimlicher Natur. Der Port-to-Port-Killer kam ihm da gerade in den Sinn. Und warum sollte dieser Fall, so brutal und menschenverachtend er auch sein mochte, sich von anderen Situationen dieser Preisklasse unterscheiden?

Die ersten Anzeichen dafür, dass dieser Fall wirklich anders war, konnte daran festgestellt werden, dass, während Gibbs, Ziva und Tony am Tatort waren, merkwürdiger Besuch auftauchte.
 

Er hob den Kopf und sah in zwei unglaublich schöne, grasgrüne Augen, die zu einer Frau mit feuerroten Haaren und einer Figur gehörten, die eindeutig Modelmaße hatte.

Beinahe wäre ihm die Kinnlade heruntergeklappt, aber – er war Gentleman, das schickte sich nicht. Allerdings würde er ihr eine Rolle in seinem neuen Roman, so er denn irgendwann mal einen schreiben würde, zukommen lassen.

„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte er mit neugieriger Stimme.

Die Frau lächelte: „Ja, ich bin Silvia Esperanza und ich suche jemanden. Vielleicht kennen sie ihn? Er ist ungefähr zwei Meter groß, hat kurzes blondes Haar – einen Igelschnitt – und blaue Augen. Haben sie ihn gesehen?“

„Nein, habe ich nicht.“, erwiderte McGee und Silvia schaute ihn ein wenig enttäuscht an: „Schade, Agent McGee. Ich dachte, man hätte sich vielleicht ein wenig unterhalten können.“

Nun runzelte Tim die Stirn: „Sekunde, woher kennen Sie meinen Namen?“

„Sie hat gute Augen“, garagentorquietschte die Stimme eines jungen Mannes, der wie aus dem Boden gewachsen neben ihr auftauchte und mit einer Art Taschenrechner herumzufuchteln schien.

„Und Peter?“, fragte Silvia und der Angesprochene zuckte mit den Schultern: „Die Wurzel aus 49 ist und bleibt 7.“

Erneut schien Silvia enttäuscht, winkte zu McGee herüber und machte sich dann auf den Weg zum Aufzug. Der junge Mann verneigte sich, folgte ihr und schaute sie an: „Wer is’n das?“

„Das, Schatz, ist Timothy McGee.“

„Was?“, fragte Peter und drehte sich um: „Kann… kann ich ein Auto… AU!“

Der letzte Laut war darauf zurückzuführen, dass Silvia ihn am Arm griff und mit sich in den Aufzug zog.

Verdattert schaute McGee auf seinen Monitor, tippte, mehr oder weniger verdrossen auf die Entertaste seines ergonomisch-geformten Keyboards und staunte nicht schlecht, als der Computer plötzlich – ohne elektronisches Murren und datentechnisches Knurren – hochfuhr und seinen Dienst wieder aufnahm.

„Was ist denn jetzt los?“, fragte er sich.

Und diese kurze Unterhaltung, von der McGee jetzt wusste, dass er sie mit Agatha und Cal geführt hatte, zwei Starfleetoffizieren, war der Auftakt der ganzen, mehr als nur verrückten Sache. Bald waren sie in Sternenflotteninterna verwickelt, ihr Chef stellte sich als Agent eben jener Organisation heraus und alles in allem galt es, einen Verbrecher dingfest zu machen, der, von dem der Captain ihnen allzu bald erzählte.
 

: „Der Mann heißt Buzz Intrupper. Er ist Wissenschaftler gewesen… Cleveres Kerlchen. Entwickelte so was wie Intelligente Masken.“

Er schaute in die Runde: „Stellt euch eine Karnevalsmaske vor, die mit eurem Kopf verbunden ist. Ihr denkt an ein Gesicht und automatisch verwandelt sich die Maske in das Gesicht, das ihr euch vorgestellt habt. Ihr wollt aussehen wie Michael Wheatherly in ‚Dark Angel’? Kein Problem. Ihr wollt die Lippen von Angelina Jolie haben? Auch kein Thema. Der Geheimdienst hatte ihn … unter Vertrag.“

Jetzt, wo er sich damit beschäftigte, fiel ihm auf, dass dieser Geheimdienst vermutlich die berühmt-berüchtigte „Section 31“ war, eine Unterabteilung der Starfleet Security, die so etwas wie eine amok-laufende IMF-Einheit war.

Vermutlich war diese Gruppierung sogar wirklich so organisiert, wie die legendäre IMF, die Impossible Mission Force der berühmten Serie „Mission:Impossible“? Das müsste er mal genauer in Erfahrung bringen – wozu gab es die einschlägig bekannten Wikis?
 

Ein abrupter Stimmungswechsel überkam ihn, als er an die Captain Stone assistierende Laura McConnaugh dachte.

Die hübsche Frau schaute McGee an: „Haben Sie eine Ahnung, wie merkwürdig sich das anfühlte? Den Boss zu hören, wie er sich so komplett out of character benahm, wie wir Fanfiction-Autoren sagen?“

Tim schaute sie überrascht an.

„Sie schreiben auch?“, entfuhr es ihm und in diesem Moment biss er sich schon wieder auf die Lippen. Es war ja letztendlich die Sache McConnaughs, ob sie schrieb, oder nicht – aber die Vorstellung, dass diese hübsche Frau ebenfalls eine literarische Ader hatte, ließ sie noch interessanter wirken. Dabei tat sie das ohnehin schon. Sie war hübsch. Er würde natürlich niemals so unbesonnen sein, sie einfach so um ein Date zu bitten – dafür war er zu gut erzogen und sie hatte sehr wahrscheinlich anderes zu tun, als sich mit Agenten des NCIS zu verabreden, aber… es war auf jeden Fall eine interessante Sache.

Und als sie ihn anblickte, lächelte und fragte: „Ach, Sie auch?“ war er kurz davor, ihr zu offenbaren, das er – Timothy McGee der Autor Thom E. Gemcity war.

Aber vielleicht mochte sie diese Art der Literatur ja auch nicht.

„Ja.“, sagte er knapp und merkte, wie sein Herz schneller schlug, als ihr Lächeln eine Spur breiter wurde: „Wirklich? Dann könnten wir uns ja mal treffen und Geschichten austauschen? Ich schreibe auf storiesforfree.org – wenn Sie nach „AntoinetteDubois“ suchen, finden sie mich.“

„Moment mal.“, fragte er, merkte, wie er sich elektrisiert fühlte: „Sie sind aber nicht die AntoinetteDubois, die Doctor 11 und Rose Tyler zusammenpairt, oder?“

McConnaugh nickte, ihr Lächeln wurde eine Spur unsicherer und schüchterner, als McGee zu Boden blickte: „Ich… habe auch ein paar Geschichten dort veröffentlicht – und sogar einige von Ihnen kommentiert.“

„Jetzt sagen Sie nicht, dass sie „DracoMalfoymustdie“ sind.“, sagte sie, leise, sanft, rauchig und als McGee den Kopf schüttelte lachte sie leise.

„Wir reden später darüber, wer ich auch storiesforfree.org bin. Zuerst einmal müssen wir uns um Ihre Aussage kümmern.“, erklärte McGee plötzlich und der Gesichtsausdruck von McConnaugh änderte sich.

Sie seufzte und schaute ihn an: „Wie schon gesagt, er benahm sich ein wenig merkwürdig – aber ich hätte nie gedacht, dass ich ihn dann als Leiche wieder sehe.“

Tim nickte ernst, nahm die Aussage zu Protokoll und schaute ihr in die Augen.

„Alain.“, sagte er dann und sie runzelte verwirrt die Stirn: „Bitte?“

„Ich… ich bin Alain. Auf storiesforfree.“

Tatsächlich hätte aus ihnen etwas werden können, wenn nicht Ari dazwischengekommen wäre. Allein schon der Fakt, dass Ari wieder lebendig gewesen war…

Aber dass er jetzt auch noch ihm etwas nehmen musste, was eventuell… McGee konnte sich nicht helfen, er konnte noch nicht einmal die Sätze zuende denken.

Immer wieder sah er vor sich die leblosen Augen der Frau, mit der er eventuell hätte zusammenkommen können.
 

„Ich bringe Sie zur Tür, Miss McConnaugh.“, sagte der Mann und Laura lächelte sanft: „Ich heiße Laura.“

Er antwortete, in dem er ebenfalls freundlich, sanft und offen lächelte: „Tim.“

McGee war sich, aus irgendeinem Grund, sicher, dass die Theorie, die man gerne „Cherchez la Femme“, also „sucht die Frau“ nannte, in diesem Fall nicht zutraf. Darauf wiesen verschiedene Zeichen hin – wenn man zum Beispiel beachtete, dass in ihren Augen ehrliches Bedauern über den Tod von Captain Stone zu lesen war, konnte er sich einfach nicht vorstellen, dass sie den stabilen Bastardhänder genommen und ihn Stone in den Rücken gerammt hätte. Nein – sie konnte diese Tat nicht begangen haben.

Als sie den Verhörraum verließen und durch den engen, orange-farbenen Korridor gingen, schaute er zu ihr und lächelte sie an: „Also – Sie schreiben diese verrückten Doktor-Who-Fanfictions, in denen Nummer 11 mit Rose anbandelt?“

„Ich finde, die beiden passen perfekt zu einander. Sie hatte sich ja schon in 10 verliebt.“

„Ja“, setzte McGee das Fachsimpeln an, als sie gerade den Bullpen betraten, „Aber Rose hat doch den Meta-Crisis-Doktor bekommen.“

„Aber das ist doch kein richtiger Timelord.“, widersprach McConnaugh und merkte, wie sie sich in McGees Nähe entspannte, als dieser plötzlich stehen blieb und mit einem verdutzten Gesichtsausdruck in ihre Richtung starrte.

„Was ist?“, fragte sie – doch als sie die Frage gestellt hatte, spürte sie, dass er nicht sie anstarrte, sondern an ihr vorbei.

Sie drehte sich um und ihr Blick fand ein angeschaltetes Computer-Terminal.

„Ich hatte ihn ausgeschaltet.“, erklärte der Bundesbeamte und ging auf den Bildschirm zu, nur um verwundert die Augenbrauen zu heben.

Als Laura neben ihn trat und ihm die Hand auf die Schulter legte, drehte er sich um, starrte sie kurz unverwandt an, taumelte einen Schritt nach hinten und schaute sie dann erneut an: „Ich… Du musst mich kurz entschuldigen. Ich… ich muss zu Gibbs.“

Damit rannte er in Richtung der Verhörräume.

Und wenn er sie dort nicht alleine gelassen hätte, wäre die Sache anders gelaufen.

Als Gibbs und McGee den Bullpen betraten, staunte der jüngere Ermittler nicht schlecht.

Laura war verschwunden.

Verblüfft blickte er sich um, sein Mund stand für einige Sekunden offen, ehe er ihn schloss, tief Luft holte und dann zu seinem Chef blickte.

„Ähm, Boss, sie … sie war bis gerade eben noch hier.“

„Und sie ist es immer noch.“, sagte Gibbs, was ihm einen verblüfften Seitenblick von McGee eintrug.

Mit geschultem Blick deutete die Ermittlerlegende auf den Boden vor dem Computer.

Die Flüssigkeit, die er dort sah, die dort den Teppich tränkte, erkannte er im Schlaf.

Blut.

McGee hatte, dass sah der leitende Chefermittler, die Blutspur ebenfalls gesehen, sein Blick folgte der Spur bis zu dem Raumteiler, hinter den er nicht blicken konnte.

Vorsichtig schritt der junge Agent näher, als das Licht ausfiel.

„Verdammt.“, fluchte McGee, trat näher an den Computer heran, las die Zeilen, die auf dem Monitor erschienen waren, erneut. Wie aus weiter Ferne nahm er den Rest war – da war dieser rote Punkt, der an seinem Körper hochwanderte, bis er auf Höhe seines Herzens war. In dem Moment, in dem er verstanden hatte, was los war, hörte er ein raues „Vorsicht“ und spürte einen heftigen Schlag, der ihn zu Boden gehen ließ.

Sein Kopf kollidierte mit der Abtrennung zwischen dem Bullpen, an dem er gestanden hatte, und seinem eigenen und während er fiel, sah er in die leeren, toten Augen McConnaughs.

‚Verdammt’, schoss es ihm durch den Kopf und vor seinem inneren Auge blitze die Nachricht auf, die auf dem Monitor gestanden hatte.

Die Aktion Gibbs hatte ihm das Leben gerettet, dessen war er sich bewusst. Leider hatte er es ihm damals in einer eher unfreundlichen Art und Weise gedankt:
 

Die Luft in der Leichenhalle war einfach nicht schön. Da half nichts. Tim hatte sich überlegt, ob es nicht sinnvoll wäre, mal ein paar Raumerfrischer dort zu platzieren, allerdings hatte er den Gedanken schnell wieder verworfen. Der Geruch von – was auch immer hier vor sich hin verweste – gemischt mit dem Aroma von Erdbeeren oder Frühlingswiese ließ den Gedanken daran, hier Lufterfrischer aufzustellen „less than thrilled“ erscheinen.

McGee konnte sich nicht helfen, sich innerlich die Frage zu stellen, wie es Ducky und Jimmy aushalten konnten, in dieser Atmosphäre auch noch zu speisen.

Innerlich zuckte er mit den Schultern. Vermutlich waren sie abgehärtet. Aus dem Grund hatte Jimmy auch eine Leichenwäscherin als Freundin. Wenn man mit jemandem, der seinen Job liebt, zusammenlebt, sollte man auch damit klarkommen, wenn dieser Jemand plötzlich von seinem Beruf erzählte. Und wenn man dann jemand war, der die epischen Schilderungen einer Autopsie mit Doctor Mallard magentechnisch nicht vertrug – naja, es wäre alles andere als schön, dessen war sich Tim sicher.
 

Aus dem Grund bevorzugte er jemanden, der seine Hobbies teilte, weswegen Laura…

Dem Special Agent verrutschte das Gesicht. Laura… seine Laura… umgebracht von Ari.

Ein schwerer Seufzer entfuhr seiner Kehle und erweckte somit die Aufmerksamkeit Duckys, der ihn anblickte.

„Timothy“, lies er seine Stimme erklingen, „Was ist los?“

Der Special Agent schüttelte den Kopf: „Nichts, es ist… es ist nichts. Ich… ich wollte hier nur…“

Ducky nickte: „Natürlich – nimm Dir soviel Zeit, wie Du brauchst.“

Woher wusste der Schotte das jetzt wieder?

Offenbar war sein Gesichtsausdruck so eindeutig fragend, denn sein Gesprächspartner blickte ihn an und lächelte schief: „Abby. Sie hat mir gesagt, was los ist.“

Damit legte er ihm großväterlich eine Hand auf die Schulter: „Nimm Dir soviel Zeit, wie du brauchst.“

„McGee“, erklang plötzlich die raue Stimme Gibbs’ aus der Schiebetür, die die Leichenhalle vom Korridor und dem Aufzug trennte, „Du kannst Dich nachher verabschieden. Jetzt haben wir einen Fall zu lösen!“

Kurz spielte der Romancier mit dem Gedanken, so zu tun, als habe er Gibbs überhört und schaute, mit starrem Blick, auf die zugedeckte Leiche Lauras. Er spürte, wie seine Tränenkanäle die Arbeit aufnahmen.

„Elfenkönig.“, rief Gibbs erneut und McGee merkte, wie er sich gegen seinen Willen umdrehte und seinen Chef anschaute. Mit einer leisen, beinahe unhörbaren Stimme, sagte er dieses eine Wort, das die ganze Situation definieren sollte: „Nein.“

Der Senior Special Agent schaute ihn an, hob in einer Mischung aus Überraschung und „Na, warte mal ab“ die Augenbrauen und in seinen Augen blitzte derselbe Emotionsmix auf: „Nein?“

„Boss“, sagte McGee, mit einer nun ihre Festigkeit wiederfindenden Stimme, „Nein. Ich kann es nicht tun. Ich kann so tun, als sei nichts passiert.“

Gibbs löste sich von der Tür und trat langsam auf ihn zu. In seinen Augen blitzte es erneut, dieses Mal mit einer Kombination aus Sorge und Wut. „McGee, Du wirst da oben gebraucht. Das ist keine Bitte.“

„Ich“, setzte der jüngere Agent an und man merkte, wie er mit jedem Wort wütender wurde, bis er die Letzten schrie: „Ich kann es NICHT, VERDAMMT!“

„Jethro, vielleicht solltest du…“, setzte Ducky an, doch selbst er verstummte, als Gibbs ihn anblickte: „Duck, vertrau mir.“

„Vertrauen.“, spie McGee aus, schaute ihn an und in seinem Blick funkelte eine unmenschliche Wut: „Vertrauen? Wir vertrauen darauf, dass wir hier sicher sind… und was passiert? Sagen Dir die Worte ‚America is under attack’ irgendwas? Wir vertrauen darauf, dass wir wenigstens im Hauptquartier des NCIS sicher sind. Was passiert?“

Damit deutete er anklagend auf den Körper Lauras: „Verdammt, ein Verrückter, der aus seiner Zeit in unsere katapultiert wurde, hat sie erschossen. Und niemand, nicht einmal die mächtige Sternenflotte, kann etwas dagegen tun.“

Gibbs schaute ihn nur an. Dies schien McGees Zorn weiter zu entfachen: „Du selbstgerechter Bastard. Du stehst hier und denkst, dass Du mich einschüchtern könntest, weil du mir, wenn ich nicht spure, eine Kopfnuss gibst, ja?“

„Special Agent McGee, Sie übertreten gerade ihre Kompetenzen.“, sagte der Grauhaarige scharf und blieb stehen, wich nicht einmal aus, als sich McGee mit einem „ICH SCHEISS AUF DIE KOMPETENZEN!“ gegen ihn warf.

McGees Wut hatte ihren Siedepunkt erreicht. In den letzten Stunden hatte er eine konstante Kurve der Katastophen erlebt und dies brachte ihn zum Überschnappen. Als dieser selbstgerechte Bastard ihm mit „Kompetenzen“ kam, sah er einfach nur noch rot und warf sich gegen ihn. Ab da lief sein Körper auf Automatik. Die Fäuste fanden ihr Ziel und gerade, als er in den dunkelroten Schleiern der Wut zu versinken drohte, hörte er ein sehr lautes Wort.

„STOP!“

McGee hielt inne, schaute zu Gibbs, der sich gerade Blut von der Lippe wischte und fand wieder zu sich.

„Meine Güte, Boss, das… das tut mir…“

Obwohl es ziemlich schmerzhaft zu sein schien, zuckte ein kurzes Lächeln über Gibbs Lippen: „Niemals entschuldigen, McGee. Das ist ein Zeichen von Schwäche. Und nach dem, was Du gerade gezeigt hast, bist du alles, nur nicht schwach.“

Damit klopfte er ihm kameradschaftlich auf die Schulter: „Geht es Dir jetzt besser?“

Und damit war für ihn klar, was los war. Der Romancier warf einen Blick zu Ducky, der nickte: „Ja, ein Kampf ist ein sehr starkes Ventil für Emotionen.“

Plötzlich fühlte sich der Mann, als sei all seine unterdrückte Wut von ihm abgefallen und er schaute erneut zu Gibbs: „Aber… du hattest Doch gesagt…“

„Ich weiß.“

Erneut räusperte sich Ducky: „Aber du hättest die Wut in die Arbeit kanalisieren sollen, Timothy. So hast Du sie nur unterdrückt.“

Der Angesprochene nickte. Dann wandte sich Gibbs an ihn: „Und jetzt hoch, dein Typ wird verlangt.“

„Geht klar, Boss.“

Offenbar schien sein Unterbewusstsein dies für den bestmöglichen Zeitpunkt zu halten, sich wieder zu melden. Kurzzeitig verlor er den Kampf gegen die Ohnmacht, das bemerkte er daran, dass die Geräuschkulisse sich ziemlich sprunghaft veränderte. Der Romancier hatte insgesamtgesehen keine großartige Ahnung, wie lange er bewusstlos gewesen war, aber als er die bleischweren Augenlider aufstemmte und die blauen Augen der Ärztin sah, die ihn erleichtert anfunkelten, wusste er, dass es vermutlich seine Zeit gedauert hatte. Dann fiel ihm der Umgebungswandel auf.

Verblüfft stemmte er sich hoch, schaute zu Ziva und Agatha. Kratzer, Risse, Hautabschürfungen, tiefe Wunden verunzierten ihr Äußeres, aber die aufrechte Haltung, die sie angenommen hatten, zeigten, dass beide Frauen zwar gekämpft, aber nicht verloren hatten. McGee war sich sicher, dass in seinen Augen Bewunderung zu sehen war, denn Ziva lächelte ihn an, trat auf ihn zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter: „Dich auf dieses Wesen zu stürzen, ohne zu wissen, was die Konsequenzen sein mochten, war unglaublich dämlich… aber mutig.“

Der Special Agent lächelte sie an, nahm ihre Hand in seine und nickte: „Was tut man nicht alles für gute Freunde?“

Sie erwiderte sein Nicken, dann schaute sie an ihm vorbei und er konnte sehen, wie sich ihr Gesichtsausdruck veränderte. Vorher konnte man noch Freude, Freundschaft, Wärme in ihnen sehen, jetzt war da nur noch Sorge. Und plötzlich rannte sie an ihm vorbei, er taumelte ein paar Schritte zur Seite, schaute ihr verblüfft hinterher und merkte, wie sein Atem schneller ging.

Nein, das konnte nicht passieren. Nicht hier, nicht er.

Aus dem Hauptgebäude kamen zwei Personen. Die Eine schien wohlauf zu sein, die andere wies einen großen Blutfleck an der rechten Seite auf. McGee merkte, wie er sich selbst bin Bewegung setzte, auf die Beiden zueilte und hörte, wie sein Herz lauter pochte.

Verdammt, nicht schon wieder. Nicht schon wieder jemand, den er hätte retten können.

Und dann sah er wie, zeitlupengleich, auch die Mitglieder des Hazard-Teams, sowie Agatha und Gina auf Tony und Gibbs zugerannt kamen. Der Chefermittler schien erst jetzt zu realisieren, was passiert war, sackte in die Knie und dann, von Ziva gehalten, kollabierte er auf den Boden.
 

McGee konnte nicht hören, was die Israeli schrie, aber – das war auch nicht notwendig. Allein der entsetzte Gesichtsausdruck machte mehr als deutlich, was da gerade gerufen wurde und die neben ihm auftauchende Gina Intrupper bestätigte die Vermutung.

Die Ärztin hieb auf ihren Kommunikator, bellte einen Befehl hinein und Millisekunden später erschien ein medizinischer Koffer neben ihr. Sie öffnete den Behälter, griff mit der anderen Hand einen medizinischen Tricorder und begann mit der Untersuchung.
 

Er spürte, wie jemand eine Hand auf seine Schulter legte, wandte sich um und schaute in die Augen Agatha Silverbirds. Immer noch fand er sich, durch die Prügel, die er durch den Hulk bezogen hatte, benommen und dieses Gefühl verdoppelte sich nun, als er das Hemd Gibbs sah, das an der Flanke blutdurchtränkt war. Ohne zu wissen, was er tat, griff er Agatha und bettete seine Augen an ihrer Halsbeuge.

Es war nicht nötig, zu hören, was die hübsche XO sagte, die beruhigenden, sanften Berührungen, die sie seinem Rücken zukommen ließ, waren ein deutliches Zeichen.

Dann machte er sich los, warf einen Blick auf das Bild, das er eigentlich nicht sehen wollte.

Gibbs – er war derjenige, der ihn ins Team geholt und ihn geleitet hatte. Er war ihr aller Ausbilder gewesen – ein väterlicher Freund – für Ziva und Abby vielleicht sogar tatsächlich eine Art Ersatzvater, ebenso wie für ihn. Für ihn, dessen Vater ihm nie wirklich gezeigt hatte, wenn er stolz auf ihn war. Dieser Mann zeigte es auch nicht, aber das war auch nicht notwendig.
 

Kurz setzte sein Bewusstsein wieder aus und als er wieder zu sich kam, spürte er den athletischen Körper Zivas, der ihn umarmt hielt und sah ihre braunen Augen, die ebenso verletzt funkelten, wie – da war er sich sicher – es die seinen taten.

Zwar setzte sein Hörvermögen wieder ein und er nahm die samtweiche Stimme Zivas wahr, allerdings sprach sie in hebräisch, was er nicht verstand. Dennoch wusste er instinktiv, das es nicht notwendig war, den genauen Wortlaut zu kennen, er verstand den Sinn , die Geste , die sich hinter ihren Handlungen und Worten verbarg, nicht mit dem Kopf, aber mit dem Herzen.
 

Agatha Silverbird war sich sicher, dass gerade in diesem Moment ihr Herz aussetzte. Die komplette Mission war ein Irrsinn gewesen, sie hätten das Team Gibbs gar nicht erst hinzuziehen dürfen, aber – Cal hatte es so gewollt. Und nun? Was war das Ende vom Lied?

Der Captain war von Traceless entführt worden und Gibbs?

Sie trat auf die Ärztin zu, ging neben ihr in die Hocke und schaute sie an: „Dein Bericht, Doktor?“

Gina kniete neben dem reglos da liegenden Gibbs und schaute sie mit einem allzu deutlichen Blick an.

Cal riss entsetzt die Augen auf.

In der Krankenstation der U.S.S. Dragonfly NCC 0815-A war die Situation gerade ziemlich angespannt. Doktor Gina Intrupper kämpfte mit allen ihr möglichen Mitteln um das Leben ihres Patienten, musste dann aber allzubald einsehen, dass es keine andere Möglichkeit gab, als diesen Schritt zu machen. Leroy Jehtro Gibbs war bei Bewusstsein, die meisten Splitter des Geschosses, das ihn erwischt hatte, waren entfernt worden – und dennoch war diese eine Sache etwas, an der auch die modernste Technik nichts ändern konnte. Sie schaute Gibbs an, schüttelte den Kopf und er – realisierend, dass es keinen anderen Ausweg gab, nickte ihr zu.

Sie griff nach dem Hypospray.

„Es tut mir leid.“

„Ich verstehe sie.“, murmelte der Chefermittler.

Erneut schaute sie ihn an, sah, wie er ihr ermunternd zulächelte: „Keine Sorge, Sie werden nichts spüren.“

Damit presste sie ihm das Hypospray in den Nacken, Gibbs schloss die Augen und erschlaffte.
 

Vor der Tür der Krankenstation hatten sich Ziva, Tony, Abby und Agatha positioniert und warteten auf Neuigkeiten. Als die Tür sich öffnete, und Gina den Ort des Geschehens verließ, schaute sie Agatha an und schüttelte den Kopf.

„Ich konnte ihn nicht retten.“, sagte sie und schaute zu Tony herüber: „Ich weiß nicht – vielleicht wollen Sie …“

Der Halbitaliener nickte, ging gefassten Schrittes in die Krankenstation und trat vor das Bett von Gibbs.
 

Es sah aus, als ob er nur schliefe.

„Vielleicht werde ich eines Tages auch so aussehen. , schoss es dem Halbitaliener durch den Kopf, als der Chefermittler plötzlich die Augen aufschlug und knurrte zischend: „Wenn Du auch nur einen Ton sagst…“

„Nun stellen Sie sich nicht so an, Special Agent Gibbs“, ertönte die Stimme Agathas aus dem Türrahmen. Damit trat sie auf ihn zu, lächelte sanft und sagte: „Zeigen Sie doch mal. Mut zur Lücke!“

Wütend zeigte ihr der Angesprochene die Zähne – inklusive der schönen Lücke, die deutlich zu sehen war.

Gina tauchte neben der hübschen XO auf und seufzte: „Ich wünschte, es hätte eine Möglichkeit gegeben, alle Zähne zu erhalten, aber dieser kleine Teufel hat wohl einen so starken Schlag mitbekommen, dass er nicht mehr zu retten war. Aber – die Hauptsache ist, dass Sie im Großen und Ganzen über den Berg sind, Gibbs.“

„Ich finde, es steht ihm ganz ausgezeichnet.“, lächelte Agatha und verstummte, als der Chefermittler ihr einen wirklich wütenden Blick zuwarf. Tony schluckte: „Und es tut seiner Autorität keinen Abbruch.“

Nun schenkte die Ermittlerlegende seinem Stellvertreter einen nicht minder bösen Blick, rappelte sich dann auf und wollte gerade von der Krankenliege hüpfen – auch wenn Gibbs nicht hüpfte – doch Gina legte ihm eine Hand auf die Schulter: „Wollen Sie wirklich so raus? Ich meine – ich könnte ihnen einen künstlichen Zahn einsetzen, ohne das man merken würde, dass er künstlich wäre.“

„Wäre das nicht ein Verstoß gegen ihre Regeln?“, fragte der Special Agent mit einer leicht zischelnden Stimme, die auf die Zahnlücke zurückzuführen war.
 

Gina blickte kurz zu Boden.

Sicher – formal, dogmatisch und logisch betrachtet und bedacht, war dieser Eingriff nicht nur chirurgischer Natur, sondern auch Temporaler. Schließlich war sie sich sicher, in den Akten von Leroy Jethro Gibbs nichts über irgendwelche Zahnimplantate gelesen zu haben – andererseits musste man sagen, dass diese Zeitlinie inzwischen so durcheinander war, dass der Tod von Captain Stone beinahe schon der Zerstörung der Kelvin im Film „Star Trek (2009)“ gleichkam, in dem ein romulanisches Schiff aus der Zukunft in die Vergangenheit reiste und damit die Zeitlinie nachhaltig veränderte. Sie hatte sich schlau gemacht und war aus dem Lachen nicht mehr herausgekommen, als sie sie Inhaltsangabe gelesen hatte. Aber – man musste den Autoren eines lassen: Kreativ waren sie.

Ob man dies auch über den potentiellen Autor dieser Zeitlinie sagen würde, müssten Leser bestimmen – wenngleich ihr der Gedanke ein wenig unheimlich war, dass sie eigentlich keinen freien Willen hatte, sondern von jemandem ausgedacht wurde, der am 11. März im Jahr 2012 um 3:26 am Computer sitzen würde um diese Zeilen niederzuschreiben.

Die Ärztin schüttelte den Kopf.

So ein Blödsinn.

Sie sollte sich lieber auf Gibbs konzentrieren und die Frage beantworten.

Also zuckte sie mit den Schultern und sagte: „Nun ja – rein theoretisch haben sie recht, aber, in ihren Unterlagen ist nie die Rede davon, dass sie eine Zahnlücke haben.“

„Wird denn etwas von Zahnimplantaten in den Akten stehen?“

„Eigentlich nicht.“, schüttelte die Ärztin den Kopf, „Aber …“

In diesem Moment ging das Schiff auf Alarmstufe Gelb.

„Wir reden später darüber.“, zischelte Gibbs, war auf den Beinen und bedachte die Ärztin mit seinem speziell-patentierten „Lass mich in Ruhe, oder trag die Konsequenzen“-Blick, ehe er zu Agatha nickte: „Auf die Brücke, Commander.“
 

Die Brücke der Dragonfly war momentan in reger Betriebsamkeit. Die taktische Offizierin rief dem Navigator einige Fakten zu, der wiederrum antwortete und kurz einen Blick zu seiner Schwester an der Wissenschaftskonsole warf.

„Bericht!“, erscholl die Stimme Agatha Silverbirds, nachdem sich die Turbolifttür hinter ihr, Gibbs und Ziva geschlossen hatte.

Als Erste wandte sich Alexandra Strange an die hübsche XO: „Wir haben das Xindi-Schiff gefunden und sind auf Verfolgungskurs.“

„Ja“, meldete in diesem Moment Jill – Zeugnis eines perfekten Zusammenspiels – „Leider haben sie uns bemerkt und sind auf direktem Kollisionskurs.“

„Zustand der Schilde?“, wollte die rothaarige XO wissen und Jill warf einen Blick auf die Anzeigen: „Schilde sind aktiviert, Waffen ebenfalls. Sie haben uns im Visier.“
 

Agatha musste nicht lange überlegen.

Im Zweifelsfall galt es, die Sicherheit des Schiffes und der Zeitlinie über das Wohl des eigenen Freundes zu stellen.

„Schilde hochfahren“, befahl sie, „Phaser und Photonentorpedos bereit machen. Wenn Sie uns angreifen, Verteidigungsmuster Alpha Bravo.“

„Alpha Bravo“, nickte Jill, „Verstanden.“

Damit gab sie einige Befehle ein und warf wieder einen Blick auf ihre Konsole: „Das Schiff ist auf 5000 Kilometer herangekommen und hat uns immer noch angepeilt.“

Agatha schluckte.

Ihr war nicht wohl bei dem Gedanken, ihren Freund töten zu müssen und Ziva schien das zu spüren. Plötzlich war sie neben ihr, legte ihr sanft eine Hand auf die Schulter und nickte ihr zu.

„Manchmal“, sprach sie in einer sehr sanften Stimme, „scheinen die Aufgaben, die uns auferlegt wurden, viel zu mächtig, um für eine einzige Person gedacht zu sein. Aber“, sie schaute der XO in die Augen und schüttelte sachte den Kopf, „sie sind es nicht. Du wirst deinen Weg gehen, Agatha.“

Die hübsche Rothaarige nickte und in diesem Moment bebte das Schiff.

„Xindi feuern!“, schrie Jill und Agatha wirbelte herum. Sie hauchte nur zwei Worte: „Feuer erwidern.“

Jills Finger schwebte kurz über der Konsole, dann betätigte er einen Knopf.
 

Die U.S.S. Dragonfly und das Xindi-Schiff flogen aufeinander zu und der Austausch von „Höflichkeiten“ war kurz, aber für das Xindi-Schiff heftig. Das Föderationsraumschiff schlingerte zwar getroffen, schaffte es aber, sich nach ein paar Sekunden zu stabilisieren. Das konnte man von dem Raumschiff der Aliens nicht behaupten. Kurz wand es sich noch im Todeskampf, dann explodierte es lautlos und verging in einem Sternenmeer.
 

Auf die Brücke der Dragonfly legte sich Stille, wie ein Leichentuch.

Der erste Offizier, Agatha, starrte kurz, wie benommen, auf das Schauspiel, welches der Bildschirm anzeigte, schluckte dann hart und wandte sich an Jill.

„Scann nach Überlebenden.“, sagte sie.

Die taktische Offizierin kam der Aufgabe nach, schüttelte nach ein paar Sekunden den Kopf und sagte: „Tut mir leid. Keine Rettungskapseln, keine Lebenszeichen.“

„Transporterraum an Commander Silverbird?“, erklang in dem Moment die Stimme des Transporterchefs. Die XO schluckte kurz, betätigte dann ihren Kommunikator: „Ja, Silverbird hier?“

„Ich habe jemanden auf der Transporterplattform, der Dir gerne ‚Hallo’ sagen würde.“
 

Ziva betrat den Transporterraum als Letzte und konnte sich ein amüsiertes Grinsen nicht verwehren. Agatha stand auf der Plattform, den Kopf des Captains in den Schoß gebettet und lächelte ihn an: „Du, Liebster, siehst ziemlich durch den Wolf gedreht aus.“

Das stimmte.

Der Captain erinnerte sie gerade an sie selbst, als sie sich das erste Mal, nach der Sache in Somalia, im Spiegel betrachtet hatte. Blutergüsse auf den Wangen, zwei blaue Augen, verkrustetes Blut auf der Lippe – kurzum, es war ein Bild einer Person, die gerade einen ziemlichen Kampf hinter sich hatte.

Und dennoch lächelte der Captain.

„Ich… ich weiß auch nicht, was ich sagen soll.“, lächelte er, „Ich… hatte offenbar Glück.“

„Offenbar“, erwiderte Gibbs und schaute den Offizier fragend an: „Wo wir gerade von ‚Glück haben’ reden – wo ist Traceless?“

In diesem Moment hörte Ziva das pneumatische Zischen einer Tür und sah, wie die Ärztin den Raum betrat. Offenbar musste Agatha sie gerufen haben, als sie den Zustand des Captain gesehen hatte.

Cal sah sie und seine Gesichtszüge verrutschten. Er wurde plötzlich sehr, sehr ernst, wuchtete sich in die Stehende und trat auf Gina zu.

Dann sah er ihr in die Augen und streichelte sanft über ihre Wange: „Es… es tut mir leid. Ich habe ihn nicht retten können.“

Agatha räusperte sich und trat auf ihn zu: „Willst Du damit sagen, dass…“

„Ja“, nickte Cal, „Traceless ist tot.“
 

Wenn es Sätze gibt, bei denen man sich nicht einhundert Prozentig sicher ist, ob sie zutreffen, dann sind es Sätze, wie „Traceless ist tot“. Das schien auch Gina zu wissen, denn ihre erste Amtshandlung war, den Captain leicht mißtrauisch zu beäugen.

„Du willst mir sagen, dass mein Bruder tot ist?“

Cal nickte.

„Und er ist durch deine Hand gefallen?“, bohrte die Ärztin nach und der Captain wiegte abwägend den Kopf hin und her: „Nun - so ganz kann man das nicht sagen. Ich habe es nur nicht geschafft, ihn zu retten, bevor es schlimm werden konnte.“

„Soso“, legte sich ein mißtrauisch-verschmitztes Lächeln auf die Lippen der schönen, blonden Ärztin, „Und das soll ich dir glauben? Ich soll dir glauben, dass mein Bruder, der es bis jetzt immer geschafft hat, sich aus der Affäre zu ziehen, durch die Hände meines Ex-Freundes stirbt?“

„Rein vom geschichtlichen Standpunkt her gibt es doch kaum etwas Besseres, oder?“, fragte der Captain und schaute sie an: „Ich meine, wir beide, in einem epischen Kampf auf Leben und Tod, auf einem Raumschiff, dass der Vernichtung geweiht ist? Das ist der Stoff, aus dem Action-Szenen geschnitzt sind.“

„Geschnitzt waren , Cal.“, korrigierte Agatha ihn, „Die Mädels aus dieser Zeitebene würden sagen: ‚Das ist so 90er Jahre.’.“

Der Captain warf ihr einen nicht-unbedingt-amüsierten Blick zu, ließ sich dann auf der Transporterplattform nieder und begann, zu erzählen.
 


 

Also, das müsst ihr euch so vorstellen. Nachdem mich Traceless ausgeknocked hatte, wusste ich einige Zeit lang nicht, wo ich war, wann ich war oder wieso ich überhaupt war. Aber so langsam, aber sicher kam ich zu mir. Über mir flackerten helle Lichter und ich fragte mich, ob das ein innenarchitektonischer Scherz war oder ob man mich wirklich an die Asgard vertickt hatte. Dann beugte sich das Wesen in mein Blickfeld. Ich sag euch – Traceless hat sich noch nicht mal die Mühe gemacht, eine andere Gestalt anzunehmen. Er sah immer noch aus wie „der unglaubliche Hulk“, und damit meine ich nicht die CGI-Muskelmasse, sondern den schlecht-geschminkten Bodybuilder mit dem fürchterlichen Toupet. Er knurrte, riss die Arme hoch, nur um sie im nächsten Moment, selbst ein wenig in die Hocke gehend, nach unten zu bringen und das Knurren in ein lautes Brüllen zu steigern.

Doch da war ich schon weg, sodass Tracys Brüllen eher so klang: „Roaaaaaaaaaaaaaarrrrrrrrrrrrrrrrschloch! Der ist einfach abgehauen, ja wo gibt es denn sowas?“

Ich kann euch sagen, wo es das gibt. In Calvin Cats kleiner privaten Welt gibt es das. Ich bin gerannt, gerannt, gelaufen, gejoggt – aber entweder ist dieses kleine Xindi-Schiff, was die Komprimierung von Räumen angeht, besser, als jede TARDIS, oder aber ich bin auf einem Laufband gejoggt, denn – ich hatte das Gefühl, auf der Stelle zu laufen.
 

Ich bin also gelaufen und – ich sage euch – ich musste einen verdammt guten Tag gehabt haben, denn meine Kondition ließ mich mal ausnahmsweise nicht im Stich. Und dann stand plötzlich wieder Hulk-Tracy hinter mir, machte wieder seine „Ich brüll gleich“-Pose und ich schaute ihn an: „Ja, ich weiß Roooorschach.“

Das hat ihn wieder ein wenig durcheinandergebracht, also konnte ich angreifen. Ich hab ihm Kinnhaken gegeben und Schläge und hab getreten, gekratzt, gebissen, gespuckt – im Zweifelsfall ist alles, was mich von meinem Gegner trennen kann, als Waffe geeignet.

Ich begab mich also in die Verteidigungshaltung und tänzelte um Traceless herum – da nimmt der Typ eine Eisenstange und rammt sie mir in die Seite. Zu dem Moment war mir glasklar, dass dies keine besonders kluge Entscheidung war. Aber gottlob bin ich neben meinem Schwert zu liegen gekommen, nehm das Ding also und verwickle Tracy-Boy in einen Nahkampf. Ich wirbele herum, kann ihn ein paar mal Treffen – und dann beginnt das Schiff zu Beben. Nun hab ich keine Ahnung, wieso, aber Tracy taumelt nach hinten und kracht gegen einen Generatorenkasten, der ihn aufs schönste kurzschließt. Und so konnte ich entkommen.

Gibbs betrachtete den Captain mit einem mehr als mißtrauischen Blick, ehe er sich räusperte, kurz zu Ziva blickte, in deren Augen Unglauben und pures Amüsement miteinander wetteiferfunkelten.

„Unglaublich.“, machte sie dann, was Cal dazu brachte, sich noch mehr aufzuplustern, eine nahezu heldenhafte Pose einzunehmen, oder das was er dafür hielt und versucht-bemüht-charmant zu lächeln: „Man tut was man kann.“

„Ich glaube“, lächelte Agatha, „Ziva wollte eher sagen, dass sie dir kein Wort glaubt. So geht es übrigens auch mir. Komm, sei ehrlich. Traceless hat dich auf dem Xindischiff durch die Mangel gedreht, dich dann auf die Dragonfly gebeamt, um – keine Ahnung, vielleicht um deine Schmach zu erhöhen – und hat sich dann selbst weggebeamt, bevor das Ding in die Luft geflogen ist.“

„Klingt auf jeden Fall glaubwürdiger.“, nickte Gibbs und zog dann seine Pistole, um auf Cal anzulegen. „Es gibt allerdings noch“, damit hob er die Waffe und zielte auf des Captains Kopf, „eine weitere Möglichkeit.“

Er spannte den Hahn und funkelte den Kommandanten über den Lauf seiner Waffe an: „Nehmen Sie die Hände hoch, Traceless.“

Der Captain - oder wer auch immer es war – schaute Gibbs verdattert an, deutete auf sich und hob fragend eine Augenbraue: „Erm – come again? Ich soll Traceless sein?“
 

Eigentlich war die Überlegung Gibbs eine vollkommen logische, vollkommen zu verstehende Sache gewesen. Nach dem, was er über Buzz ‚Traceless’ Intrupper gelesen hatte, war dieser Mann zu allem fähig – auch dazu, die Rolle des Captains einzunehmen, während der echte Captain in der Explosion vergangen war. Aber irgendwie tat sich Agatha schwer, dies wirklich glauben zu können. Warum eigentlich? War es, weil sie den Captain liebte und sich nicht vorstellen wollte, dass man ihn umgebracht und durch Traceless ersetzt hatte?

War es, weil sie wusste, was dies alles für weitreichende Konsequenzen hätte?

Innerlich fühlte sie, wie sie begann, zu verzweifeln. Es hatte schon einen Grund, warum Captains eher selten auf Aussenmissionen gingen – und auf einen dieser Gründe legte Gibbs gerade an.
 

Und was, wenn Gibbs recht hatte? Was bedeutete dies?

Sie wusste es nicht, sie wusste nur, dass die Sache dann sehr, sehr traurig werden würde. Schließlich kannte sie den Captain gefühlt ihr ganzes Leben lang, erinnerte sich mit Grausen an diesen einen, schrecklich langen Tag, an dessen Ende sie gezwungen war, den Captain anscheinend zu töten, um ihre Loyalität diesen Ausserirdischen gegenüber zu beweisen. Das Gute war, dass sie und er Vorkehrungen getroffen hatten, um diese Exikution real aussehen zu lassen, ohne, dass sie wirklich real war. Sie und Cal hatten so häufig dem Tod ins Antlitz geblickt, ihn so häufig an sich vorbeihuschen sehen, dass sie jetzt, ob der Situation nicht anders konnte, als sich zu fragen, was da wirklich passiert war.
 

Was wären die Konsequenzen?

Sie schüttelte den Kopf.

Darüber konnte man sich später noch Gedanken machen, jetzt galt es, herauszufinden, ob Cal wirklich Cal war, oder Traceless.

Sie beugte sich vor, legte ihm die Hand auf die Schulter und wollte gerade das Codewort flüstern, als ihr einfiel, dass es auch Traceless bekannt war. Das würde bedeuten, dass der Verbrecher in der Maskerade des Captain, nichts desto trotz, gespielt bewusstlos zu Boden sinken würde und damit wäre nichts gewo…
 

„SG-1“, sagte in diesem Moment Ziva und schaute den „Captain“ an und Agatha fragte sich, was sie damit tatsächlich ausdrücken wollte. Verblüfft blickte sie die hübsche Israeli an und hob fragend eine Augenbraue.

Ziva erwiderte ihren Blick – sah die Rothaarige tatsächlich sowas wie die Bitte um Vergebung in den Augen der Special Agentin?

Wofür?

Und gerade, als ihr einfiel, wofür sich die Frau entschuldigen wollen würde, hatte Ziva den Captain am Kragen gepackt und sah ihm tief in die Augen: „SG 1 wird sterben, wenn wir nichts tun. Was sagst Du dazu?“
 

Natürlich war dieser Schritt ein kalkuliertes Risiko und das wusste Ziva.

Aber sie war sich sicher, dass jeder, der in einem Kampf sein Leben gelassen hatte, ihr auf ewig zürnen würde, wenn sie nicht wenigstens versuchte , diese vier Leben zu retten. Und je nach dem, wie Cal auf diese Mitteilung reagierte, konnte sie erahnen, ob er diese Reaktion schauspielerte oder ernst meinte. Was wiederrum bedeutete, dass man Traceless überführt hätte. Wohlgemerkt, wenn es funktionierte.

Kurz zeigte sich Verwirrung im Blick des „Captains“.

Fragte er sich nun, wie er am Besten darauf reagieren sollte?

Fragte er sich nun, was die Anderen von ihm erwarteten?

Gibbs Räuspern riss sie aus ihren Gedanken und sie wandte sich an ihren Chef: „SG-1, die Leute von Homeworld Security… sie sind auf dem Weg nach Dakara und werden, zumindest sagen es die Föderationsakten, sterben.“

„Und genau daran können wir nichts ändern.“, sagte Agatha, was ihr eine hochgezogene Augenbraue von Ziva eintrug.

Die Israeli trat auf die XO zu: „Ich darf Dich daran erinnern, dass sie deine Freunde sind? Und wenn sie schon nicht deine sind, dann sind sie wenigstens die, deines Freundes, oder?“

Kurz warf sie einen überprüfenden Blick in das Gesicht des Captains, wandte sich um und trat auf ihn zu, bis sie nur noch Milimeter trennten.

Sie reckte ihren Kopf, um an sein Ohr kommen zu können, und wisperte ihm ins Ohr: „Sam wird sterben. Das hat sie nicht verdient.“

‚Uff’, atmete Ziva tief durch, „Was bin ich froh, dass ich zwischendurch eine richtig schön-kalte Hündin sein kann.“

Und obwohl sie das Gefühl hatte, wieder ein Idiom verwechselt, oder das Wort einfach zu wörtlich genommen zu haben – „Bitch“ heißt schließlich auch „Hündin“ – lächelte sie, so eiskalt, wie es ihr möglich war, und trat wieder an den Captain heran, von dem sie in diesem Moment merkte, dass er schon sehr mit sich zu kämpfen hatte.

„Das hat sie nicht verdient.“, hauchte sie wieder, „Sie hat Dir etliche Male das Leben gerettet, ihr seid gute Freunde und dennoch lässt Du sie elendig verrecken?“

Vielleicht war es zu sehr der „Star Trek (2009)“-Ansatz, Gefühle zu erwecken, aber, es schien zu klappen. Ein Zittern durchlief den Körper des Captain und sie sah, wie der die Kiefer aufeinanderbiss.

„Vermutlich trifft sie gerade in diesem Moment eine Kugel und sie fällt zu Boden.“, zischte sie, trat einige Schritte zurück und schaute den Captain an, als wäre er ein Stück Dreck, „Sie schreit den Namen des Mannes, der sie retten könnte – deinen Namen – und du tust nichts. Hauptsache, die heilige erste Temporale Direktive bleibt unbeschädigt.“

„Sei still.“, wisperte Cal, in dessen Augen sie sehen konnte, dass die Tränenkanäle die Arbeit aufnahmen. Also legte sie noch einmal ein Brickett nach: „Und in Wirklichkeit bist du bigott. Du hast dich hier eingemischt – bei uns. Du könntest auch Sam retten. Aber du musst ja auf deine Freundin hören, da sie dich sonst ausknippst, nicht wahr? Du bist kein Captain, du bist kein Mann. Du bist ein Waschlappen.“

„HÖR AUF!“; brüllte Cal, trat auf sie zu, mit zum Schlag erhobener Faust und stockte, als er erkannte, was er da zu tun im Begriff war.

Er ließ zuerst die Hand, dann den Kopf sinken, schluckte und sagte, mit bebender Stimme: „Agatha? Wir … wir werden jetzt nach Dakara fliegen, verstanden?“

„Aber, Cal…“, setzte die XO an, worauf hin der Captain ihr einen Blick zuwarf. Ziva sah nicht so ganz, was in diesem Blick geschrieben stand, sie sah nur, dass Tränen die Wangen des Captain herunterrannen und dass die XO wie vor den Kopf geschlagen da stand.

Cal trat auf Agatha zu, strich ihr sanft über die Wange und hauchte: „Bitte, mach es so.“

Damit wandte er sich um und stürmte aus dem Transporterraum.

Ziva blickte ihm nach, wandte sich dann an Agatha und atmete aus.

„Es… es tut mir leid. Ich musste versuchen, ihn zu kriegen.“

Kurz schaute die XO sie an, als würde sie sie am liebsten in die Brigg werfen, dann konnte Ziva sehen, wie es hinter ihrer Stirn zu arbeiten begann, ehe sich ein leichtes Lächeln auf die Lippen der Rothaarigen legte. Sie trat auf Ziva zu und nahm sie in die Arme: „Danke, Ziva. Großartige Idee.“

Auch sie wandte sich um, klopfte der Israeli noch einmal auf die Schulter und eilte dann davon.
 

Sie spürte die verwirrten Blicke der Anderen in ihrem Rücken und drehte sich dann zu Gibbs um. Einzig McGee stand dort, die Arme vor der Brust verschränkt und lächelte sie an.

„Clever.“, sagte er. Tony schaute sie an, warf dann einen Blick zu McGee und nickte: „Klar, logisch. Wenn man verstanden hat, was sie getan hat…“

„Eigentlich ist es ganz einfach.“, erwiderte Gibbs mit einem Schmunzeln und eigentlich war es ihr klar, dass er nach McGee, der auf dem Sci-Fi-Gebiet einfach zu Hause war, den psychologischen Aspekt ihrer Tat verstand. Tony blickte ihn an, Verständnislosigkeit im Blick: „Echt?“

„Klar“, nickte der Chefermittler, „Sie hat versucht eine so starke emotionale Reaktion hervorzurufen, die nur der Captain zeigen konnte. Traceless beispielsweise, könnte diese emotionale Bandbreite zwar ebenfalls bedienen, aber diesen beinahe-Gewaltausbruch Cals hätte Traceless nicht immitieren können.“

„Schließlich besteht immer die Gefahr, in solch emotionalen Sachen seine eigene Person durchscheinen zu lassen, oder aber komplett OOC zu gehen.“, klarifizierte McGee, was bei Tony eine Augenbraue hob: „OOC?“

„Out of character, Tony.“, lächelte Ziva, „Wenn jemand zum Beispiel schreiben würde, dass Deanna Troi nicht nur eine Romanze mit dem knapp 10 Jahre jüngeren Wesley Crusher hätte, sondern ihm im Moment höchster Extase Sachen um die Uhren schlüge, die einen gestandenen Piloten vor Scham erröten lassen würden, wäre das OOC.“

„Erstens schlägt man jemandem Sachen um die Ohren und zweitens ließe es einen gestandenen Seemann vor Scham erröten.“, korrigierte diesesmal nicht Tony, sondern Gibbs und lächelte sie dabei frech und mit der Zahnlücke an.

Gina grinste ebenfalls: „Und Sie, Special Agent Zahnlücke kommen jetzt mit, ich werde ihnen ein Implantat einsetzen. Keine Sorge, sie werden nichts spüren.“
 

Gina Intrupper seufzte.

„Mister Gibbs, wenn sie sich dieser OP nicht unterziehen wollen, ist das kein Problem, aber schieben Sie keine dringenden Besprechungen vor.“

Der grauhaarige Special Agent, der sich gerade auf der Krankenliege aufgesetzt hatte, als Ziva hereinkam, zuckte mit den Schultern: „Ich kann auch nichts dafür.“

Damit wandte er sich an die Israeli: „Was ist los, Special Agent David?“

Kurz schaute sie ihn an, beugte sich dann vor und flüsterte ihm etwas ins Ohr.

Der Special Agent nickte, wandte sich an Gina und fragte: „Wie lange wird das dauern?“

„Ich bin schnell. Einsetzen, festdrücken – sagen wir mal 10 Minuten.“

Ziva schüttelte den Kopf: „Das dauert zu lange. Timing ist besonders wichtig.“

„Wenn Sie darauf achten, nicht zu viel und nicht zu lange zu sprechen, Special Agent Zahnlücke, dann kann ich das in fünf Minuten machen.“, überlegte die Ärztin und Gibbs nickte: „Machen Sie es so.“

Gina schaute ihn verblüfft an: „Der Satz gehört zum Standardrepatoire aller Chefs, oder?“

„Wieso?“, fragte der Agent und Gina schüttelte den Kopf: „Vergessen Sies.“
 

Agatha Silverbird war gerade ziemlich zwigespalten. Die Pflicht und die Loyalität zu ihren Freunden und besonders zu ihrem Freund fochten gerade einen ziemlichen Kampf. Konnte sie diesen Bruch der obersten, der allerheiligsten temporalen Direktive unterstützen?

Gut – man musste zugeben, dass es Momente gab, in denen die erste Direktive mit „ziemlich für die Tonne“ noch am Besten beschrieben war. Wie konnte man sich, guten Gewissens, zurücklehnen und sagen „ist nicht mein Problem, darf ich nicht eingreifen“, wenn aufgrund von politischen Schwierigkeiten oder ähnlichem Lebewesen litten? Ihr fielen zwei Kapitäne ein, beide hatten das Kommando über zwei Schiffe mit dem Namen „Enterprise“ und beiden war sie inzwischen schon einige Male begegnet.

Jim Kirk nannte die „erste Direktive“ eine Richtlinie, implizierte damit, dass es kein Konzept war, an das man sich sklavisch zu halten hatte.

Jean Luc Picard formulierte gegenüber des verstorbenen Admiral Doherty die Frage: „Wer sind wir, das wir die nächste Evolutionsstufe dieser Menschen bestimmen dürfen?“.

Natürlich gab es Situationen, in denen die erste Direktive – oder „Generalbefehl 7“ nützlich war, verhinderte es doch, das man sich in Problematiken einmischte, deren Kultur und Daseinsgrund man nicht verstand.

Und dennoch war auch hier durch die Kirk’sche Sichtweise, das die Direktive lediglich eine Richtlinie war und kein eisernes Gesetz, durchaus gegeben.

Verhielt es sich bei der ersten Direktive anders?

Mussten Ereignisse so stattfinden, wie die Geschichtsbücher sie kannten?

Durfte man sich nicht einmischen – unter gar keinen Umständen -, weil man die Konsequenzen nicht absehen konnte?

Dazu existierten immer wieder unterschiedliche Theorien und jede hatte ihre validen Momente.

Kirk selbst hatte einen Zeitsprung gemacht, um die Erde vor ihrer Vernichtung zu bewahren.

War die Erde in ihrer Gesamtheit wichtiger, als eine Person?

Offenbar, denn Kirk hatte McCoy seinerzeit davon abgehalten, Edith Keeler vor einem heranrasenden LKW zu beschützen.
 

Und was war mit ihr persönlich?

Sie kannte die sechs Personen, deren Leben auf dem Spiel standen. Sie war sich bewusst, wer es war und war sich bewusst, dass der Tag, dessen Ende sie am Liebsten aufhalten würde, den Tod des gesamten SG-1 Teams sehen würde.

Und sie mochte das Team, das verkomplizierte die Situation.

In Agatha Silverbird fochten Gefühle einen Widerstreit. Dies spürte sie sogar körperlich, denn je näher sie mit dem Turbolift der Brücke kam, desto schneller ging ihr Atem.

Sie konnte, mit einem einzigen Befehl, die Auslöschung des Teams verhindern, konnte sicherstellen, dass SG-1 überlebte.

Und dann?
 

Durfte sie es überhaupt?

Waren Geburts- und Todesdaten in Stein gemeißelt?

Was konnte, was durfte sie tun?

Die Tür des Turbolifts glitt auf, sie betrat, äußerlich ruhig und mit gemessenen Schritten die Brücke und schaute sich um. Gesichter, Personen, erwarteten ihre Befehle.

Sie hob die Stimme an.

Jetzt, hier, konnte sie ihre Freunde und Helden retten.

Verdammt – sie hätte sich nie so sehr an diese Menschen binden sollen.

Damals, als sie das Team und die Zusammenarbeit mit Cal erlebt hatte – selbst dieses einfache Ansinnen durchzuboxen, war ein Akt für sich gewesen – hatte sie festgestellt, dass die Leute ihr tatsächlich sympathisch waren. Zwar waren sie nicht die überlebensgroßen Helden, zu denen die Geschichte sie stilisierte, aber – sie waren Helden.

Und dann, als sie Luft holte, ansetzte um zu sprechen, bemerkte sie, dass sie nur verlieren konnte.
 

Entweder sie bewahrte die Zeitlinie vor möglichen Änderungen, was bedeutete, dass sie ihre Freunde verlor, oder aber sie rettete diese, was nun wirklich zu unvorhersehbaren Komplikationen führen konnte.

Eine schlechte Wahl.

Sie seufzte, holte erneut tief Luft und gab endgültig den Befehl.

Dann hörte sie, wie sich hinter ihr die Tür öffnete und Leroy Jethro Gibbs den Raum, in Begleitung von Ziva David, betrat.

„Ist der Captain drin?“, fragte er und deutete auf die Tür zum Büro.

Jill schaute von ihrer Konsole auf, nickte und schaute dann zu Agatha.

Die XO wusste, das dies wirklich die Feuertaufe, der Charaktertest war. Hier gab es keine einfachen Entscheidungen, hier galt es zu der gerade getroffenen Entscheidung zu stehen.

„Ihr habt eure Befehle.“, sagte sie und nickte Gibbs zu, „Ich bin sicher, sie können eintreten.“
 

Die Tür glitt hinter Gibbs und Ziva zu und die hübsche Israeli sah sich erst einmal um, ehe sie sich auf den Mann konzentrierte, der, mit hinter dem Rücken verschränkten Händen vor dem großen Panoramafenster stand und nachdenklich nach draußen blickte.

„Cal?“, fragte sie und trat näher: „Es… es tut mir leid, dass ich dich so drängen musste.“

Zuerst reagierte der Kommandant des Föderationsraumschiffes nicht, starrte immer noch nach draußen, ehe er den Kopf senkte und die Hände vors Gesicht brachte.

Ziva wandte sich um, schaute fragend zu Gibbs, der würdevoll nickte, dann legte sie dem Captain eine Hand auf die Schulter. Der Offizier zuckte zusammen, wirbelte herum und schaute sie an. In diesem Moment konnte sie sehen, wie die Tränen sein Gesicht herabliefen.

„Was ist richtig?“, fragte er mit bebender, brechender Stimme, „Was ist ethisch korrekt?“

Damit schaute er ihr in die Augen und wenn der Captain genau hinschauen würde, er würde erkennen, dass sie für den Bruchteil einer Millisekunde geschockt war.

„Cat!“, bellte der Chef ihres Teams und sie sah, wie der Angesprochene erst zusammenzuckte und sich dann ihm zuwandte.

„Sie verstehen das nicht.“, sagte der Kommandant leise, „Ich … Das Wohl von vielen…“

Kurz schluckte er und trat dann auf Gibbs zu: „Habe ich das Recht, nur weil die Vier meine Freunde sind und ich von Zweien gehört habe, ihr Leben über das von Milliarden zu stellen? Was sind sechs Leben im Vergleich zur kosmischen Ordnung?“
 

Gibbs nickte.

Er konnte die Zweifel des Kommandanten verstehen.

Wahrlich – was waren sechs Leben im Vergleich zur kosmischen Ordnung? Nichts.

Andererseits, gerade weil sie nichts waren, hatten sie vielleicht keinen allzugroßen „impact“ auf die Fortsetzung der Zeitlinie? Und hatte die Crew die Zeitlinie nicht sowieso schon genug durcheinandergebracht? Was machten da schon sechs weitere Eingriffe aus?

Der Supervising Special Agent räusperte sich.

„Deine Entscheidung, Cal. Dein Fall, deine Führung. Aber… vielleicht nimmst Du einen guten Rat an?“

Der Kopf des Captains ruckte zu ihm herum.

„Ja.“, sagte Cal dann, „Ja, bitte!“

Er flehte förmlich und Gibbs hob eine Augenbraue, während Ziva am Captain vorbei zu ihm, zu Gibbs, trat und ihn nickend ansah.

„Semper Fi, nicht wahr?“, fragte sie und Gibbs nickte. „Semper fi. Ewig treu.“

Damit schaute er zum Captain: „Sie sind deine Freunde, nicht wahr? Und sie sind beim Militär?“

Der Offizier schaute ihn kurz, wie abwesend, an, ehe er nickte: „Ja, Gibbs. Sie sind Militär. Air Force.“

„Dachte ich mir“, lächelte der Agent eines seiner sehr seltenen Lächeln, ehe er auf Cal zutrat und ihm einen aufmunternden Klaps auf die Schulter gab: „Es gibt noch einen Spruch, eine Leitlinie. Never leave a man behind – lasse niemals jemanden zurück.“

Der Captain schien kurz nachzugrübeln, dann schloss er die Augen, holte tief Luft und ließ sich auf dem Boden nieder. Ein Zucken durchfuhr seinen Körper.
 

„Cal?“, fragte die Israeli und merkte, wie sich Besorgnis in ihr breitmachte.

Hatten sie sich geirrt? Metamorphierte vor ihren Augen jetzt Traceless in eine neue Form?

Der Captain hob seinen Kopf und sie konnte erkennen, dass er lächelte.

Dann zwinkerte er ihr zu, sprang, wie von einer Sprungfeder abgeschossen, auf die Beine und lachte: „Ha! Das ist die Idee!“

Er trat auf Gibbs zu, klopfte ihm gut gelaunt auf die Schulter und sagte: „Danke!“

Die Verwirrung, die auf Gibbs Gesicht nur allzu sichtbar war, dauerte nur Millisekunden an, dann lächelte er: „Semper Fi, Captain?“

„Semper Fi, Gibbs.“
 

Die Türen des Bereitschaftsraumes glitten auseinander und der Captain betrat die Brücke. Agatha schaute ihn an, erwartete einen gebrochenen Mann vorzufinden, doch stattdessen sah sie ein Grinsen, das sie schon Jahre lang nicht mehr gesehen hatte. Sie konnte sich ein ebenso wildes wie frohes Lächeln nicht verkneifen, ging auf den Captain zu und schaute ihn an.

„Steuermann“, sagte der Offizier in diesem Moment, „Kurs auf Dakara. Ich will keine Widerreden hören – heute treten wir der Raum-Zeit-Kontinuität mal so richtig in den Arsch.“

Er wandte sich an Jill: „Wenn wir im Orbit sind, Waffen bereit machen, die Schilde so spät wie möglich heben, ich will vorher noch unsere Leute hochbeamen können. Und ja, Jill, ich sagte „Unsere Leute“. Sie sind meine Freunde, meine Familie und ich werde den Teufel tun und verdammt sein, wenn ich tatsächlich…“

Er stockte, schaute zu der sich grinsend räuspernden Agatha und rollte mit den Augen: „Sag mir nicht, dass Du das alles schon befohlen hast.“

Sie beugte sich vor, stahl ihm einen Kuss, ehe sie nickte: „Schon. Aber diese inspirierende Rede tut ziemlich gut.“

„Kurs berechnet“, meldete in diesem Moment Alexander Strange von seiner Station aus und Cal holte tief Luft: „Warp 9, Energie.“

Damit sprang die Dragonfly in den Warptransit und strebte dem Planeten Dakara entgegen – allen Regeln und Bestimmungen zum Trotz. Der Captain hatte dem Schiff eine neue Bestimmung gegeben – die Bestimmung seine Freunde, Teile seiner großen Familie, zu retten.
 

Wenig später
 

Die Atmosphäre auf der Brücke glich der Vorbereitung auf die Jagd. Gibbs kannte das Gefühl nur zu gut, hatte er im Corps doch oft genug genau diese Ruhe vor dem Sturm gespürt. Jeder auf der Brücke kam seiner Arbeit nach, die Zahnräder griffen ineinander wie in einer gut geöltem Maschinerie. Der Special Agent atmete tief durch, blickte sich um und fand schließlich den fragenden Blick Agathas.

„Commander“, sagte er in einer Förmlichkeit, die er über die Jahre hinweg zwar kultiviert und perfektioniert, jedoch selten wirklich genutzt hatte, „kann ich irgendwie helfen?“

Die grünen Augen der XO weiteten sich, sie schien kurz zu überlegen, welche Aufgabe sie ihm anvertrauen könne, ehe sie nickte. „Ja. Es wäre uns eine Ehre, wenn Sie uns den letzten Schliff geben würden.“
 

Matthies war eigentlich sofort gefallen, als sie durch aus dem Jumper gestiegen waren. Kurz hatten sie noch Gelegenheit die Katzenhelme der Jaffa zu sehen, ehe die Soldaten das Feuer eröffneten. Dabei hatte ein Schuss auch Matthies getroffen und ihn leblos zu Boden gehen lassen.

Dann waren sie auseinandergestoben – unter dem Feuer der Jaffa – und hatten sich in den unterschiedlichen Ruinen versteckt, um einen taktischen Vorteil zu erlangen.

Die Situation ließ Daniel schwer schlucken. Dakara – der Heimatplanet der Jaffa – stand unter schwerem Feuer. Hier, wo vor vier Jahren noch der Beginn der Jaffa-Republik gefeiert wurde, wo sich der hohe Rat konstituiert hatte, wo der Glauben der Jaffa gefestigt wurde – hier waren eben jene Jaffa wieder dabei, mit ihren Taten alles zu vernichten, wofür ihre Vorgänger einst gekämpft hatten.

Daniel hätte es verstehen können, wenn dies Jahrzehnte später passiert wäre, oder Jahrhunderte, aber…

Näherkommende, stampfende Schritte verkündetem dem Archäologen, dass seine Angreifer in der Nähe waren. Das orangene Feuer ihrer Stabwaffen drang durch die Wände ein, riss Löcher in die Bausubstanz und sagte – zischte – Daniel nur eines zu.

„Wir sind bald da – wir werden dich erledigen.“

Der Archäologe klammerte sich an sein Gewehr, merkte, wie er schwitzte und fühlte sich gleichzeitig so voller Adrenalin und voller Angst wie seit Jahren nicht mehr.

Sollten die Jaffa doch kommen, er würde ihnen einen sehr unangenehmen Empfang bereiten.

Damit schwang er den Lauf seiner Waffe herum und richtete ihn auf die Tür aus.

Wer immer da gleich durchkam, würde sein blaues Wunder erleben.
 

Ziva David spürte die Nervösität, die auf der Brücke singend vibrierte, merkte, wie sie in den energetischen Fluss hineingezogen wurde und hatte das Gefühl, sie würde ersticken.

„Kommandant an Navigation.“, erklang die Stimme Cals und er schien sehr unentspannt zu sein. Irgendwie konnte die Israeli es dem Briten nicht verdenken, als er weitersprach: „Wie lange dauert es noch, bis wir ins Dakara-System eindringen werden?“

Alexander Strange warf einen Blick auf seine Konsole, drehte sich dann zum Captain um und sagte: „Knappe 2 Stunden.“

Cal ließ sich in den Sessel fallen, atmete tief durch und Ziva hatte das Gefühl, dass Enttäuschung, Wut, Sorge und Panik aus ihm herausbrechen wollten. Als ihre Konzentration wieder auf den Navigator lenkte, sah sie, wie er seinen Kommandanten bedauernd anlächelte: „Tut mir leid, Sir. Wir fliegen schon mit allem, was drin ist.“

Vermutlich wussten sie alle, was hier los war und weswegen der Captain sich so beeilen wollte – und, man musste es der Crew zugute halten, dass sie offenbar keine Meuterei versuchten, um die Zeitlinie zu bewahren. Oder – müsste man sie eigentlich darauf hinweisen, das es ihre Pflicht wäre?

Die hübsche Israeli hatte keine Ahnung. Weder hatte sie sich bisher damit befassen müssen, noch hätte sie es je. Aber - Die Situation war da und sie musste überlegen.

Der Grundsatz des Vulkaniers Spock war seit Jeher: „Das Wohl von vielen wiegt schwerer als das Wohl von Wenigen oder des Einzelnen.“

Nichtsdestotrotz war sie gewillt, just hier nicht näher…

Eine Reaktion des Captains ließ sie den Kopf heben. Cal rollte mit den Augen und hieb auf seinen Kommunikator: „Cat an Middlegate. Wir brauche mehr Power.“

„Ich kann Dir nicht mehr geben, Cal.“, erklang die Stimme des Chefingenieurs Sebastian ‚Scotty’ Middlegate, und sie glaubte ihm, „Wir sind schon auf Maximum-Warp und es dauert eben, bis wir da sind.“

Die Antwort auf diese sehr realistische Situationseinschätzung war ein gebrülltes „Zwei Stunden sind genau zwei Stunden zu viel !“ seitens des Captains.

Eigentlich hatte der Kommandant des Föderationsschiffes recht. In diesen Zwei Stunden, die sie nach Dakara benötigten, könnten all die, die der Captain zu retten suchte, ihr Leben verlieren. Sie erinnerte sich an ihre Zeit beim Mossad, damals, vor einer gefühlten Ewigkeit, als sie und ihr Team bei einem Auftrag Nahe Kabul in einen Hinterhalt der Taliban geraten war und sie sich verteidigen mussten.

Anfangs ging es noch gut, aber dann, je leerer ihre Munitionsvorräte wurden, desto mehr Gegner stürmten auf sie ein. Sie hatte an diesem Tag beinahe ihr komplettes Team verloren, auch ihr eigenes Leben. Beinahe nebulös erinnerte sie sich daran, von einem Kolben getroffen worden und gefangen genommen worden zu sein. Damals hatte sie sich befreien können, war entkommen und durch die Wüste geflohen. Was aber, wenn die Mitglieder des Stargate Kommandos nicht soviel Glück hatten?

Sie mussten, so schnell es ging, nach Dakara.

Dennoch würde ein nervliches Wrack als Captain niemandem helfen.

Sie trat also auf den Kommandanten und seine XO zu und betrachtete die angespannten und komplett übermüdeten Gesichtszüge beider.

„Wie lange habt ihr geschlafen?“, fragte sie und Cals Kopf ruckte hoch: „Gute Frage. Wenn du die Ohnmacht durch Gewalteinwirkung nicht mitzählst, komm ich auf 3 Tage?“

„Mach vier draus.“, murmelte Agatha und schaute zuerst den Captain und dann Ziva an: „Zumindest bei mir.“

„Dann solltet Ihr ins Bett gehen und schlafen.“, schlug die Israeli vor.

Der Captain wuchtete sich in die Stehende und jetzt sah sie, dass er tatsächlich Ringe unter den Augen hatte. Wieso hatte sie es früher nicht gesehen?

„Schlafen kann ich“, murmelte der Captain, „wenn wir SG 1 gerettet haben.“

Ziva nickte: „Kann ich verstehen, Cal. Die Crew kann von einer unausgeschlafenen und übernächtigten Führungsspitze allerdings nicht profitieren.“

Damit legte sie eine Hand auf seine Brust und schaute ihm tief in die Augen: „Und das weißt du auch, oder?“

Ein Lächeln bildete sich auf den Lippen des Kommandanten. Es war ein grund-ehrliches, nicht arrogantes und überhebliches Lächlen, das er ihr schenkte: „Danke.“

Dann klopfte er ihr auf die Schulter: „Gratulation, du hast gerade eben den XO ehrenhalber bekommen.“

Er schaute zu Agatha, zwinkerte ihr zu und nickte: „Komm Schatz, wir gehen schlafen.“

„Und wer kommandiert das Schiff?“, fragte selbige, was Cal zu einem leichten Lächeln veranlasste: „Wer schon. Ziva und Gibbs. Und jetzt komm, bevor wir hier im Stuhl einschlafen.“
 

Die Tür des Captainsquartieres glitt auf und auf sehr unsicheren Beinen taumelten XO und Kommandant hinein. Ohne Zeit auf Abschminken (Agatha) oder andere Sachen zu verwenden, sanken die Beiden in ihr Bett. Cal schaute sie an und Agatha hatte das Gefühl, dass er in ihren Augen versinken würde.

„Cal“, murmelte sie und lächelte: „Du weißt, dass Ziva gerade das richtige getan hat, oder?“

Die Frage blieb für ein paar Sekunden unbeantwortet, denn der Captain schien über sie nachzudenken, ehe er langsam, bedächtig, dann immer schneller nickte: „Ja – sie ist… sie… ist gut.“

Ein leises Lächeln legte sich über die Züge der Rothaarigen: „Du bist sowas von groggy.“

„Du auch“, grinste er, streckte seine Hand nach ihrer Wange aus und fuhr sanft über ihr Gesicht: „Wir sollten wirklich schlafen. Ich bin soo müde.“

Sie nickte: „Ja, wir haben zwei Stunden, die wir wirklich nutzen können.“

Und kaum, dass sie dies gesagt hatte, merkte sie, dass es ein Fehler gewesen war, denn Cals Gesichtszüge verrutschten förmlich. Nicht, wie bei einem Gründer, es war nur, dass sie das Gefühl hatte, als seien ihm gerade wieder seine Kameraden auf Dakara eingefallen. Und sie sah, dass sich Tränen in diesen braunen Augen bildeten.

„Ich hab sie im Stich gelassen.“, schluckte er und schaute sie an: „Oder?“

Kurz holte sie Luft, streckte ihre Hand nach seiner Wange aus und strich sanft über die Tränen, fühlte ihre Nässe, ehe sie lächelte und den Kopf schüttelte: „Wenn Du sie im Stich gelassen hättest, wären wir jetzt nicht auf dem Weg zu ihnen.“

„Wir wissen nicht, ob wir noch rechtzeitig kommen.“

Die XO spürte, wie sich ihr der Magen umdrehte. Natürlich hatte der Captain recht und die Frage, die es immer noch zu beantworten galt, war: „Durfte man die Zeitlinie überhaupt verändern?“

Cal hatte diese Frage für sich beantwortet und die Crew schien damit ebenfalls ihren Frieden gemacht zu haben: Ja, man durfte.

Sanft zog sie ihn zu sich, schaute ihm in die braunen Augen und küsste ihn, ehe sie ihre Augen schloss, als sie merkte, wie die Tränen sie trafen.

„Schatz“, sagte sie: „Wir tun das Richtige. Wir tun das, was möglich ist.“

Sie wollte die Augen wieder öffnen, merkte aber nur, wie sie so schwer waren, dass sie sich gar nicht mehr öffnen ließen. Der Kopf des Captains auf ihrer Schulter schien sich ebenfalls nicht mehr zu bewegen. Sie hörte, wie er atmete und ein „Wir hätten uns gar nicht einmischen dürfen, Agatha“, hauchte.

„Ja“, atmete sie, „Aber… nun haben wir die Verantwortung, also müssen wir was tun.“

Angestrengt lauschte sie, ob der Captain noch etwas sagen wollte, aber… sie hörte nur das leise, gleichmäßige Atmen ihres Freundes, ehe sie sich ebenfalls dem Schlaf und der Müdigkeit ergab.
 

Ziva hatte nicht das Gefühl, dass sie tatsächlich schneller flogen, aber aus dem Maschinenraum war vor knapp 5 Minuten die Meldung gekommen, dass man den Warpkern für 10 Minuten überlasten könne, was bedeutete, dass die Dragonfly noch einen kleinen Extraschub bekommen würde. Weiterhin bedeutete dies, dass das Schiff schon in einer knappen Stunde im Dakara-Sektor – oder sagte man System? Vermutlich beides. – eintreffen würde.Gibbs hatte gar nicht lange überlegen müssen, gab den Befehl und nach zwei Minuten meldete der Chefingenieur, dass sie bereit wären. Erneut erteilte Gibbs einen Befehl und die Dragonfly sprang mehrere Sätze nach vorne.
 

Nach einer knappen Stunde hatten sie den Dakara-Raum erreicht. Das Schiff fiel unter Warp und Gibbs sprang auf die Beine.

„Jill, scann den Sektor nach – wonach ihr auch immer scannt. Alex, halte die Dragonfly ruhig und versuche, uns so nah wie möglich an unser Ziel heranzubringen. Dann deaktiviere den Antrieb. Ich will die Dragonfly knapp ausserhalb der Gefahrenzone wissen.“

„Aye“, meldete der Navigator und traf die notwendigen Vorbereitungen, während Jill ihre Finger über die taktische Konsole gleiten ließ.
 

Um sie herum brannte die Welt.

Sam Carter fühlte sich, als wäre sie die letzte Frau auf Erden. Nie war dieser Satz ein solches Klischee, nie war er so unwahr und nie war er so korrekt, wie just in diesem Augenblick.

Sie war natürlich nicht die einzige Frau auf Erden, aber – so wie es schien, die einzige Frau auf dem Planeten. Wann und ob Vala gestorben war, hatte sie nicht mitbekommen, es waren so viele, die ihr Leben in dieser sinnlosen Geschichte ausgehaucht hatten.

Die Jaffa, die ihr entgegenkamen, schleuderten grellorange Energiekugeln auf sie, denen sie durch einen geschickten Hechtsprung entgehen konnte. Dann riss sie ihre P-90 hoch, nahm Ziel und ließ die Waffe tödliche Projektile spucken. Es gelang ihr, ihre Gegner zurückzuhalten, aber sie vermutete, dass sie bald nicht mehr genügend Munition übrig hätte, um sich wirkungsvoll verteidigen zu können.
 

Und wenn das geschah, konnte sie nur noch zum großen Computer laufen und versuchen, die auf Dakara stationierte Waffe zu aktivieren, die alles Leben auf dem Planeten auszulöschen in der Lage war. Den widererstarkten Goa’uld durfte dieses Gerät einfach nicht in die Hände fallen und auch, wenn sie Mitleid für eventuell Verschüttete, schwer Verletzte oder Leute empfand, die sich aus einem anderen Grund nicht mehr am Kampf beteiligen konnten, so musste sie diesen Schritt wagen und ihn gehen.
 

Erneut riss sie ihre Waffe hoch, feuerte noch einige Salven auf die anrückende Jaffa-Streitmacht, bis sie merkte, dass ihr Gewehr nur noch klackte. In dem Moment, in dem sie das Geräusch realisierte, war sie sich auf elementarer Ebene darüber im Klaren, dass sie hier ihr leben lassen würde. Das Gewehr wurde nicht mehr mit Munition versorgt, war also nutzlos. Sie ließ es sinken, griff nach der im Tiefziehholster verborgenen Browning und feuerte noch einige Schüsse auf die Jaffa ab, ehe auch diese Waffe ohne Munition war. Fluchend wandte Sam sich um und rannte los, wie von Furien und Teufeln gehetzt. Grellorange Rotationselipsoide aus purer, aus vernichtender Energie zischten links und rechts an ihr vorbei, schlugen in Ruinen ein und badeten sie in Hitze und Staub.

Sie erkannte, dass ihr keine andere Wahl blieb. Sie konnte nicht anhalten, sich umdrehen und mit den Jaffa reden – dazu waren sie viel zu sehr unter Bastets Einfluss.
 

Bastet – eigentlich hätte es Sam klar sein müssen, als sie die „Katzengöttin“ vor ein paar Wochen zum ersten Mal seit langem wieder gesehen hatte und eigentlich war ihr seit diesem Zeitpunkt klar, dass der Weg der Machtergreifung der Goa’uld nur über Dakara ging.

So schnell es ihr muskulös-athletisch-zierlicher Körper erlaubte, huschte sie zum Torbogen, hinter dem sich der große Computer verborgen hatte.

Sie stoppte, gab die Kombination ein, die sie benötigte, um zur Maschine zu gelangen und fluchte in Gedanken. Es wäre sicherlich viel einfacher gewesen, wenn Daniel ebenfalls zugegen gewesen wäre – aber, sie wusste nicht, ob der Anthropologe überhaupt noch am Leben war. Bei diesen Gemetzeln um sie herum wagte sie, es zu bezweifeln.

Und Jack? Was war mit dem General? Hatte er es geschafft? Wieso waren sie überhaupt alle zusammen auf den Planeten gegangen, obwohl sie eigentlich hätten wissen mussen, was…
 

Eine Hand legte sich auf ihren Mund, eine andere um ihre Hüfte und der Besitzer beider Hände zog sie hinter eine Steinsäule. Zumindest schickte er sich an, denn Carter reagierte schnell und präzise. Sie biss zu, trat nach hinten aus und setzte all ihre Kraft ein, um sich aus der Umklammerung zu lösen, was ihr auch gelang. Der Inhaber beider Hände taumelte nach hinten, stöhnte laut und schmerzhaft auf und schaute Sam aus braunen Augen an.

„Verdammt, Carter!“, raunte O’Neill und schüttelte seine linke Hand, die, in die Sam ihn gebissen hatte.

Sie lächelte, leicht verlegen und legte den Kopf schief: „Entschuldigung, Sir. Ich dachte, Sie wären…“

„Kein Grund, um sich zu entschuldigen, Carter.“, sagte der General in seiner ihm eigenen rauhen Stimme, „Sie haben richtig gehandelt.“

„Ich weiß.“, lächelte sie und huschte dann zu ihm, in Deckung.

Der General setzte seine militär-grüne Basecap ab, wedelte damit einmal in der Luft herum und suchte dann wieder Blickkontakt zu ihr.

Braune Augen trafen Wasserblaue.

„Daniel, T, Vala, Mitchell?“, fragte er.

Die hübsche Colonel zuckte mit den Schultern.

„Ich hab sie nicht mehr gesehen, seit wir uns getrennt haben.“

Sie konnte sehen, wie dieser ihr wohlbekannte Ernst sich in seinem Blick manifestierte. Wann immer sie sonst mit ihm unterwegs war, wann immer man sich traf, immer funkelte ein gewisses Grundamüsement in den Augen ihres Colonels, ihres Generals, ihres Jacks. Diesen anderen O’Neill kannte sie auch – aber diesen tödlichen Ernst, die Realisierung, dass es bald alles vorbei sein könnte, hatte sie bisher nur drei Mal in seinem Blick gesehen.

Einmal, als sie noch ein junger Captain gewesen war, und sie die beiden, die Erde angreifenden Goa’uld-Pyramidenschiffe hatten stoppen wollen, war Daniel in einem Feuergefecht getroffen und anscheinend schwer verwundet worden. Sie hatte nur die schmerzvoll verzerrte Stimme des Anthropologen gehört, wie er in einer Mischung aus Schmerz, Angst und Opferbereitschaft den Colonel aufforderte, sich aus dem Schiff zurückzuziehen und als Jack dann in den Kommandosaal getreten war und gesagt hatte „Daniel kommt nicht mit“ - da hatte sie diesen Blick zum ersten Mal gesehen.

Das zweite Mal hatte sie ihn gesehen, als sie beide in der Pyramide von Apophis gefangen waren, in die sie durch Superkräfte angetrieben, eingedrungen waren – und ihnen Mitten in der Aktion die Energie ausging. Jack und Sam waren damals von einem Kraftfeld getrennt gewesen und sie hatte ihn aufgefordert, sie zu verlassen, sich selbst zu retten.

Und auch damals hatte er sie angesehen und sie wusste, dass er lieber sterben würde, als sie hier zurückzulassen.

Das dritte Mal war es der Moment gewesen, in dem man ihn, Jack, eingefrohren hatte, damit sein Hirn von der Übermacht der Antiker-Informationen nicht schaden nahm.
 

Und nun sah er sie wieder so an und sie wusste, dass der General vorhatte, den ultimativen Preis zu zahlen.

„Carter“, setzte er an und sie wusste schon, bevor er auch nur weitersprechen musste, was er vorhatte.

„Nein Sir.“, sagte sie, mit einer Entscheidung in der Stimme, die ihn überrascht den Blick heben ließ. Er echote: „Nein Sir?“ und in seiner Stimme schwang Verblüfftheit und Amüsement mit, als er fragte: „Steht auf meiner Uniform nicht irgendwo ‚General’?“

Gegen ihren Willen tauchte ein Lächeln auf ihren Lippen auf – eines jener schönen Carter-Lächeln, die ihr Gesicht auf 1000 Watt zu erhellen schien: „Nein Sir, auf Ihrer Uniform steht gar nichts.“

Nun zuckten auch seine Mundwinkel, ehe er seinen Blick in den Ihren bohrte: „Carter, ich will keine Diskussionen. Sie müssen mir sagen, wie ich den Computer einstellen kann, damit die Jaffa den Planeten nicht übernehmen können.“

„Sir, auf gar keinen Fall.“, sagte sie und schaute ihn an, die Augen zusammengekniffen und nicht bereit, auch nur einen Millimeter von ihrer Position abzuweichen.

Jack erwiderte ihren Blick, funkelte sie an und sagte: „Carter, Sie müssen nicht auch noch sterben.“

In diesem Moment fühlte Carter, wie ihr Mund trocken wurde. Der Mann wollte sich tatsächlich opfern.

Aber nicht, wenn Sie es verhindern konnte. Sie hatte schon genug Freunde für einen Tag verloren und auch, wenn Sie sich nicht sicher war, dass dies tatsächlich den Tatsachen entsprach, so befürchtete sie es doch. Ein Teil von ihr wollte auch sie nicht aufgeben – aber sie war Soldat. Sie war darauf gedrillt, im Zweifelsfall…

„Carter, ich gehe jetzt.“, sagte der General und in dem Moment, in dem er dies tat, schlug sie zu. Die Faust traf die empfindliche Stelle am Kinn, Jack fiel zu Boden, wie ein nasser Sack.

Während sie seinen bewusstlosen Körper an die Säule lehnte, drückte sie ihm einen Kuss auf die Stirn und murmelte ein „Entschuldigung, Sir, aber ich muss das tun.“.

Dann eilte sie zum großen Computer.
 

Als sie das große Bedienelement, das aus unterschiedlichen Steinen bestand, die in der Höhe reguliert werden konnten und in einem größeren, altarähnlichen Stein fixiert waren, erreicht hatte, fiel ihr auf, dass Ruhe in der Luft über Dakara lag.. Keine hundertprozentig Stille, aber der Kampfeslärm ließ nach, verebbte, bis er schließlich komplett aufhörte. Die letzte Stabwaffenentladung verklang in der Ferne – und es ward Ruhe.

Das war kein gutes Zeichen, denn entweder bedeutete dies, das alle Tau’ri und Teal’c, mit Ausnahme Sam selbst und Jack, gefallen waren – und dies wäre leider nur der zweitschlimmste Fall, oder aber – und dies war der schlimmste anzunehmende Fall – dass die Jaffa sich zuerst auf ihr Schiff zurückzogen und anschließend Angriffe auf den Tempel fliegen würden, „um die letzten Tau’ri aus ihren Löchern zu treiben“, wie Sam vermutete, dass Bastet gerade auf der Brücke ihres Ha’taks befehlen würde.

Einen im letzten Moment ausgerufenen Waffenstillstand hielt sie für unwahrscheinlich.
 

Und auch dass die Jaffa sich zurückzogen war eher undenkbar, denn sie hörte in der Ferne die erst leisen, dann sukzessive immer lauter werdenden, stampfenden Schritte ihrer, in Metallrüstungen gekleideten Gegner.

Vielleicht konnte sie mit einer Art Zeitschaltung arbeiten und dem Computer sagen, dass er die Waffe erst aktivieren sollte, wenn sie an Bord der Hammond waren und einen Sprung aus dem System gemacht hatten?

Und gerade, als sie sich in Gedanken dafür entschieden hatte, brach die Hölle erneut los.

Stabwaffen fauchten, Jaffa-Hörner gaben Signale von sich – aber auf wen wurde da geschossen?

Sie spitzte die Ohren und lächelte. Maschinengewehrfeuer. Irgendjemand hatte noch ausgehalten und deckte die Jaffa nun mit Salven aus der P-90 ein, aber – wer auch immer das sein mochte, er würde wenig Chance gegen eine Übermacht haben. Und doch… durch das eher wuchtige Zischen der Stabwaffen und dem vergleichsweise hohen Sirren der Waffe aus belgischer Fabrikation, hörte sie eine Art hohes Singen – noch höher als das, welches die P-90 von sich gab - und sie erinnerte sich daran, wo sie dieses Geräusch schon einmal gehört hatte.

Sie lächelte.

Sich „Phaser“ denkend, wirbelte sie herum, als sie Schritte wahrnahm.

„Hey, hey!“, rief ein, beide Hände zum Himmel gereckter Cal, den Phaser in nicht-Agressiver-Weise in der Hand haltend, „Nicht schießen, ich bins!“

Die Colonel hob das Gewehr, zielte und schoss.
 

Agatha Silverbird hatte zwar nur ein-einhalb Stunden Schlafen können, ehe das Schiff auf roten Alarm gegangen war, aber diese ein-einhalb Stunden hatten vollkommen ausgereicht, um ihre Reserven zu füllen. Im Gegensatz zum immer noch wie gerädert aussehenden Captain war sie momentan zwar keine Schönheit – das würde sie von sich in keiner Situation behaupten – aber wenigstens versuchte sie, nicht den Wunsch „Ich will weiterpennen“ auszustrahlen. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt stand sie hinter Gibbs und Ziva, die immer noch die Position von Captain, beziehungsweise XO eingenommen hatten.

„Was gibt es?“, fragte sie und rollte kurz mit den Augen, als Cal ein lautes Gähnen von sich gab: „Ich bin müde, zählt das?“

„Cal, wolltest Du Sam nun retten, oder nicht?“, fragte sie, was den Captain dazu veranlasste, zusammenzuzucken, als habe der Blitz in ihn eingeschlagen. Er wandte sich an Jill: „Du hast die Lady gehört – Bericht.“

Die taktische Offizierin warf einen kurzen, verwirrten Blick zu ihrem eigentlichen Kommandanten, ehe sie auf ihre Anzeigen blickte.

„Goa’Uld-Ha’tak ist auf der anderen Seite des Planeten, um die Tempelruinen von Dakara tobt ein erbitterter Kampf. Ich empfange menschliche Lebenszeichen und habe damit begonnen einige Mitglieder an Bord zu holen.“

Damit schaute die den Kommandanten an und in ihren Augen schien sowas wie Schock zu stehen: „Cal – gerade ist ein Lebenszeichen auf dem Weg zum großen Computer um die Waffe zu aktivieren. Ich glaube, es ist Sam.“

Der Captain nickte, betätigte seinen Kommunikator: „Cat an Hazard Team? Wir finden uns im Transporterraum Gamma ein. Keine Zeit für lange Planungssessions, dieses mal. Schnappt euch eure Phasergewehre und haltet mir die Goa’s vom Leib, während ich Sam und wen wir noch so rausholen können, raushole.“

Er wollte losgehen, doch Agatha hatte noch etwas zu tun. Es war ihr so etwas wie ein Herzensbedürfnis, wenngleich sie nicht so ganz verstand, weswegen. Aber sie trat hinter den Captain, legte ihm, so sanft, wie es ihr möglich war, die Hand auf den Rücken und sah, wie der Effekt sofort eintrat. Der Captain wirkte wie elektrisiert, atmete tief ein und wandte sich zu ihr um. Ihre hypnotisch-grünen Augen waren nur Milimeter von seinen entfernt, gleiches galt für die sinnlichen Lippen.

„Agatha, wenn Du vorhast, mich davon abzuhalten, ist das nur ver…hmpf!“

Der Protest des Captain verklang, als die XO ihn griff und ihm einen langen, leidenschaftlichen Kuss auf den Mund drückte.

Als sie ihn losließ, blinzelte er sie einmal wie betäubt an, trat dann rückwärts auf den Turbolift zu und deutete hinter sich. „ich… ich bin dann… sowas von verliebt, Agatha.“

Damit krachte er gegen Jills Konsole, blinzelte und fand sich ins hier und jetzt zurück.

Ein freches Grinsen lief über Agathas Gesicht und sie hauchte ein „For luck“.

Der Captain nickte noch einmal, wandte sich um und wollte zum Turbolift gehen, als er Ziva und Gibbs dort stehen sah, die ihn beide ungeduldig anblickten.

„Ich nehme an, ihr wollt mitkommen?“, fragte er, ehe er mit den Schultern zuckte und sich an Agatha wandte: „Du hast die Brücke… Liebling.“

Die XO sah dem Captain hinterher, lächelte über seinen letzten Satz und fragte sich, wieviele Star-Trek-Fanfiction-Autoren einen solchen Satz wohl in ihre Storys geschrieben haben. Dann straffte sie ihre Gestalt, wandte sich an Jill und nickte ihr zu.
 

Es war für Ziva nicht notwendig, ihren Boss auf die Vorteile, McGee und Tony bei sich auf dieser Mission zu haben, hinzuweisen. Ehe der Turbolift sich auf den Weg zu Transporterraum Gamma machte, oder beziehungsweise zu dem Deck, auf dem sich Transporterraum Gamma befand, hatte der grauhaarige Agentenfuchs schon auf den Kommunikator gedrückt und die beiden Agenten zum entsprechenden Raum befehligt.

Als sie ankamen, nahm Ziva sofort Blickkontakt zum Halbitaliener auf, trat zu ihm und lächelte ihm ermutigend zu. „Pass da unten auf dich auf, mein kleiner Pelzarsch.“, hauchte sie, was er mit einem „Ich werde Deinen im Auge behalten, Zivaaa“ konterte.

„Soso?“, fragte sie und in die Aufregung vor dem Gefecht mischte sich eine Art sexuelle Verspieltheit, die sie einerseits ziemlich „out of place“ fand, andererseits allerdings feststellte, dass sie sich auf einmal besser konzentrierten konnte.

Vielleicht war es tatsächlich so, dass diese Spannungen gelöst werden mussten?

„Wir sind bereit.“, meldete die Transporterchief, eine Brünette, die Ziva noch nie gesehen hatte. Wie auch, schließlich waren sie ja auch NCIS-Agenten, kein Stammpersonal.

Und in diesem Moment konnte sie nicht anders, als Grinsen.

„Hab ich gerade echt einen ‚Ich bin X, kein Y’-Gedanken gehabt?“, schoss es ihr durch den Kopf, „Ich bin definitiv zu lange auf dem Schiff.“

Der „Ich bin X, kein Y“-Gedanke war hierbei natürlich eine Anspielung auf den legendären Satz des noch legendäreren Doctor Leonard Horatio ‚Pille’ (oder ‚Bones’) McCoy, der neben „Er ist tot, Jim“ den Satz „Ich bin Arzt, kein Historiker“ im Franchise zementierte. Auch andere Charaktere hatten sich diesen Satz zunutze gemacht. Und nun also auch sie. Faszinierend…

Sie schloss die Augen. Noch ein Star-Trek-Satz. Was kam als nächstes?

Kurz, bevor sie sich noch damit beschäftigen konnte, welches Klischee sie noch bedienen wollte, ohne es wirklich zu wollen, war sie dran, sich auf die Transporterplattform zu stellen. Sie trat, mit schussbereit gemachtem Phaser, flankiert von Tony , McGee und Gibbs da und kam sich vor, wie bei ‚Charlies Angels’, ehe sie sagte „Energie“.

Und kurz bevor sie dematerialisierte, dachte sie: „Energie? Verdammt, der nächste Sa…“
 

Als McGee die Welt wieder wahrnahm, fand er sich einem großen, tempelähnlichen Gebäude gegenüber, vor dessen Eingang gerade eine hitzige Diskussion zwischen Sam Carter und General O’Neill stattzufinden schien. Und ehe sie etwas machen konnten, hatte die Colonel bewiesen, dass sie die schlagenderen Argumente hatte – nämlich eine harte Gerade gegen das Kinn ihres Chefs. McGee konnte sich ein leises Grinsen nicht verkneifen, was offenbar Gibbs gesehen haben musste, denn er blickte ihn an und sagte, nicht ohne einen gewissen Anflug von Humor in der Stimme: „Komm nicht auf die Idee, mich auch einmal so überzeugen zu wollen.“

„Wo rohe Kräfte sinnvoll walten“, murmelte in diesem Moment Cal neben ihm und rannte los.

„Cap…“, setzte der IT-Fachmann an, als plötzlich neben ihm Erde hochspritzte und Jagdhörner erklangen. Die Reaktion seiner Mitstreiter war wie einstudiert, denn sie warfen sich auf den Boden und zogen ihre Waffen, eine Aktion, die er keine zwei Sekunden später wiederholte.

Das Zielvisier des Phasergewehres ausgeklappt, konnte der Computerfachmann nun erkennen, dass dort eine Horde Jaffa auf sie zukamen, mit Feuerbereit gemachten Waffen, die Energiesalven von sich gaben.

„Das sieht mir nicht nach einem Picknick aus.“, gab Gibbs von sich und begann, das Feuer auf die Feinde zu eröffnen.
 

In der Pyramide rief ein, beide Hände zum Himmel gereckter Cal, den Phaser in nicht-Agressiver-Weise in der Hand haltend, „Nicht schießen, ich bins!“

Colonell Samantha Carter hob das Gewehr, zielte und schoss.

Direkt hinter dem Captain fiel ein Jaffa zu Boden, den der Offizier entweder übersehen oder überhört hatte. Erschrocken wirbelte er herum, betrachtete die Person hinter sich und sprang einen Respektsmeter nach hinten, also auf sie zu. Erschrocken blickte er sie an: „Wo … wo kam der denn her?“

Sam sicherte ihre P-90, hob kurz den Kopf, zuckte mit den Schultern und vertiefte sich wieder in die Bedienung des Gerätes, ehe sie merkte, wie Wut in ihr empor stieg: „Verdammt, warum seid Ihr hier?“

„Wir versuchen, deinen hübschen Arsch zu retten.“, erwiderte der Captain und erneut ruckte ihr Kopf hoch. Die Augenbrauen gehoben betrachtete sie ihn und echote „Deinen hübschen Arsch? Cal, seit wann sagst Du sowas?“

Der Angesprochene zuckte die Schultern: „Vermutlich, seit ich sehr viel Zeit bei euch verbracht habe.“

Und plötzlich schrillten in Sams Kopf alle Alarmsirenen, die zu schrillen in der Lage waren. Hier durfte sie kein Risiko eingehen, also entsicherte sie ihre Waffe erneut und legte auf den Captain an: „Tut mir leid, aber …“

Der Offizier nickte, hob erneut beide Hände, trat dann zum erschossenen Jaffa und ging neben ihm in die Knie.

„Vorsicht, Cal“, sagte Sam. Obwohl sie nicht wusste, ob der Captain wirklich ihr Freund war, wollte sie ihn nicht in Gefahr bringen. Dies schien der Offizier zu spüren, denn er blickte kurz zu ihr, nickte ihr, zwinkernd, zu und griff dann den Dolch des Jaffa.

Er stand auf, trat von dem Toten zurück und brachte die Stichwaffe in ihre Sichthöhe, ehe er sich in den Finger stach.

Und – Sam konnte nicht anders, als Lächeln – so war Cal, denn der stieß nicht nur die Waffe gegen seinen Finger, sondern auch einen Laut des Unmuts aus, ehe er leise fluchte und zu ihr blickte. „Reicht das?“, fragte er, den geschnittenen Finger hochhaltend. Die Colonel hob ihre P-90, zielte auf die Hand und schaltete die Taschenlampe, die am Gewehr montiert war, ein. Aus der Wunde, die der Captain zeigte, floss Blut.

„Japp“, nickte sie, sicherte die Waffe, ehe sie sie sinken ließ.

Als Cal neben sie trat, spürte sie die Wärme seines Körpers und schaute ihn über ihre Schulter hinweg an.

„Als deine gute Freundin Sam gebe ich dir einen gut gemeinten Rat. Verschwinde. Ich werde gleich die Waffe aktivieren und dann möchte ich niemanden hier in der Nähe wissen.“

Der Captain legte neugierig den Kopf schief und schaute ihr in die Augen: „Und was ist mit Jack, der draußen liegt und pennt? Meinst Du nicht, dass er eine Chance haben sollte?“

„Schon, aber…“

„Nichts ‚aber’“, machte der Captain, griff ihre Hand und zog sie mit sich: „Wir gehen jetzt.“

Sie stemmte sich gegen den Offizier, riss sich los und schaute ihn an: „Cal, bist du…“

„JA!“, fuhr der Angesprochene herum, kam auf sie zu und blieb Millimeter vor ihr stehen, „JA! Komplett bekloppt. Ich will euch retten. Euch, meine Freunde. Ich pfeiffe auf die temporale erste Direktive, die sagt, dass Ihr heute sterben sollt und rette euch.“
 

Die Colonel taumelte, wie von einem Leberhaken getroffen, zurück, starrte ihren Freund wie hypnotisiert an, ehe sie die Waffe hob. „Cal, tut mir leid. Das kann ich nicht zulassen.“

„Bist du bescheuert?“

Die Frage des Offiziers der Sternenflotte schien eine Spur lauter gestellt, als es unbedingt nötig gewesen wäre, doch sie beeindruckte die Colonel nicht im Geringsten. Kopfschüttelnd schaute sie ihn an: „Nein – ganz im Gegenteil. Du weißt nicht, was passieren könnte, wenn wir das Raum-Zeit-Kontinuum zu sehr beschädigen.“

Sie trat auf ihn zu, ließ die Waffe sinken und streckte die Hand nach seinem Gesicht aus. Sanft fuhr sie über seine Wange und lächelte: „Cal – du bist… ein guter Kumpel. Ich würde mich freuen, weiter mit Dir reden zu können, aber… wir dürfen das Raum-Zeit-Kontinuum nicht verletzen. Und eigentlich müsstest Du es wissen. Das waren deine Worte, damals, als Daniel gestorben ist. Du hast …“

Der Captain trat einen Schritt zurück und schaute sie unverwandt an: „Damals war es etwas anderes. Ich wusste, dass er nicht stirbt. Ich wusste, wie die Zukunft aussieht.“

Sich niederlassend, schaute er sie an: „Und ich weiß es auch jetzt. Ihr werdet sterben. Es ist kein gnädiger Tod, ihr … sterbt in einer sinnlosen Schlacht.“ Erneut erhob er sich und trat auf die Colonel zu: „Bitte, lass mich dir helfen.“

„Da hättest Du eher kommen müssen. Matthies und King sind schon tot. Vala und Mitchell könnten es ebenfalls sein.“

„Die Vier kenne ich nicht. Aber ich kenne euch. Ich kenne Dich, Jack, Daniel und Teal’C. Ihr wart sowas wie meine Freunde, meine Familie.“

Leidenschaft ergriff ihn und er packte Sam: „Und ich lasse meine Familie nicht im Stich. Also komm mit, oder ich schlag dich k.o.“

Ein trauriges Lächeln erschien auf Sams Lippen: „Weißt Du eigentlich, dass Agatha mir einen Tipp gegeben hat, wie ich dich kontrollieren kann, wenn Du mir zu sehr auf die Pelle rücken solltest?“

Verständnislos hob der Captain den Kopf, schüttelte ihn und blinzelte.

„Erm… warum sollte sie…, setzte er an und grausame Erkenntnis spiegelte sich Sekundenbruchteile später in seinem Gesicht wieder.

„Nein, das wirst du nicht tun.“

Sie trat auf ihn zu, nahm ihn in die Arme und küsste ihn auf die Wange, ehe sie wisperte: „Erdbeerparfait, mein Bruder.“

Und schon sank der Captain in ihren Armen zusammen.
 

Als Jack O’Neill wieder zu sich kam, tat ihm das Kinn weh. Um ihn herum war wieder die Hölle losgebrochen und der General war auf den Beinen, um sich zu verteidigen, bis er merkte, dass er ohne Munition dastand. Doch als er einige Meter von ihm entfernt Gibbs, Ziva, Tony und McGee sah, die anscheinend von ihrer Position gute Möglichkeiten hatten, sich gegen die Jaffa zu verteidigen, lächelte er. Sich umdrehend rannte er zum großen Computer. Er kam rechtzeitig um zu sehen, wie Cal in Sams Armen zusammenbrach und sie ihn auf den Boden legte.

„Carter?“, fragte er. Sie hob ihren Blick und Jack war, als krampfe sich sein Magen zusammen.

Er hatte noch bei ihr noch nie „Hoffnungslosigkeit“ im Blick gesehen, noch nie nackte Panik. Wut, Angst, Sorge, ja – aber nackte Panik, Hoffnungslosigkeit und Trauer? Keine Trauer um jemanden , sondern Traurigkeit, weil sie etwas wusste, das so aufwühlend war, dass es sie umtrieb?

„Wir werden sterben, Jack.“, sagte sie und er konnte hören, wie sie versuchte, militärisch-cool-professionell zu wirken – und wie sie dabei scheiterte.

Er trat auf sie zu, versuchte unbekümmert dreinzublicken: „Bitte?“

Dann traf ihn die Erkenntnis. Kurz warf er einen Blick auf den am Boden liegenden Captain, sah Sams wilden, verzweifelten Blick und das sie erkannte, was er gerade dachte – und ihr Nicken.

„Wir sind so gut wie tot.“, erklärte sie, „Offenbar ist dies die Schlacht, bei der wir fallen werden.“

„Du meinst, dass es das ist? Der große Knall? Die große Nummer?“

Wenn diese Informationen zutrafen, dann sah er keinen großartigen Grund mehr, sich mit Formalien zu beschäftigen. Warum sollte er sie dann noch professionell Siezen?

Sams eigentlich klaren, wasserblauen Augen, waren nun stumpf und dunkel, als sie nickte.

„Dann sollten wir das tun, was wir am Besten können. Ich halt die Goa’Uld auf und Du machst – was immer Du machen musst.“

Wie betäubt nickte sie, als der General sich zum Captain umdrehte und auf den Kommunikator drückte.
 

Gibbs fühlte sich wieder wie zu Militärzeiten und wusste, dass dies alles andere als wirklich gut war. Das letzte Mal, als eine Sache so einfach gewesen war, hatte in den vereinigten Staaten ein mexikanischer Drogenbaron Kelly und Shannon erschossen und Gibbs wollte verdammt sein, wenn sich etwas…
 

Veränderte.

Natürlich veränderte sich etwas.

Die komplette Umgebung nämlich, denn irgend einer genial-kranken Kampftaktik zufolge hatte jemand die geniale Idee gehabt, sie wieder auf die Dragonfly zu beamen.

Gibbs ließ das Gewehr sinken und blickte die Transporterchef an: „Warum werden wir zu etwas hinzugezogen, wenn wir nicht eingesetzt werden?“

„Das könnte ich auch fragen“, erklang neben ihm die Stimme des Mannes, den er als Alexander Munroe kennengelernt hatte. Auch er schien im Einsatz gewesen und plötzlich weggebeamt worden zu sein.

Gleiches galt für sein Team, weswegen es gerade ein bischen eng im Transporterraum wurde.

Und erneut veränderte sich die Umgebung, als das Schiff plötzlich auf Alarmstufe Rot sprang.
 

So schnell die Beine ihn tragen konnten, war der Special Agent auf dem Weg zur Brücke der Dragonfly gewesen, als das Schiff in eine Art Schlingern geriet, aus dem es sich aber anscheinend schnell wieder befreien konnte. Verblüfft darüber schüttelte er den Kopf und ließ sich von der Turboliftkabine zur Brücke tragen. Als sich die Tür öffnete, verlor er keine Zeit, schaute in die Runde und fragte: „Welches militärische Genie hat den Rückzug von Dakara befohlen?“

Dann stockte er, denn er nahm die Umgebung nun richtig wahr.

Die Stimmung, die mit „gedrückt“ noch am Besten umschrieben wäre, Agatha, die neben einem reg- und leblos daliegenden Cal kniete und Jill, die wie betäubt geradeaus starrte.

Er hob den Blick zum Bildschirm und sah, dass sie auf Warp gesprungen waren.

„Wo ist…“, setzte der Special Agent an, zu fragen, doch er schluckte hart, als er die Implikationen der Situation begriff.
 

Auf der Krankenstation der Dragonfly ließen sich einige Mitglieder der beiden Einsatzteams diverse Schrammen richten, Murphy hielt Munroes Hand, als Gina ihr Schultergelenk wieder einrenkte und wie eine Soldatin trug die Frau es mit stoischer Gelassenheit, in der kurzzeitig Schmerz grellrot aufflammte und schnell wieder erlosch.

Die Tür öffnete sich und ein matt wirkender Cal betrat den Raum, gefolgt von Agatha.

Er blickte sich um, nickte den Mitgliedern der Teams dankbar zu und wandte sich dann an Gina.

„Doc? Wo sind die Mitglieder von SG 1?“

Die Ärztin holte tief Luft, ehe sie nickte.

„Natürlich – ich bring dich zu ihnen.“
 

Gina zerriss es innerlich. Wie konnte sie ihrem Freund begreiflich machen, was passiert war, wenn sie es selbst nicht wusste? Zwar konnte man die Mitglieder des Teams an Bord beamen, aber…

Als sie das entsetzte Aufkeuchen des Captains hörte, wusste sie, dass es keiner weiteren Erklärung bedurfte.

Sie beide betraten die Leichenhalle.

Cal riss entsetzt die Augen auf.

Agatha deckte sich lächelnd zu und kuschelte sich an ihren Captain.

„Ich bin nicht wütend auf dich, Cal.“

Mit diesem Satz eröffnete der Anthropologe, der in der Leichenhalle auf einem Stuhl neben Sams Körper saß und, obwohl er mit Cal sprach, selbigen nicht anschaute. Stattdessen hatte er sanft eine Hand auf die Schulter seiner Frau gelegt und versuchte, die Tränen wegzublinzeln. Ein Versuch, der kläglich scheiterte.

Aber es stimmte.

Daniel Jackson war nicht sauer auf den Captain – so merkwürdig dies auch klang. Er war sich sicher, der Offizier hatte alles mögliche getan, um den Tod seiner Frau zu verhindern. Und er war sich ebenfalls sicher, wie das wohl gelaufen sein mochte.

Cal hatte Sam auf die Nase binden müssen, dass es ihr Schicksal war, hier zu sterben und sie hatte dieses Schicksal mit einem leidenschaftlichen Vortrag darüber, dass Schicksale unabänderbar wären und was passieren würde, wenn man tatsächlich die Zeitlinie änderte, angenommen.

Das war so typisch für Sam. Sie konnte selbst über die hahnebüchensten Dinge eine Leidenschaft an den Tag legen, die ihn immer wieder faszinierte.

Und nun war sie tot. Seine Frau. Seine Sam – in deren lebhaften, eisblauen Augen er sich immer wieder verlieren konnte, die Frau, die verblüffenderweise den Drei-Beine-Spagat zwischen Wissenschaftlerin, cooler Frau und Soldatin mit einer Lässigkeit hinnahm, das es nur so eine Freude war.

Und Daniel wusste, wie schwer es sein konnte, diese beiden anscheinend widersprüchlichen Punkte „Wissenschaftler“ und „normaler Mensch“ zu kombinieren.

„Ich hätte sie retten können“, erklang das bebende, brechende Stimmchen Cals und nun wandte er seinen Kopf dem Offizier zu.

„Wir wissen beide, das hättest Du nicht. Sam ist…“

Er stockte, schluckte und korrigierte sich: „Sie war Wissenschaftlerin. Sie kannte die Implikationen dessen, was vermutlich passieren würde, wenn Du sie gerettet hättest.

Neben dem Captain räusperte sich die Bordärztin der Dragonfly, Gina Intrupper, und sagte: „Ich lass euch Beiden dann mal alleine.“

Damit wandte sie sich ab und verließ den Raum.

Kaum, dass die Tür geschlossen war, schauten Cal und Daniel sich an, nickten einander zu und setzten sich auf den Fußboden.
 

Die Dragonfly jagte mit maximaler Warpgeschwindigkeit in den Erdsektor zurück und man musste kein Empath sein, um die gedrückte Stimmung wahrnehmen zu können. Da Juliet Jurot aber eine Empathin war, fand sie in dieser Nacht nicht in den Schlaf, da sie unter permanentem emotionalen Beschuss stand. Dies unterschied sich in sofern zu jeder anderen Nacht, als dass die Trauer, die sie empfing und empfand die anderen Gefühle überwog. Jurot seufzte. Sie lag im Bett, trug ein Nachthemd, das ihren Körper umspielte und wand sich hin und her. Aus jeder Ecke des Schiffes drang Trauer und sie wurde durch die sehr lauten Selbstvorwürfe der Offiziere Cat, Silverbird, Menacer und Doktor Jackson noch verstärkt.
 

Es klingelte an der Tür.

Jurot hob den Kopf, entstieg dem Bett, zog sich um -so lange würde die Person, die dort an der Tür klingelte, noch Geduld haben müssen - und trat schließlich, in ihre Sternenflottenuniform gekleidet, zur Tür.

„Herein?“

Zischend glitt die Tür zur Seite und sie merkte, wie ihr Herz schneller schlug. Zwar hatte sie den aufrichtigen Wunsch, sie trösten zu können, schon gespürt, bevor der Mann den Raum betrat, doch als sie ihn sah, war es, wie eine Offenbarung.

„Hey Juliet“, lächelte Alexander Strange und schaute sie an: „Störe ich gerade?“

Sie legte den Kopf schief, ihr Lächeln dimmte sich ein wenig hinunter: „Ich nehme an, deine Schwester fliegt das Schiff gerade?“

Er nickte.

Sie konnte seine Ungeduld spüren, die Frage, ob sie ihn bitten würde, sich zu setzen oder sie in Ruhe zu lassen und sie war froh, dass sie ihre eigenen Gefühle gut verbergen konnte.
 

Alexander Strange war ihr schon vorher aufgefallen und natürlich auch der Fakt, dass er sie sehr wohl bemerkt hatte. Auf einem Föderationsschiff war es ein Ding der Unmöglichkeit, einander aus dem Weg zu gehen - nicht dass sie das je gewollt hätte – also traf man sich häufiger. Beim Essen, im Turbolift, auf dem Weg zum Holodeck… und irgendwann hatten sich die Beiden sogar zu einem Termin auf dem Holodeck verabredet. Das Strandprogramm, dass sich die Beiden ausgesucht hatten, war wirklich himmlich gewesen, sie waren geschwommen, hatten Beach-Volleyball gespielt und sie hatte so manche Gelegenheit genutzt, um zu sehen, wie Alex Six-Pack arbeitete. Und sie wusste, dass er nicht nur ihre Augen wunderschön fand.
 

„Setz dich doch.“, lächelte die Halbbetazoidin und ließ sich auf ihrer Couch nieder, schlug die Beine übereinander und blickte ihn auffordernd an. Der Navigator kam dem Wunsch nach, setzte sich – ebenfalls auf die Couch -, blickte sie an und… wartete. Und da sie wusste, worauf, kam sie diesem nach. Mit in seine Seele blickenden Augen stand sie auf, streckte sich und schaute ihn – mit tief in seine Seele blickenden Augen- an. Sie kostete seine Erregung, spürte, wie sowohl seine, als auch ihre Kehle trocken wurde und tat das, was dazu geeignet war, dieser Situation Abhilfe zu schaffen. Sie öffnete den Mund und fragte, mit sanfter Stimme: „Möchtest Du etwas trinken?“

Agatha saß im Büro des Captains, warf einen Blick auf die dort aufgestellten Fotos und seufzte. Auf einem der Bilder konnte man eine Gruppenaufnahme sehen, die sie selbst mit der holografischen Kamera geschossen hatte – als Andenken an die Mission im 21. Jahrhundert.

Cal kniete, neben Sam und Ihr, hinter ihnen standen – wie die Orgelpfeiffen aufgereiht, Jack, Daniel und Teal’C.

Das Glücksgefühl, das aus dem Bild auf sie einströmte, als sie sich an diese Mission erinnerte, überwältigte sie. Ihre vollen Lippen schnappten nach Luft, ihre Augen wurden weit aufgerissen und sie wandte den Blick von dem Bild ab.

Verdammt. Was haben wir getan? “, schoss es ihr durch den Kopf und sie schüttelte ihn Sekundenbruchteile später. Sie hätten mehr tun können, mehr tun sollen – am Besten wären sie sofort hinter der George Hammond hergeflogen, wussten sie doch um den Zielort des Schiffes.
 

Aber nein – sie hatten lieber die Zeit damit verschwendet, sich mit Xindi auf der Erde zu prügeln. Warum? Warum waren sie nicht hinter der Hammond hergeflogen?

Vielleicht weil sie tief im Inneren wussten, dass sie zu spät kommen würden? Vielleicht weil sie wussten, dass man nichts ändern konnte? Aber wenn man die Zeit nicht ändern konnte, warum gab es dann diese Nichteinmischungsregeln? Schließlich hätte eine Einmischung, wenn alles vorherbestimmt ist, entweder keinen Effekt oder wäre sogar von dem Schicksal, einer höheren Macht, Gott, oder sonstwem oder was, mit einkalkuliert worden.
 

Und eigentlich hätte sie es wissen müssen – sie hätte wissen müssen, was passiert, wenn man sich mit der Zeitlinie anlegt. Sie hatte es oft genug erlebt, war sie doch diverse Male schon zu unterschiedlichen Zeitpunkten gereist und hatte sie beobachtet. Es war wie in der Folge The waters of Mars in der Serie Doctor Who, in der alles auf diesen einen Fixpunkt in der Zeit hinausläuft und der nicht geändert werden konnte.
 

Aber – war es tatsächlich so?

War der Tod des SG-1-Teams ein riesiges „Fuck-You“ der Zeit an sie? Wie einfach das wäre… wie angenehm… denn dies würde bedeuten, dass man in der Zeit nichts großartiges ändern könnte und man auch nicht darauf achten musste, wem man zu viel über die eigene Zukunft verriet. Aber nein – sie hatte oft genug erlebt, wie die Zeit nachhaltig verändert wurde. Dies konnte nur bedeuten, dass sie versagt hatten. SG-1 war tot – jedenfalls der Großteil – und es war ihre Schuld.
 

Sie hätten einfach eher versuchen sollen, das Team zu retten – dann wäre alles anders gekommen.

„Wir hätten euch retten können“, sagte Agatha und wandte sich wieder dem kleinen Bild zu. Sie merkte erst jetzt, durch die Feuchtigkeit in ihrem Gesicht, dass sie tatsächlich weinte, streckte ihre Hand aus und berührte sanft das Holoabbild von Sams Gesicht: „Wir hätten euch alle retten können.“

„Ich wollte es nicht.“, erklang eine Stimme und Agathas Kopf ruckte hoch.

Ihr gegenüber saß, gekleidet in etwas, das den Schnitt einer SG-Uniform hatte, allerdings leuchtend weiß war, Sam Carter und schaute sie an.

„Bist Du…“, fragte die Rothaarige und Sam grinste. „Ein Engel? Nein, das nicht. Aber – Oma Desala hat mich und uns alle gerettet. Ich wollte Dir nur sagen, dass ich es euch nicht übel nehme. Ich kannte die Risiken und… der Job musste gemacht werden.“

„Aber… Aber Sam, wir…“

Das Grinsen auf Sams schönen, ebenmäßigen Zügen, wich einem amüsierten Lächeln, wobei Agatha in ihren Augen durchaus eine gewisse Ernsthaftigkeit zu erkennen vermochte:

„Du hast mir geholfen, das alles umzusetzen. Dafür danke ich dir. Ich möchte nicht das Raum-Zeit-Kontinuum auf mein Gewissen gelastet wissen.“

„Ich verstehe.“, nickte die hübsche Rothaarige und schaute Sam an: „Se… sehen wir uns mal wieder?“

Sam rollte überlegend mit den Augen, grinste dann verschmitzt und sagte: „Irgendwann sicherlich. Time will tell.“

Agatha merkte, wie ihr Herz schneller schlug. Das musste sie unbedingt Cal erzählen und…

„Carter!“, hörte sie die Stimme Jack O’Neills und schaute die hübsche Colonel an. Diese zuckte, ihr zuzwinkernd, die Schultern, winkte ihr noch mal zu und war dann verschwunden.

Die XO blickte ihr kurz nach, wollte sich schon umwenden, um aufzustehen und dem Captain bescheid zu sagen, als sie aus den Augenwinkeln etwas wahrnahm. Sie drehte sich um und blickte in ein ihr sehr bekanntes Gesicht.

Der Doctor lächelte sie an.

Nicht der Mann mit den Gesichtszügen Lewis Zimmermans, sondern der Doctor . Der Timelord.

„W… wie…“, brachte sie hervor und der Timelord lächelte sie an. Er brachte den Zeigefinger auf seine Lippen und machte den bekannten „Shhht“-Laut.

„Time will tell“, sagte er und…
 

Von einer Sekunde zur Anderen ruckte Agathas Kopf hoch. Sie warf einen Blick auf den Bordchronometer, blickte sich um… sie war im Büro und musste offenbar eingenickt sein, denn nach dem Blick auf den Chronometer stellte sie fest, dass sie knappe 10 Minuten geschlafen hatte. Kurz warf sie einen Blick auf das Bild von ihr, Cal und SG-1 und schüttelte lächelnd den Kopf.

Das Sam von Oma Desala gerettet worden war, das mochte ja noch angehen. Aber dass der Timelord, der sich selbst „Doctor“ nannte, hier auftauchte, das war zu viel des Guten. Schließlich war der Mann eine fiktive Figur.

Sie trat zum Replikator und bestellte sich einen Kaffee.
 

Tony DiNozzo saß in dem Quartier, das er zusammen mit Ziva bewohnte und starrte nachdenklich nach Draußen. Neben sich eine Bewegung spürend, drehte er sich um und sah in die umwerfend-nussbraunen Augen seiner Partnerin. Ihr ebenmäßiges Gesicht, von wilden Locken eingerahmt, war nur Millimeter von ihm entfernt und als sie ihren Mund öffnete, um mit ihm zu sprechen, merkte er, wie sein Herz schneller schlug.

Sie und er waren nun definitiv zusammen.

„Tony“, setzte sie an und er konzentrierte sich, „Woran denkst Du gerade?“

Der Halbitaliener legte den Kopf schief: „Ich bin immer noch daran, zu überlegen, wer Stone gekillt hat. Und ich glaube, ich hab da so eine Vermutung.“

„Verrat sie mir.“, forderte sie ihn auf und er sah ihre vor Aufregung funkelnden Augen. Ihr zuzwinkernd schüttelte er den Kopf: „Noch nicht. Das muss ich Gibbs und Tim auch erzählen.“

Ziva lehnte sich zurück, streckte sich und schaute ihn an, über die Schulter, mit einem verspielten Funkeln in den Augen: „Echt? Bist Du dir so sicher?“

Er nickte, beugte sich vor und küsste sie: „Ja, mein Liebling. Komm, wir gehen.“
 

Wenig später
 

Gibbs betrat das Holodeck Nummer vier, ganz wie Tony und Ziva ihn angewiesen hatten und fand sich im Anacostia Park, Sektion C wieder. Direkt vor ihm stand das Hologramm Captain Stones und blickte starr an ihm vorbei. Den Captain flankierend standen Ziva und Tony, ihn abwartend anschauend.

„Wo steckt McGee?“, fragte der Halbitaliener und lächelte, als die Tür aufglitt und Gibbs die Schritte McGees hörte.

Der Romancier kam neben Gibbs zum Stehen und schaute Tony und Ziva fragend an.
 

Tony merkte, wie sein Herz ihm bis zum Hals schlug. Was war, wenn seine Logik fehlerbehaftet war, seine Beweise falsch oder er die falschen Schlüsse zog? Nun hatte er zwar alles soweit vorbereitet und war sich eigentlich auch sicher, aber – er hatte einfach ein mulmiges Gefühl.

Neben ihm stand Ziva, stieß ihn sanft an und schaute ihm in die Augen. „Los doch“, lächelte sie ein umwerfend schönes Lächeln, „Zeig es ihnen. Ich weiß, dass Du es kannst.“

Ja – klar, was sollte schon groß passieren?

Der Special Agent räusperte sich, trat einen Schritt auf Stone zu und schaute dann Gibbs an, in dessen Augen er Ungeduld erkannte. Das war ja nichts neues. Er verschränkte die Hände hinter dem Rücken und trat um das Bild von Stone herum.

„Also, was wissen wir?“, fragte er und schaute abwartend in die Runde, „Wir wissen, dass Thaddeus Alexander Stone an einem Septembermittag gegen 12 Uhr ermordet wurde. Wir wissen, dass die Waffe ein sogenannter Bastardhänder war und dass der Mörder Stones aller Wahrscheinlichkeit nach Ari sein dürfte. Dafür sprechen die üblichen Indizien, der Fakt, dass die Waffe am Tatort zurückgelassen wurde und der Schweinehund drei Andere dafür in den Knast gehen lassen wollte.“

Hatte sich Tony anfangs noch einer eher Poirot’schen Ausdrucksweise bedient, kehrte sein Duktus nun zu seinem bevorzugten Sprachmuster zurück.

Er schaute erneut in die Runde.

„Stellt sich natürlich die Frage, wer den Typen damit beauftrag – und natürlich, wer ihn in die Gegenwart geholt hat. Ich vermut einfach mal, dass es diese Monsterinsekten gewesen sein werden. Stone wusste irgendwas über sie, dass sie hier nicht sein dürften, und das war sein Untergang.“

Ziva schaute ihn verblüfft an: „Du meinst, dass die Xindi ihn aus dem Weg haben wollten? Wieso? Weil er ein Sternenflottenkontrolloffizier war?“

„Genau“, nickte Tony, „Wenn einer wusste, wie die Zeitlinie richtig zu laufen hatte, dann war es Stone. Und es wäre alles gut gelaufen, wenn diese Naseweisen Gören nicht gewsen wären. Und ihr Hund Scooby-Doo.“

Damit grinste er in die Runde, doch genau so schnell, wie der alte Tony aufgeflackert war, verschwand er wieder und machte einem gesetzteren Mann platz.

„Entschuldigt, ich… das musste raus.“

Die hübsche Israeli trat auf ihn zu und nahm ihn in den Arm: „SG-1?“

Er nickte.

„Ja – ich… ich kann es nicht fassen, dass sie tot sind.“

McGee schaute ihn an: „Das ist völlig in Ordnung, Tony.“

Und dann, mit einem melancholischen Lächeln: „Mir hat mal jemand gesagt, dass Personen, die eine Krise – wie ein schweres Trauma – bei einer Person einen Charakterwandel hervorrufen kann.“

„Von denen hatten wir wahrlich genug.“, nickte Gibbs und schaute McGee an, ihm auf die Schulter klopfend: „Gut erklärt, Tim.“

„Danke, Boss.“

Dann wandte sich der Agent zu seinen anderen beiden Kollegen um: „Also hat Ari auf Befehl der Xindi gehandelt?“

„Davon gehe ich aus.“, nickte der Halbitaliener bestätigend und runzelte nachdenklich die Stirn: „Was allerdings nicht erklärt, warum dein Bruder sagte, dass sie ihn bei uns rausholen würden. Ich meine, Killerinsekten fallen auf.“

„Das ist richtig.“, sagte McGee, „Aber es gibt unterschiedliche Xindi. Es gibt welche, die wie Menschen aussehen, dann welche, die reptilienähnlich sind…“

„Einen Hulk“, grinste Ziva und McGee nickte: „Sogar einen Hulk. Ich nehme an, das war eine Mischung aus Insekten- und Reptilien-Xindi.“

„Und was ist mit Mad Cow?“, fragte Tony, „Schauen wir uns das Gebäude nochmal an?“

Gibbs nickte. „Ich werde mich mit Vance in Verbindung setzen – aber erst einmal werden wir die Stones zur letzten Ruhe betten. Und SG-1.“

„Und Laura“, gab McGee zu bedenken, was Gibbs ein Nicken entlockte. Dann wandte sich der Chef zu Tony und trat auf ihn zu, um auch ihm anerkennend auf die Schulter zu klopfen:

„Gut gemacht, DiNozzo.“

Ein Lächeln bildete sich auf den Lippen des Agenten, als Gibbs weiter sprach:

„Wirklich, sehr gut. Es wäre zwar schön, wenn Du für deine Theorien auch Beweise hättest, aber – da anscheinend Traceless tot und Ari verschollen ist können wir sie nicht vor Gericht stellen. Also – schöne These, Tony.“

Der Halbitaliener lächelte: „Man tut, was man kann, Boss.“

Damit wandte er sich zu Ziva, zwinkerte ihr zu und sagte: „Ich glaube…“

Weiter kam er nicht, denn in diesem Moment ertönte eine Stimme aus den verborgenen Kommunikationsterminals.

„Hier spricht Alexandra Strange. Wir erreichen die Erde.“
 

Hank Landry hatte einen Tag, den man durchaus als „interessant“ beschreiben konnte. In vergangenen vier Jahren, in denen er der Kommandant des Stargate Centers gewesen war, hatte er eine Menge erlebt. Klone, Kopfgeldjäger und Killerkäfer hatten ihm genau so zu schaffen gemacht, wie die Lucianer-Allianz und die Ori.
 

Das Konzept, dass Reisen in den Weltraum mit einem Gerät, das man „Stargate“ nannte, ohne einen nennenswerten Zeitverlust, möglich waren, war im ersten Moment so bescheuert, dass er das tat, was vermutlich jeder Basiskommandant dieser Einrichtung an seinem ersten Tag getan hatte – lauthals gelacht und gedacht, dass ihn jemand auf den Arm nehmen wollte.

Aber nein. Landry wurde mit den entsprechenden Feinheiten vertraut gemacht, erhielt die Akten, las sie durch und fand sich nach jeder Lektüre aufs Neue fasziniert. Was es da draußen nicht alles gab.

Jaffa, also Lebewesen, die – wie Beuteltiere – eine Tasche im Bauch hatten, in denen die sogenannten „Goa’Uld-Symbionten“ reifen konnten, waren da noch das Harmloseste. Und er fragte sich, ob der Name etwas mit dem Stadtteil Tel’Avivs zu tun hatte – oder mit den Orangen?

Aber es gab im bunten Gemüsegarten der Schurkengalerie noch genügend andere Unheilsbringer. Die „Götter“ der Jaffa – die Goa’uld, waren da ein wunderbarer Kandidat. Eigentlich kleine, harmlose Würmchen, hatten sie es geschafft, anderes Leben parasitär zu übernehmen und hatten nun einen Götterkomplex. Und mit diesen Aliens hatten sich Jack O’Neill und Daniel Jackson schon beim ersten Schritt durch das Tor angelegt, in dem sie – von dem Systemlord Ra angegriffen, selbigen besiegt und eliminiert hatten.

Apophis, ein anderer Systemlord, fand das gar nicht witzig und hatte…
 

Das Wort „Re’etu’ blitzte in Landrys Kopf auf und er erinnerte sich daran, von diesen getarnten Monsterkäfern mit einem Herzen aus Gold und Waffen aus Plasma, gelesen zu haben, ebenso wie von den Asgard.
 

Oh, die Asgard.

Sie sahen tatsächlich aus wie jene Aliens, die immer wieder halbnackte, vollschläfrige Frauen aus den Betten entführten und sie untersuchten – oder was man ihnen sonst so nachsagte.

Und angeblich hatten sie sich selbst getötet, aber in den letzten Wochen wurden immer wieder Meldungen laut, dass sich ein Asgardschiff irgendwo im Erdsektor rumtreiben sollte.
 

Ein Klopfen im Türrahmen ließ Landrys Kopf hochrucken. Drei Personen standen im Raum, die er kannte. Zwar hatte er zwei von ihnen nie gesehen, aber er hatte von ihnen gelesen. Die beiden Sternenflottenoffiziere, von denen der Mann, der geklopft hatte, einige Jahre im SGC gedient hatte, waren aufgetaucht. Sie hatten Daniel Jackson mitgebracht, und alle drei wirkten, als haben sie geweint.
 

Kurz vorher
 

Agatha Silverbird starrte, wie hypnotisiert, auf den blau-grünen Rotationsellipsoid, der die Erde war. Sie atmete tief durch, wusste sie doch, dass es nun gelten würde. Nun müsste sie runter ins SGC gehen und die traurige Nachricht überbringen, dass einige der wohl verdientesten Mitarbeiter dieser Installation und Institution nicht mehr am Leben waren. Kurz schluckte sie, doch – es half nichts. Sie konnte versuchen, dieser traurigen, alles erdrückenden Pflicht auszuweichen, in dem sie die Aufgabe an den Captain delegierte, aber – sie wusste, dass Cal in diesem Zusammenhang noch näher am Wasser gebaut hatte, als sie.

Die XO wandte sich zu Jill Menacer um.
 

„Okay, ich möchte, dass Du Gibbs und seinen Mitgliedern gestattest, sich zum NCIS zu begeben, wenn sie möchten. Sie haben vollen Zugang, während ich weg bin. Wenn sich nämlich eines gezeigt hat, dann, dass wir ihnen trauen können.“, sagte sie und sie wuste nicht, wieso sie es sagte, oder wieso sie sich überhaupt erklärte. Jill blickte sie an, nickte nur kurz und sagte knapp: „Wird gemacht.“
 

Kaum, dass die hübsche XO diesen Befehl erteilt hatte, glitt die Turbolifttür auf und Gibbs, Ziva, Tony und McGee betraten die Brücke. Agatha drehte sich verblüfft zu ihnen um.

„Kann ich euch helfen?“

Die XO warf einen nachdenklichen Blick in die eisblauen Augen Gibbs und hob dann fragend eine Augenbraue. Die Ermittlerlegende bedachte sie mit einem freundlichen Lächeln und nickte dann: „Wir wollen euch tatsächlich helfen. Wenn möglich, würde ich gerne mit Dir, Cal und Jackson zur Homeworld Security gehen, um zu erklären, was geschehen ist.“

Agatha konnte nicht umhin, festzustellen, dass es wohl einer der längsten Sätze gewesen war, den Gibbs in ihrer Gegenwart ausgesprochen hatte. Diesen Fakt quittierte sie mit einem sanften Lächeln und schüttelte dann den Kopf: „Danke, Gibbs, aber – das ist nicht notwendig.“

Der Special Agent schaute sie an und Commander Agatha Silverbird konnte sehen, dass er sie bemitleidete – oder besser gesagt: Dass sie ihm leid tat.

Sie konnte nicht dagegen angehen, sie blickte ihm in die Augen, nickte dankbar und fasste aus der Anwesenheit des grauhaarigen Special Agenten und seines Teams neue Kraft.

Tief luftholend straffte sie ihre Gestalt, zog die Uniform über dem flachen Bauch glatt und betätigte den Kommunikator: „Silverbird an Cat?“

Stille.

Erneut betätigte sie den Kommunikator.

„Cal, hörst du mich?“

Stille.

Ihr Herz begann, sich daran zu machen, schneller zu schlagen, während Ihr Kopf meldete: „Hey, keine Panik, das is Cal, der wird entweder verpennt haben oder sich festgequatscht.“

Doch vor ihrem inneren Auge nahm ein anderes Szenario Gestalt an. Sie sah Cal in ihrem Schlafzimmer sitzen, mit einem tränennassen Gesicht, den Blick starr auf ein weiteres Bild, das sie beide zusammen mit dem SG-1 Team zeigte, mit dem Daumen sanft über Sams Gesicht streichend. Dann griff er einen Phaser, ließ das Bild sinken, starrte geradeaus, murmelte ein „Vergib mir, Agatha, aber ich kann nicht“, hob den Phaser gegen die Schläfe und drückte ab.

Sie wusste, dass unter normalen Umständen diese emotionale Reaktion nicht stattgefunden hätte, aber sie wusste auch, dass Cal mit dem Team gearbeitet hatte, sie seine Freunde waren und er für sie eine Liebe empfand, wie man es nur für gute Freunde empfinden konnte. Nicht einmal die Liebe, die er für sie, für Agatha empfand, wäre, wenn es wirklich ernst wäre, in der Lage, da durchzukommen.

Sie merkte, wie ihr Herz noch schneller schlug.

„Computer, zeige mir den Aufenthaltsort von Captain Calvin Cat.“

„Captain Calvin Cat ist im Holodeck 1.“

Was hatte er da vor?
 

Sie sah ihn schon, sich auf einem simulierten Dakara gegen etliche Jaffa-Batallione erwehrend und anstatt dass er von Sam ausgeschaltet wurde, würde er sie einfach mit einem Phaser betäuben. Das wäre noch das harmloseste. Wenn es nämlich wirklich ganz blöd kam und im Hirn des Captains komplett einige Schrauben losgelöst waren, konnte es nämlich sein, dass er sich den Jaffa-Batallionen ohne aktivierte Sicherheitsprotokolle stellte – und eventuell dort starb.
 

Normalerweise würde sie sich darüber keine Gedanken machen – der Captain machte eine Menge Mist und hatte bewiesen, dass er auch in der Lage war, richtig scheiße zu bauen, aber …

Würde er sich wirklich umbringen? Würde der Fakt, dass er das Ziel nicht erreicht hatte, würde der Fakt, dass vier seiner besten Freunde tot waren, wirklich dazu führen, dass er sich das Leben nahm?

Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie sich in Bewegung gesetzt hatte, merkte noch nicht mal, dass Gibbs und Ziva mitgekommen waren und nun vor dem Holodeck standen, sondern wurde sich ihrer Anwesenheit erst dann gewahr, als Gibbs sie an beiden Schultern packte und ihr eindringlich in die Augen sah.

„Commander?“, fragte er und sie schüttelte den Kopf: „Jetzt nicht. Ich muss erst etwas …“

Sie standen tatsächlich schon am Holodeck – wie lange hatte sie denn…

„Computer“, setzte sie an, „Öffne die Tür. Zugangsberechtigung Silverbird, Beta, Bravo, Delta.“

Damit glitten die mächtigen Schotten des Holodecks auseinander und gewehrten ihr, sowie Gibbs und Ziva Einlass.
 

Die Umgebung beruhigte sie schon einmal. Sie waren in einer kleinen, lauschigen Waldlichtung, in der Vögel zwitscherten, Insekten summten und sogar ein kleines Bachquellchen gluckerte. Und gerade, als sie dachte, dass es wohl doch nicht so schlimm sein würde, hörte sie Schwertergeklirr. Den beiden Special Agenten zunickend rannte sie los, eilte auf die Lichtung und sah Cal, wie er sich mit einem Schwert gegen etliche Ritter verteidigen wollte. Nun hatten einige der Ritter auch die Anderen entdeckt, stürmten auf sie zu und… die Sorge, die Agatha hierher getrieben hatte, schlug in Wut um, die sie an etwas auslassen wollte. Da kamen die Soldaten gerade recht. Mit Tritten und Faustschlägen, wirbelnden, wehenden Haaren, vorgetäuschen Körperattacken und Kopfstößen wehrte sie sich ihrer Angreifer, konnte hören, wie sie und ihre Begleiter angestrengt keuchten, schmerzvoll aufstöhnten oder Kampfschreie von sich gaben – dann war alles ruhig.

Bis auf den Captain, der mit erhobenem Schwert da stand und Agatha wild anblickte.

Die XO straffte ihre Gestalt, warf dem Captain einen Blick zu der deutlich sagte „Greif mich nicht an“, doch da stieß Cal einen Kampfschrei aus und war schon auf dem Weg zu ihr. Schnell griff sie sich eine Waffe, blockte den ersten Schlag ab, taumelte zurück.

Cal wirbelte um die eigene Achse, führte das Schwert mit gekonnter Präzision – wobei sie überlegte, wo er das wohl gelernt haben mochte – und als ihre Klingen funkenschlagend kollidierten stieß er mit gehetztem Atem das Wort „Warum“ aus, ehe er zurücksprang und das Schwert wieder herumwirbelte. Erneut kollidierten die Klingen – Funken sprangen – und Cal keuchte „Konnten“. Wieder ein Rückzug, wieder ein Angriff, wieder ein Wortfetzen: „Wir“

Er sprang zurück, griff wieder an und die XO konnte die Wut und Verzweiflung spüren. Sie blockte seine Schläge ab, als er das Schwert fallen ließ und mit den Fäusten auf sie losging.

Sie wusste, dass er sie nicht besiegen konnte, also ließ sie ihn herankommen, um ihn mit Fußtritten auf Distanz zu halten.

Und dann ließ sie ihn nah herankommen, tauchte unter einem Schlag hinweg, kam wieder in die Stehende und schlang beide Arme um ihn, um ihn festzuhalten.

„Warum konnten wir sie nicht retten?!“, konnte der Captain nun einen komplett ausformulierten Satz von sich geben und sie lächelte. Es war ihr klar gewesen, dass er sie nicht verletzen oder töten wollte, sondern dass er sich abreagieren musste. Und nun, wo sie ihn festhielt, verließ ihn seine Kraft, er sackte in ihren Armen zusammen und weinte herzergreifend.
 

Gibbs und Ziva sahen sich an – auch ihnen war klar gewesen, was mit dem Captain los war und sie ahnten, dass er auf diese Art und Weise mit dem Verlust klar kommen wollte. Der Wut freien Lauf zu lassen, das war etwas, das sie beide auch durchgemacht hatten, als sie den Tod von Shannon, respektive von Tali, verarbeiten mussten. Damals hatte Ziva einem Klassenkameraden von sich den Kiefer gebrochen und sich dann mit dem Boxsack, den sie in der Trainingshalle der Davids gefunden hatten, so intensiv beschäftigt, dass nach ein paar Wochen ein neuer Sack fällig war. Dann hatte sie sich des Buches versichert, das Tali zuletzt gelesen hatte und nahm jedes Wort auf. Und sie musste lachen. Niemals hätte sie gedacht, dass die Werke dieses Satirikers eine solche Wirkung auf sie gehabt hätten, aber… sie taten es. Und so ertappte sie sich auch heute noch dabei, Buchhandlungen nach Kurzgeschichtensammlungen dieses Satirikers zu durchsuchen. Auch Gibbs hatte eine ähnliche „Karriere“ hinter sich, wenngleich es kein Werk eines Satirikers war, das ihn an Shannon und Kelly erinnerte. Das gemeinsame Schluchzen Cals und Agathas drang an ihre Ohren und sie beschlossen, die Beiden alleine zu lassen.
 

Wenig später
 

„General Landry“, setzte Agatha Silverbird an, „Sir, hiermit bedauere ich, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Colonel Samantha Carter, Teal’C, Brigardier General Jonathan O’Neill, Vala, Colonel Cameron Mitchell, sowie die Crewmitglieder der George Hammond nicht mehr am Leben sind.“

Es wunderte Daniel nicht, dass die Stimme der hübschen Rothaarigen bei diesen Worten bebte und als der General sie entsetzt anblickte – und dann ihn, zur Bestätigung – nickte er dem General nur zu.

Binnen einer Nanosekunde war Landry erbleicht, taumelte nach hinten und ließ sich in den Sessel sinken. Der Anthropologe konnte sehen, dass seinem Vorgesetzten gerade etliche Gedanken durch den Kopf schossen.

Er sefzte, nahm auf einem der Gästestühle platz und blickte den General an.

„Sir“, sagte er dann, „Sam, Teal’C, Jack, Vala und Cam waren… mutig. Sie haben Ihr Leben gegeben, um…“

Daniel brach ab – aus zweierlei Gründen.

Einerseits ließ ihn seine Stimme im Stich, zum anderen warf der Angesprochene ihm in diesem Moment einen unverwandten Blick zu, als sei er eine Erscheinung aus einem bösen Albtraum, eine Unverwandtheit, die nach ein paar Sekunden wieder aus den Zügen des Befehlshabers verschwand. Innerhalb dieser Zeit schien er um Jahre gealtert zu sein und starrte den Anthropologen an.

„Wir… müssen die notwendigen Vorkehrungen treffen, um sie beerdigen zu können.“, schluckte er und Daniel nickte.

„Ja, ich glaube, da sie ihr Leben als Helden gegeben haben, spricht nichts gegen eine Beisetzung mit allen militärischen Ehren.“

Nun war es an Landry, zu nicken: „Natürlich, Doktor Jackson.“
 

Agatha und Cal schlenderten durch die Gänge des SGC. Sie hatten sich nach dem sie von General Landry „debrieft“ worden waren, aus der Konversation abgeseilt und beschlossen, ihre Erinnerungen an die Zeit im SGC aufzufrischen. Als sie vor dem großen, runden Tor standen, wegen dem dieser Bunker zu später Blüte gefunden hatte, schauten sie einander an.

„Sag mal, hast Du gewusst, dass es nicht funktionieren würde, Gathy?“, fragte der Captain und sie schaute ihn an, versuchte, sich die braunen Augen, die vor nicht-vergossenen Tränen glitzerten, einzuprägen: „Meinst Du, wenn ich das gewusst hätte, hätte ich dir den Rücken gestärkt? Nein, Liebling. Ich hatte, genau so wie Du, gehofft, dass wir die Zeitlinie hätten ändern können.“

„Und wir haben versagt.“, murmelte Cal und ließ sich auf der Rampe, die zum Tor führte, nieder. Sie schenkte ihm ein Lächeln, leise, teils melancholisch, teils aufmunternd, ließ sich neben ihm nieder und stubste ihn an: „Meinst du?“

Damit deutete sie auf Daniel Jackson, der sich im Kommandoraum des SGC immer noch mit General Landry unterhielt.

„In den Aufzeichnungen stand, dass SG-1 stirbt.“, sagte sie und Cal nickte: „Und das ist passiert. Ich bezweifel, dass Landry nochmal ein SG-1-Team ernennen wird.“

„Ich glaube, davon können wir ausgehen.“

Sekunden später öffneten sich die mächtigen Feuerschutztüren und ein SG-Team betrat den Gate-Raum. Der Anführer schaute die beiden Sternenflottenoffiziere an. „Würden Sie bitte die Rampe freimachen? Wir wollen durch.“, sagte er mit einem leisen Hauch von Ironie in der Stimme.

Agatha blickte zu Cal, der nickte. Beide standen auf und es war ihr, der rothaarigen XO klar, dass, selbst, wenn das Front-Team sterben würde, dies ein Job war, der gemacht werden musste.

„Meine Damen und Herren“, erklang in diesem Moment die routinierte Stimme Landrys, „Ich bedauere, Ihnen allen mitteilen zu müssen, dass General Jonathan „Jack“ O’Neill, Colonel Samantha Carter, Teal’C, Colonel Cameron Mitchell und Vala, heute gefallen sind. Sie waren die Ersten, die dieses Tor in regelmäßigen Missionen durchschritten, sie waren die Wegbereiter und sie waren das große Aushängeschild dieses Kommandos. Ich möchte Sie nun bitten, eine Schweigeminute einzulegen.“

Der Mann neben Cal bellte ein „TEEEN HUT!“, nahm Haltung an, eine Handlung, die die anderen Offizere des SG-Teams, das der offenbar kommandierte, ihm gleichtaten. Auch Cal und Agatha nahmen Haltung an und die XO konnte einen kurzen, verstohlenen Blick in den Kommandoraum erhaschen, wo auch Daniel stramm stand. Die Augen des Anthropologen waren starr nach vorne gerichtet und doch konnte sie in ihnen Trauer, Wut und Schmerz erkennen.
 

Auch wenn sie es nicht sah, es war ihr doch so, als würde wirklich das komplette SGC für eine Minute aufhören, zu arbeiten, als würde das komplette Universum sich diese 60 Sekunden nehmen, um den Verlust des wohl größten SG-Teams aller Zeiten zu betrauern, der Helden, die so viel für das Universum getan, ihm soviel zu geben hatten.

Und dann, nach einer Minute war es vorbei.

Die Arbeit im SGC wurde wieder aufgenommen, neben Cal seufzte der Mann tief durch, klopfte dem Captain auf die Schulter und sagte: „Eine verdammte Schande. Es war ein richtig gutes Team.“

„Ja“, nickte der Captain, „Die Besten.“
 

„Danke Cal“, lächelte Jack und wandte sich zu seinem Team um. Sam, Teal’C, Cameron und Vala hatten Position eingenommen, warfen einen Blick auf das Kommandozentrum, in dem sich gerade General Hammond vorbeugte.

Das Tor begann, seine Arbeit aufzunehmen, rotierte, das wohl gigantischste Kombinationsschloss der Galaxis. Naquadah-Kristalle leuchteten rot auf, als ein Kontakt hergestellt wurde.

„Weißt du,“ sagte Vala in diesem Moment zu Sam, „Ich finde es schade, dass wir ihn hierlassen müssen.“

Sam nickte: „Ich kann dich durchaus verstehen. Aber – irgendwann sind wir alle wieder vereint.“

Das Tor eruptierte aus sich heraus, Jack blinzelte einmal kurz mit den Augen gegen die Helligkeit des sich bildenden Ereignishorizontes an.

„Godspeed, SG-1.“, sprach Hammond ins Mikrophon und Jack salutierte ihm zu. Dann wandten sie sich zum Tor um, gingen los. Bevor er sich in den Ereignishorizont begab, wandte er sich um, schaute Cal an und salutierte ihm ebenfalls zu.

„Cal?“, fragte Agatha und der Captain zuckte zusammen.

„Hm, was?“

„Warum salutierst Du Colonel Muldoon zu?“

Der Captain räusperte sich, nahm seine Hand herunter und nickte dem Colonel zu, der ihn ein wenig verblüfft anblickte, sich dann zum Tor wandte und den Ereignishorizont betrat.

„Och, das… ist nur… so’n Soldatending.“, sagte er dann und verschränkte die Hände hinter dem Rücken, ein leichtes Lächeln auf den Lippen.

Die XO blickte zu ihm: „Alles in Ordnung?“

Kurz schien es, als würde der Captain überlegen, sein Grinsen wurde noch eine Spur breiter, dann nickte er: „Ja – es ist alles in Ordnung.“
 

Einige Tage später stand eine Delegation des Stargate-Commands vor den Gräbern von Sam, Jack und Cameron. In just diesen Sekunden wurde der tapfere Krieger Teal’C auf Chulak zur letzten Ruhe gebettet. Die Hak’tyl Istha, eine Jaffa-Amazone, sowie Jaffa-Master Bra’tac Teal’Cs Sohn Ryac wohnten der Zeremonie bei, betrachteten mit wie in Stein gemeißelten Mienen, wie der Leichnahm des edlen Kriegers verbrannt wurde.

Die Beerdigung Valas übernahm die Sternenflotte – man hielt es für passend, das jemand, der den Großteil seines Lebens im All herumvagabundiert war und dabei seinen Spaß hatte, auch seine letzte Ruhestätte dort finden sollte. Valas Vater nahm an der Zeremonie teil, verlor einige Worte und als Cal den Befehl gab, den zum Sarg umgebauten Photonentorpedo abzufeuern, brachen alle emotionalen Dämme, die der alte Mann aufgebaut hatte. Bordcounselor Linda Layd bemühte sich um ein Gespräch mit Valas Vater und er nahm den Termin an. Gleichzeitig wurden die mit Steinen gefüllten Särge von Captain Stone und Angela Stone zur letzten Ruhe gebettet.
 

Und während Gibbs dem in die Dunkelheit gleitenden Sarg Captain Stones hinterherblickte, war er sich sicher, dass in den nächsten Tagen alles wieder eine gewisse Normalität annehmen würde. Der Mörder war bekannt, auch das „Warum“ – zwar fehlten die Beweise, aber was sollte man ob der Situation machen? Der leitende Chefermittler war sich sicher, dass auch Vance die Sache ähnlich sah. Und dennoch – irgendetwas an der Sache beschäftigte ihn noch und während man Erde und Blumen auf die Särge des Ehepaares Stone fallen ließ, schwor er sich, noch einmal bei Mad Cow Middleton vorbei zu schauen, ganz, wie er es vorgehabt hatte.

Hoffentlich würde er noch etwas finden.
 

McGee folgte mit den Augen dem ebenfalls zu diesem Zeitpunkt in die tiefe der Erde hinabgelassenen Sarg und sah, wie neben ihm eine ältliche Frau auftauchte und ihn ansah: „Sind Sie ein guter Freund von Laura?“

Der Romancier betrachtete sie kurz, ehe er nickte. Was sollte er auch sonst anderes sagen? Dass er sie ‚in Real’ – wie man in der Internetsprache gerne sagte – erst ein paar Stunden vor ihrem Tod kennengelernt und vorher nur mit ihr auf einer Fanfiction-Homepage über diverse Charaktere diskutiert hatte? Das konnte er nicht bringen.

Weiterhin fiel dem Schritsteller in ihm der leicht französische Akzent auf, den die Frau aufwies.

„Timothy McGee“, stellte er sich vor und sie lächelte: „Ich bin Madame Leontine, die Hauswirtin von Laura.“

McGee wandte sich zu ihr um, schaute sie an, wollte etwas sagen, doch er merkte, wie die Stimme leicht brach, als er die Worte „Mein aufrichtiges Beileid“ sprach.

„Ihnen auch.“, sagte sie und warf einen leicht-melancholischen Blick auf das Grab: „Aber es freut mich, dass sie dann doch jemanden hatte. Sehen Sie, sie lebte recht zurückgezogen und nur für ihre Bücher.“

Der Romancier merkte, wie seine Stimme dunkler wurde, als er versuchte, nicht sofort in Tränen auszubrechen: „Aber sie hatte Sie, Madame. Ich bin sicher, sie waren ihr eine gute Freundin.“

Leontine förderte ein Stofftaschentuch mit der linken Hand zutage, wischte sich über die Augen und nickte dann: „Ja – ich versuchte es zumindest.“

Sie atmete tief durch und schaute ihn an: „Sie wissen nicht rein zufällig, wohin ich ihre Sachen bringen kann?“

Und obwohl es pietätlos war, über solche Angelegenheiten am Grab zu sprechen, schoss ein „Ich nehm sie“ aus Tims Mund.
 

Als er am Abend einen Anruf von Gibbs erhielt, war er gerade mitten in der Lektüre eines sehr interesanten Buches.

„McGee?“, meldete er sich und hörte die Stimme Gibbs, der ihn zum Hauptgebäude von MadCow beorderte.

„Moment“, sagte er, doch da hatte der Special Agent schon aufgelegt.

Mit einem leise gefluchten ‚Verdammt’ legte der Romanautor ein Lesezeichen ins Buch, zog sich um und eilte zur Tür, wobei er kurz nochmal einen Blick auf die Stelle warf, die er gerade gelesen hatte.
 

Die weiße Hexe des Berges gab folgende Prophezeihungen:

1) Wenn sich die Götter wiederkehren, wird die Reisenden mit ihren Gefährten vereint sein.

2) Wenn die Reisenden der Versuchung nachgeben, werden sie in Flammen vergehen.

3) Der, dessen Weg nicht greifbar ist, greift vier Jahre nach der Zwillinge Tod und sechs Jahre vor der Flut nach der Macht auf Nippon.

4) Der Diebstahl des letzten Bildes wird durch die rechtmäßigen Erben enthüllt werden.

Er wusste nicht, wieso, aber irgendwie klangen diese Worte nicht besonders vertrauenerweckend.
 

Es war Nacht.

Das ehemalige Firmengelände von „Mad Cow Middleton“ war nicht erleuchtet. Wie auch? Schließlich war die Firma insolvent und daher niemand in der Lage, eventuelle Stromrechnungen zu zahlen.

Die feingliedrigen Hände Ziva Davids rieben sich dunkle Tarnfarbe ins Gesicht. Dies geschah auf Anordnung ihres Chefs und sie konnte die Beweggründe verstehen. Schließlich war es ja durchaus möglich, dass sich trotz augenscheinlicher Leere des Geländes immer noch Feinde im Areal befanden, mit denen man verfahren musste.

Sie hörte neben sich das Klacken einer sich sichernden Pistole, dann wie jemand das Magazin aus der Waffe nahm und es nach einigen Sekunden der Inspektion wieder in die Pistole einrasten ließ. Ihr war klar, dass es sich hierbei um ihren Boss handelte – dafür musste sie sich nicht einmal umdrehen.

„Alles okay?“, fragte er in der typischen militärischen Knappheit und Effizienz des Leroy Jethro Gibbs. Nun drehte sie sich doch um, betrachtete ihn kurz, nickte und hob das Scharfschützengewehr an, das er ihr vor ein paar Minuten gegeben hatte.

Ein Lächeln lief über die vollen Lippen der Israeli, als sie daran dachte, wie schnell das alles gegangen war. Gibbs hatte anscheinend keine 5 Minuten gebraucht, um den Einsatz von Vance genehmigen zu lassen. Es war immer wieder faszinierend, wieviele Strippen der Special Agent doch zu ziehen vermochte.

„Alles okay.“, antwortete sie, genau wie er ein Musterbeispiel an militärischer Effizienz.

Dann wandte sie sich um, nahm das Scharfschützengewehr und warf einen Blick durch das Fernrohr.

Kurz nahm sie alle Details in sich auf und gab dann den Bericht an Gibbs weiter:

„Bewegung im Obersten Stockwerk“

Damit blickte sie zu ihrem Chef, der kurz überlegte und ihr dann auf die Schulter klopfte.

Sie verstand den Befehl, behielt die Person weiter im Blick, während der Rest des Teams sich leise und mit unerhörter Vorsicht und Geduld, auf das Gelände zubewegte.

Kurz blickte sie zu ihren Mitstreitern, dann wandte sie ihren Blick wieder ihrem Ziel zu. Ihr Finger schwebte über dem Abzug, bereit, im Befehlsfall zu feuern.

„Pass auf dich auf, DiNozzo.“, dachte sie sich und hoffte, dass ihr Kollege dieser Aufforderung nachkommen würde – ohne sie je gehört zu haben.
 

Etliche Minuten lang geschah nichts. Sie behielt die Person im Auge, die im obersten Stockwerk auf und ab schlenderte, zwischendurch stehen blieb, sagte ihren Kollegen bescheid, wenn sie durch den Restlichtverstärker sehen konnte, ob die Person in ihre Richtung gewand stand oder nicht und hoffte, dass die Nacht ohne große Schwierigkeiten über die Bühne gehen würde. Als die Wolkendecke, die sich über Washington D.C. gelegt hatte, aufbrach, wurde das Gelände im silberhellen Mondenschein so stark erleuchtet, wie von einem Scheinwerfer. Und nach all dem, was sie bisher mit den Leuten von der Sternenflotte erlebt hatte, warf sie lieber noch einmal sicherheitshalber einen Blick auf die Lichtquelle – nicht, dass sie ein Raumschiff war, das zur Landung ansetzen würde.
 

Und selbst der Mond war nicht unbedingt ein Garant dafür, dass…

Der Mond nahm ab.

Eigentlich ist dies etwas, das im Zyklus der Erde und des sie begleitenden Trabanten, häufiger vorkommt, aber den geneigten Zuschauer würde eher der Fakt verblüffen, dass dieses Ereignis nicht über den Zeitraum von mehreren Tagen, sondern von einigen, wenigen Sekunden eintrat. Und als der Mond seine typische Sichelform angenommen hatte, metamorphierte das Bild zu einer fliegenden Untertasse, die erst um 90 Grad gekippt hoch am Himmel stand, dann „geradezog“ und zur Landung ansetzte. Die französischen Polizisten wären fassungslos gewesen, hätte Cruchot das alles nicht genau geplant.

„Ziva, konzentrier dich!“ , ermahnte sie sich selbst, aber sie stellte fest, dass sie es sich nicht verübeln konnte. Der Vergleich zu dem Klassiker „Louis unheimliche Begegnung mit den Ausserirdischen“ war einfach zu augenfällig.

Vielleicht sollte man die Xindi auch mit Wasser gießen? Sie konnte sich nicht helfen, ein amüsiertes Lächeln lief über ihre Lippen. Gerade sie, sie die sie Tony immer für seine Filmreferenzen aufzug, fand für die Situation eine eben solche.
 

„Ziva!“, hörte sie die Stimme Gibbs, „Wir gehen rein.“

Die Israeli ließ ihr Funkgerät einmal kurz knacken, Zeichen, dass sie verstanden hatte, und wartete dann ab, die Person im oberen Stockwerk im Auge behaltend.

Plötzlich schien Bewegung und Leben in sie zu kommen, denn sie wandte sich um…

Ziva legte an, zielte und drückte ab.

Das Geräusch des Schusses wurde durch den Schalldämpfer auf ein Minimum reduziert und sie atmete tief durch, stellte Kontakt zu Gibbs her: „Person getroffen.“

Sie musste ein paar Sekunden warten, bis die Antwort ihres Chefs aus dem Funkgerät erklang: „Ziel gefunden.“

Pause.

„Ziva? Weißt Du, wen Du da gerade getroffen hast?“

Was sollte die Frage, woher sollte sie das wissen? Es war ja nun nicht so, als ob…

„Danke für den Treffer in den Rücken, Zivalein“, erklang die Stimme Cals, „Wenn ich keine Schusssichere Weste angehabt hätte, hätte das übel enden können.“
 

Sie wusste nicht, ob sie wütend oder amüsiert sein sollte, als sie das Gebäude von Mad Cow betrat und den Captain sah, der sie ein wenig mißgestimmt anblickte.

Und obwohl sie sich sicher war, dass Gibbs dies schon gefragt hatte, konnte sie sich nicht verkneifen, ihn anzublcken und zu fragen: „Wieso beamst Du Depp dich hier herunter, ohne uns bescheid zu sagen?“

Der Captain lächelte schief, zuckte mit den Schultern, verzog das Gesicht und schaute sie an: „Ich war mir sicher, Ihr würdet ‚nein’ sagen.“

„Und was machst Du hier?“, fragte sie hübsche Israeli. Cal lehnte sich zurück, betrachtete sie und zuckte erneut mit den Schultern.

„Nennt es ‚Amtshilfe’.“, erklärte er und stand auf: „Ich hab mir so gedacht, falls Traceless irgendwas mit Mad Cow Middleton Inc. zu tun hat, dann müssten wir hier doch auch was finden, oder nicht?“

Die Agentin blickte ihn an und rollte mit den Augen.

„Schlaukopf, was meinst Du, weswegen wir hier sind? Wir wollen Spuren finden.“

Das Lächeln, das über des Captains Gesicht lief, konnte man beinahe schon „Mit allem versöhnt“ nennen, als er sagte: „Na, da isses doch praktisch, dass ich mich runtergebeamt habe, oder?“

Ziva schaute ihm in die Augen und wusste instinktiv, dass es sinnlos sein würde, versuchen zu wollen, ihm das auszureden.

„Da musst du mit Gibbs sprechen.“

„Hat er schon.“, erklang die Stimme des Special Agents hinter ihr. Damit – er machte, wie üblich, nicht viele Worte – reichte die Ermittlerlegende dem Captain ein paar Latexhandschuhe und sagte nur knapp: „Überziehen, mitkommen.“

Ziva schloss zu ihrem Boss auf, schaute ihn an und legte den Kopf schief, ehe sie raunte: „Hältst Du das für klug, Gibbs? Ich meine, wir wissen, dass er ein…“

Ihre Bedenken wurden von einem laut-klatschenden Geräusch und einem gefluchten „AU, verdammt!“ seitens Cal unterbrochen. Die beiden Agenten wandten sich zu ihm um. Cal erwiderte ihren Blick, hob einen Handschuh und knurrte: „Dieses dumme Latex ist zurückgeschnackelt. Alles kein Problem.“

Ziva wandte sich an Gibbs, der mit den Augen rollte, in denen sie durchaus Amüsement erkennen konnte. Dann, mit gesenktem Kopf und ebensolcher Stimme wandte er sich an die Israeli: „Er ist Starfleetoffizier. Die haben doch Tricorder. Es würde mich wundern, wenn er nichts finden würde.“

Und Ziva musste zugeben, dass dies wieder absolut logisch war.
 

Sie waren eine knappe Stunde unterwegs, katalogisierten, fotografierten und kartografierten sämtliche Schnipsel, jedes Metallstück und das Gebiet als Solches. Unter ihnen – Captain Calvin Nathan Cat – seinen Tricorder aufgeklappt und etwas machend, das man am Besten als „Wild in der Gegend herumscannen“ bezeichnen könnte. Weniger prosaisch ausgedrückt, benutzte er zwar den Tricorder, schien aber keine großartige Ahnung von dem zu haben, was er tat. Irgendwann seufzte er, hob seine linke Hand zum Tricorder und betätigte ihn: „Cat an Silverbird?“

„Ja?“, gähnte es aus dem Kommunikator, „Wo bist Du?“

„Auf der Erde. Ich helfe gerade Gibbs und Konsorten, das Gelände von MadCow zu katalogisieren.“

„Spannend.“, erklang die Stimme der XO, was Cal und der ihn betrachtenden Ziva ein Lächeln entlockte, „Was möchtest Du?“

„Wenn Du dich anziehen könntest und auch runterbeamtest, wäre das sehr nett von dir.“, erklärte ihr Kommandant der hübschen Rothaarigen und in diesem Moment geschah wieder etwas, das zwar eine realistische Wiedergabe der Geschehnisse ist, aber inhaltlich nichts miteinander zu tun hat.

Der Kommandant fragte die XO, ob sie herunterbeamen wollte und Tony sprach Ziva an.

Kurz schüttelte die hübsche Israeli den Kopf, schaute dann zu ihrem Lieblings-DiNozzo und fragte: „Bitte? Tschuldigung, ich – war gerade ein wenig weggetreten.“

Tony trat neben sie, stellte sich so, dass er sehen konnte was sie sah und wandte sich dann ihr zu: „Wenn du nicht schätzt, wie viel Trümmer es noch zu katalogisieren gibt, würde ich vermuten, dass Du Cal gemustert hast. Und wenn ich schnell zu Eifersuchtsausbrüchen neigen würde, wäre ich jetzt sehr geknickt.“

Die Israeli wandte sich um und tat das, was ihr Herz ihr in diesem Moment befahl.

Sie griff den einen Kopf größeren DiNozzo, presste ihn an sich und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. Als sie ihn losließ, schaute er sie baff an und sie grinste. „Soviel dazu, DiNozzo.“

Dann wandte sie sich wieder Cal zu, legte den Kopf schief und betrachtete den Offizier.

Irgendwie…

Sie schaute wieder zu ihrem Freund, bedeutete ihm, näher zu kommen und flüsterte ihm ins Ohr: „Sag mal… ich bin mir nicht sicher, aber… hat Cal bisher nicht immer mit der rechten Hand den Kommunikator betätigt?“

„So genau hab ich mir meinen Nebenbuhler aus der Zukunft nicht angeschaut.“, grinste der Angesprochene leise und küsste sie, „Aber wieso fragst du?“

Die Israeli legte den Kopf schief: „Jetzt hat er gerade mit der linken Hand das Schiff gerufen.“

„Vielleicht ist er Beidhänder“, schaute DiNozzo sie an, doch sie wussten beide, dass dies lediglich eine Mutmaßung war.
 

„Behalt mich im Auge.“

Mit dieser Anordnung wandte sich Ziva von Tony ab, das leise „Immer gerne“ hörte sie sie und grinste, doch sie fing sich wieder und trat, mit hinter dem Rücken verschränkten Händen auf den Captain zu.

„Hey.“, machte sie und Cal, der sich wieder in die Tricorderaufzeichnungen vertieft hatte, hob den Kopf und den Blick, ihr „Hey“ mit einem überraschten „Ziva, Hi“, beantwortend.

Dann blickte er zu Tony, lächelte freundlich und schaute wieder zu ihr: „Mach kein so nettes Gesicht, Ziva. Sonst denkt dein Freund noch, wir hätten was miteinander.“

Das war ja mal wieder typisch. Einerseits typisch Mann – vermutlich Erpelgebahren – andererseits einfach nur typisch Cal. Ziva konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, das sich in ein lauthalses Lachen verstärkte, ehe sie mit den Schultern zuckte: „Tut er doch sowieso schon.“

„Echt?“, fragte der Captain und schaute wieder zu Tony: „Hey, DiNozzo – keine Sorge. Da ist nichts.“

Wenn Ziva je das Bedürfnis dazu verspürt hatte, sich die flache Hand vor das Gesicht zu schlagen, und zwar so laut, dass es klatschte, dann jetzt. Der Mann konnte wirklich peinlich sein.

„Dann ist ja gut!“, antwortete DiNozzo und er klang erleichtert – waren eigentlich alle Männer bescheuert?

Kurz warf sie einen Blick zu Tim, der seine Arbeit eingestellt hatte und sie anstarrte und sie konnte sich das lateinische „Et tu, Timmy“ gedanklich nicht verkneifen – wenngleich das Originalzitat natürlich „Et tu, Brutus“ lautete.

Na klasse.

Allein diese Situation verwirrte sie kurzzeitig, sodass sie sich fragen musste, weswegen sie eigentlich zu Cal gegangen war.

Verdammt, wenn dieser Mann sie so verwirren konnte, ohne sie großartig zu kennen, durch was für ein mentales Martyrium musste dann erst Agatha gehen?

Dann fiel es ihr wieder ein.

Agatha, Traceless, natürlich.
 

„Sag mal, mit welcher Hand arbeitest Du eigentlich am Meisten?“, fragte sie rundheraus und sie wusste, dass man, wenn Cal wirklich Cal war, mit Trickfragen sowieso nicht weiterkam. Nicht, weil er zu gewieft wäre, diese zu beantworten – sondern eher weil er sich in endlosen Vorträgen verrennen würde.

Der Captain blickte sie kurz verdattert an, zuckte dann mit den Schultern und sagte „Ich bin Beidhänder.“

Gut, das würde natürlich erklären, warum Cal einmal mit Rechts und dann mit Links den Kommunikator bediente – so er denn die Wahrheit sagte.

Und kaum, dass sie die Erkenntnis getroffen hatte, das sie keine Erkenntnis getroffen hatte, schimmerte neben ihr die Luft und eine miesgelaunte Agatha Silverbird erschien aus den sich vorher gebildeten Umrissen des Transportereffektes.

„Sag mal“, fing sie an, ohne Ziva zu beachten, „Geht es dir zu gut? Ich meine – in aller Herrgottsfrühe abhauen, um hier unten mitzuhelfen?“

Der Captain schenkte ihr ein ehrlich-bedauerndes-verheihungheischendes Lächeln, ehe er sich an Ziva wandte: „Du musst sie verstehen, sie is ein Morgenmuffel.“

„Das geht die anderen doch überhaupt nix an, Cal.“, ereiferte die XO sich, was Ziva dazu brachte, sich zu räuspern: „Tschuldigung, aber – die Frage ist auch schnell vorbei.“

„Was?!“, fuhr die XO zu ihr herum, so schnell dass die Mossadkriegerin für eine Nanosekunde den Kampf-oder-Flucht-Reflexen ausgesetzt war, die sie sich antrainiert hatte. Mit einem freundlichen Lächeln schaute sie die hübsche Rothaarige an, die sich durch die Haare fuhr und dann ebenfalls freundlich lächelte: „Entschudigung, ich – Cal hat recht, ich bin wirklich nicht unbedingt eine Morning-person.“

„Das ist doch kein Problem.“, sagte Ziva und trat näher an die XO heran, um ihr ins Ohr zu flüstern: „Ist dein Freund eigentlich Beidhänder?“

Agatha Silverbird schaute die NCIS-Special-Agentin kurz verblüfft an und nickte dann: „Ja, wieso?“

„Ach – nicht weiter…“

Weiter sollte sie nicht kommen.
 

Plötzlich wurde das komplette Areal von einem weißen, grellen Licht erhellt, das so schnell wieder verschwunden war, wie es aufgetaucht war.

Mitten im untersuchten Gebiet stand plötzlich, wie aus dem Boden gewachsen ein Mann, betrachtete die Gruppe und verzog das Gesicht zu einem fiesen Lächeln.

Ziva wollte ihre Waffe ziehen, doch sie merkte, wie ihr Körper ihr nicht mehr gehorchte. Die Menschen, die sie im Blickfeld hatten, schienen ebenfalls vollkommen erstarrt zu sein und sie spürte, wie sich eine unglaubliche Müdigkeit ausbreitete.

Es war ein anstrengender Tag gewesen und sie wollte schlafen aber … sie durfte nicht.

Dieser Mann, der dort stand, mit diesem fiesen Lächeln auf den Lippen, sie hatte das Gefühl ihn einerseits zu kennen und andererseits zu wissen , dass er mit dieser ganzen Sache zu tun hatte.

Dann, als ob er der einzige Mensch auf dem Planeten wäre, ging er mit einer Langsamkeit über den Platz die schon fast überheblich wirkte. Er griff ein Eisenrohr, stellte sich vor eine Mülltonne und hieb auf sie ein.

Vier Mal.

In einem bestimmten Vierer-Rhythmus, als habe er etwas zu sagen. Dann blickte er zu ihr herüber, lächelte und war so schnell verschwunden, wie er erschienen war.

Zivas Körper ergab sich der Müdigkeit.
 

Als das grelle Sonnenlicht in ihre Augen fiel, richtete sich Agatha Silverbird stöhnend auf. Ihr Kopf dröhnte und trommelte und sie hatte das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Was hatte sie da getroffen?

Verblüfft richtete sie sich auf, schaute sich um, sah in die eisblauen Augen Leroy Jethro Gibbs der – natürlich, was sonst – schon auf den Beinen war und Schadensinventur betrieb.

Sie zog ihre langen Beine an ihren Körper, streckte sich dann, ehe sie aufstand und mit gemessenen Schritten zum Chef des NCIS Major Response Teams trat. Ihre Kopfschmerzen wurden von Sekunde zu Sekunde besser und als sie Gibbs erreicht hatte, waren sie letzendlich ganz verschwunden.

Sie blickte ihn an, konnte feststellen, dass er auch bis gerade eben unter einer Art Migräne gelitten hatte und seufzte, als sie die unausgesprochene Frage in seinen Augen sah.

„Ich weiß auch nicht, was das wieder war.“, erklärte sie, zuckte mit den Schultern und stemmte, mit einem Durchschnaufen, die Hände in die Hüften. Sich umblickend, nahm sie jeden Zentimeter mit ihren grünen Augen auf und hoffte, irgendetwas zu finden.

Ihr Blick schweifte umher – die meisten der Anwesenden lagen noch auf dem Boden, fanden erst langsam in die Realität zurück und rappelten sich hoch. Als er die eher fahrigen Bewegungen bemerkte, mit denen Ziva sich aufzurichten versuchte, trat sie auf sie zu und half ihr, sich hinzusetzen.

„Die Kopfschmerzen sind gleich vorbei.“, sagte sie ihr leise, damit sich die Pain nicht intensivierte. Ziva wandte ihr den Kopf zu und in ihren braunen Augen stand wilde Entschlossenheit. Sie stand auf, taumelte einen Schritt nach hinten, doch fing sich, ehe Agatha etwas tun konnte.

Ihren Blick in den der XO bohrend, zischte sie ein „Mir geht es gut“, ehe sie sich ebenfalls umblickte.

Die Wut konnte Agatha verstehen. Schließlich war Ziva eine sehr starke, unabhängige Frau und wollte nicht darauf angewiesen sein, dass man ihr half. Und was ihre Wut schürte, hielt sie wach. Mit einem sanften Lächeln trat die erste Offizierin der Dragonfly auf die israelische Ex-Attentäterin und nun-NCIS-Agentin zu und legte ihr sanft eine Hand auf die Schulter.

„Hey.“, machte sie nur und Ziva schaute sie an. Die Wut verschwand, wie Agatha erleichtert feststellte, und machte der Ratio, dem Verstand, Platz: „Okay, was ist gerade passiert?“

Diese Frage, in Zivas berühmtem, sanften Duktus gestellt, veranlasste die XO mit den Schultern zu zucken.

„Frag mich was Leichteres“, sagte sie und machte eine allumfassende Geste, die dem Ort galt, an dem sie sich befanden – der Ruine von Mad Cow Middleton Inc. , „Ich weiß nur, dass dieser Typ hier erschienen ist, vier mal auf eine Mülltonne geklopft hat und uns dann ausschaltete. Warum, weswegen? Keine Ahnung.“
 

Ziva schaute sie an, lächelte, wenngleich Agatha ihr ansah, dass sie immer noch Schmerzen hatte: „Wenn wir bei Doctor Who wären, würde ich sagen, es wäre ‚The Master’ in seiner letzten Regeneration, bevor er sich gegen die Timelords stellte. Du weißt doch ‚He will knock four times.’.“

Ja, das war tatsächlich die idiotischste Annahme, die man je getroffen hatte. Gerade die Charaktere aus Doctor Who sollten real sein.

Ziva konnte sich ein weiteres Lächeln nicht verkneifen, merkte aber dann, wie Agatha dreinblickte, als sei ihr plötzlich übel geworden.
 

„Nicht real.“, hauchte sie und schaute die hübsche Israeli an, die ihren Blick verblüfft erwiderte: „Bitte?“

Kopfschüttelnd schien sich die XO wieder in die Realität zurückzufinden, fing und verlor sich wieder in Gedanken, schaute in Zivas Augen, um einen Anker zu haben, an den sie sich klammern konnte und riss sich wieder mit einem mentalen Ruck in die Realität zurück. „Ich…“, setzte sie an, atmete dann tief durch und lächelte: „Ja, wenn wir bei Doctor Who wären, würde ich auch sagen, es wäre ‚The Master’. Aber – der Doktor ist ja nur eine Fernsehfigur.“

„Darf ich darauf hinweisen, dass man das auch von Captain Kirk denkt?“, lächelte Ziva und wandte kurz ihren Blick ab, um Tony zu sehen, der sich gerade aufrappelte: „Ich muss mich mal kurz um meinen tapferen Krieger kümmern.“

Damit wandte sie sich komplett ab, ging los. Agatha blickte hinter ihr her, murmelte noch ein „Ja, tu das mal.“ und wandte sich in die andere Richtung, um die Ruinen weiter zu erforschen.
 

Das Lederhosen. One size fits all.

Wieso Tony gerade diesen Gedanken hatte, als er wieder zu sich kam, dürfte jeder Fan für sich selbst beantworten, verblüfft von dieser Tatsache war selbst er. Er blickte in die unglaublich braunen Augen seiner Freundin – dachte er wirklich schon in solchen Langzeitterminologien? Wer wusste, was die Zukunft brachte? Andererseits: Sie war definitiv mehr als nur ein One Night Stand. – und sofort erinnerte er sich an das Geschenk, das er ihr aus Düsseldorf mitgebracht hatte. Eine Lederhose. So im Nachhinein betrachtet war dies eventuell nicht unbedingt eine clevere Investition gewesen, vor allem, wenn man bedachte, dass Ziva sie genau ein mal und dann nie wieder getragen hatte.

„Wenn wir nochmal nach Düsseldorf müssen“, murmelte er und schaute ihr in diese ihn hypnotisierenden braunen Augen, „dann nehm ich dich mit. Wir flanieren die Immermannstraße herunter, schauen uns den Rhein an, die Königsallee, gehen in einem kleinen Eiscafé essen, und genießen die Ruhe weitab vom Trubel auf…“

Ziva blickte ihn verblüfft an, half ihm hoch und schüttelte amüsiert den Kopf: „Ich glaube, diese Betäubung hat dich ziemlich mitgenommen, was?“

Innerlich seufzte er – da machte man der Frau mal ein Angebot, mit ihr in ein fernes Land zu reisen… und dann sowas. Aber als er sah, wie um ihre Mundwinkel ein verräterisches Zucken Gestalt annahm, konnte er nicht anders, als zu lächeln.

„Du weißt, was ich meine.“, sagte er und rappelte sich auf, sich umblickend, „Sag mal, hast Du eine Ahnung, was passiert ist?“
 

„Nicht die Geringste. Ein Typ ist aufgetaucht, schlug gegen eine Mülltonne und betäubte uns. Warum, wieso, weswegen – keine Ahnung.“

Kaum, dass sie dies gesagt hatte, musste sie grinsen. Hatte nicht Agatha Silverbird die Situation so beschrieben? Entweder wurden sie dazu konditioniert, genau so zu antworten, oder aber sie waren einander ähnlich.

„Und was machen wir nun?“, fragte Tony und wandte sich um, als er neben sich eine Bewegung wahrnahm. Gibbs war aufgetaucht und schaute ihn durchdringend an. Mehr benötigte er nicht, wandte sich wieder um und machte sich an die Arbeit. Und irgendwie hatte Tony das Gefühl, als würde es seinem Fortkommen im NCIS nachhaltig schaden, wenn er sich nicht ebenfalls an die Arbeit machte – wenngleich er keinen Schimmer hatte, was genau sie überhaupt suchten.
 

„Okay“, richtete sich in diesem Moment Cal auf und hielt sich den Hinterkopf, „Dieser Satz ist sowas von Klischee, aber ‚AU meine Birne. Hat einer mal ein Asperin?’“

Damit wuchtete er sich in die Stehende, schaute die arbeitenden NCIS-Agenten fragend an, blickte sich dann um und schüttelte den Kopf. „Lasst mich raten – keiner hat sich den Typen genauer angesehen oder einen Hauch eines Schattens eines Schimmers einer Ahnung, warum zum Frell er uns betäubt hat, korrekt?“

Ziva schüttelte den Kopf. Es war so klar, dass Cal diese Fragen stellen würde und so klar, dass er sie in diesem Duktus stellte, dass sie weder überrascht, noch amüsiert war.

Dann schaute sie ihn an, legte den Kopf schief und trat auf ihn zu: „Aber ich hab so eine ungefähre Ahnung, dass Du es wissen könntest, oder?“

„Wieso?“, fragte der Captain, „Weil er sich materialisiert hat? Das können viele.“

„Aber nicht so viele, die genau hier etwas machen wollen würden, oder?“, trat nun auch Gibbs auf den Captain zu, der ihn verblüfft anblickte und dann mit den Schultern zuckte.

„Fragt mich was leichteres. Nur, weil ich Starfleet-Offizier bin, muss ich mich noch lange nicht mit allem, was da beamt und“, er machte eine Pause, überlegte und setzte fort, „was da beamt und beamt auskennen.“

Erneut legte er eine Pause ein, als lausche er seinen eigenen Worten und zog eine Grimasse: „Naja, ich wollte eigentlich einen Sternenflottengag auf ‚was da grünt und blüht’ oder ‚was da kreucht und fleucht’ machen, aber… irgendwie ist das schwierig. Und wie sagte schon der Joker?“

„Wenn Du einen Witz erklären musst, ist er nicht mehr witzig.“, schoss McGee dazwischen und trat ebenfalls auf den Captain zu. Dieser schaute die drei Personen, die vor ihm standen, an, schluckte unbehaglich: „L… langsam komm ich mir eingekesselt vor.“

Er wandte sich um, doch sein Weg wurde von Tony versperrt. Seufzend wandte sich der Captain, mit hängenden Schultern, zu Gibbs um, und hielt ihm die Hand hin. „Hier, schneid rein – ihr scheint wieder zu glauben, dass ich Traceless bin, also bitte. Ich meine, ich bin es nicht, aber bitte, tu dir keinen Zwang… AU!“

Der letzte Laut des Protestes entronn des Captains Kehle, weil Ziva seine Hand genommen hatte und mit ihrem Taschenmesser einen kleinen Stich in die Fingerbeere durchführte.

„Hey!“, machte Cal dann, pustete auf die Wunde und wedelte mit der Hand herum.

Ziva rollte mit den Augen: „Sei kein Baby, Cal.“

Das wirkte.

Der Captain seufzte, straffte die Gestalt und schaute in die Runde: „So, da wir nun sicher sind, dass ich ich bin, dürfte ich doch wohl wieder mithelfen, oder?“

Gibbs betrachtete die Hand mißtrauisch, nahm das Taschenmesser Zivas, unterzog das Blut, das auf der Klinge zu sehen war, einer strengen Prüfung, blickte dann zum Captain und nickte.

Dann machte er Platz, ließ den Captain passieren und wandte sich dann an Ziva: „Gut gemacht.“

„Danke.“, lächelte sie, nahm das Messer, wischte das Blut ab und stach sich selbst ebenfalls in die Fingerbeere: „Nur, damit ihr nicht auf die Idee kommt, ich könnte Traceless sein.“
 

Einige Minuten später waren die Mitglieder des NCIS-Teams dabei, sich der Katalogisierung des ehemaligen „Mad Cow Middleton Inc“-Hauptquartieres zu widmen, mussten jedoch nach einer weiteren Suchaktion von ein-einhalb Stunden die Angelegenheit abbrechen. Sie hatten jeden Stein mindestens drei Mal umgedreht, jedes Büro zwei Mal durchsucht und einfach nichts gefunden, das merkwürdig, ausserirdisch oder einfach nur fremd wirkte. Offenbar hatten die Xindi ihre ganze Technologie zwischen ihren beiden Besuchen entfernt.

Leroy Jethro Gibbs schien weniger überrascht, ließ sich in einem Büro auf einem der übrig gebliebenen Büro-Drehstühle nieder und blickte sein Team an.

„Geht nach Hause.“, sagte er knapp, in einem Duktus, der ziemlich erschöpft klang, „Geht nach Hause und nehmt euch den Tag frei. Ich werde mit Vance darüber reden.“

Zwar war die Rede ihres Chefs ein wenig ungewohnt, allerdings musste auch Ziva eingestehen, dass sie trotz der Betäubung und des Faktes, dass sie vermutlich eine Stunde geschlafen hatte, ziemlich müde war und einfach nicht mehr in der Lage großartig etwas zu leisten. In den Augen ihrer Gefährten sah sie die selbe Abgekämpftheit und auch in Gibbs Augen spiegelte sie sich wieder. Vermutlich war ihr Chef einfach nur zu müde. Warum sollte man ihm also einen Strick aus einem leicht charakterfremden Verhalten drehen?

Sie hatte sich so sehr mit den Gedanken beschäftigt, dass sie gar nicht bemerkt hatte, dass sie, ausser Gibbs, die letzte Person war, die sich im Büro befand.

„Kann ich Dir helfen, Ziva?“, fragte er und sie schaute ihn an. Irgendwas musste er in ihren Augen gesehen haben, denn er zog sein Taschenmesser, schnitt sich in die Hand und ließ das Blut auf den Tisch tropfen.

„Zufrieden, Agent David?“

Die Ironie in seiner Stimme war mehr als deutlich und so nickte sie, lächelte erleichtert und wandte sich zum gehen um, als sie über sich ein Geräusch wahrnahm. Einen Schuss. Befand sich noch jemand im Gebäude?

Sie warf einen Blick zu ihrem Boss, der mit einem „Ich habs auch gehört, Ziva“ auf den Beinen war und mit gezogener Waffe losstürmte.
 

Das Treppenhaus nahmen sie mit einer geschätzten Geschwindigkeit von 50 km/h – in der Realität definitiv weniger – und erreichten das Büro, das über dem lag, in dem die Konferenz stattgefunden hatte. Die Tür war offen.

Gibbs und Ziva blickten einander an – sie hatte es geschafft, die letzten Kraftreserven zu mobilisieren, fragte sich aber, wer sie gleich nach Hause tragen würde – wenn wenn sie noch einmal eine solche Tour de Force durchmachen müsste, würde sie im Korridor nach Luft japsend zusammenbrechen. Und sie konnte sehen, dass ihr Chef genau so litt.

Einander zunickend zogen sie ihre Waffen, bezogen Position und dann trat Gibbs mit voller Wucht die Tür ein. Holz splitterte, als das Türblatt brach und die Tür als gesamte einfach zu Boden fiel.

„KEINE BEWEGUNG!“, bellte der Special Agent, als er ein Wimmern aus der hintersten Ecke des Büros hörte. Sie traten näher und als in diesem Moment die Sonne aufging, schickte sie einen goldenen Lichtstrahl durch das Fenster, wie ein Spotlight, auf die beiden Personen, die sich an das Fenster gekauert hatten.

In seinem Schoß hielt Calvin Nathan Cat den reg- und leblosen Körper Agatha Silverbirds. Die Hände des Captains waren rot vor Blut.

Während Gibbs die Waffe auf das Gesicht des Captains richtete, trat Ziva an ihn heran und ging neben ihm in die Knie.

„Hey, hörst Du mich, Cal?“, fragte sie und der wimmernde Offizier schien sie im ersten Moment nicht wahrzunehmen. Also fasste sie in ihre Gesäßtasche und förderte ein Feuerzeug zu Tage. Sie rauchte nicht, aber sie hatte immer eines am Mann – wer weiß, wofür es nützlich war, beispielsweise um Verdächtigen Feuer zu geben und somit eine entspanntere Atmosphäre heraufzubeschwören. Die gelbe Flamme zuckte vor Cals Gesicht hoch und der Offizier schien sie wahrzunehmen.

Befand er sich im Schock? Was war geschehen?

Mit der linken Hand tastete sie nach dem Puls der XO und stellte beruhigt fest, dass er vorhanden war.

„Was ist geschehen, Cal?“

Des Captains Kopf ruckte hoch, sein Blick irrlichterte, schien, nach irgendwas im Raum zu suchen, ehe er die Augen Zivas fand.

Beruhige dich. , dachte sie und versuchte, dem Offizier gerade diese Botschaft zu übermitteln. Sie ließ das Feuerzeug zuschnappen, tastete nach seinem Puls und stellte fest, dass er raste. Erneut ließ sie alle Anspannung aus ihrem Körper weichen, bedachte den Offizier mit einem sanften, beruhigenden Lächeln und ließ ihre Hand dann zu einem der neuralgischen Punkte seines Kopfes gleiten, der, wenn er gedrückt wurde, eine entspannende Wirkung haben sollte, so hatte es man ihr einst erzählt. Offenbar schien dies zu funktionieren, denn der Captain seufzte und sank in sich zusammen, ehe er die Augen aufschlug und Ziva mit einem Blick ansah, der verriet, dass er sich anscheinend entspannt hatte.
 

„Wow.“, lächelte er, „Danke. Was … was war das?“

„Nur etwas, das ich beim Mossad gelernt habe.“

Ziva erlaubte sich ebenfalls ein Lächeln, wenngleich sie hoffte, dass der Captain nicht merken würde, dass es mehr oder weniger gezwungen war: „Was ist passiert?“

Der Captain schaute sie an und begann zu erzählen.
 


 

Calvin Nathan Cat fühlte sich ein wenig unsicher. Es war nicht so, als könnte er deutlich benennen, was ihn störte, aber die ganze Atmosphäre schien … merkwürdig zu sein. Ob sich die Anderen auch so fühlten? Er wusste es nicht, er hatte nur dieses Gefühl, als seien sie noch lange nicht ausser Gefahr. Sein Puls raste, obwohl er gar nicht gerannt war und er konnte sich nicht helfen, er wollte verdammt sein, aber irgendwie hatte er nur den Gedanken, dass er beobachtet würde.

‚Ruhig’, sagte er zu sich, blieb stehen, schloss die Augen und versuchte, durch eine gezielte Atemübung, die man ihm auf der Akademie beigebracht hatte, die Anspannung zu verlieren, aber gerade als er stehen blieb, war es beinahe so, als würde ihm irgendetwas Unberührbares, irgendetwas so unendlich Böses, das sämtliche Galaxien erzitterten, in seinen Nacken kriechen. War die Entity wieder da?

Eigentlich konnte er sich das nicht vorstellen. Wenn das alles stimmte, was er gelesen hatte, war Linkara aus der Konfrontation als Sieger hervorgegangen. Aber, was, wenn es nicht stimmte.
 

Ziva hörte dem Offizier zu und unwillkürlich spannten sich alle Muskeln an. Der Gedanke, erneut diesem Wesen zu begegnen schien ihr nicht unbedingt erquickend.

„Und, war es die Entity?“, fragte sie und der Captain schaute sie aus diesen braunen Augen an, atmete tief durch und lächelte, ein wenig nervös: „Nein, es war viel Schlimmer. Lass mich zuende erzählen.“
 


 

Vielleicht irrte er sich ja auch, aber er ahnte, er fürchtete, dass etwas Schlimmes passieren würde. Erneut atmete er durch, legte den Kopf in den Nacken und schloss erneut die Augen. Dann betätigte er seinen Kommunikator.

„Cat an Silverbird?“

Eine beunruhigende Nanosekunde geschah nichts. Ihm war, als hörte er eine innere Stimme, die wie ein endlos murmelnder Fluss nur ein Wort in seinen Kopf brüllte:

RENN!

Verdammt, was war hier los? Wieso war er auf einmal so ängstlich?

Hatte es mit diesem Typen zu tun, der sie alle ausgeschaltet hatte? Eigentlich nicht, solchen Typen begegnete er dauernd – sie jagtem ihm doch keine Angst ein.

„Silverbird hier?“, erklang die samtweiche Stimme aus dem Tricorder, „Was gibt es?“

Er antwortete und während er sprach, konnte er nicht verhindern, dass seine Stimme immer schneller und sein Atem immer hektischer wurde: „Schatz, ich weiß nicht wieso, aber irgendwie beschleicht mich das verdammte Gefühl, dass wir hier RAUS SOLLTEN!“

Die letzten Worte schrie er sogar, was Agatha dazu veranlasste, ebenfalls zu schreien: „Bist du des Wahnsinns? Brüll mir nicht so ins Ohr.“

Er konnte nicht an diesem Ort bleiben, er musste sich bewegen. Je mehr er sich bewegte, desto geringer war die Gefahr, dass die Schatten ihn kriegten, die Schatten, die hier im Gebäude unterwegs waren und…

Eigentlich war es ja ganz logisch. Das Gebäude war leer und verlassen und ausserdem in einem Zustand, der mit „verwahrlost“ noch nett beschrieben wäre. In der Dunkelheit, die von draußen ins Gebäude fiel, nahmen harmlose Topfpflanzen unheimliche Ausmaße an und während er stehenblieb, merkte er, dass dies, was er jetzt empfand eigentlich nichts anderes war, als die Angst vor der Dunkelheit. Schließlich wusste niemand, was dort lauern konnte.

Ratten? Karkalaken? Aliens?

Dann hörte er ein Geräusch und wirbelte herum. Die Dunkelheit schien undurchdringlich – gut, dass er sich eine Taschenlampe mitgenommen hatte. Er schaltete sie ein und sie riss die Dunkelheit effektiv entzwei.

Erneut betätigte er seinen Kommunikator: „Cat an Silverbird?“

Stille.

„Cat an Silverbird? Melde dich, verdammt.“

Stille.

Dann ein Schrei: „HILFE!“

Es war die Stimme Agathas – und sie klang nicht so, als wolle sie ihn vergackeiern.

Mit aufgeklapptem Tricorder eilte er dorthin, wo das Scann-Gerät sagte, dass seine Freundin war, öffnete die Tür und sah die bewusstlose Agatha am Boden liegen. Über sie gebeugt… er selbst.

„Traceless.“, knurrte der Captain, schaute sich nach einer zu verwendenden Waffe um und fand einen Brieföffner, den man zurückgelassen hatte. Er hob das Ding auf, betrachtete es und wandte sich seinem Ebenbild zu, mit den Schultern zuckend: „Nicht viel, aber besser als nichts.“

Traceless ließ das Gesicht des Captains so süffisant grinsen, dass dem Originalinhaber des Gesichtes schlecht geworden wäre, und hob einen Bastardhänder.

„Vielleicht möchtest Du wissen, warum ich gerade diese Waffe gewählt habe?“, fragte er in einem Plauderton, bevor er in eine Verteidigungshaltung ging und das Schwert ein paar Mal hin und her schwang.

Der Captain warf einen Blick auf Agatha.

„Mich würde eher interessieren, was mit ihr ist.“

Der Verbrecher spuckte aus: „Kümmer dich nicht um sie. Sie ist nur bewusstlos. Du allerdings wirst gleich tot sein.“

„Oh, wie ich solche typischen Verbrecherreden liebe.“

Damit zog er die die Pistole, die er sich mit nach unten genommen hatte, legte auf Traceless an und feuerte. Dieser taumelte, in die Brust getroffen, gegen das Fenster. Cal riss die Waffe nochmal hoch, zielte erneut auf die Brust des Kriminellen und drückte ab: „Fahr zur Hölle, du Mistkerl.“
 

Der Captain seufzte, schaute zu Ziva und lächelte: „Deswegen ist auch das Fenster kaputt. Mich würde nicht wundern, wenn Traceless unten aufgespießt auf einen großen Metallpfeiler zu finden wäre.

Die hübsche Israeli bedachte den Captain mit einem mißtrauischen Blick.

„Klingt auf jeden Fall schon mal glaubwürdiger, als deine andere ‚Heldennummer’.“, erklärte sie, stand dann auf, sah zu Gibbs, der den Captain immer noch im Visier hatte und warf dann einen Blick aus dem Fenster.

„Nein, er ist dort nicht zu sehen.“, erklärte sie und Cal seufzte: „Vermutlich ist er wieder abgehauen.“

„Das erklärt übrigens nicht, warum Du gerade so gewimmert hast, als wir dich gefunden haben. Und auch nicht, warum deine Hände so blutbesudelt waren.“

Ein leises Stöhnen ließ den Captain stocken und er blickte zu der Frau, die er in den Armen hielt. „Lasst uns darüber später reden, ja?“, fragte er und wandte seine Aufmerksamkeit dann wieder Agatha zu. Diese runzelte kurz schläfrig die Stirn, schlug die Augen auf und schaute den Captain an: „Bist du mein Ritter oder mein Tod?“

Der Angesprochene zuckte mit den Schultern: „Du lebst noch, oder?“

„Glaub schon.“, sagte sie und küsste den Captain: „Danke, mein Ritter.“

Ziva räusperte sich: „Und was macht Dich sicher, dass dies nicht Traceless ist?“

„Hmmm“., machte Agatha und lächelte ihn an: „Darf ich es ausprobieren, Liebling?“

„Natürlich, mein Schatz.“, antwortete er, küsste sie und erschlaffte, als sie ihm etwas ins Ohr flüsterte.

Dann wandte sie sich an Ziva: „Er ist es.“

„Könnte er das nicht einfach spielen.“

„Wäre möglich, aber… ich bin gerade Mal im Zweifelsfalle für den Angeklagten.“, zwinkerte sie Ziva zu und rappelte sich hoch: „Übrigens, ich glaub, der Captain und ich wollen gleich nochmal mit Director Vance sprechen, wenn wir also gleich mitkommen könnten?“

Nun schaltete sich Gibbs ein: „Der Einzige, der heute ins Büro geht, bin ich.“

Die XO grinste.

„Das is ja klasse.“, sagte sie und wandte sich an Ziva: „Du, ich weiß, das ist komplett gegen das Raum-Zeit-Kontinuitäts-Gesetz aber, seit ich dich kennengelernt habe, wollte ich eine Sache mit Dir machen.“

„Und die wäre?“

„Wollen wir Shoppen gehen?“, grinste die XO und die Israeli schaute sie verblüfft an: „Ist das nicht zu sehr girlie-Klischee?“

„Eigentlich schon, aber – ich glaube dem Autor ist gerade keine bessere Möglichkeit eingefallen, uns einen Tag überspringen zu lassen.“
 

Am nächsten Tag

Ziva, Abby und Agatha kamen lächelnd aus dem Aufzug und betraten den Bullpen, wo die Herren der Schöpfung sie anblickten.

Cal hob eine Augenbraue, betrachtete seine XO von Kopf bis Fuß und schüttelte amüsiert grinsend den Kopf: „Habt ihr etwa den ganzen Tag verwendet, um Shoppen zu gehen?“

„Naja, wir haben uns noch einen schönen Mädels-Abend gegönnt. Das hab ich auf der Dragonfly zu selten.“, sagte Agatha und Cal verschluckte sich beinahe an den Konsonanten: „Zu Sel… Agatha, Gina und Jill sind vielleicht keine Mädels?“

Die XO trat auf ihn zu, küsste ihn und streichelte ihm sanft über den Kopf: „Das erkläre ich dir später. Nachdem ich dir gezeigt habe, was ich mir gekauft habe, bin ich sicher, Du wirst wollen dass ich mit Ziva und Abby öfter mal shoppen gehe.“

Cal räusperte sich: „Vorsicht, sonst werden wir Klischee. Ich würde es nicht gerne haben, wenn wir die Geschichte auf den letzten Metern tatsächlich mit Volldampf an die Wand fahren.“

„Ich übrigens auch nicht.“

Damit betrat Leon Vance den Bullpen, was Cal und Agatha dazu brachte, zu salutieren.

Der afroamerikanische Captain und NCIS-Director schaute die beiden an: „Rühren.“

Dann blickte er in die Runde.

„Das war eine sehr anstrengende Geschichte. Für alle von uns, wie ich anmerken möchte.“

Einer seiner viel gekauten Zahnstocher wanderte im Mund herum, bevor er ihn nahm und in den nächsten Mülleimer verfrachtete, um ihn durch einen neuen auszutauschen. Er wandte seinen Blick Gibbs zu, der ihn vollkommen ungerührt erwiderte.

‚Typisch’, dachte er sich, ‚Als ob sich der große Leroy Jethro Gibbs von so etwas wie ‚Offizieren aus der Zukunft’ beeindrucken lässt.’

„Ich habe auch gleich einen neuen Auftrag für Sie und ihr Team, Gibbs.“

Vance hatte das Gefühl, in den eisblauen Augen seines besten Agenten so etwas wie Amüsement aufleuchten zu sehen, als er in einem professionellen Tonfall, mit einem dennoch vorhandenen Unterton von Irionie, ein „Tatsächlich“ von sich gab.

„Ja.“, sagte Vance, förderte eine Akte zutage und übergab sie dem Grauhaarigen: „Angela Stone. Inoffiziell zurückgekehrt in ihre Zeit – offiziell tot. Sie sollen Spuren verwischen und die Ermittlungen in die Richtung führen, dass es tatsächlich ein Unfall war.“

Die Unterlippe des Chefermittlers zuckte verräterisch und Vance erkannte, dass Gibbs tatsächlich extrem amüsiert war: „Spuren verwischen? Das heißt, wir sollen einen Tatort verschleiern?“

„So in etwa.“, erklärte Vance, ehe er sich an Agatha und Cal wandte: „Und Sie, Captain und Commander, haben auch einen neuen Auftrag. Kehren Sie in Ihre Zeit zurück, nehmen sie Captain Angela Stone und die Leichen ihres Mannes, sowie von Ensign McConnaugh mit. Und dann wäre da noch etwas.“

Damit übergab er ihnen ein PADD, das der Captain studierte. Verwirrt blickte er auf.

„Sir?“, fragte er, „Lese ich das richtig? Kontakt?“

Vance nickte: „Ja – nach allen Anzeichen findet sich im Sternbild der Jagdhunde eine Intelligenz, die Signale aussendet. Fliegen Sie dort hin und nehmen Sie Kontakt auf.“

Nun war es am Captain, zu nicken. „Aye, Sir.“

Damit salutierte er.

Vance schaute ihn an, erwiderte den Salut, ehe er ihm die Hand reichte: „Schön, Sie mal kennen zu lernen, Captain Cat. Ich hätte es mir zwar weitaus weniger chaotisch gewünscht aber …“

„Wat willste machen?“, grinste der Captain und drückte angemessen fest zu.
 

Die Verabschiedung von Cal und Agatha verlief für Gibbs nach altem, bekanntem Zeremoniell. Es war eigentlich immer angenehm, zu wissen, dass sich manche Rituale auch in Zukunft nicht änderten. Er konnte die leichte Anspannung in Cal erkennen, als Agatha DiNozzo umarmte und ihm einen sanften Kuss auf die Wange hauchte, sah die leicht eifersüchtigen, aber sehr amüsierten Blicke als Ziva das selbe mit Cal tat, worauf der Offizier rot wie eine Tomate wurde und das beinahe schon schweinische Grinsen, als Agatha und Ziva sich umarmten.

So ließ er, einfach aus Gewohnheit, seine flache Hand auf den Hinterkopf seines besten Agenten klatschen. Er würde schon wissen, warum.

Kurz nickte er Cal und Agatha zu, folgte ihnen mit seinem Blick in den Fahrstuhl und kurz, bevor die Tür sich schloss, konnte er erkennen, wie ein blaues Leuchten die Kabine erfüllte.

Er blickte in die Runde, lächelte: „Also dann – ihr habt den Chef gehört. Ein Tatort will verunstaltet werden. Nehmt euer Zeug.“

Die verblüfften Blicke seiner Leute trafen ihn und er rollte kurz mit den Augen, ehe er nachdrücklich zu Tony starrte. Dieser nickte, griff nach seinem Rucksack. Ziva und McGee taten es ihm gleich und machten sich dann, ganz eingespieltes Team, auf den Weg zum Fahrstuhl.
 


 

Im Transporterraum der Dragonfly materialisierten Cal und Agatha. Sie lächelte, wandte sich an den Transporterchef: „Übrigens, ich habe noch zwei Tüten in Agent Davids Wohnung. Wenn sie diese kurz hochbeamen könnten?“

„Natürlich.“, erwiderte der Mann, betätigte die Konsole und keine zwei Sekunden später standen zwei vollbepackte Tüten auf der Transporterplattform.

Grinsend trat Commander Agatha Silverbird auf die Tragebehälter zu, hob sie an und blickte zu Cal: „Übrigens – wir haben da noch eine tolle Eisdiele gefunden. Zu der können wir auch mal gehen, wenn wir wieder da sind.“

Das Gesicht des Captains schien eher mäßig interessiert, also lächelte sie: „Die haben da übrigens ein ganz hervorragendes Erdbeerparfait.“

„Mhm“, machte der Captain, gab ihr das PADD und schaute sie an: „Übrigens interessante Lektüre.“

Dann schaute er sie an: „Was hast Du gerade gesagt?“

Sie ließ die Tüten sinken und verschränkte die Arme vor der Brust: „Wo ist er?“

„Bitte?“

„Der Captain. Ich habe gerade den Trigger genannt und – Du bist nicht Cal.“

Der Captain grinste, verschränkte seinerseits die Arme vor der Brust und legte den Kopf schief: „Tja, was soll ich sagen, Agatha. Rein theoretisch war ich schon ich, als

Cal mich aus dem Fenster geworfen hatte. Es muss wirklich schlimm für deinen

Liebsten sein, dass selbst die Frau, die Er liebt, nicht in der Lage war hinter den

Schönen Schein zu blicken. Sehr traurig, so was.“

„Du willst mir sagen, dass … das der Cal, mit dem ich auf dem Planeten war… nicht der echte gewesen ist?“

Traceless legte den Kopf schief: „Naja, eigentlich schon. Ich hab ihn ausgetauscht, als … warum erzähl ich dir das? Ich wollte eigentlich nur eines hier. Ich wollte Dir und Cal beweisen, dass ich nicht den Tod von Stone zu verantworten habe. Und… du warst mit Cal unten, aber – als er meinte, mich vorhin angreifen zu müssen, da war schluss mit lustig. Keine Sorge – du findest ihn in euerm Schlafzimmer.“

Dann lächelte er: „Aber danke für den Kuss. Der war wirklich … sanft.“

Damit betätigte er seinen Kommunikator drei mal und verschwand. Agatha blickte ihm hinterher, konnte sich ein angespanntes Grinsen nicht verkneifen, ehe sie zu ihrem Quartier eilte.

Wie von Traceless vorhergesagt, fand sie den Körper Cals im Schlafzimmer.

Sie ließ sich neben ihm nieder, schaute ihn an. Es könnte ja auch wieder eine Falle von Traceless sein, also räusperte sie sich, sodass Cal die Augen öffnete. Erst schien er sich nicht bewusst zu sein, wo er war, fuhr mit einem „AGATHA!“-Schrei hoch, doch als er die Frau neben sich erkannte, entspannte er sich – wenn auch nur kurz.

„Wer sagt mir, dass Du nicht Traceless bist?“, fragte er und sie grinste: „Gleichfalls.“

Der Captain seufzte, ließ sich ins Bett fallen und schaute sie an: „Juve?“

„Fantomas.“, grinste die XO und zuckte mit den Schultern: „Bringt uns aber nicht weiter.“

Nun war es am Captain zu grinsen. Er packte sie, zog sie zu sich und küsste sie: „Ich weiß nur, dass ich Traceless nie küssen würde.“

„Schöner Beweis.“, grinste sie, „Bringt dir aber nix. Genausowenig wie Erdbeerparfait.“

Cal schaute sie verblüfft an, ehe seine Augenlider zufielen und er erschlaffte.

„Vielleicht spielt er das auch nur?“, schoss es ihr duch den Kopf, ehe sie selbigen schüttelte: „Aber vielleicht finde ich das auch erst morgen heraus.“

Agatha blickte lächelnd auf den schlafenden Cal herab

Epilog

2379 – Ort: Utopia Planitia
 

Es war eigentlich ein sehr interessantes Gefühl, die Dragonfly von Aussen zu sehen, während man eine Cola trank. Die Aussichtsplattform der Utopia Planitia-Flottenwerft befähigte Captain Calvin Nathan Cat genau hierzu. Dem Glas Cola leistete dampfend eine Tasse Kaffee Gesellschaft, die zu der hübschen Rothaarigen gehörte, die neben ihm saß und die Reparaturen an der Dragonfly betrachtete.

„Das ist jetzt unser vierter Aufenthalt hier.“, grinste die XO wie eine Raubkatze, „Aber ich glaube nicht, dass wir schon mal soviel hatten reparieren müssen.“

Der Captain zuckte mit den Schultern: „Wir sind auch noch nie so häufig gegen die Goa’uld vorgegangen.“

„Wobei du das Schiff einmal gesprengt hast.“, schoss die XO zurück und Cal nickte: „Stimmt ja gar nicht. Das war Sachmet.“

Dann trank er einen Schluck und schaute nachdenklich auf das Schiff: „Meinst du – wir treffen sie wieder?“

„Sachmet?“, fragte die XO zurück und Cal schüttelte den Kopf: „Quatsch. SG-1 oder das NCIS-Team.“

Commander Agatha Silverbird zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung. Das Universum ist ja groß und unser Abenteuer hat doch gerade erst begonnen. Es würde mich nicht wundern, wenn wir eines Tages mal wieder mit ihnen zu tun bekommen würden.“

Damit beugte sie sich vor und küsste ihn: „Aber vorher sollten wir erstmal unsere neue Mission in Angriff nehmen. Du weißt doch – der Kontakt in den Jagdhunden.“

„Ich persönlich“, seufzte Cal, „wäre ja mal froh, wenn es eine ruhige, entspannende Mission wäre.“

Agatha grinste: „In welcher Welt lebst Du denn, Cal? Das wird sicherlich genau so eine haarsträubende Sache, wie die letzte.“

„Wir werden sehen“, zuckte der Captain mit den Schultern, „Wir werden sehen.“

Damit griff er zur Cola und trank erneut einen Schluck.

Was würde sie wohl da draußen erwarten? Wer wusste das schon?

Aber eines war klar – sie würden kühn dort hingehen, wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist.
 

ENDE – Captain Cat and his crew will return in „Spiegelungen“



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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von:  Shini_Holmes
2011-07-31T18:24:02+00:00 31.07.2011 20:24
Wenn Shini sagt, sie hat es nicht vergessen, dann hält sie sich auch dran :)
Trotz Verspätung konnte ich dann doch das erste Kapitel lesen und ich muss wirklich sagen, dass es spannend ist! Obwohl ich keine Ahnung von den Personen habe, muss ich sagen, dass du einen groben Einblick in die Charaktere gegeben hast, sodass auch Nichtkenner der Serie halbwegs mitkommen^^ Da kann ich dich nur loben!
Was den Fall anbelangt: Ich muss schon sagen, dass es sicherlich interessant wird!
Bevor ich es vergesse, muss ich noch deine Einleitung loben, die wirklich gelungen ist! Ich mag es ohnehin, wenn Einleitungen nicht direkt auf das direkte Geschehen verweisen :)
Also ich kann nur sagen, dass das Kapitel stilistisch und auch von der Idee her sehr gut geworden ist!
Weiter so^^
Von:  Shini_Holmes
2011-05-29T17:10:55+00:00 29.05.2011 19:10
Obwohl ich keine Ahnung von der Serie habe, hat es mir großen Spaß gemacht, das Kapitel zu lesen!
Der Anfang war so gut, dass ich nicht aufhören konnte, zu lesen... wirklich, großes Lob! Das war große Klasse :)
Die Beschreibungen gefielen mir sehr gut und der Spannungsfaktor kam auch nicht zu kurz.
Also ich muss sagen, dass ich nichts zu kritisieren habe nur loben kann ich :) Hat großen Spaß gemacht, das zu lesen und ich hoffe, es bleibt weiterhin so spannend.
Super Schreibstil :)
Weiter so!
Von:  Pacey
2010-05-24T23:17:27+00:00 25.05.2010 01:17
Echt Super Kap Calvin^^
Ich bin schon mordgespannt wie es weiter geht^^
Von: abgemeldet
2010-05-24T22:17:49+00:00 25.05.2010 00:17
Interessant!Aber ich muss warten!Ich will wissen wie es weitergeht.....


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