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Verirrt im Herzen

Wenn eine Frau nicht weiß, wen sie lieben soll
von

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Chapter 1

Es war ein kühler Tag im Januar. Schnee bedeckte die Landschaft des Aikawa-Stützpunktes in Arambesia. In einem kleinen Haus saßen Hua und ihre große Schwester Esferanda, welche nach gut einem Jahr wieder zu Besuch kam. Sie saßen auf dem Sofa und tranken zusammen Tee. „Wie lange dauert es noch?“ „Noch ungefähr drei Monate.“, sagte Hua mit einem sanften Lächeln und strich über ihren Bauch. Kurz rümpfte die Ältere die Nase und nahm einen Schluck von ihrem Tee. Man merkte ihr an, dass ihr das, was sich ihr gerade bot, gar und gar nicht passte. In diesem einen Jahr war anscheinend viel passiert, so, wie sie es deuten konnte: Hua hatte jemanden kennen gelernt, der ihr dieses Geschenk gemacht hatte. Adrian war sein Name. Er war ein gutaussehender, junger Mann, 19 Jahre alt und somit nur ein Jahr älter als sie selbst. „Wie lange habt ihr euch gekannt, als ‚das‘ passiert ist?“, erkundigte sich Esferanda, und man konnte deutlich die angewiderte Art in ihrer Stimme heraus hören. Etwas verdrehte die jüngere der Beiden die Augen und seufzte auf. War klar, dass ihr das nicht passen würde, das war einfach so typisch für Esferanda! „Ungefähr zwei Monate.“ Kurz nippte Hua von ihrem Tee und beobachtete die Braunhaarige mit ihren blaugrünen Augen genauestens. Bestimmt würde sie ihr wieder eine Predigt halten, dass das viel zu früh ist und es gar nicht sicher ist, ob er wirklich bei ihr bleiben würde, schließlich denken Männer doch nur an das Eine und sind Kompass gesteuert. „Zwei Monate? Bist du denn von guten Geistern, Hua?“ Mit einem lauten Klirren hatte die Tasse ihrer Schwester wieder ihren Platz auf dem Tisch gefunden. „Es ist schon schlimm genug, dass es ein uneheliches Kind ist, aber dass du schon nach zwei Monaten mit ihm in die Kiste steigst? Was hast du dir dabei gedacht?“ „Es kann dir doch völlig egal sein, was ich mache und was nicht, oder? Es ist mein Leben. Ich bestimme selbst, was ich damit mache und was nicht!“ „Na und? Ich habe unseren Eltern versprochen, dass ich auf dich aufpassen werde und dich vor jeglichen Origen fernhalten werde, bis du 20 bist. Du weißt genau, dass du erst in den heiligen Bund der Ehe eintreten musst, bevor du dir so etwas erlauben kannst!“ Schnell stand die ältere Schwester auf und setzte sich zu der kleineren, packte sie an den Schultern und drehte sie so, dass ihr nichts anderes übrig blieb, als sie anzuschauen. „Ich dulde nicht, dass du das Kind behalten wirst. Gleich nach der Geburt wirst du es her-“ Nun wurde es Hua aber zu bunt. Was bildete sich Esferanda überhaupt ein? Klar, sie war ihre große Schwester, aber das war noch lange kein Grund, dass sie über ihr Leben bestimmen konnte. Unsanft packte sie die Ältere an den Handgelenken und drückte sie so von sich weg. „Ich werde gar nichts machen, verstanden?“, fauchte die Braunhaarige bedrohlich und ihre Augen funkelten böse ihre Schwester an. „Es ist mir egal, ob es unehelich ist oder nicht! Ich will es. Ich will das Kind! Verdammt nochmal, Esferanda, halte dich aus meinen Angelegenheiten raus! Ich bin kein verdammtes Kleinkind mehr. Ich bin erwachsen… und will mein Leben so leben, wie ich es will!“ Es war nicht gut, dass sie sich so aufregte, nicht für sie und auch nicht für das Baby. Kurz verkrampfte sie ihre Hände, als ein kurzer, stechender Schmerz durch ihren Unterleib ging, ließ sich aber nichts anmerken. Hua ließ die Handgelenke von Esferanda wieder los und wandte den Blick ab. „Bitte verlasse sofort mein Haus.“ Erzürnt über das Verhalten der jungen Frau stand Esferanda auf und holte ihren Mantel. „Bitte. Es ist dein Leben. Komm aber nicht verheult angelaufen und suche Trost bei mir.“ Sie zog ihren Mantel zu Recht und ging zu der Haustüre. Sie umfasste die Türklinke und drückte diese nach unten. Kurz blieb sie noch einmal stehen und warf einen mahnenden Blick zu der Jüngeren. „Ich bin enttäuscht von dir, Hua. Nie hätte ich gedacht, dass meine eigene Schwester zu einer Dirne wird.“ Und schon war die Tür ins Schloss gefallen. Nun herrschte Stille. Starr blickte Hua auf die gegenüberliegende Wand. Ihre Hände hatte sie zu Fäusten geballt. „Na toll…“ Seufzend stand sie auf und trug das Tablett mit dem Geschirr zurück in die Küche. Das lief ja wirklich glänzend. Eigentlich hätte sie gedacht, dass Esferanda sich wenigstens ein bisschen freute, immerhin würde sie Tante werden. Aber nein, dann kam wieder das mit der Familie. Unehelich. Pff. Nicht alles musste immer mit Heirat enden. Man konnte auch einen Lebensgefährten haben, ohne einen goldenen Ring am Finger zu tragen. Man konnte auch so glücklich sein. Wie sehr sie es doch hasste. Und dann noch dieser letzte Satz. ‚Ich bin enttäuscht von dir, Hua. Nie hätte ich gedacht, dass meine eigene Schwester zu einer Dirne wird.‘ was war überhaupt ihr Problem? Eine Dirne schlief für Geld mit Männern. Sie verlangte nichts und hielt sich auch nur an einem Mann. Die junge Frau stellte das Tablett ab und fing an, das Geschirr zu säubern. Doch dieser Satz ließ sie einfach nicht mehr los. Sie war doch nicht so, wie die Frauen in der Stadt. Sie wusste, wen und was sie wollte. Warum also wurde sie also dafür getadelt, dass sie endlich ihr eigenes Leben führen wollte? Sie verstand die Logik ihrer Schwester einfach nicht, oder vielleicht wollte sie das auch gar nicht. Auf jeden Fall würde sie sich nicht weiter Gedanken darüber machen und warten, bis Adrian nach Hause kommen würde.
 

„Hua?“ Adrian war gerade nach Hause gekommen und zog sich gerade seinen Mantel und seinen Schal aus. Er ließ seinen Blick durch das Wohnzimmer schweifen, doch fehlte von der jungen Frau jede Spur. Eigentlich hätte er gedacht, dass er sie noch mit ihrer Schwester vorfinden würde, immerhin sollte diese ja zu Besuch hier sein. „Hua? Bist du da?“, rief er und hörte auf, als er Klirren in der Küche hörte. Da steckte sie also. Mit einem sanften Lächeln ging er zu der angelehnten Küchentür und öffnete diese. Er lugte hinein und sah die Braunhaarige, wie diese gerade Scherben vom Boden aufhob. Anscheinend war ihr etwas runter gefallen. Sah ganz so aus wie einer der Teetassen. „Verdammt nochmal…“, fluchte sie leise und schnitt sich an einer der Scherben. Langsam rann ein Tropfen Blut aus der Wunde und tropfte auf den Boden. Anscheinend hatte sie immer noch nicht bemerkt, dass er hier war. Langsam ging er auf sie zu und ging vor ihr in die Hocke. „Hua.“, wiederholte er und schaute sie an. Die Angesprochene hob den Kopf und schaute ihn tief in die Augen. Ein leichtes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen. „Ich hab dich gar nicht kommen hör’n.“, murmelte sie leise und griff noch nach den letzten Scherben. „Das habe ich mitbekommen.“ Er half ihr auf und wartete, bis sie die Scherben weggeräumt hatte. „Tut mir Leid. Ich habe nur… ein wenig nachgedacht, mehr nicht.“, meinte sie nur und drückte ihm einen Kuss auf den Mund. „Nachgedacht? Über was denn? Hua… dich bedrückt irgendetwas, das fühle ich.“ Stille trat ein, die Braunhaarige schaute nur in die Spüle und erwiderte nichts. Also hatte der Blonde genau ins Schwarze getroffen, so wie es ihm schien. Behutsam legte er eine Hand auf ihre Schulter, doch die junge Frau drehte diese weg, sagte aber nichts. Leise seufzte der junge Mann und packte sie an der Hand, zog sie aus der Küche raus und platzierte sie auf dem Sofa, er selbst blieb stehen und beugte sich zu ihr vor. „Was hast du… du weißt ganz genau, dass ich es über alles hasse, wenn du traurig bist.“ Etwas hob sie den Kopf und lächelte matt. „Wie würdest du dich fühlen, wenn du von deiner eigenen Schwester als ‚Dirne‘ bezeichnet wirst, Adrian? Weißt du, wie nutzlos ich mir dabei vorkomme?“ Etwas verwirrt blickte er sie an. Nein, er wusste nicht, wie nutzlos sich Hua bei dieser Aussage vor kam, schließlich hatte er weder Geschwister noch wurde er als ‚Dirne‘ geschimpft. Vorsichtig setzte er sich neben die Schwangere und strich ihr ein paar ihrer braunen Strähnen hinters Ohr. Dabei merkte er, wie sich ihre Augen langsam mit Tränen füllten. „Steiger dich doch nicht so rein, Schatz…“, flüsterte er leise und zog sie an sich heran. „Das tu ich aber!“ Sie versuchte sich etwas von ihm wegzudrücken, doch er war stärker als sie, was wahrscheinlich auch von seinem Geschlecht abhing. „Sie denkt, ich steige mit jedem ins Bett, nur, weil ich nicht verheiratet bin und bereits meine Unschuld verloren habe! Weil… weil ich schwanger bin… weil es unehelich ist…“ Energisch wischte sich Hua mit dem Handrücken über die Augen und räusperte sich kurz, damit ihre Stimme nicht mehr so weinerlich klang. „Sie hat zu mir immer gesagt, ich soll endlich mein eigenes Leben leben, weil ich immer an ihr gehangen bin, und kaum fang ich damit an, tadelt sie mich wieder und sagt, meine Entscheidungen seien falsch und das Ganze. Ich habe es langsam satt, für meine Entscheidungen, die ich für richtig halte, getadelt zu werden. Ich habe es einfach so dermaßen satt.“ Kurz atmete sie tief ein und aus, und dann herrschte Stille. Für eine ungewisse Zeit. Adrian hatte ihr zugehört, mit seiner Hand immer wieder über ihren Arm gestrichen und leicht hin und her gewippt. Eigentlich hatte er sich Huas Schwester immer anders vorgestellt… netter, und nicht so ‚elternhaft‘. Wahrscheinlich lag es da dran, dass sie älter war als seine Freundin, so viel er mitbekommen hatte war sie schon 31 und immer noch ledig und kinderlos. Vielleicht passte es ihr gar nicht, dass ihre kleine Schwester bereits eine Familie gründete und sie selbst noch nicht einmal einen Freund beziehungsweise Ehemann oder Lebensgefährten hatte. „Weißt du…“, begann der junge Mann und schaute mit einem sanften Lächeln rüber zu der Braunhaarigen. „Ich weiß, dass es hart für dich ist, vor allem, wenn man das von seiner eigenen Schwester hört, aber wenn ich du wäre, würde ich das, was sie gesagt hat, nicht so eng seh’n. Sie muss einfach endlich akzeptieren, dass du nicht mehr die kleine Schwester bist, die nicht weiß, was sie macht. Du bist eine erwachsene, junge Frau und kannst tun und lassen, was du willst. Vielleicht will sie es einfach noch nicht wahr haben, dass du nun das tust, was du für richtig haltest. Sei nicht so sauer auf sie und lass ihr etwas Zeit, das zu realisieren. Und du weißt, ich bin immer für dich da, Hua. Genauso wie deine Freunde hier auf dem Stützpunkt. Wir unterstützen dich, egal, was ist.“, erklärte der Blonde mit ruhiger Stimme und drehte ihren Kopf in seine Richtung. „Also… sei nicht mehr traurig, ja?“ Ein leichtes Lächeln bildete sich um Huas Lippen und sie nickte, um damit seine Frage zu beantworten. Sanft drückte sie einen Kuss auf seinen Mund. „Ich danke dir so sehr, mein Schatz.“, flüsterte sie leise und drückte sich fest gegen seinen Körper. Mit einem zufriedenen Lächeln und der Tatsache, dass sie sich wieder beruhigt hatte, strich er durch ihr Haar und lehnte sich etwas zurück. „Wenn, dann habe ich dir zu danken.“ „Ach… wieso denn das?“ Verwirrt schaute sie zu ihm hoch, doch er hatte die Augen geschlossen. „Wieso? Nun ja… du machst mich zum glücklichsten Mann auf der ganzen Welt. Du schenkst mir Liebe und eine Familie.“ Die Braunhaarige erwiderte nichts, sondern lächelte nur. Das Gleiche konnte sie nur zurück geben, aber das wusste er ja. Er war ihre erste, große Liebe, und würde es auch für immer bleiben. Sanft strich sie über seinen Bauch und seufzte zufrieden. Sie erinnerte sich gern zurück, wie sie sich kennen gelernt hatten.

Es war ein warmer Maitag gewesen. Sie waren zusammen in einer Formation geflogen, hatten aber zuvor noch nie ein Wort miteinander gewechselt. Damals interessierte sich die junge Frau nicht wirklich für das andere Geschlecht, viel mehr wollte sie eine gute Fliegerin sein, um später einmal einen höheren Rang zu erlangen. Doch wie das Schicksal es so wollte, traf sie Adrian einmal in einer Bar. Er gesellte sich zu ihr und beide redeten miteinander. Es war ein ziemlich langes und intensives Gespräch gewesen, das wusste sie noch, deswegen kamen sie auch erst wieder spät zum Stützpunkt. Seit diesem Tag hatten sie sich öfters getroffen. Sie freundeten sich an, und irgendwann verliebten sie sich. Und nun saßen sie hier, zusammen auf dem Sofa, und warteten auf ihren Nachwuchs.

Die Braunhaarige überlegte. Vielleicht hatte ihre Schwester auf irgendeine Art und Weise doch recht. Es ging ziemlich schnell zwischen den Beiden, aber sie passten einfach zusammen wie die Faust aufs Auge. Wie Feuer und Flamme. Wie Yin und Yang. Deswegen hatte die junge Frau auch keine weiteren Bedenken. „Bald sind wir Eltern…“, nuschelte sie leise und schloss die Augen. „Mhn.“, stimmte Adrian mit einem Lächeln auf seinen Lippen zu und strich weiter durch ihr Haar. „Wie woll’n wir den Kleinen denn nennen?“ „Hm… wenn es ein Mädchen wird vielleicht Rin…“ „Und wenn es ein Junge wird?“ „Dann wird er Curt heißen.“

Chapter 2

Es würde nur noch wenige Tage dauern, dann würde der kleine Curt das Licht der Welt endlich erblicken. Heute war der 15. April, ein ziemlich warmer Tag im Frühling. Hua hatte sich auf die Flanke ihrer Langflüglerdame Mai-Lin gesetzt und genoss die noch ruhigen Minuten in ihrem Leben, die wohl bald für eine Zeit lang zu Ende sein würden. Aber das machte ihr nicht sonderlich viel aus. Nur die Tatsache, dass Adrian zur Geburt nicht da war, machte sie etwas traurig. Er würde mit seiner Formation erst in ein paar Tagen wieder kommen, da diese die Gegend ausspähen sollten und die anderen Drachen, die sonst dafür zuständig waren, schon in einer anderen Gegend spähten. „Sag mal, Hua.“, fing die Drachin an und wandte ihren Kopf runter zu ihrer Reiterin, die aus ihren Gedanken anscheinend aufgeschreckt war, denn etwas verwirrt blickte sich diese um und stammelte etwas Unverständliches vor sich hin. „Wie ist es eigentlich so… dieses Gefühl, dass ein Mensch in dir wächst und später mal durch dich hier auf der Welt sein darf?“ Man merkte, dass sie das interessierte, und die junge Frau lächelte und strich sanft über ihre Flanke. „Das Gefühl ist… wie soll ich sagen… es ist einfach wundervoll. Zu wissen, dass man jemand anderen das Leben schenkt, gibt einen das Gefühl, etwas Grandioses vollbracht zu haben.“, erklärte sie langsam und strich mit ihrer Hand über den kugelrunden Bauch. „Man fühlt sich so, als würde man endlich etwas richtig gemacht haben in seinem Leben, und es ist wirklich unbeschreiblich, so etwas fühlen zu dürfen, glaub mir.“ „Das freut mich zu hören, Hua, und ich freue mich schon, den kleinen Fratz endlich sehen zu dürfen… wie er wohl aussehen wird… wahrscheinlich genauso hübsch wie du, Hua.“ Etwas röteten sich die Wangen der Angesprochenen, doch musste sie dann anfangen zu kichern. „Nun ja, das weiß zwar keiner, aber vielleicht stimmt es ja, deine Vermutung.“ Immer noch kichernd streckte sich die werdende Mutter und gähnte einmal herzhaft. „Weißt du, so ein kleines Nickerchen wäre jetzt genau das Richtige für-“ „Denkst du nur ans Schlafen oder wie seh ich das, Hua?“, ertönte eine Stimme ganz in der Nähe. Verwirrt blickte sich die Braunhaarige um, konnte aber nicht ausmachen, woher die Stimme kam. Aber von wem sie war, das wusste sie ganz genau. Auch Mai-Lin war überrascht darüber, dass sie nichts mitbekam, viel zu sehr war sie mit dem Gespräch von ihrer Lenkerin beschäftigt gewesen. „Zwerg, komm aus deinem Versteck raus. Ich seh dich sowieso nicht.“ „Hätte mich auch gewundert, wenn du mal etwas geseh’n hättest, und hör endlich auf mich Zwerg zu nennen!“ Ein junger Mann kam von der anderen Seite des Drachenkörpers und grinste sie nur frech an. „Ich bin zwar jünger, aber noch lange nicht kleiner als du.“ Sein rotes Haar schimmerte regelrecht im Sonnenlicht und war wie immer strubblig, die Fliegerbrille hing locker um seinen Hals und er wirkte richtig gelassen dadurch. Mit seinem Arm lehnte er sich an den Langflügler und schaute mit seinen Augen durchdringend zu Hua. „Was auch immer, Tao.“, winkte sie nur gelassen ab, aber sie freute sich wirklich, dass der Junge sie mal wieder besuchte. Er war ein sehr guter Freund von ihr und sie kannten sich schon ziemlich lange; damals war sie 14 und er 12. Und nun kannten sie sich vier Jahre, und darüber war sie wirklich froh, vor allem, weil die Freundschaft zwischen den Beiden so gut hielt. „Wie ich sehe, geht es dir und deinem Kleinen gut, hm?“, erkundigte er sich mit einem sanften Lächeln und schaute auf den Bauch der jungen Frau. Diese nickte und ging von Mai-Lins Flanke runter, damit sie genau vor Tao stehen konnte. „Sogar sehr gut, er ist ziemlich, was mich wu-“ Sie stockte, als sie einen sanften Tritt gegen ihren Bauch fühlte. Sie senkte den Blick und schüttelte nur den Kopf. „Ich nehm’s ja schon zurück, du kleiner Wirbelwind.“, beruhigte das kleine Baby in ihrem Bauch und schaute dann zu dem Rothaarigen, der nur so vor sich hin grinste. „ Sei du mal froh, dass du keine Frau bist, mein Lieber.“ „Oh, glaub mir Hua, das bin ich. Wenn ich mich so an deine Gefühlsschwankungen zurück erinnere und du jeden gerne zusammen geschlagen hättest, weil irgendetwas nicht so verlief, wie du es wolltest… ja, ich glaube, auf so etwas verzichte ich gern.“ Auf diese Bemerkung hin zog die Braunhaarige eine Schnute, doch sie wusste ja, dass das nicht böse gemeint war, sondern erstens nur Spaß und zweitens die Wahrheit. Während der ersten Monate der Schwangerschaft war sie ziemlich leicht reizbar und es kam schon vor, dass sie entweder Adrian oder Tao eine runter gehau’n hatte. Zum Glück hatte sich das dann doch bald wieder gelegt, zumindest kam ihr das nicht so lange vor. Für die beiden Männer war es bestimmt eine Tortur, aber das war nun auch egal. Immerhin lag das schon einige Zeit zurück. „Ich glaub, ich muss mir ein wenig die Beine vertreten.“, überlegte sie und schaute dann zu dem Rothaarigen. Grinsend packte sie seine Hand und zog ihn hinter sich her. „Aber Hua, solltest du das jetzt nicht lieber lassen? Denk doch dran, du darfst dich nicht überanstrengen!“, mischte sich sofort die Drachendame ein, doch mit einer leichten Handbewegung winkte die junge Frau das ab. „Ich hab doch Tao bei mir, er passt schon auf, dass mir nichts passiert.“ Ohne überhaupt auf die Antwort zu warten ging die Hochschwangere auch schon weiter voran. Sie selbst wusste auch, dass sie jetzt vor allem vorsichtig sein musste, immerhin könnte das Baby jederzeit auf die Welt kommen. Doch gerade jetzt verspürte sie den Drang, ein wenig über den Stützpunkt zu gehen und einfach das angenehme Wetter zu genießen. Weiter weg ließ sie schließlich Taos Hand wieder los und ging mit einem sanften Lächeln auf ihren Lippen weiter. Der Junge seufzte leise und verschränkte seine Arme hinter seinem Kopf. „Weißt du, Mai-Lin hat da schon Recht. Du solltest jetzt wirklich aufpassen, was für Aktivitäten du betreibst.“ „Denkst du, ich bin so blöd und weiß das nicht?“, gab die Angesprochene nur als Antwort, doch das Lächeln schwand nicht. „Ich finde es niedlich, wie ihr euch um mich sorgt, und ich will doch nur ein wenig rum geh’n, ist das denn seit Neustem auch schon verboten?“ Ihm fiel keine gute Antwort ein, deswegen schwieg er einfach und ging weiter neben ihr her. Triumphierend ging die junge Frau den Pfad entlang und genoss das Wetter. „Und? Wie lange glaubst du, hält es dein Nachwuchs noch aus?“, erkundigte sich Tao, schließlich wollte er nicht stillschweigend neben ihr her laufen, sonst hätten sie genauso gut bei Mai-Lin bleiben können. „Ich denke beziehungsweise hoffe noch so lange, bis Adrian wieder da ist… ich möchte ihn an meiner Seite haben, wenn es so weit ist. Ich meine, es wird ja unsere Familie.“, antwortete Hua leise. „Aber ich bin mir sicher, dass es nicht mehr allzu lang dauern sollte… höchstens drei Tage, länger sicher nicht.“ Doch ihre Vermutung schlug schnell um, als sich ein krampfartiger Schmerz durch ihren Körper breitete. Abrupt blieb sie stehen und hielt sich den Bauch. Das war nun wirklich der schlechteste Scherz, den sie sich vorstellen konnte. „Hua?“ Der Rothaarige blieb sofort stehen und schaute besorgt zu seiner guten Freundin. “Was hast du denn?“ Die Angesprochene schwieg fürs Erste, doch schaute sie dann mit einem gequälten Lächeln zu ihm auf und meinte nur: „Ich glaub, es ist soweit.“
 

Es waren große Schmerzen, die sich durch den Körper der Braunhaarigen zogen. Die Wehen waren eingetreten, und sie verfluchte diesen Zufall, denn immer, wenn sie über irgendetwas redete, was in Zukunft passieren sollte, passierte dann unwillkürlich wenige Momente danach. Nachdem sie den Satz zu Ende gesprochen hatte, machte sie sich zusammen mit Tao auf zum Stützpunkt, um einen Arzt aufzusuchen. Nun lag sie schon seit ein paar Stunden in einem Bett, wie lange sie schon genau da lag, wusste sie nicht. Eigentlich war ihr das auch ziemlich egal, aber sie hoffte nur inständig, dass diese ganze Tortur bald zu Ende sein würde. Der Arzt fragte sie immer wieder, ob es ihr gut ging und ob die Dauer zwischen den Krämpfen immer kürzer wurde. Irgendwie nervte sie das leicht, aber es war wichtig, dass zu wissen. So konnte man dann ungefähr sagen, wann man anfangen musste, die Geburt einzuleiten. Leicht verkrampften sich ihre Finger in den Lacken des Bettes, als wieder ein neuer Krampf kam. Nun waren die Abstände nur noch gut zwei Minuten voneinander entfernt. Tao hatten sie wieder weggeschickt, aber ihr wäre es lieber gewesen, wenn er mit da geblieben wäre. Hauptsache irgendjemand in ihrer Nähe, den sie wirklich gern mochte. Damit sie nicht alleine war… Tief atmete die junge Frau ein und aus und schloss die Augen. „Ich wünschte, du wärst jetzt da, Adrian…“, murmelte sie leise und sie merkte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten. Sie konnte jetzt nicht einteilen, ob es wegen den Krämpfen war oder wegen der Tatsache, dass sie gerade allein war, aber sie war sich ziemlich sicher, dass es wegen dem Zweiteren war. Nichts sehnlicher wünschte sie sich gerade, ihren Freund an ihrer Seite haben zu dürfen, der ihre Hand hielt und ihr Beistand leistete, ihr zuflüsterte, dass es halb so schlimm sein würde und er bei ihr wäre. Die Tür ging auf, das hörte sie. Wahrscheinlich war gerade eine der Helferinnen gekommen und half dem Arzt noch bei den Vorbereitungen. Doch als sie eine sanfte Berührung an ihrer Hand spürte, öffnete sie die Augen, und zu ihrer Verwunderung sah sie in das liebevolle Gesicht Adrians, der außer Atem neben ihrem Bett kniete und sie anschaute. Einige Schweißperlen rannen über seine Stirn, anscheinend war er hier her gerannt. „Was… was machst du denn hier?“, fragte die Braunhaarige total verwirrt, doch sie war wirklich froh darüber, dass er da war. „Ich dachte, du kommst erst in ein paar Tagen…“ „Das hätte ich auch gedacht, doch es ist schneller gegangen, als ich gedacht habe.“, antwortete der Blonde mit einem liebevollen Lächeln und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. „Erst war ich bei uns zu Hause, aber Mai-Lin hat gesagt, du bist unterwegs, ein wenig die Beine vertreten. Also hab ich dich gesucht, und dabei hab ich Tao getroffen, und er hat mir gesagt, wo ich dich finden kann und was los sei. Schließlich will ich doch nicht verpassen, wie unser Kind auf die Welt kommt.“, fügte er noch mit einer freudigen Stimme hinzu. Eine Träne lief über Huas Wange. Sie freute sich so sehr, dass er hier war. Wenigstens machten die Zufälle ein paar Mal etwas richtig. „Ich bin so froh, dass du da bist…“, flüsterte sie leise, doch ein schmerzerfülltes Keuchen drang aus ihrer Kehle, als wieder ein neuer Krampf aufkam. Sie waren nicht mal mehr eine Minute voneinander entfernt, also hieß es, dass es bald soweit sein würde. Auch der Arzt merkte das. „Gut, Miss Xing. Nun bitte ich Sie, dass Sie tief ein und aus atmen, immer regelmäßig.“ Mit einem Nicken machte die Angesprochene das, was ihr gesagt wurde, und drückte dabei fest die Hand des jungen Mannes. Dieser lächelte und strich über ihre Stirn. „Das packst du schon, Hua… ich bin bei dir.“ Immer wieder flüsterte er diese Worte, während der Arzt sie dazu dirigierte, die Beine aufzustellen und zu spreizten, damit er ungefähr sagen konnte, wann sie anfangen konnte, zu pressen. Die junge Frau drückte ihren Kopf fester in das Kissen, die Schmerzen waren einfach unerträglich. „Gut so, Miss Xing. Die Fruchtblase ist auch schon geplatzt. Sie machen das hervorragend. Bei der nächsten Wehe fangen Sie an zu pressen, und das Atmen dabei nicht vergessen!“, dirigierte der Arzt weiterhin. Hua konnte nichts sagen. Viel zu sehr taten diese verdammten Krämpfe weh. Das war doch wirklich zum verrückt werden! „I…ich hab Angst… Adrian…“, keuchte sie leise und krallte ihre Finger schon regelrecht in seine Hand, was sie jedoch nur im Unterbewusstsein wirklich realisierte. „Shht…“ Der Angesprochene strich weiter über ihre Hand. „Das musst du doch nicht… ich bin doch hier bei dir… alles wird bald vorbei sein, Hua, das verspreche ich dir.“ Das war leider leichter gesagt, als getan. Sie hatte einfach Angst, dass irgendetwas schief ging und dann alles doch noch komplizierter wurde als geplant. Eigentlich musste sie diese gar nicht haben, schließlich war sie eine gesunde, junge Frau. Aber das alles hatte nur wenig auszusagen. Hua hatte schon öfters von ihrer Schwester gehört, wie Frauen bei der Geburt gestorben waren, auch wenn sie noch so gesund waren wie eh und je. Vielleicht hatte sie davor Angst. Es war gut möglich, das wollte sie gar nicht abstreiten, aber sich wirklich so rein steigern? Sie würde damit Niemandem einen Gefallen tun. Dem Arzt nicht, Adrian nicht und vor allem nicht sich selbst. Also musste sie wohl oder übel auf die Aussage ihres Freundes hören. Eigentlich wollte sie ihm für das alles noch danken, doch der Arzt fing an zu sprechen. Dieser hatte sich an das Bettende gesetzt und schaute auf ihren Geschlechtsteil. „Ihr Muttermund ist weit genug geöffnet. Bei der nächsten Wehe pressen Sie so fest Sie können, und vergessen Sie nicht, dabei gleichmäßig zu atmen.“, erklärte er weiter und schaute zu ihr hoch. Nickend bestätigte sie seine Erklärung und tat das, was ihr gesagt worden war, als die nächste Wehe eintrat.
 

Ein Baby schrie und der Schmerz hatte aufgehört. Schweiß perlte sich auf ihrer Stirn und rann langsam ihr Gesicht hinunter. Hua atmete tief ein und aus, war aber von alle dem ziemlich erschöpft. Tränen der Freude und der Erleichterung hatten sich in ihren Augen gebildet, als sie das kleine Geschöpf sah, welches der Arzt in den Armen hielt. Eine Helferin kam und wickelte es in ein Tuch, nachdem die Nabelschnurr zwischen Mutter und Kind durchgeschnitten wurde. Die Geburt verlief sehr gut, es gab keine großen Komplikationen. „Herzlichen Glückwunsch.“, lächelte der Arzt und legte das Baby auf den Bauch der jungen Mutter. „Es ist ein Junge.“ Mit einem erschöpften Lächeln schaute sie auf das kleine Geschöpf und strich sanft über dessen Kopf, ein leises Quengeln drang aus seiner Kehle, doch war er sonst ziemlich ruhig. Auch Adrian strahlte bis über beide Ohren. „Hallo, mein Kleiner…“, flüsterte er leise und strich über den Kopf des Kleinen. Er lehnte seinen Kopf an die Schulter der jungen Frau und unterdrückte die aufkommenden Freudetränen so gut es ging, doch die ein oder andere bahnte sich über seine Wange. „Er sieht genauso aus wie du, Hua.“ Die Angesprochene lächelte nur müde und strich weiter über den kleinen Kopf ihres Sohnes. „Unser kleiner Curt ist nun endlich da…“, flüsterte sie leise und küsste den jungen Mann neben sich auf die Stirn. „Nun sind wir endlich eine richtige Familie.“

Chapter 3

"Sieh doch mal...", flüsterte Hua und ihr Blick lag auf dem kleinen Curt, der ruhig auf ihrem Bauch lag und seelenruhig schlief. Nun war der kleine Racker schon fast zwei Monate alt und hielt sowohl die junge Mutter als auch den stolzen Vater ordentlich auf Trapp. Adrian war gerade in der Küche und hatte sich einen Kaffee gemacht, bevor er ins Schlafzimmer ging und lächelnd auf seine Freundin und dem Kleinen fiel. Wie er so auf ihren Bauch lag und schlief... einfach niedlich. "Wie ein kleiner Engel sieht er aus.", sagte er schmunzelnd und drückte der Braunhaarigen einen zärtlichen Kuss auf die Stirn, seine Kaffeetasse stellte er auf den Nachttisch neben sich. Diese schmiegten ihren Kopf an seine Brust, als dieser sich neben ihr aufs Bett setzte und sie in seine Arme zog. Sanft strich er durch ihr Haar und beobachtete den kleinen Fratz mit eine sanften Lächeln. "Irgendwie erinnert er mich an dich, Schatz.", flüsterte er leise und die junge Frau schaute mit fragendem Blick zu ihm hinauf. "Ach... wirklich?", fragte sie lächelnd und schaute wieder zu dem schlafenden Baby. "In wiefern?" "Wenn er schläft, ist er unschuldig wie ein Engel, sobald er wach ist, wird er zu einem kleinen Teufel, genauso wie du.", lachte er, wodurch er sich einen leichten Knuff in die Seite einhandelte. "Das war jetzt unfair, Adrian.", murrte sie schmollend, kuschelte sich jedoch fester an seinen Körper. Entschuldigend drückte er ihr einen Kuss auf den Mund und strich weiter durch ihr Haar. Vorsichtig strich der junge Mann mit seiner anderen Hand über den Rücken von Curt. Dieser wandte sich kurz, gab ein leises Quengeln von sich, schlief jedoch wohlig weiter. "Hättest du jemals gedacht, dass wir Beide jemals eine Familie haben würden?", murmelte Hua, den Blick auf den blonden Schopf ihres Sprösslings gerichtet. Stille trat ein, was sie etwas unruhig werden lies. Wieso sagte er denn nichts mehr? War das etwa gar nicht sein Wunsch gewesen? Gerade, als sie anfing an all dem zu zweifeln, hörte sie Adrians Stimme, der leise in ihr Ohr flüsterte: "Natürlich hab ich daran gedacht, dass wir einmal eine Familie haben werden, und du kannst dir gar nicht vorstellen, wie glücklich ich darüber bin..."

Gerade, als Hua sich zu ihrem Freund rüber beugte und ihn küssen wollte, klopfte es an der Tür. Verwirrt sahen sich die Beiden an, warfen einen kurze Blick zu der Tür und dann wieder zwischen einander. "Erwartest du Besuch?", fragte sie, woraufhin Adrian nur den Kopf schüttelte. "Du?" Die Angesprochene schüttelte den Kopf. Seufzend und recht langsam erhob sich der junge Mann und streckte sich einmal, bevor er zu der Haustür ging, die Schlafzimmertür schloss er hinter sich. Nun war sie allein im Schlafzimmer. Die Braunhaarige richtete sich ein wenig auf, hielt Curt, der nun langsam wieder aufwachte, fest an sich gedrückt und schaute auf die Tür. Langsam stand sie auf und ging ganz leise zur Tür, auf welche sie ihr Ohr legte und versuchte zu lauschen. Wer war das? Was wollte er? Anscheinend war es jemand für Adrian, sonst hätte er sie schon längst geholt. Sie hörte zwei Männerstimmen, die des Blondhaarigen und noch eine Zweite, die sie nicht zuordnen konnte. Vielleicht ein guter Kumpel? Oder einer seiner Vorgesetzten? Leicht biss sie sich auf die Unterlippe, als sie noch immer nichts hörte. Erst einmal abwarten, vielleicht würde er bald wieder hier sein. Mit einem leichten Lächeln sah sie zu ihrem Sprössling und strich sanft über seinen Kopf. "Papa kommt gleich wieder, mein Kleiner...", flüsterte sie leise zu dem Kleinen und ging mit ihm langsam im Zimmer auf und ab, dabei summte sie ein Schlaflied, das ihre Mutter ihr immer vorgesungen hatte, als sie klein war. Es kam ihr vor, als wäre es erst gestern gewesen, dass ihre Mutter ihr das Lied vorsang, und nun war sie selbst in der Situation. Unglaublich, aber wahr. Doch sie war froh darüber. Dass sie nach all den Jahren noch die Melodie im Kopf hatte, hätte sie selbst nicht gedacht, immerhin war das nun auch schon über 14 Jahre her. "So was vergisst man nicht... nicht, wenn man damit groß geworden ist.", murmelte sie zu sich selbst und wiegte den Kleinen weiter in ihren Armen. Doch er merkte genau, dass seine Mutter unruhig war. Er regte und streckte sich und fing leise an zu quengeln. "Nein, nein... ist alles in Ordnung, mein Schatz..." Sanft drückte sie ihm einen Kuss auf die Stirn und strich über sein blondes Haar. "Verdammt noch mal, Adrian... was ist denn los? Wieso brauchst du so lange..." Und schon ging die Tür auf. Huas Blick wanderte zu der offenen Tür und ein Lächeln bildete sich auf ihren Lippen, doch dieses wurde nicht erwidert. Der junge Mann schaute sie nur an. "Hua...", raunte er leise und schaute ihr tief in die Augen. Ein leichter Schauer ging über ihren Rücken, langsam ging sie auf ihn zu und hob den Kopf etwas, schwieg aber. Seine Hand wanderte auf ihre Schulter und strich sanft darüber. "Wir... müssen reden... unbedingt. Es geht um uns..."

"Aber... das können sie doch nicht machen!" Sie war erzürnt. Wütend. Sauer. Und enttäuscht... Enttäuscht über die Entscheidung, die die Admiräle festgelegt hatten. Wieso? Sie verstand es nicht. Sie wollte es nicht verstehen. Nicht wahr haben. Gar nichts. Könnte das alles nicht nur ein böser Traum sein? Ein Traum, aus dem sie bald wieder erwachen würde? Sie wünschte es sich. So sehr. Doch sie wurde immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück gezogen. Ein leises Schluchzen drang aus ihrer Kehle, und Tränen rannen über ihre Wangen. Es brannte fürchterlich. Ihre Augen schmerzten. "Das... das ist doch unfair..." Curt hatte sie in sein Bett gelegt, damit dieser in Ruhe schlafen konnte und die beiden sich weiter unterhalten konnten. Adrian seufzte leise, setzte sich neben sie auf das Sofa und legte den Arm um ihre Schultern. Sanft strich er mit seinen Fingern über ihren Oberarm, zog sie zu sich hin und schmiegte seinen Kopf gegen den ihren. "Das Leben ist immer unfair, vor allem, wenn alles super läuft...", nuschelte er leise. Sie merkte, dass ihn selbst die Tränen in den Augen standen, doch er würde es nie offen zugeben, schließlich war er zu stolz dafür. "Ich meine... wieso nehmen sie nicht jemand anderen? Sie wissen doch genau, dass du gerade Vater geworden bist... und... verdammt noch einmal!" "Nicht aufregen, Hua. Das ist gerade das Schlimmste, was du überhaupt tun kannst." "Ach ja? Findest du? Dann nenn mir bitte einen guten Grund, wieso ich das nicht tun sollte, hm?!" Sie war wütend. Sogar sehr. Und sie wollte die Wut nicht an ihn auslassen, doch gerade war niemand anderes in der Nähe. Sie verschränkte die Arme vor ihrer Brust und drückte sich etwas von ihm weg. Adrian schwieg für einen kurzen Moment, atmete tief ein und aus. "Das wirkt sich negativ auf deine Launen aus, und das dann auch auf die Erziehung von Curt." Er zog sie wieder zu sich hin, zog ihr Kinn in seine Richtung und schaute ihr tief in die Augen. "Und ich glaub nicht, dass du das willst, oder?" Die Braunhaarige schluckte, schüttelte dann aber den Kopf. Nein. Sie wollte wirklich nicht, dass das alles auf Curt übergehen würde. Sie seufzte, sagte aber nichts weiter drauf. Stattdessen lehnte sie ihre Stirn gegen seine Schulter und schloss die Augen. "Und wann musst du geh'n?" "In zwei Tagen." Wieder musste sie seufzen, doch dann kam ihr eine Idee. "Ich werde mit dir mitkommen, Adrian.", murmelte sie leise und hob den Kopf, ein leichtes Lächeln hatte sich auf ihren Lippen gebildet. Wieso war sie nicht gleich auf die Idee gekommen? Schließlich war das die einfachste Alternative. Und es schien fast so, als wären all ihre Sorgen wie weg geblasen. "Dann können wir immer zusammen sein und Curt zusammen zusehen, wie er groß wird. Ich bin mir sicher, dass-" "Nein."

"Was?" Die junge Frau sah ihren Freund verwirrt an. "Was meinst du damit, Adrian?" "Damit meine ich, dass du hier bleiben sollst." Sein Satz versetzte ihr einen Stich ins Herz. Ihre Hände verkrampften sich leicht, krallten sich in sein Oberteil und zogen etwas daran. "Aber... Adrian... wieso nicht?" Sie setzte sich etwas auf, damit sie ihm direkt in die Augen sehen konnte. "Willst du etwa nicht, dass ich mitkomme? Willst du alleine weg?" "Ja." Der Blonde wandte seinen Blick von ihr ab und richtete ihn gen Boden. Hua drückte sich von ihm weg, schaute ihn einfach nur an. Sie verstand einfach nicht, was das auf einmal sollte. Wollte er nicht, dass sie mitkam? Gab es irgendeinen besonderen Grund, wieso er auf einmal so abweisend war? "Was... wieso denn? Ich versteh das nicht..." Sie rutschte etwas von ihm weg, wollte Abstand. Sie würde erst wieder näher zu ihm hin kommen, wenn er ihr eine Antwort lieferte. Deswegen spielte sie nun einen auf stur. Warf ihm einen bösen und enttäuschten Blick zu. "Hua..." Adrian sah sie an, versuchte zu lächeln, doch das gelang ihm nicht wirklich gut. "Es ist nur zu deinem Besten." "Ach... meinst du?", bluffte sie ihn an. "Woher willst du das wissen, hm? Ich meine... findest du es wirklich in Ordnung, wenn unser Sohn ohne seinen Vater aufwachsen wird?" Er schüttelte den Kopf. "Nein, das nicht, glaub mir. Ich wünsche mir doch so sehr, dass ihr Zwei mit mir mitkommen könnt, doch... ich hab Angst, dass euch irgendetwas passiert. Ich würde mir das nie verzeih'n..." "Aber Adrian. Du kannst von mir nicht erwarten, dass ich hier sitzen werde, Däumchen drehe und einfach so tu, als hätten wir uns nie kennen gelernt." "Das habe ich auch nie behauptet." Sanft packte er sie an den Schultern, zog sie zu sich hin und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. "Es wird alles wieder gut werden, Liebling... du musst einfach nur fest daran glauben. Ich verspreche dir, so schnell wie möglich wieder zurück zu kommen. Schließlich..." Er lächelte sie an und drückte ihr einen langen Kuss auf ihre Lippen. "... kann ich doch nicht ohne dich leben. Ohne dich und ohne Curt. Aber du musst mir vertrau'n." Die junge Frau senkte den Kopf, nickte dann aber. "Versprich mir, dass du wieder kommen wirst..." "Versprochen."
 

Die zwei Tage vergingen wie im Flug. Hua hatte ihrem Freund geholfen, alles zusammen zu packen, damit er nicht alles allein machen musste. Die Stimmung zwischen den Beiden wirkte etwas bedrückt, doch sie versuchten, das Beste aus der Zeit, die sie noch hatten, zu machen. Nun standen sie da, vor seinem Drachen, dem Berghexe-Weibchen Penelope, und schwiegen sich an. Hua hatte den Kopf Richtung Boden gesenkt, wollte ihn nicht ansehen. Konnte es nicht. Es fiel ihr schwer. Sie konnte das ganze immer noch nicht glauben. Wollte es gar nicht. Sie wünschte sich einfach nur eines: das vielleicht doch noch jemand anderes gehen musste und nicht Adrian. Sie hielt Curt fest in ihren Armen, strich sanft über seinen Kopf und wiegte ihn hin und her. Dieser jedoch lachte und schaute munter in der Gegend rum. Er merkte noch nicht wirklich, dass bald sein Vater nicht mehr da sein würde. Der junge Mann seufzte und ließ den Kopf in seinen Nacken fallen. "Ich komm leider nicht drum rum..." Adrian schaute zu seinem Sohn, lächelte und strich ihn ebenfalls über sein blondes Haar. "Pass schön auf deine Mama auf, wenn ich nicht mehr da bin, ja?", sagte er mit einem belustigten Unterton und küsste den Kleinen auf den Kopf. Sein Blick wanderte hoch zu seiner Freundin. Ihre Augen waren wieder mit Tränen gefüllt und leise schluchzte sie auf. Sanft zog er sie in eine Umarmung, aber nur so fest, dass er dem Sprössling auch ja nicht weh tun würde. "Vergiss nicht, was ich dir versprochen habe... und du weißt, dass ich meine Versprechen halte." Die Angesprochene konnte nicht wirklich antworten, fiel zu sehr hatte sie gerade mit den Tränen zu Kämpfen, die in ihren Augen aufstiegen. Langsam zog er ihr Kinn zu sich hoch und drückte ihr einen langen und liebevollen Kuss auf. "Ich liebe dich...", murmelte er leise, nachdem er den Kuss beendet hatte. "I...ich dich auch..."

Hua sah ihm nach, wie er zu Penelope ging und auf sie drauf stieg. Er winkte ihr noch einmal zu, ehe sich die Drachendame majestätisch in die Luft empor stieg und los flog. Noch lange schaute sie ihm nach, selbst, als jegliches Anzeichen von ihnen aus Sichtweite waren. "Er ist weg...", nuschelte sie bedrückt, schaute zu dem kleinen Curt und strich über seinen Kopf. "Aber dein Papa hat gesagt, er wird wieder kommen... glaubst du das?" Curt war eingeschlafen, doch sie hatte gewusst, dass er ihr nicht antworten würde. Zumindest glaubte sie das. Vielleicht hätte er sie auch nur angeschaut und gelacht, oder gar nichts gemacht. Eines von Beiden wäre sicher der Fall gewesen. Doch was machte das jetzt schon? Adrian war weg und die junge Frau fühlte sich allein und verloren. Sicher, es gab genug Leute, die ihr Trost spenden würden. Zum Beispiel Tao oder ihre Drachendame Mai-Lin. Oder vielleicht auch Pao. Er war ein guter Freund den sie - genauso wie Tao - hier auf dem Stützpunkt kennen gelernt hatte. Doch so viel sie wusste, war er gerade unterwegs und würde erst in ein paar Tagen wieder hier her kommen. Sie seufzte leise und senkte den Kopf. "Irgendwie werden wir das schon schaffen, nicht wahr, Kleiner?" Mit geknickten Kopf ging sie zurück zu ihrem Haus, öffnete die Tür und ging ins Haus. Dort setzte sie sich auf das Sofa, zog die Beine an und wiegte den Kleinen weiter in ihren Armen hin und her. Wieder fing sie an, das Lied von damals zu summen. Erinnerungen kamen in ihr auf. Unglaublich. Die Zeit verging so schnell. Es kam ihr vor wie gestern, als sie erfahren hatte, dass sie Adrian kennen gelernt hatte und sie Eltern wurden. Und nun schien alles wie ein Kartenhaus einfach ineinander zusammen zu fallen. Doch sie machte sich nicht fiel draus. Immerhin hatte der Blonde ihr versichert, dass er wieder kommen würde. Und zwar so schnell es ihm nur möglich war. Und sie glaubte ihm. "Na, mein Kleiner... auf was hast du Lust?" Sie wusste, dass er nicht antwortete, da er schlief, doch - wie schon vorhin - war es ja einen Versuch wert. "Du bist wirklich ein kleiner Scherzkeks..." Die Tränen waren standen ihr immer noch in den Augen, doch sie versuchte es so gut es ging zu unterdrücken. Sie machte es für Curt. Sie wollte für ihn stark sein. Und sie wusste, sie würde es schaffen. Irgendwie bestimmt.

Chapter 4

Die Wochen vergingen, doch die Trauer und die Einsamkeit wuchsen mit jedem Tag mehr. Es war unerträglich. Jeden Tag wachte sie auf, neben ihr war das Bett jeden Tag leer. Die Nächte waren einsam. Es gab immer Momente, in denen sie sich an ihn drücken wollte, damit sie wusste, dass sie nicht allein war. Dass immer jemand bei ihr war, der ihr Schutz und Kraft gab. Nun konnte sie nichts mehr der Gleichen machen. Jeden Tag das Gleiche. Es war einfach zum verrückt werden! Sie sehnte sich so sehr nach körperlicher Nähe, nach seiner Stimme, nach seiner Zärtlichkeit... nach seinem ganzen Wesen. Für wie viele Monate wird er wohl weg sein? Wird er überhaupt wieder zurück kommen? Sie wusste es nicht. Sie wusste es wirklich nicht, doch sie wünschte. Und hoffte. Hoffte, dass es schon bald wieder hier bei ihr sein würde. Neben ihr im Bett. Zusammen mit ihr den kleinen Curt aufziehen und alt werden. Das waren ihre Träume gewesen. Träume, die nie in Erfüllung gehen würden.

Leise seufzte die junge Mutter auf und richtete sich langsam auf. Mit ihrer Hand strich sie durch ihr braunes, zerzaustes Haar und ihre blaugrünen Augen starrten auf die weiße Wand gegenüber von ihr. Sie hatte keine Lust aufzustehen. Die Nächte waren kurz, da Curt oft aufwachte und sie sich um ihn kümmerte. Sie war müde. Wollte einfach noch einmal zurück ins Bett fallen und dort liegen bleiben. Aber sie wusste genau, dass das nicht ging. Erstens brauchte Curt seine Mutter und Zweitens machte es das alles nicht wirklich besser. Eher schlimmer. Genauso wie die Vorstellung, wenn Esferanda wieder zu Besuch kommen würde. Leise seufzte sie und streckte sich einmal ausgiebig. "Ich habe dir doch gesagt, dass das passieren würde. Ich habe dich gewarnt, aber nein, auf mich hört ja nie jemand!", äffte Hua ihre ältere Schwester nach und stemmte sich aus dem Bett. "Du bist schon immer die Wildere von uns beiden gewesen, kein Wunder, dass Mutter und Vater immer kurz vor einem Nervenzusammenbruch standen. Du bist wirklich bla bla bla." Sie konnte es sich schon richtig vorstellen. Wie sie vor ihr stand und sie - im wahrsten Sinne des Wortes - zur Sau machte. Ihr ihre Fehler vor Augen hielt und ihr sagte, dass sie das Allerletzte war. Man konnte nicht sagen, dass sie wirklich eine gute Beziehung zueinander hatten, auch wenn sie Schwestern waren. Früher war alles anders. Als sie noch klein. Doch das war eine andere Geschichte.

Langsam ging sie zu ihrem Kleiderschrank, öffnete diesen und sah auf ihre Sachen. Ziellos griff sie nach einer hellbraunen Reiterhose, einem weißen Top und einer Bluse. Lustlos zog sie sich diese an, drehte sich herum und schnappte sich einen Haargummi vom Nachtkästchen, ging zu einem Spiegel und machte sich einen Pferdeschwanz. Ihr Blick wanderte langsam zu dem Kinderbett, das unmittelbar in ihrer Nähe stand. Lächelnd ging sie rüber und schaute zu dem kleinen Jungen, der sie mit großen Augen entgegen sah und anfing zu lachen. "Da ist wohl noch jemand wach, hm?", fragte sie sanft und hob den kleinen Körper aus dem Bett, drückte ihn sanft an sich und strich über den kleinen Kopf. Die Braunhaarige verteilte hauchzarte Küsse auf seiner Stirn, ging mit ihm langsam aus dem Schlafzimmer hinaus in die Küche, setzte sich dort auf einen Küchenstuhl und wiegte ihn sanft hin und her. "Egal, wie oft du auch noch schreien wirst und wie sehr du mich auch noch auf Trapp halten wirst... du bist und bleibst einfach ein kleiner Engel." Ein leises Schlafgeräusch drang aus der Kehle des Babys und langsam öffnete es die Augen. Müde und ein wenig quengelig sah es seine Mutter an, hob seine kleinen Ärmchen und fing an, etwas rum zu zappeln. "Na, na, na...", murmelte sie leise und lächelte den kleinen Spross liebevoll an. "Wer wird denn da Randale starten?"

Wieder quengelte er vor sich hin, drückte seinen Rücken durch. Hua musste aufpassen, dass der Kleine nicht auf den Boden fiel und sich verletzte. "Shhh, Shhh... ist ja gut...", säuselte sie leise, wiegte ihn weiter hin und her und strich sanft über seinen blonden Schopf. Sie ahnte, dass er wahrscheinlich Hunger hatte, deswegen zog sie ihr Oberteil ein wenig nach oben, sodass ihre Brust frei wurde. Vorsichtig hielt sie den kleinen Kopf vor die Brust, passte auch ja auf, dass er auch ja den Nippel erwischte und wiegte weiter ein wenig hin und her, als Curt schließlich anfing zu saugen. Leise Schluckgeräusche kamen von dem kleinen Geschöpf in ihren Armen und mit einem herzerfüllten Lächeln beobachtete sie das Szenario, das sich ihr gerade bot. Er war wirklich ein kleiner Engel. Ein Geschenk, das für sie alles bedeutete. Wie ein wertvoller Schatz. Nie im Leben hätte die Braunhaarige gedacht, dass ein Baby wirklich alles verändern würde. Vor allem gab der Kleine ihr das Gefühl, etwas Richtiges getan zu haben. Etwas, was nicht jede Frau kann: jemandem das Leben schenken. Es war immer ihr Traum gewesen, einmal Mutter zu werden. Sie wollte es einfach so, sie konnte es nicht wirklich erklären. Aber es war einfach ein wunderschönes Gefühl.

Gerade, als Curt damit fertig war, an ihrer Brust zu nuckeln, klopfte es an ihrer Haustür. Mit leicht hochgezogenen Augenbrauen wandte sie ihren Blick zu der Tür, fixierte diese und wartete einen Augenblick. Langsam zog sie den Kleinen zurück, zog ihr Shirt wieder über die Brust und ging langsam rüber zur Tür. Vor ihr blieb sie stehen, schaute sie weiter an. Wartete darauf, dass es noch einmal klopfte. Und in der Tat - es klopfte erneut. "Wer ist da?", fragte sie mit ruhigem Ton. Es kam keine Antwort, was sie etwas beunruhigte. Was, wenn es irgendein Perverser war, der sie überfallen wollte? Oder ein Einbrecher? Oder vielleicht ein ziemlich schüchterner Typ, der nicht weiß, was er sagen soll und sich einfach wieder aus dem Staub gemacht hat? Irgendetwas von diesen drei Sachen musste es ja schließlich sein. Oder vielleicht hatte sie sich das Klopfen auch nur eingebildet? Konnte gut möglich sein, tat sie in letzter Zeit etwas öfter als gewollt. Gerade, als sie sich umdrehte und gerade wieder zurück in die Küche gehen wollte, klopfte es erneut an die Tür. Entweder hielt sie hier jemand für total bescheuert oder fand es äußerst amüsant, eine junge Mutter wild herum zu hetzen. Die Braunhaarige verdrehte kurz die Augen, ehe sie sich wieder herum drehte, zur Tür ging, diese öffnete und zu ihrem Gegenüber hochsah.

Vor ihr stand ein großer Mann: braune, etwas längere Haare, braune Augen und einen leicht angedeuteten Drei-Tage-Bart. Er war groß und gut gebaut. Er trug eine schwarze, etwas engere Hose, ein weißes Shirt und eine graue, etwas längere Lederjacke, dazu die passenden Schuhe. Sie kannte ihn schon länger, er war mit ihr in der gleichen Formation geflogen. Sie war ziemlich gut mit ihm befreundet und hatte so gut wie immer ein offenes Ohr für ihre Probleme gehabt. Mit einem leichten Lächeln besah sie ihn von oben bis unten, ehe sie ihn begrüßte. "Mit dir hab ich jetzt nicht gerechnet, mein lieber Pao.", meinte sie leise, nachdem sie einen Schritt zur Seite gegangen war, um ihn in das Haus hinein zu lassen. "Was machst du denn hier?" - "Ich? Nun ja... ich wollte dich mal besuchen kommen. Schließlich hab ich dich schon länger nicht mehr geseh'n. Jetzt, wo du doch Mutter geworden bist." Sein Blick glitt sogleich hinunter zu dem kleinen Baby in ihren Armen, das ihn mit großen Augen ansah. Lächelnd beugte er sich etwas nach vorne und strich mit seinem Finger über die Wange des Kleinen, dieser lachte ihn munter an und fing wieder an zu strampeln. "Da scheint dich jemand zu mögen.", stellte Hua verdutzt fest, doch ihr Lächeln schwand nicht. "Setz dich doch. Willst du vielleicht irgendetwas zum trinken?" Kopfschüttelnd nahm der Braunhaarige auf dem Sofa Platz und lehnte sich ein wenig zurück. "Und wie geht es dir? Ich meine, nachdem... du weißt schon."

Wie erstarrt stand sie da. Schaute ihn an. Schwieg. Ein Stich machte sich in ihrer linken Brust breit. Es fühlte sich so an, als hätte er ihr ein Messer geradewegs durch ihr Herz gerammt. Es schmerzte. Es schmerzte, daran erinnert zu werden, obwohl es doch schon gut einen Monat her war, seitdem Adrian zu dem neuen Stützpunkt gereist war. Und dennoch - es kam ihr vor, als wäre es erst gestern gewesen. Als hätte er erst gestern ihr Leben verlassen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, doch diese unterdrückte sie gekonnt. Es war absurd, darum zu weinen, vor allem, weil es sowieso keinen Sinn ergab. Er war weg. Er würde sicher nicht so schnell wieder kommen - und das musste sie nun wohl oder übel akzeptieren. Langsam nahm sie ihm gegenüber Platz, wiegte den kleinen Curt in ihren Armen hin und her. "Ich will nicht sagen, dass es mir blendend geht, aber wenn ich behaupte, es ginge mir dreckig, wäre das auch gelogen. Umschreiben wir es einfach und sagen: das Leben muss weiter gehen." - "Ich wollte dich keineswegs kränken, Hua.", murmelte Pao leise und schaute sie mit einem schuldbewussten Gesichtsausdruck an. "Ich habe mir nur Sorgen gemacht. Man hat nichts mehr von dir gehört und nur noch sehr selten gesehen."

"Du hast dir also Sorgen um mich gemacht?", fragte sie neckisch und beugte sich etwas nach vorne. "Das hätte ich nun wirklich nicht gedacht, Pao." In ihrem Unterton lag ein wenig Ironie, was man deutlich heraus hörte, und auch der junge Mann hatte es gehört und konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. "Nun ja, ich habe auch eine weiche Seite, hast du das nicht gewusst?" - "Nein, aber jetzt weiß ich es ja. Wie sagt man doch so schön: harte Schale, weicher Kern." Der Braunhaarige lachte, schaute dann aber mit einem sanften Lächeln rüber zu Hua. "Du weißt wirklich, was du sagen musst, um jemanden glücklich zu machen, nicht wahr?" Die Angesprochene schüttelte zaghaft den Kopf. Ihr Lächeln schwand und sie senkte ihren Kopf gen Boden. Curt hatte sich fest gegen seine Mutter gedrückt und war wieder am dösen. Langsam strich sie über seinen kleinen Kopf. "Du irrst dich. Und zwar gewaltig." - "Wie kommt's? Es ist jetzt aber nicht wegen... Adrian... oder?" - "Um ehrlich zu sein, Pao: doch. Es ist genau wegen ihm. Ich will dich nicht damit belasten und vielleicht interessiert es dich ja nicht einmal so sehr."

"Es interessiert mich, Hua. Mach dir deswegen keine Sorgen. Du vergisst doch hoffentlich nicht, dass ich ein offenes Ohr für dich hab, egal, was drich bedrückt, nicht wahr?", meinte er lächelnd und stand auf, ging um den kleinen Tisch, herum und setzte sich nun genau neben sie. "Nun erzähl mir alles. Ich weiß nicht mal genau, was passiert ist. Nur, dass Adrian weg ist." Eigentlich wollte die junge Frau nicht wirklich darüber reden, schließlich war sie sich nicht sicher, wie sie ihn dann darstellen würde. Sie wollte nicht, das alle schlecht über ihn denken würden, vor allem, weil er ja auch ein sehr liebevoller Mensch war. Leise seufzte sie. "Es ist einfach... ich wollte doch unbedingt mit ihm mit, schließlich wäre das ja die einfachste Lösung gewesen. Wir wären zusamen geblieben und... na ja. Aber... er hatte etwas dagegen. Vielleicht hätte ich die Reise nicht so gut überstanden wie er, da ich ja trotzdem noch etwas geschwächt von der Geburt war. Er hat alles abgestritten. Egal, was ich dann noch erwidert habe. Er blieb bei seinem Entschluss. Ich will ihn jetzt nicht schlecht darstellen oder dergleichen, nur... es hat so weh getan. Und ich weiß ja nicht, wann er wieder kommt und..." Sie stockte. Ihre Augen füllten sich erneut mit Tränen, welche sie nicht zurück halten konnte. Langsam rannen diese über ihre Wangen hinab, unwillkürlich musste sie schluchzen. "Deswegen glaube ich nicht, dass an deiner Aussage etwas Wahres dran ist."

Sie senkte den Kopf, zuckte dann jedoch zusammen, als sie eine tröstende Hand auf ihrem Rücken fühlte. Langsam zog er sie in seinen Arm und strich sanft über ihren Arm. "Hör auf, dich selbst zu verurteilen.", hauchte Pao leise und strich weiter über ihren Arm, passte aber auf, dass er den kleinen Curt nicht irgendwie verletzte oder aufweckte. "Es macht das alles nicht wirklich besser." Er redete sie offen darauf an, nahm kein Blatt vor den Mund und sagte ihr, dass das, was sie sagte, in Ordnung war. Beschämt hob sie den Kopf, schaute ihn schweigend an. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, denn sie hatte Angst, dass sie ihn verärgern könnte. "Aber ich frage mich immer noch, wieso Adrian dir so weh getan hat. Sicher, er wollte dich nur schützen, aber... ich hätte dich mitgenommen. So lange ich mit dir zusammen sein kann und ich weiß, dass es dir und dem Nachwuchs gut geht..." Ein leichter Rotschimmer bildete sich um seine Nase, doch er schaute sie weiter an, wischte mit seiner freien Hand über ihre Wangen, um diese zu trocknen. Verwirrt sah Hua ihn an. Sie war es nicht gewohnt, dass er rot wurde, vor allem nicht bei ihr. Irgendetwas musste er haben, doch sie wusste nicht genau, was.

"Hua, ich möchte nur, dass es dir gut geht. Ich will, dass du weißt, wie viel du mir bedeutest. Vielleicht kannst du es dir bereits denken... schließlich habe ich schon seit längerer Zeit etwas mehr gefühlt als nur Freundschaft." Kurz schwieg er, sah tief in ihre blauen Augen und lächelte sie an. "Ich will das für dich sein, was Adrian für dich war." Ihr Magen verkrampfte sich bei seinem Satz. Sie wusste, worauf er hinaus wollte. Wusste es genau. Doch es war falsch. Schließlich waren Adrian und sie selbst immernoch ein Paar... zumindest glaubte sie das. Ihr Blick glitt zu Boden, suchte dort einen festen Punkt, den sie anschauen konnte. Was, wenn er bereits eine Neue hatte? Er wollte ihr doch einen Brief schreiben. Gleich nach seiner Ankuft, hatte er ihr gesagt. Und nun waren schon gut vier Wochen vergangen und noch immer war kein Brief von ihm angekommen. Es fühlte sich gerade so an, als hätte er sie nur benutzt. Verarscht. Mit ihr gespielt. War sie wirklich so naiv gewesen und war auf sein Spielchen rein gefallen? Es hatte sich doch alles immer so echt angefühlt, und nun schien alles wie eine Seifenblase binnen weniger Sekunden zu zerplatzen. "Meinst du... das ernst?", fragte sie leise, hob den Kopf etwas an und schaute in seine klaren, braunen Augen. "Ja, das meine ich ernst." - "Wie kann ich sicher sein, dass du mich nicht verarschst?" - "Ich werde es dir zeigen." - "Wann?" - "Heute Abend."

Chapter 5

Schweigend saß sie auf der Kante ihres Bettes und sah wie benommen auf den Boden. Was hatte sie nur getan? Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Verdammt! Verdammt noch einmal! Sie war enttäuscht. Enttäuscht über das, was gestern Nacht passiert war. Enttäuscht über das, dass sie sich dazu verleiten ließ. Enttäuscht über sich selbst. Sie fuhr mit ihren Händen langsam durch ihr Haar und krallte ihre Finger ganz sanft in ihre Haare. Den Blick hatte sie immer noch auf den Boden gerichtet, ihre Augen waren leer. "Vielleicht hat Esferanda ja doch Recht...", murmelte sie leise zu sich selbst und unwillkürlich stiegen Tränen in ihren Augen auf. "Vielleicht bin ich ja wirklich eine... Dirne." Sie war doch noch mit Adrian zusammen, auch wenn er nicht bei ihr war. Und sie? Sie war ihm untreu. Hatte mit einem anderen geschlafen. Ohne wirklich über die Folgen nach zu denken. Was, wenn Adrian nun wieder kommen würde? Was, wenn es raus kommen würde und sie dann alles verlor, was ihr lieb war? Das wollte sie nicht. Das wollte sie auf jeden Fall vermeiden. Die Braunhaarige wischte sich mit ihrem Handrücken über ihre Wangen, die durch die Tränen ganz nass geworden waren. //Du musst jetzt nicht heul'n, Hua, du bist doch selbst Schuld an dem ganzen Mist!// Leise musste sie schluchzen, biss sich kurz auf die Unterlippe und kniff die Augen fest zusammen. Sie musste sich beruhigen, atmete deswegen einmal tief ein und aus und redete im Bewusstsein in sich hinein, dass sie sich keine Gedanken mehr darüber machen sollte.

Sie bemerkte gar nicht, wie der Mann, der neben ihr im Bett lag, aufwachte und sich langsam aufrichtete. Behutsam legte er seine Hand auf ihre Schulter und zog sie etwas zu sich nach hinten. Etwas schreckte sie zusammen, schaute jedoch weiterhin auf den Boden. Sanft strich er über ihren Arm und legte sein Kinn auf ihre Schulter, drückte dabei sanft mit ihrem Kopf gegen die Seite von ihrem. "Ich bezweifle, dass du eine Dirne bist, Hua.", hauchte Pao leise in ihr Ohr. "Du hast eben nur das getan, was dein Herz dir gesagt hat. Deswegen wirst du nicht gleich zu so einer Frau." Wenn sie seinen Worten doch nur so einfach Glauben schenken konnte, wenn sie es nur konnte. Doch sie konnte es einfach nicht. Die ganzen Blicke, die auf ihr lasteten. Das ganze Getuschel hinter ihrem Rücken. Die auf sie gerichteten Zeigefinger. Es machte sie fertig und sie wünschte sich, nicht so naiv zu sein, wie sie war. Doch was nutzte ihr das jetzt noch? Es war zu spät. Was geschehen war, war geschehen und konnte nun nicht mehr geändert werden.

"Hey." Sanft schlang er seine Arme um ihre Taille und zog sie so zu sich, sodass sie mit ihrem Kopf auf seinen Schoß lag und genau in seine Augen sehen konnte. "Bitte zieh nicht so ein Gesicht, ich ertrage es nicht, dich so zu sehen.", murmelte er leise und strich ihr ein paar Haarsträhnen ihres Ponys aus dem Gesicht. "Tut mir Leid.", brachte sie nur mit einem leichten Lächeln auf den Lippen hervor, wandte dann aber langsam ihren Blick ab. "Du musst dich doch deswegen nicht entschuldigen, Hua. Und deine Entscheidung war richtig, auch wenn du es vielleicht nicht glauben magst." - "Woher... woher soll ich wissen, dass das richtig ist? Es fühlt sich richtig an, aber..." Sie verstummte schlagartig, als er sanft einen Finger auf ihre Lippe legte. "Es ist richtig. Wieso denkst du denn, dass das falsch sein sollte?"

Es gab genug Gründe, die sie ihm sagen konnte. Langsam richtete sie sich auf und setzte sich anders auf das Bett hin, damit sie ihm genau gegenüber saß. Gerade war es ihr ziemlich egal, ob sie etwas an hatte oder nicht, schließlich musste sie nichts verstecken, denn er, Pao, hatte schon alles an ihr gesehen. "Ich weiß es einfach. Fangen wir einfach mal bei meiner Familie an: sie waren schon damals nicht besonders begeistert, als sie das mit meiner Schwangerschaft und dem unehelichen Kind, also Curt." Kurz hielt sie inne und zog ihre Beine etwas an, bette auf ihren Knien das Kinn und schaute den Braunhaarigen mit einem traurigen Gesichtsausdruck. "Und denkst du, ich bekomme nicht mit, wie einige hinter meinem Rücken über mich reden? Besonders extrem war das gestern, falls es dir nicht aufgefallen sein sollte.", fuhr Hua dann leise fort und dachte an gestern zurück. Es war ein schöner Tag mit ihm gewesen, doch auf dem Weg zum See hatte sie wirklich jedes einzelne Wort gehört von jenen Reitern, die sich in der Nähe befanden. 'Sie wechselt Männer wie ihre Unterwäsche.' - 'Und sie sagt immer, sie wäre keine Hure... sieht man ja, was daran wahr ist.' - 'Bin ja mal gespannt, ob sie erneut ein Balg bekommt. Würde mich bei ihr nicht wundern.' Leicht verkrampfte sie ihre Hand, als sie an die Sätze dachten musste. "Und dann... habe ich ein Versprechen gebrochen, das ich eigentlich halten wollte."

Etwas verwirrt schaute der junge Mann sie an und beugte sich etwas zu ihr nach vorne. "Was genau hast du denn für ein Versprechen gebrochen?", fragte er dann mit einem ruhigen Unterton nach. Zaghaft schüttelte sie den Kopf. Sie wollte es nicht sagen, eigentlich konnte er es sich doch denken... oder war es doch nicht so normal, dass jeder so ein Versprechen machte? "Hua... du kannst es mir schon sagen. Mach dir doch keine Sorgen deswegen.", versuchte Pao sie zu beruhigen und strich mit seinem Handrücken über ihre Wange. "Es ist nur... ich habe mir geschworen, Adrian treu zu bleiben, egal, was auch kommen würde. Und ich? Ich habe es gebrochen! Ich wollte treu bleiben und nun?..." Schweigen trat ein. Keiner wollte etwas sagen, wusste nicht, was in dieser Situation richtig sein würde. Hua senkte ihren Blick nach unten und schloss kurz die Augen. "Das... wollte ich nicht...", fing sie leise an. "Ich wollte dich nicht verärgern oder dergleichen... gar kränken."

"Nein.", antwortete er mit ruhiger Stimme und lächelte sie liebevoll an. "Du kannst mich gar nicht verärgern... oder gar kränken. Du weißt, du bist zu wundervoll dafür." Erneut zog er sie zu sich und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Lippen. "Und du hast das Versprechen nicht gebrochen, schließlich ist Adrian an all dem selbst Schuld. Er hatte wirklich alles, was er sich wünschen konnte, und hat alles zurück gelassen. Er hatte eine wunderschöne, liebevolle Freundin, einen zuckersüßen Nachwuchs und er hätte eine wundervolle Zukunft mit dir gehabt. Doch er hat alles hingeschmissen. Deswegen trifft dich keine Schuld... bitte, Hua, glaub mir." Sanft zog er ihr Kinn in seine Richtung und drückte ihr eine liebevollen und langen Kuss auf. "Oder glaubst du, alles, was ich sage, ist eine Lüge?"

"Natürlich nicht!", warf sie sofort empört ein. "Ich glaube dir jedes Wort... wirklich." Kurz biss sie sich auf ihre Unterlippe und wandte für einen Augenblick ihren Blick zur Seite. Ja... wieso plagten sie eigentlich diese ganzen Zweifel? Schließlich konnten ihr doch die Meinung anderer ziemlich egal sein. Es war ihr Leben, das sie selbst bestimmten konnte. Wieso also dachte sie weiter über die Worte, die andere ihr entgegen warfen, nach? Wieso ging sie so sehr darauf ein? Es machte keinen Sinn, und das wollte sie auf jeden Fall nun ändern. Sie würde all die verletzenden Worte einfach vergessen, all die Blicke und die Meinungen anderer. Er hatte ihr wirklich die Augen geöffnet. Nicht nur gestern, sondern auch jetzt. Das, was er ihr vorhin gesagt hatte. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie es wirklich verstand, was er ihr damit wirklich sagen wollte: egal, was andere sagten, wie sie auf das, was sie tat, reagierten, es zählte hauptsächlich das, was sie dabei empfand. Wie sie sich fühlte. Ob es ihr gefiel oder nicht. Und das Wichtigste: Pao würde sie niemals allein lassen. Er würde ihr immer beistehen. Wirklich immer.

Zaghaft bildete sich ein Lächeln auf den Lippen der jungen Frau. "Danke.", flüsterte sie leise und wandte ihren Blick wieder direkt in seine Richtung, lächelte ihn liebevoll an und küsste ihn neckisch auf die Nase. "Für was?", fragte der Braunhaarige mit etwas zusammen gezogenen Augenbrauen, doch auf seine Antwort hin lächelte sie ihn einfach nur weiter an. "Für alles eben." Ohne etwas weiteres zu sagen erhob sie sich von Bett und ging rüber zu ihrem Kleiderschrank, aus welchem sie sich frische Unterwäsche und ihre Reiterkleidung heraus suchte. Diese zog sie sich langsam an, ehe sie ein leises Quengeln ausmachte, das aus dem Kinderbettchen von Curt kam. "Da ist wohl noch jemand wach geworden.", stellte Hua fest und wollte gerade zu dem Bettchen gehen, doch Pao war schneller als sie, sogar im Anziehen. Während sie gerade einmal ihre Unterwäsche anhatte, stand er bereits in voller Montur da und holte den kleinen Blondschopf aus seinem Kinderbett. "Ja, das sieht und hört man.", grinste er und ging mit dem Kleinen zu der Braunhaarigen, die sich bereits vollkommen angezogen hatte.

Mit einem sanften Lächeln nahm sie ihren Sprössling und hielt ihn sicher in ihren Armen. Schützend vor der Außenwelt, für die er noch ein wenig zu klein war. Doch irgendwann war auch er alt genug und würde sie erkunden. Doch bis da hin hatte er noch alle Zeit der Welt. "Hua... sei mir nicht böse, aber ich muss los, sonst wird Kraine noch ungeduldig, und das will ich auf jeden Fall vermeiden.", murmelte er leise und schaute sie entschuldigend an. "Ich werde wahrscheinlich erst heute Abend wieder kommen... ich habe Kraine versprochen, dass ich noch etwas mit ihm trainieren werde, aber wenn ich dann wieder hier bin, können wir ja noch ein wenig den Tag zusammen genießen... natürlich mit Curt.", fügte er noch mit einem charmanten Lächeln hinzu und drückte ihr einen kurzen Kuss auf die Wange. "Ok, ich will schließlich auch nicht, dass Kraine dadurch verärgert wird.", meinte Hua grinsend und schaute dem jungen Mann hinterher, wie er mit einem belustigten Lächeln auf den Lippen das Haus von ihr verließ.

Die Tür fiel ins Schloss und erneut war sie allein mit Curt. Dieser quengelte immer mehr und die Frau wusste natürlich, was er wollte. "Tut mir Leid.", entschuldigte sie sich sanft lächelnd und knöpfte ihre Bluse langsam auf, setzte seinen Mund an ihre Brust, damit er an ihrer Brustwarze saugen konnte und sein Essen damit bekam. "Ich war gerade ganz in Gedanken versunken." Sie setzte sich auf ihren Stuhl und schaute gedankenverloren aus dem Fenster, hielt jedoch ihren Nachwuchs fest in ihren Armen und wiegte ihn ein wenig hin und her. Zufrieden nuckelte der Kleine an ihrer Brust, vertilgte somit seine Mahlzeit und ließ dann mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck von ihrer Brust ab, als er satt war. Die Braunhaarige hob ihn etwas an und drückte ihn an sich, klopfte ganz sanft auf seinen Rücken und schmiegte ihren Kopf an seinen Kleinen. "Du bist wirklich ein Geschenk des Himmels...", flüsterte sie leise.
 

Der Tag an sich verlief ziemlich ruhig, wenn nicht sogar uninteressant für Hua. Doch sie wirkte etwas überrascht, als sie Besuch von einer alten Freundin bekam, die sie schon seit längerem nicht mehr gesehen hatte. Cassie war ihr Name. Sie hatte rötlich schimmerndes, schulterlanges Haar und klare, hellbraune Augen. Eine Brille zierte ihre Nase, diese trug sie aber gerade nicht sondern hatte diese abgelegt. Beide kannten sich schon seit frühen Kindertagen, doch seitdem die Braunhaarige sich dazu entschied, Drachenreiterin zu werden, hatten sich die beiden aus den Augen verloren. Deswegen war die Verwunderung, aber auch die Freude, sie wieder zu sehen, um so größer. Gerade saßen die beiden Frauen am Küchentisch und unterhielten sich über Gott und die Welt, tranken dabei einen Kaffee und hatten auf jeden Fall immer ein Gesprächsthema parat.

"Und du hast anscheinend schon eine kleine Familie gegründet, hm?", fragte die Rothaarige und strich sich ein paar Strähnen hinter ihr Ohr, während ihr Blick auf den kleinen Curt fiel. "Hja, kann man wohl so sagen. Eigentlich war er ja nicht geplant, doch ich muss sagen... er erfüllt mein Leben wirklich mit Freude.", gab Hua mit einem sanften Lächeln zu und schaute auf ihren Kleinen, der in ihren Armen lag und wieder einmal eingeschlafen war. "Verständlich. Er ist aber auch ein süßer Fratz. Wo ist denn sein Vater?", erkundigte sich ihre Freundin, doch die Angesprochene schwieg sie nur an. Kurz biss sie sich auf die Unterlippe, ehe sie zögerlich, gar kleinlaut, zugab, dass dieser auf einen anderen Stützpunkt versetzt worden war. "Aber so schlimm ist das nicht, wirklich nicht!", fügte sie noch schnell hinzu, als sie Cassies geschocktes Gesicht sah.

"Ich meine, ich bin schließlich nicht allein. Es gibt hier genug Leute, denen ich vertraue und die mir zur Seite steh'n. Doch... genug über mich. Erzähl doch etwas über dich." Sie sollte auf jeden Fall von dem Thema abweichen, nicht unbedingt weiter darüber sprechen. Sicher, Cassie war ihre Freundin und auch sie würde es brennend interessieren, was genau passierte, doch sie wollte nicht unbedingt immer daran erinnert werden. Nicht ständig sein Gesicht vor Augen haben, sein Lächeln, einfach alles. Doch sie war wirklich erleichtert darüber, dass ihre Freundin auf den Themenwechsel einging. "Na ja... was soll ich schon groß sagen? Mein Leben ist genauso trostlos wie früher auch schon, nur das Schlimmste daran ist, dass du jetzt hier bist und ich immer noch bei meinen Eltern lebe. Die suchen ja schon angestrengt nach einen Mann für mich."

"Tatsächlich?" Nickend bestätigte die Rothaarige dies und seufzte einmal leise auf. "Ich beneide dich wirklich, Hua. Du hast dein Leben in der Hand und kannst es so leben, wie du es willst." - "Dafür habe ich aber auch das Vertrauen und den Kontakt zu meiner Familie verloren. Die Einzige, die sich noch bei mir meldet, ist Esferanda, wobei das auch schon wieder ein paar Monate her ist... apropos... wie hast du überhaupt heraus gefunden, dass ich auf diesem Stützpunkt hier bin?" Auf die Frage hin musste ihr Gegenüber nur lachen. "Ich habe eben meine Quellen.", meinte sie zwinkernd und trank ihren Kaffee aus. "Das glaube ich dir sogar aufs Wort, Cassie." Oh ja, sie und ihre Quellen. Das hatte sie früher schon immer gehabt, doch bis heute wusste sie noch nicht, wer genau das war. Und die Braunhaarige würde es womöglich niemals erfahren. Egal, wie sehr sie sich das auch gewünscht hätte oder wie sehr sie nachgefragt oder geforscht hätte: das würde wohl immer das kleine aber feine Geheimnis ihrer Freundin bleiben.
 

Später am Abend, als Cassie bereits weg war, saß Hua müde auf dem Bett, den kleinen Curt hatte sie auf ihrem Bauch liegen. Dieser schlief wie ein Stein, doch sie wusste, er würde wieder mitten in der Nacht aufwachen und sie aus dem Schlaf reißen, genauso wie Pao. Für einen kurzen Moment schloss sie die Augen, öffnete diese aber schlagartig wieder, als die Tür aufging und der Braunhaarige im Türrahmen stand. "Da hatte es wohl jemand eilig, ins Bett zu kommen, was?", scherzte er und bekam nur einen beleidigten Blick als Antwort. Schmunzelnd ging er zu ihr rüber und legte sich selbst mit ins Bett. Gelassen legte er einen Arm um ihre Schulter und zog sie etwas zu sich herüber. Sanft drückte er seinen Kopf gegen den ihren und strich über den Kopf des kleinen, schlafenden Babys.

"Hattest du heute viel Stress mit dem Kleinen?", erkundigte er sich fürsorglich, was mit einem leichten Kopfschütteln verneint wurde. "Glaub mir... heute verhielt er sich wirklich wie ein kleiner Engel. Höchstwahrscheinlich bist du der Grund, wieso er immer so quengelig ist.", grinste sie belustigt, wurde aber für ihre Bemerkung in die Seite geknufft, natürlich nur ganz leicht. "Das habe ich jetzt mal überhört!" Sie musste lachen. "Aber natürlich." Schmollend schaute der Braunhaarige sie an, musste dann jedoch wieder liebevoll grinsen, als er das entschuldigende Lächeln auf ihren Lippen sah. "Ich kann dir doch nicht böse sein, Hua, das weißt du doch."

Sie wusste das. Sie wusste das wirklich. Und sie war froh darüber. Froh, ihn zu haben. Froh, ihn zu kennen. Froh, mit ihm durchs Leben gehen zu dürfen. Er stützte sie. Tröstete sie. Ließ ihr Herz höher schlagen. Noch gestern hatte sie sich etwas gegen ihn gesträubt, doch heute wusste sie, dass sie ihn brauchte. Lächelnd schloss sie ihre Augen und seufzte einmal glücklich auf. "Ich bin mir sicher, wir werden noch sehr viel erleben..." Sanft lächelnd strich Pao durch ihr braunes Haar und atmete einmal tief ein und aus. "Ja, das glaube ich auch... und ich bin mir sicher, wir werden keinen einzigen Moment davon bereuen, da bin ich mir sicher..." Und sie war sich in dieser Hinsicht auch ziemlich sicher.

Chapter 6

Ein Monat war nun vergangen, seitdem sie nun mit Pao zusammen war. Sie genoss die Zeit zusammen mit ihm so sehr. Er gab ihr wirklich alles, was sie sich wünschte. Er unterstützte sie, wo er nur konnte. Gab ihr Zuneigung, Zärtlichkeit und das Gefühl, etwas Wichtiges zu sein. Er war eben jemand, der sie verstand. Er tat ihr so viele Gefallen und erfüllte ihr wirklich jeden Wunsch. Deswegen wollte sie ihm auch jeden Wunsch erfüllen. Egal, welchen Wunsch er auch hatte. Gerade ging sie im Schlafzimmer auf und ab und hielt ihren Sprössling in den Armen, da dieser quengelte.

"Shht... shht...", zischte Hua leise den kleinen Curt an und wiegte ihn in ihren Armen hin und her. Der Kleine quengelte ununterbrochen. Er war müde und sollte schlafen, doch der Kleine dachte nicht einmal daran. "Komm schon, Curt... das findet Mama wirklich nicht mehr lustig." Leise seufzte sie und wiegte ihn weiter in ihren Armen hin und her, summte ein Schlaflied und ging im Schlafzimmer die ganze Zeit auf und ab. Eigentlich würde es ihr ja nicht so viel ausmachen, schließlich war es ja das Normalste der Welt, dass ein Baby quengelte, wenn es müde war. Doch wenn einer starke Kopfschmerzen hatte, dann war das die reinste Qual. Doch konnte man es dem Kleinen verübeln? Nein. Schließlich wusste er ja nicht, was gerade in ihr vorging.

Und ehrlich gesagt wusste sie gerade auch nicht wirklich, was mit ihr los war. Sie fühlte sich seit einigen Tagen schon ziemlich erschöpft, sie hätte wirklich den ganzen Tag schlafen können, wenn sie gewollt hätte Doch die Müdigkeit hatte nichts mit dem kleinen Curt zu tun. Sie hatte sich schon längst daran gewöhnt, mitten in der Nacht einmal aufzustehen und nach ihm zu sehen, wenn er quengelte. Und dadurch, dass Pao nun mit bei ihr lebte, war alles um einiges einfacher geworden. Die Müdigkeit musste von etwas anderem kommen. Sie konnte sich jedoch nicht wirklich erklären, wo von. Früher oder später würde es schon noch heraus kommen. Vielleicht war sie doch erschöpfter als sie dachte. Schließlich kamen noch Hausarbeiten und das Ganze hinzu.

Total in Gedanken versunken merkte sie gar nicht, dass der kleine Curt eingeschlafen war. Erst, als sie sich auf das Bett setzte und einen kurzen Blick nach unten warf, schmunzelte sie und strich sanft über seinen Kopf. "Dann hab mal süße Träume, mein Kleiner.", säuselte sie leise und legte ihn schließlich wieder in sein Kinderbett. Sie selbst blieb für einen Moment am Bett stehen und fasste sich kurz an den Kopf. Eine Art Schwindelanfall überkam Hua und sie musste sich irgendwo abstützen. "Was ist denn jetzt schon wieder... erst die Müdigkeit und jetzt das..." Leise seufzte die Braunhaarige. Vielleicht sollte sie sich für einen Augenblick hinlegen. Vielleicht würde es dann dadurch besser werden. Ihre Eltern hatten ihr immer gesagt, dass das mit das einzige war, was dagegen half. Oder etwas trinken.

Sie entschied sich dafür, etwas zu trinken, denn wirklich müde war sie nicht. Langsam drehte sie sich herum und ging aus dem Schlafzimmer heraus in die Küche. Den ganzen Weg über stützte sie sich an der Wand ab, da sie befürchtete, umzufallen, wenn sie das nicht getan hätte. Dieser Schwindel... dieser ganze Zustand war doch wirklich zum Kotzen! Wahrscheinlich war sie doch übermüdet und wollte es sich nur nicht eingestehen. Erneut seufzte sie. "Ich hoff nur, es wird nach nem Glas Wasser besser...", murmelte die junge Frau leise zu sich selbst und erreichte schließlich die Küche. Aus einem Schränkchen nahm sie sich einen Becher, welchen sie mit kaltem Wasser füllte, nahm einen kräftigen Schluck daraus und schloss kurz die Augen. Hua hatte das alles schon einmal gehabt, vor genau einem Jahr, wenn sie sich da nicht ganz täuschte. Und damals hatte es sogar einen Grund. Und zwar...

Gerade, als sie das Glas auf den Tisch stellen wollte, kam ihr etwas in den Sinn. Sie stoppte mit ihrer Bewegung, öffnete schlagartig ihre Augen und starrte perplex auf die Tischplatte. Etwas verkrampften sich ihre Hände und kurz biss sie sich auf die Unterlippe. Das konnte doch nicht sein, oder? Na ja... wenn sie so darüber nach dachte, war sie trotzdem ziemlich unvorsichtig gewesen. Es konnte also gut möglich sein, dass ihre Vermutung, dass sie erneut schwanger war, wahr sein konnte. Auch die Tatsache, dass ihre Tage seit gut zwei Wochen überfällig waren, bestätigten ihre Vermutung nur noch mehr. Sie hatte sich nicht sonderlich viel Gedanken darüber gemacht, schließlich konnte das schon einmal vor kommen. Wenn man Stress hatte, zum Beispiel. Oder vielleicht zu viel gegessen hatte. Oder so etwas in der Art.

Langsam ließ sie sich auf einen Stuhl nieder und stützte sich mit ihrem Ellenbogen auf der Tischplatte ab, ihren Kopf legte sie auf ihre Handfläche. Nervös tippte sie mit dem Zeigefinger ihrer anderen Hand auf die Tischplatte. "Okay, Hua... nur nicht die Nerven verlieren... vielleicht ist es ja gar nicht das, was du denkst." Sie hoffte es wirklich. Schließlich hatte sie erst vor drei Monaten den kleinen Curt auf die Welt gebracht. Und wenn sie nun wieder schwanger sein sollte, dann würden die Leute auf dem Stützpunkt sie weiterhin als Hure beschimpfen. Als Hure, die wieder schwanger war. Von einem anderen Mann. Sie wollte gar nicht daran denken, was Esferanda dazu sagen würde, wenn sie es erfuhr. Und ihre Eltern... schon allein der Gedanke daran brachte sie noch mehr zur Verzweiflung.

Sie hätte selbst nie gedacht, dass sie einmal so ein Leben haben würde. Dass sie unverheiratet ein Kind haben würde. Sie hatte eigentlich immer gehofft, dass sie einmal verheiratet sein würde, mit dem Mann, den sie liebte. Mit ihm Kinder haben würde. Ein oder zwei. Doch wie man sehen konnte war alles anders gekommen, wie sie es sich gewünscht hatte. Aber sie konnte auch nicht leugnen, dass sie so auch glücklich war. Zwar gab es auch die ein oder anderen Komplikationen, doch im Großen und Ganzen war sie zufrieden. Immerhin ging es ihr besser als ihrer großen Schwester. Diese war allein und hatte noch nicht einmal ansatzweise einen festen Freund gehabt. Wahrscheinlich lag das an ihrer kalten Art...

Doch Hua konnte nicht weiter darüber nachdenken, denn ein leichter, stechender Schmerz machte sich in ihrem Unterleib breit. Langsam wanderte sie mit ihrer Hand runter zu dem unteren Teil ihres Bauches und drückte etwas dagegen, in der Hoffnung, die Schmerzen würden weggehen. Doch sie blieben. "Verdammt...", murmelte sie leise und stand langsam auf. Der Schwindel war zwar weg, doch jetzt machte sich ein Hauch von Übelkeit in ihrem Magen breit. Sie hielt ihre Hand vor den Mund und versuchte somit, das Schlimmste zurück zu halten. Auf jeden Fall musste sie schnell ins Bad, ansonsten würde noch eine große Schweinerei entstehen und sie hatte nicht sonderlich viel Lust, das ganze wieder sauber zu machen, vor allem, weil sie erst gestern das ganze Haus von oben bis unten geputzt hatte.

Im Bad beugte sie sich erst einmal über die Toilette und ließ alles heraus, bis ihr Magen schließlich wieder vollkommen gelerrt war. Mit ihrem Handrücken wischte sie sich über ihren Mund und setzte sich auf den Boden, lehnte sich gegen die Wand und schloss kurz die Augen. Sie atmete einmal tief ein und aus und öffnete langsam wieder ihre Augen. Unwillkürlich darauf rannen Tränen über ihre Wangen und tropften von ihrem Kinn herunter. Sie war sich nun sicher, dass sie schwanger war. Auch wenn sie sich einreden würde, es wäre alles nur Einbildung und hatte nichts damit zu tun, würde alles auf eine Schwangerschaft hinaus laufen. Leise schluchzte sie auf und zog ihre Beine etwas an ihrem Körper. "Verdammt...", schluchzte sie und lehnte ihre Stirn gegen ihre Knie. "Verdammt... verdammt... VERDAMMT!"

Sie fühlte sich elend. Sie fühlte sich miserabel. Sicher, die junge Frau hatte sich gewünscht, auch mit Pao noch einmal ein Kind zu haben, aber doch nicht so früh! Sie wollte noch etwas warten. Doch jetzt war es sowieso zu spät. Sie konnte es nicht rückgängig machen. Außer sie würde jemanden bitten, sie zu verprügeln, damit sie das Baby verlor, doch sie dachte nicht einmal im Traum daran! Sie war nicht so ein Monster, dass sie das zulassen würde. Oder überhaupt so etwas machen würde. Sie liebte Kinder über alles, deswegen würde sie es einfach so hinnehmen müssen. Langsam stand sie auf und ging langsam aus dem Bad in die Wohnstube. Dort lies sie sich wie in Zeitlupe auf das Sofa nieder und schaute perplex an die ihr gegenüber liegende Wand. Sie selbst hatte eigentlich nicht so viel Angst vor der Schwangerschaft, sie hatte es ja immerhin schon einmal durchgemacht. Sie hatte eher Angst, dass es so endete wie bei Adrian. Dass Pao selbst dann auch gehen musste... und wenn dem nun so war, würde sie nicht wissen, wie es weiter gehen sollte.
 

Am Abend dann, als sie gerade Curt gefüttert hatte, hob sie ihren Blick und schaute rüber zu der Haustür, als diese aufging und der Braunhaarige in das Haus trat. Sanft lächelnd ging er zu ihr rüber und drückte ihr seinen sanften Kuss auf die Stirn. "Na, wie war dein Tag?", fragte er mit einem sanften Lächeln auf den Lippen und schaute sie an. Hua hingegen hatte ihren Kopf zur Seite gedreht. Ihre Augen waren immer noch Blut unterlaufen und rot. "Wie immer.", meinte sie nur monoton und stand langsam auf, wandte ihm den Rücken zu und ging langsam ins Schlafzimmer. "Wie immer?", fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen, bekam jedoch keine Antwort. Er folgte ihr ins Schlafzimmer. Dort legte die junge Frau gerade den Kleinen in sein Bettchen und strich dort über seinen kleinen Kopf.

"Hua... Liebling... dich bedrückt doch irgendetwas.", murmelte er leise und ging genau hinter hier. "Warum sagst du mir denn nicht, was los ist? Ich mach mir sorgen." Sanft packte er sie an den Schultern und drehte sie zu sich herum, doch er konnte ihr nicht ins Gesicht sehen, da sein Gegenüber den Kopf wieder zur Seite gedreht hatte und immer noch schwieg. "Wieso schaust du mich nicht an?" Immer noch Schweigen. "Verdammt, Hua... ich mach mir große Sorgen! Und du schweigst mich an und ich kann nur erraten, was du hast... bitte... sag mir doch, was dich bedrückt..." Langsam wanderte er mit seinem Finger unter ihr Kinn und hob dieses so an, damit er ihr ins Gesicht schauen konnte. Kurz schaute er sie schweigend an, als er ihr verheultes Gesicht sah.

"Hast du geweint?", fragte er ruhig und zog sie fest in seine Arme. Sanft drückte er mit seiner Hand auf ihren Hinterkopf, damit sie auch ja merkte, dass er sie trösten wollte. Binnen weniger Momente fühlte er, wie ihre Tränen das T-Shirt durchnässten und sie sich schon krampfhaft in sein Oberteil krallte, damit sie auch sicher sein konnte, dass er auch ja nicht verschwand. "Shht, shht...", zischte der junge Mann leise und strich sanft über ihren Hinterkopf. "Ist doch alles in Ordnung..." Sie schüttelte zaghaft den Kopf und hob diesen etwas, um ihn anzuschauen. "Gar nichts ist in Ordnung... Pao... ich habe Angst..." - "Aber du musst doch keine Angst haben, Hua. Was genau ist denn passiert?"

Sie wollte es ihm nicht sagen. Sie schluchzte laut auf und schüttelte den Kopf. Sie konnte es nicht. Sie traute sich nicht. Sie wollte nicht wissen, wie er darauf reagierte. Vielleicht freute er sich ja gar nicht, da sie ja erst einen Monat zusammen waren. Was, wenn er sie deswegen verließ? Sie traute ihm das nicht zu, denn sie wusste, dass er so niemals reagieren würde, doch sie hatte trotz alle dem Angst vor seiner Antwort, wenn sie es ihm wirklich sagen würde. Doch es ihm nichts zu sagen war genauso falsch. Schließlich hatte er ja ein Recht darauf, es zu erfahren, denn er war ja der Vater von dem Kleinen...

"Es... es ist nichts passiert.", murmelte sie leise und deutete ihm an, dass er sich auf das Bett setzten sollte. Sie selbst setzte sich neben ihn, schaute ihn aber nicht freiwillig an. Erst, als er sich räusperte, hob sie ihren Kopf und sie konnte deutlich an seinem Gesichtsausdruck erkennen, dass sie ihm endlich die Wahrheit sagen sollte. "Es ist nichts passiert... aber... es ist etwas anderes." - "Etwas anderes? Und was?", fragte er neugierig und zog sie etwas in seine Richtung. "Du kannst es mir schon sagen, Hua. Ich werde dir sicherlich nicht den Kopf abreißen... ich kann dir ja nicht böse sein." - "Das weiß ich doch, Pao...", flüsterte sie leise und versuchte ihn anzulächeln, was jedoch missglückte. Sie atmete einmal tief ein und aus und schaute ihn tief in die Augen. Sie musste es ihm sagen, egal, wie sehr sie sich auch dagegen sträubte. Egal, wie schwer es ihr auch viel. "Pao... ich... ich bin..." Sie stockte kurz, ehe sie mit einigermaßen ruhiger Stimme sagte: "Ich bin schwanger."

Pao schaute sie einfach nur an. Schweigend. Mit einem merkwürdigem Ausdruck in den Augen. Die junge Frau schluckte und wandte langsam ihren Blick ab. Sie hätte es vielleicht doch nicht sagen sollen. Was, wenn er nun einfach abhaute und nie wieder kam? Wenn er sie genauso sitzen ließ wie Adrian? Und wieso machte sie sich wieder Gedanken darüber? Sie hatte doch schon vorhin festgestellt, dass sie mit der Vermutung wirklich falsch lag. Wieso also dachte sie weiter darüber nach? "Pao...?", fing sie langsam an und legte ihre Hand auf seine Schulter. "Sag doch was..." Der Angesprochene schaute sie immer noch an, musste dann aber unwillkürlich anfangen zu lächeln, welches dann langsam in ein freudiges Lachen überging.

"Hua... das ist doch wunderbar!", stieß er glücklich aus und zog sie in seine Arme. Verwirrt schaute sie ihn an. "Du... du bist also nicht böse oder dergleichen?" - "Aber Liebling! Wo denkst du denn hin?", fragte er mit einem verschmitzten Lächeln und drückte ihr einen liebevollen Kuss auf die Lippen. "Ich bin überglücklich... ich habe mir doch nichts sehnlicher gewünscht als mit dir eine Familie zu haben! Sicher... das ging jetzt schon ziemlich schnell, aber lieber zu früh als zu spät, nicht?" Sanft strich er über ihre Seite und lächelte sie an. "Aber ich frage mich trotzdem, wieso du so Angst hast. Hua... ich werd dich nicht allein lassen. Ich bin nicht wie andere und werde dich allein lassen."

Es war fast so, als wüsste er, was sie bedrückte. Wovor sie Angst hatte. Vielleicht liebte sie ihn deswegen so sehr. Zaghaft lächelte sie ihn an und drückte sich gegen ihn. "Also... freust du dich schon darauf?", fragte sie etwas zurückhaltender. Der Braunhaarige nickte und strich langsam über ihren Bauch. "Und wie... freust du dich etwa nicht?" Langsam schüttelte sie den Kopf. "Am Anfang hatte ich ein wenig... Angst... doch du hast sie mir jetzt genommen. Ich freue mich genauso sehr wie du... und danke.", hauchte sie leise und drückte ihren Kopf gegen seinen Körper. In gut acht Monaten würden die Zwei Eltern sein. Und Curt hätte ein kleines Geschwisterchen. Die Vorstellung allein machte Hua noch glücklicher. Und natürlich die Vorfreude.



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