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Sharuk

im Zeichen des Wolfs
von

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Wiedersehen und Abschied

Zwei kleine Schneeflocken rieselten auf die roten Lippen. Braune Augen öffneten sich unter einer weißen Schneedecke. Sharuk kämpfte sich aus dem Berg Schnee heraus, der ihn unter sich begraben hatte. Ein wenig von ihm entfernt lag der silberne Wolf. Langsam krabbelte Sharuk in dessen Richtung. Vorsichtig streckte er die Hand aus und versuchte, das Tier zu beruhigen. Er konnte die Augen des Wolfs flackern sehen und sein leises Jaulen schreckte ihn noch ein letztes Mal zurück. Doch dann atmete Sharuk tief durch und berührte das Fell am Bein des Tieres. Nirgendwo war Blut zu sehen. Sharuk wusste doch genau, dass dieser Wolf sich noch vor wenigen Stunden oder Tagen für ihn geopfert hatte, ein Speer hatte sein Bein durchbohrt!

Sharuk sah den Wolf zweifelnd an. „Du bist ein Gott, nicht wahr?“, fragte er leise und sah den Wolf ernst an. In diesem Moment sprang der Wolf auf und sah den Jäger durchdringend an. Mit einem lauten Brüllen scheuchte er den Jäger zurück und sprang dann zwischen den Bäumen hindurch in die Ferne. Sharuk schüttelte den Kopf. „Warum bist du nur immer so unnahbar?“, fragte er seufzend in den Wind.

Sharuk kam nur langsam voran. Er hatte eine große Wunde an der Schulter und unzählige Schnitte an seinem Bein erschwerten das Vorankommen. Er konnte spüren, dass er mehrere Tage an dieser Stelle gelegen hatte, in diesen Tagen musste der Schnee gefallen sein. Der Wolf hatte ihn wohl aus dem Dorf gezerrt, anders konnte er es sich nicht erklären, wie er in den Wald gekommen war.

Es dauerte drei Tage, bis Sharuk sein Dorf wieder sah. Die wohl bekannten Holzhütten, die mit dem Wald verschmolzen. Sharuk atmete tief durch. Er war wieder zu Hause! Ein lauter Ruf schallte durch das Dorf: „Sharuk ist wieder da!“, sofort versammelte sich das ganze Dorf am Fuße des Felsen, auf dem Sharuk gerade stand. Doch Sharuks Augen sahen nur Lefa, seine geliebte Lefa!

„Sharuk? Was ist mit dir passiert?“, rief seine Geliebte aufgeregt nach oben. Doch der Jäger wusste nicht, was die Frau meinte. In diesem Augenblick spürte er etwas Weiches, das sein Bein streifte. Als er herunter sah, sah er den silbernen Wolf an seiner Seite. Ein beängstigtes Schweigen ergriff die Dorfbewohner. „Fürchtet euch nicht.“, besänftigte er sie und sprang zu ihnen. Lefa fuhr ergriffen über seine Schulter. „Sharuk?“, stammelte sie. Zum ersten Mal betastete auch er seinen Körper. Er hatte eine riesige Narbe auf seiner Schulter – in Form einer Wolfspranke. Zweifelnd drehte er sich um und sah den stolzen Wolf an. Dies war sein Mahl!

Der Wolf sprang vom Felsen und verschwand im Wald.
 

Die Feste hatten viele Tage lang gedauert. Sharuk war zum Vorsitzenden des Dorfes ernannt worden, dutzende Jahre waren ins Land gegangen und doch hatte Sharuk, mit dem Mahl des Wolfs, eben Jenen nie wieder gesehen. Wölfe waren von da an Heilig gesprochen worden und Sharuk hatte gelernt, dass sie und der Wald eins waren. Die Menschen im Wald mussten ihren Lebensraum schützen und der Wald würde sie ernähren und ebenfalls schützen. Nach wenigen Monaten, gleich nachdem der Schnee verschwunden war, waren die Tiere in den Wald zurück gekehrt. Das Dorf hatte nie wieder Hunger leiden müssen und Sharuks und Lefas Kinder wuchsen glücklich heran.

Erst an jenem Tag, an dem der Lebensfaden Sharuks zertrennt wurde, zeigte sich der silberne Wolf erneut. Die Nacht war erfüllt vom Wehklagen der Wölfe und Sharuks Seele stieg in jener Nacht, geleitet von ihren Rufen, in den Himmel hinauf.
 


 


 

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Für die Erklärung, der Wolf war tatsächlich ein Gott und hinterließ auf der Schulter des Mannes ein Mahl, als er ihn aus dem Dorf rettete.



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