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Die lebende Lüge

Ich bitte nicht um Vergebung
von

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Blutrote Lettern

Kai packte nur das nötigste zusammen und bestellte ein Taxi.

Er bekam ein Last-Minute-Ticket nach Russland und hastete zum Gate.

Er durfte jetzt keine Zeit mehr verlieren. Er musste Tala von Boris wegholen, ehe es zu spät war.
 

Dennoch dauerte es viel zu lange, bis er endlich vor den alten Gemäuern standen, die seine Vergangenheit ausmachten. Nein, er musste sich verbessern. Die nun auch seine Gegenwart ausmachten.

Grimmig blickte er nach oben, zum höchsten Turm der Abtei, und fragte sich, ob es denn niemals aufhören würde?!

Ihm war unwohl, als er zum Tor schritt und um Einlass bat. Aber er hatte keine Zeit mehr zu verlieren, aus dem Hinterhalt anzugreifen.

Er hatte keine Zeit, zu planen. Er konnte nur hinein marschieren, bitten, Tala zu sehen und Boris zu fragen, was er tun musste, um Tala mit sich zu nehmen.

Auch auf das Risiko hin, dass er selbst nie wieder die Mauern der Abtei verlassen durfte!
 

Als er wenig später in Boris Büro stand und dieser ihn hämisch grinsend anblickte, empfand er nichts als Abscheu vor dem Mann vor ihm.

“Wieder draußen, aus dem Knast?“, höhnte er dennoch und Boris Lippen zogen sich zusammen.

“Im Gegensatz zu deinem Großvater, ja.“ Vielleicht hatte Boris vorgehabt, ihn damit eins rein zu würgen, aber Kai war es nur Recht, dass zumindest Voltaire noch hinter Gittern saß, hatte seines Ermessens nach jedoch Boris viel mehr Unheil angerichtet.

“Was willst du, Kai?“, wollte der Lilahaarige wissen und der Halbrusse hasste es, wie dieser seinen Namen aussprach.

Aber er ließ sich nichts anmerken und meinte nur: „Tala.“

“Klar. Was auch sonst,“ nun stand Boris auf und kam um seinen Schreibtisch herum. Fest sah er Kai in die Augen, focht mit ihm ein Duell aus, von dem Beide nicht als Verlierer hervor gehen wollten.

Ohne das Kai jedoch seinen Blick abwenden musst, wurde er besiegt, in dem Boris nur einen einfachen Satz sagte, der seine gesamte Welt in Schutt und Asche riss.

“Es tut mir Leid, Kai,“ meinte er, klang dabei aber nicht so, „aber Tala ist gestern Nacht gestorben.“

“Arschloch,“ er wollte so viel mehr sagen, so viel mehr, dass seine Wut und seinen Hass und allen voran seine Trauer ausdrücken konnte, aber nichts Weiter kam über seine Lippen.

“Oh, ich kann da nichts dafür. Es war eine Schlägerei unter den Schülern, wegen eines sinnlosen Streites. Eine der Verletzungen war wohl zu viel für den Guten.“

Aber Kai glaubte ihm kein Wort, hatte er noch die Zeilen in Talas Brief vor Augen. Woher hätte Tala wissen sollen, dass irgendwelche Schüler sich mit ihm prügeln würden, wegen irgendeiner Belanglosigkeit? Er wusste, wer Tala geschlagen hatte, bis diesen die Kräfte verlassen hatten, einfach nur, weil er den Rothaarigen nicht mehr brauchte oder als Gefahr angesehen hatte.

Boris zu Bitten, in Talas Zimmer sehen zu dürfen, war mehr, als sein Stolz vertrug und wie ein geschlagener Hund folgte er Boris durch die Gänge.

Er war sich bewusst, dass der Lilahaarige sich nun als Sieger sah, aber da war ihm egal. Ihm war alles egal.
 

Als er dann alleine in dem Raum stand, den Tala bewohnt hatte, in dem Tala gestorben war, fühlte er sich auf einmal klein und hilflos.

Und am liebsten hätte er sich selbst dafür geschlagen, Tala nicht hatte retten zu können, einfach nur, weil sein eigener Stolz es ihm damals verboten hatte, dem Rothaarigen zu zuhören.

Er sah sich in dem kleinen Zimmer – in der kleinen Zelle – um. Tala hatte also nicht mehr weiter in ihrem gemeinsamen Doppelzimmer wohnen dürfen, sondern man hatte ihm ein Einzelzimmer gegeben.

Noch kleiner und kahler, als es ihr gemeinsames Zimmer gewesen war.

Während er sich nun in dem karg eingerichteten Zimmer umsah, kam es ihm vor, als sähe er alles genau vor sich.

Er sah das Bett, welches noch ungemacht war. Sah das zerknitterte Lagen, in welchem Tala geschlafen hatte, ehe Boris Männer in sein Zimmer gestürmt waren.

Förmlich konnte er vor sich sehen, wie Tala sie aus großen Augen angesehen hatte, wie er dann resignierend die Augen geschlossen hatte, wissend, was nun kam.

Er blickte zu der Blutlache, die noch immer am Boden war, auf dem Fleck Erde, auf dem er seinen letzten Atemzug getan hatte.

Er konnte vor sich sehen, wie sie auf ihm eingeprügelt hatten, wie er sich zu anfangs sicher noch gewehrt hatte, ehe er ganz aufgegeben hatte, vielleicht, weil er wusste, dass es sinnlos war, weiter zu kämpfen, oder weil ihm bereits die Kräfte versagten.

Er sah vor sich, wie Tala an der Wand heruntergerutscht war, in seinem eigenen Blut liegen geblieben war und letztlich…

Es waren nur wenige Augenblicke gewesen, die Kai in Talas Zimmer verbracht hatte, aber diese wenigen Augenblicke genügten, um ihm zu nehmen, was Jahre ihm gegeben hatten. Mit einem Mal überkam ihm die Gewissheit, zu spät gekommen zu sein. Er hatte wirklich gedacht, er hätte noch zeit, würde her fliegen und ihn retten, ehe er sterben würde.

Nun riss die Wahrheit ihm mit eiskalter Hand den Atem aus den Lungen und der Schmerz, welchen er nun fühlte, war schlimmer als der Tod.

Er hatte es nicht geschafft. Und es tat ihm unendlich Leid, ihn nicht angehört zu haben, ihn nicht sofort rausgeholt zu haben. Ja, jetzt tat es ihm Leid. Aber nun war es auch zu spät.

Langsam wandte er sich zum Gehen.

Als er sich jedoch umdrehte, fiel ihm in den Augenwinkeln ncoh etwas auf und er drehte sich noch einmal um. Das letzte Licht des Tages ließ das Zimmer düster wirken und fast hätte er es übersehen. Aber nun schien es, als würde die Wand förmlich Leuchten, nur damit er Talas letzte Worte fand.

Er blickte auf die blutroten Lettern, die in der feinsäuberlichen Schrift an die Wand gepinselt worden waren. Sah Tala vor sich, wie er eine letzte Botschaft hinterlassen hatte, nur für ihn.

Er blickte auf die drei Worte, ehe er gequält die Augen schloss.

Doch auch vor seinem inneren Auge leuchteten sie rot auf, hatten sich in sein Gedächtnis gebrannt: ‚Ich liebe dich’

Er hatte ihn verloren, aber er würde ihn nie vergessen.
 

Ich wollte nie um Vergebung bitten, weil ich glaubte, dass man mir nicht vergeben kann.

Aber wenn ich jetzt zurückblicke und mich wieder vor der Wand stehen sehe, an welcher sein Blut seine Botschaft verkündete, sie stumm in die Welt hinaus schrie, da möchte ich ihm nur noch sagen, wie Leid es mir tut.

Auch wenn ich es nicht mal vor mir selbst entschuldigen kann, so bitte ich doch ihn: Tala… Bitte… Vergib mir…
 

The End



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2010-08-14T04:52:48+00:00 14.08.2010 06:52
Oh my Gosh...
Waaaah, du hast ihn echt sterben lassen?! Maaannn! Das kannste doch nicht machen! Insgeheim hatte ich nämlich noch auf ein Happy-End gehofft. Ein bisschen jedenfalls.
Trotzdem ist das ein schöner Epilog, der deiner Geschichte ein rundes Ende gibt. Gute Arbeit!
Von:  Last_Tear
2010-08-03T21:19:38+00:00 03.08.2010 23:19
O____O
*sprachlos*
*schauder*
Jetzt hab ich Gänsehaut Q__Q
*schnüffz*
Uh >.< böse ;___;
*Balkov töt*
*heul*
Talaaaaaa >//<
*Doppelmarmorgrab bau*
XX"
Ja, es gefällt mir immer noch =3
*freus*
*schmus*
Auf jeden Fall danke ;__;


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