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Tim Burtons - Alice im Wunderland 2

*~*Der Erbe der weißen Königin*~*
von

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- Eine Tasse Tee...

Der Tee verteilte seinen entspannenden Duft derweil bereits in Alice` Zimmer. Aus der Tülle dampfte es gediegen. Mit einer Tasse in der Hand, verweilte der Blondschopf auf der Fensterbank und genoss die sanfte Brise des zur Neige gehenden Tages. Alice bewohnte immer noch dasselbe Zimmer, welches man ihr gab, als sie wieder hierher zurückgekehrt war. Sie wollte es nicht wechseln und würde auch nach der Hochzeit nicht tun. Schließlich wurde ihr hier, genau an diesem Fenster, das geschenkt, was ihr Leben nun endlich vervollständigte. Erkenntnis. Ab Morgen sollte dies ihr gemeinsames Schlafgemach werden. So schlürfte Alice etwas von ihren Tee an dem Tassenrand, als das ersehnte Klopfen endlich ertönte. Wer dies war, stand außer Frage. Nach ihrem “Herein”, betrat der Hutmacher den Raum. Sogleich zog er das Aroma des Brühwerkes in einem tiefen Atemzug in sich auf. Dabei schenkte er Alice ein liebevolles Lächeln, welches seine baldige Frau ebenso erwiderte. Er legte seinen Zylinder ab, wie auch die Jacke, um sich darauf ebenfalls eine Tasse Tee zu gönnen.

“Und nun lockte er dich doch...”, hielt Alice ihr Lächeln. Mit der Tasse setzte Tarrant, den ersten Schluck genüsslich zu sich nehmend, sich ihr gegenüber auf die Fensterbank. Diese bot genug Platz, um ihr Gesellschaft zu leisten.

“Hmm, meinst du?”, sah er über den Rand des Porzellans mit einem Grinsen zu ihr.

“Du weißt was morgen ist, nicht wahr?”

“Unser Hochzeitstag, wie könnte ich das vergessen?!”, erklang ihre Stimme glückselig und damit im völligen Gegensatz zu der, die Alice damals einen Abend vor dem Blumertag verlauten ließ.

Nach einem ebenso sanften gehauchtem “Ja” seinerseits, wie ihrem: “Und dieses Mal wünschte ich mir nicht, ich würde aufwachen...”, folgte ein weitere Schluck und seine Stirn zog einen Augenblick skeptisch zusammen, ohne auf ihre Worte weite einzugehen. Alice bemerkte dies sofort, worauf auch sie zu stutzen begann.

“Stimmt etwas nicht?”

“Hmm... Ja. Etwas fehlt ihm noch...”, bemerkte er bezüglich des Tees.

“Etwas Süße?”, hinterfragte die Frau ihm gegenüber. Schweigend und mit unveränderter Miene nickte der Hutmacher ein wenig. Sein linkes Bein angewinkelt auf dem Untergrund des Rahmens, sodass seine Hose, die eh schon zu kurz in ihrer Länge war, sich fast bis zur Kniescheibe hoch zog. Somit sah man wieder einmal deutlich die farblich unterschiedlichen Strümpfe nur zu genau. Der Rechte war schwarz, rot, weiß gestreift, der Linke orange. Für sich verstehend, stellte Alice daraufhin ihre Tasse beiseite und erhob sich, um ihm den Tee zu versüßen, als dieser sogleich äußerte: “Aber nicht durch Zucker...” Fast hätte er es sich nicht getraut, in seiner noch oft vorhandenen Schüchternheit, doch nun verblasste sein ernster Gesichtsausdruck und wandelte sich zurück in das anfängliche Lächeln. Mit dem Geschirr in der rechten Hand, öffnete er einladend, wie auch mit einer stummen Aufforderung seine Arme und sah seine Liebste eindeutig an. Ein fast schon unschuldiger Blick, bei dem sich seine Stirn erneut in Falten legte. Er seine Lippen ein Stück nach innen einzog und wie ein Lämmchen, so unschuldig und liebbedürftig, zu ihr aufsah. Alice verstand sofort, konnte sich ihr Lächeln, welches vielmehr einem Grinsen ähnelte, bezüglich seines Blickes ebenfalls nicht weiter vorbehalten und kam seiner lautlosen Bitte nur allzu gern nach. Achtsam das flüssige Gut in seiner Hand nicht zu verschütten, ließ Alice sich mit ihrem Rücken an seinem Oberkörper nieder und schmiegte sich an.

Wie zwei Tore schlossen des Hutmachers Arme sich um sie. Auf den Tee wohl wachend. Tarrant neigte sein Haupt auf ihre weichen Locken und der Duft, der von ihnen ausging, vernebelte ihm die Sinne noch viel mehr, als es der Tee je im Stande wäre zu erreichen. Sachte hauchte er ihr einen Kuss auf diese, worauf Alice ihren Kopf liftete und zu ihm hinaufblickte. Immer noch zierten ihre Lippen das beglückte Grinsen.

“Nun kann ich meinen Tee vollkommen genießen”, trank er nun äußerst zufrieden seine flüssige Gewohnheit und mit seiner Alice bei sich.

“Und ich? An meine Tasse komme ich doch nun nicht mehr heran...”, schielte diese weiter hoch. Wieder zuckten seine Brauen eine Sekunde.

“Oh, ja, aber sicher doch... Hier...”, reichte er ihr seine Tasse, worauf Alice sich ein Schlückchen ergatterte. Tarrant leerte diese hiernach gänzlich und stellte sie sicher auf dem Boden ab. Nun hatte er seine Hände gänzlich für seine Schönheit frei, was er auch gleich nutzte, um sie einmal fest und zärtlich zu drücken. Sein Kopf vergrub sich an ihrer Halsbeuge und in ihr samtiges Fließ. Es war nicht abzustreiten, ihr Parfüm zog ihn immer wieder in eine schiere Trance und versetzte seinen Herzschlag in Aufregung. Sein Griff um sie sprach eine klare Botschaft in seiner Intensität. Ja, er war nun König von Unterland, aber SIE war alles wofür er lebte. Er sein wollte. Mit dem Wissen, das sich hier am morgigen Tag alles für immer festigen sollte, er ihr voll und ganz zeigen durfte was sie ihm bedeutete, er sie ganz und gar lieben durfte, entfachte sich auf seine Wangen eine neue Röte. Aber war dieser mehr als prickelnde Gedanken auch geknüpft mit einer großen Nervosität. Ja, schon fast einer neuen Angst. Mehr als es diese bereits in seiner Sorge, um die eigentlich Hochzeit gab! Was wäre, würde er ihre Wünschen, ihre Vorstellungen nicht gerecht werden? Er besaß doch keinerlei Erfahrungen in solchen Dingen. Nein. Er würde, egal was auch sein möge, alles daran setzten, sie nicht enttäuschen. Er war sich sicher sein Herz, seine Liebe zu ihr würde ihn anleiten das Richtige zu tun. Durch und mit ihr fühlte er sich bestärkt.

Ohne zu ahnen, was ihrem Schatz durch seinen krausigen Kopf ging, strich sie über seine Arme hinunter zu seinen Fingern. Alice konnte solche Sorgen nicht mehr ihr Eigen nennen. Seit sich alles zum Guten gewendet hatte und sich zudem in ihren Augen fortführen würde, fühlte sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben befreit. Sie war bei dem Mann, den sie als einzigen ihr Herz geschenkt hatte und der ihre Liebe erwiderte. Ihr Wunderland erstrahlte wieder und sie wusste, dass es ihrer Schwester gut ging. Welche, dank der finanzielle Rücklage des Geschäfts, die Annullierung ihrer Ehe einreichen konnte, was sich allerdings nicht sehr gut auf Lowells Ruf ausgewirkt hatte. Margaret besaß nämlich, unterstützt von der Wahrheit, wie auch dem neu gefassten Mut, für den ihrer Schwester das beste Beispiel war, die Gelegenheit, ihre Gatten mit seinen Liebschaften vor Zeugen, wie auch Klienten zu konfrontieren. Diese waren nicht gerade begeistert zu erfahren, dass er auch ihnen nur das Blaue vom Himmel vorgelogen hatte. Sei es was Liebesschwüre betraf oder das Bild eines aufrichtigen Vorzeigeehemanns. Lowell musste lernen, dass das Herz einer Frau Erfüllung aber auch Vernichtung bedeuten konnte. Margaret war aus dem gemeinsamen Familienhaus ausgezogen und kehrte zurück in ihr ehemaliges Elternhaus, welches sie wieder herrichten und restaurieren ließ. Alice` altes Zimmer immer für die Kleine bereitstehend. Auch fand sie sich rasch zurecht, was die Leitung der Firma anbetraf. Ihr Stand in der Gesellschaft wurde dadurch haltend gefestigt und erlitt, trotz dem Skandal um Lowell, keine Verluste. Er hingegen musste sein strahlend glänzendes Schild von der Tür nehmen und von der Selbständigkeit zurück in die Unterwerfung begeben.

Auch hatte Alice ihrer Schwester von ihrem erhaltenen Heiratsantrag erzählt und damit die Möglichkeit genutzt ihr ihren Zukünftigen vorzustellen, als Margaret Alice` Versprechen, sie wäre wenn sie es wünsche, immer bei ihr, eingeholt hatte. Alice musste während des Moments vor dem Spiegel schmunzeln, wenn sie sich den, im ersten Augenblick doch sehr überraschten, Gesichtsausdruck der Älteren bedachte. Damit bestätigte sie zwar Michaels Aussagen über den `Clown´, aber Mrs. Manchester verurteilte Tarrant, nach allem was geschehen war, nicht. Oder äußerte sich gar bezüglich seinen eigentümlichen Äußeren. Er machte Alice glücklich, das konnte sie mit jeder kleinsten Geste und Mimik, die sie aber auch er ausstrahlte klar erkennen. “Kann man sich etwas Sehnlicheres wünschen, als einen Mann, der wie für einen gemacht erscheint? Der den phantastischen Wunsch in einem zum Leben erweckt?” Wie sehr freute sich Alice über diese Worte Margarets, als sie Tarrant damit offiziell in der Familie willkommen hieß. Der Hutmacher hingegen verbeugte sich anerkennend vor seiner zukünftigen Schwägerin und war ebenfalls sichtlich erleichtert gewesen über eine derart positive Reaktion.

Dem genannten Mr. Cromwell hingegen, traf es ebenfalls nicht sehr günstig. In all seiner Panik, seiner durchnässten Rückkehr, wie seiner Erzählung über den Ablauf des Geschehnisses, klang es schier unvorstellbar, dass Michael dies überlebt hatte. Er dabei aber versicherte, sein Bestes getan zu haben, um Alice ritterlich zu schützen, wie es einem Gentleman gebührte. Doch konnte damals weder Margaret noch Lowell Michael einen hundertprozentigen Glauben schenken über diese Unglaublichkeit, das Alice das Opfer einem aus dem Irrenhaus entsprungenen `Clowns´ geworden sein sollte. Vor allem, da die Anstalt, der Polizei selbst, die sich natürlich bezüglich dieses `Verbrechens` intensiverweise angenommen hatte, mitteilte, dass sich ein derartiger Patient nicht unter ihrer Aufsicht befunden hätte. Der junge Anwalt jedoch verharrte eisern auf seinen Standpunkt. Selbst sein hochgeschätzter Freund Mr. Manchester, konnte ihn, mit den für ihn eigentlich sehr wohl vertrauten Fakten und Konsequenzen, bezüglich seiner Karriere und den logischen Resultaten des Gesetzten, nicht von diesem abbringen konnte.

Denn Alice blieb für die Augen der irdischen Welt verschwunden, wie auch der Mann der nach Michaels Aussagen dafür verantwortlich war. Er ging sogar so weit, den Fremden mit zur Verantwortung zu ziehen und ihn als Mitauslöser für dieses Desaster anzukreiden. Wie hätte er ahnen können, dass er damit nicht im Unrecht war? Den Ring, den Margaret von Alice bekommen hatte, hatte Michael nie zurückerlangt. Zu viele neue Fragen hätte das Schmuckstück aufgeworfen. Der Tatort war wertlos gewesen und überlieferte, dem schweren Unwetter damals verdankend, nichts mehr von dem was sich dort abgespielt hatte. Der Regen hatte sprichwörtlich alle Spuren verwischt. Doch der so viel versprechende Anwalt plädierte, gestützt durch seine Studien und Kontakte, auf sein Recht und der Tatsache, dass er sich nichts von alldem ausgedacht hatte. Vergeblich. Der oberste Gerichtshof, den er sogar dafür aufsuchte, orderte ihn sogar dazu an, sich selber in ärztliche Behandlung, bezüglich dieses Nervenproblems zu begeben. Schließlich war so viel Phantasie nicht mehr gesund.

Da niemand wusste was zu tun war in diesem Fall und niemand Michaels Worten als schlüssige Erläuterung werten konnte, entschied Alice` Schwester sich letztendlich doch das zu tun, was sie am liebsten vermieden hätte. Sie ließ Alice offiziell als unglücklich verstorben erklären. Über die Gefasstheit von Mrs. Manchester bei diesem Verlust, verwunderte man sich nicht und tat es als Folgereaktion des Schocks ab. Natürlich war der Sarg provisorisch und ohne Inhalt. Alice ´Leichnam´ blieb unauffindbar. Margaret verzichtete auf eine große zur Schaustellung des Begräbnisses. Ja, sie hatte das `Grab`, welches sich unter den Weiden des Gartens befand, sogar mit einem Lächeln betrachtet, weil sie es nicht als Ende sah, sondern als völligen Neuanfang für Alice und sich selbst. Nur der kleine goldene Verlobungsring Michaels wanderte, begraben mit der Vergangenheit unter die kalte Erde, um dort für immer zu ruhen.
 

Alice` Augen begutachteten ihrem roten `Verlobungsring´ und brachten ihre Lippen zum Lächeln, wie auch bei dem, der seinen Finger zierte, wenngleich seiner in erster Linie für seine Arbeit stand.

“Hm, am liebsten würde ich ihn nicht wieder eintauschen wollen... So wie es jetzt ist, sieht es so aus, als wäre wir schon... für immer vereint...”

Tarrant löste sich aus seiner genießenden Trance und blickte nun ebenfalls, seinen Kopf an den ihren gelehnt, zu den kleinen Nadelkissen an ihren Fingern.

“Aber dies ist doch kein Ring für eine Königin...”, äußerte er es nicht abwertend meinend. Alice verstand ohne es falsch aufzufassen.

“Mag sein. Aber ich werde auch und in erster Linie, die Frau des talentiertesten Hutmachers sein, den es gibt und als solche bin ich stolz auf so ein Geschenk! Königin hin oder her...”, antwortete sie Tarrant mit eben diesem erwähnten Stolz in der Stimme.

//Alice...// Der Hutmacher war nun sichtlich gerührt über diese bewegende Aussage Ihre positive Betonung dabei klar registrierend.

“Ach mein Engel...”, antwortete er, zu nichts anders weiter im Stande seiend. Die Stimme dabei sanft und hell. Dafür jedoch erfasste er zärtlich und behutsam die Spitze ihres Kinns mit seinem Daumen, unterhalb gestützt von seinem Zeigefinger und drehte ihr Gesicht zu sich.

“Es ist nur die Wahrheit!”, lächelte Alice weiter sachte, wie aufrichtig, als sie den bewegten Schimmer in seinen Augen erfasste.

Mehr als verliebt und dabei jedoch auch mit einem fast schon ernsten Blick, der die junge Frau zu Wachs in seinen Händen werden ließ, sah Tarrant Alice in die Augen. Aber auch verfolgten die seinen, die Bahnen, die die Kuppel seines Daumens sinnlich über ihre perfekt geformten Lippen zogen, bevor er sich dieser süßen Verlockung nicht länger wiedersetzen konnte und sie mit seinem Magentarot zusammen treffen ließ. Sichtlich genossen sie diese Zärtlichkeit, bis Tarrant ihn wieder löste und sachte sprach: “Aber bitte, lass mir die kleine Freude über den Ring, den ich eigens für dich hab anfertigen lassen, wenn ich dir schon kein Kleid zaubern durfte, ja...?!”

Nun schmunzelte Alice. Wenn er nur wüsste.

“Diese möchte ich dir natürlich nicht nehmen und ich hoffe, ich werde dir dennoch gefallen...? Weißt du, der Schneider meines Kleides ist sehr, sehr begabt. Du müsstest ihn kennen...”

Abrupt kamen sich seine buschigen Brauen wieder näher, bevor sich eine in die Höhe begab.

“Müsste ich das?”, wunderte er sich nun doch sehr. Sogleich kramte er in seinem Gedächtnis, wer außer ihm Alice noch ein würdiges Kleid nähen könnte. Doch blieb die Lösung aus.

“Ja, müsstest du...” Seine Verlobte hingegen musste sich selbst mehr als stark zügeln nicht in ein schallendes Gelächter auszubrechen und ihre verräterisch zuckenden Mundwinkel dabei zähmen. Tarrant wollte zum Wort ansetzten, enthielt sich dann allerdings. Blickte geschwind in ihr Gesicht und zurück auf einen leeren Punkt. Ja, er war sichtlich verwirrt.

Alice wickelte sich ein wenig aus seiner Umarmung, aber nur um sich zu Tarrant umzuwenden. Kniend vor ihm, hauchte sie ihm ein Küsschen auf die Stirn.

“Zerbrich dir nicht den Kopf darüber... Morgen wird sich alles klären, aber sei mir nicht böse, ja?”, lächelte die Königin und stupste ihn mit ihrer Nase an der seinen, ihn auffordernd sein Gesicht wieder zu heben. Im selben Moment ertönte die Wanduhr im Zimmer und läutete den Abend offiziell ein.

“Und nun, my Lord, so schwer es mir auch fällt, muss ich Euch bitten, mich alleine zulassen?! Ein allerletztes Mal...”, erbat Alice sanft.

//Böse sein?// Kurz blinzelte der Hutmacher, noch in ihren vorigen Worten gefangen, bis er seine Lider wieder hob.

“Ja, ja, aber sicher...”, erhob Tarrant sich, als Alice etwas wich. Immer noch konnte er sich nicht von dem Rätsel lösen, wer derjenige welcher sein könnte. In dieser Knobelei, ergriff er sein Hab und Gut, vergaß allerdings Alice einen wohlmöglichen `Abschiedskuss` zu geben und trat zurück zur Tür.

“Ich wünsche dir eine gute Nacht... Alice!”, sprach er fast beiläufig in seiner Überlegung.

Weiter lächelte die Blondine. “Danke, ich dir auch... Tarrant!”, folgte es von der Fensterbank aus. Ein freches Grinsen aufbauend, kicherte Alice, als ihr Hutmacher etwas unkoordiniert ihr Schlafzimmer verließ. Ob er ihr wieder einen Handkuss dafür zu werfen würde, wie heute Mittag? Abwartend blickte sie weiter zur Tür. Doch nichts geschah. “Hmm...”, brummte sie für sich ein wenig enttäuscht und zuckte dann mit den Schultern. Der Wink war aber auch gemein gewesen, das musste sie sich eingestehen. Alice neigte sich, um das Geschirr aufzuheben, als sie im Augenwinkel sah, wie die Tür sich doch wieder auftat. Natürlich bekam sie ihren gehauchten Handkuss in derselben Prozedur, wie Tarrant es zuvor bereits getätigt hatte. Dabei wäre es ganz gleich gewesen, wie verwirrt er wäre oder auch nicht, wenn es nun schon kein richtiger Kuss sein konnte. Und diesen nun quittierte Alice ihm mit einem erfreuten Lächeln.
 

Unmittelbar jedoch, nachdem die weiß verschnörkelte Tür wieder ins Schloss viel, öffnete sich laut schallend eine andere smaragdgrün-vergoldete an einem anderem Ort im Unterland.

“Nein, bitte... bitte verzeiht mir, Durchlaucht?! Es... es kommt nie... nie wieder vor!”, zitterte eine noch kindliche Stimme, als ihre Person hart auf den Fliesen des Flures zu Fall kam. Ein junges Mädchen, kaum älter wie dreizehn Jahre, versuchte sich wieder aufzurappeln, in ihrer Angst, die ihr Missgeschick herbeigerufen hatte. Schützend hob sie ihre Arme vor ihr Gesicht, während ihr das Werkzeug ihres Vergehens nachgeworfen wurde.

“Wie kannst DU es wagen?! Du wertloses Ding! Sieh dir nur an, was du angerichtet hast!”, zischte eine weitere weitaus ältere Frauenstimme und deutete auf die vergoldete Bürste, die sich nun ebenfalls am Boden wiederfand und an der Strähnen von rotbraunem schimmerndem Haar hingen. Glänzend durch den Schein der Kerzen, reflektiert von all den unzählbaren Geschmeiden, welches sie am Körper trug und gehüllt im feinsten Damast, schritt die wutentbrannte Frau auf das Kind zu. Jede einzelne Bewegung entlockten den Schmuckstücken, die sie zierten, kleine Melodien des feinsten Glockenspieles. Die Furcht, die sich deutlich in den aufgerissenen tränen untermalten Augen der kleinen Magd wiederfand, war auch durch ihren hastigen Atem nicht zu übersehen.

“Ich flehe Euch an! Bitte... bitte vergebt mir?!”, bettelte das Mädchen weinend weiter. Der schwere Stoff des Gewandes neigte sich mit seiner Herrin direkt vor dem ungeschickten Geschöpf hinab und der Schatten ihrer Präsenz schien diesen Frosch grade zu verschlingen zu wollen.

“Shhhht... du brauchst dich nicht zu fürchten, mein Kind...”, erklang die Stimme der imposanten Frau nun scheinbar sanfter, während die stechend schwarzroten Augen dennoch bedrohlich funkelten. Ruckartig erfassten ihre Finger das Gesicht des bebenden Bündels vor sich und hoben es an. Hart war der Griff an dessen Kinn und schmerzend bohrten sich die Fingernägel in die noch junge Haut, welche bereits gezeichnet von früheren Narben war und sich dabei quer über das Antlitz zogen.

“Wag es dich nicht noch einmal oder du wirst dein zartes Stimmchen nie wieder erheben können, hast du verstanden?”, flüsterte die Dominanz nun wieder kalt. Der kleine Kinderkörper erstarrte unter dem verletzenden Griff, bei dem nun sogar Blut floss.

“Ja! Ja... das habe ich Euer Durchlaucht!”, antwortete die Kleine in ihrer Panik hastig. Ohne jegliche Regung auf diese beteuernde Aussage, musterten die arroganten Augen der Überhand der Situation ihre `Beute`. Kaum merklich bewegte sich das Haupt, mit dem vollen gewellten Haar, erst zu den Seiten und dann ein Stück in die Höhe, bevor sich ein abwertendes Lächeln dazugesellte. Und im nächsten Augenblick, ertönte die helle Stimme der jungen Dienerin, schmerzerfüllt durch das gesamte Anwesen.

Wie sich in eben demselben, Strähnen ihres eh schon dünnen Haares in der geballten Faust ihrer Durchlaucht wiederfanden. Schier genüsslich roch Leondreth einen Moment an diesem und warf das Kind mit einem Ruck zurück auf den Grund. Die Herzogin richtete sich wieder auf.

“Hmm... ich denke wir könnten nun eine Tasse Tee vertragen... Ja, das ist eine gute Idee”, sprach sie zu sich selbst und schenkte der Magd keine Würdigung mehr, bis auf eine Handbewegung, das diese sich entfernen sollte. Worauf das Mädchen eilig nickte, die Bürste an sich nahm und zurück durch die Tür huschte, aus der sie hinaus gestolpert war.

Wie als habe sie etwas Widerwärtiges an den Fingern schüttelten diese die Haare des Kindes von sich. Folgend strichen sie dann das eigene elegant richtend zurück, als auch ihr Kleid glatt. Mit einem Lächeln auf den Lippen, wandelte sie die lange Steintreppe hinunter, um in die Küche zu gelangen. Die Mimik in ihrem einmalig schönen Gesicht wieder entspannend.

Sie hatte die Tür zu dieser noch nicht gänzlich geöffnete gehabt, als ihr eine Rauch- und Pfefferwolke entgegen kam, aber auch ein Teller, der hinter ihr zu Bruch ging und dem sie geschickt ausgewichen war, indem sie kurz, sich krümmend, niesen musste. “Raus hier!”, knurrte eine weitere weibliche Stimme der Herzogin entgegen.

“Oh Berin, wo ist unser Tee? Ja, es ist schließlich bereits nach Sonnenuntergang. Wir können doch nicht schlafen ohne unseren Tee”, ging diese nicht auf schon befehlsartigen Ton ihre Köchin ein und hielt ihr vorfreudiges Lächeln.

“Ich bin beschäftigt, das seht Ihr doch!”, grummelte die andere Frau, die vor einen riesigen brodelnden Kessel stand und in einer, nicht sehr appetitlich wirkenden, Suppe herum rührte. Sie trug eine Spitzenhaube, die ihr weit ins Gesicht reichte, so wie ein bäuerliches Flickenkleid mit Schürze. Dabei streute sie immer mehr Pfeffer in das Essen, das die Gewürzwolken, in dem recht kleinen Raum, keine Chance bekamen abzunehmen.

“Aber er steht dort hinten auf dem Tisch, wie Ihr es wünschtet”, fügte sie weiter genervt hinzu. Kein Stück bewegte sie sich vom Fleck oder drehte sich ihrer Herrin zu. Warum sollte sie auch? Sie kannte dieses Spiel bereits seit zig Jahren. Jeden Tag, immer zur selben Stunde. Es war stets der gleiche Ablauf. Auch kümmerte sie der Aufschrei der kleinen Magd nicht. Keinen hatte es gestört und keiner wäre ihr je zu Hilfe gekommen. Wer sich hier freiwillig eine Arbeit geben ließ, tat dies auf eigene Verantwortung. Es schien schon fast wie ein Wunder, das Berin die einzige war, die es sich erdreistete durfte, derart forsch mit der Herzogin zu sprechen, die jeder in Alessien fürchtete. Und nicht nur dort. Warum dies so war, konnte niemand sagen.

Leondreth näherte sich dem angedeuteten Tisch und nieste ein weiteres Mal. Dieselbe Reaktion folgte gelegentlich von ihrer Dienerin an der Kochstelle. Leicht seufzte sie nun, während ihre Durchlaucht auf das Geschirr sah.

“Ach, welch ein Jammer. Warum lud man uns nie zu einer Teegesellschaft ein? Trinkt man ihn etwa nicht mehr? Damals feierten wir viele Feste und tranken ihn. Aber nie durften sich meine Augen einer Einladung beglücken... Welch ein Jammer...”, wiederholte sie erneut zu sich selbst sprechend. Wieder stieß sie den Atem aus und ergriff selber das Tablett. Wie hätte sie in diesem Augenblick auch erahnen können, dass ihr Wunsch bereits auf dem Weg der Erfüllung war? Und nicht nur dieser näherte sich immer weiter ihrer Burg. Auch der kleine geflügelte Bote des Herzbuben würde sich bald in Alessien einfinden, um sicher zu gehen dass der Empfänger die Sendung noch in dieser Nacht erhielte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (10)

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Von:  Holofaye
2010-06-04T20:33:58+00:00 04.06.2010 22:33
Nah schön zu wissen, das Lowell und Michael bekommen haben was sie verdienen >D
Und die gute Margaret... jetzt ist sie aber ganz alleine, die Arme... Hoffentlich findet sie jemand nettes neues ^^
Hach *dahinschmelz* und Alice und Tarrant sind so fein am Turteln! *__* Das könnte ich mir stundelang reinziehen ^o^

Die Herzogin ist mir unheimlich :S Und dann kommt auch noch der Bube wieder... >.<
Die sollen echt nich die Hochzeit versauen! >.<

Liebste Grüße, Faye
Von:  Morovin
2010-05-22T09:46:49+00:00 22.05.2010 11:46
endlich komm ich mal dazu weiterzulesen :D
Mir gefällt das Kapitel ausgesprochen gut. Hatte wieder ne Gänsehaut bei den Szenen mit Alice und Tarrant^^
"Aroma des Brühwerkes" haha die Bezeichnung für Tee gefällt mir^^

Boah das kleine Mädchen tat mir ja sowas von leid... Aber die Köchin ist ja so der Oberhammer wie rotzig sie mit der Herzogin umgeht! Klasse^^

bin gespannt wie es weitergeht^^

Von:  _NiKcKu_
2010-05-16T22:01:35+00:00 17.05.2010 00:01
So da bin ich wieder=)

Das ist mal wieder ein echt schönes Kapitelchen^^
Du hast sehr schöne Umschreibung (oder andere Wörter), wie beispielsweise für den "Tee". Ich wäre nie auf "Brühwerk" gekommen. Echt toll^^

Du schreibst ja auch von Margaret, das is ja schön, aber hab ich das jetzt richtig verstanden und Alice kann mit Hilfe des Spiegels jederzeit mit Margaret reden?
Es scheint ja wirklich alles besser geworden zu sein - für alle. Und ich stell es mir wirklich schlimm vor, eine Schwester für Tod zu erklären, wenn man wusste das sie noch wo anders weiterleben würde...

Ich weiß nich wie du das schaffst, aber du bekommst es hin eine Szene derart in die Länge zuziehen, ohne das man es mitbekommt oder es gar störend wäre für den Erzählfluss. Du Künstlerin der Worte ;)

Hab mal ne andere Frage- so am Rand: Kam das eigentlich im Film vor, das der Hutmacher Tarrant heißt?

Nun zurück zum Kapitelchen: Ist das etwa die Herzkönigin, welche das arme Kind so derart massakriert? Das Arme...
Mhm, aber ich dachte die Herzkönigin ist zerfallen, wie Mirana?
Und wo liegt denn Alessien? (Manchmal komm ich echt nich mit, das kam doch bestimmt im Film oder den anderen Kapiteln mal vor oder?)

Also ganz ganz ganz minikleine Fehlerchen im Ausdruck gibts noch, aber wirklich nur kleine^^ Ich bin aber echt zuversichtlich, das es bald gar keine mehr gibt. Da es ja kein Buch sein soll oder den Erzählfluss behindert, ist das ja auch net schlimm^^

Liebe Grüße
Von:  Kuraude-chan
2010-05-13T16:45:12+00:00 13.05.2010 18:45
grrrrrrr....-^p^-
Wow ein Tag vor der Hochzeit...man spürt die aufsteigende Spannung <3

Das Chap. war wieder total romantisch <3
Und vor allem wegen Tarant Gestik >>Mit dem Geschirr in der rechten Hand, öffnete er einladend, wie auch mit einer stummen Aufforderung seine Arme und sah seine Liebste eindeutig an. Ein fast schon unschuldiger Blick. Er seine Lippen ein Stück nach innen einzog und wie ein Lämmchen, so unschuldig und liebbedürftig, zu ihr aufsah.<< *schwärm* <3 <3 <3 <3

Zu der Herzogin kann ich nur eines sagen: AB MIT DEM KOPF! *Grüße von der Herzkönigin* x3
Von:  weisserose
2010-05-12T05:22:44+00:00 12.05.2010 07:22
Oh ich hoffe doch das Alices Schwester mit bei der Hochzeit im Wunderland dabei ist. Das würde ich richtig schön finden. Naja warten wir es erstmal ab.

Lg
röschen

Von:  sleeping_snake
2010-05-11T19:12:15+00:00 11.05.2010 21:12
Sie hat sich scheiden lassen. Trallala! ^__________________^
Mir gefällt der Spruch: "Lowell musste lernen, dass das Herz einer Frau Erfüllung aber auch Vernichtung bedeuten konnte."

Ist sie nun eingeladen oder nicht? (Verrat nichts! *mich selbst zur Geduld zwing*)

Boah! Ne richtig miese, fiese Nudel!
Wo hat sich der Arbeiterverband versteckt? Oder das Jugendschutzamt?
Mein Fazit: Das geborene Böse,... ich liebe die Rolle!

lg S_S
Von: abgemeldet
2010-05-11T16:21:57+00:00 11.05.2010 18:21
Oha, langsam lösen wir die Rätsel~ Ich kann wohl davon ausgehen, dass sie der äusserst unerwünschte Hochzeitsgast sein wird? ;)
Morgen ist Hochzeit *hüpf*
Also, nicht morgen morgen, aber morgen in Unterland xD
Da läuft die Zeit halt etwas anders :P Ich kann es auf jeden Fall kaum noch erwarten >_< *hibbel*
Von:  Kleines-Engelschen
2010-05-11T16:19:37+00:00 11.05.2010 18:19
ein tolles kapi. ich bin schon soo auf die hochzeit gespannt und wie unser hutmacher auf das kleid reagiert ^^
schreib schnell weiter

greetz
Von:  Aranel191
2010-05-11T12:15:26+00:00 11.05.2010 14:15
Wieder ein tolles Kapi.^^ Ich bin schon so gespannt auf die Hochzeit. Mach schnell weiter.^^

Lg. Wolf_Girl191
Von:  SamuelBlack
2010-05-11T04:37:41+00:00 11.05.2010 06:37
Endlich bin ich mal erster ;)
dein Kapi hat mir jetzt schon denTag versüßt ^^
Einfach wieder wundervoll geschrieben, ich wiedehole mich, wenn ich sage:
Schreib schnell weiter =)

Freue mich schon so sehr auf die Hochzeit *hach*

lg,
Samuel


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