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Heldenzeit

Spiegelverkehrt & Kryptonit & Vulkado | Oneshot- Sammlung
von

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Ein kleiner Moment

Liebe My,

es tut mir Leid, dass es nicht Jannis/Kolja geworden ist, aber ich kam einfach nicht mehr rein. Es gibt stattdessen Jana/Franzi-Plüsch und ich hoffe, dass es dir gefällt. Frohe Weihnachten!

______________________
 

Als Franzi zum ersten Mal bemerkt, dass etwas anders ist als sonst, sitzt sie an einem regnerischen, kalten Dezembertag in ihrem Zimmer und beobachtet Jana dabei, wie sie sorgfältig eine Seite vom vierten Harry Potter Band umblättert und lächelt, als sie den ersten Satz liest. Franzi will eigentlich Mathehausaufgaben machen, aber sie kann sich nicht wirklich konzentrieren. Im Winter vermisst sie Chris immer besonders, weil die Vorweihnachtszeit damals, als er noch hier im Haus gewohnt hat, immer schön war. Natürlich ist es immer noch schön, aber Franzi wünscht sich manchmal, dass Chris näher bei ihnen wohnen würde, damit sie sich öfter sehen könnten.
 

Dieses Weihnachten ist anders, weil Jana da ist. Natürlich ist es nicht dasselbe wie mit Chris, aber es ist auf eine andere Art und Weise auch wunderschön. Und während Franzi ihre beste Freundin beobachtet und dabei zusieht, wie ihre blaugrünen Augen Zeile für Zeile entlang huschen spürt sie ein leichtes Fallgefühl im Magen und legt den Kopf schief, um konzentriert in sich hineinzuhören und herauszufinden, was es damit auf sich hat. Es braucht nur ein leises Lachen von Jana, um Franzi die Antwort vor Augen zu führen. Ihr Herz hüpft glücklich bei dem Klang und Franzi atmet einmal tief durch, als sie sich langsam bewusst macht, dass sie vielleicht oder sogar sehr wahrscheinlich zum ersten Mal verknallt ist.
 

Franzi macht sich keine Gedanken darüber, dass Jana ein Mädchen ist, sie macht sich Gedanken darüber, dass Jana ihre beste Freundin ist. Einerseits hat sie Angst, dass sie mit solchen Gefühlen die Freundschaft kaputtmachen könnte, andererseits glaubt sie nicht, dass sie jemals in einen Menschen verliebt sein könnte, mit dem sie nicht so eng befreundet ist. Es bleibt die Frage, ob Jana sie auch anders mag als freundschaftlich. Wenn nicht, dann wäre das auch ok, denkt Franzi sich, dann wären sie weiterhin beste Freundinnen und das wären sie ja hoffentlich ohnehin, auch wenn Jana ebenfalls ein bisschen verliebt in Franzi wäre.
 

Es kommt ihr ein bisschen merkwürdig vor, dass in so vielen Filmen die Erkenntnis über Gefühle ein großartiger Moment ist, ein pompöser Augenblick, in dem die Welt innehält, um die Luft anzuhalten und sich für ein paar Sekunden nicht zu drehen. Sicher gibt es auch Leute, die solche Erlebnisse haben, aber Franzi kann nicht behaupten, dass die Welt angehalten hat. Es war ein kleiner Moment, ein Wimpernschlag, ein Stolpern ihres Herzens und ein Fallgefühl im Magen, während sie ihre beste Freundin dabei beobachtet, wie sie den vierten Band aus ihrer liebsten Buchreihe liest und dabei lächelt. Ein ganz normaler, alltäglicher Augenblick an einem ganz normalen Tag kurz vor Weihnachten. Niemand schwebt in Lebensgefahr, wurde gerade aus einem brennenden Haus gerettet, steckt in einem Fahrstuhl im zehnten Stock mit einem gutaussehenden Kollegen… Franzi befindet, dass Fiktion oft übertreibt und es doch so – klein, unauffällig und behutsam – viel schöner ist als mit lauten Fanfaren im Hintergrund.
 

Als Jana von ihrem Buch aufschaut und ihr zulächelt, kribbelt es in Franzis Magen und sie atmet tief ein, um das Gefühl zu bewundern und es sich genau einzuprägen.

»An welcher Stelle bist du grade?«, fragt Franzi lächelnd und schiebt ihr Mathebuch beiseite, um sich neben Jana zu setzen und ihr über die Schulter zu sehen.

»B.Elfe.R«, erklärt Jana lächelnd und hält Franzi das Buch hin. Janas Lieblingscharakter ist Harry. Sie leidet immer besonders mit ihm, wenn er zurück in den Ligusterweg muss, zurück zu seinen Peinigern, und Franzi versteht das nur zu gut. Ein besonders glücklicher Moment ist es gewesen, als Jana ihr nachts kurz vorm Einschlafen zugeflüstert hat, dass dieses Haus ihr Hogwarts ist. Franzi hat ihre beste Freundin fest an sich gedrückt und sie sind Arm in Arm eingeschlafen.
 

Franzis Lieblingscharakter ist Hermine. Deswegen hat sie ihre Katze nach diesem Charakter benannt. Es passt irgendwie, findet sie. Immerhin sind Harry und Hermine auch beste Freunde. Allerdings waren sie nie ineinander verliebt, denkt Franzi sich.

»Sag mal…«, fängt Franzi an und Jana sieht auf, um ihren Blick zu erwidern, »warst du schon mal verliebt?«

Janas Wangen färben sich ein wenig rot. In Franzis Augen ist sie das hübscheste Mädchen der Welt.

»Vielleicht. Ich weiß nicht genau«, antwortet sie leise und Franzi beobachtet ihre beste Freundin interessiert. Sie sehen sich eine ganze Weile lang schweigend an, als wären sie hypnotisiert von den Augen der anderen.

»Und du?«, will Jana schließlich wissen. Franzi lächelt.

»Ja, schon«, gibt sie zurück. Irgendwie ist sie sich sicher, dass Jana eigentlich weiß, worüber sie redet und dass sie sich womöglich gerade indirekt gesagt haben, dass sie nicht nur noch beste Freundinnen sind, sondern auch noch etwas anderes. Aber sie hakt nicht weiter nach und lässt die Sache erst einmal auf sich beruhen.
 

*
 

Seit Jana keine Angst mehr vor Berührungen von Franzi hat, gehen die beiden fast immer Hand in Hand. Die meisten Leute achten nicht darauf, weil Mädchen eher unsichtbar sind, wenn sie Händchen halten. Es sei denn, eine von ihnen trägt karierte Hemden und Boots und kurze Haare. Franzi stört sich nicht daran, immerhin sind Jana und sie tatsächlich befreundet. Auf dem Weihnachtsmarkt lässt es sich eher schlecht Hand in Hand gehen, aber weil Jana ohnehin keine großen Menschenmengen mag, gehen sie unter der Woche recht früh, sobald es dunkel geworden ist. Dann kann man gemütlich nebeneinander durch die Gassen zwischen den Ständen schlendern, sich die Kerzen, Schmuckstücke, Süßigkeiten und Holzfigürchen gut ansehen, ohne andauernd beinahe zerquetscht zu werden. Es fängt sogar ein wenig an zu schneien, als sie vor einem Stand mit Silberschmuck stehen und Jana fängt ein paar Flocken auf ihrem Handschuh, um sie sich näher anzusehen. Franzi hat das gewisse Gefühl im Magen jetzt immer häufiger und ständig muss sie lächeln, wenn sie Jana ansieht. Das Lächeln geht dann meist nicht mehr weg, als wäre es auf ihr Gesicht geklebt. Aber es ist ein guter Zustand, findet Franzi. Und Jana strahlt jedes Mal zurück, als wäre Franzi der beste Mensch auf der Welt. Zusammen mit Benni, natürlich.
 

Während Franzi nach einer schönen Kerze für ihre Oma zu Weihnachten sucht, verschwindet Jana von ihrer Seite und kommt kurze Zeit später mit einem kleinen Lebkuchenherz zurück. Darauf steht »Danke«. Franzi bekommt es umgehängt und fühlt sich, als wäre ihr Inneres mit Heliumluftballons gefüllt. Sie kaufen sich grüne Zuckerwatte und stellen sich neben ein altes Fachwerkhaus, um dort in Ruhe das süße Zeug vom Stab zu zupfen und sich in den Mund zu stecken. Die Zuckerwatte bleibt an Janas Fingern kleben und sie lacht so glücklich, dass Franzi sie am liebsten küssen möchte vor Begeisterung. Vielleicht sieht sie Jana so an, als würde sie genau das tun. Vielleicht versteht Jana sie. Ihr Lachen versickert langsam und sie sieht Franzi einen Augenblick zögerlich an, dann beugt sie sich hastig vor und drückt ihre Lippen vorsichtig auf Franzis Mund. Jana schmeckt nach Zuckerwatte und Franzi spürt Wärme überall dort in ihrem Körper, wo ihr gerade noch kalt war. Schnee rieselt auf sie herunter und Franzi genießt das aufgeregte Schlagen ihres Herzens.

Als Jana sich von ihr löst, ist sie ganz rot auf den Wangen und leckt sich die Lippen ab.

»Darf ich das später noch mal machen?«, erkundigt Franzi sich. Jana muss kichern und sie klingt nervös, aber auch sehr glücklich. Zufrieden schiebt sie sich das nächste Stück Zuckerwatte in den Mund.

»Ja, bitte.«



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2012-12-28T11:26:45+00:00 28.12.2012 12:26
Oh Gott, ich fürchte ich habe einen Zuckerschock. Die beiden sind so süß, dass Vanillesoße meine Wände hinab fließt OO!

Schön, dass die zwei sich so glücklich machen. Sehr gut fand ich den kleinen Absatz, in dem Franzi darauf hinweist, dass die Welt im Moment der Erkenntnis nicht stehen geblieben ist und auch keine Fanfaren erklangen. Bei mir wars auch nie so, also Daumen hoch für den Realismus :)!

Und jetzt ab zu Chris ^-^
<3 <3 <3
Von:  Noveen
2012-12-26T15:33:14+00:00 26.12.2012 16:33
Auch wenn die Beiden nicht unbedingt zu meinen Lieblingscharas in dem Kryptonit - Universum (welch merkwürdiges Wort...^^") gehören, hast du das was zwischen den Beiden Mädchen ist super beschrieben.

Kompliment.
Du hast mir die Franzi und Jana wieder ein Stück näher gebracht.

Gruß
Von:  Giraffenmaedchen
2012-12-25T16:32:25+00:00 25.12.2012 17:32
All die Emotionen <3
Hab schon ein bisschen Pipi in den Augen gehabt <3
Ganz viel Liebe und frohe Weihnachten für dich!
Von: abgemeldet
2012-12-25T14:22:06+00:00 25.12.2012 15:22
Ich finde das Kapitel total süß und einfach passend zu Weihnachten :) Die beiden sind schon irgendwie niedlich und ich bin gespannt, was aus diesem Sidekick noch in Vulkado wird ;) Süß geschrieben wie immer zieht mich auch dieser Oneshot in seinen Bann.

Ich wünsche dir btw. frohe Weihnachten, besinnliche Festtage und einfach eine schöne Zeit :)
Von:  Myrin
2012-12-25T08:47:52+00:00 25.12.2012 09:47
Ooooooh, vielen, vielen vielen Dank!
Ich freu mich so! So eine wunderhübsche kleine Episode zu den beiden (die auch noch ganz wunderbar in die aktuelle Zeit von Kryptonit passt).
Ich kann gar nicht viel mehr sagen, außer "Schööööööööööööööööööööööön!".
*anlieb*


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