Zum Inhalt der Seite

Heldenzeit

Spiegelverkehrt & Kryptonit & Vulkado | Oneshot- Sammlung
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Nervös

Für meine Steffi <3

___________________________
 

Leon mochte Sex.

Jeder normale Kerl mochte Sex. Sex war eine gute Sache und Leon hatte schon mit vielen Mädchen Sex gehabt. Es war – vielleicht bis auf das erste Mal – keine komplizierte Angelegenheit gewesen. Mit der Zeit hatte er einige motorische Feinheiten hinzugelernt und jetzt konnte er mit Anfang zwanzig mit Sicherheit von sich selbst behaupten, dass er gut im Bett war. Alles war in bester Ordnung. Abgesehen davon, dass nichts in Ordnung war, weil Leon sich seit einigen Wochen fühlte wie eine verdammte Jungfrau. Technisch gesehen war er das sogar. Wenn es nämlich um Sex mit einem Kerl ging. Was dieses Thema anbelangte war er so grün hinter den Ohren wie jeder picklige Dreizehnjährige, der gerade mal wusste, wie man das Wort Sex überhaupt buchstabierte.
 

Felix war schuld daran, dass Leon plötzlich keine Ahnung mehr von Sex hatte. Felix war schuld daran, dass Leon sich seit neustem beim Wichsen nicht mehr Frauen mit großen Brüsten vorstellte, sondern einen hübschen, jungen Mann mit braunen, verschmitzten Augen und einer Brust, die so flach war wie die Witze seines Vaters. Er hatte noch nie nachts im Bett an einen anderen, verfluchten Schwanz gedacht und sich nie darüber den Kopf zerbrochen, wie genau er es anstellen konnte, auch noch mit einem anderem Kerl im Bett eine Granate abzugeben. Er stand zwar nicht völlig im Dunkeln, – verdammte Kacke, er wusste ganz genau, wie Männer miteinander schliefen – aber das machte seine Unsicherheit nicht wirklich besser.
 

Felix drängte ihn nicht. Natürlich nicht. Er hatte zwei bekloppte Jahre darauf gewartet, dass Leon endlich einsah, dass er nicht nur auf Frauen stand, sondern auch auf Felix. Felix war ein Meister im Warten. Leon nicht wirklich. Zugegebenermaßen konnte er seine frische Beziehung mit Felix mit nichts aus seiner Vergangenheit vergleichen. Es war seine erste Beziehung. Er war nicht nur eine beschissene Jungfrau, was Sex mit Männern anging, sondern auch bei Beziehungen. Aber Leon stellte sich vor, dass er – wenn er frühere Beziehungen vorzuweisen hätte – sicherlich nicht anderthalb Monate gebraucht hätte, um mit seiner Partnerin ins Bett zu steigen.
 

Leon merkte sehr genau, dass Felix alles an Disziplin aufbringen musste, um sich nicht auf ihn zu stürzen und ihm seine schlanken Finger in die Hose zu schieben, wann immer sie wieder einmal mit wildem Herumgeknutsche beschäftigt waren. Leon war sehr geschmeichelt von Felix‘ ziemlich offensichtlicher Begeisterung für alles, was mit Leons Körper zu tun hatte. Aber die schreckliche Tatsache war, dass Leon es bisher nicht einmal über sich gebracht hatte, mit Felix mehr zu tun als zu knutschen. Leon wusste verflucht genau, dass Felix ihm alle Zeit der Welt lassen würde. Aber Leon war sich auch sicher, dass er noch nie in seinem relativ kurzen Leben so rallig gewesen war wie im Moment. Und er war auf kein Mädchen jemals so scharf gewesen wie auf Felix.
 

Wieso also brachte er es nicht über sich, sich selbst und seinem Freund die Klamotten vom Leib zu reißen und…

»Ihr müsst ja nicht gleich miteinander schlafen«, hatte Nicci in beruhigendem Ton gesagt, als Leon in zunehmender Verzweiflung bei ihr aufgekreuzt war und sie auf eine ausgesprochen männliche Art und Weise hysterisch geschüttelt hatte.

»Es gibt doch auch andere Dinge, die man miteinander machen kann.«

Leon hatte sich gekrümmt. Ihm war bewusst, was man mit einem männlichen Geschlechtsteil tun konnte. Aber das führte ihn automatisch zu der absolut unweigerlichen Schlussfolgerung, dass er Felix‘… er wagte es nicht einmal, das Wort zu Ende zu denken.

»Ich werd alles falsch machen. Felix hat mit tausend Kerlen gevögelt und ich werde die grottige Jungfrau ohne Ahnung sein!«
 

Nicci hatte seufzend den Kopf geschüttelt.

»Felix erwartet wohl kaum von dir, dass du von heut auf morgen ein Sex-Guru wirst«, entgegnete sie.

»Aber ich erwarte von mir, dass ich ein Sex-Guru werde! Sofort! Ich will nicht wieder von vorn anfangen!«

Nicci betrachtete ihn mitleidig und Leon stellte wieder einmal fest, dass Mitleid nichts für ihn war. Er grummelte leise.

»Dann kannst du keinen Sex mit Felix haben. Entweder, du fängst von vorn an und lebst mit dem Wissen, dass du vielleicht nicht von Anfang an Brian Kinney bist…«
 

»Wer ist Brian Kinney?«, fragte Leon verwirrt. Nicci räusperte sich.
 

»Ein Charakter aus Queer as Folk«, erklärte sie. Dann lächelte sie strahlend.

»Ich kann dir die ersten beiden Staffeln leihen, wenn du willst. Und das Internet besteht schließlich auch zu 99 Prozent aus Pornos. Da wirst du dich doch ein wenig bilden können«, meinte sie, erhob sich und wuselte durch ihr winziges Zimmer hinüber zu einem ihrer Schränke, um dort zwei DVD-Staffeln hervorzukramen. Auf dem Cover waren nackte Männeroberkörper zu sehen. Leon spürte, wie ihm die Hitze ins Gesicht stieg und er musterte die DVDs einen Moment lang feindselig, dann stopfte er sie in seinen Rucksack und starrte Nicci einige Sekunden lang fassungslos an.

»Ok. Internet. Sexrecherche. Sicher. Nichts leichter als das«, murmelte er. Nicci kicherte.

»Es wäre sehr viel einfacher, wenn du einfach mit Felix darüber sprechen würdest. Ich bin sicher, dass er–«
 

»Ich rede nicht mit Felix über meine Sexpanik!«, gab Leon entrüstet zurück. Schlimm genug, dass er mit Nicci darüber geredet hatte. Eigentlich wollte er sich gern draußen im Vorgarten ihres Hauses verbuddeln und dort nie wieder rauskommen. Nicci kicherte angesichts des Wortes ›Sexpanik‹ und zuckte mit den Schultern.

»Ok. Dann viel Erfolg bei der Recherche und… ähm… viel Spaß bei allem, was daraus resultieren mag«, meinte sie und geleitete ihn durch den Flur hin zur Wohnungstür, die sie für ihn öffnete, während Leon seine Jacke und seine Schuhe anzog.

Leon zog es vor, Niccis letzten Wunsch nicht zu kommentieren und hob zum Abschied die Hand, ehe er sich auf den Weg nach draußen machte, um zurück nach Hause zu gehen. Recherche. Recherche für Sex. Und dubiose Schwulensendungen. Er war nicht schwul. Er stand nur auf Felix. Und er wollte verflucht nochmal Sex mit Felix haben und zwar am besten von morgens bis abends. Nur musste er erst herausfinden, wie genau er das anstellen sollte.
 

*
 

Leon hatte die Vorhänge zugezogen und seine Tür abgeschlossen. Nur zur Sicherheit. In den letzten anderthalb Wochen hatte er sich Niccis Queer as Folk Staffeln angeschaut und vor allem festgestellt, dass der Gedanke an Rimming ihm unheimlich vorkam, dass homophobe Arschlöcher scheiße waren und er es zutiefst bedauerte, jemals eines gewesen zu sein, und dass er Emmet gruselig fand. Dummerweise gab Brian Kinney niemals genaue Anweisungen bezüglich seiner Fähigkeiten im Bett, was Leon aber vermutlich ohnehin nicht großartig weiterhelfen würde. Immerhin wusste er schon seit Anfang an, dass er beim Sex mit Felix unten liegen würde. Zugegebenermaßen machte das die Dinge für ihn etwas einfacher. Er musste sich nicht damit beschäftigen, ob er Felix aus Versehen wehtat und das allein war eine ziemliche Erleichterung. Trotzdem bereitete ihm der Gedanken an den passiven Part beim Sex ein nervöses Flattern im Magen.
 

Jetzt saß er vor seinem PC und starrte auf die wertfreie Google-Startseite. Wenn er ›Gayporn‹ googelte, würde er vor lauter Scham vermutlich rücklings vom Stuhl kippen und einen jämmerlichen Tod sterben. Allein die Vorstellung, wie man seine Leiche hier auf dem Boden finden würde, die Suchergebnisse immer noch deutlich sichtbar auf dem Monitor… nein, das wollte er nicht riskieren. Also rief er Wikipedia auf und atmete einmal tief durch. Die Tatsache, dass sein Herz hämmerte wie eine hyperaktive Dampflok, würde er mit ins Grab nehmen. Dann tippte er sehr langsam, als könnte jeden Moment etwas explodieren, wenn er das Wort vollständig in die Suchzeile eingab, ›Analsex‹ und drückte Enter. Eventuell schloss er nach dem Drücken der Entertaste kurz die Augen. Aber auch das war etwas, das er lieber nicht laut denken wollte.
 

Als er sie wieder öffnete, gab er ein undefinierbares Geräusch von sich, das womöglich dem Schnauben eines panischen Pferdes glich. Als wäre seine Decke das interessanteste, was er jemals gesehen hatte, starrte er nach oben und schluckte mehrmals, bevor er den Blick wieder auf den Artikel richtete und sehr bemüht nicht auf die Bilder rechts neben dem Schriftblock schaute.

Stell dich nicht so an, grollte eine resolute Stimme in seinem Kopf. Oh Gott, er hatte sich gerade nicht Christians höhnisches Grinsen vorgestellt. Und auch nicht Felix‘ amüsiertes Giggeln. Herrgott, er stellte sich an wie ein unreifer Teenager.

Entschlossen begann er zu lesen und dabei die überdeutliche Tatsache zu ignorieren, dass ihm schrecklich heiß war und er eigentlich doch gern nach draußen gehen und sich dort sein eigenes Grab schaufeln würde.
 

Eine halbe Stunde später hatte er sich durch drei Artikel gelesen und es sogar über sich gebracht, einige Bilder anzusehen. Wieder einmal fiel ihm auf, dass er einfach nicht auf Männer stand. Männer waren nichts für ihn. Er mochte die Kurven und die weiche Haut von Frauen. Mitsamt Brüsten und allem drum und dran. Männerkörper riefen in ihm überhaupt nichts hervor, einmal abgesehen von einem leichten Schaudern. Felix war die einzige, beknackte Ausnahme. Wenn Felix aus der Dusche kam und nur ein Handtuch um die Hüften geschlungen hatte, dann wurde Leon heiß und kalt. Meistens bekam er so prompt ein Rohr, dass er am liebsten im Erdboden versunken wäre. Er stand auf Frauen und auf Felix. Und jeder Vollidiot auf dieser Welt, dem er das erzählte, nickte spöttisch lächelnd und verdrehte die Augen. Frei nach Motto ›Lassen wir ihm seine Illusionen. Er ist schwul und kann es nur einfach nicht zugeben.«. Leon konnte diese Blicke nicht leiden. Es wäre ihm mittlerweile tatsächlich vollkommen egal, wenn er wüsste, dass er schwul wäre. Aber er war nun einmal weder schwul noch bisexuell. Er war einfach nur er selbst mit einer übergroßen Schwäche für Felix.
 

Entnervt schloss er seinen Internetbrowser und grummelte undeutlich vor sich hin. Wie hatte er es überhaupt durch zwei Staffeln Queer as Folk geschafft, wo er Männer alles in allem nicht sonderlich ansprechend fand? Achja. Er hatte sich resolut sich selbst und Felix vorgestellt. Leon blieb einige Sekunden auf seinem Schreibtischstuhl hocken und dachte an die erste Folge, in der Brian und Justin miteinander Sex hatten. Ein paar Augenblicke später fluchte er lauthals, weil sich der Inhalt seiner Hose bemerkbar machte und ihm unmissverständlich verkündete, dass er endlich Sex mit Felix haben sollte. So oft wie in den letzten anderthalb Monaten hatte er sich eindeutig noch nie zuvor einen runtergeholt.
 

*
 

»Du wirkst ein bisschen angespannt«, verkündete Felix mit leicht besorgter Miene an einem Samstagabend. Vor ihnen auf dem niedrigen Tisch, den Leon bei sich im Wohnzimmer stehen hatte, standen die leeren Überreste von thailändischem Essen und im Hintergrund lief irgendein belangloser Actionstreifen. Vielleicht war es ›The Fast and the Furious 2‹? Er war sich nicht mehr sicher, da es Samstag war und Felix hier übernachtete und Leons Gedanken immer noch um das Thema Sex kreisten. Wahrscheinlich bekam er bald im Zwei-Minuten-Takt ein Rohr und würde dann irgendwann vor Erschöpfung in Ohnmacht fallen.

»Wie kommst du darauf?«, fragte Leon und er hörte selbst, wie gepresst seine Stimme klang. Felix hob seine geschwungenen Augenbrauen und leckte sich über die Oberlippe. Hervorragend. Wenn er jetzt gleich allein von der Mimik seines Freundes in seiner Boxershorts kam, dann war es endlich an der Zeit sich wirklich im Garten zu vergraben.
 

»Dein… alles ist irgendwie…«

Felix wedelte vage in seine Richtung und dann tat er etwas, das Leons Herz beinahe aus seinem Brustkorb katapultierte. Er krabbelte auf allen Vieren um den Tisch herum und hockte sich so nah vor Leon, dass ihre Knie und ihre Nasenspitzen sich berührten. Wahrscheinlich würde er gleich in Ohnmacht fallen. Psychischer Druck in Form von Sexpanik würde seine Todesursache sein. Hoffentlich ließen seine Eltern das nicht auf seinen Grabstein meißeln.

»Alles ok«, sagte er und seine Stimme klang eindeutig etwas höher als sonst. Unweigerlich schossen Bilder und Worte durch seinen Kopf, die er vor wenigen Tagen im Internet gesehen und gelesen hatte.
 

Felix verdrehte die Augen.

»Es ist überhaupt nichts ok und dir sollte eigentlich klar sein, dass ich dich zu gut kenne, um das nicht zu bemerken, Noel«, gab Felix zurück und Leon verfluchte seine nicht vorhandene Fähigkeit, gut zu lügen. Leon sackte ein wenig in sich zusammen. Er wollte wirklich nicht mit Felix darüber reden und sich komplett zum Deppen machen.

»Hat’s was mit mir zu tun?«

Das Geräusch, das Leon auf diese Frage hin entwich, konnte auf keinen Fall als klägliches Wimmern bezeichnet werden. Es war eher der männliche Ausdruck schierer Verzweiflung.

»Also ja…«

Felix setzte sich aufrecht hin, sodass er auf seinen Füßen hockte. Seine schlanken Finger lagen auf seinem Schoß und er betrachtete Leon mit leicht schief gelegtem Kopf. Er sollte jetzt nicht darüber nachdenken, dass der Gedanke an das Körperteil in Felix‘ Hose ihn erstens hysterisch und zweitens rallig werden ließ.
 

»Dir ist schon klar, dass Kommunikation in einer Beziehung irgendwie wichtig ist, ja?«, erkundigte sich Felix und er klang fast beiläufig, aber Leon kannte diesen Unterton. Er bedeutete ›Sag mir auf der Stelle, was los ist, oder ich werde dir schreckliche Dinge antun‹.

»Sex«, sprudelte Leon hervor und Felix blinzelte ein wenig verwirrt, dann runzelte er die Stirn und zog seine Füße unter seinem Hintern hervor, um sich stattdessen in einen Schneidersitz zu setzen.

»Sex?«, wiederholte Felix und Leon wäre stolz auf sich gewesen, dass Felix seinen Gedanken ausnahmsweise einmal nicht folgen konnte, wenn er nicht so fertig mit den Nerven gewesen wäre. Er beschloss, sein heißgewordenes Gesicht hinter seinen Händen zu verbergen und tief durchzuatmen. Sanfte Finger in seinen Haaren veranlassten ihn dazu, die Hände sinken zu lassen und Felix ziemlich kläglich anzuschauen.
 

»Wir sind seit sieben Wochen zusammen und–«

Er brach ab. Felix musterte ihn aufmerksam und zog seine Finger behutsam aus Leons Haaren zurück.

»Du hattest seit sieben Wochen keinen Sex und das stört dich?«, wollte Felix wissen. Leon blinzelte und verzog verwirrt das Gesicht.

»Nein. Ja. Also, nein, nicht so, wie du denkst!«, antwortete er hastig und Felix schien sich etwas zu entspannen. Leon konnte sich nur ungefähr vorstellen, was in Felix‘ Kopf vor sich ging. Dass Leon Sex mit Frauen vermisste und deswegen… er wollte sich diesen Gedanken nicht einmal zu Ende ausmalen.
 

»Es ist nur…«

Leon holte tief Luft und beschloss, dass er einfach alles möglichst schnell ausspucken sollte. Je schneller es draußen war, desto schneller war die ganze Peinlichkeit vorbei. Hoffentlich.

»Ich bin einfach nur wahnsinnig scharf auf dich, aber ich hab noch nie mit ‘nem Kerl irgendwas gemacht und ich will nichts falschmachen und ich will nicht wieder eine unerfahrene Jungfrau sein und ich hab keine Ahnung von irgendwas und jedes Mal, wenn ich dich angucke, kriege ich einen halben Herzklabaster und so oft hab ich mir noch nie einen runtergeholt und…«

Das alles schoss in atemberaubendem Tempo aus seinem Mund und Felix‘ Gesichtsausdruck sah schlichtweg verdattert aus. Leon gratulierte sich schwach unter all der Panik und der Verlegenheit, die ihn befallen hatte, dass er Felix ganz offensichtlich aus dem Konzept gebracht hatte.
 

»Oh«, war Felix‘ Antwort auf Leons peinliche Geständnisse und Leon spielte nervös mit seinen Fingern herum. Er war mit der Zeit sehr viel besser darin geworden, in Felix‘ Gesicht zu lesen, aber es gab immer noch einiges zu lernen. Und gerade konnte er sich nicht wirklich zusammenreimen, was hinter Felix‘ Stirn vor sich ging.

»Also willst du nicht mit Frauen schlafen und fühlst dich schlecht, weil du mich nicht so scharf findest…?«

Leon hob die Brauen und vergaß einen Moment lang seine Probleme. Felix hatte keine Komplexe, weil Leon auf Frauen stand. Felix war das Selbstbewusstsein in Person. Felix würde doch nicht denken, dass… Oh.

»Ich will nicht mit Frauen schlafen«, sagte Leon dumpf. »Und ich finde dich viel zu scharf für mein eigenes Wohlergehen.«
 

Felix‘ Mundwinkel zuckten. Leon seufzte.

»Aber nur dich. Es ist die abgefahrenste Scheiße, die ich mir vorstellen kann. Ich find Männer einfach nicht gut. Überhaupt nicht. Nur… dich. Und so…«

Felix starrte ihn an.

»Und du hast Angst, irgendwas falsch zu machen«, wiederholte er. Leon nickte.

»Und deswegen haben wir bisher nichts anderes getan, als zu knutschen.«

Leon nickte erneut. Felix atmete sehr tief ein und wieder aus, dann rutschte er ein Stück näher zu Leon, schob die Finger seiner rechten Hand in seinen Nacken und presste seine Lippen auf Leons.
 

Leon spürte, wie er automatisch in den Kuss hinein schmolz und Felix näher zog. Sie kippten rückwärts und landeten auf dem Teppichboden von Leons winzigem Wohnzimmer. Felix saugte ausgiebig an Leons Unterlippe, während er sich zwischen die Beine seines Freundes hockte, aber Leon wollte mehr Körperkontakt, viel mehr Wärme und überhaupt viel mehr Felix. Er schlang seine Beine um Felix‘ Hüfte und zog ihn nach unten, sodass ihre Unterkörper sich fest aneinander pressten und Leon ungewollt laut in den Kuss stöhnte. Durch den Stoff seiner Jeans konnte er eindeutig spüren, dass Felix ihn genauso sehr wollte, wie Leon ihn. Dunkel erinnerte er sich an eine Unterhaltung mit Felix, in der er ihm versichert hatte, dass er nicht stöhnte. Aber Felix war der Ausnahmezustand in Leons Leben. Felix stellte alles auf den Kopf.
 

»Bett«, keuchte Felix gegen Leons Lippen und die heisere Stimme seines Freundes schoss direkt in seine Körpermitte und ließ seine Kehle trocken werden. »Und weniger Klamotten!«

Felix löste sich von Leons Lippen und befreite sich aus dem Klammergriff seiner Beine, Leon folgte ihm wackelig vom Boden und Felix zog ihn am Handgelenk mit sich durch den winzigen Flur hinüber zu Leons Schlafzimmer. Die Tür schlug hinter ihnen zu und Felix hatte sein T-Shirt so schnell ausgezogen, dass Leons glasige Augen kaum mithalten konnten. Felix nestelte an Leons Reißverschluss herum und schob ihm die geöffnete Jeans von der Hüfte. Leon hatte es so eilig, aus seiner Hose zu steigen, dass er beinahe stolperte. Felix gluckste matt und schob Leon zum Bett, wo er hinunter gedrückt wurde und sein Shirt über den Kopf gezerrt bekam.
 

»Darf ich…?«, fragte Felix und er klang beinahe ein wenig unsicher, als er zu Leon aufs Bett stieg und seine Hand über Leons Bauch hinunter zum Saum seiner Shorts wandern ließ. Leon schluckte geräuschvoll und nickte. Er würde nicht mal unter Folter zugeben, dass seine Hände zitterten, als Felix ihn in eine liegende Position komplementierte und seine Finger in den Bund von Leons Shorts schob. Leon hob seine Hüfte an und sah mit hämmerndem Herzen zu, wie der karierte Stoff seine Oberschenkel hinunter gezogen wurde und schließlich neben dem Bett landete.

Felix legte sich neben ihn, betrachtete Leons Gesicht einen Augenblick lang und beugte sich dann vor, um ihn erneut zu küssen. Leon konnte sich nicht vorstellen, dass er jemals genug von diesen Lippen bekommen könnte. Er konnte Felix gar nicht nah genug sein – wenn es nach ihm ginge, wäre da immer noch ein Millimeter zu viel, der sie trennte, auch wenn sie so eng aneinander gepresst waren, dass nicht einmal mehr ein Blatt Papier zwischen sie passte.
 

»Du hast noch… deine Hose an«, wisperte Leon undeutlich gegen Felix‘ Lippen, wobei er ihren Kuss so kurz wie möglich unterbrach und seine Finger unruhig über Felix‘ nackten Rücken und seine Schultern gleiten ließ. Felix lachte leise gegen Leons Mund, zeichnete mit seiner Zunge Leons Oberlippe nach und löste sich etwas von ihm.

»Ich hab ja auch nicht vor, dich zu überfallen. Du sollst dich nur ein bisschen an mich gewöhnen«, erklärte Felix leise und seine Fingerspitzen huschten über Leons nackte Haut und hinterließen kribbelnde Spuren.

»Wie soll ich mich dran gewöhnen, dass du ein Kerl bist, wenn du die Hose noch anhast?«, gab Leon vorwurfsvoll zurück und Felix musste erneut lachen, rutschte ein Stück von Leon fort und öffnete seine eigene Jeans, die er sich mitsamt seiner Boxershorts hinunter schob. Leon war sehr bemüht nicht zu starren.
 

Wenn Mädchen sich so fühlten, wenn sie das erste Mal ihren Freund nackt sahen, dann hatte Leon in diesem Moment eine große Menge Mitgefühl mit ihnen. Panik war was für Weicheier. Offensichtlich war er das größte Weichei in zehn Kilometern Umfeld. Felix drehte sich um und einen Wimpernschlag später hatte Leon keine Zeit mehr zu starren, weil Felix ein Bein um seine Hüfte schlang und Leon an sich zog, sodass sie frontal aneinander gedrückt auf dem Bett lagen und sich ihre nackten Unterkörper aneinander pressten. Leon biss sich heftig auf die Unterlippe, um nicht schon wieder laut zu stöhnen. Er atmete so schwer, als wäre er eine lange Strecke gesprintet, und schloss die Augen.

»Alles gut?«, murmelte Felix und vergrub sein Gesicht an Leons Hals, um dort behutsame Küsse zu verteilen und sich hier und dort festzusaugen. Er würde sich gleich unheimlich peinlich machen und einfach so kommen. Von nichts weiter als dem Druck ihrer erhitzten Unterkörper aneinander, Felix‘ sanfter Stimme und den neckenden Küssen an seinem Hals.
 

»Du musst mich nicht anfassen. Ich kann…«, nuschelte Felix und seine Lippen an Leons Halsschlagader bescherten dem Blonden eine Gänsehaut an den Unterarmen. Felix schob seine Hand zwischen sie und Leons Lippen öffneten sich zu einem unterdrückten Keuchen, als er Felix‘ Hand in seinem Schritt spürte. Er konnte nicht mehr denken, er hatte keine Ahnung, wohin er mit seinen Händen sollte, als Felix‘ Finger ihn langsam aber sicher um den Verstand brachten. Er war in diesem Augenblick sogar zu abgelenkt, um verlegen darüber zu sein, dass er viel zu schnell kam und heiße Flüssigkeit zwischen ihren Körpern und auf seinem Laken verteilte. Er schnappte nach Luft und registrierte durch einen undeutlichen Nebelschleier in seinem Gehirn, dass Felix in Leons Nachtschrank nach irgendetwas kramte und ihm schließlich ein Taschentuch in die Hand drückte. Leon seufzte leise und ließ die Augen geschlossen. Er war sich nicht sicher, ob er Felix‘ Gesichtsausdruck sehen wollte.
 

»Du hast mich in einen notgeilen Teenager verwandelt«, klagte er heiser und öffnete seine Augen einen Spaltbreit. Felix betrachtete ihn gespannt und leicht lächelnd, was Leons Magen zu einem zufriedenen Kribbeln veranlasste.

»Na und?«, gab Felix zurück. Seine braunen, schmalen Augen waren immer noch glasig. »Du mich auch.«

Leon blinzelte und seine Augen wurden rund wie Unterteller.

»Ta…tatsächlich?«, fragte er verdattert. Felix zuckte mit den Schultern und deutete andeutungsweise hinunter in Richtung Körpermitte. Leon musste nicht nach unten schauen, um zu wissen, dass Felix seine immer noch vorhandene Erektion meinte.

»Ich kann… ähm…«, begann er, aber Felix küsste ihn kurz auf den Mund und angelte nach der Bettdecke.

»Schon ok. Wird irgendwann verschwinden«, sagte er tapfer. Leon fragte sich, woher Felix diese Engelsgeduld mit ihm nahm.
 

Mit rasenden Gedanken benutzte er das Taschentuch, das Felix ihm gereicht hatte, und warf es achtlos nach hinten auf den Boden. Dann sah er Felix an, der ganz eindeutig bemüht lässig dreinblickte. Leon grummelte, beugte sich vor und presste seine Lippen auf Felix‘ Mund. Felix gab ein überraschtes Geräusch von sich und Leon schob seine Hand beherzt unter die Bettdecke und in Richtung Felix‘ Schritt.

Das laute Stöhnen, das von Felix‘ Lippen geschluckt wurde, als seine Hand ihr Ziel erreichte, ließ den immer präsenten Schmetterlingsschwarm in seiner Bauchgegend aufgeregt hochflattern. Dunkel erinnerte er sich an eine Unterhaltung darüber, dass männliches Stöhnen angenehmer für die Ohren war. In diesem Moment war Leon das Stöhnen aller anderen Menschen auf dieser Welt herzlich egal, solange Felix nur weiter diese Geräusche machte.
 

Felix bog sich seinen Berührungen entgegen, seine Küsse wurden fahrig und unkontrolliert und er krallte die Finger seiner rechten Hand in Leons Haaren fest. Leon befand, dass er sich völlig umsonst dermaßen angestellt hatte. Ihm war noch nie im Leben etwas Schärferes untergekommen, als ein sich vor Erregung windender Felix, der ihren Kuss schließlich unterbrechen musste, um nach Luft zu schnappen und seinen Kopf in den Nacken zu drücken. Leon starrte fasziniert in das Gesicht seines Freundes, das er so noch nie gesehen hatte. Wenn er recht darüber nachdachte, war das hier vielleicht sogar einfacher als mit Mädchen, weil er prinzipiell genau wusste, was er tun musste. Und ganz offensichtlich funktionierte es hervorragend, denn Felix hielt kaum länger durch als er, bevor er seine Hand ein letztes Mal in Leons Nacken krallte und auf dem Bett zusammen sank. Leon betrachtete die leicht geöffneten Lippen und die winzigen Schweißperlen, die sich auf Felix‘ Stirn gebildet hatten.
 

Sein Freund öffnete die Augen und sah ihn etwas verschwommen an. Dann grinste er und sah dabei aus, als hätte er irgendwas geraucht.

»Hmm…«, machte er und drückte Leon einen Kuss auf den Mund.

»Wo kam diese Kühnheit plötzlich her?«, wollte er wissen. Leon verzog verlegen das Gesicht.

»Weiß nicht. Du bist scharf«, gab er zusammenhangslos zurück und Felix lachte ausgelassen. Dann zog er die Nase kraus.

»Gib mir auch ein Tempo«, verlangte er. Leon musste glucksen. Er fühlte sich um Tonnen leichter als noch vor einer Stunde. Plötzlich erschien ihm seine ganze Panik völlig unnötig. Mit Felix konnten die Dinge so einfach sein. Vielleicht hätte er auf Nicci hören und einfach gleich mit ihm reden sollen. Er reichte Felix das gewünschte Taschentuch und warf einen Blick an sich hinunter. Felix kicherte matt.
 

»Hab dich auf den Geschmack gebracht, was?«, fragte er verschmitzt und Leon zuckte verlegen mit den Schultern.

»Schlimm?«, wollte er wissen. Felix grinste auf diese diabolische Art und Weise, die Leon meistens beunruhigte. In der momentanen Situation machte es ihn eigentlich nur an.

»Nein«, schnurrte Felix ihm ins Ohr und ihm wurde prompt wieder heiß. »Vielleicht bleiben wir einfach den Rest des Wochenendes im Bett. Ich hab das Gefühl, wir haben einiges nachzuholen.«

Leon beschloss, wenn er sich das nächste Mal Gedanken um Sex machte, würde er es Felix einfach erzählen. Die ganze Nervosität hatte sich letztendlich wirklich nicht gelohnt. Und er fühlte sich nicht mehr wie eine frisch gebackene Jungfrau.

»Wir können auch zusammen duschen gehen… und dann das Bett frisch beziehen«, schlug er vor und Felix‘ Lachen begleitete sie den ganzen Weg bis ins Bad.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (6)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  brandzess
2012-05-20T17:59:36+00:00 20.05.2012 19:59
Erstmal: Queer as Folk ist toll! :D Zwischenzeitlich echt anstrengend und nervenaufreibend -.- aber eigentlich toll^^ Und Leon soll froh sein, dass er kein Brian Kinney ist! Mit dem lässt es sich verdammt kompliziert leben! Da braucht man ja einen Kinney-Dolmetscher um Brians Eigenheiten immer zu verstehen^^

Leon war echt lustig in seiner Sexpanik (bei dem Wort muss ich immer noch lachen!) Und ein verwirrter Felix kommt ja auch nicht so oft vor xD
Und bei dem Satzt "Das Geräusch konnte man auf keinen Fall als Wimmern bezeichnen. Es war das männliche Geräusch der Verzweiflung" hab ich fast unterm Tisch gelegen vor lachen xDD
Von:  Inu_Julia
2012-01-06T18:13:54+00:00 06.01.2012 19:13
Ich bin gerade tausend Tode gestorben :D
Leon ist einfach nur sowas von süß :D Dieses nervöse steht ihm einfach so gut XD
Und am besten gefallen mir immer die Kommentare: DAs war kein Wimmern, sondern ein extrem männliches Geräusch der Verzweiflung :'D
Ich liebe ihn einfach :D
und ich liebe Felix dafür, dass er sihc immer noch Sorgen macht, obwohl man eigentlich so deutlich bemerken müsste, dass Leon ihn so liebt :D
Es ist klasse <3
Von: abgemeldet
2012-01-04T20:21:49+00:00 04.01.2012 21:21
Süßer, romantischer, verspielter Hauch von Smut ;) Das passt einfach total gut zu Felix. Und das Leon, der ehemalige Frauenheld, so nervös wegen etwas so Profanem wie Sex ist, dann passt auch das prima ins Bild. Herrlich geschrieben, hatte die ganze Zeit über ein Grinsen im Gesicht. Einfach nur zucker :3
Von:  Kaoru
2012-01-04T19:56:23+00:00 04.01.2012 20:56
Ach, die beiden sind einfach zu schnucklig<3
Eigentlich wollte ich ja nur reinlesen, weil ich mit den One-Shots ziemlich hinterherhänge, aber dann konnte ich nicht mehr aufhören^^; Ich war gespannt, ob du es ähnlich gestaltest wie in "Dear Diary" und kann jetzt immer mitreden^.~ Ähnlich ist es schon, aber nicht gleich-> Dickes Lob!

Hab ich dir eigentlich schon mal geschrieben, wie toll ich es finde, wenn du aus Leons Sicht schreibst? Kann es sein, dass dir der Charakter ähnelt? Ein bisschen? Es ist einfach zu authentisch, um vollkommen an den Haaren herbeigezogen zu sein. Sollte ich mich irren, fällt mein Lob an der Stelle noch größer aus^.~

Hach ja, ich wünsche mir noch gaaaanz viele solcher plüschig-witzigen Leon-Felix-Stories...

LG~ (et Bonne Année 2012!)
Von:  SessyFuchs
2012-01-03T02:12:31+00:00 03.01.2012 03:12
Ich liebe dieses Kapitel *-* Ich mag Leon und ich mag Felix (und alle anderen auch, ich kann nicht sagen, wen ich von deinen Figuren am liebsten habe - alle sind einfach auf ihre weise toll und knuffig und süß und miau xD) und ich habe mich weggeschmissen vor lachen als du Brian Kinney erwähnt hast, weil ich nebenbei Queer as Folk gesehen habe. (Mir die DvDs zu kaufen war eine der besten Entscheidungen meines Lebens)

Liebe Grüße,
Sessy
Von:  Maldoran
2012-01-03T00:13:11+00:00 03.01.2012 01:13
Hi!

Wow! Püühchen. Mir ist grad so komisch... *herumtaumel*

Das war soooo heiß, so gut, romantisch, lustig, lieb und witzig, voll mit Deinem ganz speziellen Charme (oder Leons und Felix´), erotisch und einfach.... hach! *schmelz* *schwelg*
Leons Unsicherheit, seine Gedanken über Sex mit Felix. Dazu Niccis nette Hilfestellungen mit Qaf-Videos! Herrlich. Ich krieg einfach nicht genug davon. *plinker* Kannst Du bitte noch mehr davon schreiben? Darfst Dich auch ruhig wiederholen, macht mir gaaaaaaa nix!!!!

GLG
Vala


Zurück