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110 One Shots - Impossible?

von

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Waisenkind

Die schweren Regentropfen prasselten auf den Boden. Ein kleines Mädchen im Alter von sechs Jahren stand weinend auf der Straße. Sie trug ein dunkelblaues schlichtes Kleid und hatte ihre dunklen Haare zu zwei Zöpfen geflochten. Niemand blieb stehen, um das Kind nach seinen Eltern zu fragen, um zu fragen warum es ganz allein auf der verkehrsreichsten Straße Flitterwoods stand. Niemand interessierte sich für sie. Viel zu sehr waren die Leute damit beschäftigt nach Hause zu kommen, um sich am Kamin wärmen zu können.

Elsa kam gerade vom Markt zurück. Sie war eine große, schlanke und beeindruckende Frau. Als Gemahlin eines Mediziners war sie hochangesehen und hätte ihre Waren gar nicht auf dem Markt verkaufen müssen, aber sie tat es dennoch gern und sicherte sich, ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter damit ein zusätzliches Einkommen ab.

Ihr fiel das Mädchen sofort auf. Mitgefühl war schon immer eine Eigenschaft gewesen, die Elsa in Mengen besaß. Darauf bedacht, dass sie ihre Töpfe nicht fallen ließ, während sie die Straße überquerte, schritt sie auf die Kleine zu und kniete sich dann vor ihr hin. Die Töpfe stellte sie neben sich ab.

„Du bist ja ganz durchfroren. Wo sind denn deine Eltern?“ Besorgt zupfte sie ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht des Mädchens und befühlte kurz ihre Stirn, um festzustellen, ob sie vielleicht krank war. Ein Glück – ihre Stirn war nicht heiß.

Das Mädchen blickte Elsa ängstlich an, bevor sie leise sagte: „Sie sind tot.“

Elsas Augen weiteten sich und dann erkannte sie das Kleidchen, das dem Mädchen zu eigen war. Es war aus dem Waisenhaus. Alle Mädchen dort trugen solche Kleider. Sie musste weggelaufen sein. Oder fand sie vielleicht den Weg nicht mehr zurück?

Das Waisenhaus war auf der anderen Seite der Stadt. Elsa würde es heute nicht mehr schaffen sie dorthin zu bringen. Sie musste das Mädchen mit zu sich nehmen.

„Ich bring dich erst einmal zu mir nach Hause. Dann bekommst du etwas zu essen und kannst dich etwas aufwärmen.“

Da das Mädchen nichts dagegen sagte, stand Elsa auf, nahm ihre Töpfe in die Arme und das Mädchen an die Hand.
 

„Du hast sie auf der Straße gefunden?“, fragte Ferian seine Frau, während er das Mädchen musterte.

Als die beiden nach Hause gekommen waren, hatte Elsa ihr sofort eine Suppe gekocht und sie in eine Decke gewickelt. Nun saß sie am Kamin und starrte hinein.

Bis auf die Höflichkeitsfloskeln wie „Guten Tag“ und „Danke“ hatte sie bisher nichts gesagt.

Elsa kam aus der Küche herein, stellte ihrem Mann sein Essen hin und nickte. „Morgen werde ich sie ins Waisenhaus zurückbringen, aber jetzt ist es schon zu spät.“

Doch plötzlich fing das Mädchen an zu schreien und zappeln. Sie wollte sich aus ihrer Decke befreien.

Elsa warf ihrem Mann einen besorgten Blick zu und lief dann zu dem Mädchen, um es zu beruhigen.

„Sht, sht, Kleines. Was ist denn los? Möchtest du nicht ins Waisenhaus?“ Sie nahm das Kind in die Arme und wiegte es sanft.

„Waisenhaus böse“, wimmerte das Mädchen und Tränen liefen wieder über ihre Wangen.

„Ich weiß, was du jetzt denkst, Elsa. Aber wir können sie nicht behalten. Das weißt du.“ Ferian war vor Elsa getreten und betrachtete die Kleine aufmerksam.

„Nicht? Wir haben genug Geld und sie ist alt genug, um uns bereits zu helfen. Sieh doch welche Angst sie hat!“

„Ich sage dir, das werden wir bereuen! Wir wissen nichts über sie.“ Ferian seufzte, fand sich aber mit der Entscheidung seiner Frau ab. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, zog sie es auch durch. Und er hatte nicht wirklich etwas gegen das Kind. Kopfschüttelnd setzte er sich wieder an den Tisch und aß weiter.

„Wie heißt du denn?“, fragte Elsa die Kleine sanft und lächelte sie an.

„Keshra“, flüsterte sie und schmiegte sich eng an Elsa.

Und damit gehörte sie zur Familie. Am nächsten Tage wurde nur noch die durchaus überraschte Waisenhausleiterin informiert. Aber die Warnungen der Frau interessierten Elsa nicht. Es gab sicherlich einen guten Grund für Keshras Angst und diese Frau verströmte genug Autorität um kleinen Kindern Angst einzujagen. Sie glaubte nicht, dass mit ihrer Kleinen etwas nicht stimmte.

Prolog 2: Losgelöst

Ein junger Mann, der gerade das Alter von stolzen fünfzehn Menschenjahren überschritten hatte, saß in einer Hölle nicht weit von Flitterwood und blickte in den Regen, der sich wieder einmal über die Stadt ergoss.

Sein Name war Tyrone und er war kein gewöhnlicher Mann. Er war ein Drache und hatte bereits ansehnliche neunzig Jahre auf dem Buckel. Das war nicht viel für einen Drachen, aber für einen Menschen sehr wohl.

Doch dem Jungen war egal, was die anderen Drachen dazu sagt. Er hatte sich von ihnen losgeeist und war seit einigen Tagen auf sich selbst gestellt. Entwischt war er ihnen. Erst mit vollen hundert Jahren durfte ein Drache seine Sippschaft verlassen, aber Tyrone hielt es schon jetzt nicht mehr mit ihnen aus.

Er war kein sehr geselliger Typ und das Leben mit den anderen Drachen langweilte ihn nur. Die Menschen waren viel faszinierender. Ihre Lebensweise interessierte ihn und er wollte sie erkunden. Es gab nicht mehr viel wissenswertes, wenn man neunzig Jahre lang unter seinesgleichen lebte. Die Geschichten waren schnell auserzählt und die Vorsicht der Drachen hatte sie dazu gezwungen keine besonderen Abenteuer mehr zu riskieren.

Er war gerne allein. Dann konnte er nachdenken und zusehen. Selbst von hier aus konnte er erkennen, was sich auf den Straßen von Flitterwood abspielte. Doch seine Höhle war weit genug entfernt. Er würde keinen ungewollten Besucher fürchten müssen. Er konnte es sich erlauben weit genug wegzubleiben, denn seine Augen waren gut genug. Drachenaugen sahen viel besser als die eines Menschen.

Er hatte sich vorgenommen sich in das Leben der Menschen zu integrieren. Er würde sich als Mensch ausgeben und testen wie das Leben dieser seltsamen Rasse war, die es geschafft hatte sich so trickreich weiterzuentwickeln.

Aber momentan würde er noch die Einsamkeit genießen. Denn als Mensch würde er sie nicht mehr lange genießen können. Er würde arbeiten müssen, um sich Geld für Essen verdienen zu können.

Doch noch wollte er sich darüber keine Sorgen machen. Noch war er glücklich darüber endlich frei zu sein. Er würde jede Sekunde genießen, denn er lebte sie nun ganz allein für sich. Er hatte Zeit und er konnte damit anfangen, was er wollte.

Keiner der Drachen würde ihn suchen. Niemand würde sich an eine Menschensiedlung heranwagen. Er war vollkommen sicher und frei. Wenn er damit nicht die Aufmerksamkeit der Stadtbewohner und Tiere erregt hätte, wäre er jetzt zu seiner eigentlichen Größe herangewachsen und hätte vor Glück laut gebrüllt. Aber das konnte er sich natürlich nicht erlauben. Er würde sehr lange auf seine wahre Gestalt verzichten müssen, wenn er in Flitterwood wohnte. Aber das war es wert.

Ein letztes Mal gab er sich in seiner Einsamkeit einzig und allein der Natur hin. Er würde in seinem Herzen immer einsam sein. Niemand würde wissen, wer er war. Aber er wäre in Gesellschaft. Allein und doch nicht allein. Und wohl doch nicht so einsam wie er es bei seiner Familie gewesen war.

Er ließ sich nach hinten auf den kalten, nassen Erdboden fallen und starrte in den Himmel. Er würde womöglich für die nächsten Jahre seine letzte Nacht im Freien erleben. Aber vielleicht würde er so schnell auch noch keinen Wohnsitz gefunden haben. Denn Menschen wollten Geld. Ohne Geld würde er nirgendwo wohnen können.

Momentan war er noch ein Bettler, aber er würde Arbeit finden. Er war stark und flink. Es gab sicherlich genug Aufgaben, die er bewerkstelligen konnte. Er war nicht faul. Er war sowieso anders als die meisten Drachen. In ihm spürte er den Tatendrang Abenteuer zu erleben.



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