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Vertrauen und Verrat

von

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Konfrontation

„K- Kian?“, flüsterte ich schwach.

Die Augen des anderen Jugendlichen weiteten sich plötzlich und er starrte mich geschockt an, bevor er endlich seinen Mund öffnete und ebenfalls nur ein einzelnes Wort herausbrachte. „Alec?“

Wir starrten und lange einfach nur an, ohne ein weiteres Wort zu sagen, doch je länger ich Kian betrachtete, desto mehr fiel mir auf, dass er sich verändert hatte. Er war nicht mehr der Kian, der einst mein bester Freund gewesen war, dazu waren seine Augen zu kalt und der Gesichtsausdruck zu hart, aber ich spürte, es war immer noch er.

Die Jugendlichen starrten mich geschockt an, aber keiner sagte ein Wort. Es schien, als würde Kian sie kontrollieren, ja fast schon, als hätten sie Angst davor, ihn wütend zu machen.

Ich wendete mich kurz an meinen anderen Freund, welcher noch immer hinter mir stand. „Ryan, geh wieder rein! Warte mit Dean und George drinnen, bis ich hier fertig bin!“

Ryan sah mich verwirrt an. „Was hast du vor, Alec? Was soll das werden? Du verhältst dich seltsam. Wer ist dieser Kerl und woher kennst du ihn?“

Ich drehte mich vollständig zu Ryan, bevor ich ihn anschrie. „Das ist jetzt egal! Tu, was ich sage und stell keine dummen Fragen! Und lauft auf keinen Fall irgendwo allein herum! Haltet euch unter Leuten auf! Verstanden?!“

Eingeschüchtert nickte Ryan, bevor er sich langsam auf den Weg zurück zu den anderen machte, die sich gerade bestimmt weiter betranken. Erst als er die Tür hinter sich geschlossen war und ich ihn durch die Kneipe laufen sah, wendete ich mich wieder an Kian. Er hatte sich nicht einen Millimeter von der Stelle gerührt und starrte mich immer noch geschockt an.

„Alec...“, flüsterte er ein weiteres Mal meinen Namen, doch dann wurde sein Gesicht plötzlich ernst und er schaute mich bedrohlich an. „Verschwinde! Sorg dafür, dass wir uns nicht noch einmal über den Weg laufen!“ Seine Stimme duldete keinerlei Widerspruch. Was war nur aus ihm geworden? Er hatte sich wirklich verändert, aber nicht zum positiven.

Leise widersprach ich. „Nein! Ich werde jetzt nicht einfach wieder gehen und ich werde auch nicht so tun, als sei nichts gewesen!“ Der doch ziemlich selbstsichere Klang meiner Stimme überraschte mich sehr, denn innerlich stand ich kurz vor dem Zusammenbruch. Am liebsten wäre ich weggerannt, doch ich zwang mich, genau das nicht zu tun. Unnachgiebig sah ich meinem ehemals besten Freund in die Augen.

Kian kam auf mich zugelaufen. Direkt vor mir blieb er stehen. „Verschwinde!“, zischte er, doch ich schüttelte einfach nur meinen Kopf. Wenn ich jetzt nachgab, sah ich ihn wirklich nie wieder, das wusste ich. Und obwohl ich immer noch Angst vor Kian hatte, wollte ich ihn gleichzeitig nicht wieder verlieren. Nicht, nachdem ich ihn endlich wiedersah, nach so langer Zeit. Er bedeutete mir immer noch eine Menge.

Ich hörte, wie Kian seufzte. „Was willst du?“, fragte er und seine Stimme klang schon nicht mehr ganz so kalt und unnahbar, sondern eher etwas gequält, wobei ich mir dabei nicht ganz sicher war, denn das würde keinen wirklichen Sinn ergeben.

Ein schwaches Lächeln bildete sich auf meinem Gesicht. „Mich entschuldigen.“

Für den Bruchteil einer Sekunde entglitten Kian sämtliche Gesichtszüge. Fassungslos starrte er mich an. Sein Mund klappte auf, aber er sagte nichts, weshalb ich einfach weitersprach. „Ich habe mich unmöglich dir gegenüber verhalten. Und am Ende konnte ich nicht einmal Lebewohl sagen... Das tut mir Leid.“

Kian schwieg, dann lief er einfach an mir vorbei. „Wenn das alles war, dann gehe ich jetzt.“

Ohne wirklich zu realisieren, was ich tat, griff ich nach seiner Schulter und hinderte ihn somit daran, einfach so zu verschwinden. Ich wusste, er konnte ich einfach losreißen, wenn er es wollte, aber aus irgendeinem Grund tat er das nicht. Er sah mir einfach nur ausdruckslos und kalt in die Augen. Dann riss er sich urplötzlich los und rannte einfach davon.

Zuerst stand ich nur da und sah ihm hinterher, beobachtete, wie er sich immer weiter von mir entfernte, doch dann rannte ich ihm hinterher. Ich folgte ihm durch einige Straßen, holte langsam auf, bis wir beide in einer Sackgasse stehen blieben. Völlig außer Atem stützte ich mich an der nächstbesten Wand ab und blickte Kian erschöpft an.

Dieser lief geradewegs auf mich zu und knurrte bedrohlich, fast wie ein Tier. Der Rest der Gruppe war uns gefolgt. Sie versperrten den einzigen Ausgang, den diese Schmale Seitenstraße hatte, in der wir uns gerade befanden.

Erst jetzt begriff ich, in welcher Gefahr ich mich gerade befand, allein in einer Sachgasse und eingekreist von Wölfen, welche vielleicht Hunger auf ein frisches Stück Fleisch hatten.

Direkt vor mir blieb Kian stehen. „Ich sage es nur noch ein letztes Mal: Verschwinde!“

Trotz der Angst, die ich gerade hatte, machten diese Worte mich wütend. Trotzig schaute ich Kian in die Augen. „Dann zwing mich dazu!“

„Wie du willst.“, sagte Kian Ernst, dann packte er mich an den Schultern. „Ich weiß, was vor sechs Jahren mit deiner Mutter passiert ist und du wirst genauso enden, wenn du nicht endlich kapierst, wo du hingehörst.“, zischte er bedrohlich. Dann sprang er einige Meter zurück und änderte seine Form im Sprung in die eines Wolfes. Er kam langsam auf mich zugelaufen und knurrte drohend.

Meine Knie gaben nach und ich sackte zusammen, unfähig mich noch weiter zu bewegen. Egal wie sehr ich mich zwang, gegen meine Angst anzukämpfen, nach Kians Verwandlung eben hatte sie eindeutig die Oberhand gewonnen. Den Rücken an die Wand gepresst und die Arme um meine angewinkelten Beine geklammert, beobachtete ich, wie Kian immer näher kam. Direkt vor mir blieb er stehen. Inzwischen war er fast so groß, wie es der schwarze gewesen war. Als ich in seine Augen sah, bemerkte ich, dass diese eine gold-braune Farbe hatten, fast wie die, wenn er ein Mensch war. Aber jetzt funkelten sie mich gefährlich an. Ich spürte Kians Atem in meinem Gesicht.

Plötzlich sah ich wieder die Bilder vor mir, als einer dieser Wölfe meine Mutter umgebracht hatte. Ich sah ihren toten Körper, das viele Blut um diesen herum und die bedrohlichen Augen des schwarzen Wolfes. Jedes kleinste Detail hatte sich gestochen scharf in mein Gehirn gebrannt. Ich konnte diese Bilder einfach nicht verdrängen.

„Kian, bitte...“, wimmerte ich, „Hör auf, bitte. Verwandle dich wieder zurück.“

Im selben Moment nahm der Wolf wieder die Form eines Menschen an. „Du hast verloren.“, sagte Kian finster, „Jetzt verschwinde endlich und lauf mir nie wieder über den Weg.“

Schwach nickte ich. So war es abgemacht gewesen. Mir blieb nichts anderes übrig. Nur mit Mühe konnte ich mich wieder auf die Beine ziehen. Jetzt stand ich genau vor Kian. Es waren nur wenige Zentimeter Raum zwischen uns.

„Du warst es nicht.“, flüsterte ich und lächelte als ich in sein kurzzeitig verwirrtes Gesicht schaute, „Du hast meine Mutter nicht umgebracht. Der Wolf, den ich damals gesehen habe, war schwarz und sah um ein vielfaches bedrohlicher aus.“

Kian entfernte sich einige Schritte von mir und wandte sich an die Gruppe, die uns eingekreist hatte, sie waren alle noch in Menschengestalt. „Wir gehen!“, befahl er fast schon.

Das war meine letzte Chance. Wenn ich ihn jetzt nicht daran hinderte, zu gehen, sah ich ihn nie wieder. Aber hatte ich überhaupt noch das Recht dazu, ihn aufzuhalten. „Warte!“, rief ich und öffnete vorsichtig den Verschluss der Kette, die mir Kian vor zehn Jahren geschenkt hatte. Sie hatte eine silberne Farbe, bestand aber nicht aus Silber, da war ich mir sicher, und ein Anhänger hing daran. Als er nicht stehen blieb, warf ich ihm das Schmuckstück hinterher. „Wenn du schon gehst, dann nimm dieses Ding gefälligst mit!“

Die Kette flog genau gegen seinen Kopf und kam mit einem klirrenden Geräusch am Boden auf. Ich sah, wie Kian zusammenzuckte und urplötzlich stehen blieb. Langsam schaute er auf die am Boden liegende Kette, bevor seine Aufmerksamkeit wieder mir galt.

„Alec...“, flüsterte er, „Tu das nicht, Alec, bitte.“ Seine Stimme wurde von Wort zu Wort schwächer. „Ich tue alles, Alec, aber bitte nimm die Kette nie wieder ab.“

„Kian?“ Ich war verwirrt. Kian verhielt sich plötzlich wie eine völlig andere Person. Ein Funken Hoffnung kam in mir auf. Vielleicht bedeutete ich ihm doch noch etwas.

Kian hob die Kette auf und kam wieder auf mich zugelaufen. Sein Gesicht war schmerzverzerrt. Er kämpfte mit irgendetwas. Vor mir blieb er stehen. „Bitte Alec.“, wisperte er, „Ich tue wirklich alles. Du kannst alles von mir verlangen, wirklich alles. Ich tue alles, was du willst, deshalb bitte...“ In so einem erbärmlichen Zustand hatte ich Kian noch nie gesehen. Selbst als er sich vor sechs Jahren von mir verabschieden wollte, war er nicht so schwach gewesen. „Sag etwas, Alec, irgendetwas!“, flehte er fast schon.

Zögerlich streckte meine Hand aus und nahm die Kette entgegen Ich konnte es einfach nicht länger ertragen, ihn so zu sehen. „Ich will meinen besten Freund zurück.“, flüsterte ich leise.

Kian Augen weiteten sich und er starrte mich ungläubig an. „I- Ich...“

Meine Hand verkrampfte sich um die Kette darin, als ich auf ihn zuging und ihm vorsichtig meine andere Hand auf die Schulter legte. „Bitte Kian. Mir wurde schon alles genommen. Wenigstens meinen besten Freund möchte ich nicht verlieren. Ist es so unmöglich für uns, weiter befreundet zu sein? Früher war es das doch auch nicht.“

„Da haben meine Eltern ja auch noch gelebt und mich vor den anderen geschützt. Seit sie tot sind, hat sich eine Menge verändert.“, sagte er leise und kraftlos, „Ich weiß nicht, ob es noch möglich ist.“ Dann lächelte er plötzlich. „Aber ich werde es versuchen.“

Diese Aussage machte mich glücklich. Für einen Augenblick vergaß ich sogar meine Angst vor ihm. Ich war auf einmal mehr als nur glücklich. Ich nannte ihm meine Adresse und sagte, er könne vorbeischauen, wann immer ihm danach sei.

„Das werde ich.“, meinte Kian daraufhin, doch dann stockte er, „Was ist mit deinem Vater? Ich glaube, es ist nicht gut, wenn ich ihm noch einmal begegne.“

„Er wird nicht da sein.“, antwortete ich, „Wir wohnen momentan getrennt. Ich habe es bei ihm nicht mehr länger ausgehalten und bin geflohen. Inzwischen habe ich ihn seit etwa einem Jahr nicht mehr gesehen. Er hat bis jetzt kein einziges Mal vorbeigeschaut oder sich bei mir gemeldet. Er überweist mir jeden Monat Geld für die Miete, Essen und so weiter.“

Zuerst hellte sich Kians Gesicht auf, dann schaute er mich entschuldigend an. „Bist du sicher, dass du dich nicht wieder mit ihm vertragen willst?“ Es schien, als suche er nach einem Grund, doch nicht vorbeizuschauen oder er wollte sich einfach nur absichern. Jetzt war er auch nicht mehr so distanziert. Er taute langsam auf und wurde dem Kian, der einst mein bester Freund war von Minute zu Minute immer ähnlicher.

Ich nickte. „Dazu ist es zu spät. Ich glaube, er hat es herausgefunden, dass ich ihn und alle anderen die letzten Jahre angelogen habe.“ Auf Kians fragenden Blick ergänzte ich: „Offiziell kann ich mich an nichts, was an dem Abend passiert ist, als meine Mutter starb erinnern.“

Kian nickte. „Verstehe...“

Dann deutete ich auf die Personen, die uns den Weg versperrten. „Sie sind auch... Habe ich Recht?“, fragte ich leise und unsicher, denn eigentlich ging es mich nichts an.

Wieder nickte Kian, aber er sagte nichts darauf.

„Wieso stehen sie nur da und greifen nicht an?“, stellte ich die nächste Frage.

„Weil ich hier bin.“, antwortete Kian ruhig, „Ich habe ihnen verboten, dir oder deinen Freunden etwas zu tun. Ein paar Tage werden sie sich daran halten, aber sobald mein Großvater das Gegenteil befiehlt, seid ihr aufgeschmissen. Deswegen werde ich zu ihm gehen und versuchen, ihn von seiner Meinung abzubringen. Wenn das geschafft ist, schaue ich bei dir vorbei, versprochen.“ Mit diesen Worten nahm er mir die Kette aus der Hand und legte sie mir wieder um. „Tu bitte nichts lebensmüdes, bis ich zurück bin.“

Noch bevor ich irgendwie antworten konnte, hatte sich Kian von meiner Hand, die immer noch auf seiner Schulter ruhte, befreit und lief mit dem Rest der Gruppe die Straße entlang. Als ich sie nicht mehr sehen konnte, machte ich mich ebenfalls auf den Rückweg. Ryan, Dean und George warteten sicher schon auf mich und außerdem war ich müde. Morgen würde ich bestimmt in der Schule einschlafen...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  -Moonshine-
2010-10-31T11:30:28+00:00 31.10.2010 12:30
Jo!
XD
Ich hatte gerade ein Gehirn in deiner FF und dann haben 13 Geister mein GB gefressen... und daran bist nur du schuld. o_ö
Naja, Spaß beiseite.
Also, das zweite Kapitel. Ich frage mich die ganze Zeit, was wohl mit Kian passiert ist, warum er so kalt und abweisend ist. Also... der Anhänger beschützt Alec, glaube ich, und wahrscheinlich tut Kian das auch auf seine Art und Weise, indem er so unnahbar ist, die Frage ist nur, warum... was passiert, wenn er und Alec befreundet sind? Hm. Da muss ich wohl weiterlesen, wenn ich das herausfinden will.
Der Großvater scheint auch eine tragende Rolle zu spielen. Warum sollte er Kian und den anderen befehlen, Alec und seine Freunde anzugreifen? ?_?
Ich finds gut, dass du aufgeklärt hast, wie Alec's familiäre Situation momentan ist (kein Kontakt zum Vater) und vor allem, wie er das Finanzielle regelt (Vater bezahlt alles). Aber wenn der Vater herausgefunden hat, dass Alec ihn belügt, warum hat er dann nicht nachgefragt? Ich glaub, bei etwas so Wichtigem hört man als Eltern gar nicht mehr auf, sein Kind zu traktieren, bis es die Wahrheit sagt...
Und Kian und Alec sind so... emotional. Das passt (meine Meinung nach) nicht so richtig zu Jungen in ihrem Alter. Ich meine, ich kenne keinen Jugendlichen, der zu seinem ex-besten Freund sagen würde "Ich will dich zurück" oder sowas. XD Und muss sich in der Zwischenzeit nicht eine Art Distanz zwischen beiden aufgebaut haben?

Noch 'ne Sache:

>nichts lebensmüdes
"Lebensmüdes" wird da groß gschrieben, weil das "nichts" es zu einem Substantiv macht. ^^ Na ja. Und die Punkte am Ende der wörtlichen Rede, aber das hab ich ja letztes Mal schon gesagt.
Sou. Das war's ich geh duschen. :)

Bis dann,
Eli
Von:  chrono87
2010-03-28T19:08:08+00:00 28.03.2010 21:08
ich kann mir gut vorstellen, dass er am nächsten tag in der schule einschläft.
diese ganze nacht wahr ziemlich nervenaufreibend.
ich frage mich nur, was das alles mit kians großvater zu tun hat und warum er alec und co. aus dem weg geräumt haben will.
ist er der mörder? aber wenn ja, was für einen grund hatte er dafür?
kian tut einem leid. sicher muss es sehr schwer für ihn sein ohne eltern zu leben.
ich hoffe kian kann seinen großvater umstimmen und kehrt zu alec zurück.
lg chrono87


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