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I'm waiting

(Tendershipping)
von

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Er betrachtete den Bus, der sich langsam in Bewegung setzte und sich Stück für Stück in den nur zäh fließenden Verkehr einordnete. Es erinnerte ihn an einen Tausendfüßler, der einen Stängel empor kroch, um die Sonne genießen zu können.

Er blieb zurück, auf der Bank an der Haltestelle sitzend, mit einem nachdenklichen Blick.

Menschen waren ausgestiegen, andere eingestiegen. Überwiegend ältere Leute, die Jugend bevorzugte heutzutage anscheinend Bahnen. Er selbst mochte es nicht mit dem Bus zu fahren, doch war dies seine einzige Möglichkeit jeden Morgen in die Schule zu kommen.

Wo er nicht hinwollte.
 

Einige der Fahrgäste waren vielleicht zum Flughafen unterwegs gewesen, es war eine Familie mit Koffern eingestiegen, andere, wie die müde Frau, die ihren Kopf an die Scheibe gelehnt hatte, wurde sicherlich daheim erwartet.

Er hatte kein Zuhause mehr.

Niemand wartete auf ihn. Niemand hatte je auf ihn gewartet.

Er war immer nach Hause gekommen, in eine leere Wohnung, sein Vater stets auf Reisen, und kochte ein Abendessen für zwei, das er jedoch immer alleine gegessen hatte.

So war das Jahrelang gegangen. Einst hatte er einen ausgesetzten Welpen neben seinem Wohnblock gefunden, den er mitgenommen hatte. Doch der Regen und die Kälte, welche der Welpe davor ertragen hatte, brachten ihn schon in wenigen Tagen um.

Genauer gesagt, waren es zwei Nächte. Zwei Nächte, in denen er sich liebevoll um das kleine Geschöpf gekümmert hatte. Nasse Tücher, eine warme Decke.

So hatte sich Bakura einmal auch um ihn gekümmert.

Bakura.
 

Ryou ließ seinen Blick wieder auf die Straße gleiten, wo sich der Stau langsam auflöste und die Autos immer schneller wurden. Gesichter, die an ihm vorbeirauschten. Angespannt, wütend, müde, enttäuscht.

Er hatte immer gehofft, dass irgendjemand irgendwo da draußen auf ihn warten würde. Dass es jemanden nicht egal war, ob er zurückkam oder nicht.

Er hatte überlegt zu gehen, doch was hätte es für ihn geändert? Ein anderer Ort mit der gleichen Leere.

Nur andere Gesichter, die ihn nicht beachteten, die ihn mit wenigen Blicken von sich stießen.

So blieb er trotz der häufigen Gedanken an ferne Orte, denn hier waren ihm die Gesichter vertraut.

Hier hatte jemand mal auf ihn gewartet.

Bakura.
 

Der nur redete, wenn er etwas wollte oder bösartige Bemerkungen auf der Zunge hatte.

Die nur zu seinem eigenen Besten waren. Durch dieses Aufziehen seitens Bakura wurden ihm die Gestalten in der Schule egal. Denn sie waren nichts im Vergleich zu seinem Yami.

Yami. So nannte er Bakura oft. Dunkelheit.

Meine Dunkelheit.

Damit konnte er sich an Bakura binden. So konnte er eine Beziehung erzwingen und wahren. Zumindest dachte er das. Zumindest dachte er, dass er dies wollte.
 

Bakura war aus dem Nichts aufgetaucht und verschwand immer wieder in diesem Nichts. Doch jeden Nachmittag, wenn er von der Schule nach Hause eilte, wartete Bakura auf ihn.

Das Essen, das er kochte, wurde nun von zweien gegessen.

Er konnte endlich mit jemandem reden. Meist nur über banale Dinge und fast nie über seine Wünsche und Hoffnungen, denn auf die Äußerung dieser meinte Bakura immer nur schlicht, dass er sie sich erfüllen sollte, wenn er sich etwas wünschte. Womit er irgendwo Recht hatte… So erfüllte er sich immer seinen Wunsch nach Reden bei Bakura. Seinen Wunsch nach etwas…

Ryou atmete tief ein und aus.

Seine konfusen und melancholischen Gedanken hielten ihn vom wirklichen Nachdenken ab. Vom Einsehen. Er wollte nicht mehr davonlaufen.

Bakura war das Einzige, was er hatte. So war es absehbar gewesen, dass er sich verliebte.

Verlieben und Begehren. Und zumindest das letztere erwiderte Bakura.

Doch mehr auch nicht. Er musste es einsehen.
 

Bakura war alles, was er hatte. Doch deswegen verlor er immer mehr sich selbst.

Keine andere Stimme außer Bakuras konnte er noch vernehmen. Niemand und nichts sonst verliehen ihm den Glanz in seinen Augen. Nur Bakuras Berührungen erwärmten ihn. Nur sein Geruch konnte ihm seine Sinne rauben. Nur Bakura. Nur Bakura. Nur Bakura.

Deswegen musste er weg. Deswegen musste er seine Erfüllung aufgeben.
 

Immer mehr verlor er das Licht, was er solange gehütet hatte. Das einzige, was er an sich selbst liebte. Das einzige, was ihm noch Hoffnung machte. Das Licht, das er niemandem zeigte. Das Licht, das mehr bedeutete als alles andere.

Auch mehr als Bakura?
 

Die Sonne war schon längst untergegangen. Einige Motten scharten sich um das Neonlicht der Laterne und der Werbebeleuchtung neben der Haltestelle. Immer wieder flogen sie auf das Licht zu, nicht einsehen könnend, dass das Glas niemals nachgeben würde. Die Hülle schütze das Licht mit all seiner Kraft.

Bakura war wahrhaftig die Dunkelheit, die immer mehr seine eigene Seele in Finsternis legte. Als ob die Wünsche einer nach dem anderen sterben würden.

Nein. Er musste endlich ehrlich sein. Sie waren schon alle gestorben. Im Laufe der letzten Jahre. Einer nach dem anderen, wie Sternschuppen, fielen sie zu Erde und zerbrachen in winzige Tränen, die er niemals weinen würde.
 

Wann hatte er aufgegeben?

Als Bakura seinen Kuss erwidert hatte? Als er dachte endlich Glück gefunden zu haben? Als er merkte, dass Bakuras Herz aus Eis war? Als er merkte wie trügerisch das Glück war? Als er merkte wie sein Wille und seine Seele zerbrachen?

Nein. Viel früher.

Als die Tür hinter seinem Vater ins Schloss fiel.

Er hatte versprochen bald wiederzukommen. Er hatte ihm zum Abschied grinsend gewinkt, gemeint, dass sein Junge doch nun ganz groß sei.

Damals, als dieser Junge, war er zum Fenster gelaufen, um zuzusehen wie sein Vater in ein Taxi stieg.

Sein Herz hatte in Trauer und Vorfreude gehämmert. Er hatte schon auf die Rückkehr seines Vaters gewartet und sich auf dessen neue Geschichten gefreut. Er wollte bis dahin brav daheim warten. Zur Schule gehen, Essen kochen und sich nicht einsam fühlen – wie er es Papa versprochen hatte.

Doch er wartete vergebens.

Als er merkte, dass er nichts mehr als eine Postkarte zu Weihnachten und Geburtstag erwarten konnte. Als er dennoch sich heimlich mehr erhoffte. Da war er verloren.

Eine Träne glitt seine Wange herunter.
 

Ein weiterer Bus blieb vor ihm stehen. Ein junger Mann im langen schwarzen Ledermantel stieg aus.

Nur einen Schritt vor Ryou auf der Bank entfernt, blieb er stehen.

Zögerlich erhob Ryou sein Gesicht, an welchem weitere Tränen herunterliefen. Er hatte es vermutet. Oder viel mehr erwartet.

„Das Licht wird von der Dunkelheit früher oder später verschlungen. Lass es geschehen.“

Stumm nickt er.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Adrijana
2010-04-11T19:30:50+00:00 11.04.2010 21:30
waah~ oki die vor mir haben schon alles gesagt, was ich sagen wollte ._.
Es ist einfach so, dass... man sich i-wo darin wiederfindet.
Wer hofft schon nicht? Wer wartet schon nicht auf etwas, auf jemanden? Und wer erwartet nicht unermüdlcih, obwohl er/sie die Wahrheit schon kennt?
Ich denke, i-wann wird es egal, ob die eigenen Gefühle erwidert oder auf die gleiche Art und Weise wiedergegeben werden. Wichtig ist nur die Gegenwart derjenigen Person, die man sich wünscht, und der Rest verblasst mit den Wünschen und der eigenen Naivität.

Wie sagt man so schön? Den Nagel auf dem Kopf getroffen?
Ryou kann wohl auch nicht von dem loslassen, was ihn geprägt hat, und immernoch prägt. Darf er dann hoffen, dass Bakura auch zu ihm wollte, weil er ihn vermisst hat? Ich denke an dem kommt keiner vorbei.

Vielleicht muss man auch nur Vertrauen haben, auch wenn man die richtige Anwort nicht kennt. Also muss Ryou sich von der Dunkelheit 'überschatten' lassen, er ist ihr ja eh verfallen...


Danke, Sis :)
hab dich lieb ^^
Von:  Yuugii
2010-03-27T17:28:27+00:00 27.03.2010 18:28
Ich bin mir jetzt nicht sicher ob diese Geschichte unter AU fällt oder nicht. Du hast Ryous Gedanken und Gefühle mehr als nur perfekt beschrieben und auch sein niedergeschlagenes Verhalten fand ich sehr gut dargestellt. Mir gefällt es, dass du auch immer wieder die Umgebung beschrieben hast, zum Beispiel die Motten die gegen die Scheibe knallen und nicht einsehen wollen, dass sie nicht an das Licht kommen oder die vollen Busse, in denen er immer wieder Gesichter sieht, die er nicht kennt. Deine Wortwahl wirkte ebenso wie der Inhalt recht melancholisch und bedrückend, das hat mir außerordentlich gut gefallen. Nur erübrigt sich mir die Frage ob Yami no Bakura nun einen eigenen Körper hat oder nicht. Da er mit ihm mitgegessen hat und sie sich gegen Ende treffen, schätze ich schon. Nur ist es, was mich zum stutzen bringt, die Tatsache, dass ich finde, dass diese Geschichte zu dem Anime Ryou passen würde, eben den, den wir aus der Serie kennen. Na ja, ist ja jetzt nicht so wichtig. Im Übrigen fand ich es gut, dass du seine häusliche und emotionale Situation noch Mal erläutert hast, dieser One Shot hat mir sehr gefallen. Solche Geschichten könnten ruhig öfter Mal zu YuGiOh! hochgeladen werden. Respekt, ich fand es super. :]
Von:  RyouAngel
2010-03-25T10:51:48+00:00 25.03.2010 11:51
Also hir merkt man gar nicht das du aus der Übung sein sollst.
Der OS hat mir total gut gefallen, du hast Ryous Gefühle richtig super rüber gebracht.
Der Inhalt war total stimmig, wodurch es halt unheimlich flüssig zu lesen war.
Also von soetwas kannst du gerne mehr schreiben^^

Deine RyouAngel


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