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Superbia [TYL!Squalo X Reader]

Kinder und Betrunkene sagen immer die Wahrheit.
von

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Così qualcae cose succede

Manche Dinge passieren einfach
 

Xanxus hielt Squalos Versprechen. Am folgenden Morgen (na gut, vielleicht war es auch schon Vormittag) stand er in deinem neuen Zimmer und erklärte dir, was du zu tun hast. Er hatte Jack dabei. Und der kleine Stöpsel scheint dich wirklich zu mögen.

Jack ist fünf Jahre alt. Seine Mutter ist ein hohes Tier in der Vongola und musste vor einigen Monaten auf einen Langzeitauftrag in Amerika, wo sie zu viel um die Ohren hat, um sich um den Kleinen zu kümmern. Jack scheint das problemlos zu verstehen und auch in deinen Ohren ist es nichts Neues. Die Mafia ist ein zeitfressendes Geschäft.

Keiner der beiden rotäugigen Kerle in deinem Zimmer beschwerte sich über diese Frau, aber irgendwie kann sie dennoch nicht ganz richtig im Kopf sein. Denn als sie nur noch wenig Zeit hatte, beschloss sie, dass Jacks Vater sich auch mal um ihn kümmern konnte – in der Varia. Gott, du hättest das deinem Kind nicht angetan. Aber Jack scheint das ja nicht zu stören. Sowas vererbt sich bestimmt.

Jetzt sitzt du in einem der vielen Wohnzimmer, das jedoch nur von höheren Tieren betreten werden darf, und schaust dabei zu, wie Jack mit beinahe beängstigendem Ernst einen Turm aus Bauklötzen baut. Du weißt nicht, woran die anderen Kindermädchen gescheitert sind. Er ist völlig ruhig und verträglich. Aber vielleicht ist das ja nur die Ruhe vor dem Sturm.

Eigentlich musst du nur auf ihn aufpassen und dich mit ihm beschäftigen. Die drei Mahlzeiten am Tag werden ihm und dir gebracht. Morgens steht er allein auf und abends… Na ja, eigentlich sollst du ihn ins Bett bringen. Aber laut eigener Aussage verlangt Jack seinen Vater dabei. Wenn er Zeit hat, macht Xanxus das also selbst… Du willst dir gar nicht vorstellen, wie das auszusehen hat.

Die Tür fliegt auf und du zuckst zusammen, als ein langgezogenes »VOOOOOI!« durch den Raum hallt. Jack wiederum reagiert überhaupt nicht. Mit stoischer Ruhe erhöht er weiter seinen Turm und du bist überrascht, dass die Schallwellen die Bauklötze nicht umgeweht haben.

»Na, wie kommst du mit dem kleinen Scheißer zurecht?«, fragt Squalo mit einem nicht zu überhörenden Hauch von Schadenfreude, während er die Tür schließt. Du fragst dich, wie Xanxus reagieren würde, hätte er das gehört. Du hast ehrlich keine Ahnung.

Dass Jack kurz aus dem Augenwinkel zu dir schielt, kannst du gerade noch sehen. Du lächelst ihm zu. »Bisher bist du ein sehr angenehmer Zeitgenosse, Jack«, sagst du.

Für einen kurzen Moment wirkt Squalo überrascht. »Ehrlich?«

»Ich mag sie«, erklärt Jack. Am Anfang hast du seine Stimme für emotionslos gehalten, aber mittlerweile, nach zweieinhalb Tagen in dieser Irrenanstalt, hast du erkannt, dass sie eher Gemeinsamkeiten mit der furchteinflößenden Stimme seines Vaters hat. Sie ist immer leise, ruhig und beherrscht. Aber es schwingt auch in jedem Satz etwas mit, eine subtile Drohung, die einem vielleicht zuerst nicht auffällt, aber dennoch immer wieder ein Gefühl der Gefahr zurücklässt.

Squalo scheint nach all den Jahren gegen sowas immun geworden zu sein. »Ah, ja«, sagt er trocken.

»Sie kann Menschen töten, ohne viel Krach zu machen und alles einzusauen«, stellt Jack fest und wirft Squalo einen abschätzigen Blick zu.

»VOOOI! Was soll das –… Moment mal. Was?« Er dreht sich zu dir. »Ich dachte, du bist Ärztin.«

»Das eine schließt das andere ja nicht aus«, sagt Jack nur, während du mal wieder beeindruckt von seinem Vokabular bist.

»Eh…«, machst du, siehst zwischen den beiden hin und her und grinst verlegen. »Eigentlich ist es nicht mein Job, Leute zu töten, Jack.«

»Aber du tust es trotzdem.«

»Ja… Versehentlich. Und äußerst selten.«

»Wer’s glaubt«, schnaubt Squalo, geht schließlich auf euch zu und schwingt sich galant über die Rückenlehne des Sofas, auf dem du sitzt. Und auf dem er jetzt auch sitzt. Neben dir. Einfach so.

»Musst du nicht arbeiten?«, fragt Jack schroff.

»VOOOOI! Wenn ich arbeiten müsste, würde ich das tun, statt mich mit eurer Anwesenheit zu quälen!«

»Du bist freiwillig hier reingekommen, Idiot…«

»Vooi, okay, okay, meinetwegen. Mir ist langweilig. Drecksbalg.«

Für einen Sekundenbruchteil huscht ein Grinsen über Jacks Gesicht. Sein Bauklotzturm ist mittlerweile ungefähr so groß wie er, auf dem Boden kniend, und er lässt davon ab, um ein Haus daneben zu bauen. »Daddy sagt, du bist nur… ko-… konisch unter-…« Er legt nachdenklich die Stirn in Falten und du musst dem Verlangen widerstehen, ihm in die Wange zu kneifen und sein Haar zu verwuscheln. »…chronisch untervögelt!«

…Ach, egal, er ist immer noch süß.

»Weil du gerade niemanden zum Sex machen hast.«

Du verkneifst dir ein Kichern, weil du dir nicht vorstellen kannst, dass Xanxus ihm gegenüber so zivilisiert von »Sex machen« gesprochen hat, und seine Art von Erziehung schlichtweg in jedem von Jacks Worten spürbar ist.

»VOOOI! Deinem beschissenen Vater darfst du nichts glauben, der ist chronisch betrunken. Ich könnte jede ficken, die da draußen rumläuft, ich hab nur keinen Bock.«

Du bist froh, dass es nicht zu deinen Aufgaben gehört, hier in Jacks Interesse für Sitte und Ordnung zu sorgen, und betrachtest Squalo. »Na sowas«, sagst du mit einem milden Grinsen, für das du dir dennoch einen feindseligen Blick einfängst. »Frisch getrennt oder so?«

Sichtlich unmotiviert zuckt Squalo mit den Schultern. »Sozusagen. Die letzten drei sind alle verreckt.«

Verreckt. Du blinzelst. »Deine letzten drei … Freundinnen?«

Diese Bezeichnung ist der Mann offenbar nicht gewohnt. Wahrscheinlich waren es nur Bettbeziehungen, denkst du. Wahrscheinlich ist er zu mehr nicht fähig. Er verzieht die Mundwinkel und nickt schließlich.

Gut. Die letzten drei Beziehungen von Superbi Squalo sind also alle gestorben. Dir wird spontan schlecht. Für eine solche Reihe von Todesfällen in diesem Milieu fallen dir einige Gründe ein, Squalo selbst befindet sich unter den Favoriten, und keiner klingt sonderlich beruhigend.

»Wie konnte es denn dazu kommen?«, fragst du vorsichtig.

»Manche Dinge passieren einfach«, sagt er.

Einige Sekunden lang siehst du ihn verständnislos an, dann beschließt du, es einfach dabei zu belassen (wahrscheinlich ist es gesünder für dich, je weniger du über ihn weißt) und wendest den Blick ab.

Jack sitzt auf dem Teppichboden und studiert mit höchster Konzentration die Holzgebäude, die er nebeneinander errichtet hat. Er zieht die – verstörenderweise gespaltenen – Augenbrauen zusammen und kratzt sich gedankenverloren an der Wange, bevor er schließlich den Arm ausstreckt und nach einem der untersten Bauklötze seins Turms greift. Langsam, fast genüsslich, zieht er ihn heraus. Augenblicklich stürzt der Turm in sich zusammen, und das genau so, dass er die umstehenden Gebäude mit sich reißt, eine Kettenreaktion auslöst und pure, chaotische Zerstörung hinterlässt.

Es ist das erste Mal, dass du Jack lachen hörst.
 

Wochen verstreichen. Du musst sagen, dass du dich besser zurechtfindest, als du eigentlich gedacht hast. Natürlich hattest du ein paar dunkle Tage, Abende, in denen du in deinem Zimmer saßest und wütend und frustriert und traurig warst, weil du nun hier festsitzt. Gott, du warst so verflucht gerne Ärztin, und dann kommen diese Idioten, die zwar einen Haufen Leute töten, aber nicht auf einen kleinen Jungen aufpassen können, und nehmen dir einfach so deinen Traumjob weg.

Dennoch überlebst du wohl überraschend problemlos. Diese Abende gehen schnell rum und am nächsten Morgen machst du dich einfach wieder an die Arbeit und funktionierst. Und du funktionierst gut. Wahrscheinlich liegt das an Jack, denkst du. Du hast den Kleinen wirklich lieb gewonnen und die Tatsache, dass er dich wirklich auch mag, stärkt dein Ego. Er ist immerhin Xanxus‘ Sohn. Es ist sicher nicht einfach, die Sympathie eines solchen Jungen zu gewinnen, und du hast es geschafft, einfach nur, indem du ihm etwas über Parasiten erzählst, oder wilde Geschichten darüber, wie dir Mafiosi unter den Fingern wegsterben. Davon kriegt er nicht genug. Und das baut dich auf, wenn du die Klinik vermisst.

Squalo baut dich auch auf. Aber das gibst du nicht zu. Immerhin könnte dann noch jemand denken, du würdest ihn mögen, und das wolltest du ja schon damals als Teenager vermeiden. Tatsächlich aber kommt er mehrmals in der Woche zu dir und Jack. Irgendwann hast du rausgekriegt, dass er das deshalb tut, weil Xanxus ihm ja aufgetragen hat, dafür zu sorgen, dass du nicht von irgendwelchen Mitgliedern dieser Wahnsinnsorganisation zerfleischt wirst. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, dass Squalo zunächst ziemlich schlecht drauf war, jedes Mal, wenn er bei dir und Jack war. Seine wenige Freizeit musste er dafür opfern, auf dich aufzupassen, die du wiederum auf Jack aufpasstest. Und dann kam ja noch hinzu, dass Jack nicht gerade nett zu ihm war. Aber das beruhte wohl auf Gegenseitigkeit. Und lag in der Familie.

Mit der Zeit scheint Squalo sich aber damit abgefunden zu haben. Er ist ruhiger, wenn er bei euch sitzt, und lässt sich nur noch dann auf Streitereien mit Jack ein, wenn sie spielerischer Natur sind und nicht in Gefahr laufen, in einem Blutbad zu enden. Und wenn er sich also nicht mit dem Kleinen keilt, sitzt er neben dir und ist für seine Verhältnisse ruhig. Manchmal tut er gar nichts, manchmal regt er sich auch auf, über seine Kollegen, oder über Dino, oder Xanxus, oder Aufträge, oder Yamamoto Takeshi, oder Kuba, oder verkochte Spaghetti beim Mittagessen… Irgendetwas findet er immer. Du sitzt dann einfach nur da und hörst zu, weil du nichts dazu sagen kannst, und es Squalo zu reichen scheint, wenn er sich einfach mal aufregen kann. Aber manchmal schafft ihr es auch, nebeneinander zu sitzen und ganz zivilisiert über Gott und die Welt zu reden.

Im Moment schweigt ihr, was wahrscheinlich größtenteils daran liegt, dass dein Mund gerade damit beschäftigt war, einen Luftballon für Jack aufzupusten. »Bitte schön, Kleiner«, sagst du vom Sofa aus und wirfst ihm den Ballon zu. Jack sitzt wie immer auf dem Teppichboden im Wohnzimmer, um das die meisten Mitglieder einen großen Bogen machen. Es ist später Nachmittag und nachdem du schon mit ihm spazieren warst und er dort einen Haufen Tiere und Menschen halb zu Tode erschreckt hat, hat er nicht mehr viel Energie zum Spielen.

Glaubst du.

Er fängt den Luftballon auf und betrachtet ihn einen Moment. Du siehst ihm kurz zu und wendest dann den Blick ab, siehst zu Squalo, der still neben dir auf dem Sofa sitzt (mit den Wochen hat sich der Abstand zwischen euch immer weiter verringert) und den Jungen beobachtet. Nach wenigen Sekunden jedoch fällt ihm dein Blick auf und er zieht die Brauen zusammen, bevor er zu dir sieht. »Was?«, fragt er.

Du legst den Kopf schief, dann musst du glucksen. »So, wie wir hier sitzen, müssen wir aussehen wie ein altes Ehepaar«, sagst du ironisch – höchst ironisch. Immerhin geht ihr euch offiziell immer noch total gegenseitig auf die Nerven.

Diesen Ruf will Squalo beibehalten. Er sieht dich einen Augenblick lang nahezu entsetzt an und schnaubt dann. »VOOOI! Nen Scheiß tun wir. Außerdem weißt du bestimmt nicht einmal, wie richtige alte Ehepaare aussehen.«

»Du doch auch nicht«, sagst du belustigt.

»Hab ich ja auch nicht behauptet!«

Solche unqualifizierten Diskussionen mit ziemlich wenig Niveau habt ihr oft. Es unterhält dich und macht die ganze Situation locker – du bist oft genug noch recht angespannt, weil du hier auf den Sohn des gefährlichsten Mannes Europas aufpasst. Squalo lenkt dich davon ab, indem er sich benimmt wie ein Idiot. Du willst dich gerade weiter darüber amüsieren, als zu eurer Seite ein lauter Knall ertönt.

Erschrocken fährst du zusammen und drehst perplex den Kopf in die Richtung des Geräusches, wo Jack noch immer auf dem Boden sitzt und mit einem sehr zufriedenen Lächeln die Fetzen des Luftballons zu seinen Füßen betrachtet. In seiner rechten Hand schwebt eine kleine, aber stete, orangegelbe Flamme.

Zu deiner Rechten seufzt Squalo nur genervt. »An dem Tag, an dem er anfängt, damit nicht mehr nur Luftballons zu zerstören, sondern auch Menschen, verlasse ich Italien«, brummt er.

Du übergehst diesen Kommentar einfach geflissentlich, weil er sowieso eine Lüge ist, und blickst Jack verwirrt an. Okay, er sieht seinem Vater nicht nur erschreckend ähnlich, er hat auch noch diese furchterregende Flamme. Jack ist der verdammt nochmal gruseligste kleine Junge, den du kennst. »Mochtest du den Ballon nicht?«, fragst du unsicher.

»Doch«, sagt Jack prompt und schenkt dir ein seltenes Grinsen. »Genau deshalb wollte ich ihn haben.«

Du seufzt leise, grinst jedoch geschlagen zurück. »Verstehe«, lügst du. Ja, er ist gruselig. Aber du magst ihn, es ist einfach so.

Und genau so vergeht der Abend. Jack nötigt dich dazu, ihm immer wieder neue Luftballons aufzupusten und er zerstört jeden nach ein paar Minuten. Scheinbar hat er gerade erst entdeckt, wofür er diese Flamme nutzen kann. Und er wirkt sehr begeistert. Wenn man einfach nicht daran denkt, dass er damit später Menschen töten (und mit allergrößter Wahrscheinlichkeit die Varia leiten) wird, ist es sogar ganz niedlich. Squalo gibt zu jedem geplatzten Ballon irgendeinen sarkastischen Kommentar ab und immer dann, wenn Jack damit beschäftigt ist, seine eigene Technik zu studieren, unterhaltet ihr euch über das italienische Wetter, das Meer oder die Mafia. Insgesamt wirkt es fast idyllisch – wenn man vom ständigen Knallen absieht und euren Gesprächen über zerfetzte Verbrecher. Ja, es ist eben idyllisch auf eure Art.

Irgendwann – ziemlich plötzlich eigentlich – ist es halb neun. Jack hat schon seit einer Weile keinen Ballon mehr platzen lassen, liegt nun rücklings auf dem Boden (du hast deines Amtes gewaltet und ihm wenigstens ein Kissen unter den Kopf gelegt), blickt an die Decke und führt produktive Gespräche mit Squalo.

»Daddy sagt, du lässt deine Haare wachsen, damit du mehr wie deine Mutter aussiehst.«

»Ja? Dann frag deinen Daddy mal, wieso er sich tote Tiere in den Nacken klebt. Das ist viel interessanter als meine Haare.«

»Das macht er, um cool auszusehen, Idiot.«

»Voooi… Hat er dir das so gesagt?«

»Nein. Das kann man sich doch denken. Blöder Abschaumfisch.«

»Voi! Lass das! Wusstest du, dass dein Vater weinerlich wird, wenn er zu viel trinkt, Jack?«

»Wusstest du, dass mein Vater angefangen hat, Haie zu züchten, die dich irgendwann fressen sollen?«

»…Was?«

In genau diesem Moment öffnet sich die Tür und bevor du reagieren kannst, legt Squalo los und faucht seinen Boss an, der seelenruhig durch den Raum und auf Jack zu spaziert.

»VOOOI! Hör auf, deinem Sohn Märchen zu erzählen, Arschloch!«

»Das macht man so, Abschaum.« Xanxus schenkt dir keinerlei Beachtung, was du wie immer als Kompliment interpretierst. Wäre er mit deiner Arbeit unzufrieden, würde er dich wohl töten, aber er tut nichts dergleichen. Also mauserst du dich wahrscheinlich ganz gut. Jack hat sich aufgesetzt und sieht mit einem freudigen Grinsen zu ihm hoch, das wirklich immer nur dann erscheint, wenn er seinen Vater sieht, und dann werdet du und Squalo mal wieder Zeugen eines beeindruckenden Naturschauspiels: Xanxus nimmt seinen fünfjährigen Sohn auf den Arm.

»Was hast du dem Idioten erzählt, kleine Kackbratze?«, fragt er.

Gott, diese Familie ist so unglaublich gestört.

»Das mit der Haizucht!«, antwortet Jack, der die Geschichte offensichtlich glaubt und nun, in Anwesenheit seines Vaters, ehrlich aufgeregt scheint.

»Oh«, macht Xanxus tonlos. »Das. Das wird noch eine Weile dauern. Und versprich dir lieber nicht zu viel davon; wenn man Squalo für tot hält, kommt er meistens ein paar Tage später einfach wieder.«

Jack zieht eine Schnute. »Blödmann«, murmelt er. Seine sichtbare Enttäuschung droht für einen Moment, dir das Herz zu brechen. Dann erinnerst du dich daran, dass er enttäuscht darüber ist, dass Squalo nicht so schnell sterben kann. Und dann findest du das Ganze wieder abstoßend.

Schließlich wirft Xanxus noch einen Blick zu Squalo, den du nicht deuten kannst (Squalo aber scheinbar sehr wohl, denn er wirkt plötzlich nicht mehr wütend und hält die Klappe), dann verschwindet er wortlos mit Jack durch das Meer von Luftballonüberresten und zur Tür hinaus.

Einige Momente lang schweigt ihr. Ihr sitzt nur da und betrachtet das Chaos, das der Junge hinterlassen hat. Vielleicht denkt Squalo ja über das gleiche nach wie du: darüber, dass es unglaublich ist, wie Xanxus sein kann, wenn er sein eigenes Fleisch und Blut in den Händen hat. Zur Hälfte leuchtet dir das problemlos ein, aber zur anderen Hälfte … ist es immer noch Xanxus.

Du willst gerade aufstehen und dich für den restlichen Abend verabschieden, als Squalo beginnt, zu sprechen.

»Du solltest seiner Mutter schreiben«, sagt er.

Irritiert siehst du ihn an. Mutter. Wessen Mutter? Xanxus‘ Mutter? Halt, nein, da stimmt was nicht… »Was?«, fragst du verständnislos.

»Jacks Mutter«, erklärt er. »Du solltest ihr schreiben.«

… Na ja, zugegeben, eine richtige Erklärung war das nicht.

»Warum?«

Squalo nickt zur Tür, sein Gesicht völlig ausdruckslos. »Weil er ihn jetzt auf den Arm nimmt«, sagt er. »Das hat er vorher nicht gemacht. Der Idiot hatte Schiss, seinen kleinen Hosenscheißer zu verletzen.«

Als du darüber nachdenkst, verstehst du. Xanxus hat Jack früher weniger angefasst als jetzt. Auch dir ist aufgefallen, dass er ihn immer öfter auf den Arm genommen hat, seit du hier bist. Scheinbar musste er sich verständlicherweise daran gewöhnen, einen Sohn zu haben. Aber scheinbar musste er sich gleichermaßen daran gewöhnen, jemanden anzufassen und diesen Jemand nicht gleichzeitig zerstören zu wollen.

Und je länger du dir darüber Gedanken machst, desto menschlicher lässt das Xanxus wirken. Deshalb hörst du lieber schnell wieder damit auf und grinst unsicher. »Wenn er rausfindet, dass du mir das gerade gesagt hast, sind wir beide tot, oder?«

»Nein, nur du«, sagt Squalo todernst.

Du lässt das unkommentiert, schweigst einen Moment lang und siehst ihn an, versuchst zum x-ten Mal, nicht schreiend aus diesem verfluchten Anwesen zu rennen. »Und warum soll ich ihr nun schreiben?«, fragst du schließlich, um auf ein weniger tödliches Thema zurückzukommen.

»Weil er’s von allein nicht tun wird«, sagt Squalo achselzuckend, »und ich hab keinen Bock, mich mit dieser verfluchten Zicke in Verbindung zu setzen.«

Aber offenbar sind alle hier daran interessiert, Jacks und Xanxus‘ Fortschritte festzuhalten. Niedlich. Du hältst dich mit Müh und Not davon ab, das auszusprechen, und nickst gehorsam.

»Wie ist sie so?«, fragst du dann.

Und im nächsten Moment wird dir klar, dass du das nicht hättest tun sollen. Squalos Gesicht verdunkelt sich augenblicklich, und das so sehr, dass er dich für einen Moment unglaublich an Xanxus selbst erinnert. Dein Herz macht einen Aussetzer und du rutschst instinktiv ein Stück von ihm weg – während er die Zähne zusammenbeißt und mit einer Verachtung schnaubt, die du selbst von ihm vorher noch nicht gehört hast.

»Ich hasse sie«, sagt er unnötigerweise.

Du würdest zu gern fragen, warum, traust dich aber nicht. Squalo fährt sich mit der rechten Hand durchs Haar, schließt kurz die Augen und lehnt sich dann ins Sofa zurück. Offenbar ist er dennoch gewillt, deine Frage zu beantworten, weshalb auch immer. »Wahrscheinlich ist sie der einzige Typ Weib, der es auf die Dauer mit Xanxus aushalten kann«, murrt er.

»Auf die Dauer?«, rutscht es dir heraus. Jetzt bist du wirklich perplex. »Du… Du willst mir doch nicht sagen, die zwei sind immer noch zusammen, oder?«

Squalo verdreht die Augen und du fürchtest, dass er dir gleich eine runterhauen wird. »Nein, sind sie nicht, die waren nie zusammen. Schau dir das Arschgesicht halt mal an, mit dem kann man nicht zusammen sein. Will man auch nicht. Und mit ihr erst recht nicht. Deshalb passt es ja wie die verfickte Faust aufs Auge. Sie ist… VOOOI, sie ist ein gottverdammtes Monster. Du siehst ja, was für ein vorlautes Drecksbalg Jack jetzt schon ist, und glaub mir, das meiste davon hat er nicht von seinem Vater. Seine Mutter und Xanxus kennen sich durch die Arbeit und der Trottel scheint irgendwie drauf zu stehen, dass die dumme Hure nicht vor ihm kuscht wie der ganze restliche Abschaum. Was weiß ich…«

Er verstummt, offenbar ziemlich frustriert, und du denkst darüber nach. Ergibt eigentlich Sinn, findest du. Eine Frau, die sich von der Masse abhebt, die nicht so ist wie die anderen. Das ist wahrscheinlich gerade gut genug für jemanden wie den Boss der Varia. Bestimmt hat er in ihr eine Herausforderung gesehen, irgendetwas, was ihn eben nicht langweilt. Und dann… Na ja, dann hatten sie Sex. Wahrscheinlich war’s das. Dass die beiden nicht zusammen sind und es nie waren, glaubst du Squalo aufs Wort, solche Leute führen keine Beziehungen. Sie vögeln. Fertig.

»Und…«, sagst du vorsichtig, zuckst sogar flüchtig zusammen unter dem strafenden Blick, den Squalo dir zuwirft, sprichst aber dennoch weiter. »Jack war dann doch nicht etwa geplant, oder…?«

Das, was in seinen Augen eben noch drohend gewirkt hat, wird nun zu einem Ausdruck gänzlicher Abneigung. Er sieht dich an, als seist du dem Irrenhaus entlaufen. Dabei bist du ja wohl eindeutig die Gesündeste in diesem Haus.

»Okay, okay«, sagst du rasch und hebst entschuldigend die Hände. »War eine blöde Frage, ich weiß.«

Um dich auf charmante Art und Weise zu bestätigen, schnaubt Squalo ein weiteres Mal.

Ansonsten sagt er nichts. Du beißt dir auf die Unterlippe. Das mit Jack und Xanxus beschäftigt dich einfach schon die ganze Zeit, seit du ihn damals auf der Straße gesehen hast. Dass Xanxus sich von einer willensstarken Frau faszinieren lässt (für diesen Gedanken wirst du in der Hölle landen) ist ja schön und gut, aber du findest nicht, dass das auch entschuldigt, dass überhaupt einer der beiden ein Kind zulässt. Das will einfach nicht in deinen Kopf.

»Squalo«, sagst du, jetzt energischer. »Wo zum Teufel kommt dieser Junge her?«

Er sieht weg und straft dich mit Schweigen, bevor er langsam vom Sofa aufsteht und sich streckt. Unzufrieden beobachtest du ihn dabei, wie er eurem Gespräch ausweicht. Feigling. Idiot. Du willst das wissen, verdammt.

Kurz blickt Squalo zwischen dir und der Tür hin und her. Dann rümpft er die Nase und wendet sich ab.

»Manche Dinge passieren einfach«, sagt er.

Dann geht er.
 

Du bleibst auf der unbeantworteten Frage sitzen. Und du wirst es auch auf ewig tun, das vorweg. Niemand will hier darüber reden, wie oder warum Jack entstanden ist, beziehungsweise darüber, was zur Hölle diese Leute dazu bewogen hat, das Kind zur Welt zu bringen. Du findest dich irgendwann damit ab und letztendlich ist deine Neugierde ja auch nebensächlich. Jack ist da – warum, ist egal. Er existiert nun eben und er mausert sich zu einem beachtlichen kleinen Jungen, sein Vater bringt es tatsächlich fertig, sich in seiner Freizeit mit ihm zu beschäftigen und ansonsten wächst er eben dir immer weiter ans Herz. Und du ihm auch, so wie es aussieht.

Es ist acht Uhr abends und Jack liegt auf der Seite zusammengerollt auf dem Sofa, hat den Kopf in deinen Schoß gelegt und schläft. Das Bild ist so niedlich, dass du ihn am liebsten fotografieren und dir den Abzug riesengroß in dein Zimmer hängen würdest. Natürlich bleibst du jedoch still sitzen, streichst ihm hin und wieder vorsichtig mit einer Hand durchs Haar und lässt ihn hier schlafen, bis sein Vater wiederkommt und ihn in sein Bett bringt.

Jack ist müde, weil ihr den halben Tag lang draußen Verstecken und Fangen gespielt habt. Du hast lang gebraucht, um ihm zu erklären, dass er seine Flamme doch bitte nicht dafür benutzen soll, Büsche niederzubrennen, nur, um zu sehen, ob du dich dahinter versteckst. Das sei schade um die Natur, meintest du immer wieder, und du hast den Verdacht, dass Jack nach einer gefühlten Ewigkeit einfach nur deshalb nachgegeben hat, weil er die Diskussion satt hatte.

Aber zumindest hört er ein bisschen auf dich. Halbwegs. Manchmal.

Du genießt die Stille. Jack atmet ruhig und gleichmäßig, vor der Tür wird scheinbar ausnahmsweise niemand hingerichtet und alles ist…

Schritte.

Laute, energische Schritte im Flur, und dann ein langgezogenes »VOOOOII!«. Du schließt für einen Moment die Augen und blickst dann alarmiert zu Jack, der sich jedoch nicht rührt. Vielleicht wird er ja langsam genauso verschlafen wie sein Vater und lässt sich dabei ausgerechnet von Squalo nicht stören.

Er ist den ganzen Tag auf einem Auftrag gewesen und war deshalb nicht bei euch. Diese Tatsache hat dir heute früh einen kleinen Dämpfer versetzt, von dem Jack dich glücklicherweise ablenken konnte. Auch, wenn du dir eingeredet hast, du seist einfach nur müde.

Schließlich öffnet sich schwungvoll die Tür und Squalo holt bereits Luft, doch ein warnender Blick deinerseits bringt ihn tatsächlich zum Verstummen – das hättest du nicht gedacht. Sein Blick fällt auf Jack und er schließt den Mund wieder, verzieht das Gesicht und schweigt. So still hast du ihn das letzte Mal gesehen, als der Verlust seiner Hand ihn in die Ohnmacht geprügelt hat, glaubst du. Beeindruckend, dass er sich trotzdem so zivilisiert auf dem Sofa niederlassen kann.

»Wieso bringst du ihn nicht einfach ins Bett?«, fragt er gedämpft – ein merkwürdiger Klang.

»Er wird vorher seinen Vater nochmal sehen wollen«, erklärst du, und Squalo verdreht die Augen.

»Du bist viel zu nett zu dem kleinen Scheißer.«

»Ist mein Job. Ich sterbe sonst. Außerdem hat er das verdient. Wir hatten einen schönen Tag.«

»Also lief alles gut?«

»Ja. Keine Probleme ohne dich, großer Meister. Und bei dir?«, fragst du scherzhaft.

Squalo jedoch scheint die Frage ernst zu nehmen und rümpft die Nase. »Ging«, sagt er mürrisch und reibt sich über den linken Unterarm. »Hab mir wohl unterwegs irgendwas gezerrt oder so. Voooi – nicht, dass mich das einschränken würde! Pisst mich nur an…«

»Einem Profi wie dir passiert sowas normalerweise nicht, hm?«, sagst du, geistig nur noch zur Hälfte anwesend, während deine Hände im selben Moment schon seinen Arm greifen und festhalten. Erst danach fällt dir auf, dass das gerade ein Reflex war. Er hat dir von Schmerzen und einer eventuellen Verletzung erzählt, und schon warst du nicht mehr Jacks Kindermädchen, sondern eine Ärztin für Mafiosi. Es war ganz logisch für dich, dir seinen Arm zu schnappen. Jetzt wirkt es nicht mehr so schlau.

»Was zur Hölle tust du da?«, fragt Squalo und klingt gereizt, macht jedoch keine Anstalten, seinen Arm wieder wegzuziehen.

Du siehst ertappt zu ihm auf, grinst dann flüchtig und beschließt, es darauf ankommen zu lassen. »Eigentlich bin ich Ärztin, schon vergessen?«, sagst du. »Ich könnte es mir mal ansehen. Keine Sorge, ich werde dir nicht sagen, dass du Urlaub brauchst und ich werde auch sonst niemandem was darüber erzählen. Lass mich nur einen Blick drauf werfen. Vielleicht kann ich was tun.«

Einen Augenblick lang bist du dir absolut sicher, dass er einfach nur überlegt welche Methode die effektivste wäre, um dich umzubringen. Dann überrascht er dich, indem er mit den Schultern zuckt. »Meinetwegen…«

Du grinst triumphal, sagst nichts und krempelst den Ärmel seiner Uniform hoch, um deine Arbeit zu beginnen. Und wenn du Squalo mit deinen anderen Mafia-Patienten vergleichst, ist er wohl so ziemlich der verträglichste. Er hält völlig still und ist ruhig, während du seinen Arm abtastest, hin und wieder bewegst und zum gleichen Schluss kommst wie er. »Ist wahrscheinlich wirklich gezerrt«, sagst du ohne aufzusehen. »Normalen Menschen würde ich jetzt sagen, sie sollten ihn stillhalten, aber das wirst du sowieso nicht tun. Dann bleibt dir eigentlich nur, nach Möglichkeit zu schonen und abzuwarten, bis es wieder geht… Du bist aber auch ein bisschen verkrampft ums Handgelenk…«

Mit diesen Worten zupfst du ihm den weißen Handschuh von den Fingern. Squalo reagiert mit einem empörten »HEY!« und greift nach dir, aber du bist nun völlig in deinem Element und behandelst ihn wie jeden anderen auch. »Finger weg«, sagst du streng und schlägst seine Rechte einfach weg. Das scheint Squalo so zu überraschen, dass er es einfach geschehen lässt.

»Musst du das Ding hin und wieder ölen?«, fragst du, als sei die graue, metallene Hand, die du vor dir hast, das Normalste auf der Welt. »Oder wechseln? Du hast nicht seit achtzehn Jahren die gleiche, oder?«

»VOI! Natürlich nicht! Seh ich aus, als sei ich seitdem nicht gewachsen, Idiotin?«

»War ja nur ‘ne Frage. Also, daran könnte es jedenfalls liegen. Etwas stimmt nicht mit deiner Hand, die Muskeln um dein Gelenk versteifen und du kriegst Probleme mit deinem Arm. Bitte sehr, der Herr, da haben Sie Ihre Diagnose.«

»Ich hab um keine gebeten«, brummt Squalo, der offensichtliche Probleme damit hat, seine Stimme ruhig zu halten und hin und wieder genervte Blicke zu Jack wirft. Er verzieht das Gesicht und bewegt die Finger seiner Linken ein wenig. »Braucht wahrscheinlich mal wieder ‘ne Überholung, ja. Von mir aus.«

»Gut«, sagst du sachlich und nickst. Damit wäre das also geklärt. Squalo macht allerdings keine Anstalten, seine Hand wegzuziehen und um ehrlich zu sein hast du auch keine wirkliche Motivation, sie loszulassen. Sie wirkt groß, wenn sie in deinen beiden Handflächen liegt und du sie flüchtig, was eigentlich unnötig ist, am Daumen und dem kleinen Finger festhältst. Das ist sie also, die Vollendung des Meisterwerks deiner Jugend. Du warst und bist noch immer stolz darauf, dass du Squalo damals behandelt hast. Aber was genau aus seiner Hand geworden ist, hast du ja bis eben nie erfahren. Du wusstest natürlich, dass er eine Hand bekommen hat, aber was für eine das nun war und ob sie seine Erwartungen erfüllt hat, wusstest du nicht. Jetzt schon. Sie sieht ziemlich so aus wie das, was er sich damals immer vorgestellt hat. Und sie wirft dir mit deiner plötzlich wiedergekehrten, unbändigen Faszination, einen Haufen Fragen auf.

»Hast du darin eigentlich Gefühle?«, willst du also wissen und drückst probeweise etwas mit deinen Daumen in seiner Handfläche herum.

Squalos Oberarm scheint zu zucken, aber noch immer zieht er seine Hand nicht weg. Er könnte, wenn er wollte. Das wisst ihr beide. »Kaum«, antwortet er. »Ein bisschen, aber eben nicht viel…«

Du schmunzelst. »Wird daran liegen, dass du sie so dilettantisch behandelt hast, bevor du zu uns kamst.«

»Vooi! Immerhin hab ich die Blutung gestoppt!«

»Nein, hast du nicht, du hast noch im Krankenhaus geblutet wie ein Schwein, aber daran wirst du dich nicht erinnern, weil du meistens ohnmächtig warst.«

Dein breites Grinsen wird dadurch bestraft, dass er dir auf den Fuß tritt. Du zuckst zusammen, wirfst Jack einen schnellen, prüfenden Blick zu und kicherst dann. »‘Tschuldige«, sagst du, ohne es wirklich ernst zu meinen. »Ich weiß, du hast damals versucht, die Wunde zu kauterisieren, aber das ist ziemlich in die Hose gegangen, bei allem Respekt… Hättest du auf den Blödsinn verzichtet und wärst einfach früher zu uns gekommen, würdest du jetzt vielleicht auch mehr damit fühlen.«

»Muss ich gar nicht«, sagt Squalo trotzig.

Thema beendet. Du wirfst ihm ein belustigtes Lächeln zu und er sieht weg. »Und deine Eltern?«, fragst du dann einfach. »Was haben die dazu gesagt?«

»Hä?«, macht er auf seine übliche, charmante Art und Weise. »Wozu?«

»Na, zu der Sache mit deiner Hand und Tyr eben, du Trottel.«

Squalo reagiert seltsamerweise nicht auf die Beleidigung. Stattdessen zuckt er mit den Schultern und dreht den Kopf noch weiter weg. »Nicht viel«, antwortet er. »Mein Vater wollte eh, dass ich Tyr besiege. Dass ich dann auch meine Hand geopfert habe, fand er wohl ziemlich dumm. Aber aufhalten konnte er mich ja sowieso nicht.«

Er klingt plötzlich sehr dumpf und du registrierst, dass er seine Mutter nicht erwähnt. Du weißt, dass Familie gerade in der Mafia ein heikles Thema ist. Und jemand wie Squalo, jemand mit diesem Job, diesem Wesen, dieser Psyche, hatte garantiert keine normale Kindheit bei normalen Eltern. »Dein Vater wollte, dass du Tyr tötest?«, fragst du dennoch, in vorsichtigerem Ton, weil dir dieser Gedanke doch etwas befremdlich vorkommt.

Kurz schielt Squalo wieder zu dir und nickt dann. »Dass ich irgendwann dem beschissenen Schwertkaiser seinen Thron streitig machen soll, war seine Idee. Er wollte das immer.« Auf sein Gesicht schleicht sich ein zynisches Grinsen. Das hast du vorher noch nie gesehen und du findest es unheimlich. »Seltsam«, fährt er tonlos fort. »Eigentlich hab ich mir damals immer Mühe gegeben, möglichst nicht das zu tun, was er will.«

Du schweigst. Du kannst dir schon denken, was ihn dennoch dazu bewogen hat. Die Euphorie des Kampfes, der anerzogene Ehrgeiz. Und natürlich der unglaubliche Stolz.

Trotzdem willst du seine Version hören. »Und wie kam es dann dazu, dass du es trotzdem getan hast?«, fragst du leise.

Squalo dreht den Kopf endlich wieder zu dir und sieht dich an, und bewegt seine Hand noch immer nicht, und über seine Lippen huscht ein flüchtiges, schiefes Grinsen, das so schnell wieder verschwindet, wie es aufgetaucht ist.

»Manche Dinge passieren einfach«, sagt er.

Mit offenem Mund blickst du ihn an. Du hast mit vielem gerechnet, aber nicht mit dieser Antwort, die scheinbar die Varia-Erklärung für alles ist. Und Squalo nutzt unschönerweise deinen Moment der Verwirrung, um seine Finger aus deinen zu befreien und aufzustehen. »Vooi! Der Boss wird hier bald reinplatzen«, sagt er, so wie immer, obwohl du dich fühlst, als hättet ihr gerade über etwas unglaublich Intimes gesprochen. »Ich verzieh mich. Bis morgen oder so.«

Und damit geht er. Ohne noch ein Wort zum vorigen Thema, und natürlich auch ohne irgendeine Form von Dank, weil er ohne dich sicherlich noch sehr lang mit dieser überholungsbedürftigen Hand und dem strapazierten Arm herumgelaufen wäre.

Es ist ein bisschen wie damals. Du hast ihm geholfen und Zeit mit ihm verbracht, die aus irgendwelchen Gründen anfängt, dir etwas zu bedeuten. Er ist dir ans Herz gewachsen, obwohl er ein überheblicher Idiot ist. Und nun geht er einfach und lässt dich hier zurück mit dem Gefühl, dass ihn das alles völlig kalt lässt, dass das, was für dich ein bedeutendes Gespräch war, für ihn nur ein paar zusammengewürfelte Momente waren, die nun vergangen und damit nicht mehr von Belang sind.

Du siehst ihm nach und registrierst die Übelkeit in deinem Rachen, das Rumoren in deinem Bauch und das etwas zu schnelle Klopfen deines Herzens. Außerdem brummt dein Kopf, Jack liegt plötzlich schwer auf deinen Beinen. Du fühlst dich unwohl, und irgendwie doch nicht. Es ist, als sei dir schwindelig, obwohl die Welt stillsteht.

Du bist eine erwachsene Frau. Du weißt, was das heißt.

Mit gerümpfter Nase und zusammengebissenen Zähnen wendest du endlich den Blick von der Tür ab und betrachtest den noch immer tief schlafenden Jungen in deinem Schoß. Deine Hand zittert, als du ihm durchs schwarze Haar fährst und du würdest dich am liebsten dafür ohrfeigen.

Wie es aussieht, hast du dich irgendwie in Superbi Squalo verliebt.

Das ist dumm, sagst du dir. Das ist unglaublich dumm. Du siehst noch nicht einmal einen Grund für solche Gefühle, aber sie sind da. Und warum?

Manche Dinge passieren wohl einfach.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2010-08-28T18:43:35+00:00 28.08.2010 20:43
Squalo ist chronisch untervögelt. Also wenn das sein einziges Problem zZ ist, fällt mir eine gute Lösung ein 8D
Jack ist wirklich ein komisches Kind, aber wo jeder andere normale Mensch schon schreiend weggerannt wäre, finde ich die kleine Kackbratze ganz sympathisch.

Um es mit dumms Worten auszudrücken: heirate mich.
Von: abgemeldet
2010-08-19T23:18:33+00:00 20.08.2010 01:18
Ich kann nicht mehr. Ehrlich...ich hätte diese Geschichte nicht am Stück lesen sollen, denn jetzt kann ich nicht mehr aufhören zu lachen.
Xanxus' Erziehungsstil spiegelt sich ganz klar wieder, aber irgendwie sind Aussagen wie "Daddy sagt du bist chronisch untervögelt." aus dem Mund eines 5-jährigen einfach zu niedlich XD

//»Was hast du dem Idioten erzählt, kleine Kackbratze?«, fragt er.

Gott, diese Familie ist so unglaublich gestört.//


Oh ja..., diese Familie ist gestört, aber sie sind lustig und dann macht das bisschen Gestörtheit auch nichts XDD

Von:  Sherry-Yumi
2010-08-14T11:33:38+00:00 14.08.2010 13:33
Hach, wie geil! *___*
Ich kann mich den anderen beiden auch nur anschließen. Das ist wirklich mit die beste FF, die ich je gelesen habe! Ich hab mich erstmal 10 Minuten darüber gefreut, dass ein neues Kapitel on ist bevor ich mich hungrig darauf gestürzt habe! >.<
Und meine Erwartungen wurden übertroffen! Dein Schreibstil ist der Wahnsinn und obwohl Jack echt manchmal gruselig ist, find ich ich ihn sooo putzig! Ich kann mir jetzt Xanxus Sohn einfach nicht anders vorstellen als Jack.
Und die Dialoge sind echt immer göttlich! *___*
Ich lach die ganze Zeit und sonst sitz ich breit grinsend davor.
Total geil fand ich auch die Stelle, wo Xanxus sagt, dass man Squalo gar nicht umbringen kann, weil wenn er angeblich tot ist, dass er nach ein paar Tagen wieder auftaucht! xDD
sooo geil~ mooiii! :))
Ich kann das nächste Kapitel wieder mal wieder kaum erwarten!^^
Weiter soo~ :)
Von: abgemeldet
2010-08-13T16:42:08+00:00 13.08.2010 18:42
Lol. LOL.
Ich musste an manchen Stellen laut auflachen und an manchen war ich einfach nur verstört. Wie, als Jack bei der Sache mit den Bauklötzen gelacht hat. Unheimlich. Definitiv unheimlich.
Und eben am Ende, ey. Das Wort 'dumm' bleibt ja nie mehr ohne Mirey-Assoziation. 'Das ist unglaublich dumm', stand da. Ich hab gelesen: 'Das ist unglaublich, dumm.'
Dieser Manche-Dinge-passieren-einfach ist cool, Universalerklärung für alles. Werd ich mir merken. |D
Ja. Du bist toll, du bist großartig, ich will nen Jack und das hier ist und bleibt meine Lieblings-FF. Abgesehen davon esse ich gerade auch Schoko-Quark.
Also da war eine Stelle, da musste ich wirklich laut und lange lachen... aber jetzt weiß ich sie nicht mehr. War n Dialog, glaub ich... Ich geh mal eben suchen...
Ach ja, genau. XDDDDDDDDDDDD
Das war diese eine Unterhaltung von Jack und Squalo. Die sind ja eh die geilsten.
> »Ja? Dann frag deinen Daddy mal, wieso er sich tote Tiere in den Nacken
> klebt. Das ist viel interessanter als meine Haare.«
WHAT THE FUCK?! XDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDD
Das mit den toten Tieren klingt so verdammt falsch!! XDDDDD
Und sonst... war schon sehr toll, das Ganze.
Made my day, auf jeden Fall. Wahrscheinlich werd ich morgen bei der Arbeit dran denken und plötzlich lachen müssen. Aber die halten mich eh alle für nen Freak, von daher... Pfft. XD
Ach ja, das mit Squalos Eltern. Hmmmm... Immer dieser Head Canon. Ich kann mir Squalo einfach generell einfach nicht mit Eltern vorstellen... Daher weiß ich immer nicht, ob ich dem zustimmen soll. Objektiv betrachtet ist das nachvollziehbar, dass du seine Eltern so dargestellt hast. Aber... kA. Squalo ist aus nem Ei geschlüpft oder bei nem missglückten Genexperiment entstanden oder so. Das finde ich irgendwie wahrscheinlicher.
Ich habe Bauchschmerzen vom Schoko-Quark, yay. Obwohl, das kommt vllt doch vom Nudelauflauf vorher. Oh, wie ich warmes Essen verabscheue.
Jetzt hab ich den Faden verloren. Hör auf, daran zu knabbern, Levi! Ähm. So. Hab den Faden von Levi zurück. Ist angesabbert. Willst du ihn haben? [Nein, ich bin nicht ausgelastet, obwohl ich schon bei der Arbeit den ganzen Tag nur Mist rede.]
Das mit Xan, der sehr lange braucht, um seinen Sohn überhaupt auf den Arm zu nehmen, find ich übelst knuffig und passend. Ja, ich finde Xanxus knuffig. Ich renn dann schon mal... Wenn ich hier fertig bin.
Ferrero.
Chronisch untervögelt. Das war auch gut. XDD
Ich hab übrigens Squalos Hand hier liegen, aber ohne Schwert. Erinner mich daran, sie auf der Nichi mitzubringen.
Oh, oh, und das Wort 'Abschaumfisch'. Soooo cute! So cute!!
Also überhaupt die ganzen Unterhaltungen, auch zwischen Xan, Jack und Squalo, die waren einfach nur WIN.
Jo. Let's pretend Marshall Mathers never picked up a pen.
Ich geh jetzt off, der letzte Rest Sinn ist gerade von einem der Haie gefressen worden, die Xan noch züchten will.
Jedenfalls bin ich gespannt, wie 'ich' und Squalo dann zusammen kommen. In Bezug auf die Beziehung ist die FF so schön normal. Argh, das sollte ein Kompli sein. Es muss nicht immer alles vor Abnormitäten strotzen. Abgesehen davon gibt es in dieser FF wegen Jack davon genug.
So. NUN ist der letzte Rest Sinn weg.
Ich hab heute mitgekriegt, dass wir bei uns auf der Station Gehirnflüssigkeit im Kühlschrank aufbewahren. Mh.
Von:  dumm
2010-08-13T10:56:17+00:00 13.08.2010 12:56
Jack ist win of made.
Und du bist geil.

Heirate mich.


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