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Ewige Liebe?

von

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viel spaß beim lesen^^
 

Der Morgen hatte Einzug in Fanelia gehalten, so wie überall auch im Lande. Die Sonne war aufgegangen an einem wolkenlosen Firmament und versprach somit auch wieder einen herrlichen Sommertag. Noch war es kühl und angenehm, aber bald würde sich dies ändern und die Strahlen des feurigen Trabanten auf Mensch und Tier niederbrennen in erbarmungsloser Manier, keine Rücksicht darauf nehmend, dass diese heißen Temperaturen eine Tortue sein würden.

Jedoch war dies Allen Shezar, einem stattlichen Mann mit goldblonden Haaren in diesem Moment herzlich egal. Zu sagen, der Himmelsritter aus Asturia wäre einfach nur nervös, wäre eine Untertreibung, die gleichzusätzen wäre mit der Tatsache, dass Hitomi lediglich eine gewöhnliche Sterbliche wäre oder Merle eine ganz normales Mädchen, was zufällig nur etwas behaarter war als alle anderen in ihrer Umgebung war.

Seit dem raschen Aufbruch von Van und seiner Gefährtin hatte der Ritter des Himmels nichts mehr von den beiden gehört. Lediglich eine große gewaltige Explosion, die sich in der späten Nacht zu getragen hatte, ließ darauf schließen, dass es überhaupt einen Kampf gegeben hatte. Aber seitdem war nichts mehr passiert und wie alle anderen, musste er ausharren.

Darauf, ob sie es geschafft hatten oder nicht?

Ob sie den Feind besiegt hätten oder ob sich bald dieses Monster persönlich zeigen würde. Alle möglichen Ausgänge dieser Schlacht spuckten in seinem Kopf mit den daraus resultierenden Konsequenzen herum und trieben ihn damit fast in den Wahnsinn. Denn was war nicht schlimmer, als das Ungewisse?

Allen tigerte durch den Thronsaal und ignorierte dabei geflissentlich alle Anderen, die sich mit ihm zusammen in diesem Raum aufhielten. Dennoch kam er nicht ohne hin zu bemerken, wie jeder auf seine eigene Art und Weise mit dem unvorhersehbaren Ausgang der Schlacht, wo sie nichts hatten ausrichten können, außer hier still auf die Rückkehr der Kämpfenden zu warten, umging. Seine wachen Sinne als erfahrener Krieger ließen nicht einen Moment sein Umfeld unbeobachtet, obwohl er sich sehr bemühte, sich dies nicht anmerken zu lassen.

Seine blauen Iriden schweiften bei seinem erneuten Rundgang vom einem Ende des Saals zum Anderen, den er schon über viele Stunden hinweg durchschritten hatte, umher und blieben an seiner Schwester hängen, die wie es ihrem Naturell entsprach, auf einem Stuhl, nahe der Wand voll mit den kunstvollen Mosaiken, saß und einen Buch vor sich auf dem Schoße zu liegen hatte. Der Blondhaarige wusste, dass Serena nicht wirklich lass, aber das geschriebene Wort hatte es schon immer vermocht, sie auf wundersame Weise zu beruhigen und zu entspannen, wenn sie nervös oder unruhig gewesen war. Diese Angewohnheit hatten auch die Hexer der Zaibacher nicht gänzlich ausmerzen können, sehr zu seiner Erleichterung. Jeden Tag kam ein bisschen mehr von seiner geliebten Schwester zurück.

Wie sie da so saß, könnte er sie glatt für einen kleinen Engel halten. Ihr weißblondes immer noch recht kurzes Haar umrahmte sanft ihre Gesichtskonturen, kringelte sich am Ende zu kleinen Löckchen, die sie noch kindlicher aussehen ließen und obwohl Serena genauso alt war, wie Hitomi, besaß sie nicht deren kurvige Erscheinung. Im Gegenteil, sie war rank und schlank, fast ein wenig zerbrechlich, fand der Schwertkämpfer aus Asturia.

Ein plötzliches Fauchen riss Allen von seinen Überlegungen fort.
 

Merle, die bis jetzt an einem der nahe gelegenden Fenster gestanden und zum Himmel gestarrt hatte, in der Hoffnung Van oder Hitomi zu sehen, war aufgesprungen.

Wild gestikulierend schwang sie ihren Arm hin und her und deutete immer wieder auf mehrere kleine schwarze Punkte, die sich mit rasend schneller Geschwindigkeit dem sich auf dem höchsten Platz gelegenden Schloss näherten. Doch durch das strahlende Licht der Sonne waren sie nur als schemenhafte Gestalten zu erkennen.

Die Katze war ganz aufgekratzt, hoffte sie doch von ganzen Herzen, dass dies ihr Van sein würde und nicht womöglich ihr Feind. Noch ehe Allen, der wie selbstverständlich in dem Augenblick, wo der König von Fanelia ausgezogen war, um sich dem Kampf zu stellen und somit sein Land und dessen Bevölkerung zu verteidigen, das Kommando, trotz der Proteste des Beraterstabes, an sich gerissen hatte, reagieren konnte, war sie bereits schon auf den Weg, in den Innenhof des Palastes. Niemand konnte es mit ihr Aufnehmen, denn durch ihre katzenhafte Abstammung und den Erfahrungen einer Person, die ein lebenlang in diesen Mauern ein und aus gegangen war, war sie binnen kürzester Zeit an dem Landeort angekommen. Auf allen Vieren war sie schnell wie ein Reh auf der Flucht durch die Gänge und Korridore gerannt und nichts und niemand hatte sie aufhalten können, flink wie ein Wiesel war sie an Dienern und Zofen vorbeigehuscht, ohne auch nur ein einziges Mal jemanden anzurempeln wie es sonst ihre Manier war.

Ungeduldig wartete sie darauf und schaute voller Spannung hinauf, als sie ihr Ziel erreicht hatte, dass die Unbekannten endlich landen würden, damit diese Ungewissheit ein Ende haben würde. Während die Katze voller Erwartungen in den Himmel auf die Neuankömmlinge starrte, kamen, wenn auch nicht so schnell wie Merle, auch Allen, Serena und der Beraterstab des Königs dort an, wo wahrscheinlich der Ort sein würde, an dem die so genannten schwarzen Punkte auf der Erde ankommen würden. Begleitet wurden sie dabei von aufgeregten Dienern, Kammerzofen und selbst Männern und Frauen, adliger Herkunft, die ebenso die fremden Flugobjekte bemerkt und gesichtet hatten.
 

Lautes und verwirrtes Stimmengewirr war überall zu hören. Manche ängstlich und andere wiederum neugierig. Kinder wurden von ihren Müttern an sich gedrückt, die durchaus eine Gefahr sahen für ihre Sprösslinge. Junge Burschen wollten mit Pfeil und Bogen auf die Unbekannten zielen. Erfahrene Krieger wollten sich kampfbereit machen, hatte sie der noch nicht lange zurückliegende Krieg gelehrt, immer auf das Schlimmste gefasst zu sein. Einige wohlsituierte Damen fielen sogar in Ohnmacht oder waren dieser ziemlich nahe.
 

Doch noch ehe völliges Chaos ausbrechen konnte, hatte Allen sich geistesgegenwärtig auf eine erhöhte Position, den Treppen zum königlichen Eingang zum Schloss, begeben von wo er alle erreichen und sehen konnte. "Volk von Fanelia!", donnerte die gewaltige Stimme des Schwertkämpfers über die Anwesenden hinweg, sodass plötzlich schlagartig Stille herrschte, alle sich vom Firmament ab wanden und der Blonde nun die ungeteilte Aufmerksamkeit der Menge hatte.

Die Gemeinten sahen nach vorn und erwarteten eine Erklärung für dieses Phänomen der Unbekannten am Himmel, die sich unaufhaltsam auf diesen Ort zu bewegten. Die Atmosphäre war aufgeladen, voll unterdrückter Panik, Nervosität und Angst.

Die Menschen waren unsicher und wussten nicht, was nun geschehen würde. Doch sie vertrauten auf den Ritter des Himmels, hatte er sie doch in letzten Wochen, während des Wiederaufbaus, unterstützt und geführt, wie es ihr König getan hatte.

"Es besteht kein Grund, euch zu ängstigen.", wobei Allen tatsächlich von ganzem Herzen hoffte, dass seine Worte der Wahrheit entsprachen und keine Lüge sein würden, da er fest davon ausging, dass es Van war, der sich ihnen nun näherte und nicht diese Bestie, dessen Aussehen Hitomi nur in Ansätzen geschildert hatte und der Blonde aber dabei nicht den Gesichtsausdruck von ihr vergessen hatte, als sie über dieses Monster sprach. Furcht und nackte Angst war in ihrem Zügen zu lesen gewesen. Desweiteren sprach für seine These, dass die Geliebte seines Freundes lediglich von einem Feind berichtet hatte und nicht von mehreren.

"Diese unbekannten Flugwesen kommen mit unserem König, um ein Bündnis mit uns zu zu schließen.", improvisierte Allen und erhielt dabei einen mehr als ungläubigen Blick von den Beratern des Königs sowie auch von seiner Schwester und Merle.

Aber war hätte er sagen sollen?, fragte er sich in Gedanken. Weder war es abgesprochen gewesen, wie Van und Hitomi zurückkehren sollten, noch was er dem Volk erzählen dürfte oder offenbaren konnte.
 

Merle verstand erst nicht, warum der Kämpfer aus Asturia den Leuten so einen Quatsch erzählte und sie nicht davor warnte, dass sie womöglich in großer Gefahr schwebten und sie wollte gerade empört dazwischen rufen, als sie von Serena aufgehalten wurde, die im Gegensatz zu dem Katzemädchen schneller geschaltet hatte, was die Beweggründe ihres Bruders waren, dies den Menschen vorzuenthalten. Sie hatte es im Gesicht ihrer Freundin gelesen, was diese zu tun beabsichtigte und hielt Merle die Hand vor den Mund, bevor sie sie aussprechen konnte und zog sie gleich dannach zu sich heran, sodass nur die Katze verstand, was Serena ihr ins Ohr flüsterte. "Wenn er ihnen jetzt sagen würde, was wirklich los ist, dann würde nur Panik ausbrechen, weswegen einige Leute vielleicht nur unnötig verletzt werden würden, falls es doch Van mit Hitomi sind!", hörte Merle die samtweiche Stimme leise auf sie einreden.

"Aber wenn....!"

Wieder wurde sie unterbrochen. "Dann könnten wir auch nichts gegen ihn unternehmen, wenn es nicht einmal Van und Hitomi zusammen mit den Erddrachen geschafft haben!", erklang es von Serena nüchtern und sachlich, was so gar nicht zu dem sehr sensiblen Mädchen passen wollte.

Entsetzt schaute Merle in das Gesicht ihrer Freundin und sah in ihren das, was sie in diesem Moment fühlte. Angst! Aber auch Mut, sich dem zu Stellen, was kommen würde.

Einvernehmlich drückten die zwei Freundinnen ihre nun miteinander verschränkte Hände und warteten auf das, was unvermeidlich kommen möge.
 

Während sich die zwei Mädchen heimlich miteinander unterhalten hatten, war der Beraterstab des Königs in Sekundenschnelle zu den gleichen Schlussfolgerungen gekommen wie Serena und ließ daher Allen weiter sprechen, ohne ihn zu unterbrechen. Würden sie ihn jetzt öffentlich brüskieren, wäre damit keinem geholfen. Im Gegenteil, sie würden sich mit dieser Aktion selbst schaden und hätten dadurch nichts gewonnen, da es Vieren von ihnen ausschließlich um das Wohl der Bevölkerung ihres Landes ging und durch eine hoffentlich unbegründete Panik der Menschen wäre dies nicht gegeben.

Nur Grimhold überlegte einen Moment, ob dies nicht vielleicht jetzt eine günstige Gelegenheit wäre, diesen sogenannten stellvertretenden Regenten des Herrschers über Fanelia hier und jetzt zu eliminieren. Aber er verwarf diese Idee wieder, da dann immer noch seine anderen lästigen Kollegen im Beraterstab waren sowie die von Hitomi bestimmten Regenten und leider hatte sich der Himmelsritter bisher nichts zu Schulden kommen lassen. Die Beliebtheit von Allen Shezar war fast genauso groß wie die von Van de Fanel und sein Ruhm wie auch große Anerkennung für seine legendären Taten und spannenden Abenteuer über die Grenzen hinaus in ganz Gaia bekannt und respektiert.
 

"Also bitte nehmt die Waffen runter und verfallt nicht in Panik. Es....!" Der Rest des Satzes war nicht mehr zu hören, obwohl die Stimme von Allen, der versucht hatte, ruhig und bestimmt zu klingen, laut und deutlich für die Menge zu verstehen gewesen war.
 

Die Sonne gab nun ihr Geheimnis Preis und enthüllte drei große kräftige Körper von Erddrachen. Einer schimmerte im tiefen Schwarz einer finsteren mondlosen Nacht, der Zweite im hellen Grün eines Blattes von einer kräftigen Eiche und der Letzte in einem zarten Blau, das dem des über ihnen alles überragenden Himmels glich. Anmutig und doch voller Kraft waren ihre Bewegungen und Flügelschläge, die so einen Lärm gemacht hatten, dass man nichts mehr verstehen konnte.

Der Staub, der auf dem Innenhof gassierte und der Schmutz wurden aufgewirbelt, sodass die Anwesenden sich ihre Hände vor sie Gesichter halten mussten, um ihre Augen zu schützten. Einige taten es, andere nicht. Doch was alle instinktiv machten, war, eine große runde Schneise zu bilden, in der die Erddrachen Gelegenheit zu Landung hatten.

Mit Erstauen, Ehrfurcht und Neugierde sowie auch mit sichtlicher Panik wurden diese gewaltigen Bestien von den Menschen bestaunt. Gestandene Soldaten hatten weiche Knie, ängstliche Kinder drückten sich in Röcke ihrer Mütter, Pferde wieherten erschreckt von dem Spektakel auf und veranstalteten einen gehörigen Krach in ihren Boxen, der unbemerkt blieb, wieder vielen eine Reihe Damen von adligem Geblüht zitternd in Ohnmacht und konnten gerade noch so, von einigen in der Nähe stehenden Dienern aufgefangen werden. Die unterschiedlichsten Reaktionen rief der Anblick dieser Wesen in den Menschen wach. Aber alle, ohne Ausnahme wussten, was für eine Macht diesen fremden Kreaturen inne wohnte. Ihre Schuppen glänzten majestätisch in der Sonne, ihre langen Schwänze wirbelten unruhig um sie herum und wirbelten noch mehr Staub auf, ihre schlitzartigen Augen blickten voll uralter Weisheit, gepaart mit den Instinkten gefährlicher Jäger auf sie herab und die Krallen ihrer Klauen scharrten schrill und lauttönend über den gepflasterten Hof.

So betäubt, wie die Leute von diesem Anblick waren, selbst Allen, Merle, Serena sowie die Frauen und Männer des Beraterstabes hielten den Atem an, bemerkten sie erst spät, dass auf dem größten der Erddrachen eine Gestalt saß.
 

Hitomi hatte mit solchen Reaktionen gerechnet und nutzte die Zeit, die die Menge völlig gefangen in diesem Schauspiel war aus, um ihre Umgebung mit ihrer Fähigkeit zu scannen. Überall sah sie die verschiedensten Farben, vermischt zu einen bunten Regenbogen, der alle Nuancen enthielt. Doch sie achtete nicht auf diese, sondern suchte gezielt nach ihren Freunden.

Aber das Mädchen vom Mond der Illusionen erfasste schnell, dass sich ihre Gabe wieder erweitert zu haben schien. Nicht nur menschliche Auras waren vor ihrem geistigen Auge sichtbar, sondern auch die jedweder Lebewesen, die sich zu Zeit auf diesem Fleckchen Erde aufhielten. Hunderte kleiner schwarzer Klekse, sie sich als Insekten herausstellten, schwirrten überall herum sowie andere Farben. Auch diese versuchte die erdegeborene Göttin zu ignorieren, denn dieses Mal war Van nicht da, um sie von ihrer neuen Eigenschaft abzuschirmen, was ihr mit einiger Mühe dann gelang.

Endlich hatte sie ihre Freunde am steinernden Eingang zum Schluss ausgemacht. Von einem riesigen Gewölbe, dass bestimmt auch den Erddrachen selbst erlaubt hätte einzutreten, standen der blonde Ritter des Himmels, seine Schwester und Merle. Erleichtert stellte Hitomi fest, dass es ihnen gut zu gehen schien, wie es auch nicht anders zu erwarten gewesen war.
 

Gerade wollte sie von ihrem erhöhten Sitz auf dem breiten Rücken von Arbis hinab gleiten, da fauchte die Echse so prostierend dagegen auf, dass nicht nur die Braunhaarige, sondern auch alle anderen um sie herum einen gehörigen Schrecken bekamen.

Panisch stoben die Massen der Menschen nach allen Seiten auseinander und wollten nur weg, von dieser brüllenden Bestie. Dabei drängelten und schubsten sie ohne Rücksicht auf ihren Nebenmann zu nehmen, so verschreckt waren viele der Leute.

Verwirrt forschte das junge Mädchen nachdem Grund für dieses lautstarke Aufbegehren seitens des Anführers der Erddrachen. Aber statt ihr zu antworten, machte der schwarzgeschuppte Drache einen Schritt vorwärts direkt in Richtung des Eingangsportals, wo noch immer ihre Freude verweilten.
 

"Arbis!", sprach die Schwangere ihn laut an. Die liebliche Melodie ihrer Stimme setzte sich über das ängstliche Aufschreien der Zurückweichenden hinweg und klang scharf und befehlend. Nicht nur der Erddrache, auf welchem sie zu ihrem Unmut noch saß hielt augenblicklich inne, auch die Meisten der Menschen hatten dem mächtigen Willen, der mitschwang, instinktiv vernommen. Jetzt erst wurde die zierliche Frau, welche auf diesem furchteinflößenden Geschöpf saß, überhaupt wahrgenommen. Auch ihre Freunde hatten sie eben erst bemerkt.

Da die Fünfzehnjährige nun unfreiwillig in den Fokus aller geraten war, wusste sie nicht recht, was sie tun sollte. Eigentlich hatte sie vorgehabt, nur mit Allen und den anderen zu reden und nicht die volle Aufmerksamkeit der fanelischen Bevölkerung auf sich zu ziehen, was jedoch wegen der Außergewöhnlichkeit ihrer Fortbewegung sowieso passiert wäre, wie ihr eigentlich schon vorher hätte klar sein müssen. Doch das junge Mädchen musste schon an so viele Sachen gleichzeitig denken, dass ihr dieser Umstand schlichtweg entgangen war.
 

Arbis erkannte nun seinen Fehler, hatte sie aber nur vor den vielen Menschen beschützen wollen, da ihm sein Instinkt sagte wie auch seine empfindliche Nase, die den Geruch von Schweiz und Angst wahrnahm, dass diese Menge jederzeit auf jemanden, aufgrund der starken und höchst verschiedenen Emotionen, die hier kursierten, dazu bereit gewesen wären einer Person, die ihren Zorn auf sich zog, zu schaden. Dies hatte er nicht riskieren wollen, zumal das im diesem Zustand, in welchen sich Hitomi befand, schrecklich gewesen wäre. Um diese Zweibeiner wieder einigermaßen friedlich zu stimmen, richtete er nun höchst selbst das Wort an sie, was eine beträchtliche Ehre in den Augen seiner Artgenossen an diese niederen Leute darstellte.

"Menschen des Landes Fanelia", zischte der Anführer der Erddrachen, "wir sind hier, um euch ein Bündnis vorzuschlagen zwischen unseren Völkern." Tief und kehlig wurden diese Laute aus dem Maul der Echse gesprochen.Wie schon zuvor, als Arbis mit dem König von Fanelia kommuniziert hatte, war es für ihn sehr ungewohnt, diese schwierigen Silben und Klänge korrekt und verständlich auszusprechen, war ihm diese Art des Redens doch gänzlich fremd, da er sich laut artikulieren musste und nicht, wie er es gewohnt war, mit Hilfe seiner Gedanken.
 

Wieder einmal wurde Hitomi geradezu überrumpelt von dieser Aussage.

Was sollte dies denn bedeuten?, fragte sie mental direkt ihr schuppiges Reittier.

Im Gegensatz zu dem Schwarzen hatte sie nicht mitbekommen, was Allen zuvor behauptet hatte, um eine Panik zu unterbinden, die womöglich viele Opfer gefordert hätte. Jedoch Arbis sehr wohl mit seinen weitreichenden Sinnen und er nutzte gleich dies zu seinem Vorteil aus, um die Abwesenheit des Königs zu erklären.

Geistig antwortete er der Tochter seiner Mutter ebenso, dass er es später aufklären würde.

"Euer König hat bereits mit uns eines geschlossen. Eine der Forderungen dieses Bündnisses lautet, dass er sich bei unserem Volk aufhält und unsere Lebensweise kennen sowie verstehen lernt. Außerdem wird sich diese Frau ebenfalls unter unserer Obhut und unserem Schutz begeben!" Die Schwanzspitze der schwarzen Echse deutete bei diesen Worten unmissverständlich auf die erdgeborene Göttin, welche noch immer auf sicher außerhalb jeder Gefahr auf seinen Rücken thronte.

Verwirrt, aber auch sichtlich erregt über die Unverfrorenheit von Arbis, wollte Hitomi ihn unterbrechen, als ein kleines Stupsen in ihrem Inneren sie davon abhielt. Als wollte das Baby verhindern, dass seine Mutter die dieser Situation einen fatalen Fehler beging.

Vertraue!, hallte es in ihrem Inneren wieder.

Beruhigend legte die Seherin vom Mond der Illusionen eine Hand auf die gespannte Haut ihres Leibes, um das Kleine, welches immer noch wild strampelte, zu mäßigen. Sie strich sanft mit ihren Fingerkuppen darüber in kleinen Kreisen, damit die Bewegungen des Ungeborenen ein Ende fanden.

Unterdessen fuhr der Erddrache fort. „Dies wollten wir, euch dem Volk von Fanelia mitteilen und auch schwören, dass ihr sowie auch die Gefährtin eures Königs und er selbst unter unserem Schutz stehen!“, beendete Arbis seine Ausführungen.
 

Es herrschte nun eine eigentümliche und doch respektvolle Ruhe unter den Menschen. Sie waren verwirrt, aber sie glaubten diesem fremden Wesen. Seine Rede hatte ehrlich und überzeugend geklungen. Langsam entspannte sich die auf geladene Atmosphäre wieder, was auch dem Sinnen der Erddrachen nicht verborgen blieb.

Nun ließ der mächtige Anführer der Erdddrachen anmutig, trotz seiner schieren Maße und seines schweren Körpers, seinen Rücken sinken und erlaubte damit der Seherin vom Mond der Illusionen sich von ihm zu entfernen. Noch nicht ganz fassend musste Arbis Hitomi mit ein kleinen sanften Rütteln nachhelfen, dass sie hinunter gleiten konnte von seinem Leib. Dabei riss sie sich versehentlich an ein paar Stellen ihre eh schon ramponierte Kleidung auf, denn die Haut der Erddrachen bestand wie bei einem Fisch aus Schuppen, die aber scharf und spitz waren.

Unsicher wichen die Menschen noch ein Stückchen weiter vor der kleinen Person zurück.
 

Hitomi war noch immer in die Sachen gehüllt, die sich auch bei ihrem Aufbruch getragen hatte. Daher konnte jetzt jeder Mann, jede Frau und auch jedes Kind sehen, was der Kopf von Arbis noch verborgen gehalten hatte, als sie auf ihm gesessen hatte. Den gewölbten Bauch des jungen Mädchens, welcher unter der Tunika gut einsehbar war für die Menge. Dennoch wagte es keiner, Hitomi darauf anzusprechen, geschweige denn ein Laut des Empörens über diese Tatsache zu äußern. Den meisten war dieser Umstand noch vertraut, da dieser Anblick von einem Tag auf den Anderen auch bei Varie eingesetzt hatte. Außerdem sorgte die Anwesenheit der Erddrachen zusätzlich dafür, dass es keinem einfiel, Worte des Protests oder des Wiederstandes laut auszusprechen.

Die Masse bildete eine Schneise von den Erddrachen bis zu den steinernden Treppen, wo ihre Freunde immer noch wie erstarrt standen, als Hitomi mit ihren Füßen den Boden berührte und so durch sie hindurch schreiten konnte. Für den Großteil der Leute war es absolut klar, dass die Seherin noch zuvor einige Aspekte mit den Beraterstab sowie dem Helden Allen Shezar zu besprechen hatte, ehe sie mit den Erddrachen wieder abreisen würde. Daher wurde der Durchgang schnell und unverzüglich gebildet. Auch war sich das Volk von Fanelia darüber im klaren, dass das Mädchen vom den Erddrachen beschützt wurde. Alleine das Verhalten des Anführers der Erddrachen gerade eben hatte dies mehr als deutlich bewiesen.
 

Doch den Einige konnten sich einen Laut der Überraschung nicht verkneifen, sowie auch manche Kinder mit den Fingern auf Hitomi zeigten, nicht verstehend, was hier eigentlich vor sich ging.

Diese wiederum fühlte sich unwohl und wie auf dem Präsentierteller, als sie sich all der Blicke bewusst wurde. Haltsuchend sah sie zurück in die mittlerweile liebgewonnenden schlitzartigen Pupillen von Arbis.

Der schwarze Anführer der Erddrachen schnaubte unwillkürlich auf, ehe er sie sanft mit seinen Nüstern anstupste, indem Versuch sie zu animieren, den schon dargebotenen Weg zu beschreiten.

Wir warten hier!, verkündete der große Schwarze telepathisch. Er war nun sicher, dass von den Menschen keine Gefahr mehr ausging. Zusätzlich versicherten ihm dieser Umstand, die Gedanken der Leute. Sie umfingen die Erddrachen wie lose Blätter im Wind. Viele rankten sich um die Frage, wie es nun weiter gehen sollte, ohne ihren König, andere hingegen verspürten große Frucht vor den Echsen. Es waren so viele Fetzen von Worten, die auf die mythischen Wesen einwirkten, dass es fast schon unangenehm für sie war. Nichts desto trotz würden sie ausharren, bis die Tochter ihrer Mutter zurück gekommen wäre.

Hitomi nickte nur zum Zeichen des Verstehens und drehte sich dann wieder um. Ihre Augen fikzierten die Gestalten ihrer Freunde und ohne nach links oder rechts zu gucken, schritt sie durch die Massen. Sie hielt dabei ihren Kopf gesenkt und ihre Hände hatte sie schützend um ihr Ungeborenes geschlossen, dass nach wie vor wild rumrorte in ihrem Inneren.

Eine Brise bewegte ihre Kleidung und ließ den eh schon aufgewirbelten Staub in die neugierigen und schaulustigen Iriden derer Eindringen, die nur negative Gefühle für die erdgeborene Göttin hegten, als wollte sie diese Böe vor jedweden Schaden durch diese Blicke bewahren.

Als Hitomi vor dem Eingangsportal angekommen war, hielt sie inne. Ihre Fähigkeit schien sich zu ihrer größten Erleichterung für den Moment wieder verabschiedet zu haben, wodurch es ihr einfacher fiel, ihre sowieso schon spärliche Fassade der Ruhe aufrecht zu erhalten.

Gerade als sich alle fragten, was nun geschehen solle, setzte die zischartige Stimme von Arbis erneut ein. „Die Gefährtin eures Königs wird sich kurz mit euren Stammesoberhäuptern beraten und alles weitere für die Abwesenheit eures Herrschers klären. In dieser Zeit werden wir hier warten.“

Während das Mädchen einfach nur erleichtert war, dass Arbis diese Angelegenheit geklärt hatte, verspürten die Männer und Frauen des Beraterstabes nur Unmut über diese Dreistigkeit, welche der Anführer der Erddrachen sich angedeihen ließ. Immerhin war es hier nur ein Bündnispartner und keiner der Befehlsgewalt über sie und über ihre anstehenden Handlungen verfügte. Doch seine schiere Größe und die unwiederbringliche Gefahr, die von ihm und seinen Kameraden ausging, erledigte sein Übriges, dass keiner etwas dagegen sagte.

Hitomi ging als erstes durch die großen mächtigen Türen. Ihr folgten in geringen Abstand Allen und die anderen.
 

Seid nun mehr einer Stunde berichtete Hitomi vom dem Kampf und wie er sich zu getragen hatte, aber das Letztgesagte rekapitulierte sich doch immer wieder in seinen Gedanken. Der Ritter des Himmels konnte es immer noch nicht fassen, was Hitomi eben offenbart hatte.

„Van ist schwer verletzt und es nicht absehbar, ob er wieder genesen wird. Deshalb habe ich beschlossen, solange mit ihm zusammen zu den Erddrachen zugegen. Hier ist er nicht sicher.“

Diese schreckliche Nachricht war niederschmetternd, besonders für die junge Merle. Doch nichts desto trotz zeigten sich auch auf den Mienen der Männer und Frauen des Beraterstabes tiefe Betroffenheit.

In diesen Minuten, die die erdgeborene Göttin erzählt hatte, waren alle tief bewegt gewesen. Besonders, da Hitomi immer wieder mit ihrer Hand über ihren gerundete Leib gefahren war und diesen mehr verloren als einmal betrachtet hatte, indessen die Geschehnisse ihren Mund verlassen hatten.

„Miau, aber Van gehört hier her. Er ist der König. Wenn er nicht hier sicher ist, wo dann. Außerdem brauchen wir ihn.“, sprach Merle auf diese Aussage mit weinerlicher Stimme. Doch eigentlich sprach sie diese Worte, weil sie ihn brauchte. Noch nie war sie lange Zeit ohne ihn gewesen. Ohne seinen Schutz und seinen Zuspruch, der sie vor den meisten Anfeindungen der Menschen fernhielt in Bezug auf ihre Abstammung als wertloser Tiermensch.

Noch heute, obwohl die Tiermenschen geachtet werden sollten in Fanelia, war es an der Tagesordnung, dass diese Leute wie Menschen zweiter Klasse behandelt wurden. Wurde ein Diebstahl begangen, bezichtigte man zuerst sie der Tat. Wurde jemand ermordet aufgefunden, suchte man zuerst den Schuldigen unter ihres Gleichen. Schwer kam gegen diese Vorurteile an, dass Tiermenschen verlogen, gewalttätig, heimtückisch und ihren Instinkten unterworfen seien. Sie litten immer noch unter diesen.

Während das Katzenmädchen nun bitterlich versuchte, ihre Tränen zu unterdrücken, hielt Serena die ganze Zeit unterstützend ihre Hand. Auch sie selbst war sichtlich mit genommen von dem Gesagten.

„Die Katze recht.!“, bei diesen Worten fauchte die sogenannte Katze den Redner einmal gefährlich an, nur um dann von der Schwester des Himmelsritters aus Asturia sanft zurück gehalten zu werden.“ Unbeirrt, als hätte es diesen kleinen Vorfall nicht gegeben, fuhr derjenige fort. „Wir können in dieser Situation nicht auf die Anwesenheit unseres Königs verzichten. Selbst wenn er schwer verwundet ist, kann allein seine Präsenz das Volk beruhigen und stärken. Außerdem ist unser Land gerade in diesem Moment sehr angeschlagen.“, wendete nun auch Gelaf ein. Seine starke Stimme klang überzeugend und sicher.

„Genau, wir können es uns nicht leisten, ihn jetzt nicht hier zu haben.“, stimmte Brom seinem Kollegen zu.

„Außerdem sind eure ausgerufenen Regenten nicht in der Lage, angemessene Entscheidungen zu treffen. Gar nicht zu schweigen, dass eine der Beiden ein Tiermensch ist!“, mischte sich Grimhold ebenfalls in die Unterhaltung mit ein. Sein Gesichtsausdruck war hämisch und verschlagen und seine Augen glitzerten listig. Er hoffte, Hitomi mit dieser Aussage wütend machen und sie so vielleicht dazu verleiten zu können, durch ihre aufgewühlten Gefühle in eine Falle zu locken.

Doch sehr zu seinem Verdruss blieb das Mädchen ruhig. Ihre Miene blieb, obwohl er öffentlich ihre Entscheidung angezweifelt hatte fast gelassen, wenn nicht sogar ausdruckslos, sehr zum Erstaunen aller Anwesenden, war sie doch vor nicht langer Zeit wegen ähnlicher Worte, die Kompetenz in Frage gestellt hatten, sehr in Rage geraten.

Hitomi wollte gerade etwas zu diesem Thema äußern, als eine wütende Merle sich erneut zu Wort meldete, indem sie blitzschnell, wie es nur eine Katze gekonnt hätte mit ihren Krallen ausholte, als sie auf ihn zu sprang und das fette aufgedunsene Gesicht Grimholds zeichnete.

Noch im selben Augenblick hielt er sich seine Wange und fluchte mit lauter Stimme. Das Blut floss unter seiner Hand hervor und bedeckte schnell die teure Kleidung.

„Da seht ihr es! Dieses Biest! Das wirst du mir büßen!“

Er zog sein Schwert, dass an seiner Seite hing und auf das Katzenmädchen losgehen, dass nur wenige Meter von ihm entfernt stand.

Merle atmete noch immer schwer, wegen dieser schnellen Reaktion und hatte ihre blutige Krallenhand noch immer erhoben. Ihr Fell war gesträubt, wie bei einem Katzenbuckel und ihre Seelenspiegel funkelten zornig. Dieses Mal hatte es das Fass zum Überlaufen gebracht und sie hatte nur noch gehandelt. Merle hatte sich keine Gedanken um die Konsequenzen gemacht.

Alle anderen waren sichtlich geschockt. Allen war ganz erstarrt, genauso wie die anderen Mitglieder des Beraterstabes. Serena hatte eine Hand vor den Mund gepresst, um ein Keuchen zu unterdrücken. Gerade als Grimhold mit seinem Schwer ausholen wollte, um diese in seinen Augen unwürdige Kreatur zu bestrafen, drang eine befehlende Stimme durch den gesamten Raum.

Ihre Aura war mit purer Macht erfüllt. „Leg das Schwert auf der Stelle nieder!“

Durch Mark und Bein drang dieser Befehl. Er war so stark, dass Grimhold in die Knie ging und die Übrigen Schwierigkeiten hatten, sich ihm nicht anzuschließen, was wahrscheinlich nur deswegen gelang, weil er nicht direkt an sie gerichtet war.

Hitomi, die insgeheim den Mut von Merle bewunderte, sah den Schwerführer kalt an. Ihre Irden glichen stahlharten Smaragden.

Grimhold rang nach Luft. Ihr Blick drückte ihn nieder. Ließ ihn sich klein und hilflos fühlen wie ein kleines Kind im Angesicht des Todes.

Langsam ging die Seherin vom Mond der Illusionen auf ihn zu. Jeder Schritt, dem sie ihn sich näherte, ließ sein Herz schneller vor Frucht und Angst rasen.

Schließlich war sie direkt vor ihm angelangt.

Alle hielten den Atem an. Die Atmosphäre war zum Zerreißen gespannt.

Merle war zum ersten Mal froh, dass Hitomi wieder zurückgekehrt war von ihrer Heimat und zutiefst dankbar. Das Katzenmädchen wusste zwar nicht, wie es die Gefährtin vom Van angestellt hatte, dass Grimnold auf sie hörte, aber das wir ihr egal. Denn ihre Rivalin hatte ihr das Leben gerettet, wie Merle es in diesem Augenblick klar wurde.

Auch Allen kam zu denselben Ergebnis. Der Ritter des Himmels war nun gespannt, was nun folgen würde, ebenso sie seine Schwester, die mittlerweile schluchzend an die Seite ihrer Freundin geeillt war, wie auch die Gelaf, Brom, Lena und Lana.
 

Hitomi sah in das Innere von Grimhold.

Die Gabe ihres Sehens der Vergangenheit, der Gegenwart sowie der Zukunft zeigte ihr das, was ihm zudem gemacht hatte, der er heute ist.

Sie erhielt Einblick auf einen kleinen Jungen, der aus ärmlichen Verhältnissen kam. Der sich hocharbeitete vom kleinen Gauner zu einem geachteten und einflussreichen Mann. Doch dabei blieb sein Mitgefühl, sein Herz auf der Strecke. Er verlor sich mehr und mehr in Oberflächlichkeiten, Manipulationen und Machtspielchen. Sogar seine eigene Tochter war für ihn nur Mittel zum Zweck.

All das erkannte die erdgeborene Göttin in diesen wenigen Sekunden.

Er war verdorben.
 

„Wage es nie wieder eine Hand gegen Merle zu errichten oder du wirst dafür bezahlen!“ Eisern erklang die sonst so warme Stimme des Mädchens in der Stille des Thronsaales.

Grimhold hatte seinen Augen gegen den Boden gewandt und nickte verhalten.

„Gut! Nun zu deinen Vorwürfen, denen ich nicht zustimme. Allen ist ein fähiger und weiser Anführer und Merle ist im Gegensatz zu ihm warmherzig und mitfühlend. Beide werden zusammen gut und gerecht mit der Hilfe des Beraterstabes in Vans Abwesenheit regieren.“ Damit drehte sich Hitomi auch zu den anderen herum.

Ihre grünen Iriden fikzierten dabei genau jeden Einzeln. Sie machte damit deutlich, dass dies ihre Entscheidung war und sich die anderen dieser zu beugen hatten.

Allen, der immer noch nicht recht fassen konnte, wie schnell sich das alles entwickelt hatte, war von Hitomis sichtbarer Veränderung in ihrem Wesen sowie auch von der ihres Körpers verwirrt. Außerdem ging ihm das alles zu schnell. Er kam kaum noch hinterher mit seinen Gedanken. Eigentlich sollte er nur noch zwei Monate in Fanelia verweilen, bis er wieder zurückkehren wollte nach Asturia. Stattdessen war er auf einmal ein Regent.

Auch seiner Schwester entging nicht, dass ihr Bruder sowie ihre Freundin überfordert waren.

„Mit Verlaub, Herrin, aber ihr seid nicht mit unserem König verheiratet, noch hat er dem Volk euch öffentlich als seine zukünftige Gemahlin vorgestellt. Ihr könnt nicht einfach in seinem Namen Entscheidungen fällen, die euch nicht zu stehen.“

Es wieder einmal Gelaf, der mit seinen Worten eine treffende Aussage gemacht hatte. Man sah den Mienen seiner Kollegen, dass sie ihm zustimmten.

„Desweiteren könnt ihr nicht mit dem Erben des Thrones außer Landes gehen!“, fügte Lena mit sanfter Stimme hinzu.

Hitomi war sich bewusst, dass beide recht hatten. Aber Van und auch sie selbst waren hier nicht sicher. Es gab zu viele Dinge, die ihm in seinem Zustand gefährlich werden konnten und durch ihre Bande zueinander ebenso für sie und das Kind in ihrem Leib. Dieses Risiko konnte und wollte sie nicht eingehen. Zudem bestand die Chance, dass ihr Feind erneut auf sie losgehen würde. Die Menschen hier hätten ihm nichts entgegen zu setzen und die erdgeborene Göttin würde es nicht ertragen können, wenn wegen ihr Unschuldige sterben mussten, obwohl sie es hätte verhindern können.

So schluckte das Mädchen all ihre Zweifel hinunter und versteckte ihre Ängste unter einer Maske der Emotionslosigkeit.

„Ihr habt recht.“, räumte sie zu Verwunderung aller ein.

„Aber ich werde trotzdem so handeln. Bitte, vertraut mir!“, bat sie mit eindringlicher Stimme.

Brom und Gelaf, hartgesottene Männer, die vieles schon erlebt hatten, konnten nicht anders, als sich vor ihr zu verbeugen. Genauso taten es Lena und Lana. Die Schwestern waren sich einig. Dieser Herrin ging es nicht um ihr eigenes Wohl, sonder um das ihres Königs und ihres Landes.

„Wie ihr befiehlt, Herrin!“

Nur Grimhold, der immer noch auf den Boden kauerte, schwieg und würde lieber sterben, als das zu tun.

Jedoch hatte Hitomi den Unhold nicht vergessen.

Sie nickte den anderen Vier zu. „Danke, jetzt geht bitte hinaus. Ich möchte noch ein paar Angelegenheiten allein mit Allen und Merle klären.“

Die Mitglieder des Beraterstabes verneigten sich erneut vor Hitomi und schritten dann durch einen Seitengang hinaus aus dem Thronsaal in eine Wartehalle, wo sonst die Bittsteller des Königs warteten.
 

„Sie ist anders!“

Die Vier Menschen hatten sich in dem Bittstellzimmer versammelt. Normalerweise warteten hier Menschen und ihre Sorgen und Nöte vor Van vorzutragen und darauf zu hoffen, dass ihnen Hilfe zugesagt wurde. Jetzt befanden sich nach dem König die Mächtigsten im Land in diesem Raum.

Er war karg und prunklos eingerichtet.

Die ältere Frau wandte sich zu dem Wortführer um.

„Du hast recht.“, bejahte Lana seine Aussage, während ihre Schwester zustimmend ihr Haupt ebenfalls senkte.

„Königin Varie war scheuer und sie hat nie um unser Vertrauen gebeten.“, eröffnete nun auch Gelaf.

„Nein, dass hat sie nicht getan!“ Brom war beeindruckt von der Gefährtin ihres Monarchen.

„Was sie wohl mit Grimhold vorhat?“, fragte Lana laut.

„Wahrscheinlich wird er seines Amtes enthoben.“, überlegte Gelaf.

Nachdenklich hatte Brom die Arme vor seinem Körper verschränkt. „Auf jeden Fall wird er bestraft werden für seinen Versuch, dem Mädchen mit dem Schwert Schaden zufügen zu wollen.“

Lana zuckte nur mit den Achseln, während ihr Zwilling meinte: „Das könnte sein. Aber war es nicht auch gerecht fertigt, nachdem sie ihn mit ihren Krallen attackiert hatte?“

„Das denke ich nicht!“, meldete sich zum Erstaunen aller Brom erneut zu Wort.

„Sie wollte ihn nicht umbringen und hat ihn lediglich gekratzt. Er dagegen war bereit sie zu töten. Mag sein, dass ihr diese Tat nicht zustand, dennoch ist es keine Rechtfertigung mit dem Schwert auf sie los zu gehen.“ Brom war zwar ein strenger, jedoch gerechter Mann und er verabscheute es, wenn jemand mit Waffen auf Schwächere losging.

„Hoffen wir, dass alles ein gutes Ende nimmt!“
 

Nun galt Hitomis Aufmerksamkeit wieder Grimhold.

„Ich enthebe dich deines Amtes und all deiner Privilegien. Entferne dich und verlasse das Schloss. Deine Tochter darf bleiben, jedoch als einfach Dienerin, die sich ihren Unterhalt selbst verdienen muss.“

Ungläubig schaute der ehemalige Berater doch auf und seine fast schwarzen Augen begeneten den grünen Smaragden.

„Das könnt ihr nicht tun!“, stammelte er.

„Doch ich kann und habe es gerade getan und jetzt verschwinde!“

Hitomi war ein sehr warmer und sanfter Mensch, aber sie wusste, sollte dieser Mann weiterhin Macht in seinen Händen haben, würde er sie ausnutzen und irgendwann einen Komplott schmieden, der sie vielleicht alles das Leben kosten könnte. Sein Ehrgeiz kannte keine Grenzen und Skrupel hatte er schon lange abgelegt. Er war zu allem fähig. Ein Feind, der Fanelia von innen vernichten konnte und es vermochte, das Land zu zerstören in seiner Gier.

Deutlich sah das Mädchen seine Gräueltaten, die ihn diese Position eingebracht hatten.

Diebstahl, Lug und Trug und auch Mord waren nur einige seiner Schandtatden, die er begangen hatte.

Aber Hitomi brachte es nicht übers Herz, Grimhold ganz unschädlich zu machen.

Das konnte sie nicht.

Und auch wegen seiner Tochter hatte sie ihn nicht des Landes, noch der Stadt verwiesen. Das junge Ding war zwar durch ihren korrupten Vater geprägt, dennoch hoffte Hitomi, dass Hoffnung wenigstens für das Mädchen bestand, welches in ihrem Alter war.

Wie ein alter Greis, gebeugt vom Alter und der Last der vielen Jahre stand Grimhold schließlich auf. Er warf noch einen letzten von Hass erfüllten Blick in Richtung Merle und Hitomi, ehe er durch einen Dienstboteneingang lautlos verschwand.

Die Schwangere war sichtlich erleichtert und atmete einmal tief durch. Ihre Fassade fiel jetzt in sich zusammen. Erste Tränen sammelten sich in den Augen des Mädchens und zitternd verbarg sie ihr Gesicht in ihren Händen.

Die Anwesenden, welche als Einzige noch im Thronsaal verweilten, waren verwundert.

Schließlich war es die schmächtige die Serena, die Merle losließ und sich mit schnellen Schritten auf die Weinende zu bewegte. Sie legte ihre Arme um Hitomi und streichelte über ihren Rücken. Haltsuchend schmiegte sich Hitomi in die Wärme, welche der Körper von der Gleichaltrigen ausstrahlte.
 

„Warum weint sie denn jetzt?“

Merle, die sich mittlerweile an ihrem Kleid die blutigen Krallen abgewischt hatte, sah zum hochgewachsenen Shezar empor. Ihr Schwanz bewegte sich unruhig und nervös hinter ihrem Rücken hin und her.

„Miau, wahrscheinlich ist es etwas viel.“

Und das Katzenmädchen lag mit ihrer Vermutung richtig.

Hitomi vermisste Van. Er hätte das hier regeln sollen. Er hätte sie jetzt in den Arm nehmen müssen. Er hätte jetzt hier sein sollen. Aber das war er nicht.
 

„Schhh, ist schon gut!“, wisperte Serena immer wieder in das kurze goldbraune Haar von Hitomi.

„Beruhige dich, jetzt ist nicht die Zeit zum Weinen.“, sagte sie schließlich mit leiser aber sanfter Stimme überzeugend.

Serena tat Hitomi Leid, aber sie war sich sicher, dass sie recht hatte. Es gab wohl noch einige Dinge, die die Gefährtin von Van ihnen mitteilen wollte, sonst hätte sie die anderen nicht fort geschickt.
 

Die erdgeborene Göttin nahm dankend ein Stofftuch von ihrer Trösterin entgegen und wischte sich damit die verbliebenen Perlen aus Wasser von ihren Gesichtszügen.

Krampfhat unterdrückte sie ihre Trauer, ihre Ratlosigkeit und ihre Zweifel, ob sie richtig gehandelt hatte.

Allen und Merle, die in einiger Entfernung gestanden hatten, kamen näher, als Hitomi ihnen es bedeutete mit einer Geste ihrer Hand.

Hitomi sah die tausend Fragen in ihren Gesichtern und wappnete sich. Sie würde ihnen ein Teil der Wahrheit erzählen, jedoch nicht alles.
 

Es war dunkel und es war unheimlich an diesen Ort.

Der kleine Junge befand sich in vollkommener Finsternis. Kein Licht, kein Schatten, kein Schemen war zu erkennen.

Warum war er hier?

Und wieso war er ganz allein?

Wo war Merle?

Und Vargas?

Er hatte Angst.

„Hallo?“, rief er verzweifelt auf eine Antwort hoffend.

„Ist hier jemand?“

Ein Echo hallte tausendfach wieder.

Sonst nichts.

Kein Geräusch war zu vernehmen, nur gespensttische Stille.

„Vargas. Merle.“

Langsam bahnten sich Tränen im Gesicht des Jungen und liefen über seine Wangen. Obwohl im sein Schwertkampfmeister beigebracht hatte, dass es sich nicht ziemte, wenn ein Mann weinte, konnte er sie nicht unterdrücken. Es ging nicht.

Der Junge rollte sich zu kleinen Ball zusammen und schaukelte seinen schmächtigen Körper einen unsichtbaren Takt folgend hin und her.

Immer wieder.

Lange Zeit.

„Du brauchst keine Angst haben!“ Plötzlich hielt Licht in die allesumfassende Dunkelheit Einzug.

„Ich bin hier.“

„Du bist nicht allein.“

Eine warme und herzliche Stimme, ähnlich die seiner Mutter klingend, sprach zu ihm. Hüllte ihn in Geborgenheit und Güte.

„Komm!“

Sie zog ihn aus der Finsternis, wies ihm den Weg zurück.

Langsam hoben sich seine Lieder und er konnte Schemenhafte Umrisse erkennen. Er spürte, dass er auf einer weichen Unterlage gebettet war und das der typische Geruch eines Feuers ganz in seiner Nähe war. Auch das Knacken des zündelnen Holzes sowie den flackernde Schein der Flammen nahm er wahr.

Dann sah er in ein wunderschönes, aber fremdes Gesicht.

Eine Frau saß direkt neben ihm und hielt seine kleine Hand in ihrer Rechten. Mit der anderen hatte sie ihm durch die widerspenstigen rabenschwarzen Haare gestrichen, wie ihr jetzt merkte.

Van wurde rot, als ihm bewusst wurde, dass er nackt unter der Decke war, die über ihn gebreitet war.

„Wo bin ich?“, fragte er mit leiser Stimme nach.

Die Miene der Fremden wurde bekümmert, sehr zum Schrecken des Jungen. Sie wandte ihr liebliches Antlitz von ihm ab und er hörte, dass sie versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken.

Verwirrt zog er an ihrer Hand, die die seine immer noch festhielt.

„Nicht weinen!“, meinte er hilflos.

Er kannte sie nicht, dennoch wollte Van nicht, dass sie Tränen vergoss.

Erneut drehte sich die Frau zu ihm um und erkannte jetzt ihre Augenfarbe sehen. Wie reine Smaragde schimmerten sie im fahlen Schein des Feuers. Ihr Gesicht wirkte exotisch und edel. Nicht von dieser Welt, ging es dem Jungen verwundert durch den Kopf. Auch ihre für eine Frau kurzen untypischen Haare strahlten golden.

Unendlich langsam, als hätte sie Angst, ihn zu verschrecken, streckte die Frau ihre Linke aus, um ihm über das Gesicht zu streicheln.

„Du bist so klein!“, wisperte sie und weitere Tränen stahlen sich aus ihren Augen.

„So klein!“

Van konnte nicht anders, als bei dieser lieblichen und so sanften Berührung ihrerseits erneut die Augen zu schließen.

Dann öffnete sie sie wieder.

Noch immer musterten ihn diese grünen Smaragde. Verweilten auf seinem Gesicht.

Der Junge verlor sich in den Tiefen ihrer Augen.

Schließlich räusperte sich die Fremde, brach so den Zauber, wischte sich mit dem Ärmel ihrer Kleidung die sichtbaren Spuren ihres Kummers beiseite und lächelte ihn an.

„Ich bin Hitomi. Und du bist Van.“

Beleidigt, dass die ihm offenbar nicht mal zutraute, das er seinen eigenen Namen kannte, wandte sich das Kind ab.

Die Frau schmunzelte, wegen seiner Reaktion und insgeheim fand Van, dass sie mit einem Lächeln auf den Lippen viel schöner aussah, als mit Tränen in den Iriden.

Sanft zwang ihn diese Hitomi mit ihren Händen, die sich um seine Gesicht legten dazu, sie erneut anzusehen.

Wiederwillig tat er es.

„Du bist hier im Wald, an der Grenze von Fanelia und Asturia.“, beantwortete sie nachhaltig seine Frage.

Verwirrt und es doch langsam mit Angst kommend, schaute sich der Junge um.

„Wieso bin ich hier? Wo sind Vargas und Merle? Was willst du von mir?“ Es war die Stimme eines Kindes, das Angst hatte. Das keine Ahnung hatte, was los war und eigentlich nur nach Hause wollte. Zu altvertrautem.

Hitomi nahm in sanft in ihre Arme. Van wehrte sich nicht. Im Gegenteil, er spürte, dass sie ihm nichts böses wollte. Dass sie ihn gern hatte.

Dabei bemerkte der Junge ihren gerundeten Leib. Aber auch das störte ihn nicht.

Leise flüsterte Hitomi ihm die Antworten auf seine Fragen ins Ohr, während sie ihn weiter hielt. „Du bist hier, weil ich dich brauche und du in Fanelia nicht mehr sicher bist. Merle ist aber in Fanelia zurück geblieben, um sich dort mit der Hilfe eines guten Freundes um alles zu kümmern. Und was ich vor dir will?“ Kurz hielt die Frau inne. Dann drückte sie ihm umso fester an ihren Körper. „Ich brauche dich, ich möchte dich bei mir haben.“

Wieder fühlte das Kind Tränen von ihr, die seine verwuschelten Haare, auf seine kleines Gesicht und auf seine nackte Haut fielen. Van litt darunter, wenn diese Fremde traurig war und weinte. Er verstand nicht wieso, aber der Grund war ihm jetzt egal. Tröstend streichelte er mit seinen Händen über ihr Gesicht. Er wusste, dass es nicht richtig war. Sie dürfte nicht traurig sein. Das war falsch.

Einige Zeit saßen so da.

Das Feuer prasselte stetig weiter. Die Geräusche der Nacht erklangen in Wald. Der Wind wehte stetig.

Bald befreite sich das Kind behutsam aus dem festen Griff von Hitomi.

Er suchte nach Sachen, die er anziehen könnte, denn langsam wollte er nicht mehr nackt hier auf der Lichtung sein.

Hitomi, die sein Anliegen wie durch Zauberhand erraten hatte, holte aus seinem Rucksack, der nahe beim Feuer lag, passende Kleidung für ihn hervor.

Van, den es nicht im geringstes störte, dass er bis jetzt nackt vor dieser Fremden gewesen war, zog sich ein rotes Wams und eine bequeme cremefarbene Lederhose an. Bei seine langjährigen Katzenfreunden hätte ihn dieser Umstand schon lange gestört und er wäre wie eine reife Tomate rot angelaufen.

Ein Knurren seines Magen kündete seinen Hunger an.

Hitomi lachte daraufhin vergnügt und holte aus derselben Tasche etwas zu Essen.

Van aß mit sichtlichen Appetit und ließ sich das frische Brot mit Käse schmecken.

Er schmatzte laut und kaute, ohne dabei den Mund zu schließen.

Lächelnd besah sich die Frau, wie ihr kleiner Schützling seinem Essen frönte ohne dabei Manieren an den Tisch zu legen. Aber es machte ihr nichts aus. Im Gegenteil, Hitomi fand es süß.

Als Van fertig war, schaute er fragend zu seiner Begleiterin.

„Was machen wir jetzt?“

Es war die Neugierde eines Kindes.

„Ich möchte dir gerne ein paar Freunde von mir vorstellen. Hast du etwas dagegen, wenn sie kommen?“

„Nein!“

Hitomi nickte. „Aber du musst mir versprechen, dass du nicht weg läufst und bei mir bleibst. Und du musst auch keine Angst, sie sind lieb und werden dir nichts tun.“

Van senkte sein Haupt, als Zeichen dafür, dass er dem zustimmte. Aber er war unsicher und ihm war auch etwas mulmig zu Mute.

Hitomi erhob sich von ihrem Platz, auf dem sie eben noch die ganze Zeit gesessen hatte.

Dann nahm sie seine Hand und der Junge ließ sich dies nur zu gerne gefallen. Denn jedes Mal wenn er sie von Haut auf Haut berührte, war es, als komme er nach Hause. Als wäre alles, war er sich je gewünscht hatte, sie. Ihre Nähe und Gegenwart. Diese Gefühle verwirrten den Neunjährigen, genau sie wie den Umstand, dass er eigentlich sonst eher verschwiegen und verschlossen war. Bei ihr war er anders. Doch er vergaß diese Gedanken alsbald.

Hitomi führte ihn vom Feuer zu den näher gelegenden dunklen Schatten, die die hohen Bäume warfen. Dort in in dieser Dunkelheit konnte Van Schemen ausmachen.

Doch er verspürte keinerlei Furcht. Sie war bei ihm. Van war sicher. Ihm konnte nichts passieren.

Während sie weiter schritten, schaute er hinauf zu ihrem Gesicht. Es war fein und schön geschnitten. Zart und doch klar. Dann wanderte sein Blick zu ihrem gerundeten Bauch. Er wusste, was es bedeutete, wenn sich die Mitte einer Frau wölbte und mit jedem weiteren Mondzyklus größer wurde. Sie erwartete ein Kind. Seltsamerweise störte ihn das nicht einmal, er verspürte sogar einen gewissen Stolz über diesem Umstand, den sich Van nicht erklären konnte.

Schließlich blieb Hitomi stehen. Ihre Iriden trafen seine und sich lächelte aufmunternd an sowie sie auch seine Hand drückte.

Van hörte ein Rascheln und ein schweres Stampfen.

Als er genauso hin schaute, sah er, dass sich in den Tiefen der Schatten etwas bewegte. Es kam näher und trat in den Schein des Mondes der Illusionen sowie in dessen stetigen Begleiter, dem weißen kleineren Trabanten. Der Junge schluckte und unterdrückte ein Schrei, der ihm auf der Zunge lag.

Er klammerte sich geradezu an den Arm von Hitomi.

Direkt vor ihm stand ein Erddrache. Seine Schuppen war pechschwarz, aber seine Augen hell mit schlitzartigen Pupillen. Groß und gewaltig war sein Körper.

„Das ist Arbis. Er ist ein Freund. Auf ihm sind wir hierher gekommen.“

Van horchte auf die sanfte Stimme von seiner Begleiterin.

„Hallo, junger König.“, zischelte das Ungeheuer.

Das Training von Vargas zahlte sich nun aus. Van blieb standhaft stehen und unterdrückte ein Zittern seiner Beine, die nur so schnell wie möglich flüchten wollten. Aber er verharrte an Ort und Stelle.

„Hallo.“
 

Arbis konnte nach wie vor weder die Gedanken von Hitomi, noch die von ihrem Seelengefährten lesen. Ihre Fähigkeit schützte sie und durch ihre Bande zueinander auch Van davor, dass man ihren inneren Worte hörte. Aber der Anführer der Erddrachen sah an der Miene des jungen Königs, dass er sich sehr zusammen nehmen musste, um ihm überhaupt zu antworten. Es bewies den Mut des Kleinen, war die Echse akzeptierte und im Stillen bewunderte. Nicht viele hätten so handeln können.

Er war mit ihm und der Tochter seiner Mutter hierher geflogen, nachdem sie Fanelia verlassen hatten.

Während Hitomi sich mit den Menschen beraten hatte, war Van mit Leandra und den anderen in der Luft verblieben. Dort hatte ihm nichts passieren können und keiner hatte ihn zu Gesicht bekommen.

Aber vor einer Stunde hatte die erdgeborene Göttin darauf bestanden, dass sie eine Pause einlegten, weil gefühlt hatte, dass der Junge bald erwachen würde. Um ihn nicht unnötig zu ängstigen, hatten sie auf der Lichtung eine Rast eingelegt und die Erddrachen hatten sie in die Tiefen des Waldes zurück gezogen.

Nun wollte das Mädchen ihn langsam auf die Umstände, in der er sich nun befand, vorbereiten. Dazu gehörte, dass er die Erddrachen von neuem kennen lernte.
 

„Wie geht es dir?“

Van war etwas verwirrt, ob dieser Frage. Er kannte dieses Wesen doch gar nicht. Überhaupt war alles recht seltsam, fand er. Doch er würde schon noch herausfinden, was hier vor sich ging, dass schwor sich der Neunjährige heimlich.

„Gut, danke.“, sagte er höflich.

Er ließ die Hand von Hitomi los und ging vorsichtig auf Arbis zu.

„Darf ich dich berühren?“

Schüchtern und im leisen Ton brachte er sein Anliegen hervor.

Überrascht senkte Arbis seinen Kopf soweit, dass er mit nussbraunen Iriden auf einer Augenhöhe war.

Sein Haupt war so groß, wie der Körper des Jungen, bedeckt mit schwarzen Schuppen überall. Sein Maul mit spitzen Zähnen gefüllt und aus seine Nüstern traten kleine Dampfschwaden. Der Erddrache wirkte gefährlich und dennoch weise und alt.

Van streckte seine Hand aus und berührte Arbis an seiner Haut unter dem Auge. Er befühlte die scharfkantigen Schuppen, die sich wie die Klinge eines Schwertes anfühlten. Als an diesen Vergleich dachte, wanderten seine Gedanken unweigerlich zu seinem Vater. Er vermisste ihn. Wie auch seine Mutter und seinen Bruder.

Doch Hitomi, die seine negativen Überlegungen zu ahnen schien, stand plötzlich hinter ihm und lenkte ihn ab, indem sie ihn, trotz ihres Zustandes hoch hob und auf den Kopf von Arbis setzte.
 

Der Erddrache, welchen Hitomi noch beim Nähertreten mental um Erlaubnis für diese Tat gebeten hatte, streckte sein Haupt wieder empor, sodass der Junge nun eine schon Aussicht auf den Nachthimmel hatte.

Das Kind fand es toll, so hochoben, fast mit Beinwipfeln gleich, das Firmament betrachten zu können. Auch hatte er überhaupt keine Angst mehr. Vergessen waren ebenso seine Trauer um seine Familie.

Die Sterne strahlten hell und die beiden Monde schimmerten voll und klar. Es war eine angenehme Nacht und Van konnte weit über den Wald hinaus schauen.

„Gefällt es dir?“, rief Hitomi von unter herauf.

„Es ist toll!“, sprudelte überspränglich es aus ihm heraus.

Aber Abris fand nicht unbedingt Gefallen daran, als lebendiges Riesenrad zu fungieren. Bald ließ er sich mit seiner kostbaren Last wieder sinken.

„Danke!“, kam es aus zwei Mündern gleichzeitig.

Van kicherte und auch Hitomi stimmte frohen Mutes mit ein.

„Menschen!“, meinte der Erddrache bloß still in sich hinein.

Schnell hatten sich beide wieder beruhigt.

Van musste ein Gähnen unterdrücken, was ihm jedoch schändlich misslang. Das war alles ganz schön viel in der kurzen Zeit, was auf den Kleinen eingewirkt hatte.

Hitomi bemerkte die Erschöpfung und auch sie selbst hatte Mühe, sich noch auf den Beinen zu halten.

„Wir werden morgen alles weitere besprechen!“, teilte sie daher Arbis mit.

Der Erddrache brummte seine Zustimmung. Die erdgeborene Göttin nickte zum Abschied und der junge König winkte.

Hitomi nahm Van bei der Hand und zog ihn Richtung Lager.
 

Als sie schon eine geraume Entfernung zu Arbis hatten, gesellten sich seine übrigen Gefährten zu ihm.

Gedanklich fingen sie an zu reden.

„Es ist doch gut gelaufen oder?“

Arbis stimmte still Leandra zu. Auch die Anderen waren erfreut darüber, dass es keine Komplikationen in dieser Richtung gegeben hatte.

Den Rest der Nacht wachten die Erddrache über Hitomi und Van.
 

Allen war einfach nur müde. Nach Hitomis Abreise war es an ihm gewesen, dem Volk verständlich zu machen, dass Van in nächster Zeit nicht hier sein würde. Dass man ihm die Verantwortung übertragen hatte, genauso wie Merle. Es war schwer gewesen und viele Menschen hatten protestiert. Aber schließlich hatte man sich dem gebeugt, als auch die vier Berater sich positiv zu allem äußerten.

Nun lag der Ritter des Himmels in seinem Gemach und fürchtete sich vor den nächsten Wochen und vielleicht sogar Monaten.

„Bruder?“, ertönte es leise in Dunkelheit.

„Ja?“

„Du wirst es gut machen!“

Kurze Stille. „Ich vertraue dir!“

Allen antwortete nicht, drehte sich aber nach einiger Zeit auf die Seite und betrachtete Serena im Bett an der gegenüber liegenden Seite.

Sie hatte ihre Augen bereits geschlossen und war friedlich eingeschlafen. Ihre weißblonden Haare wurden vom einfallenden Licht silbern beschienen und ihr Gesicht wirkte ruhig und sanft.

Seid sie wieder an seiner Seite war, teilte er sich mit ihr ein gemeinsames Zimmer. Er wollte sie keinen Moment aus den Augen lassen, da er Angst, sie würde sonst wieder verschwinden. Niemals wieder sollte so etwas geschehen. Er würde auf sie aufpassen und sie beschützen.

Auch wenn es einige böse Gerüchte aufgrund dieses ungewohnten Zusammenlebens gab. Sie scherten ihn wenig und seinen guten Ruf konnten sie nichts anhaben.

„Danke, Serena!“
 

Merle lag in ihrem neuen Zimmer. Es so anders als ihre ihr vertraute Kammer, ganz in der Nähe des Schlafsaales von Van. Es roch anders, sah anders aus und fühlte sich ganz fremd an. Auch dieses Bett, der so weiche Matratze, die ihr Körper gar nicht gewöhnt war. Es viermal größer, als ihre vorherige Unterkunft. Und vor allem luxuriöser. Es gab zusätzlich zu dem Monster vom Bett, indem sie kauerte, zwei Sessel und ein kleines Tischen, einen großen Spiegel und eine begehbaren Kleiderschrank. Da sie nun stellvertretende Regentin war, musste sie dementsprechend gekleidet sein.

Überhaupt hatte Allen ihr danach eine Zofe zur Seite gestellt, die Merle aber gleich vergrault hatte. Sie brauchte so etwas nicht. Sie brauchte etwas anderes.

Menschen, die sie gerne hatten, so wie sie war.

Doch es war keiner da.

Sie fühlte sich einsam.

Van war weg.

Serena bei ihrem Bruder.

Und gerade als sie angefangen hatte, Hitomi zu mögen, ging auch sie.

Als sie an dieses Mädchen dachte, regte sich zum ersten Mal keine Eifersucht mehr in ihr. Sie hatte immer gewusst, dass ihr Freund nur eine Schwester in ihr sah. Keine Frau, die er eines Tages lieben könnte, vielleicht sogar heiraten. Diese war Hitomi.

Aber es war trotzdem schwer, diese Tatsache zu akzeptieren. Ihre Gefühle für Van hatten sich nicht geändert, doch sie wollte jetzt nur noch, dass er glücklich wurde. Und wenn er das mit Hitomi war, dann würde sie es akzeptieren.

Doch am aller meisten wünschte sie sich, dass er bald gesund zurück kommen würde.

Merle hatte Hitomis Augen gesehen, als sie davon gesprochen hatte, dass Van verletzt wäre. Es lag eine solche Traurigkeit und tiefer Schmerz in ihnen verborgen. Das Katzenmädchen hatte sehr mit ihr gefühlt und gelitten.

Auch war sie Vans Herzensdame dankbar für das Vertrauen und die Zuneigung, die Hitomi ihr entgegen gebracht hatte.

Nicht einmal ihr bester Freund und gleichzeitig König über Fanelia hätte sie zu einer Mitregentin gemacht, da war sie sich ziemlich sicher. Trotzdessen hatte die Seherin es getan und sie sogar geschützt und verteidigt.
 

Allen ist ein fähiger und weiser Anführer und Merle ist im Gegensatz zu ihm warmherzig und mitfühlend. Beide werden zusammen gut und gerecht mit der Hilfe des Beraterstabes in Vans Abwesenheit regieren.
 

Das hatte sie gesagt.

Merle bemerkte auf einmal etwas heißes an ihrer Brust und besah sich den rosanen Anhänger, der plötzlich warm aufleuchtete. Hitomi hatte ihn ihr gegeben, damit sie in Kontakt bleiben konnten. Und das Hitomi diesen kostbaren Schatz ihr anvertraut hatte und nicht Allen. Das Mädchen bekam ein liebevolles Gefühl.

Sie drehte sich auf die Seite und schloss ihre Augen.

Ihr Schwanz schlängelte sich unter der weichen Decke und ihrem Körper.

Ohne sich dessen bewusst zu sein, war das Katzenmädchen reifer geworden. Erwachsener.
 

In einer dunklen Spelunke saß Grimhold. Nachdem er sich verstohlen aus dem Staub gemacht hatte, war er her gekommen.

Die Kneipe war etwas außerhalb der Stadt gelegen und nur zwielichtige Menschen verkehrten in ihr. Sie wirkte dreckig und abgebrannt. Nur der unterste Abschaum war hier zu finden.

Er hatte ein boshaftes Lächeln auf den Lippen.

„Das wirst du mir büßen, die kleine Schlampe!“

Er sah auf, als sich die Tür zu der Kneipe öffnete mit einem lauten Knarren und ein junges Mädchen mit ebenso pechschwarzen Haaren wie er selbst sich leise durch die Öffnung schmuggelte und durch den Innenraum an vielen Tischen und Stühlen vorbei schlich.

Mehr als ein Augenpaar hang an ihrer attraktiven Gestalt, die gehüllt in einfaches aber figurbetontes Kleid war und sie musste vielen geifernden sowie schwieligen Händen ausweichen. Ihr Gesichtszüge spiegelten Ekel vor diesen Männern wieder. Viele waren in Lumpen gekleidet und ihr Erscheinungsbild war mehr als abgerissen. Manche hatten entstellte Narben oder andere Verunstaltungen. Die Augen dieser Menschen waren entweder hoffnungslos, je diesem Schicksal zu entkommen oder voller dunkler Machenschaften. Böse und durchtriefen.

Die junge Frau setzte sich zu Grimhold an den kleinen wachekligen Tisch. Das Holz war an einigen Stellen gesplittert und morsch.

Sie hatten sich beide an diesen dunklen Ort verabredet, denn hierher verschlug es nie die Gesetzestreuen oder die Soldaten des Königs.

„Vater, Gott sei Dank bist du noch hier!“

Er nahm die Hand seiner Tochter in seine und lächelte sie falsch an.

Sie war das genau Gegenteil von ihm. Sie war schlank und hübsch.

„Natürlich, mein Herz. Ich werde dich doch hier nicht ganz alleine lassen!“

Erleichtert und unendlich froh drückte Nimara seine großen Pranken. Grimhold hatte nicht nur einen fettleibeigen Körper, auch seine Händen waren wie die Pranken eines Bären so gewaltig.

„Was machen wir jetzt?“, fragte sie unsicher und voller Hoffnung, ihr Vater würde ein Lösung parat haben.

„Mach dir keine Sorgen, mein Liebes. Ich habe schon einen Plan!“ Er strich mit seinen Fingern eine Strähne ihres schwarzen Haares zurück.



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