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Lumiél

Königreich der Monde
von

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Jäger

Es gab Tage, an denen kam es Thorin so vor, als wurde das Treppenhaus immer länger und höher. In völliger, böswilliger Absicht, zweifellos. Denn zufällig waren es zumeist eben jene Tage, an denen er mehr als erschöpft war, froh, einfach nur noch vor seiner Wohnungstür zu stehen, den Schlüssel im Schloss zu drehen, die Tür kurz darauf hinter sich schließen und die Welt eine Weile einfach nur die Welt sein lassen zu können. Die moderate Bescheidenheit eines eigenen sicheren Hafens genießen – und derer, die man darin als Familie versammelt hatte.

Aber diese verdammten Stufen wurden immer mehr. Er hätte schwören wollen, dass sie sich vermehrten. Nur, um ihn noch etwas länger von jener Tür fern zu halten. Verdammte kleine-

„Hey Dad!“

Die Stimme riss ihn abrupt aus dem grollenden, drohenden Unwetter, das sich über seinem Kopf zusammenbraute. Noch ehe er sich hatte umwenden können, sprang ihn Ishara regelrecht von hinten an. Ein paar gut gezielte Akrobatik- und Tanzkurse vor ein paar Jahren sorgten selbst heute noch, nachdem sie das Interesse daran verloren und sich längst anderen Feldern zugewandt hatte, dafür, dass sie mühelos tatsächlich auf seinen Rücken aufspringen konnte. Von Thorin wurde dagegen erwartet, dass er der Rolle gerecht wurde, die er stets nach außen abstrahlte: Der unbewegliche Fels zu sein, der nicht wich, nicht nachgab. Also bemühte er sich mit einem raschen Griff zum Geländer, sich zusätzliche Stabilität zu verschaffen und balancierte das unerwartete Gewicht aus.

„Hey, Grashüpfer“, erwiderte er den Gruß. Mit der freien Hand tastete er blindlings hinter sich, auf der Suche nach ihr.

„Kalt“, kam es beim ersten Versuch, „Warm… wärmer… urgh… das war mein Mund…“ Grinsend nickte er und strich ihr über die Haare. „Toll, jetzt hast du meinen Sabber in meiner Frisur verteilt. Wenn ich vor dem Essen noch duschen gehen muss, dann ist das nur deine schuld!“

„Das solltest du sowieso“, erklärte er ungerührt.

„Deine schuld!“, wiederholte sie leise in sein Ohr flüsternd. Mit einem Lächelnd schüttelte er den Kopf und setzte sich wieder in Bewegung. Obwohl er nun wirklich ein nicht unerhebliches Zusatzgewicht trug, kam ihm das Treppenhaus doch nicht mehr ganz so endlos vor. „Wie war dein Tag?“, hakte Ishara nach der ersten Biegung nach.

Thorin erwog kurz seine Antwort, schüttelte dann jedoch den Kopf. „Gleich.“

Sie nickte und legte ihr Kinn auf seiner Schulter ab, schwieg sich aus, bis sie endlich vor der Tür ankamen. Eine hübsche Plakette, vergoldet, zeichnete die Nummer 42 aus. Ishara glitt von seinem Rücken und tat es ihm darin gleich, sich die Schuhe auszuziehen. Der Kahlkopf brauchte einen Moment, die verdammten Schlüssel zu finden, aber kurz darauf kamen sie herein und konnten die Schuhe auch im zugehörigen Regal abstellen.

Ein wundervoller Duft hing in der Luft. Wildbraten, vermutlich mit einer schweren Soße, Kartoffelbrei, Gemüse, leicht angebraten, scharf gewürzt. „Ich bin duschen!“, meinte Ishara hastig und jagte den Korridor herab. Thorin dagegen lehnte sich kurz mit dem Rücken an die Tür, sog den Duft tief in die Lungen, die Augen geschlossen, und seufzte.

Er hatte Ninafer nicht einmal näher kommen hören. Sie schlang scheinbar aus dem Nichts die Arme um seinen Hals – was für sie schon ein nicht unerhebliches Unterfangen war, schließlich war sie etwas kleiner als er – und zog ihn zu einem Willkommenskuss herab. „Essen ist gleich fertig“, säuselte sie ihm leise ins Ohr.

Sie wusste genau, was das mit ihm tat. Und nur zu gern hätte er sie fest bei den Schultern gepackt und an die Wand gedrückt, um-… nun, stattdessen wurden seinen müden Geistern etwas neues Leben eingehaucht und er grinste wie der verliebte Schuljunge, als der er sich dank ihrer stets präzise gezielten Methoden immer mal wieder fühlte. „Ishara ist duschen gegangen. Kann also ein, zwei Stunden dauern“, übertrieb er lächelnd, „Wir hätten also alle Zeit der Welt, wirklich…“

Sie bemühte sich um einen tadelnden Blick, doch der Schalk in ihren Augen und das Grinsen waren einfach zu verräterisch. „Du weißt doch, warum es Nachtisch heißt…!“, säuselte sie abermals und schenkte ihm einen Kuss. Er nickte, legte den Arm um ihre Taille und zog sie enger an sich. Dass seine Hand da eventuell etwas tiefer wanderte und sich ihres Hinterns erfreute, das mochte reiner Zufall sein und wirklich, sie wehrte sich ja auch nicht, also war das gewissermaßen… die Vorspeise.

Thorin seufzte wohlig. Warum konnte es nicht immer so sein.

„Eklig, Leute! Nehmt euch’n Zimmer!“, hallte es halb kichernd von der anderen Seite des Flurs.

„Haben wir, Liebling, du stehst drin!“, schoss Ninafer Thorin angrinsend zurück.

„Genau genommen sind das alles unsere Zimmer“, ergänzte der Kahlkopf schmunzelnd.

„Ja, ja, ja – sagt ruhig, wenn ihr mich loswerden wollt! Wisst ihr, was Wohnungen hier kosten?!“, setzte Ishara ihre Tirade fort.

„Sie würden weniger kosten, wenn du nicht einen überdimensionierten Spielplatz in ausgerechnet dieser Gegend suchen würdest“, erwiderte Ninafer und wusste – sehr genau sogar -, dass damit der Punkt erreicht war, an dem unweigerlich Thorin die Seiten wechseln würde. In drei… zwei… eins…

„Die Gegend ist gut. Vor allem ist sie sicher. Sie muss nur endlich mal lernen, dass sie als Einzelperson nicht so verdammt viel Raum braucht, wie sie denkt. Es dauert einfach noch etwas, die richtige Wohnung für sie zu finden. Das kommt schon noch.“ Pünktlich und zuverlässig wie ein Uhrwerk.

„Wenn es nach dir geht, würde sie nie ausziehen – denn wo ist sie sicherer als hier, hm?“, flüsterte Ninafer lächelnd und strich ihm über die Brust, ehe sie sich löste. „Komm, mach dich ins Bad, ich tische auf.“

Er nickte und verschwand wie angewiesen. Dort konnte er sich auch endlich des restlichen Ballastes entledigen und in ganz normale, alltägliche Kleidung schlüpfen. Fort mit der verdammten Uniform – zumindest bis morgen. Etwas Wasser im Gesicht wirkte zusätzliche Wunder und der Blick in den Spiegel war nicht mehr ganz so fürchterlich wie bei Feierabend. Dann wiederum hatte er inzwischen auch besser verdaut, was kurz vor Feierabend geschehen war.

Er war Abteilungsleiter. Wenn der Boss einen reinbestellte, dann üblicherweise aus einer sehr überschaubaren Anzahl an Gründen. Da er sich nicht vorstellen konnte, dass es um eine Beförderung ging, konnte es möglicherweise um eine Degradierung gehen. Oder generell Beschwerden – mal wieder.

Aus seiner eigenen Sicht machte Thorin seinen Job gut. Mehr als gut. Er bekam Fälle auf den Tisch, er stellte Teams zusammen, die sich darum kümmerten, er griff gelegentlich selbst ein und am Ende des Tages, der Woche oder wie lange es auch dauern mochte, da hatten sie Ergebnisse. Er war nun schon einige Jahre in dieser Position und bislang war ihnen noch kein Fall untergekommen, den sie zu den ungelösten Akten hatten legen müssen.

Zugegeben, seine Methoden waren mitunter etwas… rabiat. Und wenn jemand wirklich damit durchziehen würde, könnte man ihn vermutlich anzeigen und vor Gericht gewinnen. Was hässlich ausgehen würde. Aber Thorin war nicht dumm – er ließ die Leute wissen, dass er vielleicht hart durchgriff, aber eben auch Ergebnisse brachte. Es gab Statistiker, die seinen Job dadurch erleichterten, mit schicken Zahlen und Diagrammen um sich zu werfen, die belegten, dass er seinen Job besser machte als sein Vorgänger. Er sorgte in seinem Distrikt für Ruhe und Ordnung, auf täglicher Basis. Nun, so gut das bei einer Großstadt eben möglich war.

Sein Vorgesetzter war jedoch nicht allzu begeistert. Mehr besorgt um sein öffentlichkeitswirksames Auftreten und den Ruf der Abteilung als tatsächlich darum, ob Fälle auch gelöst wurden. So kam es Thorin jedenfalls immer mal wieder vor, wenn er hereinbestellt und ihm lange Reden gehalten wurden. Aber er hatte diese Karriere nicht eingeschlagen, um das hübsche Gesicht der Ordnungshüter zu werden oder den Einflussreichen die Hand über kleinen Häppchen auf sozialen Anlässen schütteln zu können.

Heute jedoch hatte sein Boss sich um ihn Sorgen gemacht. Zumindest war das, was er angeführt hatte. Der neue Fall würde ihm möglicherweise zu sehr zusetzen. Andere hätten bereits bemerkt, dass ihm diese Kiste an die Substanz ginge. Das bedeutete für Thorin vor allem eins: Irgendein Wiesel aus seiner Abteilung hatte gepetzt. Was wiederum hieß, dass er jetzt nicht nur einen schwierigen Fall lösen, sondern auch noch einen Verräter in den eigenen Reihen jagen musste.

Und obwohl das alles ziemlich nach zusätzlicher Arbeit für eine ohnehin schon anstrengende Zeit sprach, war es ein kleiner Randkommentar, der ihm irgendwie mehr zu schaffen machte. „Die zuständigen Ermittler haben vielleicht eine neue Spur in Isharas Fall“ – es war solch ein harmloser Satz und wirklich, er sollte etwas Positives ausdrücken. Aber inzwischen wusste Thorin nicht mehr, ob er das überhaupt wollte. Ob er überhaupt noch wissen wollte, woher Ishara wirklich kam, wer ihre tatsächlichen Eltern waren, wer es fertig brachte, dieses süße Bündel einfach irgendwo auszusetzen. Noch weniger wollte er wissen, ob diese Personen irgendwann kontaktiert werden würden – oder schlimmer noch, ihn zu kontaktieren versuchen könnten.

Er hatte sich mühsam seine Familie aufgebaut und hielt sie mit aller Kraft zusammen. Das war mal mehr, mal weniger anstrengend. Er wollte inzwischen keine Einflüsse von außen mehr, nicht einmal Informationen zu diesem speziellen, laufenden Fall. Und inzwischen hatte er die Situation und den Gesprächsverlauf genug überdenken können, dass ihm der abrupte Themenwechsel auffiel. Vielleicht war das generell nur aufgebracht worden, um ihn aus der Bahn zu werfen. Vielleicht hatte sein Chef prüfen, mit eigenen Augen sehen wollen, ob ihm der aktuelle Fall zu nah ging.

Hatte er sich gut geschlagen oder nicht? Es fiel ihm schwer, das zu beurteilen.

„Scheiß drauf“, raunte er entschlossen seinem Spiegelbild zu, wusch sich nochmals das Gesicht und kam ins Esszimmer herüber. Es roch köstlich, sah köstlich aus und seine zwei verrückten Hühner hatten sich auch schon am Tisch niedergelassen und schwatzten. Offenbar war es Ishara gelungen, einen Taschendieb zu erwischen, der sich wirklich geschickt angestellt hatte und sie prahlte regelrecht voller Stolz mit ihrem Fang des Tages. Für Thorin war das immer schon ein zweischneidiges Schwert gewesen. Üblicherweise bemühte er sich darum, an ihrer Freude teilzuhaben, ihren Enthusiasmus zu begrüßen. Sie folgte ihm, eiferte ihm ein Stück weit nach, das wusste er nur zu gut. Sie tat so einiges im Grunde nur für ihn. Nicht unbedingt die gesündeste Einstellung, aber noch hatte er die Hoffnung, dass sich das früher oder später verlieren würde. Irgendwann würde sie einsehen, dass er nicht so makellos war, wie sie glaubte – oder? Gelegentlich wurde ihm schwindlig davon, wie hoch das Podest sein musste, auf das sie ihn stellte. Er war ihr Held, unangefochten.

Aber das hieß auch, dass sie ausgerechnet eines der gefährlicheren Berufsfelder gewählt hatte. Damals, vor vielen Jahren, hatte er ihr das begreiflich zu machen versucht. Dass es undankbare Arbeit war. Gefährliche Arbeit. Nicht nur, weil Kriminelle sich so gut wie immer wehrten, sondern auch, weil mit der Position ganz eigene Herausforderungen kamen. Rote Ampeln ignorieren, Taschenkontrollen durchführen, jemanden in Untersuchungshaft stecken – man bekam ein ganzes Repertoire an Möglichkeiten mit der Uniform gestellt, die einfach gelegentlich… verlockend waren. Und es gab dort draußen Leute, die es darauf anlegten. Darauf, zu demonstrieren, wie korrupt und von Macht korrumpiert die Ordnungshüter der Stadt waren. Früher oder später begegnete jeder von ihnen dem einen oder anderen von denen. Und dann war der Punkt gekommen, an dem man sich fragen lassen musste – und auch sich selbst fragen musste -, wieviel davon der Wahrheit entsprach. Wie weit man sich wirklich hatte verdrehen und verführen lassen.

Ishara, ganz das gute Kind, das nicht enttäuschen wollte, hatte lange und intensiv darüber nachgedacht. Thorin hatte einige Narben. Stichwunden, Schusswunden, gerichtete Knochen von üblen Schlägereien. Das konnte ihr auch alles blühen. Doch am Ende hatte sie sich entschieden, diesen Weg zu beschreiten, allem zum Trotz und er, nun, er war nicht begeistert gewesen – aber was hätte er da noch sagen sollen? Er hatte nicht von vorn herein ‚nein!‘ gesagt, sondern ihr Optionen gelassen, wie sie seine Zustimmung erlangen konnte. Sie war genau diesen Weg gegangen, also wäre Ablehnung im Nachgang im Grunde wie ein Schlag ins Gesicht gewesen. Das konnte und wollte er ihr nicht antun.

Und wirklich, sie erwies sich bislang ja auch als pfiffig und gescheit. Sie hatte eine gute Intuition, was Leute und deren Motive anging. Sie spürte einfach, wann ihr jemand die Taschen voll zu lügen versuchte. Das hielt ihn nur nicht davon ab, ihr ungefährlichere Aufgaben zuzuschieben, wenn es sich anbot. Immerhin arbeitete sie in seinem Distrikt, unterstand damit seinem Kommando. Wenn er sagte, sie würde wieder losziehen und Parktickets kontrollieren, dann konnte sie zwar Beschwerde einreichen… aber solche Dinge hatten sie bislang stets untereinander geklärt.

„Er sieht müde aus“, merkte Thorin an, als er sich dazu setzte und sein Blick unweigerlich in die Ecke fiel. Auf seiner dicken, flauschigen Decke lag Cyron, auf schmerzhaft aussehende Weise zusammengerollt und blinzelte träge in ihre Richtung.

Ninafer grinste. „Meinte Ishara auch schon. Es gab beim Kochen einige Reste und ich habe mich möglicherweise etwas damit verschätzt, wieviel er verträgt. Futterkoma, würde ich behaupten.“

Thorin nickte grinsend. „Deine fachliche Meinung?“

„Definitiv“, erwiderte sie sofort mit einem Nicken.

„Gut, also: Alle sind da, Essen ist da, guten Appetit und so – was hat’s mit dem Fall auf sich?“, drängelte Ishara subtil wie eh und je.

Thorin verzog das Gesicht und nahm ein paar erste Bissen. Es war, ganz wie erhofft und erwartet, köstlich. „Wirklich gut…“, merkte er breit lächelnd in Richtung der Köchin an. Die nickte zufrieden und begann selbst ebenfalls.

Nur das Ishara eben auch ein klein wenig ungeduldig war. „Na falls du nicht willst, kann ich auch von Alistair vorschwärmen?“

„Nein!“, kam es da abrupt von Thorin. Und wie erwartet grinste Ishara ihn breit an.

Oh wie er das hasste. Dieser naseweise Bengel war nur ein paar Jahre älter als sie und damit ebenfalls noch nicht lange im Dienst, hatte aber schon zwei Abteilungswechsel durchgemacht. Er war noch keinen Monat in seiner Abteilung und sorgte schon für… für Unruhe. Soweit er sich das hatte sagen lassen, ein humorvoller junger Mann – und genau da lag das Problem. Er nahm die Dinge einfach nicht so ernst, wie ihnen gebührte. Sie hatten hier eine schwierige, wichtige Aufgabe. Streiche unter Kollegen waren angesichts dessen einfach unpassend! Selbst er, der definitiv kein Interesse daran hatte, wie seine Arbeit auf die Öffentlichkeit wirken mochte, wusste doch genau zu sagen, wie die Presse wohl reagieren würde, fände die je heraus, dass an diesem einen Morgen auf dem Tisch des zuständigen Ermittlers eine Akte mit der Notiz lag, das sich neue Informationen ergeben hätten – nur um dann im Inneren diverse Bilder eines Clowns aus irgendeinem aktuellen Horrorfilm zu enthalten, zusammen mit ein paar Notizen, die Zusammenhänge zwischen ihm und dem Fall herzustellen versuchten, die einfach nicht da waren.

Sicherlich, alle hatten es witzig gefunden.

Thorin dagegen sah die Hinterbliebenen der Opfer mit dieser Pressemeldung konfrontiert und stellte sich vor, wie begeistert und amüsiert die wohl davon gewesen wären.

Alistair war umgänglich, aber hatte offenkundig Schwierigkeiten, tiefergreifende soziale Kontakte aufzubauen. Trotz seines angeblichen Charmes und vier Wochen Zeit hatte er bislang noch keine wirklichen Freunde im Revier gefunden und der engste Kontakt, den er hatte, war ausgerechnet seine Tochter. Was auch immer Ishara an diesem selbsterklärten Komiker fand.

Seufzend wischte der Kahlkopf sich über das Gesicht und sah zu ihr auf. In ihren tiefblauen Augen blitzte der Schalk. Vielleicht war das der Grund – sie hatten beide die Neigung, ihm Nerven zu rauben, wenn sich eine gute, amüsante Gelegenheit bot. Aber eher würde er sie auf dem Laufenden halten als sich anschauen, wie sie in überschwänglicher, übertriebener Manier spontan Liebesgedichte auf einen Kerl zusammenbaute, den sie kaum kannte. Das wiederum war einfach nur gruselig.

„Der Fall nimmt allmählich unbequem große Ausmaße an. Ich bin deshalb letzte Woche selbst mit eingestiegen und habe ihn übernommen.“ Wie erwartet wurde Ishara rasch ernster. Sie ging in den Arbeitsmodus über – obwohl das wirklich, wirklich nicht ihre Arbeit war. Dann wiederum hatte es ihnen dann und wann schon weitergeholfen, sich gegenseitig Fälle, deren Eckdaten und Entwicklungen zuzuwerfen, um neue Blickwinkel zu bekommen. „Wir haben inzwischen fünf Opfer, vier davon tot. Dem Fünften fehlt der linke Lungenflügel, er hangt an Maschinen. Die anderen vier sind zu spät aufgefunden worden - der Täter hatte Zeit, sie im Grunde vollständig auszuschlachten. Das Labor sagt, dass die Klinge, die für die Prozedur verwendet wird, speziell behandelt sein muss. Verschiedene Chemikalien.“

Ishara gluckste kurz auf. Thorin hielt inne, sah auf und bemerkte, wie sie zu Ninafer herüber spähte. Ihrem Blick folgend, wirkte auch Ninafer… amüsiert? „Du weißt schon“, begann Ishara lächelnd, „dass ‚das Labor‘ am Tisch sitzt und dir gerade dein Lieblingsessen gemacht hat?“

Thorin seufzte. Das war das Problem mit der Professionalität. Früher oder später flog die unweigerlich zum Fenster raus – spätestens, wenn man zu viel davon in engen Kreisen versammelte. „Sie ist nicht das Labor, sie ist eine Chemikerin im Labor“, wies Thorin an.

„Nein“, widersprach Ishara kopfschüttelnd, „Sie ist die Chemikerin im Labor! Komm schon, die anderen sind doch alles Nulpen, die können nichts und wären ohne sie völlig aufgeschmissen.“

„Aw, das war lieb“, meinte Ninafer lächelnd und strich Ishara kurz über den Unterarm. Danach wanderte ihr Blick zu Thorin. „Da hörst du’s, ich bin die Chemikerin!“ Sie nickte ernst, bekräftigend, und endlockte ihm damit ein Seufzen.

„Fein. Deine Mutter meint, dass verschiedene ungewöhnliche Chemikalien benutzt worden sind, um die Klinge irgendwie zu präparieren. Für die Organentnahme selbst ist das nicht sinnvoll oder nützlich, im Gegenteil – der Täter muss dann umso schneller arbeiten, weil einige der Stoffe Vergiftungen hervorrufen könnten. Wir sind aktuell am Überlegen, ob wir Hunde dazu ziehen. Ein paar der Chemikalien sind ungewöhnlich genug, das man vielleicht danach suchen lassen könnte.“

„Hast du schon wegen Cyron überlegt?“, warf Ishara abermals dazwischen, „Ob er zur Hundestaffel kann? Er würde sich bestimmt gut machen! Ich meine, er ist ziemlich groß und clever…“

Thorin seufzte gedehnt. Es gab eine bestimmte, kleine Auswahl an Themen, die stetig wiederkehrten. Egal, ob sie abgeschlossen worden waren, oder eben nicht. Cyron war für die Hundestaffel nicht tauglich. Ein von der Straße aufgelesener Mischling in seinem Alter, das konnte einfach nicht funktionieren. Aber irgendwie schien sich Ishara den Gedanken nicht aus dem Kopf schlagen zu können, dass sie alle – die gesamte Familie, bis hin zum Hund – im gleichen Feld tätig sein könnten. Denn bislang lag Cyrons Hauptaufgabe darin, Reste der Essenszubereitung zu vernichten, sich von Ishara kraulen zu lassen oder zu auserwählten, seltenen Gelegenheiten sich so zwischen Thorin und Ninafer ins Bett zu legen, das der Krieger am Ende hinausrutschte und unsanft landete.

Vermutlich mochte sie einfach den Gedanken, ihr Haustier noch etwas enger bei sich haben zu können.

„Später“, wiegelte Thorin lediglich ab und, sehr zu seiner Überraschung, funktionierte das sogar. Sie nickte, aß weiter und wartete ab, bis er fortfuhr. „Jedenfalls… unsere Fallanalytikerin meint-“

„Emrhién“, fuhr Ishara dazwischen.

„Was?“

„Du meintest ‚unsere Emrhién meint‘. Ich meine, ernsthaft, sie wohnt ein Stockwerk tiefer.“ Ishara wirkte an diesem Punkt tatsächlich verwirrt. Und als kurz darauf selbst Ninafer ihm die Hand auf den Arm legte und ihn besorgt anschauend fragte, ob alles in Ordnung sei, da musste sich Thorin doch unweigerlich eingestehen, dass ihm diese Sache vielleicht doch etwas an die Nerven ging. Er entpersonalisierte Freunde und Kollegen, selbst Familie, mit denen er schon Jahre zusammenarbeitete.

Der Kahlkopf seufzte tief. „Entschuldigt. Diese Sache ist einfach… sie nagt. Wir haben jede Menge Trickbetrüger, Schwindler, Taschendiebe, Raubüberfälle. Übler sind die Vergewaltigungen, Morde, Kindsmisshandlungen und wirklich, nichts davon ist leichte Kost. Aber irgendwie… die Aussicht, dass wir einen Ring von Organhändlern im Distrikt haben… ist einfach beunruhigend. Ich meine, diese Präzision… Hier ein Herz, da eine Lunge, dort ein Stück Darm. Es sieht aus, als hätte jemand diese Leute gesehen und sie als eine Art… Tiefkühltruhe wahrgenommen. Einfach aufklappen, das Gewünschte rausnehmen und gehen. Es gibt kein Muster, was bevorzugt verschwindet. Einige der Organe, die entnommen worden, passen nicht einmal sinnvoll in die Organhändler-Theorie, weil sie zu schnell unbrauchbar werden. Die Schnitte sind gelernt und präzise, aber jeder Abgleich mit der Datenbank schlägt fehl. Wir hatten ein paar Treffer bei Medizinstudenten und Ärzten, aber die Untersuchungen verliefen alle spurlos im Sand. Und auch wenn’s bisher ‚nur‘ fünf Opfer sind, die Häufigkeit scheint zu steigen.“

Ishara und Ninafer nickten beide, bis Erstere die Stirn in Falten legte. „Nun“, begann sie, „du könntest mich dazu holen? Ich könnte dir Alistair aus dem Kreuz nehmen und-“

„Nein!“ Diesmal war es die unerwartete Vehemenz, mit der Thorin ihr Angebot noch vor dessen Ende ausschlug, die beide zum Erstarren brachte. Der Hüne starrte kurz von einer zur anderen, seufzte dann tief. „Ich habe ein mieses Bauchgefühl bei dieser Sache. Es wäre nicht das erste Mal, dass wir es mit irgendeinem völlig Irren zu tun haben, der im Zweifelsfall auch plötzlich vor der Haustür steht. Solange ich das kann, werde ich auf dich aufpassen – also wirst du dich von diesem Fall fernhalten, verstanden?“

„Dad, komm schon! Ich bin keine zwölf mehr, dass du den Baum fällen musst, nur weil ich beim Klettern runtergefallen bin…“, beschwerte sich Ishara unleidlich.

„Nein – du bist größer und älter und deine Probleme sind mit dir gewachsen, wie das eben bei jedem der Fall ist“, schoss Thorin zurück.

„Du hast damals gesagt, dass es in Ordnung ist, wenn ich diesen Weg einschlage! Dazu gehört nun mal, dass es möglicherweise auch gefährlich wird, das waren deine eigenen Worte! Mich jetzt in Watte packen zu wollen ist einfach nur unfair!“, setzte sie nach.

„Du wirst nicht-“, hob der Kahlkopf an, stutzte jedoch abrupt.

Gewohnheit war eine bemerkenswert starke Kraft. Man konnte mit einer Person, die man nicht ausstehen konnte, viele Stunden eines jeden Tages zubringen, gerade so koexistierend, und plötzlich, wenn sie verschwand, vermisste man sie. Ebenso konnte man jemandem täglich unzählige Male ins Gesicht sehen, ohne etwas Neues zu bemerken – weil man den altbekannten Anblick gewohnt war. Thorin bemerkte jetzt erst das seltsame Funkeln, als sich das Licht der Küchenlampe in dem kleinen, grün gefärbten Stecker an ihren Ohrläppchen brach. Mit einem Schlag verfinsterte sich sein Gesicht deutlich.

„Piercings…?“, grollte er verstimmt.

„Das fällt dir jetzt auf?!“, schoss Ishara den rasch aufziehenden Ärger witternd in die Offensive gehend zurück, „Die habe ich seit vorgestern!“

Thorin versuchte sich zu erinnern, doch er konnte auf Gedeih und Verderb nicht mit völliger Sicherheit sagen, ob sie ihn gerade anlog oder nicht. Das war das Problem mit Nähe – man war eher gewillt, denen zu glauben und zu vertrauen, die man liebte. „Politesse.“

„Das wagst du nicht…!“, zischte Ishara erbost zurück.

„Schon geschehen“, erwiderte er lediglich kühl. Natürlich ging es bei dieser Entscheidung nicht nur um das verdammte Piercing. Nicht einmal um die grundsätzliche Entscheidung, dass er es ihr verboten hatte, mehrfach, und sie sich trotzdem Löcher in die Ohren stechen ließ. Nein, die Parkraumüberwachung war auch eine der ungefährlichsten Aufgaben, die er im Angebot hatte und irgendwer musste die sowieso machen. Nach wie vor undankbar, aber weit, weit von seinem Fall – und Alistair – entfernt. Drei Fliegen, eine Klappe.

„Das ist unfair!“, fluchte Ishara, sprang vom Tisch auf und stapfte Cyron heranrufend davon. Der träge, vollgefressene Koloss erhob sich bemerkenswert zügig und schwänzelte ihr hinterher, um Trost zu spenden, sobald sie sich auf ihrem Bett zusammenrollen würde – nachdem, natürlich, die Tür geknallt hatte.

Seufzend blickte Thorin auf die Reste des Abendessens. Nun, zumindest waren sie fast fertig geworden, bevor es knallte. Sein Blick wanderte zu Ninafer. Reumütig, zweifelnd, entschuldigend. „Tut mir leid“, merkte er leise an. Sie hatte sich einiges an Mühe gemacht und er hatte den Abend ruiniert.

Sie schüttelte leicht den Kopf. „Schon gut. Das musste unweigerlich kommen.“

Stutzend musterte er seine Liebste einen Moment eindringlich. „Du hast es ihr erlaubt…“, stellte er ungewohnt unschlüssig fest.

„Nein“, erwiderte sie lächelnd, „Aber… erinnerst du dich daran, wie viele Sorgen du dir gemacht hast, noch immer machst? Weil sie dir nacheifert und so sehr versucht, wie du zu sein? Nun, möglicherweise habe ich sie dazu ermuntert, etwas rebellischer zu sein. Ohrringe sind nicht das Ende der Welt, Thorin, und ich denke… das könnte euch beiden gut tun – auf lange Sicht.“

Er hasste es, wenn sie das tat. Mit ihrer überragenden Menschenkenntnis und Weitsicht Dinge aussprechen, die so offensichtlich und richtig und ihm dennoch zuwider waren. „Nein, aber was kommt dann? Nasenpiercings? Lippe? Zunge?“

Die Brünette lachte herzlich auf. „Und wenn sie sich die Brustwarzen mit Kuhglocken behängt und ihren Intimbereich wie ein Kettenhemd gestaltet – es ist ihr freier Wille und ihr Körper, oder nicht?“

Sie hatte darauf spekuliert und wirklich, viel Chance, da falsch zu liegen, hatte es ohnehin nicht gegeben: Wie erwünscht verzog der Kahlkopf sehr das Gesicht. Das war einfach eine Art und Weise, wie er wirklich, wirklich nicht über seine Tochter nachdenken wollte, während sie wiederum kein Problem damit hatte. Ishara war zu einer jungen Frau erblüht. Nicht unbedingt dem Standard des Schönheitsideals folgend, dafür war sie zu schlank und hochgeschossen, hatte eine zu schmale Hüfte und zu wenig Brust, aber die gelegentlichen Verehrer demonstrierten hinreichend, das sie Ausstrahlung besaß – etwas, das ihrer Ansicht nach wichtiger und wertvoller war.

„Nun, zumindest sind sie halbwegs hübsch“, grollte er noch immer missbilligend.

„Siehst du. Das tat nicht allzu weh, oder? Und ich bin sicher, in zwei, drei Tagen wirst du sogar soweit sein, das auch ihr sagen zu können…“, stichelte Ninafer lächelnd.

Beide beendeten in Ruhe ihr Mahl, räumten den Tisch ab und zogen sich, das Licht löschend, ins Schlafzimmer zurück. Sie hatte da immerhin Nachtisch in Aussicht gestellt…

 

„Der Tipp war anonym, wir wissen also nicht, ob es sich nicht möglicherweise um eine Falle handelt. Unsere Analytikerin hält es zumindest für möglich, dass der oder die Täter darauf aufmerksam geworden sind, dass wir ihren Spuren folgen. Daher: Dreierteams, behaltet einander immer im Auge. Meldet sofort Verdächtiges, und wenn’s nur grüne Suppe ist, die von der Decke tropft – besser einmal zu viel was gemeldet, als einmal zu wenig. Das Zielgebiet ist ein leerstehendes Lagerhaus. Gehört der Stadt nach einer Zwangsversteigerung und findet seither keinen neuen Besitzer und keine wirkliche Nutzung. Die Gebäudepläne sind hier drüben, prägt sie euch gut ein. Alistair, Vhrengal, ihr kommt mit mir.“

Die Einführung dauerte noch ein gutes Weilchen länger. Die anderen Teams wollten schließlich ebenso zusammengestellt werden und es gab noch den gesamten Ablaufplan auszuarbeiten. Ein großes Haupttor, zwei Seiteneingänge – einer neben dem Haupttor, einer an der seitlichen Wand. Eine große Haupthalle, aber eben auch zugehörige Büroräume. Ein Steg, der die Halle überspannte. Es gab einfach viele Winkel zu bedenken, doch Thorin sah nicht ein, das in die Hände irgendeines Sonderkommandos abzugeben. Seine Leute waren dem gewachsen, waren sie in der Vergangenheit schon gewesen.

Außerdem war es ja Stadtbesitz. Also machten sie lediglich einen kleinen Ausflug… zu zwölft. In sechs Dienstfahrzeugen. Mit kugelsicheren Westen, Gasmasken und schwerer Bewaffnung als der Alltag es erforderte.

Nachdem die Teams aufgeteilt waren und jeder seine Rolle kannte, wusste, wann sein Team sich wo entlang zu bewegen hatte und wie die Kommandos lauteten, richtete Thorin sich auf und blickte nochmals in die Runde der Versammelten. „Mit etwas Glück handeln wir schnell genug, um diese kranken Schweine zu erwischen. Aber wichtiger als sie zu fassen ist mir im Moment, das wir auch alle heil wieder zum Abendessen heim kommen, hm? Also passt da draußen auf euch auf und deckt euch gegenseitig den Rücken.“

Ein letztes Nicken ging durch die Runde, ehe sie aufbrachen.

Das Gelände war weitläufig und ein Trupp wurde direkt abgestellt, sich langsam zu Fuß der Halle zu nähern und die Ausgänge im Blick zu behalten, um mögliche Aktivität zu melden. Der Rest durchkämmte zunächst das zur Halle gehörende Feld, das noch immer mit allmählich verrostenden Frachtcontainern vollgestellt war. Zumindest ergab die dortige Suche rein gar nichts – die Container waren mehrheitlich leer und die, die es nicht waren, deren Inhalt konnte man dank des Zahns der Zeit kaum noch identifizieren. Hier und da hatten sich sogar ein paar Tiere eingenistet. Streunende Hunde, Katzen, Nager, Ratten. Natürlich musste Alistair darüber witzeln, dass hier Cyron der Zweite, Dritte und Vierte herumliefen.

Die gezogene Verbindung zu Ishara hätte fast dafür gesorgt, dass er ihn einfach in einem der Container einschloss. Die Luft würde ja wohl schon reichen, bis sie hier fertig waren. Es sei denn natürlich, er würde ihn auf dem Rückweg zum Revier dann einfach, naja, vergessen. Was für ein Unglück aber auch…

Die Fantasie war besänftigend und erlaubte ihm, die dämlichen Kommentare zu übergehen, während sie auf die Halle vorrückten. Alle begaben sich in abgesprochene Positionen, ehe der Befehl zum Eindringen kam. Thorin hatte die Trupps so eingeteilt, dass zwei von ihnen sich den Büroräumen widmeten, während die anderen zwei die Haupthalle sichern sollten.

„Scheiße…“, flüsterte Alistair leise, kaum dass sie den ersten Raum betraten.

Die Räumlichkeiten hätten leer zu sein gehabt, waren es jedoch nicht. Soweit wenig überraschend. Hier jedoch eine im Grunde vollständige medizinische Ausstattung vorzufinden, das war wiederum unerwartet. Vor allem, weil ein Teil der Gerätschaften eher den Eindruck machte, frisch einer Metzgerei entwendet worden zu sein.

„Schnauze halten“, zischte Thorin zurück und rückte weiter vor.

Ein paar andere Räume waren zu Kühlkammern umfunktioniert worden. Es gab medizinisches Besteck. Operationstische. Ein kleines Chemielabor. Rohstoffe, die darauf hinwiesen, dass die seltsamen Mittel, mit denen die Klingen präpariert worden waren, hier hergestellt wurden. Es wirkte, auf den ersten Blick, wie der Jackpot. Das Nest des Feindes. Der Unterschlupf der verdammten Irren, die herumrannten und Leute ausschlachteten. Und allem Anschein nach auf professioneller Ebene. Die Geräte im ersten Raum waren von Blut verschmutzt gewesen – aber wer wusste schon genau, wie das zustande gekommen war?

Was sie dagegen nicht fanden, waren der oder die Täter. Und auch keine weiteren Opfer. Selbst die Kühlkammern waren leer, allesamt. Keine Spur der fehlenden Organe. „Ich vermute, sie sind ausgeflogen“, grollte Thorin frustriert in den Sprechfunk.

Er sah sich von den anderen Teams rasch bestätigt, die ähnliche Erfahrungen machten. Teures, professionelles Equipment, aber keine Spur von Tätern, Opfern oder Organen.

Tür für Tür durchliefen sie das immer gleiche Prozedere. Zwei auf einer Seite, der Dritte auf der anderen. Einer öffnete die Tür, leise, langsam, vorsichtig. Keine Drahtfallen, keine Bomben – solche Späße hatten sie auch schon erlebt. Stattdessen fand sich ein Raum, der ihrem eigenen Organisationszentrum nicht unähnlich aussah. Eingerichtet mit einer detaillierten Karte der Stadt, einer darüber aufgebrachten Karte des Bezirks, darauf wiederum mit farbigen Nadeln Markierungen verschiedener Orte. Es brauchte nur ein paar Sekunden, bis Thorin die Markierungen als jene Orte erkannte, an denen die bisherigen Taten stattgefunden hatten.

Fotos sammelten sich, fein sortiert, in einer Ablage. Vom Tatort. Vom Opfer. Von einem unbekannten, weiteren Ort. Eben jene Fotos erregten Thorins Aufmerksamkeit am meisten. Es brauchte ein paar Abgleiche und Alistair war nur zu glücklich, ihm dabei auszuhelfen, doch sie konnten sich rasch zusammenpuzzeln: Das waren wiederum Orte ganz in der Nähe. Nischen in einer Seitengasse, kaum genutzte Kellerräume, verfallene alte Häuser. Alles leicht zu erreichen vom eigentlichen Ort des Geschehens aus, leicht und unbemerkt vor allem.

„Das Eine markiert den Punkt des Überfalls“, meinte Thorin leise, die Fotos gegeneinander wiegend, „Das andere den Arbeitsort. Macht Sinn – man kann jemanden in einer Seitenstraße niederschlagen, aber wenn man ihm wirklich vorsichtig und professionell die Organe entnehmen will, viele möglicherweise auch noch, dann braucht man dafür vor allem Zeit. Und sauberere Umgebung. Nur warum die Opfer dann zum Tatort zurückbringen? Oder überhaupt wieder zumachen?“ Während der Kahlkopf rätselte, sahen sich Vhrengal und Alistair weiter im Raum um. „Die Bilder der Opfer sind zudem alle gemacht worden, als sie ohnmächtig waren. Emrhién meinte, dass die Opfer kein wirkliches Beuteschema erkennen lassen. Keine bestimmte Altersgruppe, keine Ethnie, keine Vorzüge beim Geschlecht. Das hier…? Das macht den Eindruck, als würde vielmehr ein Ort ausgewählt. Wo zugeschlagen wird. Und wer, das ist dann nur die Frage des Umstandes, wer dort als Nächstes vorbeikommt. Aber das macht keinen Sinn für Organhändler. Da sucht man sich gesunde Individuen, junge Opfer…“

„Thorin?“, kam es über den Sprechfunk von Myron.

„Ich höre“, erwiderte der Kahlkopf.

„Das hier musst du sehen. Ich glaube, die Organhändler sind aus dem Spiel und die Irren sind drin.“

„Was du nicht sagst“, erwiderte Thorin mit einem letzten Blick durch den Raum. Die Beweissicherung würde sich um all das kümmern können. Er sammelte seine zwei Teammitglieder ein und rückte zu Myrons Position vor, einer kleinen Sekundärhalle, nicht einmal ein Zehntel der Größe der Haupthalle.

„Die Haupthalle war im Grunde vollständig leer“, erwiderte Myron, der seinen Vorgesetzten schon im Flur vor der Tür zur Halle entgegenkam, „Ein paar staubige Kisten und derlei, alles kontrolliert, nichts drin, niemand zu sehen. Dann kamen wir hier rein…“

Er öffnete die Tür vor Thorin und dem Kahlkopf wurde rasch klar, worin sich Myrons Verdacht begründete. Der gesamte Raum war über und über und über vollgepinselt mit irgendwelchen seltsamen Symbolen, kryptischen Runen oder dergleichen. Wände, Decke, Boden, der gesamte Raum war leergeräumt, sorgfältig gesäubert und dann neu verziert worden. In Rot. Glücklicherweise jedoch ein Ton, der zu unnatürlich schien, um wirklich Blut sein zu können. Nichtsdestotrotz gab es im Zentrum der Miniaturhalle einen klischeehaften Kreis, der mit einer das sonstige Muster brechenden Anordnung aus Runen eingezäunt war.

„Reizend“, kommentierte Thorin und steckte nur den Kopf zur Tür rein, um sich von der Vollständigkeit der Wandverzierungen zu überzeugen, „Beweismittelsicherung?“

„Schon informiert. Sie waren begeistert, dass wir das hier gemacht haben. Ich soll dich schimpfen, dass du endlich mal lernen sollst, deine Pfoten von den Beweisen zu lassen. Du könntest Fingerabdrücke ruinieren, indem du deine eigenen drüber pinselst.“ Myron grinste ihm schief zu.

Thorin dagegen seufzte und hob die Handschuhe. „Da macht man ein einziges Mal einen dämlichen Fehler und er hängt einem bis in alle Ewigkeit nach…“

Der Kahlkopf wies über Funk kurz seine anderen Teams an, die Eingänge zu sichern und das umliegende Gelände im Blick zu behalten, bis die Kavallerie einträfe. Schließlich begab er sich in die Haupthalle, zusammen mit seinem Trupp und Myron, sowie dessen Teammitgliedern. Thorin lehnte sich nahe des nunmehr offenstehenden Haupttores an eine der staubigen Kisten.

„Wie geht’s jetzt weiter, Boss?“, hakte Myron nach.

„Weiß nicht. Noch nicht. Das Labor wird so ziemlich jeden Quadratmillimeter untersuchen müssen. Von dem gesamten Zeug da drinnen. Ist ziemlich hochwertige Ausrüstung, oder? Sollte also Seriennummern haben. Vielleicht können wir zurückverfolgen, wer es gekauft hat, wann, wo. Wohin es geliefert worden ist. Ich erwarte mir davon aber nicht zu viel. Unser Gegner hat sich bisher nicht sonderlich dumm angestellt, wäre seltsam, wenn er jetzt damit anfängt. Das Blut muss analysiert werden, ob es zu einem oder mehreren der Opfer passt. Und was das für rotes Zeug ist, mit dem der Raum verschönert worden ist. Außerdem werden wir einen Linguisten reinrufen müssen.“

„Vielleicht auch eher einen Okkultisten, oder?“, bemühte sich Myron, die gedrückte Stimmung zu heben. Erfolglos.

„Emrhién kann uns da vielleicht auch schon weiterhelfen. Vielleicht wird sie ja schlau draus. Ansonsten… gibt’s ein paar Überwachungskameras drüben auf der Ostseite. Dummerweise aber keine auf der Westseite, also werden wir da vermutlich auch nicht viel Glück haben. Prüfen müssen wir’s natürlich trotzdem.“ Seufzend kam Thorin innerlich zu einem ernüchternden Resümee des Einsatzes. Sie hatten hier das mögliche Hauptquartier des vermuteten Organhändlerringes auf einem Silbertablett serviert bekommen. Es hätte der Hauptgewinn sein müssen. Alle nötigen Spuren und Beweismittel, Fall abgeschlossen.

Stattdessen… hatten sie so gut wie nichts. Weniger als nichts: Sie hatten tonnenweise Arbeit geschenkt bekommen, die sein Team, das Labor, die Fallanalyse und noch einige Leute mehr für eine ganze Weile wach und beschäftigt halten würde. Vielleicht war das sogar Teil der Taktik gewesen. Sie unter der Last der Arbeit zu begraben. Es würde sicherlich ein paar Tage dauern, ehe sie sich aus diesem Berg wieder herausgewühlt haben würden.

„Wir sollten versuchen, diesem anonymen Tipp irgendwie nachzugehen. Vielleicht gibt es da Möglichkeiten. Das hier ist zu… praktisch für die, die dahinter stecken. Ich bin mir nicht mal sicher, ob das hier wirklich ihr Quartier war, oder ob wir nicht gerade in ein sorgfältig vorbereitetes Bühnenstück reinmarschiert sind, um unsere Rolle vorzutragen.“ Die bloße Vorstellung dessen reizte den Hünen auf eine Weise, die ihm nicht sonderlich behagte. Er hatte immer schon viel Temperament besessen, doch konnte sich in der Regel gut genug kontrollieren. Würde er das auch noch können, wenn sie dann irgendwann dem großen Manipulator gegenüber standen und er sich an all die Erniedrigungen erinnerte? Wie sie an der Nase herumgeführt worden sind?

„Falls das hier schief geht“, setzte Thorin neu an, nur um von Myrons Seufzen unterbrochen zu werden. Der Kahlkopf sah prompt verwirrt zu ihm herüber.

„Thorin, wie lange arbeiten wir jetzt schon zusammen? Jahre. Viele. Und die ganze Zeit predige ich es dir hoch und runter: Es gibt für alles eine Zeit und einen Ort. Das hier? Jetzt? Das ist nicht deine Zeit. Der Tag ist gelaufen. Punkt, aus, Schluss. Wir hatten eine Spur, wir haben getan, was wir konnten. Jetzt sind andere am Drücker. Die Beweissicherung wird ihre Arbeit machen, das Labor wird seine Arbeit machen, der Linguist wird seine Arbeit machen, Emrhién wird ihre Arbeit machen. Und all diese Leute, die füttern uns nach und nach ihre Informationen und Erkenntnisse, damit wir weitermachen können, damit wir puzzeln und den Fall langsam zusammensetzen können. Aber hier und jetzt, da können wir erstmal gar nichts tun. Also: Wie geht’s Lil?“

Thorin starrte noch einen Moment länger einfach nur zu Myron, als würde er durch ihn hindurch blicken, ehe er seufzte. Dabei entging dem Hünen keineswegs, wie Alistair am Rande seines Sichtfeldes ebenfalls aufmerksam wurde und auf seine gewohnt subtile Art versuchte, die Ohren zu spitzen. Thorin wiederum bemühte sich, die Existenz des Komikers bestmöglich zu ignorieren. Es fiel ihm überdies schwer, sich auf das Thema – oder vielmehr, den Themenwechsel – einzulassen. Aber er wusste, dass Myron es eigentlich nur gut mit ihm meinte. Ihm helfen wollte. „Sie hat jetzt Ohrringe. Inklusive Ohrlöcher“, erklärte er das Gesicht verziehend.

„Oh? Gut für sie. Sind sie hübsch?“, erkundigte Myron sich weiter.

„Kleine grüne Stecker“, erwiderte Thorin, ohne die Frage nach seiner Meinung wirklich zu beantworten, „Und ich weiß nicht, was gut daran sein soll, sich Metall in den Körper zu stecken. Jedes Mal, wenn mir das passiert ist, waren alle ziemlich besorgt.“

Myron lachte an dieser Stelle tatsächlich auf. „Ja – weil du es direkt mit Messern versuchst und nicht mit Piercings.“

„Wo ist der Unterschied nochmal?“, schoss Thorin zurück. Es wurde allmählich leichter, sich gedanklich von der riesigen Halle zu lösen, in der sie standen – und all dem, was damit zusammenhing.

„Sie ist jung. Lass ihr ein bisschen Spaß, hm?“, plädierte Myron.

„Sie kann so viel Spaß haben, wie sie will. Nur nicht, indem sie sich überall Löcher reinstechen lässt“, erwiderte Thorin defensiv.

„Oder zu lange feiern geht“, ergänzte Myron, während der den anderen um sie herum ein Zeichen gab.

„Oder sich zu aufreizend anzieht“, stimmte Vhrengal mit ein.

„Oder sich mit Jungs rumtreibt“, witzelte Alistair grinsend.

„Oder-“, setzte Floran gerade an, als Thorin die Hand hob.

„Schon gut, schon gut, es kam an.“ Seufzend stemmte der Kahlkopf die Hände in die Hüften. „Ich sagte ja nicht, dass ich ihr das verdammte Ding rausgerissen hätte. Meinetwegen kann sie’s behalten. Mich besorgt nur, wo das hinführen könnte. Ich meine… heute sind es die Ohren. Und morgen? Heute sind es Piercings. Morgen dann Tattoos?“

Myron lachte kurz auf, schüttelte weiterhin grinsend den Kopf. „Ich hatte eigentlich immer erwartet, dass Ninafer die Glucke werden würde – nicht ausgerechnet du. So kann man sich täuschen, was?“

 

Ein paar Tage später.

Es war später Nachmittag. Die Sonne stand hoch, der Himmel war – mehrheitlich – blau. Die paar wenigen Wolkentürme, die herumtrieben, waren weiß und wirkten harmlos, aber der Wetterbericht hatte für den Abend starke Regenfälle angekündigt. Alistair hatte seine Schicht beendet und gedachte definitiv einfach nur in Ruhe nach Hause zu gehen. Seid der aktuelle Falle solch eine unerwartete, heftige Linkskurve genommen hatte, waren irgendwie alle ein wenig… aufgekratzter als üblich. Und das konnte er sagen, obwohl er keine zwei Monate da war.

Man merkte ihnen an, ihnen allen, dass sie sich außerhalb ihres gewohnten Metiers bewegten. Wie ein Fisch an Land. Ritualkreise passten einfach schlecht ins Bild. Mörder waren einfacher. Sie hatten nachvollziehbare Motive, man konnte sich in ihr Denken hineinversetzen. Das ging – fragte man Alistair – bei solchen Tätern wie in diesem Fall auch. Man brauchte nur eine gewisse, mentale Flexibilität, um sich in deren Position hineinversetzen zu können und ihre Motive waren mitunter etwas… abstrakter.

Der Linguist hatte kaum Probleme mit den Runen gehabt. Eine Zusammensetzung alter Schriftzeichen aus unterschiedlichen Sprachen, aber allesamt bilder- und symbolbasiert. Der Großteil davon war ziemlich wirrer Unsinn, aber das wenige an Informationen, das sich erfolgreich zusammensetzen ließ, legte wohl die Vermutung nahe, dass da jemand versucht hatte, die Zukunft zu sehen. Oder so ähnlich. Irgendwas mit Weissagung jedenfalls.

Demnach waren die klassischen und von ihm eigentlich als zeitlos vermuteten Kristallkugeln wohl offenbar aus der Mode gekommen und riesige Ritualkammern waren jetzt voll im Trend.

Was dieser schräge Versuch, ein bisschen Weissagung zu betreiben, mit der Jagd nach Organen zu tun hatte, da fanden sich bisher keine wirklichen Verbindungen. So gar keine. Das rituelle Verspeisen oder Opfern von zwei Wochen alter, tiefgekühlter Menschenleber mochte ja etwas abgewandelt hier und da zum üblichen okkulten Hokuspokus gehören, aber diese Täter schienen laut der recht schnuckeligen Fallanalytikerin wohl eher zu wissen, was sie taten und hielten sich wohl mehrheitlich an vorgegebene Rituale, die dergleichen wiederum nicht vorsahen. Das ergab sich zumindest, als man die nun in Primär- und Sekundärtatorte unterteilten bisherigen Angriffsstellen nochmals untersuchte. Es fanden sich kleine Spuren durchgeführter Riten. Abgebrannte Kerzen in seltsamen Positionen. Ein bisschen Geschmiere mit Kohle.

Alistair war durchaus neugierig, was am Ende bei alledem herauskommen würde. Aber um die unmittelbare Zukunft machte er sich erstmal keine großen Sorgen. Anders als arme Schweine wie Myron oder Thorin hatte er soweit niemanden, um den er sich ernsthaft Sorgen machen müsste. Wobei er wirklich hoffte, das demnächst ändern zu können. Immerhin war er nicht grundlos auf dem Weg zu einem der besten Blumenläden der Stadt. Er würde Ishara einen hübschen Strauß zusammenbinden lassen. Und weil er genau wusste, dass er nicht den Mumm hätte, ihn ihr persönlich zu überreichen, würde er einen Weg finden, ihn auf ihr Fensterbrett zu schmuggeln. Im vierten Stock. Heimlich. Irgendwie.

Es gab Details des Plans, an denen er zugegeben noch feilen musste.

Eben das war es auch, was ihn so tief in Gedanken sinken ließ, das er Ishara nicht bemerkte, als die auf der anderen Straßenseite stehen blieb und ihm kurz winkte. Stattdessen bog er in die Seitenstraße ab und trottete weiter grinsend seines Weges.

 

Parkraumüberwachung war eine der übelsten, weil langweiligsten Aufgaben, die Ishara sich vorstellen konnte. Und entgegen Thorins Ansichten empfand sie sie als noch deutlich undankbarer als so ziemlich jede andere Position, die er ihr hätte aufzwingen können. Aber es gab hier und da, gelegentlich, ein paar kleine Lichtblicke. Selten mal ein freundliches Gespräch mit jemandem oder Momente, in denen ein Parksünder tatsächlich seinen Fehler einsah und sich über bessere Alternativen beraten ließ. Heute war ein Tag, an dem ihr diese Dinge leider verwehrt blieben. Stattdessen bestand ihr bislang einziger Lichtblick darin, dass bald Feierabend war. Zumindest, bis sie Alistair auf der anderen Straßenseite entlangmarschieren sah, ein beinahe schon verdächtiges Grinsen auf den Lippen und offenbar hochfokussiert auf… alles oder nichts. Denn obgleich sie ihm kurz zuwinkte, schien er nicht einmal Notiz von ihr zu nehmen, sondern bog stattdessen einfach ab.

„Ugh, Männer“, seufzte sie leise und überlegte, ob sie ihm einfach nachgehen sollte.

Während sie sich zumindest schon einmal in Bewegung setzte, um die Straße direkter überqueren zu können, statt eine längere Diagonale zu laufen, fuhr ein sportlich geschnittener Kleinwagen vor und hielt unmittelbar vor dem Zugang zur Seitenstraße. Da… konnte man definitiv nicht anhalten, ohne als verkehrsbehindernd zu gelten. Die Arbeit rief. Prächtig.

Sie versuchte zumindest, als sie auf das Auto zuhielt, schon einmal grob abzuschätzen, mit wem sie es wohl ungefähr zu tun bekäme. Am Steuer saß eine bildschöne Frau – anders ließ sich das nicht ausdrücken. Eine dunkle, wallende Haarmähne, volle Lippen, wohlakzentuiertes Makeup… ihre goldbraune Haut ließ sie exotisch wirken, insbesondere in Kombination mit den Goldohrringen und der Kette um ihren Hals, die kleine, rote Perlen, weiße Federn und Goldglöckchen zu bieten schien. Ein paar goldene Armreife, ein Armkettchen aus den gleichen roten Perlen wie die an ihrer Halskette, eine edel wirkende, rotbraune Korsage, die den wohlproportionierten Körper noch etwas mehr in Szene setzte…

Ishara spürte, wie sie rot wurde. Und ihren Schritt ein klein wenig verlangsamte. Glücklicherweise war die Straße nicht allzu belebt – so viel zum guten Vorbild.

Doch die hübsche Dunkelhaarige war nicht allein im Wagen. Sie schien kurz mit jemandem zu streiten, der lebhaften Gestik nach zu urteilen. Und deutete die Gasse herunter. Das wiederum ließ Ishara kurz zögern.

Erst recht, als kurz darauf ein ziemlich wuchtiger Kerl ausstieg. Seine Nase war seltsam platt gedrückt, seine Augen wirkten getrübt und er ging leicht gebeugt. Das mochte möglicherweise aber auch einfach damit zusammenhängen, wie verdammt groß er war.

Der Riese blickte nochmals ins Auto zurück, von wo nur eine weitere, letzte, nachdrückliche Geste die Gasse herab kam. Er nickte artig, wirkte dabei seltsam kleinlaut, obwohl es doch nur ein Nicken war und setzte sich in Bewegung. Und wie er das tat! Er hatte die Gasse betreten und in kürzester Zeit rannte er. Schneller, als Ishara von jemandem seiner Größe erwartet hatte.

Ishara selbst bemerkte rasch, nicht mehr auf der Straße zu stehen und zu gaffen. Irgendwann, irgendwie, hatte ihr Körper ein paar gesunde Reflexe und Instinkte an den Tag gelegt und sich in Bewegung gesetzt. Offenbar natürlich und fließend genug, um weder die Aufmerksamkeit der Fahrerin zu erwecken, noch die ihres Begleiters. Stattdessen kauerte sie am Eingang des Ladens an der Wand und spähte um die Ecke, ehe sie sich entschied, genau das nicht mehr zu tun. Sie war schließlich kein Feigling. Sie hatte vielleicht ihre Pistole nicht dabei, aber-

Verdammt. Sie hatte ihre Pistole nicht dabei.

Hastig sah sie sich um und stellte amüsiert lächelnd fest, dass der Laden, an dessen Eingang sie kauerte, ein Spielwarengeschäft war. Perfekt, sozusagen.

„‘Tschuldigung, Notfall, ich leih mir das – bezahl’s später!“, rief sie dem Verkäufer zu, als sie mit einer Plastik-Spielzeugpistole aus dem Laden stürmte und um die Ecke bog. Von Alistair und dem Riesen war erstmal nichts zu sehen… außer Alistairs Schuh, dessen Spitze hinter einem großen Müllcontainer hervorragte.

Bei jenem Anblick gefror ihr dann doch das Blut. Ein Überfall war eine Sache, da hätte sie eingreifen können, mühelos, problemlos, aber… aber der Riese würde ihn nicht einfach… umgebracht haben, oder?

Ihre Schritte trugen sie immer schneller an den Ort des Geschehens heran. „Hey!“, rief sie, die Waffe aus der Packung befreit. Als sie näher kam, verlangsamte sie ihr Tempo auch wieder, während sich der Gigant hinter dem Container erhob. Sein Mund, sein Kinn… eigentlich sein halbes Gesicht waren blutig, über und über.

Ishara wurde blass, doch ihre Hände waren ruhig. Waren sie immer. Sie trat langsam näher, in sicherem Abstand zum Riesen, der bisher keine Anstalten gemacht hatte, zu gehen oder zu reden oder überhaupt irgendetwas zu tun.

Alistair hatte keine sichtbaren Verletzungen, als sie ihn endlich sehen konnte. Das machte doch aber gar keinen Sinn, woher-…

Da stand eine Kühlbox. Eine blutige Kühlbox.

„Es tut mir leid“, grollte der Riese mit einer unmenschlich tiefen, rauen Stimme.

Sofort schwenkte ihre Aufmerksamkeit wieder zu ihm, richtete sie die Waffe auf ihn. „Was tut dir leid?“ Sie hätte Anschuldigungen werfen können. Hätte es sogar gewollt. Dass er Alistair niedergeschlagen hatte? Dass er dem Zeichen auf der Kühltruhe nach zu urteilen medizinische Vorräte… fraß…? Oh er hatte noch keine Ahnung, wie leid ihm das bald schon tun würde!

Er schüttelte lediglich den Kopf und… wirkte dabei tatsächlich seltsam bedauernd.

Ein dumpfer Schlag auf den Hinterkopf vibrierte Sekundenbruchteile später durch Isharas Verstand. Sie spürte die Taubheit, die sie die Plastikpistole fallenlassen ließ. Sie spürte, wie sie zu stürzen drohte und vor dem Aufprall abgefangen wurde, wie man sie langsam und vorsichtig zu Boden senkte. „Alles muss man selber machen“, grollte eine weiche, weibliche Stimme.

Die verdammte Fahrerin, kam Ishara die Erkenntnis.

Lektion Nummer eins, die Thorin ihr beigebracht hatte, um in diesem Job überleben zu können: Behalte deine gottverdammte Umgebung im Auge.

Scheiße.

Sie versuchte, etwas zu sagen, bekam jedoch keinen Ton heraus. „Was tun wir jetzt?“, grollte der Riese und blickte zwischen beiden umher, während Isharas Welt an Farbe verlor und ihr Sichtfeld sich stetig verengte.

„Vergiss ihn“, kam es von der hübschen Dunkelhäutigen, „Wir nehmen sie.“

Tränen sammelten sich in ihren Augen, brachen die Dämme und rannen haltlos, tonlos, während Isharas Bewusstsein dahindämmerte. Tut mir leid, Papa

 

„Ich kam, so schnell ich konnte“, ächzte Myron. Ninafer nickte lediglich und drückte ihn an die Wand, damit er sich aufrichten und erst einmal etwas zu Atem kommen konnte.

„Danke. Ich weiß nicht, ob es irgendetwas ändern wird, aber… danke“, erwiderte sie mit belegter Stimme.

„Was ist passiert?“, hakte er weiter nach.

„Das wissen wir noch nicht wirklich.“ Ninafer führte Myron in einen Wartebereich. Für den Moment konnte sie nicht in Alistairs Nähe sein, zu sehr gab sie ihm noch die Schuld am Geschehenen – irrational wie das vielleicht auch sein mochte. Und ebenso wenig konnte sie in Isharas Nähe sein. Nicht im Moment, da Thorin ihr nicht von der Seite wich und Thorin… Thorin war. Also blieb das Wartezimmer, das glücklicherweise leer war. „Floran hat sich den Tatort angesehen, mit einem ansässigen Händler gesprochen, die Kameras geprüft. Er war wirklich schnell. Vermutlich hatte er noch keine Genehmigung, auf das Kameramaterial zuzugreifen, aber…“

Als Ninafers Stimme versagte, winkte Myron ab. „Darum kümmern wir uns später“, versicherte er und nahm ihre Hand. Sie zitterte.

„Alistair kam aus der Schicht, war auf dem Weg durch die Stadt. Er hatte bei einem Blumenladen in der Nähe angerufen, um deren Öffnungszeiten zu erfragen. Ishara, sie… sie war auf dem Weg zur Zentrale, ihr Dienstende war nah. Sie sah ihn auf der anderen Straßenseite und winkte, aber er sah sie nicht. Der Händler meinte, sie habe die Straße überquert. Er hätte sie im Blick behalten, weil einer seiner Freunde in dem Moment als Kunde bei ihm war und im Halteverbot stand, er wollte abschätzen, wann er ihn am besten warnen sollte. Sie blieb mitten auf der Straße stehen und ging dann am Eingang seines Ladens in Deckung, als habe sie irgendwas gesehen. Kurz darauf kam sie rein und schnappte sich eine der Spielzeugpistolen. Sie… die Pistole haben wir bei ihr gefunden. Sie… sie hatte… sie bekam einen schweren Schlag auf den Hinterkopf und…“

Als ihre Stimme noch zittriger wurde, zog Myron sie schlicht an sich. Was immer er noch wissen musste, konnte er an anderer Stelle erfragen. Es machte keinen Sinn, Ninafer noch länger durch diese Tortur zu schicken. Also bemühte er sich einige Minuten lang, für sie da zu sein. Trost zu spenden.

Aus ein paar Minuten wurde eine halbe Stunde, dann eine dreiviertel Stunde, dann eine Stunde. Als sie sich halbwegs gefangen hatte, seufzte sie tief. Erschöpft. „Thorin ist bei ihr. Du kennst ihn.“

Myron nickte auf die wenig subtile Warnung hin. Der Kahlkopf war sehr wahrscheinlich übermüdet. Es hatte schließlich fast zwei Tage gedauert, bevor Myron davon erfahren hatte. Natürlich hatte er sich über Thorins Abwesenheit gewundert, nur hatte er auch nicht nachgefragt, sondern stattdessen einfach wirklich gehofft, er hätte sich seinen Rat zu Herzen genommen und die anderen Glieder der Mechanik erstmal ihre Arbeit machen lassen, vielleicht ein, zwei Tage frei genommen, Zeit mit der Familie verbracht, etwas in der Richtung.

Myron fühlte sich schlicht schuldig dafür, so lange gewartet zu haben. Jetzt erst hier zu sein.

Nach anderthalb Stunden glaubte er, Ninafer zunächst wieder allein lassen zu können und wanderte die Korridore entlang, bis er eine der zuständigen Ärztinnen fand. Es bedurfte ein wenig Überredungskunst und mehrfaches Plädieren darauf, dass es für den Fall wichtig wäre, ehe er einsah, so nicht weiter zu kommen. Stattdessen änderte er seine Strategie und packte die Wahrheit auf den Tisch. Er war ein guter Freund der Familie, hatte gerade eben die Mutter getröstet, vom sehr wahrscheinlich ungehaltenen Vater im Zimmer gehört und wolle schlicht vermeiden, ein Feuer an die viel zu kurze Lunte zu halten.

Offenbar, ihrem sichtlich unbehaglichen Gebaren hin, hatte Thorin bereits mehrfach für Ärger gesorgt, möglicherweise sich sogar schon mit den Sicherheitskräften des Hospitals angelegt. Da war es wiederum ein kleines Wunder, warum er überhaupt noch hier saß, noch hier sitzen durfte.

Was Myron erfuhr, ließ selbst ihn schwer schlucken und in all seinen Jahren im Dienst hatte er schon manches mitgemacht, gehört und gesehen. Kinder, die Waffen auf ihre Eltern richteten und abdrückten. Junge Mädchen, die fixten und sich dann verkauften, um den nächsten Schuss bezahlen zu können. Sogar Mord aus Langeweile hatte es schon gegeben. Kollegen, die von selbstgebauten Sprengsätzen übel zugerichtet worden waren. Stichwunden im Bauch. Es gab ein paar wirklich grässliche Dinge.

Aber Ishara… das war anders.

Persönlicher.

Persönlicher selbst als die Kollegen, mit denen er jeden Morgen in der Teambesprechung Kaffee trank.

Jemand hatte ihr Leber und Nieren entnommen. Sie mit chirurgischer Präzision geöffnet, die Organe entnommen und sie wieder geschlossen. Die Wunden versorgt, desinfiziert, gekühlt, alles lange genug, damit ein Krankenwagen sie rechtzeitig einsammeln konnte. Angesichts dessen ahnte Myron, was ihn erwartete – doch das bereitete ihn immer noch nicht darauf vor, als er das Krankenzimmer tatsächlich betrat. Sie dort so liegen zu sehen, verkabelt mit so vielen Maschinen, die sich redlich bemühten, Funktionen ihres Körpers zu ersetzen, die er mangels der zugehörigen Organe selbst nicht mehr bewältigen konnte… es war grässlich. Und ließ ihn für einen Moment schwer schlucken.

Ein paar Monate, so hatte man ihm gesagt. Die Maschinen allein würden sie nicht ewig am Leben halten, die Funktion nicht ewig ersetzen können. Ein paar Monate hatte sie noch, höchstens.

Und Thorin saß dort, am potenziellen Totenbett seines Kindes.

„Es tut mir leid“, erklärte Myron leise, als er noch drei, vier Schritt von Thorin entfernt stand.

„Geh“, kam von dem schlicht zurück. Leise. Gebrochen.

Statt dem Wunsch zu folgen, trat Myron einen weiteren Schritt näher heran. „Bitte denk nach. Ishara bedeutet auch uns viel. Nicht so viel wie dir, aber weit mehr als nichts. Wir sind da, immer noch. Für sie und dich. Wir haben alle nur erdenklichen Mittel genutzt, alle Hebel in Bewegung gesetzt. Wir finden das Schwein… und-“

Ich finde ihn. Und dann werde ich ihn töten.“ Es war eine solch kalte Härte in den Worten, das Myron für keine Sekunde bezweifelte, wie bitterlich ernst es Thorin damit war.

„Denkst du wirklich, dass du das allein schaffst?“, kam es plötzlich von der Tür. Myron wandte sich halb um und blickte zu Ninafer herüber, die langsam die Tür hinter sich schloss. „Glaubst du das, hm?“

Sie trat näher und näher, überholte Myron und legte einem Thorin, der bis dahin schweigsam verblieben war, die Hand auf die Schulter. „Denkst du, du bist der Einzige, der sie liebt? Der Einzige, in dem es nach Vergeltung schreit? Der Einzige, der den finden will, der ihr das antat?“

Ninafer blickte zu Myron herüber. Ein bitteres Lächeln umspielte ihre Lippen, bitter… und gefährlich. „Vielleicht wäre es besser, wenn du jetzt gehst. Du hast ein ruhiges Leben und eine solide Karriere. Es wäre schade um all die investierte Arbeit.“

Myron brauchte einen Moment, um zu realisieren, was gesagt, vielmehr impliziert worden war. Und eine Gänsehaut kroch seinen Nacken herab, seine Schultern und Arme herab, als er es realisierte. Thorin war mit seinen ein Meter sechsundachtzig nicht gerade gewaltig. Weit davon entfernt, klein zu sein, natürlich, aber es gab genug Männer, die größer waren. Dennoch hatte er eine geradezu gewalttätige Ausstrahlung, die schnell einschüchterte und er war sich nicht zu fein, da physisch nachzuhelfen. Myron hatte einstmals, einer verlorenen Wette zum Dank, gegen ihn geboxt und Thorins rechten Haken zu spüren bekommen. Danach hatte er für fast eine Stunde Sternchen gesehen.

Und Ninafer? Ninafer war eigentlich noch schlimmer. Sie war eine ungemein talentierte Chemikerin und verstand sich obendrein auf Botanik und Zoologie – eher Hobbies als alles andere – wie sonst niemand in seinem Bekanntenkreis. Sie hatte einen Faible für bestimmte Gifte oder Substanzen, die besonders seltsame Wirkungen hervorriefen, war regelrecht davon fasziniert. Ungesund fasziniert, wie mancher gelegentlich angemerkt hatte, aber Thorin hatte stets dagegen gehalten, dass das völlig bedeutungslos sei, solange sie in ‚ihrem Team‘ arbeite – was sie jetzt… möglicherweise nicht mehr tat?

Er hätte etwas sagen sollen. Er hätte etwas sagen müssen, wirklich. Das hier war falsch. Die Entscheidung, die die beiden gerade zu treffen glaubten, war überstürzt und falsch. Aber wollte er das sagen, irgendwas von dem, was ihm durch den Kopf ging? Seufzend traf Myron seine Entscheidung und trat an das Krankenbett heran. Er strich einer schlafend wirkenden Ishara über das Haar und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Erhol dich, Kleines“, flüsterte er bemüht leise, „Gott allein weiß, dass die Stadt die zwei nicht übersteht.“ Er löste sich von ihr und blickte, vorläufig zum letzten Mal, wie er vermutete, zu Thorin und Ninafer herüber.

„Ich melde mich, wenn ich neue Informationen habe. Bleibt hier und… passt auf sie auf.“

Sie sahen auf. Blicke, die Abschied buchstabierten. Entgegen dem, wie düster es im Moment aussehen mochte, hoffte, betete Myron inbrünstig, dass sie sich irrten. Und nichts geschehen würde, dass es später zu bereuen galt. Es gab schließlich eine Hoffnung dafür, eine sehr simple sogar: Er musste mit seinen Leuten einfach nur schneller sein.

Schneller als Thorin, schneller als Ninafer, schneller als beide zusammen und, hoffentlich, schnell genug, um das zurückzuholen, was Ishara genommen worden war. Andernfalls mussten Spenden her – und das konnte… dauern.

Als Myron wenig später das Krankenhaus verlassen hatte, packte ihn die Realisierung dessen, was geschehen war und vor sich ging. Zittrig und von Schwindel geplagt hielt er sich an der Hauswand fest und übergab sich in einen Papierkorb…

 

Es war dunkel im Büro, dunkel und warm. Das war es meist.

Als der Abteilungsleiter eintrat, war er rasch dabei, sein Beileid zu bekunden. „Es tut mir leid, was mit Ishara passiert ist. Sie war so eine vielversprechende junge Frau, engagiert, enthusiastisch, aufrichtig.“

„Sie reden von ihr, als wäre sie tot“, grollte Thorin zur Antwort und warf etwas auf den Tisch. Des unrühmlichen Verhaltens ungeachtet, war das vermutlich der Grund, warum er um dieses Treffen ersucht hatte. Und unter den gegebenen Bedingungen fiel es generell leichter, Thorin sein stets respektloses Verhalten nachzusehen.

„Was ist das?“, erkundigte er sich.

Thorin hingegen machte Anstalten, das Zimmer wieder zu verlassen. Also zog er die Mappe heran und öffnete sie – nur um von einem Kündigungsschreiben gegrüßt zu werden. Die Frage, ob es Thorin damit tatsächlich ernst war, erübrigte sich. Thorin war Thorin. Eine Frage jedoch, obgleich eigentlich ebenso rhetorischer Natur, galt es dennoch auszusprechen. „Werden wir uns wiedersehen?“

Der Kahlkopf stockte für einen Moment. „Nicht, wenn sie mir nicht in die Quere kommen.“

Als die Tür des Büros hinter Thorin zuschlug und Schweigen sich wieder über den Raum legte, wurde es nur noch ein letztes Mal von einem tiefen Seufzen durchbrochen. Die Akte wurde geschlossen und samt der Kündigung darin in die mittlere Schublade des Schreibtischs verbannt.

Zur späteren Revision.

Es würde sicherlich Opfer verlangen. Ein paar Gesetze würden vielleicht gebeugt, möglicherweise sogar hier und da gebrochen werden müssen. Aber er war nicht bereit, Thorin als Abteilungsleiter aufzugeben. Dafür machte er einfach einen zu guten Job. Noch nicht, allemal – die nächsten Tage und Wochen würden zeigen, was in dem Krieger wirklich steckte…



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