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Lumiél

Königreich der Monde
von

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Ein Blick durchs Schlüsselloch

„Also gut, ihr kleinen Kanalratten, ab ins Bett!“

Das allgemeine Chaos im Zimmer war nicht weiter hinderlich – er wusste, wie man dergleichen zu navigieren hatte. Ohne, dass plötzlich diverses Spielzeug im eigenen Fuß steckte. Das allseitige, amüsierte Quieken und Schreien ebbte auch rasch ab, als sich die drei Sprösslinge des Hauses hastig in ihre jeweiligen Betten zurückzogen. Das lag natürlich an seiner autoritären Ausstrahlung. Jedenfalls war er immer noch in der Lage, sich das erfolgreich einzureden, denn es war weitaus weniger schmeichelhaft, einzusehen, dass die Kinder lediglich den Ablauf des Kommenden gut kannten und keine einzige Minute davon verschwendet sehen wollten.

Dennoch riss ihn das Räuspern aus Richtung des Türrahmens kurz aus den Gedanken und Planungen heraus.

Ein kurzer Blick in jene Richtung offenbarte ihm die Hausherrin. Natürlich, sie musste in genau diesem Moment an der offenstehenden Tür vorbeilaufen und hören, wie ihre Kinder betitelt wurden. Wie konnte sie nur so viel Ungnade und Unzufriedenheit in einen einzigen, sogar verhältnismäßig leisen Laut packen?!

Wahrscheinlich auf die gleiche Weise, auf die Ninafer einen derartig leisen und dennoch schneidenden und alldurchdringenden Ton zustande brachte: Mit viel, viel Übung.

Der Grund dafür, das Lileth überhaupt so viel Übung bekam, hatte sich allerdings gegenwärtig rar gemacht. Eine Woche sogar, in diplomatischer Mission. Eine hübsche Umschreibung für ‚ich gehe mit meinem Jugendfreund aus der Gilde kräftig was trinken, obwohl ich nichts vertrage, und falls wir in der Woche irgendwann nüchtern genug dafür sein sollten, reden wir sogar über wichtige Dinge!‘ Thorin wollte bereits abfällig schnauben und den Kopf schütteln, als Lileths zweites Räuspern, weicher, wärmer und weniger aggressiv, ihn darauf aufmerksam machte, das er gerade dabei war, abzudriften. Es gab immerhin eine Aufgabe zu erfüllen!

„Also… wo versteckt euer Vater das Märchenbuch?“

„Dürfen wir nicht sagen“, erwiderte Elaine leise. Sie schlug sogar den Blick nieder, als täte es ihr aufrichtig leid – etwas, dass Thorin doch irgendwie in Zweifel zog. Alistair hatte mit seiner Art den Haushalt Acedia zu lange verdorben, als das es glaubhaft war, das hier irgendwem irgendwas jemals Leid täte…

„Mhm“, erwiderte der Kahlkopf zunächst nur und sah sich um, das breite Grinsen Fredericks, ihres Zwillingsbruders, gekonnt ignorierend. Wer wusste schon, was der wieder ausgefressen hatte…? Während sein Blick das Zimmer streifte, langsam, sorgfältig, nach Ecken und Winkeln suchend und insgeheim darüber fluchend, das er eben nicht ein entsprechend geschultes Auge für solcherlei besaß wie die kleine Pest, die sich vorläufig davongestohlen hatte, hörte er durchaus die Bewegung.

Sein Blick kam schließlich zur Ruhe, als Anabelle ihm ein Buch entgegen hielt, offensichtlich unter ihrer Matratze hervorgezogen. Mit sieben Jahren waren die Zwillinge alt genug, bewusste Entscheidungen zu treffen – auch solche, die nicht allzu klug waren. Beispielsweise, sich auf Alistairs Seite zu stellen, statt auf seine. Sowas ging nie gut aus.

Anabelle jedoch war drei Jahre jünger und noch sehr, sehr viel unschuldiger. „Danke, Grashüpfer.“ Er tätschelte ihr ein wenig den Kopf, freute sich insgeheim über das vergnügte Kichern und ihre halbherzigen Versuche, dem zu entkommen. Es erinnerte ihn an Lileth und ihre frühen Jahre – jedenfalls die ‚frühen‘ Jahre, die er mitbekommen hatte. Und der Kosename war nicht grundlos an Anabelle vererbt worden. Trotz ihrer Jugend hatte sie bereits magisches Talent gezeigt, etwas, das den Zwillingen noch fehlte.

Unsichtbarkeit, beispielsweise, wäre für Frederick sehr praktisch gewesen. Natürlich hätte das nicht geändert, dass Thorin das vorsichtige Zupfen an der Tasche seines Gürtels durchaus bemerkte. Als er sich dem Übeltäter zuwandte, das Gesicht ruhig, starr, eine steinerne Maske, gefror jede Bewegung des Burschen – einschließlich der linken Hand am Reißverschluss und der rechten Hand tief in der Tasche vergraben. Einige Sekunden lang starrten sie einander an, lauernd, abschätzend, herausfordernd, bis Thorin langsam, quälend langsam, eine Braue hob – die einzige Regung seines Gesichtes.

Das Maß an Beherrschung und die darin verborgen liegende Drohung waren dem Knaben dann offenbar doch noch genug. Hastig zog er seine Hand hervor, leer natürlich, und bemühte sich, die Tasche wieder zu schließen. Thorin half ihm dabei sogar und amüsierte sich darüber, wie bemerkenswert unintuitiv diese Goblinerfindung war – zumindest für die, die sie noch nicht kannten. „Du, mein Freund, lernst mir in letzter Zeit eindeutig zu viel von deinem Vater!“, murrte Thorin, als die Tasche geschlossen worden war und er sich einen Stuhl in der Raummitte zu Recht zog, um mit dem Buch bewaffnet und von drei Betten umgeben darauf Platz zu nehmen. Statt sich jedoch wenigstens dem Schein nach angemessen reumütig zu geben, kicherte Frederick vergnügt vor sich hin und schien das Ganze eher als Kompliment aufzufassen.

Nicht gerade beruhigend.

Ein kurzer Blick auf den Einband ließ die Hoffnungen des Kriegers schließlich wieder sinken. Abrupt. Ins Bodenlose. „Langfinger stiehlt:“, las er seufzend vor, inklusive des Untertitels „Ein Herz und ein Schloss.“ Das konnte nicht Alistairs Ernst sein, oder? „Natürlich“, murrte der Krieger verdrossen. Es war bemerkenswert, wie häufig in der ‚Langfinger stiehlt‘-Reihe ein Herz auftauchte. Oder eine Schürze – aber Thorin hoffte inbrünstig, das die kleine Pest wenigstens geistesgegenwärtig genug war, diese Teile des Bandes für sehr viel später aufzuheben. Ganz grundsätzlich rangierte diese selbsternannte Buchreihe sowieso schon in der gleichen Preisklasse wie ‚Die Abenteuer der Molly Oberweite‘ – alle 37 Bände.

Diesen Unsinn… würde er ihnen auf gar keinen Fall vorlesen. Dennoch schlug der Hüne kurz das Buch an der markierten Stelle auf, überflog die zwei Seiten. Langfinger kletterte eine gewaltige Bohnenranke herunter, seine frisch gewonnene Liebste hielt sich dabei an ihm fest – wusste der Autor überhaupt, wie verdammt schwer eine ausgewachsene Person war? Langfinger wurde meist als schwächlich, dürr und sehnig beschrieben! Und falls die Person sich aus eigener Kraft festhielt, dann kamen noch die Probleme dazu mit Gewichtsverlagerungen, zusätzlicher Muskelbelastung, ganz zu schweigen von den reißenden, schneidend kalten Winden, die in solcher Höhe toben mussten!

Aber gut, der plötzlich sehr starke Langfinger kam unten an, zog ein Schwert aus dem Nirgendwo – hoffentlich war das wenigstens irgendwann irgendwo zuvor erwähnt worden und kam nicht tatsächlich an dieser Stelle einfach aus dem Nichts…! – und kappte die Bohnenstange. Natürlich, einfach so. Denn das Ding wuchs bis in die Wolken hinauf und hatte nicht nur gerade erst das Gewicht zweier Menschen getragen, sondern trug offenbar noch immer das Gewicht eines Riesen – die Bohnenstange also mit einem Schwerthieb eines dürren Ärmchens durchtrennen? Kein Problem!

Der Riese stürzte und fluchte und schlug vermutlich auf – wen interessierte das schon.

„So ein Blödsinn“, maulte Thorin leise, schlug das Buch wieder zu und legte es auf den Nachttisch. „Ihr wollt eine Geschichte hören, hm?“, wandte er sich den Kindern zu, die bis dato bemerkenswert geduldig und ruhig ausgeharrt hatten. Vielleicht hatte Lileth ein gutes Wort für seine Erzählungen eingelegt? Überhaupt war es draußen inzwischen verdächtig still und er hätte wetten wollen, dass jenes Flackern auf dem Gang von einer Kerze stammte, mit der sie direkt neben der offenen Tür stand.

Grinsend schüttelte der Kahlkopf das Haupt und sah davon ab, sie darauf hinzuweisen, dass sie sich einfach irgendwo einen bequemen Platz suchen könnte. Vielleicht würde sie das ja aus eigener Kraft dazulernen.

„Erzähl uns von Mutters Abenteuern!“, bat Elaine. Sie wirkte nach wie vor so… ruhig, ausgeglichen, unschuldig… angesichts des Umstandes, dass sie also in diesem Haushalt aufwuchs, musste sie es faustdick hinter den Ohren haben, vermutlich war sie die Schlimmste der ganzen Bande! Dennoch konnte sich Thorin nicht ihres Charmes entziehen. Vielleicht schlug sie ein klein wenig zu sehr nach Ninafer – wie immer das auch möglich war…

„Au ja!“, stimmte Frederick unangenehm laut ein, „Mutters Abenteuer, Opa!“

Da… musste er sich bemühen, nicht das Gesicht zu verziehen. Einmal schwer schlucken – einfach alle Widerworte, Belehrungen, Abneigungen herunterschlucken. Einfach weg damit. Es war eine Sache, ‚Großvater‘ genannt zu werden. Ungewohnt, aber nicht unbedingt schlecht. Opa dagegen… klang scheußlich. Während das Eine das Bild eines in Würde gealterten, weisen Mannes beschwor, rief das andere eher die Vision eines senilen, peinlichen Tattergreises hervor.

„Fein“, meinte Thorin mit gespielter Frustration, „Da ich euch eine ganze Woche lang nicht loswerden kann und ihr es mit mir aushalten müsst, dann eben so. Jeden Abend eine Station unserer Reise, hm?“ Im ersten Moment von seiner offensichtlichen Abneigung irritiert, blieben die Kinder stumm und starrten ihn verwirrt an – bis er ihnen zuzwinkerte und das Zimmer in Jubel und Freudenrufe explodierte. Binnen Sekunden hatten sie sich in Position begeben, tief in ihre Decken, Kissen und Stofftiere eingekuschelt, aber mit voller, gebannter Aufmerksamkeit ihm zugerichtet.

„Unsere Geschichte beginnt, wie so viele Geschichten, in einem Gasthaus“, begann Thorin. Er fand sich rasch in seine alte Rolle als Geschichtenerzähler hinein und imitierte zu seinem besten Vermögen die Stimmen, Gestik und Mimik seiner Figuren, sehr zum Vergnügen seines Publikums. „Herothing war ein merkwürdiges Städtchen, müsst ihr wissen. Da gab es den Wald, der die Stadt umspannte, riesige, starke Bäume, edel und gesund, zwischen denen die ganzen Adligen ihre hübschen Häuschen hatten. Und dann gab es die Stadt selbst, klein und bescheiden, wie sie an der Küste lag und versuchte, von Fischfang zu überleben. Ich war damals nach Herothing gekommen, um Kontakt zu ein paar der Adligen aufzunehmen. Die üblichen langweiligen Gespräche und Verhandlungen.“

Elaine gähnte – demonstrativ, wie das anschließende Lächeln aufzeigte -, während Frederick einmal mehr weit weniger subtil war. „Verhandlungen sind doof.“ Amüsiert schnaubend konnte Thorin ihm nur mit einem Nicken zustimmen. Gäbe es so etwas wie Diplomatie nicht, wäre die Welt eine andere, sicherlich – es hieße aber auch, dass sein Vater jetzt hier wäre und so sehr die Kinder ihren Großvater und seine Geschichten liebten, war sich der Kahlkopf doch darüber im Klaren, dass er hier war, um eine Lücke zu füllen, die jemand anders hinterlassen hatte.

„Es war eine düstere und kalte Nacht“, setzte der Krieger wieder an, „Der Regen prasselte laut auf die Dächer. Keine fünf Fuß weit konnte man draußen sehen! Und langsam, ganz langsam, kroch der Nebel von See her in das Dorf. Immer höher und höher!“ Ein Vorteil daran, das Ishara nach wie vor glaubte, unbemerktes, inoffizielles Publikum zu sein, war der schlichte Umstand, dass sie ihn nicht auf Fehler in seinen Geschichten hinweisen konnte. Beispielsweise, dass es höchst merkwürdig wäre, wenn Nebel aufkäme, während es regnete. Dann wiederum verließ er sich in solcherlei Situationen gerne auf sein Lieblingsargument zur raschen Klärung solcher Dispute: ‚Es ist Magie, so!‘ Darauf kam dann meistens ein breites Grinsen, ein wissendes ‚Ah, verstehe‘ und die Geschichte konnte weitergehen.

Die offiziellen Zuhörer hingegen waren von der Vorstellung jedoch offenbar zu sehr gefangen, um auf solche Absurditäten aufmerksam zu machen. Vermutlich würde das Anabelle irgendwann tun, wenn sie dergleichen selbst erst einmal begriffen hatte.

„Viele Leute waren bereits schlafen gegangen. Eltern hatten ihren Kindern Geschichten vorgelesen, wie diese, ihnen einen Kuss zur guten Nacht gegeben. Andere, wenige, saßen noch beisammen und aßen, spielten, redeten. Ahnungslos waren sie allesamt, was mit dem Nebel kam…!“ Im ersten Moment hatte er befürchtet, seine völlig überzogene Gruselstimme sei zu dick aufgetragen gewesen, doch in der überragend regen, kreativen Vorstellungskraft eines kindlichen Verstandes fand er seinen besten Verbündeten: Alle drei kauerten sich etwas enger zusammen, wartend, bis ausgerechnet der sonst so freche und vorlaute Frederick es nicht länger ertrug. „Was… was war da?“

Schach und Matt.

„Ein Schiff, kleine Landratte. Mit Segeln, zerschlissen und alt. Das Holz morsch und vollgesogen mit Meerwasser. Still und leise lief es in den Hafen ein, vor Entdeckung durch Nebel, Nacht und Regen geschützt. Still und leise, lautlos, atemlos, verließ die Mannschaft den Kahn. Sie schlurften durch die Straßen und Gassen, verharrten reglos im Nebel, wann immer ein einsamer Einwohner sich nach draußen verirrte, verteilten sich in ganz Herothing! Ich für meinen Teil saß in einer Taverne, genoss mein Abendmahl und überlegte, wie ich die Gespräche beginnen sollte. Ich schenkte dem Spitzohr ein paar Tische weiter keine sonderliche Beachtung. Doch dann!“

Wie geplant ließ der Ausruf die Kinder zusammenzucken – und sogar das Flämmchen draußen reagierte. Der Schein flackerte deutlich auf, senkte sich nieder. Offenbar war die Kerze zu Boden gefallen, was auch Lileths fast nicht hörbaren Fluch erklärte.

Fast nicht hörbar.

Mit breitem Grinsen fuhr Thorin fort: „Die Tür sprang auf, wurde regelrecht aus den Angeln gesprengt! Alle Köpfe fuhren herum, starrten schockiert in die Finsternis der Nacht hinaus, hörten nur das Prasseln des Regens. Die Nacht schien so dicht und dick, als würde sie das Licht der Lampen und Kerzen selbst verschlingen wollen und plötzlich kamen sie, scharenweise! Untote Piraten, ihre Leiber halb zerfallen, mit zerfressenen Kleidern, Säbel rasselnd!“ Das Stakkato seiner Worte gab den Kindern wenig Zeit, sich über irgendetwas davon Gedanken zu machen. Stattdessen füllte ihre eigene Fantasie eventuelle Lücken auf und zeichnete in Windeseile eine Szene, wie Thorin sie vorgab. „Ich packte meine Axt und schlug den Ersten nieder, aber das ist so das Problem mit Untoten – sie bleiben einfach nicht liegen! Die Gäste der Taverne schrien durcheinander, Panik begann auszubrechen, alles drängte sich in Windeseile die Treppe zum Keller hinab oder die Treppe zu den Zimmern hinauf, Hauptsache nur schnell fort von diesen Monstern! Und aus der schwarzen Nacht heraus konnten wir das Geschrei hören, die Hilferufe – was bei uns geschah, geschah in ganz Herothing zugleich!“

War die Situation schon schlecht genug? Vielleicht noch ein paar untote Bestien? Andererseits, die könnte er sich auch gut für später aufheben. Ishara hätte ohnehin längst darauf hingewiesen, das auf ein einziges Schiff, selbst eine Galeone, nicht so viele Piraten gepasst hätten. Außer man würde sie stapeln – und diese Vorstellung wiederum hätte zu albern gewirkt, um in die Erzählung zu passen.

Thorin bemerkte jedoch die Stille draußen. Er bemerkte auch, dass der Lichtschein weniger flackerte und heller war. Hatte sie etwa eine Sturmlaterne geholt? Mehr Licht gegen die Dunkelheit…

Mit einem Grinsen begann er in Zweifel zu ziehen, ob sie tatsächlich seine Geschichten mit kühler Logik unterbrochen hätte, oder ob sie nicht gerade vielmehr selbst mit schlotternden Knien draußen auf dem Flur stand…

„Es schien, als seien Herothings Tage gezählt! Ich hackte um mich, schlug und trat und gerade, als die Untoten mich zu überwältigen drohten, rief jemand „Kopf runter!“ Nun, ich konnte ja schlecht der Einzige sein, der eine Waffe besaß, nicht? Also folgte ich der Anweisung gerade rechtzeitig, bevor eine Reihe von Pfeilen in die Schädel der Untoten einschlug. Zwischen mehreren nun reglosen Leibern begraben, hob ich den Kopf ein wenig. Nun müsst ihr euch vorstellen, alles was ich sah, sah ich kopfüber, also war ich natürlich erst einmal ziemlich verwirrt. Aber da stand diese dürre kleine Person, dieses Spitzohr von zuvor, mit einem prächtigen Bogen. Die Runen, die darauf eingraviert waren, leuchteten bei jedem Schuss auf – und wie sie schoss! Zack, zack, zack, zack, zack! Ein Pfeil nach dem anderen! Ich konnte kaum mitzählen, so schnell ging es!“

Die Kinder wirkten aufrichtig erleichtert, was Thorin beinahe – nur beinahe – herzhaft hätte lachen lassen. Ihre Mutter war eine verdammte Heldin, genau so war das!

„Als keine Untoten es mehr wagten, die Taverne anzugreifen, wühlte ich mich aus dem Berg an übelriechenden Leibern hervor. Sie war schon ein Stück voraus, aus dem Haus geeilt, als ich nach ihr rief. „Lass mich helfen!“, forderte ich. „Bring die Leute in Sicherheit!“, rief sie zurück und fast hätte der Sturm ihre Worte geschluckt, als sie leise und düster nachsetzte „Die Piraten gehören mir!““ Thorin selbst hatte mit sich zu kämpfen, um weiterhin ernst und bei der Sache zu bleiben, das Tempo angezogen zu halten und das Trommelfeuer seiner Geschichte nicht nachgeben zu lassen – doch Isharas Mischung aus einem Schnauben, Grunzen und halberstickten Auflachen draußen auf dem Flur hätte ihn fast darin versagen lassen.

„Nun“, fuhr er nach einem mahnenden Räuspern fort, „ich wusste ja nicht, was sie für eine Rechnung mit Piraten zu begleichen hatte – oder mit Untoten -, aber da wollte ich ihr dann doch lieber nicht im Weg stehen! Also nickte ich artig und ließ sie ziehen, während ich mich kurz darauf hinaus machte, um so viele Leute wie möglich von den Straßen zu holen – oder aus ihren Häusern heraus, falls die Piraten bereits hineingelangt waren. Das war eine wirklich anstrengende Aufgabe, immerhin wehrten sich viele im ersten Moment vor lauter Panik, wenn da ein bewaffneter Kerl mit meiner Statur auftaucht, nachdem zuvor jede Menge bewaffneter Kerle mit etwas zerfledderter Statur da waren. Doch überall, wohin ich auch kam, fand ich die Spuren ihres Treibens. Pfeile über Pfeile in Schädeln, Schultern, Armen, Beinen. Mancher Untote sah mehr wie ein Stachelschwein aus, denn ein Pirat!“ Wie erhofft, amüsiertes Kichern von allen Seiten. „Ich rettete stundenlang so viele Leute, wie ich konnte und sah sie dann und wann durch die Straßen jagen oder über Dächer pirschen, einen, zwei, drei, manchmal fünf Pfeile zeitgleich feuernd. Sie trieb die Wellen der Piraten immer weiter zurück, bis sie sich wieder in den Hafen auf ihr Schiff zurückziehen mussten. Das Geisterschiff legte ab, als der Nebel sich aus Herothing zurückzuziehen begann und wir standen am Kai, sahen der davonsegelnden Bedrohung nach. „Das war’s dann wohl, hm?“, meinte ich zu ihr, unschlüssig, was ich ja denn nun sagen sollte. Aber sie schüttelte nur den Kopf, legte ihren letzten Pfeil an und hob den Bogen. „Die gehen nirgendwohin! Zu viele Küstenstädte haben sie schon überfallen…!“ Da war sie wieder, diese düstere, bedrohliche Stimme, diese Gewissheit, dass kein Monster jemals einfach so davon käme. Ich weiß bis heute nicht, was sie da eigentlich für einen Pfeil geschossen hat – oder vielleicht war es ein ganz normaler Pfeil und sie traf einfach nur irgendetwas Entzündliches? Aber auf eine Entfernung, das wir das Geisterschiff kaum noch sehen konnten, traf sie!“

Mal sehen. Zu viele Untote für ein Schiff. Zu viele Pfeile für einen Köcher. Man kann nicht mehrere Pfeile mit einmal abfeuern. Herothing ist nicht groß genug, um ‚stundenlang‘ Leute zu retten. Die Stadtwache ist zu keinem Zeitpunkt erwähnt worden. Das Schiff ist plötzlich ein Geisterschiff. Geisterschiffe können neuerdings explodieren. Und sie hat einen Runenbogen.

… ja, damit kann ich arbeiten. Ist noch innerhalb der Toleranzgrenzen.

„Und was geschah dann?“, hakte Frederick atemlos und leise nach.

Thorin lehnte sich ein gutes Stück vor, wartete, bis die Kinder seine Bewegung imitierten, ehe er lauthals hervorbrachte: „Boom!“ Die Kinder schraken zusammen, während er, mit ernstem Gesicht, nickte. „Genau das. Das Schiff explodierte. Die Stücke flogen so weit, dass selbst bei uns am Kai noch kleine Teile ankamen. Danach hatte die See – und die Küsten der Welt – eine Bedrohung weniger. Ich stellte mich ihr vor und erklärte, dass ich die Krone stürzen wolle und ihre Hilfe gut gebrauchen könne. Sie willigte ein und nannte mir schließlich ihren Namen: Lileth Acedia.“

Der Jubel war groß. Die Monster waren tot, die Heldin hatte gesiegt, alle zufrieden. Und ganz zufällig kam Lileth gerade in diesem Moment ‚vorbei‘, um das Ende der Geschichte zu bemerken. Als sie eintrat, musterte sie ihn einen Moment lang mit, nun, Verwirrung, Verstörung, vielleicht Fassungslosigkeit? Aber über alledem lag ein Amüsement so tief empfunden, wie er es von ihr aus früheren Tagen kannte. Kopfschüttelnd zog sie an dem Krieger  vorbei, gab ihm einen spielerischen Schlag gegen die Schulter und widmete sich dann ihren Sprösslingen. „So, genug Geschichten für heute, Zeit für’s Bett!“

Thorin half dabei, die Betten zu richten und amüsierte sich köstlich über die Fragen, denen sich Lileth dabei ausgesetzt sah, bis sie das Zimmer hinter sich ließen.

„Du bist unmöglich!“, schalt sie ihn, kaum dass beide ein Stück entfernt waren, sicher außer Hörreichweite.

„Mhm, ich weiß – ich gebe mir Mühe! Du kannst dir das nächste Mal übrigens auch einfach einen Stuhl nehmen oder dich auf eins der Betten setzen, weißt du?“ Sie hatte bereits angesetzt, er konnte es sehen. Was er alles falsch erzählt hatte, was alles nicht klappte, nicht stimmte, nicht funktionierte – stattdessen wurde sie rot und schlug den Blick nieder. Klappt immer noch jedes einzelne Mal…

„Ich bin morgen Abend wieder da.“ Sie nickte lediglich, hatte sich noch nicht genug von der Peinlichkeit erholt, um irgendetwas zu artikulieren. Das genügte ihm völlig.

 

„Weißt du, es ist wirklich bemerkenswert, wie die Zeit vergeht und einem einfach das Gedächtnis ruiniert. Ich erinnerte mich gar nicht mehr an die Piraten in Herothing“, begrüßte Ishara ihn mit einem Grinsen.

„Da siehst du mal! Gut, dass du mich hast. Andernfalls würdest du noch vergessen, Kinder zu haben und wieder mit mir auf Abenteuer ausziehen wollen…!“

„Hast du nicht auch Kinder? Ich meine mich da dunkel zu erinnern…!“, neckte die Halbelbe zurück, doch Thorin winkte lediglich ab.

„Die sind aus dem gleichen Holz wie ihr Vater, denen passiert nichts. Außerdem sind sie alt genug, sich selbst aus Seeschlangen rauszuschneiden.“

„Mhm.“

Das klang nicht sehr überzeugt. Dann wiederum war es auch fragwürdig, wovon genau er sie eigentlich überzeugen wollte. So oder so führte ihr beständig fortgesetzter Weg sie ohnehin zum Kinderzimmer, lange bevor sie dieses Thema vertiefen oder gar zu einem Abschluss führen konnten. Wobei Diskussionen mit Lileth Acedia nie wirklich ‚abgeschlossen‘ waren. Etwas, wovon Alistair vermutlich ein Liedchen trällern konnte. Verdient.

Thorin betrat den Raum… und lachte.

„Deren Idee“, flüsterte Ishara leise hinter ihm, „Sie dachten, du könntest die Stärkung gebrauchen und würdest dann etwas länger bleiben.“ Alle drei lagen sie bereits in ihren Betten, der Stuhl stand in der Raummitte parat, der kleine Nachttisch daneben. Alistairs Buch lag darauf, jedoch abgedeckt von einem Teller, der bergeweise beladen war – mit Keksen. Und ein Glas Milch daneben. „Ich durfte nicht einen einzigen Keks haben…“, murrte es leise hinter ihm.

Grinsend trat der Hüne ein und nahm Platz. Er hatte gehofft, sich etwas früher loseisen zu können, doch das war gehörig missglückt und hatte ihm die Laune für fast den gesamten Tag verhagelt – dieser Anblick hingegen, das richtete es wieder. Vielleicht würde er es ja morgen schaffen, ein wenig früher zu kommen und etwas mehr Zeit mit seinen Enkeln zu verbringen.

„Also gut, wo waren wir?“, hob er an und sah sich um. Tatsächlich ließ sich Lileth bei Anabelle nieder, mit dem Rücken an die Wand gelehnt, die Unterschenkel vom Bett baumelnd. Ihre Jüngste rutschte auch sofort herum, bettete den eigenen Kopf auf dem Schoß ihrer Mutter und schmiegte sich bestmöglich an. Die Herrin des Hauses kam der stillen Bitte widerstandslos nach und fuhr Anabelle durch die Haare, kraulte ihren Nacken und Rücken herab, was unweigerlich dazu führte, das die Kleinste eingeschlafen war, lange bevor Thorin auch nur die Hälfte seiner Geschichte erreicht hatte.

„Nachdem wir erfolgreich Herothing gerettet hatten, zogen wir nordwärts weiter, nach Ammarath. Eigentlich, so hieß es, sei das eine hübsche Stadt. Aber ihr wisst sicherlich alle, das es in Ammarath Geister gab, nicht?“ Er wartete auf Reaktion, blickte sich um. Elaine, die kleine Leseratte, nickte ergeben – Frederick, der ein Buch nicht mal als Zunder verwenden würde, schüttelte den Kopf und Anabelle war… damit beschäftigt, leise und glückselig vor sich hin zu seufzen. „Nun, wir wussten das nicht, als wir dort ankamen. Aber wir konnten’s uns rasch denken, denn die ganze Stadt, ehemals wundervolle Häuser, gewachsen direkt aus dem Holz der Bäume heraus, deren Kronen sie trugen… war eine Ruine. Abgebrannt! Die ganze Stadt, einfach fort. Nur noch umgestürzte Bäume, Asche und Grau, so weit das Auge reichte. Erstmal sehen wir nur das – eine Ruine. Wir waren natürlich besorgt und entsprechend wachsam. Ich meine – mal ehrlich! Elben haben da gelebt, Hunderte, vielleicht Tausende. Die spielen die ganze Zeit mit Wasser- und Luftmagie herum, wenn sie nicht gerade damit beschäftigt sind, auf Harfen zu klimpern oder Liedchen trällernd bei Vollmond nackt über die Wiesen zu hüpfen.“ Ein paar amüsiert-neugierige Blicke, fragend allesamt, richteten sich auf Ishara. Hatte sie je-…? Doch ehe sie Antworten konnte, holte sich Thorin die Aufmerksamkeit seines Publikums zurück. „Wir bewegen uns also möglichst vorsichtig durch diese verwüstete Landschaft, in der Hoffnung, herauszufinden, was hier eigentlich geschehen war. Ein paar Stunden dauerte das… und alles, was wir hörten, war unser eigenes Atmen.“

Thorin platzierte ein paar demonstrative Pausen, in denen völlige, angespannte Stille herrschte. „Nun gibt es einen Unterschied zwischen Wachsamkeit und Paranoia. Jemand, der paranoid ist, hat unbegründet zu viel Angst vor etwas. Und wir, die wir in dieser Stille marschierten, überschritten diese Grenze. Da!“, rief Thorin plötzlich aus und alle zuckten zusammen – sogar Anabelle, wenngleich auch kaum wahrnehmbar. Er deutete den Arm in weitem Bogen heraufgerissen in eine Richtung, alle Blicke folgten – dort war… nichts. „Hatte da nicht ein Ast geknackt? Wir waren uns sicher, das- da!“ Ein erneuter Ausruf, eine andere Richtung, wieder nichts. Nachdem alle sich ein wenig beruhigt hatten, fuhr der Hüne fort. „Stundenlang. Ein Ast knackte hier, ein Stein rollte da, ein Windhauch dort. Unsere Nerven waren bis zum Zerreißen angespannt! Was hätte ich nicht dafür gegeben, hätte uns in diesem Moment irgendein Monster angefallen! Das wäre wenigstens offen und ehrlich gewesen. Etwas, wogegen man sich wehren kann.“ Frederick nickte, sichtlich betroffen, mitleidend. Elaine hingegen… war zu klug für ihr eigenes Wohl. Oder zu belesen. Vermutlich beides. Sie wusste nur zu gut, wie viele Kreaturen es dort draußen gab, gegen die man keine Chance hatte. Beispielsweise…

„Wir näherten uns dem Stadtkern, als sie auftauchten. Direkt aus dem Boden vor uns stiegen merkwürdige Schemen auf, kaum definierbare Formen, nur erkenntlich an ihrer leicht abweichenden Färbung. Kaum aber, dass sie den Boden passiert hatten, begannen ihre Konturen klarer zu werden, deutlicher, schärfer und uns wurde klar: Das… waren Geister! Nun müsst ihr verstehen, mit Geistern hatten wir nicht gerechnet und mit denen hätten wir auch einige Probleme gehabt, sogar eure Mutter! Es ist nämlich nicht so leicht, einem Geist eine Axt reinzuschlagen oder ihn mit einem Pfeil zu pieksen – weil Geist. Alles geht durch. Also blieb uns nur, inbrünstig zu hoffen, dass wir nicht gerade von Feinden umzingelt wurden, denn umzingelt waren wir – sie kamen überall aus dem Boden, in ganz Ammarath, wie es schien! „Geh – ich halte sie auf!“, meinte das Spitzohr zu mir und glaubte doch allen Ernstes, ich würde sie da einfach so im Stich lassen. „Damit du den ganzen Ruhm für dich allein einsammeln kannst? Auf keinen Fall!“, warf ich also zurück und wir machten uns bereit für was auch immer da kommen mochte. Und wisst ihr, was sie dann taten, die Geister?“

Die Frage verweilte einen Moment unbeantwortet, gewichtig, in der Luft, ehe Frederick und Elaine den Kopf schüttelten.

„„Gegrüßt sei die Heldin von Herothingen!“, meinten sie.“

Die Zwillinge wechselten einen verdutzten Blick, ehe sie wieder zu Thorin blickten, der ihnen ernst zunickte. „Ja, schaut mich nicht so an! Ich habe wirklich vieles erwartet, aber das ganz sicher nicht.“

„Wie haben sie eigentlich davon erfahren?“, mischte sich Lileth an jener Stelle grinsend ein. Sie konnte es einfach noch nie lassen… „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir das je herausgefunden hätten, oder?“

 „Es sind Geister. Die wissen sowas. Vermutlich haben sie gespürt, wie du in Herothingen die Untoten vernichtet hast – immerhin sind Geister ja auch untot.“ Magie, so!

„Ah… verstehe.“

Beide grinsten einander einen Moment lang zu, ehe Thorin sich wieder seinem restlichen Publikum widmete – das von seiner These völlig überzeugt schien. „Wir wollten natürlich keineswegs unhöflich erscheinen. Schon allein, weil wir nicht sicher waren, ob nicht doch unser aller Überleben davon abhing. Also grüßten wir und eure Mutter stellte uns beide vor – immerhin war sie es ja auch, die begrüßt worden war. Was wir dann nach und nach im Gespräch mit den Geistern erfuhren, war jedoch wenig erfreulich. Offenbar bereiteten sie sich auf Krieg vor. Tot, wie sie nunmal waren, hielt sie das nicht davon ab, sich für den Kampf zu rüsten. Was es da bei Geistern noch groß zu rüsten gab, haben wir nie erfahren. Nur, das sie einen Feldzug vorbereiteten gegen jene, die ihren Wald niedergebrannt hatten. Nun müsst ihr wissen, dass wir ziemlich berechtigten Verdacht dazu hatten, anzunehmen, dass das die Krone war. Eigentlich hätte uns das also freuen sollen, nicht?“ Frederick nickte, Elaine zögerte. Kluges Kind. „Ja – eben nicht. Seht ihr, was würden wohl all die Leute denken, wenn sie davon erfahren, dass eine Bande von Elbengeistern in die Hauptstadt eingefallen ist? Und schlimmer noch – woher wollten diese Geister wissen, wer verantwortlich war? War es der König? Nur der König? Oder auch seine Berater? Waren seine Offiziere beteiligt? Die Soldaten? Alle? Was, wenn sie auf Nummer sicher gehen wollten? Was, wenn sie einfach alles und jeden töten würden, nur um sicherzustellen, dass die Verantwortlichen irgendwo darunter wären?“ Elaine nickte, Frederick runzelte die Stirn. Es war bemerkenswert, wie grundverschieden die Zwillinge mitunter waren. „Uns wurde rasch klar, dass wir das nicht zulassen konnten. Die Panik, die Gerüchte, und all die verlorenen Leben – der Preis war einfach zu hoch, um unsere Ziele über diesen Weg zu erreichen. Also horchten wir sie ein wenig aus, lenkten das Gespräch in die von uns gewünschte Richtung. Wir bekamen heraus, dass wir es niemals schaffen würden, sie von ihrem Vorhaben abzubringen. Sie zu überzeugen war unmöglich geworden, als ihr Wald abbrannte. Aber! Sie plapperten munter und selig heraus, dass sie den Angriff nicht wagen würden, wären nicht ihre Ahnen an ihrer Seite.“ Ahnenkult bei den Elben…? Hmch, warum nicht. „Wir wollten natürlich ganz unschuldig und neugierig wissen, was sie so sehr davon überzeugte, in der Gunst ihrer Vorfahren zu stehen und bereitwillig erzählten sie uns von dieser enorm mächtigen, magischen Klinge, eine von zwei Runenwaffen, die die Zwerge als Bezeugung von Respekt und Ehre zur Geburt eines ihrer gepriesenen Ahnen gefertigt hatten. Diese Klinge sei nicht einfach nur wiederaufgetaucht, nachdem sie als verschollen, vielleicht sogar zerstört gegolten hatte, nein – die Geister, eigentlich nicht fähig, das Materielle zu berühren, konnten die Klinge führen!“

Elaines Augen funkelten. Oh hätte er doch nur den Namen des Schwertes genannt, vermutlich hätte sie ein neues Lieblingsthema gewonnen, auf dessen Fährte sie sich die nächsten Tage, Wochen, vielleicht Monate durch die Hausbibliothek wühlen würde. Die Zwillinge kannten Galanthyr natürlich. Die Klinge hing zusammen mit ihrem Zwilling, Igloria, über dem Kamin und fing Staub. Vielleicht nicht das rühmlichste Ende für ein Artefakt dieser Stärke und Macht, aber definitiv eines der Sichersten für alle Beteiligten. Nur ein unscheinbares Schwert über dem Kamin, warum sollte man sich da Gedanken machen?

„Also sprachen wir uns kurz ab. Natürlich nicht mit Worten – die Geister waren ja schier überall und wer wusste schon, ob nicht im Boden direkt unter einem jemand lauschte? Ich blieb zurück mit der fürchterlichen Aufgabe, das Gespräch am Laufen zu halten, während eure Mutter loszog, um das Schwert zu erlangen. Sie fand den Eingang zu den Katakomben Ammaraths und dort musste sie sich den Prüfungen stellen, die zeigen sollten, ob sie würdig wäre, die Waffe auch nur zu erblicken!“

Frederick schien verhältnismäßig unbeeindruckt. Seine Mutter war hier und hatte noch alle Ohren, Arme, Beine, Finger und Augen, so schlimm konnte es also offensichtlich nicht gewesen sein. Außerdem entsprachen ein paar Rätsel nicht unbedingt dem, was er sich unter einer spannenden Geschichte vorstellte. Elaine hingegen drohte jeden Moment vornüber und damit aus dem Bett zu kippen. Sie wusste, was für mächtige Magie dort draußen existierte. Wusste, dass es nicht unmöglich war, die Toten ins Leben zurück zu bringen oder Gliedmaßen nachwachsen zu lassen. Schwer, teuer, gewiss. Aber nicht unmöglich.

Die Hürden eines vielfältigen Publikums – immer musste man versuchen, den Mittelweg zwischen allen vorhandenen Interessen zu finden.

„Sie betrat die erste Kammer, da ertönte eine knorrige alte Stimme, während sich hinter ihr die Tore schlossen: „Am Morgen vierfüßig, am Mittag zweifüßig, am Abend dreifüßig – was bin ich?““ Wissend, dass Frederick schnell aufgeben würde und an Rätseln wenig interessiert war, sondern eher mit Geduld ausharren würde, bis es endlich zu den spannenderen Stellen käme, fixierte Thorin zunächst Elaine. Die Stirn kraus ziehend, lehnte sie sich im Bett zurück und sann nach. Als sie nach einem Moment aufgab, löste der Hüne auf: „Der Mensch. Wird er geboren, bewegt er sich auf allen Vieren. In seiner Blüte läuft er aufrecht… und am Abend?“

„Gehstock!“, warf Frederick amüsiert ein. Nun, vielleicht war er kein Rätselfreund, solange es um das tatsächliche Lösen der Aufgaben ging, aber er schien zumindest eine gewisse Freude an einem guten Rätsel empfinden zu können. Dann war noch nicht alles verloren, wie es schien. Elaine hingegen nickte, sehr viel ernster. Sie absorbierte das Wissen, verdaute es, verarbeitete es.

„Die Stimme nahm ihre Antwort hin, ohne darauf zu reagieren. Stattdessen fragte sie: „Alle Armen besitzen es, alle Reichen brauchen es, und wer es isst, stirbt – was bin ich?““ Wieder wartete Thorin auf Elaine. Sehr zu seiner Überraschung war es Frederick, der die Antwort in Windeseile brachte.

„Nichts.“ Der Bursche überlegte nochmals einen Moment – in einer echten Notlage wie der, die Thorin gezeichnet hatte, hätte eine vorschnelle Antwort ihn töten können. Es gab merkwürdige Kreaturen da draußen, die das Überleben derer, die ihr begegneten, von der Lösung auf Rätselfragen abhängig machten. Dennoch änderte das nichts daran, dass Frederick die richtige Antwort hatte. Und das binnen Sekunden. Der Bursche schlug also doch nicht zu sehr nach seinem Vater.

„Korrekt! Gut gemacht“, lobte der Krieger und bemerkte durchaus den leicht frustrierten Blick Elaines. Sie war es nicht gewohnt, ausgerechnet von ihrem Bruder vorgeführt zu werden. Das hatte er zwar nicht getan, so schien sie sich aber zu fühlen. Vielleicht also als Abschluss eines, das für Frederick schwerer wäre, für sie aber leichter. „Wieder nahm die Stimme ihre Antwort ohne jede Reaktion hin und fragte ein letztes Mal: „Der es macht, der will es nicht. Der es trägt, behält es nicht. Der es kauft, der braucht es nicht. Der es hat, der weiß es nicht. Was bin ich?““

Minuten zogen dahin. Thorin bot ihr Hinweise an – sie lehnte ab. Thorin bot die Auflösung an – sie verweigerte vehement. Selbst als Frederick sie drängelte, dass es doch endlich weitergehen solle, gab sie nicht nach. Diese zielgerichtete Sturheit… konnte er respektieren. Weshalb er ihr die Zeit einräumte, bis ihre Miene schließlich aus der tiefen Kontemplation zurückkehrte, aufhellte und sie selbstsicher meinte: „Ein Sarg!“

Frederick verzog das Gesicht. „Du bist komisch“, meinte er zu seiner Schwester.

Thorin bemühte sich, nicht zu auffällig aufzulachen, ehe er Elaine zunickte. „Korrekt. Ziemlich clever!“ Und sie strahlte wie die Morgenröte – prächtig!

„Und wie ging’s weiter?“, drängelte Frederick zügig.

„Nun, es sind Elben. Es folgte noch eine ganze Reihe anderer Rätsel. Platten, die verschoben werden mussten, Bilder, die man zusammensetzen musste. Eine Melodie musste gespielt werden, ein paar Spiegel mussten ausgerichtet und das Sonnenlicht auf einen bestimmten Punkt geworfen werden.“ Er wartete kurz ab und, ganz wie erwartet, kam Fredericks enttäuschtes Brummen. „Nach mehreren Stunden wusste ich auch allmählich nicht mehr, was ich noch tun sollte. Ich hatte inzwischen begonnen, mit den Geistern über elbische Küche zu sprechen – nur um festzustellen, dass ich damit in eine offene Wunde stochere, weil sie ja nicht mehr fähig waren, etwas zu kochen. Oder zu essen. Oder zu schmecken.“ Amüsiertes Glucksen. „Tja, daran hätte ich früher denken sollen, was? Aber mir gingen tatsächlich allmählich die Gesprächsthemen aus. Glücklicherweise kehrte eure Mutter in dem Moment zurück – das Schwert in Händen. Sie befahl den Geistern, sich zur Ruhe zu begeben und von ihrem Kreuzzug zur Hauptstadt abzulassen. Und glücklicherweise glaubten die Elben genug an den Willen ihrer Vorfahren, dass sie meinten, Lileth sei gesegnet worden – immerhin habe sie ja das Schwert aus seiner Krypta bergen können. Also fügte man sich ihrem Willen und die Geister verschwanden nach und nach. Wir zogen wenig später weiter und wie ihr euch erinnern könnt, anhand des hübschen Staubfängers in der Wohnstube, hat sie das Schwert heute noch. Ich muss jedoch zugeben, es hat mich immer ein wenig verwundert.“

„Was denn…?“, hakte Elaine nach, ein weiteres Rätsel witternd.

„Nun, eure Mutter hatte dieses Schwert geborgen. Und später fand sie seinen Zwilling. Beides enorm mächtige Waffen, die dazu bestimmt waren, Großes zu vollbringen. Und kurz darauf wurde sie schwanger – mit euch beiden. Ihr wisst schon. Zwillingen.“ Thorin zuckte mit den Schultern und ließ sämtliche Implikationen, egal wie haarsträubend und unwahrscheinlich, einfach in der Luft hängen. Stattdessen erhob er sich und verabschiedete sich von den Kindern – noch zu sehr in Gedanken vertieft und bedeutungsschwere Blicke wechselnd – ehe er von Ishara vor die Zimmertür begleitet wurde.

„Das Rätsel mit dem Sarg war neu“, merkte sie lächelnd an, „Diesmal wirst du mir aber nicht einfach so davon kommen, indem du mich in Verlegenheit bringst! Wir werden jetzt mal ein wenig über deine Geschichten reden und-“ Ishara stoppte abrupt, als sie das Zupfen an ihrem Nachtkleid spürte. Den Blick wendend, sah sie zu Elaine herab, die offenbar aus dem Bett gekrabbelt und ihr nachgelaufen war. Im Zimmer stand auch Frederick, ein wenig unschlüssig, aber ebenfalls außerhalb seines Bettes. Seufzend sah die Hausherrin zu ihrem Vater zurück – der ihr breit zu grinste.

„Brauche ich nicht, Grashüpfer. Ich habe vorgesorgt.“ Der Hüne lehnte sich vor und drückte seiner Tochter einen Kuss auf die Stirn. „Ich bin dir immer noch immer einen Schritt voraus“, meinte er zufrieden, „Schlaf nachher gut. Und du auch, Bücherwurm.“ Er tätschelte Elaine den Kopf, ehe er sich abwandte.

„Mutter, sind wir zu Großem bestimmt…?“, hörte er Elaine leise flüstern, während Lileth ihre Kinder zurück ins Bett brachte.

 

„Hier, für dich. Du bist jetzt Thorin Wyrmblut! Aber pass auf, das du deine Schwester nicht zu kräftig haust, sie ist ein zartes Pflänzchen und hält nicht so viel aus, hm?“, instruierte der Krieger Frederick, während er ihm die Übungswaffe gab. Der Kern des Stücks war aus gutem, hochwertigem Holz, weshalb das Stück durchaus schon etwas wog, allerdings war es miniaturisiert angefertigt worden, groß genug für ein Kind eben, und sämtliche Kanten und Ecken waren gepolstert oder zumindest abgeschliffen. Dennoch strahlte der Knabe ihn an, als hätte man ihm soeben ein Königreich zu Füßen gelegt.

wenn der wüsste, wie verdammt viel Arbeit das ist…!

Kurz nachdem er Frederick auf die Jagd nach seiner Schwester geschickt hatte, fand er selbige. Frederick suchte zuerst da, wo er sich verstecken würde – ausgehend davon, dass sie bereits alles wisse und daher bereits versteckt wäre. Das sie stattdessen einfach in der Hausbibliothek saß und las, diese Möglichkeit ging völlig an ihm vorbei, während er draußen herumtollte, versucht, möglichst heimlich an seine Beute heranzupirschen.

Auch Elaine bekam eine Sonderanfertigung des höfischen Zimmermanns. Wie sich das gehörte, ein miniaturisiertes Replikat Galanthyrs. „Versuch deinen Bruder am Leben zu lassen“, rief er ihr lachend nach, als die ebenfalls mit einem Strahlen in den Augen davon jagte. Bücher waren gut und schön, natürlich, und Elaine hätte vermutlich glücklich sterben können, hätte man sie in eine angemessen gewaltige Bibliothek gebracht und dort eingesperrt. Doch das Mädchen besaß über ihre bodenlose Neugier hinaus den trieb, das Gelernte in die Tat umzusetzen, zu erforschen, wie weit Theorie und Praxis auseinander klafften.

Und nach allem, was er von Ishara erfahren hatte, hatte sie gestern sehr viel über Schwerter und Schwerttechniken gelesen, immer auf der Jagd nach dem Namen der Klinge, die über ihrem Kamin hing. Dass er die Kinder einen Abend hatte versetzen müssen, war an sich schon schlimm genug. Das der Hof ihn heute ebenfalls hatte beanspruchen wollen… war schlichtweg inakzeptabel. Aber es war mitunter doch ein kleines Wunder, wie weit ein gutes Fass ausländischen Weins einen bringen konnte. Ninafers Anmerkung, das Wein normalerweise in Flaschen gehörte und nicht in Fässer – das wirke nämlich barbarisch -, stoppte kurzerhand, als er erklärte, das jener Wein aus Kruk käme und mehr Alkohol enthielte als einige ihrer Reinigungsflüssigkeiten. Der zwergische Gesandte war, nach einer sehr kurzen Absprache am Morgen, auch überaus erfreut über die milde Spende und willigte ein, ihn noch binnen der ersten zehn Minuten einen sturen Bock und Klingenohrensympathisanten zu nennen. Die Kombination war dabei durchaus wichtig. Die Elben regten sich postwendend darüber auf, was natürlich an der implizierten Beleidigung lag, das Spitzohren es nicht wert seien, mit ihnen zu sympathisieren. Aber da sie das offiziell nicht anbringen konnten – immerhin war die Krone beleidigt worden, nicht das elbische Volk – diente der ‚sture Bock‘ den Elben als Vorwand. Das wiederum bedeutete aber auch, dass sie für die Krone Partei ergreifen mussten, wenn sie sich berechtigt aufregen wollten.

Und nachdem alles zügig eskaliert war, vertagte Thorin den höfischen Rat und schickte Ninafer als Vermittlerin in die Schlangengrube. Es war im Grunde traurig – die armen Gesandten, sie würden nicht den Hauch einer Chance haben…

Dem Kahlkopf zumindest gab das den restlichen Tag frei. Gewissermaßen. Deshalb er kurz die Übungswaffen beim Zimmermann abholte und sich auf den Weg zu einen Enkeln machte. Es dauerte auch nicht lange, bis Elaine und Frederick draußen übereinander stolperten und die lustige Jagd begann – warum auch immer ‚Thorin Wyrmblut‘ nun plötzlich ‚Lileth Acedia‘ jagte und zur Strecke bringen wollte. Oder umgekehrt.

Lileth aufzutreiben, gestaltete sich ein wenig schwieriger. Sie hatte mit ihrem eigenen Hofstaat zu kämpfen, dem Anschein nach fast wortwörtlich, ehe er auftauchte. „E-Eure Majestät…!“, krächzten ein paar der Bittsteller und gerade noch kühne Forderungen stellenden Adligen daher, als seine Lordschaft persönlich eintrat – nur eben ohne Krone. Oder Mantel. Oder den ganzen anderen Schnickschnack, den er eigentlich, theoretisch, gemäß Tradition und dem Willen des Adels, hätte tragen sollen.

„Der Hof wird vertagt.“ Und wer waren diese Würmer schon, ihm zu widersprechen, nicht? Es war immer wieder kurios, zu sehen, wie sie sich fortwährend verneigten, während sie langsam rückwärts die Flucht aus dem Raum antraten. Es war nicht unbedingt ideal, wie Ninafer ihm einmal erklärt hatte, sich in Lileths Politik in ihren Ländereien einzumischen. Es untergrub ihre Autorität. Aber heute hatte er wenig dafür übrig, wie der Adel ihre Führungskompetenzen betrachtete. Sollten die sich erstmal einer Untotenarmee stellen! Und das am besten unter Lileths Führung. Dann gäbe es zweifellos so schnell keine gerümpften Nasen und skeptischen Blicke mehr.

Apropos…

„Wusstest du, dass die Untoten vor der Tür stehen?“

Die Reaktion war bemerkenswert. Hinter dem kleinen Sitz ihres Regentschaftszentrums brachte sie Bogen und Köcher hervor, den neben dem Sitz lehnenden Brustpanzer hatte er gar nicht erst bemerkt und offensichtlich hatte sie, nur zur Sicherheit, einen Langdolch direkt unter dem Kissen ihres Sitzes. Musste das nicht unbequem werden, mit der Zeit? Oder war das Kissen so unglaublich fluffig…? Dennoch. Angesichts des Umstandes, dass man nie allzu sicher lebte, sobald man irgendwas zu sagen hatte, war es vielleicht nicht ganz so übertrieben, wie es plötzlich wirkte. Immerhin mussten die meisten Leute sich auch Gedanken darum machen, ob ein abgetrennter Kopf oder tödlich vergifteter Wein sie auch tatsächlich umbringen würde. Das hieß, dauerhaft.

„Wie viele? Kommen sie von Amon Sûhl oder aus dem Höllenschlund? Wie viel Zeit haben wir?“

Nun gut, vielleicht war er ein klitzekleines Bisschen zu weit gegangen. Vielleicht.

Er hob beschwichtigend die Hände. „Beruhige dich, nur ein kleiner Spaß.“

„Spaß?!“, schallte ihm aufgewühlt entgegen. Nun, damit stand es definitiv fest: Er hatte übertrieben. Ein klitzekleines Bisschen. Allerdings, nach allem, was sie beide mit Untoten jedweder Form und Farbe durch hatten…

„Hey, ich habe dich gerade vor deinem Hofstaat gerettet – töte nicht den Boten, oder so? Ich habe Elaine und Frederick was mitgebracht. Jetzt tollen sie draußen herum und glauben du und ich zu sein, damals in Jegurath. Ich dachte, ich komme mal etwas früher vorbei und fange die Geschichte ein wenig interaktiver an. Ziehst du mit oder bist du die Spaßbremse?“

„Ich habe schon gehört, dass du dir den Tag freigenommen hast. Ninafer lässt Grüße ausrichten. Ich soll dich übrigens vergiften, falls sich die Gelegenheit bietet“, erwiderte Ishara mit einer gehobenen Braue, während sie zumindest den Dolch wieder sorgfältig unter das Kissen schob und den Panzer abstellte.

„Heh, ja, Ninafer…“, setzte er an, doch dem Krieger entglitten doch ein wenig die Züge, als Lileth eine kleine Phiole zutage förderte, kurz demonstrativ hochhielt und dann wieder verschwinden ließ. Einmal schwer schlucken. Das war kein gutes Zeichen. Ninafers Tag lief also hundsmiserabel. Vermutlich war der elbische Botschafter wieder ganz besonders umgänglich.

Die Herrin des Hauses dagegen trat zu ihm heran, musterte ihn kurz und warf dann einen Blick zurück in den verwaisten Saal. „Danke. Und der Plan wäre?“

Thorin brauchte einen Moment, um sich zu sammeln, ehe er ihre Frage realisierte und zum Tagesgeschehen zurückkehrte. „Nun, du bist Thorin Wyrmblut und musst an der Seite von Lileth Acedia gegen die Horden des finsteren König Xaraks bestehen, zur Rettung der Menschheit… oder der Spitzohren – wie immer dein Schlachtspruch lauten soll“, erklärte er mit einem finalen Schulterzucken und Grinsen.

„Warum kann ich nicht einfach ich sein?“, wandte sie natürlich fast augenblicklich ein. Als wäre das nicht offensichtlich gewesen!

„Weil Elaine schon du ist.“

„Natürlich“, gab sie mit einem beschwichtigten, amüsierten Lächeln zurück, „Und zu wem macht das dann dich und Frederick?“

„Dem selbsternannt-unsterblichen Lich und der scheinbar unbezwingbaren Wiedergänger-Rüstung natürlich!“

„Natürlich.“

Einen Moment lang standen sie schweigend im Raum, maßen einander mit Blicken, das Lachen bestmöglich in der Kehle zurückhaltend. „Nun“, setzte die Halbelbe schließlich an, „dann… sollte ich vermutlich mal Lileth suchen… ich meine, ich bin Thorin, nicht?“, fuhr sie fort und hatte bereits die große Tür des Saals erreicht und aufgezogen, „Den Geschichten nach bekomme ich ohne sie gar nichts auf die Reihe. Und mal ehrlich, dem ist ja auch so, nicht?“

„Hey!“

Auflachend zog das freche Spitzohr die Tür zu, während der Hüne ihr nachjagte. Die Tür aufreißend, spähte er den Gang hinunter und sah sie ein ganzes Stück weiter. Verdammt, wann war sie so schnell geworden?! Oder war er langsamer als früher…? „Bleib stehen, du verzogenes kleines Monster, damit ich dich über’s Knie legen kann…!“, brüllte er donnernd, das vermutlich das ganze Haus mithörte, während er ansetzte, ihr nachzujagen.

„Ahhh, die Untoten greifen an! Untote! Lileth, zu Hilfe!“, kreischte das Halbblut und jagte kurz darauf glucksend und lachend nochmals etwas schneller um die Ecke und davon. Mehrere Bedienstete streckten hier und da die Köpfe vorsichtig aus den Türen – ein Untoten-Angriff? Jetzt? Aber das Mittagessen war fast fertig…! Umso irritierter wurden die Blicke, als Ishara offensichtlich sich selbst zu Hilfe rief und der einzige tatsächliche Verfolger-

„E-Eure Majestät!“

- war.

„Guarglflargh!“, gab Thorin eloquent von sich und wankte in klischeehafter Manier die Arme vorgestreckt seinem viel zu schnellen Opfer hinterher.

Kurz darauf  verwandelte sich das gesamte Haus, einschließlich des kompletten, es umgebenden Geländes, in ein einziges, gewaltiges Schlachtfeld. Anweisungen wurden gebrüllt, Küchenpersonal kurzerhand zwangsrekrutiert und ganz allgemein sprang der Wahnsinn aus dem Reich der Erzählungen in die Realität und übernahm den Verstand aller Beteiligten. So zumindest wirkte es auf die wenigen Bediensteten des Hauses, die sich aufgrund mangelnden Humors nicht an der interaktiven Rekapitulation des Gemetzels von Jegurath beteiligen wollten und lieber damit argumentierten, wofür sie bezahlt wurden – und wofür nicht. Das weckte zwar in Thorin kurzzeitig den Impuls, sie hierfür zu bezahlen, doch er verkniff sich dergleichen. Das war einerseits Isharas Angelegenheit, andererseits würden sich die Zwillinge schon merken, wer mit ihnen gespielt hatte und wer nicht. Jede Entscheidung hatte Konsequenzen, immer.

Gute Güte, sogar Frieda spielte mit und die war eigentlich die Näherin des Hauses, legendäre zweiundneunzig Jahre alt und konnte ohne die zwergischen Sehgläser die Hand vor Augen nicht mehr ausmachen, sondern nähte stattdessen nach Gedächtnis und Gefühl – und das immer noch bessere Ergebnisse erzielte als viele ihrer Kolleginnen.

Es mochte wohl gegen späten Nachmittag sein – die Kämpfe wurden etwas ruhiger, viele der Verbündeten waren für tot erklärt worden und durften daher wieder ihren täglichen Aufgaben nachgehen -, als Elaine Thorin über Kekse und anderes Gebäck hinweg darüber aufklärte, das er sich vielmehr wie ein Zombie verhielt, aber nicht wie ein Lich. Sie wisse das ganz genau, sie habe nämlich kürzlich darüber gelesen. Das führte natürlich unweigerlich zu Lileths Frage, wann und wo sie darüber gelesen habe – denn dergleichen Bücher seien eigentlich nicht für sie gedacht. Das Elaine daraufhin zusammenzuckte, bedeutete zweierlei: Das sie gehofft hatte, Ishara säße weit genug weg, um das nicht zu hören… und das sie bestens gewusst hatte, das diese Werke nicht für ihre Augen bestimmt waren.

Thorin verfolgte mit Amüsement und ohne irgendeine Partei zu ergreifen, wie sich das belehrende elterliche Gespräch entwickelte, in dessen Zuge sich die Halbelbe als ziemlich clever erwies. Sie gestand Elaine zu, die Werke lesen zu dürfen – immerhin hatte sie das ja bereits getan, ohne mit Alpträumen im Zimmer ihrer Eltern zu stehen -, doch es würde noch nicht näher definierte und damit viel gruseligere Konsequenzen geben, sollte sie sich irgendwann übernehmen.

Vermutlich sahen die Konsequenzen letztlich so aus, das Ishara sich einen gewaltigen Berg Mehrarbeit machte und zu sortieren begann, welche Bücher für Elaine Alptraumpotenzial hatten und welche nicht, während das Mädchen eine Schnute darüber zog, bestimmte Bücher nicht lesen zu dürfen. Was, wiederum, früher oder später dazu führen würde, das sie kreativ wurde und sich überlegte, wie sie eben doch an die Bücher herankam.

Kinder waren etwas Wundervolles. Haarsträubend, vorlaut, manchmal schlichtweg dumm, frech, dreckig – je jünger, desto schlimmer -, aber alles in allem… würde er die Erfahrung für nichts in der Welt hergeben wollen. Zu sehen, wie sie aufwuchsen. An der Formung ihrer Persönlichkeit beteiligt zu sein. Mit ihnen auf Abenteuerreise zu gehen, herauszufinden, wer sie waren und wo ihr Platz im Leben war.

Als sie den Tisch räumten, wurden die Kämpfe – natürlich – postwendend fortgesetzt. Allerdings mit einem doch deutlich gemächlicheren Tempo. Nicht nur, weil viele der Verbündeten inzwischen tot waren… tragisch, tragisch… sondern auch, weil Thorins Plan, den Zwillingen jegliche Energie aus dem Leib zu ziehen, allmählich aufging. Selbst Frederick, der normalerweise das reinste Energiebündel war, verlagerte seine inzwischen berühmten frontalen Sturmangriffe eher auf ‚schleichen wir uns hinten herum an!‘ Das im Zuge der stetig wiederkehrenden Konfrontationen Lileth und Thorin immer wieder aneinander gerieten, war unvermeidlich. Die Übungskämpfe aus alten Tagen, in denen er sie windelweich geprügelt hatte, bis es an ihrem Körper mehr blaue Flecken als weiße Haut gab, lebten damit kurzzeitig wieder auf – nur das sie, trotz der Ruhe, die in den letzten Jahren in ihr Leben eingekehrt war, flinker und wendiger geworden war und er daher ebenfalls mit mehr Malen aus den Kämpfen kam, als zuvor.

Das gipfelte natürlich unweigerlich in Ishara, die frech wurde und den Mund zu weit aufriss, weshalb dann eine kleine Ecke des Grundstücks als Sparring-Grund abgesteckt wurde, echte Waffen und Rüstungen herausgeholt wurden und sie eine echte Übungsstunde einlegten. Sehr zum Vergnügen Elaines und Fredericks, die ihren Konflikt kurzzeitig beilegten, einvernehmlich obendrein, und als Zuschauer am Rand saßen und natürlich ausschließlich ihre Mutter anfeuerten. Was nicht hieß, das Thorin nicht dennoch gewann, ein ums andere Mal. Doch das beirrte den Triumphjubel und die Rufe ihrer Kinder keineswegs, wann immer die Halbelbe einen Treffer landete.

Als beide nun ihrerseits verschwitzt und am Ende ihrer Kräfte sich zu den Zwillingen gesellten… mussten sie mit Grauen feststellen, dass die die Pause genutzt hatten, um sich ein wenig zu erholen – und jetzt erwarteten, dass es weitergehen würde. Als sie dahingehend ein klein wenig enttäuscht wurden, entschlossen sie kurzerhand, eins gegen eins loszuziehen und das Haus unsicher zu machen. Etwas, das Lileth zwar offenkundig ein wenig Magenschmerzen bereitete, ihr aber letztendlich immer noch lieber war, als sich aufraffen und weiterhin mitmachen zu müssen.

So kam es, das Thorin und Lileth die beiden erst am Abend einsammelten, verdreckt und erschöpft. Sie stopften sie in die Badewanne, gaben die dreckigen Kleider für die Wäsche auf, ließen neue bringen und brachten die Kinder in deren Zimmer. Anabelle wartete bereits dort. Die Jüngste der Familie hatte einen sehr viel weniger unterhaltsamen Tag gehabt. Ein paar merkwürdige Symptome hatten sich die letzten Tage eingestellt, sodass Ishara Meister Halon von Ilmwacht kontaktiert hatte. Der alte Magier war nicht mehr unbedingt der Schnellste – sowohl, was seine Anreise anbelangte, als auch die Untersuchung Anabelles. Doch zumindest hatte er Ishara bescheinigen können, dass es dem Mädchen gut ging und ihre merkwürdigen Ausbrüche lediglich eine Magiespitze in der Entwicklung ihres Talentes waren. Eine derartig schubweise Entwicklung fand zwar selten statt, doch nicht selten genug, das ein erfahrener, gelehrter Weißnekromant wie Halon davon nicht wissen würde.

Einmal mehr nahm der Krieger auf seinem Stuhl Platz. Anabelle war von ihrem Tag ebenso erschöpft wie Frederick, Elaine und Lileth von deren. Das sollte also nicht lange dauern…

„Also, wo waren wir? Ah ja. Nachdem wir in Ammarath diese prächtige Runenwaffe gewonnen hatten und erfolgreich die Geister davon abhielten, La Coeur zu überrennen, zogen wir weiter nach Norden. Wir kamen nach Jegurath, einer weiteren Elbensiedlung. Glücklicherweise weniger abgebrannt. Aber was soll ich euch sagen? Xarak ist der Fürst aller Untoten, und er ist ein wirklich schlechter Verlierer. Er hat uns übel genommen, dass wir das Piratenschiff in Herothing versenkten, genauso wie er uns übelnahm, dass wir die Geisterarmee in Ammarath beschwichtigten. Also sandte er Xul’Daan aus, einen Lich. Zugleich einer seiner engsten Berater und fähigsten Diener. Der Lich wurde von seiner Leibwache begleitet, einem Wiedergänger. Eine in unheimliches Licht gehüllte, körperlos animierte Rüstung! Der Geist, der sie führt, ist nahezu unzerstörbar! Die Späher Jeguraths bemerkten das Nahen rechtzeitig, um einen Großteil der Stadt evakuieren zu können – doch einige blieben. Blieben, um die Schätze ihres Volkes vor der Entweihung zu retten. Um die Häuser ihrer Familien, über Generationen erbaut und gepflegt, erhalten zu können. Um für ihr Volk einzustehen und den Flüchtlingen kostbare Zeit zu erkaufen. Und was hätten wir schon tun sollen? Diesen wenigen, tapferen Seelen den Rücken kehren? Fliehen, mit all den anderen, nur damit diese Armee uns bis ans Ende der Welt nachzieht? Denn Untote, das müsst ihr wissen, sind sehr geduldig. Wenn sie etwas haben, dann ist es Zeit. Also beschlossen wir, ebenfalls zu bleiben und ganz gleich, wie schlecht die Chancen standen, wir würden kämpfen! Seite an Seite mit den wenigen Verteidigern Jeguraths, bis zum letzten Mann!“

„Oder der letzten Frau“, warf Elaine korrigierend ein und bekam ein Nicken Thorins ab. Natürlich – Lileth Acedia war die Heldin des Abenteuers. Generell schien es, dass diese Erzählung Fredericks Geschmack sehr viel eher entsprach, aber auch Elaine wirkte durchaus interessiert. Vermutlich aufgrund der Neugier darüber, was von den Tagesgeschehnissen wirklich so gewesen war und was nicht.

„Bei Einbruch der Nacht kamen sie. Kurz zuvor waren Wolken aufgezogen, hatten den sich färbenden Himmel nach und nach verdeckt. Kein Blitz, kein Donner, kein Regen. Nur Wolken. Und die tiefe Finsternis, die damit einherging, als die Sonne verschwand und der Neumond unsichtbar blieb. Wir glaubten schon kurzzeitig, die Sache sei ausgestanden, die Untoten hätten sich vielleicht zurückgezogen, als der Wald zu leuchten begann. Hoch auf den Dächern der Häuser Jeguraths, mit Bögen und so vielen Pfeilen, wie wir hatten finden und tragen können, standen die letzten Verteidiger bereit und um ganz Jegurath herum leuchteten die Fackeln auf, Tausende, Zehntausende!“ Untote sehen im Dunkeln… aber die Fackeln sind ein nettes Detail. Wirkt dramatischer. „Den Großteil der Schlacht habt ihr heute selbst nachgestellt!“

„Was?“, wandte Elaine ungläubig ein, schüttelte dann zur Untermauerung den Kopf, „Das ist Unsinn!“

„Hat deine Mutter dir nicht gesagt, dass du lieber Feuerpfeile nehmen solltest?“

„Nun, doch, nur-“

„Frederick, hab ich nicht gegen späten Mittag gemeint, wir sollten uns Katapulte besorgen und die Häuser mit Untoten beschießen? Damit die vielleicht an der Wand kleben bleiben und ins Innere klettern können, um die Bewohner auf höheren Ebenen zu überraschen?“ Pflichtergeben nickte der Knabe. Elaine dagegen geriet ins Stocken. „Zugegeben, wir haben vielleicht weniger mit Küchlein geworfen, sondern mehr mit Alchemistenfeuer und es waren keine Kiesel, sondern scharenweise Untote, die die Katapulte verschossen – aber die Grundzüge stimmen. Exakt.“

„Und… und als Frieda mit der Häkelnadel hinter uns her kam…?“

„Auch Cavaliere und ihre edlen Rösser sind vor dem Untod nicht sicher. Mussten wir persönlich herausfinden.“ Thorin nickte ernst zur Bekräftigung seiner Worte, musste jedoch sehr um Fassung ringen. Auch Lileth, die dieses Detail offenbar nicht mitbekommen hatte, musste sehr mit sich kämpfen.

„Und Gunnard?“

„Was hat der gemacht?“

„Mit Wasser gespritzt.“

„Ah ja. Säure. Manche Untote verfaulen innerlich, blähen sich dabei auf und sammeln in sehr leicht platzenden Blasen große Mengen Faulsäure.“

Elaine verzog angewidert das Gesicht. Perfekt. Das würde sie vermutlich von weiteren Nachfragen abbringen und sie würde akzeptieren, dass sie die Originalversion der Kämpfe um Jegurath nachgespielt hatten. Alles in Kampfsituationen zu übersetzen, war nun ihre Aufgabe – etwas, dem sie wohl mit Freuden die nächsten Tage nachkommen würde. Sehr zu Isharas Verdruss und zweifellos auch zum Verdruss ihres Bruders, dessen Seite der Kämpfe sie schließlich nur partiell kannte.

„Reihe um Reihe fiel, Welle um Welle kam“, setzte Thorin nach einem Moment des Wartens auf weitere, eventuelle Fragen Elaines an, „Es schien eine unendliche Flut derer zu geben, aber eine stetig schrumpfende Zahl von uns. Die Kämpfe schienen ausweglos. Da kam eure Mutter auf die brillante Idee, ihre Heilmagie als Waffe einzusetzen! Heute ist es weithin bekannt, dass Untote Heilmagie nicht gut vertragen, aber damals? Wir waren verzweifelt, was blieb schon anderes übrig? Also warum nicht ausprobieren! Doch wie würden wir damit siegreich sein können? Wir brauchten einen Katalysator, einen Verstärker. Mit allen Kräften, die wir noch zur Verfügung hatten, zogen wir uns auf das Dach des Ratsturmes zurück. Alle Verteidiger, mich eingeschlossen, hatten nur noch die eine Aufgabe: Haltet die Untoten vom Dach fern! Denn früher, früher war der Turm des Ältestenrates von Jegurath benutzt worden, um mächtige Weissagungen auszusprechen und große Prophezeiungen abzugeben. Dazu musste der gesamte Rat vorhanden sein und seine magische Macht und seinen Willen auf die Zukunft und eine einzelne, präzise formulierte Frage konzentrieren. Eure Mutter aber war kein kompletter Rat. Nicht mal überhaupt ein Ratsmitglied. Wir wussten nicht, ob das funktionieren würde, ob es überhaupt auf Heilmagie ansprach. Pfeil um Pfeil – und allmählich gingen sie uns aus. Immer mehr Untote kamen, die ganze Armee ballte sich um den Turm, die verrottenden Leiber benutzten einander als Leitern, kletterten von allen Seiten immer höher und höher. Nach und nach gingen den Schützen die Pfeile aus, Schwerter wurden gezogen, das Unvermeidliche abgewartet. Als die Untoten kamen, das Dach stürmten, kämpften wir. Wir kämpften so besessen und fixiert wie nie zuvor, aber es waren so unendlich viele, einfach zu viele. Der Reihe nach brachten sie uns zu Fall, einen nach dem anderen. Und dann, als ich glaubte, ich sei der nächste, brüllte eure Mutter über all den Kampflärm hinweg, das wir unsere Augen schließen sollten. Ich hatte mit ihr bis dahin oft und gut genug gekämpft, auf ihr Urteil zu vertrauen, also kniff ich die Augen zu, gab den Widerstand auf und hoffte das Beste.“

Wieder war sein Publikum gebannt, starrte ihn erwartungsvoll an und er, er ließ sie hängen, ließ sie zappeln, wartete, bis einer ungeduldig genug wurde. Frederick war es, natürlich, der schließlich fragte: „Und dann?“

„Dann brach ein so gleißendes Licht in den Himmel, das es mich selbst durch die zugekniffenen Augen blendete! Eine Welle aus Wärme überkam mich und ich spürte, wie um mich herum Leiber aufschlugen, hörte sie fallen, vor Agonie kreischen, in ihrer merkwürdigen Sprache fluchen. Ich weiß nicht, wie lange es dauerte. Sekunden? Minuten? Als ich die Augen aufschlug, konnte ich nichts sehen. Nur weiß. Nach und nach wurden daraus tanzende Sterne, Irrlichter in meiner Iris, bis ich endlich wenigstens wieder Konturen ausmachen konnte. Die Untoten waren besiegt. Sie waren tot. Die gesamte Armee, vernichtet. Eure Mutter aber lag reglos auf dem Dach, ohnmächtig von der Erschöpfung. Ich eilte zu ihr, befürchtete das Schlimmste, doch sie atmete noch.“

Erleichtert atmeten die Zwillinge auf. Annabelle dagegen schlief längst, dicht an ihre Mutter geschmiegt. Ihre Mutter selbst… schlief ebenfalls. Thorin konnte sich ein leises Glucksen nicht verkneifen. „Und so haben wir Jegurath gerettet. Das nächste Mal erzähle ich euch von Norwingen. Ein hübscher Ball, viele Masken, Tanz und Musik.“ Frederick verzog das Gesicht, Elaine stutzte. Das klang gar nicht nach einer Thorin-Geschichte. „Oh und natürlich tödliche Duelle und giftige Intrigen“, setzte er grinsend nach. Erkenntnis stellte sich auf ihren Gesichtern ein und sie kuschelten sich tiefer in ihre Betten. Thorin dagegen erhob sich von seinem Stuhl, wünschte ihnen jeweils eine gute Nacht, zog ihre Decken noch ein kleines Stück höher und drückte ihnen einen Kuss auf die Stirn, wie ihre Mutter es sonst zu tun pflegte.

Die gleiche Behandlung erfuhren auch Anabelle und Lileth, wie – wie der Krieger beschlossen hatte – ruhig mal wieder eine Nacht im gleichen Bett verbringen konnten. Es dauerte ohnehin kaum eine Stunde, ehe er sich nach Hause gestohlen hatte, zurückkehrte und Ishara, in alter Manier, mit einer Hermelindecke einpackte. Anabelle schmiegte sich im Zuge dessen noch etwas enger an und Lileth gab ein zufriedenes Seufzen von sich. Sie trug ein Lächeln auf den Lippen, als der Hüne die Tür des Kinderzimmers schloss.

Bis zur nächsten Geschichte…



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