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110 x Wahnsinn

von

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11 ~ Geisteskrank

11 ~ Geisteskrank
 

Es gibt einige Orte an denen ein fünfzehnjähriger Junge nicht sein sollte.

Zu diesen Orten gehörten ein Jonas Brothers Konzert, die 18+ Abteilung in Videotheken, die Tittenbar im Unterhaltungsviertel der Stadt und natürlich auch eine geschlossene Anstalt.
 

Der Blick seiner dunkelgrünen Augen war starr auf die cremefarbene Wand gerichtete. Vermutlich wollte man das klinisch wirkende Weiß und die damit einhergehenden Vorurteile vermeiden, allerdings gelang das kaum.

Sein Zeitgefühl hatte er schon verloren, bevor man ihn hierher gebracht, ihn eingeliefert hatte. Vielleicht saß er schon Wochen oder Monate in diesem Zimmer, vielleicht auch nur Stunden. Es war Tag, das wusste er. Das helle, höhnische Licht, das durch das vergitterte und unmenschlich hoch angesetzte Fenster fiel verriet ihm das.

Seine Konzentration – oder war es die Apathie? – ließ nach und seine grünen Augen blickten abwesend durch den kleinen Raum.

Ein schmales Bett aus noch schmaleren Metallrohren drängte sich an die Wand. Es wirkte vollkommen unberührt. Die Decke lag glatt und faltenfrei auf der Matratze und gab ein trügerisches Gefühl von Ruhe und Ordnung. Ein Tisch, an der Wand unter dem Fenster und der Stuhl auf dem er saß. Sonst nichts.

Nichts.

Nur die Leere des kleinen Raumes, der plötzlich unendlich weit schien.
 

Verlassen bist du…
 

Phlegmatisch drehte er den Kopf wieder der Wand gegenüber dem Bett zu. Doch da, wo vorher nur die weite cremefarbene Fläche gewesen war, tanzten jetzt Schatten.

Undefinierte Wesen, nicht Mensch, nicht Tier. Wandelbar wie der Nebel und doch irgendwie gestaltlicher und wirklicher, als alles was um ihn herum war.

Eine Strähne seines hellbraunen Haares fiel ihm in die Stirn, als er den Kopf zur Seite neigte.

„Verlassen“, flüsterte er.

Es war keine Frage.

Wenn seine Eltern ihn noch lieben würden, dann wären sie hier, nicht wahr?

Er wäre dann bei ihnen.

Die tanzenden Schatten züngelten plötzlich wie ein lodernder Brand nach oben und bildeten sich dann neu. Ein knacken und rascheln erfüllte den Raum, als die Schemen sich neu zusammenfügten, aber immer noch wie an die Wand geklebt waren.

Wie eine dämonische Fliege sah es aus, das Ding das ihn aus einem mit Reißzähnen bewährten Maul angrinste.
 

Verlassen haben sie dich…
 

Er neigte den Kopf noch weiter zur Seite. Es sah beinahe so aus, als wolle er sich selbst das Genick brechen.

Der Dämon löste seinen Oberkörper von der Wand, wirkte allerdings seltsam falsch, als wären die Dimensionen verrutscht. Die vielzelligen Augen und das grausige Maul waren nur Zentimeter von ihm entfernt, waren fast so groß, wie sein gesamter Körper.
 

Allein…
 

Mit einem leisen Klacken öffnete sich die Tür zu seinem Zimmer und zwei Pfleger, dieses Mal in perfekte weiße Shirts und Hosen gehüllt, betraten den kleinen Raum. Ihnen folgte eine Ärztin in einem langen, blütenweißen Kittel über einem teueren, schwarzen Samtkostüm.

Ihre dunkelblonden Haare waren hochgesteckt, die Lippen mit rotem Lippenstift nachgemalt. Doch auch ihr Lächeln war weiß, fast so sehr, dass der Kittel blass wirkte.

Er schenkte ihr einen kurzen Blick und erkannte dabei auch einen Block, den sie in schlanken, von perfekt manikürten Nägeln gekrönten Händen hielt.

„Hallo“, sagte sie freundlich und ihr Lächeln wurde noch breiter.

Er wandte den Blick ab und betrachtete wieder den Fliegendämon, der seine grausige Fratze nicht eine Sekunde abgewandt hatte.
 

Allein…
 

„Kommen Sie herein“, flüsterte er, der Blick seiner stechend grünen Augen sprang unruhig zwischen den einzelnen Facetten der Fliegenaugen hin und her.

„Ich bin nicht gern allein.“



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