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Werwölfe mögen keine Dreiecke

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Werwölfe mögen keine Dreiecke

„Wie konntest du? Wie konntest du mich einfach so sitzen lassen, nach all den Jahren?“

Leahs Stimme war schrill, zu schrill für seine empfindlichen Ohren. Er konnte die Wut in ihren Augen blitzen sehen, die nur notdürftig die Enttäuschung zu verdecken vermochte.

Es war das alte Thema. Wieso hatte Sam Leah sitzen gelassen. Ja, wenn er das so einfach hätte beantworten können, wäre das schön gewesen. Sie wäre schreiend fortgelaufen und die Sache hätte sich erledigt.

„Ich habe dich nicht einfach so sitzen gelassen.“ versuchte sich Sam zu verteidigen, weit nicht so laut und schrill wie seine Exfreundin, aber mit Kraft und einer gewissen Bestimmtheit in seiner Stimme.

„Ich und-„ weiter kam er schon nicht mehr.

„Ja du und Emily! Immer nur Emily, Emily, Emily. Emily hier, Emily da. Seit ich sie dir vorgestellt habe, ist es nur noch sie! Und ich bin vergessen und in die Ecke geworfen. Bin ich so langweilig, dass-„

„Nein.“ blaffte Sam ungehalten, nachdem er sich nun gezwungen sah Leah zu unterbrechen. „Nein Leah du bist nicht langweilig. Und du hast mich nicht ausreden lassen. Das zwischen mir und Emily ist… etwas Besonderes.“ Ihm fehlten die passenden Worte. Wie sollte er ihr erklären, dass er sich auf sie geprägt hatte ohne zu weit zu gehen und es doch darauf hinauslief, dass sie schreiend davonlief?

„Und das zwischen uns? Was war das? Etwa nichts?“ Ihr Ton stieg um eine gefühlte Oktave, als sie nur Zentimeter von ihm entfernt aus vollem Hals schrie.

Zwischen Sams Brauen entstand eine steile Falte als er das Gesicht verzog, die laute Stimme stechend wie Nadeln in seinen Ohren. Noch während er die Augen zugekniffen hatte, hörte er ein aufgebrachtes Schnauben.

„So denkst du also darüber. Natürlich. Es war nicht nichts. Aber ich widere dich an. Seit du Emily hast, widere ich dich an.“ Ihre Stimme war ruhiger geworden. Doch offenbar war dies nur das Auge des Hurrikanes der gerade über ihn hinwegzog, denn nur Augenblicke später stachen die Worte wieder spitz in sein Trommelfell.

„Dann geh doch! Geh doch zu deiner Emily, aber glaub ja nicht, dass du wieder zu mir zurückkriechen kannst, wenn sie dir langweilig wird!“

Sam stolperte mehr aus Überraschung zurück, als dass Leah ihn wirklich durch den harten, frustrierten Schubs von seinem Platz hätte vertreiben können. Dafür war sie zu schwach, er zu stark. Mehr erstaunt als wütend starrte er ihr nach, als sie sich wutschnaubend auf ihren Hacken herumdrehte und davoneilte. Ihr wütender Gang sah beinahe lächerlich aus, als sie übermäßig theatralisch die Füße auf den Boden stampfte und das Regenwasser unter ihren Füßen dreckig zu allen Seiten spritzte, die Hände zu Fäusten geballt.

Dem Feuer, das in seinen Knochen anfing zu glühen wurde schnell alle Lebensenergie entzogen als ihm klar wurde, dass es tatsächlich seine Schuld war. Seine Schuld, dass Leah ihn hasste und doch so litt.
 

„Wieso verfolgst du mich die ganze Zeit?“ Nur wenige Stunden später, zwei um genau zu sein, schrie ihn eine weitere Frau an. Nicht seine Exfreundin diesmal, aber auch nicht seine Freundin. Emily, immer nur Emily, hatte Leah gesagt. Doch Emily dachte da anders.

„Du bist nett und alles, aber lass mich bitte in Ruhe!“

Sam wusste nicht einmal wie er in diese Situation gekommen war. Er hatte Emily – nicht zufällig, das war natürlich wahr – im Laden des Reservats getroffen und sie einfach angesprochen. ‚Hey Emily‘ hatte er gesagt, sogar richtig gut gelaunt. Und das war als Antwort gekommen.

„Emily ich… Ich verfolge dich nicht.“ versuchte er sich zu verteidigen. Jemand, der wusste wonach er suchen sollte, konnte sich nur zu gut einen geschlagenen Hund, in der Haltung die Sam einnahm, vorstellen. Hängende Ohren, eingekniffener Schwanz? Ja das konnte man ihm sicher ansehen, aber Emily sah es nicht.

„Ach ja? Leah sagt da etwas anderes.“

Natürlich. Leah sagt da etwas anderes. Wieso war es ihm so klar, dass Leah Emily solche Geschichten erzählt. In der Schule hatte er sie nie als den eifersüchtigen Typ eingeschätzt. Hatte er sich mit Freunden getroffen war das immer in Ordnung gegangen. Aber diese Freunde waren nicht ihre Cousine. Und diese Freunde hatte er auch nicht so geliebt. Er hatte noch nie jemanden so geliebt wie Emily. Und er konnte sich auch nicht vorstellen jemals einen anderen so zu lieben. Wenn sie da war kreisten seine Gedanken und Taten nur um sie. Selbst wenn sie nicht bei ihm war, musste er sich manchmal zusammenreißen um nicht pausenlos an sie zu denken. Jede Faser seines Körpers ächzte danach sie wieder zu sehen. Es ging nicht darum sie zu berühren. Nur sie zu sehen. Sie glücklich zu machen, das war alles. Er wollte sie nur glücklich sehen. Aber Leah verstand das nicht. Wie auch? Auch Emily verstand es nicht.

„Leah ist…“ Eifersüchtig? Es wäre richtig gewesen, aber er hatte nichts mit Emily, also war das das falsche Wort.

„Ja?“ Er hatte offenbar zu lange gewartet und Emily hakte bereits nach.

„Enttäuscht.“ vollendete Sam schließlich den angefangenen Satz. Und es war nicht einmal falsch. Leah hatte sich eine tolle Zukunft vorgestellt. Und er hatte sie zerstört, in dem Moment in dem er Emily das erste Mal gesehen hatte.

„Ja, verdammt, ich wäre auch enttäuscht an ihrer Stelle. Was denkst du dir dabei?“ Sie war ruhiger geworden. Schließlich ging sie an ihm vorbei, aus dem Laden, und Sam folgte ihr wie ein Schoßhündchen. Sie dachte wohl, dass nicht halb La Push ihr Gespräch mithören musste, denn sie beschwerte sich nicht als er ihr diesmal folgte.

„Ich denke…“ Sam brach ab und setzt von neuem an. „Ich liebe sie immer noch, weißt du?“ Wieso sagte er das? Um sie zu besänftigen? Ja vielleicht, aber auch das war nicht gelogen.

Sie war stehen geblieben und hatte sich zu ihm herumgedreht. Er war ihr so dicht auf gefolgt, dass ihn nur seine unnatürlich scharfen Reflexe davor bewahrten in sie zu laufen. Aber er trat auch keinen Schritt zurück.

„Du liebst sie immer noch? Und du denkst dir ‚Ach man kann ja ruhig mal einer anderen nachstellen, während man eigentlich mit ihrer Cousine zusammen ist?‘ Du bist ja ein feiner Kerl, echt.“

Ein leiser Funken stob, als Reaktion auf ihre Worte, in seinem Inneren hoch und entzündete feuchtes Stroh. Es loderte nicht auf sondern gloste nur vor sich hin, aber er bemerkte wie seine Hände anfingen zu zittern. Was hatte er getan, dass ihn die beiden Frauen, die ihm am Wichtigsten in seinem ganzen Leben waren, so hassten? Ihn so verachteten, dass sie ihm wirklich so etwas wie ‚zweigleisig fahren‘ zutrauten. Ihm blieb keine andere Wahl! Er konnte Emily nicht einfach vergessen. Das war schlicht und einfach nicht möglich.

„Nein.“ Seine Stimme war rau und laut, als würde er einen Befehl bellen. „Nein das denke ich mir nicht, aber…“

„Aber du tust es trotzdem?“

„Nein, Emily du verstehst nicht.“

Er packte sie bei den Armen und versuchte nicht zu grob zu sein. Er wusste nicht ob es ihm gelang. „Ich würde alles für dich tun. Ich würde dich küssen oder einen Vampir, wenn es dich glücklich macht. Ich würde mich jetzt sofort von der nächsten Klippe stürzen wenn es dich glücklich macht. Ich würde alles für dich tun, Emily, nur schick mich nicht weg. Ich kann nicht weg von dir sein. Ich muss einfach bei dir sein.“

In seinem Wortschwall hatte Sam nicht bemerkt wie sich Emilys Gesichtsausdruck verändert hatte. Schock und Ekel standen in ihren Zügen, vielmehr als die Wut, die noch zuvor darin zu lesen gewesen war.

„Du bist… unglaublich.“ brachte sie atemlos hervor. „Wir kennen uns nicht einmal wirklich, wir haben kaum ein Wort miteinander gewechselt und du sagst du würdest alles für mich tun, statt für Leah die du seit Jahren kennst. Die dich liebt, die dich vergöttert? Sam Uley, du widerst mich an. Ich weiß nicht was Leah an dir findet, aber du widerst mich einfach nur an.“

Noch während sie sprach begann sie sich in seinem Griff zu winden und versuchte los zu kommen, aber Sam war zu sehr damit beschäftigt sie sprachlos anzustarren, als dass er den – für ihn – schwachen Widerstand richtig bemerkt hätte. Er widerte sie an?

Das Feuer in seinem Inneren hatte das feuchte Stroh getrocknet, und die ersten Flammen züngelten hoch. Emily konnte ohne Zweifel sehen, und auch spüren, wie seine Hände und Arme zitterten. Ob sie es wirklich registrierte wusste er nicht. Es interessierte ihn auch nicht.

„Lass mich los.“ Sie klang außer Atem. „Was hast du jetzt vor? Willst du mich verschleppen, umbringen, vergewaltigen?“

Er ließ sie abrupt los. Sie brachte sich mit einigen schnellen Schritten in Sicherheit, außerhalb der Reichweite seiner Arme. Doch sie hatte eines nicht einkalkuliert. Die Reichweite, die der Sprung eines Werwolfes hatte.

Er hatte keine Kontrolle darüber, das kleine Strohfeuer griff auf sein ganzes Sein über, loderte seine Wirbelsäule hoch und setzte seinen Kopf in Brand. Er nahm das Reißen von festem Baumwollstoff wahr, wie ihn die Gravitation nach unten zog und er ihrem Ruf folgte. Ein lautes Knurren drang aus seiner Kehle, ein Laut der nicht mehr menschlich war und der den, nur zu menschlichen, Schrei Emilys beinahe in seinen Ohren erstickte. Er sprang. Sie war zu nah. Alles war zu nah, war zu nah an ihn herangekommen. Aber sie war zu nah und sein Sprung zu weit. Er traf sie. Seine linke Vorderpfote streifte ihr Gesicht und ihren Arm.

Ihr Schrei brach abrupt ab, ihr Körper fiel zu Boden und prallte dumpf auf den Nadeln des nahen Waldbodens auf. Aus ihrer Einkaufstüte flogen Emilys Einkäufe im hohen Bogen in alle Himmelsrichtungen. Die Äpfel rollten und hüpften über den unebenen, abschüssigen Grund davon, aus den geplatzten Packungen rieselten Nudeln und rann die Milch, die Eier zerschellten mit einem leisen, nassen Geräusch auf der Erde. Doch das alles interessierte Sam nicht, wenn überhaupt registrierte er es nur ganz hinten in seinem Kopf.

Blut tropfte von seiner linken Pfote und rann von Emilys regungslosem Gesicht, ehe es im Waldboden versickerte. Fassungslos starrte er sie an. Was hatte er getan? Er stupste sie mit der feuchten Nase an, doch sie bewegte sich nicht.
 

Charlie Swan verließ gerade, in seinem Polizeiwagen, Billy Blacks kleines Grundstück, auf dem Weg zurück nach Hause. Billy machte sich nicht die Mühe zu winken, wofür auch, er war kein kleiner Junge mehr. Nein, nein, lange war es her, dass er ein kleiner Junge gewesen war, daran erinnerte ihn täglich das Drahtgestell mit dem er sich fortbewegte. Nicht, dass er sich nicht daran gewöhnt hätte.

Gekonnt drehte er sich herum, um den Rollstuhl, inklusive ihm, zurück ins Haus zu manövrieren, doch auf halbem Weg froren seine Bewegungen ein.

Das Heulen, das in der Luft lag und vom Wald herüber wehte, traf ihn mitten ins Herz. Es war nur das Heulen eines Wolfes, aber der Klang war so voller Schmerz und Verzweiflung, dass er sich über die Augen wischen musste ehe sein Sohn ihn hier draußen ohne Grund weinen sah.

Als er schließlich das Haus betrat, dachte er an seinen Vater und das Rudel, das er angeführt hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von: abgemeldet
2010-07-27T17:12:38+00:00 27.07.2010 19:12
Sam, oh Sam...

Ich glaub, der Oneshot muss fast in meine Favoriten, so gut, wie er ist. Dein Schreibstil gefällt mir sehr, vor allem, wie du die Verwandlung beschrieben hast. Und das Ende! Ich liebe es, wenn zum Schluss einer Erzählung noch einmal so richtig die Emotionen spürbar werden; jetzt kamen mir fast zeitgleich mit Billy Black in der Story die Tränen, könnte man sagen. :<

Auf jeden Fall mal wieder ein OS, der mich berühren konnte!
~Lee
Von:  Haeufchen
2010-06-21T11:29:41+00:00 21.06.2010 13:29
Schöne Geschichte~
Das Ende hab ich jedoch zweimal gelesen, weil ich plötzlich verwirrt war, warum es plötzlich um Billy ging.
Ansonsten...
Ja, ich fande es auch gut umgesetzt.
Wie in ihm nach und nachg das feuer anfing und dann alles riss.

Lieben Gruß,
icke.
Von: abgemeldet
2010-06-20T13:56:44+00:00 20.06.2010 15:56
Hey,
ich hab gerade deine Geschichte gefunden
und ich muss dir einfach sagen, dass ich sie super finde.
Eine Ff aus Sams Sicht... Uui das gibts ja so gut wie
nie. *freu*

LG Linda
Von: abgemeldet
2010-06-07T10:08:33+00:00 07.06.2010 12:08
Ich finde es eine sehr gute Geschicht. ich habe nur so den Anfang gelesen und ich fand es richtig gut!!!
A
Von: abgemeldet
2010-06-06T20:35:48+00:00 06.06.2010 22:35
Also ich fand die Story ganz okay. Mir hat ehrlich gesagt so`n bisschen die Überraschung gefehlt, so dieser "OH-"-Effekt, weißt?

Was du aber wirklich gut gemacht hast, wie ich finde, ist die Beschreibung wie Sam sich in den Wolf verwandelt und vor allem wie die Wut in ihm hochkocht (bzw. das Feuer anfängt zu brennen ^^).

Also, weiter so.
Von:  _Delacroix_
2010-01-09T15:06:58+00:00 09.01.2010 16:06
Ich hab die FF bislang nur angelesen und eigentlich gefällt sie mir richtig gut. (Caliena übrigens auch.) Die Charaktere wirken gut in Szene gesetzt, der Stil gefällt mir und ich glaube die Story passt sehr gut ins Bis(s)-Universum. (Das meine ich positiv.^^)
Mir ist nur eine Kleinigkeit aufgefallen, die ich eben Mal loswerden wollte:

> Ja wenn er das so einfach beantworten hätte können, wäre das schön gewesen. Sie wäre schreiend fortgelaufen und die Sache hätte sich erledigt.

Ich glaube hätte beantworten können, würde an der Stelle besser klingen. Ähnlich bei:

>frustrierten Schubs von seinem Platz vertreiben hätte können.
Von:  Fio-chan
2010-01-02T01:36:10+00:00 02.01.2010 02:36
Ich finde, dass du die ganze Geschichte, wirklich schön umgesetzt hast. Ich mag deinen Schreibstil sehr und du hast dich sehr gut in den Charakteren eingefunden.
Begeisternd. Das ist alles, was ich noch sagen kann :)


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