Zum Inhalt der Seite

Pugna infinita

Der endlose Kampf der Fabelwesen
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Amarantus

„Habt ihr das gehört?“ fragte ich, sichtlich erschrocken. Lucy packte mein Arm und schrie benahe.

„Was sollen wir gehört haben? Lupina, geht es dir gut? Du hast schon seit Stunden nicht mehr als drei Worte gesagt und bist immer hinter nur hinterher geschlurft. Was-“

„Sei still! Wartet, ich hab es auch gehört. Dort!“

Mason, ein weiteres Teammitglied unserer vierköpfigen Gruppe, zeigte auf einen Busch rechts von Lucy und mir. Ich entriss mich fast unsanft aus der Umklammerung meiner Freundin und lief aufgeregt zu meinem Teamkollegen, der den Busch nun beiseite zog und eigenartige Pfotenabdrücke zum Vorschein kamen.

Ich erschrak erneut. Mein Herz fing an zu rasen und meine Hände an zu zittern.

Die Abdrücke sahen aus, wie die eines gewöhnlichen Hundes, nur das diese hier noch größer waren und sie anders angeordnet waren, als die Schritte eines solchen Tieres.

„Was ist das?“ fragte Lucy und schien genauso überrascht zu sein wie ich.

„Ich schätze, das sind die Spuren eines Wolfes, nichts weiter.“ Sagte Mason Schulter zuckend.

„Nichts weiter?!“ Die beiden sahen mich ahnungslos an, was mich nicht im Geringsten interessierte. Ich ging näher heran und hockte mich neben einen der Pfotenabdrücke hin.

Ich begann, sie eingehend zu studieren und verglich sie mit Wolfsspuren aus einem Lexikon.

Als ich mir zu hundert Prozent sicher war, stand ich ruckartig auf und lief los.

„Lupina! Warte, was ist passiert? Hey!“ Meine blauhaarige Freundin versuchte mir hinterher zu rennen, doch Mason hielt sie auf.

Ich hörte noch wie er zu ihr sagte: „Lass sie laufen. Ich glaube, ich weiß was sie gerade herausgefunden hat, und ich glaube, dass sie es jetzt mit allen Mitteln versuchen wird, zu überprüfen. Da wären wir ihr nur im Weg.“

Lucy erwiderte etwas, jedoch verstand ich es nicht mehr, da ich schon zu weit weg war.
 

Ich lief durch die Büsche, zwischen Bäume hindurch, weit entfernt vom Waldweg.

Meine Beine trugen mich immer weiter durch das Dickicht und achteten nicht darauf, ob ich vielleicht andere Tiere erschrecken oder einem anderen Team über den Weg laufen würde.

Ich musste einfach herausfinden, ob es wirklich die Spuren eines Werwolfes waren.

Diese Anordnung der Pfotenabdrücke, die ungeheure Größe und erst die der Krallen.

Es konnte absolut kein normaler Wolf sein.

Plötzlich stolperte ich über eine dicke Wurzel und verletzte mir das Knie.

Die Wunde untersuchend, stellte ich fest, dass die Wunde sehr tief sein musste, denn sie blutete heftig.

Ich verfluchte die Schmerzen, riss ein Stück von meinem Mantel ab und wickelte ihn ums Knie. Dann versuchte ich mich aufzurappeln, jedoch vergeblich.

Ich stützte meine linke Hand auf das unverletzte Bein, als ich auf einmal eine warme Flüssigkeit an den Fingerspitzen spürte und die Hand umdrehte.

Ich hatte mir beim Sturz auch die Handfläche aufgeschürft, die nun ein Blutfleck auf meiner Hose hinterließ. Na toll, dachte ich, aber das war jetzt auch egal, denn ich musste weiter und den Werwolf finden, den ich letzte Nacht gesehen hatte.

Es durfte einfach kein Traum gewesen sein!

Da kam mir eine Idee: Was, wenn der Wolf nur nachts raus käme? Und ich ihn am Tage ewig suchen würde, ohne auch nur eine weitere Spur zu finden? Vielleicht sollte ich einfach bis zur Dämmerung warten und meine Suche dann fortsetzen?

Es wäre jedenfalls eine Möglichkeit.
 

Ich saß schon eine ganze Weile an der Baumwurzel, über die ich gefallen war und die Sonne hatte schon ihren Zenit überschritten, als ich plötzlich einen Schatten einige Meter vor mir sah.

Er schien sich nicht zu bewegen.

Ich fragte mich, was das wohl sein könnte, bis mir die Hoffnung in den Sinn kam, dass es womöglich der Werwolf sein könnte.

Diese Hoffnung gab mir neuen Mut und ich versuchte erneut, aufzustehen.

Ich ignorierte den Schmerz, der mir wie ein Messer durch mein Bein schoss und humpelte in die Richtung des Tieres.

Der Werwolf war nur noch wenige Meter entfernt, als er plötzlich die Zähne fletschte und davon lief.
 

Da stand ich nun, blutend und völlig erschöpft, und sah traurig dem Wolf nach, der, wunderschön wie er war, mich hier mitten im Wald und ohne jegliche Orientierung allein gelassen hat. Was sollte ich jetzt tun? Zurück humpeln? Warum? Um dann wieder loslaufen zu müssen, um das stolze Tier erneut zu suchen?

Um mir die Fragen und Vorwürfe meiner Klassenkameraden anhören zu müssen, weil ich einfach so weggerannt war? Nein. Das war doch sinnlos. Lieber würde ich hier bleiben und auf meinen Wolf warten. Er würde zurückkommen, das hoffte ich mit ganzem Herzen.

Er musste es einfach, sonst würde ich nicht mehr leben wollen. Ohne diesen tiefen und geheimnisvollen Blick, ohne diese Anmutigen Bewegungen und ohne diese einzigartige Schönheit seines Felles und seiner Augen, würde mein Leben keinen Sinn mehr haben.

Mit Tränen in den Augen fiel ich zu Boden und blieb dort allein und mit geringer Hoffnung auf ein Wiedersehen, liegen.

Warum eigentlich? Warum war ich traurig und warum wollte ich hier bleiben? Es war doch bloß ein Tier und ich kannte es nicht einmal, wusste nicht, wie alt es war und hatte ihm auch keinen Namen gegeben, was für gewöhnlich Gefühle für ein bestimmtes Geschöpf aussagten.

Also warum war ich dann so traurig, diesen Wolf verloren zu haben?

Vielleicht weil es ein Werwolf war. Ja genau, das könnte eine passende Erklärung dafür sein.

Ein Werwolf. Ein wunderschöner Werwolf.
 

Plötzlich hörte ich von irgendwoher Rufe. Sie wurden immerlauter und ich erkannte meinen Namen. „Lupina!“ riefen sie und ich hörte es. Ich hörte es ganz deutlich, verstand es aber nicht.

Lupina? Wer war das? War ich das? Wäre möglich. Wer rief mich? Der Werwolf?

„Ja“, antwortete ich in Gedanken, „Ich komme.“

Jemand berührte meine Stirn und gleichzeitig bemerkte ich, wie dickflüssiges Blut mein rechtes Bein hinab floss. Ich öffnete meine Augen und sah in das schmerzverzerrte Gesicht von Lucy. Sie hatte ihre Hand auf meine Stirn gelegt, um meine Temperatur zu fühlen.

„Lupina! Du bist endlich wach! Was ist passiert?“ zunächst verstand ich nicht, was sie überhaupt meinte, doch dann vernahm ich die gedämpfte Stimme von unserem weiteren Teammitglied Mason. „Lucy, sie ist noch zu geschwächt, um dir zu antworten. Warte, bis wir wieder in der Villa sind.“ Sie nickte. Langsam erwachte mein Gedächtnis und meine Gedanken wurden wieder klarer.

Währenddessen schnitt Mason das Tuch durch, welches ich um mein Knie wickelte, und untersuchte vorsichtig die Wunde. Sein Blick blieb ganz gelassen, als er das viele Blut von meiner Wade wegwischte. Seine Mutter war eine bekannte Ärztin und er war häufig bei ihr im Krankenhaus nach der Schule.

Ich beobachtete ihn bewundernd und fragte mich, was er wohl gerade dachte.

Er nahm mein Handgelenk und fühlte meinen Puls, dann sagte er: „Die Wunde ist nicht sonderlich tief, trotzdem solltest du das Bein nicht belasten. Ich werde dich zur Villa tragen.“

Er lächelte leicht und schob seine kräftigen Arme unter meine Beine und um meinen Rücken.

Lucy guckte zur Seite, so als ob sie leicht eifersüchtig wäre. Innerlich kicherte ich über ihre zurückhaltende Miene. Mason hob mich hoch und mein Kopf legte sich von selbst an seine muskulöse Brust. Ich vernahm seinen leisen Herzschlag.

Sein Körper war angenehm warm und fühlte mich schon fast wohl in seinen Armen.

Es war so ein komisches Gefühl von einem Jungen getragen zu werden, besonders, da ich mich ja nie wirklich mit Jungs abgegeben habe und so was für mich völlig neu war.

Das Schaukeln seiner Bewegungen machte mich müde und ich hatte Mühen,

meine Augenlider offen zuhalten.
 

Die Sonne ging langsam unter, zwischen Bäumen wurde es immer dunkler und wir waren immer noch unterwegs. Wir hatten schon einige Male eine Pause gemacht, da Masons Arme ihm den Dienst versagten. Im Halbschlaf hörte ich das leise Gemurmel meiner Teammitglieder, die sich anscheinend über mich unterhielten.

„Was glaubst du, hat sie dazu bewegt, sich soweit von uns zu entfernen, Mason?“

Fragte Lucy und auf einmal fiel mir wieder ein, was Mason zu ihr gesagt hatte, um sie zurückzuhalten. Er hatte gesagt, er wisse was ich herausgefunden hätte und würde versuchen, es mit allen Mitteln herausfinden zu wollen. Wusste er etwa von dem Werwolf?

Hatte er ihn vielleicht auch letzte Nacht gesehen? Warum ist er mir nicht gefolgt oder hat selber versucht, den Wolf zu finden?

Bevor ich meine Gedanken fortsetzen konnte, antwortete Mason: „Ich…weiß es nicht.

Wahrscheinlich hat sie nicht einmal gemerkt, dass sie so weit weggelaufen war.“

Warum hat er gezögert und Lucy nicht die Wahrheit gesagt? Hatte er vielleicht Angst, ich könnte ihn hören und verdacht schöpfen? Das habe ich doch schon längst.
 

Ungefähr zehn Minuten später durchschritten wir die Tür zu unserem Zimmer in der Villa.

Mason legte mich vorsichtig auf mein Bett und verließ mit einem „Gute Besserung“ das Zimmer. Meine Freundin brachte mir etwas zu Essen, wozu ich sagte, es sei nicht nötig, und ließ mich nach ein Paar Fragen allein. Ich dachte über den Werwolf nach, über meinen Werwolf und kam auf die Idee, ihm einen Namen zu geben. Warum auch nicht?

Jeder Mensch hat einen Namen und auch viele Tiere, sowie Haustiere haben einen bekommen.

Warum sollte ein so schönes Fabelwesen nicht auch einen bekommen? Außerdem hatte ich bereits einen passenden gefunden: Amarantus. Es bedeutete Tausendschön.

Was für ein passender Name, dachte ich, als ich in die sanften Wogen des Schlafes fiel.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Kokoa3
2010-12-16T22:27:10+00:00 16.12.2010 23:27
omg o.o
die geschichte ist echt toll ♥
hoffe das du bald weiterschreibst
die geschichte hat mich gefesselt
LG
kokoa


Zurück