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Perlentaucher Weihnachtsmärchen 2009

~ Jeden Tag ein OneShot über Twilight zum Fest der Sinne ~
von

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23 Lebkuchenherzen

Ihr lieben Leser. Heute gibt es etwas Süßes für alle Naschkatzen – und freut euch: Es macht weder dick, noch brauchen Diabetiker aufpassen ;)

Viel Spaß!
 


 

Autor: lachmaus

Rating: P6

Genre: Romanze

Sonstiges: All-Human
 

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Als der November in Forks hereinbrach, endeten allerlei Vorbereitungen unter den Einwohnern: Letzte Bestellungen kamen mit der Post, handgefertigte Holzschnitzereien erhielten den perfektionierenden Feinschliff und auf dem großen Parkplatz vor dem Diner wurden kleine Buden, verziert mit warm leuchtenden Lichterketten, aufgebaut. Der Polizeichef Charlie Swan ließ sich sogar von seinem Freund Harry Clearwater dazu überreden, zusammen einen ansehnlichen Tannenbaum zu fällen und dekorativ auf dem Platz aufzustellen.
 

Alle wussten, dass es in wenigen Wochen soweit sein würde: Der winzige, familiäre Weihnachtsmarkt würde seine Tore öffnen.
 

Am ersten Dezember würden die Läden der Buden aufgeklappt werden. Inzwischen beteiligten sich zwanzig Familien an dieser kleinen Tradition. Was mit wenig Hoffnung angefangen hatte, war bald zum Freudenereignis der Adventszeit geworden. Es wurden die unterschiedlichsten Sachen angeboten, von selbstgemachten Kerzen, über eingelegte Früchte und Marmelade, hin zu liebevoll gebasteltem Weihnachtsschmuck war alles vertreten. Das Angebot war nie besonders vielfältig - dafür wäre der Aufwand zu ungeheuerlich - doch das war auch nicht, was zählte. Vielmehr wurde dies eine Möglichkeit zum Plauschen, Teilen und Helfen, zum zusammen auf den Heiligen Abend freuen. Man erlebte gemeinsam den ersten Schnee und beriet sich bei der Geschenkauswahl.
 

Fakt war: Der alljährliche Weihnachtsmarkt war nicht mehr aus der Kleinstadt wegzudenken.
 

In diesem Jahr entschied auch die Familie Newton - genauer gesagt Mrs. Newton - sich mit einem Stand zu beteiligen. Ihre Küche wurde großräumig freigeschaufelt, um Platz für eine eigenbetriebliche Weihnachtsbäckerei zu schaffen. Ihr Sohn Mike hielt von der gesamten Aktion recht wenig, immerhin war Backen ein Frauenhandwerk, welches er nicht mal in der Spitze seines kleinen Fingers beherrschte.
 

Die Sippschaft der Newtons betrieb normalerweise einen Shop für Wanderausrüstung, welcher sich seit Jahren in Familienhand befand. Bis auf eine Ausnahme: Die Aushilfe Isabella Swan.

So kam es, dass das schüchterne Mädchen Opfer einer Spontanbeförderung wurde und sich mir nichts, dir nichts in Mrs. Newtons Küche wiederfand.
 

Isabella Swan war vor einem Jahr von Pheonix zu ihrem Vater Charlie Swan nach Forks gezogen. Sie versteckte sich gerne hinter ihren braunen, langen Haaren und war dankbar, dass sie mit ihren hellen Teint schnell in der Masse der anderen Einwohner untergehen konnte. Das Mädchen war kein Freund großer Aufmerksamkeit. In einer Kleinstadt wie dieser war es jedoch nur zu leicht, welche zu bekommen. So wussten inzwischen alle, dass sie lieber ‚Bella‘ genannt werden wollte, am liebsten in den Werken von Jane Austen versank und mit wenig Koordinationsgefühl gesegnet war.
 

Doch sie war ein kluger Kopf, mit angenehmem Humor und aufmerksamen Augen. Die lagen jedoch seit etwa einem Jahr nur noch auf einer Person: Ihrem Mitschüler Edward Cullen.
 

Edward Anthony Cullen teilte mit ihr die Laborbank in Biologie und war in Isabellas Welt das Abbild der Perfektion. Seine Stimme war samtig, sein Lächeln knieerweichend freundlich und seine grünen Iriden nahmen sie immer wieder gegen ihren Willen gefangen.
 

Sie behielt es streng für sich, aber er hatte die optimale Größe, damit sie genau unter seinen Arm passte. Diese Erfahrung durfte sie vor ungefähr einem halben Jahr machen, als er sie mit ausgeprägter Reaktionsgeschwindigkeit von einer gläsernen Tür im Schulgebäude gezogen hatte, ehe sie dagegen gelaufen war.
 

Seine Haut war ebenso hell wie ihre und die Haare fast ebenso braun.

Er war belesen und sehr gut erzogen. Einmal hatte er ihr sogar in die Jacke geholfen und noch ein paar Mal mehr die Tür aufgehalten. Durch einen unangenehmen Zufall, bei welchem sie dummerweise ihre Rucksäcke vertauscht hatte, hatte sie außerdem die Entdeckung gemacht, dass sie mindestens eine gleiche CD besaßen.
 

Isabella verriet es niemanden, doch heimlich war sie in Edward Cullen verliebt.
 

Zu ihrem Unglück konnte sie nicht darauf hoffen, dass er ihre Gefühle erwiderte. Sie redeten nicht viel miteinander, auch wenn ihr Herz bei jedem gewechselten Wort einen kleinen Freudentanz schlug. Es hatte bestimmt zwei Monate gedauert, bis sie sich überhaupt getraut hatte, ihm mit ganzen Sätzen, anstatt nur einzelnen Wörtern zu antworten oder gar Gegenfragen zu stellen.
 

Aber sie hatte sich gesteigert. Jeden Tag strengte sie sich an, wenigstens eine Unterrichtsstunde lang ein wenig attraktiv und interessant zu wirken.
 

„Isabella, die Lebkuchen!“, riss Mrs. Newton sie aus ihren Tagträumen. Augenblicklich schnellte ihr Verstand wieder in das Hier und Jetzt: Sie befand sich immer noch mit mehligen Händen in der kleinen Küche und starrte geistesabwesend auf die digitale Anzeige des Backofens.
 

0:00 leuchtete ihr nun entgegen und mit einem kurzen Kopfschütteln besann sie sich darauf, dass sie gewartet hatte, bis die Lebkuchen durchgebacken waren. Schnell schaltete sie die Hitze aus, holte die Bleche hervor und machte sich an das Verzieren.
 

Als der dreißigste November, ein Montag, kam, war fast alles vorbereitet. Doch bevor sie das Schulgelände verlassen konnte, hielt sie ausgerechnet Edward auf dem Gang auf.

„Hey, Bella“, grüßte er sie lächelnd.

„Hi“, erwiderte sie schüchtern. Kaum befand er sich im selben Raum wie sie, spürte sie, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Sie verfluchte ihre Blässe in diesen Momenten, die sie so durchschaubar machte.

„Ich hab gehört, die Newtons machen dieses Jahr auch einen Stand vor dem Diner?“, fragte er scheinbar beiläufig.

„Mhm, ja“, nickte sie, während sie sich innerlich ein wenig wunderte, weshalb er ausgerechnet sie und nicht Mike Newton selbst darauf ansprach. Nicht, dass sie es anders gewollt hätte.
 

„Wirst du auch dort sein?“ Der Große fuhr sich durch die Haare, wodurch sie unordentlich in alle Richtungen abstanden. Für einen winzigen Augenblick verweilte ihre Aufmerksamkeit nicht mehr nur auf seinen Worten.

„Was? Ähm, ja. Ich wurde sozusagen… hochgestuft?“ Sie wusste nicht, ob Edward das Wechseln ihre Position als Steigerung empfinden würde. Doch der lächelte nur breiter.
 

„Ich wollte fragen… Habt ihr auch Lebkuchenherzen?“

Lebekuchenherzen? Ihr Herz sank ihr mit einem Schlag in die Kniekehlen. Edward Cullen hatte jemanden, dem er ein Lebkuchenherz schenken wollte?

„Ähm, ja. Ein paar“, gab sie zu und bemühte sich, dabei ganz unbekümmert zu klingen. „Aber sie sind nicht beschriftet.“

„Oh“, machte er nachdenklich.

„A-also noch nicht“, fügte sie schnell hinzu.

„Also, wir haben nicht so viele, nur ein paar für jeden Tag, weil Mrs. Newton nicht weiß, wie sie sich verkaufen. Deswegen soll ich die Beschriftung erst machen, wenn jemand eins kaufen will… Verstehst du…?“, ratterte sie hinunter. Sie dumme Nuss, warum erzählte sie ihm überhaupt noch weiter davon?
 

„Ja, das verstehe ich“, lächelte er höflich. Unsicher lächelte sie zurück. Vielleicht fand er sie ja trotzdem ganz nett, auch wenn er offensichtlich ein anderes Mädchen mochte.

„Könnte ich dann morgen vorbeikommen und eins kaufen?“

„Sicher“, antwortete Bella mit schwacher Stimme. „Was soll denn draufstehen?“

„Ähm…“ Zögernd fuhr ihr Gegenüber sich mit der Hand über den Nacken und sah kurz an ihr vorbei, bevor er ihrem Blick wieder begegnete.

„Fröhliche Weihnachten“, entschied er, auch wenn es mehr wie ein Vorschlag klang.

„Okay“, nickte Bella, innerlich ein wenig erleichtert. Immerhin kein ‚Ich liebe dich‘.

„Ich mache es heute schon fertig, du kannst morgen also kommen, wann du magst“, bot sie an, was Edward dankend entgegen nahm.

„Wir sehen uns also morgen?“, hakte er nochmal nach, als er sich bereits zum Ausgang umdrehte.

„Ja, morgen“, wiederholte Bella ergeben. Edward lächelte und verschwand. Bella brauchte noch ein paar Sekunden, bevor sie sich wieder gefasst hatte.
 

Bei den Newtons angekommen musste sie sich zu ihrem Bedauern erst um tausend andere Sachen kümmern, bevor sie sich endlich Edwards Lebkuchenherz widmen konnte.

Es war ihr egal, dass dieses Herz nicht für sie bestimmt war: Sie wünschte ihm trotzdem alles Glück der Welt und legte sich bei der Verzierung besonders ins Zeug. Sie steckte all ihre ehrlichen, verliebten Gefühle in ihre Arbeit und gab in Gedanken vor, es ihm selbst zu schenken, anstatt es lediglich im Namen ihrer Chefin zu verkaufen.
 

Am Folgetag, dem ersten Dezember, trafen sich alle Teilnehmenden vier Uhr nachmittags auf dem Parkplatz und schalteten gemeinsam feierlich die Weihnachtsbeleuchtung ein. Da die Sonne bereits untergegangen war, entstand sofort eine bezaubernde und romantische Atmosphäre. Sue Clearwater hatte heißen Tee und Zimtsterne vorbereitet, aber nach und nach besetzten alle ihre Buden. Isabella wurde sogleich im Verkauf platziert, obwohl an diesem ersten Tag noch niemand etwas wollte.
 

Außer Edward Cullen. Pünktlich eine geschlagene Stunde nach der Eröffnung tauchte er vor dem Stand der Newtons auf. Sein Gesicht strahlte in dem schummrigen Licht, während er sie leicht anlächelte. Seine Haare standen durch den eiskalten Wind in alle Richtungen ab, denn trug er keine Mütze.
 

„Da bin ich“, begrüßte er sie.

„Oh, hey…“ Unsicher richtete sich Isabella ein bisschen mehr auf und fuhr sich durch die Haare. Sie hätte ihn gerne gefragt, ob er nicht an den Ohren fror.

„Der Markt ist dieses Jahr wirklich sehr schön.“

„Ja, wirklich schön“, wiederholte sie lahm.

„Vielleicht kaufe ich meiner Mutter ein paar von diesen dicken Hausschuhen von den Cheneys“, überlegte er aus dem Zusammenhang heraus und runzelte die Stirn. Es dauerte einen Moment, bis die Brünette schaltete, doch dann bestätigte sie hastig: „Die sind schön. Ich hab meiner Mutter letztes Jahr auch welche geschenkt.“
 

Edward schmunzelte leicht und grub die Hände tiefer in seine Jackentaschen: „Wann braucht man in Phoenix denn dicke Hausschuhe?“

Überrascht blinzelte Isabella ihn an. Er hatte sich gemerkt, dass sie aus Phoenix gekommen war. Sicherlich, jeder wusste das, doch bei ihm kam es ihr außergewöhnlicher vor.

„W-wahrscheinlich nicht so häufig“, stotterte sie, begleitet durch ein verlegenes Lachen. Edward grinste, jedoch nicht, weil er sich über sie lustig machte, sondern weil er es geschafft hatte, wieder diesen lieblichen Rotton auf ihre Wangen zu zaubern.
 

„Dein Herz ist fertig und wartet bereits“, erklärte das Mädchen rasch, als sich ein Moment des erwartungsvollen Schweigens über sie legen wollte.

„Oh, ähm, prima.“ Er fuhr sich durch die Haare. Mit unsicheren Fingern fischte sie es hervor und zeigte ihm die Beschriftung.

„So in Ordnung?“, fragte sie ängstlich.

„Ja“, nickte er. „Ganz wunderbar.“

Sie packte das Gebäck in eine Tüte und reichte es ihm.

„Was bekommst du von mir?“, hakte er nach und sah zwischen ihr und dem Herz hin und her.

„Zwei Dollar“, murmelte sie verlegen, doch er lächelte und kramte das Kleingeld aus seiner Hosentasche. Als er es ihr gab, berührten sich ihre Hände nur ganz kurz, doch es reichte, um beide noch unruhiger werden zu lassen.
 

„Ähm, Bella?“, fragte Edward erneut, obwohl er sich ihrer Aufmerksamkeit bereits sicher war.

„F-fröhliche Weihnachten!“, rollte es unbeholfen von seinen Lippen, doch das Mädchen verstand nicht, was er damit sagen wollte.

„D-danke, dir auch“, antwortete sie deswegen verwirrt. Er betrachtete sie noch einen kurzen Moment, erkannte aber, dass seine Intention nicht zu ihr durchgedrungen war. Mit einem letzten eher gezwungenen Lächeln drehte er sich daher eiligst um und verschwand mit einem „Bis morgen“ über die Schulter hinter dem nächsten Stand.
 

Während Isabella auf die Stelle blickte, wo er eben noch vor ihr gestanden hatte, starrte er auf das Lebkuchenherz, welches sich fälschlicherweise immer noch in seinem und nicht ihrem Besitz befand. Er schloss die Augen, verfluchte sich innerlich, stopfte das Herz in seinen Rucksack und lief mit raschen Schritten zu seinem Auto.
 

Diese Chance hatte er gründlich vermasselt. Er hatte gedacht, endlich genug Mumm gefasst zu haben, es ihr zu sagen. Doch anscheinend war es nicht deutlich genug gewesen.
 

Während Edward in seinem Wagen nach Hause fuhr, wiederholte er innerlich immer und immer wieder die Gespräche, welche sie in den letzten Tagen geführt hatten. Auch die, die bereits ein paar Wochen zurücklagen und sogar vereinzelte Szenen, die schon seit Monaten zur Vergangenheit zählten. Doch nicht für ihn.
 

Der Junge vermochte schon gar nicht mehr zu benennen, seit wann er heimlich für die schöne Brünette schwärmte. Er wusste nicht mehr, an welchem genauen Tag sie ihm das erste Mal aufgefallen war, doch seit diesem Moment hatte er sich ihrem Charme nicht mehr entziehen können.

Zu seinem Glück hatte er in Biologie als einziger alleine gesessen, als sie plötzlich mitten im Semester aufgetaucht war, sodass es keine Wahl gegeben hatte, als sie neben ihn zu platzieren. So bekam er jeden Tag eine ganze Stunde, in der er sie aus nächster Entfernung studieren und ab und zu sogar in winzige Unterhaltungen verwickeln konnte.
 

Er wusste noch nicht viel über sie, aber jede Information, an die er bereits gekommen war, machte sie nur noch interessanter. Edward hatte sich fest in den Kopf gesetzt, alles über sie zu erfahren. Sie wirklich kennenzulernen.
 

Da sein Plan an diesem Tag missglückt war, musste er es erneut versuchen. Er hatte sich geschworen, er würde es dieses Jahr noch schaffen. Hoffentlich sogar bis Weihnachten, aber definitiv dieses Jahr.

So kam es, dass, als Bella sich am nächsten Tag in ihren Stuhl in Biologie sinken ließ, in seinem Block bereits ein vorbereiteter Zettel lag.

‚Könnte ich noch ein Lebkuchenherz bestellen? Edward‘, war darauf geschrieben. Edward wollte es richtig machen. Wenn er ihr schon seine Gefühle gestand, sollte sie es nie vergessen. Es sollte etwas Besonderes, etwas Romantischen sein. Selbst wenn sie ihn abweisen würde. Doch über diese Möglichkeit wollte er nicht nachdenken.
 

Kaum, dass die Stunde angefangen hatte, schob er das kleine Stück Papier zu ihr. Sie entfaltete es mit gerunzelter Stirn und las seine Nachricht. Sie starrte länger darauf, als es nötig wäre, doch dann zückte sie einen Bleistift und notierte rasch ihre Antwort.
 

Edward las den Satz bereits, bevor sie den Zettel zurückgeschoben hatte.

‚Natürlich. Was soll draufstehen? Bella‘

Mit zusammengezogenen Augenbrauen las er die Botschaft ein paar Mal, doch er wurde das Gefühl nicht los, die Worte ausgesprochen nicht sehr nett klangen. Wahrscheinlich war es seltsam, mehrere Lebkuchenherzen nacheinander zu kaufen, aber eigentlich war das auch nicht der Plan gewesen. Eigentlich hätte bereits alles mit einem Herz gesagt sein können. Aber der Junge nahm an, dass er mit der Wortwahl ‚Fröhliche Weihnachten‘ nicht sehr durchschaubar gewesen war.
 

Seufzend setzte er den Stift an.

‚Das Herz gestern war für meine Mutter‘, verteidigte er sich, selbst wenn den ganzen Satz bereits nach dem Ausschreiben am liebsten mit einem dicken, schwarzen Filzstift unleserlich gemacht hätte. Wie bescheuert das klang.
 

‚Draufstehen soll:‘

Er zögerte. Er konnte sein Geständnis nicht über das Herz verschicken. Er wollte diese Worte selbst sagen, das Gebäck sollte lediglich der Aufhänger sein.

‚Für das schönste Mädchen der Welt‘
 

Er schluckte schwer, als er den Zettel faltete und wieder in ihre Richtung schob. Ängstlich - aber zu neugierig, um es zu unterlassen - beobachtete er ihre Reaktion. Sie las die Nachricht, doch entgegen seiner Erwartung schimmerte kein Rotton auf ihren Wangen und kein Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Stattdessen ließ sie ihre Haare über ihre Schulter fallen und bildete damit eine Wand zwischen ihnen. Verwirrt atmete er tief durch. Er würde es ihr direkt sagen müssen und zwar bald.
 

Doch als er an diesem Nachmittag erneut vor ihr stand, sie ihm das Herz mit einem unsicheren Lächeln überreichte und er gerade den Mund aufmachen wollte, um ihr zu erklären, dass dieses Backwerk für sie bestimmt war, verlangte Mrs. Newton nach ihrer Aushilfe. Bella lächelte ihn entschuldigend an, verabschiedete sich hastig und verschwand mit traurigen Augen. Mr. Newton nahm ihren Platz ein und Edward bezahlte widerwillig.
 

Ein weiteres Lebkuchenherz landete in seinem Rucksack und ein weiterer Zettel wanderte am nächsten Tag über den Biologietisch zu Bellas Seite.

‚Ich brauche noch ein Herz.‘
 

Zu beider Unglück war ihnen das Schicksal nicht wohl gesonnen. Am nächsten Tag stand Mike im Verkauf - der Edward mit stichelnden Blick seine Ware überließ - und den Tag darauf bekam der Dunkelhaarige die Aufgabe aufgebrummt, auf seine Nichte Renesmee aufzupassen. Er musste all seine Überzeugungskraft aufbringen, damit wenigstens seine Eltern das Herz auf ihrem Nachhauseweg für ihn abholten.
 

Isabella verstand nicht, was ein Mann mit so vielen Lebkuchen wollte. Aber sie beneidete jeden, der einen davon bekam. Oder das Mädchen, der alle gehören sollten. Jeden Tag ein Lebkuchenherz und das bereits seit einer halben Woche. Der anfängliche Schock war bereits der verstehenden Resignation gewichen.
 

Sie wusste, dass all ihre kleinen Hoffnungen, die Edward betrafen, immer umsonst gewesen waren. Nichtsdestotrotz schaffte ihr diese Situation jeden Tag ein weiteres Treffen mit ihm. Sie steckte in ihre Verzierungen weiterhin alle Mühe und Gefühle.
 

Am fünften Tag schmückte sie die Nachricht ‚Dein Lächeln ist mir das Liebste‘ auf dem dunklen Teig mit weißen Zuckerperlen und als Edward kam, versuchte sie ihr strahlendstes Lächeln aufzusetzen, um ihm zu zeigen, dass sie diese Geste auch wunderschön beherrschte. Ohne ihr Wissen brachte sie den Jungen ihrer Träume damit aber soweit aus dem Konzept, dass ihn die bis dahin so erfolgreich vertriebene Nervosität mit einem Schlag erwischte.

„Dein Lächeln ist mir das Liebste“, las er mit unsicherer Stimme zu schnell vor, obwohl er dabei gar nicht auf das Herz sondern direkt in ihre Augen sah.

„Ja“, nickte Isabella - das stand dort - und schämte sich, dass sie sich trotzdem so angesprochen fühlte. Dass sie sich nichts mehr wünschte, als sich damit angesprochen fühlen zu dürfen.
 

Weihnachten rückte langsam näher und jeden Tag verkaufte das Mädchen dem Jungen ein Lebkuchenherz.
 

Jeden Tag versuchte Edward aufs Neue seine Gefühle in Worte zu fassen und jeden Tag scheiterte er kläglich. Vielleicht hoffte er innerlich, dass sie es mit der Zeit selbst herausfinden könnte, vielleicht fürchtete er sich doch vor ihrer Reaktion, wenn sie es tat.
 

Jeden Tag bekam Bella einen neuen Auftrag und jeden Tag hätte sie ihn am liebsten gefragt, für wen all diese Herzen waren. Am Wochenende hatte er von seiner Schwester Alice, die durch eine Gruppenarbeit im letzten Halbjahr noch die Telefonnummer seiner Angebeteten besaß, eben diese erpresst und so mit einem furchtbar unbeholfenem Anruf seine Wünsche weitergeleitet. Die Botschaften wurden von mal zu mal romantischer und liebevoller.
 

Bis auf den vierzehnten Dezember.

Am vierzehnten Dezember holte sie die Hoffnung das erste Mal wieder ein. Die Hoffnung, dass vielleicht doch ein Herz für sie bestimmt sein sollte.
 

Sie saß mutlos auf ihrem Stuhl in Biologie, den Kopf voller Ängste vor dem Mathetest, der am folgenden Tag auf sie wartete. Obwohl Mr. Banner, ihr Biolehrer gleich seine Stunde beginnen wollte, lagen auf ihrem Tisch immer noch ihre Notizen der Gleichungen der vergangenen Stunde. Einen winzigen Schritt wollte sie einfach nicht begreifen. Alles verstand sie, nur diesen einen, kleinen Schritt erkannte sie zwischen all den Zahlen nicht.
 

„Brauchst du Hilfe?“, flüsterte Edward plötzlich und sah ihr über die Schulter. Mit klopfendem Herzen schluckte sie ihre Nervosität herunter, riss sich wie immer in seiner Gegenwart zusammen und nickte zaghaft. Sie rutschte ein Stück zurück und schob ihm ihr Heft entgegen. Der Dunkelhaarige warf nur einen kurzen Blick darauf, ehe er mit dem Zeigefinger direkt auf die Zeile deutete, die sie nicht verstand.

„Du musst das einfach da rüber ziehen“, erklärte er leise und schaute zurück zu ihr. Sie nickte lediglich stumm, vergaß aber aufgrund der Nähe seines Gesichts, zu fragen, welche Zahl sie wie und wo rüber ziehen sollte.

„Schreibst du morgen einen Test?“, hakte er nach, worauf sie abermals nickte.
 

Mr. Banner räusperte sich und die beiden widmeten sich rasch dem Unterricht. Bella wollte das angefangene Gespräch jedoch nicht einfach fallen lassen -zumal sie noch nichts gesagt hatte - und wisperte: „Brauchst du wieder ein Herz?“

Er nickte, riss ein Stück Papier von seinem Block ab und schrieb darauf die Botschaft: ‚Viel Glück‘.
 

Doch als er am Nachmittag vor ihr stand und sie darauf wartete, dass er irgendein Zeichen gab, sie damit ansprechen zu wollen, siegte erneut seine Angst und ein weiterer Tag ohne Geständnis zog ins Land.
 

Die hoffnungslose Situation schien sich mit jedem fortschreitendem Lebkuchenherzen zu verschlimmern. Während Edward immer mehr von seinen Gefühlen preisgab, war er hin- und hergerissen zwischen dem Vorhaben, endlich reinen Tisch zu machen, und dem Wunsch, dass sie ihm diese Aufgabe abnehmen und einfach aus dem Subtext ihrer Gespräche seine Absichten herauslesen könnte. Bella hingegen hoffte mit jedem liebevoll verzierten Gebäck, dass er ihre Gefühle darin spüren und sie ihn somit doch noch für sich gewinnen könnte. Doch jeden Tag musste sie eine erneute Ablehnung einstecken.
 

Als Edward am zweiundzwanzigsten Dezember seufzend ein weiteres Herz in seinen Rucksack steckte, fasste er den Plan, ihr am Heiligen Abend seine Liebe zu gestehen. Das Gepäck, welches sich mittlerweile nur noch für diesen Zweck in seinem Auto befand, war fast bis zum Maximum gefüllt und in zwei Tagen würde er sie einfach mit seiner Sammlung überhäufen. Zum Teufel mit seiner inneren Angst; er hatte sich so lange eingeredet, es zu schaffen, jetzt konnte er sich auch dran halten.
 

Mit all den Lebkuchen würde sein Auftritt noch eindrucksvoller wirken und sie würde ihn gar nicht mehr abweisen können.
 

Zuversichtlich und frohen Mutes fuhr er am dreiundzwanzigsten Dezember auf den Parkplatz des Diners. Der leichte Schneefall, der vor etwa einer Woche eingesetzt hatte, hatte die Straßen weiß gefärbt. An diesem Tag würde er ihr Aufeinandertreffen zum ersten und letzten Mal nicht mit nervösem Gestammel überschatten, sondern einfach nur ein Lebkuchenherz kaufen.

Dachte er.
 

Sein Herz rutschte ihm beinahe in die Hose, als er den Wagen parkte und sein Blick auf die wimmelnden Leute fiel, die die letzte Weihnachtsdekoration abnahmen. In einem rasanten Tempo griff er nach seinem Rucksack, sprang aus dem Wagen und hastete zum Stand der Newtons. Gerade, als er ausstieg, begann es erneut, leise zu schneien. Überall packten Familien ihre Waren in Kartons und große Scheinwerfer, die den Abbau erleichtern sollten, verdorben die bisherige weihnachtliche Atmosphäre.
 

Mit einem Ruck kam Edward vor Bella, die gerade auf einer winzigen Leiter stand und Tannenzweige vom Dach der Bude pflückte, zum Stehen.

„Bella!“, keuchte er entsetzt. „Warum baut ihr schon ab?“

Erschrocken zuckte sie zusammen und wirbelte herum - und rutschte dabei mit dem linken Fuß von der winzigen Trittfläche. Mit einem kleinen Aufschrei strauchelte sie nach vorn, fiel direkt in Edwards Arme, der wiederum selbst zurücktaumelte und mit ihr in die Knie ging. Beide stöhnten leise auf, das Mädchen war äußerst unbequem auf ihm gelandet. Durch den Sturz hatte sie sich den Arm gestoßen, während sein Oberschenkel diverse blaue Flecken davontragen würde.
 

„Edward!“, japste sie blass und wich rasch ein bisschen von ihm zurück, sodass sie nur noch zwischen seinen Beinen kniete. „Oh Gott, es tut mir so leid! Ist alles in Ordnung?“

„Ja, schon okay“, stöhnte er und richtete sich halbwegs auf. Der Schnee fraß sich bereits in seine Hose. „Hast du dir wehgetan?“

Er sah ihr in die Augen und augenblicklich vergaß sie, was sie antworten wollte.
 

„Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken“, murmelte er.

„Nicht so schlimm“, erwiderte sie abwehrend und sah an ihm vorbei. Ihr Blick fiel auf seinen Rucksack, der neben ihnen zu Boden gegangen war. Der Junge hatte am Vortag das Schließen des Reißverschlusses vernachlässigt und so waren die obersten Lebkuchen aus der Öffnung gefallen.

‚Du gehst mir nicht eine Sekunde aus dem Kopf‘, stand auf dem, welches direkt in ihrem Blickfeld lag.
 

„Dein Herz ist noch da, ich habe es beiseitegelegt“, erklärte sie distanziert, doch er schüttelte nur den Kopf. Es gab jetzt Dringenderes zu klären.

„Wieso baut ihr schon ab? Heute ist doch erst der Dreiundzwanzigste! Was ist denn mit morgen?“ Er klang in seinen eigenen Ohren angsterfüllt, aber anders ließ sich das beklemmende Gefühl in seiner Brust auch nicht beschreiben. Wenn sie bereits in diesem Augenblick abbauten, könnte er ihr nicht am kommenden Tag das letzte, endgültige Lebkuchenherz überreichen und damit seinen großen Plan vollenden.
 

„Ja, aber… Aber der Weihnachtsmarkt schließt doch immer schon vor dem Heiligabend“, verteidigte sich das Mädchen kleinlaut, völlig von seiner unerwarteten Reaktion überfordert.

„Verdammt, ich… Ich brauche doch noch das vierundzwanzigste Herz! Ansonsten kann ich doch nicht…“ Er brach ab und suchte erneut bittend ihren Blick.
 

„Was kannst du nicht?“, wiederholte sie leise. Obwohl sie in dem nassen Schnee saß, kümmerte sie die Kälte in diesem Augenblick nicht. Ihr Herz schlug vor Aufregung so schnell, dass es ihren Körper problemlos erhitzte.
 

Edward schluckte schwer und sah ihr tief in die Augen, bevor er eine Entscheidung traf.

„Bella, ich muss dir was sagen“, gestand er zögerlich. Als sie nichts erwiderte, fuhr er eilig fort, richtete sich dabei noch ein Stück auf.

„Du bist das schönste Mädchen der Welt“, erklärte er.

„Dein Lächeln ist mir das Liebste. Du gehst mir nicht eine Sekunde aus dem Kopf. Ich…“ Er stockte. Sein Herz lag ihm bereits auf der Zunge, doch es benötigte noch einen letzten Stoß.
 

„Diese Nachrichten… Die Herzen…“, hauchte Bella fassungslos, während sich die Hoffnung bereits einen Weg durch ihren Bauch in die Brust bahnte.

„Die waren alle für dich“, bestätigte Edward nachdrücklich.

„Ich… Ich habe mich in dich verliebt.“
 

Einen kurzen Augenblick blieben seine Worte in der von Lärm erfüllten Luft liegen, durch die die zierlichen Flocken träge auf sie hinunter rieselten.

„Wirklich?“, flüsterte Bella heiser. Edward wusste nicht, was er sagen sollte. War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Also nickte er und starrte sie abwartend an. Konnte sie nicht etwas dazu sagen?
 

„Warum hast du nicht früher was gesagt? Ich hab gedacht… die ganze Zeit, dass sie für jemanden anderes wären.“ Sie blickte kurz auf ihre Finger, die nervös an ihren Ärmeln spielten.

„Ich wollte auf den richtigen Moment warten, schätze ich“, erklärte Edward entschuldigend.
 

„Vierundzwanzig Lebkuchenherzen?“, fragte das Mädchen hoffnungsvoll und erwiderte seinen Blick wieder.

„Naja, jetzt leider ja nur dreiundzwanzig.“ Er grinste schief. Ihr glückliches Herz konnte sich ebenfalls nicht davon abbringen lassen, ein liebliches Lächeln auf ihre Lippen zu legen.
 

„Darf ich mir für das vierundzwanzigste Herz stattdessen etwas wünschen?“, erkundigte sie sich verlegen, während ihre Augen kurz zu den Herzen wanderten.

„Natürlich. Alles“, versicherte er eilig. Sein Herz schlug schnell gegen seine Brust, denn er glaubte, zu wissen, dass er wider Erwarten doch den richtigen Moment erwischt hatte. Er fasste mit einer zittrigen Hand nach ihrer Wange, einfach damit sie ihm noch ein Stück näher war. Augenblicklich wurde sie noch röter als ohnehin schon, bevor sie sich zu ihm herunterbeugte und ihn sanft küsste.
 

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Wir hoffen, es hat gefallen. Wir freuen uns übrigens über jeden Kommentar von euch ;)



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2009-12-08T19:21:48+00:00 08.12.2009 20:21
das ist echt süß von Edward wie er versucht bella zu sagen das er in sie verliebt ist und sich immer nicht traut... einfach zum dahinschmelzen ;D
macht weiter so !!
lg Flurina


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