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Zuhause

Man muss nicht dort geboren sein.
von

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oneshot

Titel: Zuhause sein

Fandom: Tsubasa Reservoir Chronicle
 

Kommentar des Autors:

„Yay for parental-care-cuteness!“
 


 

Zuhause
 

Ich muss sagen… ich weiß nicht, was genau ich mache und warum ich es mache. Aber ich glaube fest daran, dass es das Richtige ist. Mein Herz wird schon recht haben mit dem, was es mir sagt. Mein Blick gleitet unauffällig hinab auf den zitternden Körper, der mir im Zeitraum der letzten halben Stunde ziemlich auf die Pelle gerückt ist. Ich hebe die Augenbrauen. Dieses Kind ist zum Haare raufen. Ich kann ihr Unwohlsein schon seit Ewigkeiten riechen. Seit wir hier herum irren, läuft sie mir hinterher wie ein verlorenes Entenküken. Die verfolgen doch auch immer das erste, was sie sehen, nicht? Allerdings quäken sie dann fröhlich durch die Gegend anstatt einen nur ständig verstohlen an zu schielen.

Ich stütze die Ellenbogen auf die Knie, lehne mich vor und mein Blick ruht sich kurz auf dem grasbedeckten Boden aus, bevor er sich wieder erhebt, die Gegend erkundet. Ich kann grüne Wiesen sehen, Felsen, Berge. Ein Tal liegt zu meinen Füßen und ein kleiner Fluss schlängelt sich durch dieses, umkreist dabei sorgfältig hochstechende Gesteine. Der Wind trägt das Rauschen des klaren blauen Wassers den Hügel hinauf bis zu mir, während er die hohen Gräser tanzen lässt. Mein Blick schweift weiter, wie ein Adler erhebt er sich in die Lüfte und erkundet das Gelände, folgt dem Lauf des Talbaches, bis er in der Ferne verschwindet und kehrt dann wieder um, um über die Baumkronen im Tal zu streichen, in Tiefflug zu gehen, die tanzenden Gräser zu streicheln, ehe er sanft neben mir landet.

Ein leises Seufzen dringt an meine Ohren und mein Blick bleibt auf seinem Platze ruhen. Tastet sich hoch an dem Mädchen, welches zu meinen Füßen im Gras sitzt und hinaus starrt, als gäbe das weite Tal vor uns ihr die Antworten auf unzählige Fragen. Die Sonne ist bereits auf die Gebirge getroffen, ihr Licht bricht sich und taucht uns in einen warmen, roten Schimmer. Und doch ist nichts anderes zu hören, als das Rauschen des Windes, bis ich sehe, wie sich ihr Brustkorb heftig hebt und senkt, sie atmet durch, als ob sie Mut sammelt, ehe sie ihre dünne Stimme erhebt.
 

„Kurogane-san?“
 

„Hmh?“
 

Ich gebe zur Antwort nur ein leises Brummen von mir. Ich bin eigentlich viel zu faul zum Reden. Sie dagegen wirkt nervös. Bei Zeiten zittert sie und holt Luft, um dann doch wieder zu schweigen. Doch ich kann spüren, dass sie etwas sagen will.
 

„Meinst du, wir finden Syaoran-kun und Fay-san hier? Irgendwo?“
 

Mein Blick erbarmt sich aufs Neue, sich auf sie herab zu senken und nun dem ihren zu begegnen. Ich sehe, wie sie hoffnungsvoll und besorgt die Augenbrauen zusammen zieht. Sie erwartet nun aufmunternde Worte von mir. Ich wende den Kopf wieder ab. Ich kann ihr nicht in die Augen sehen. Dieser Blick ist seltsam. Als wenn sie etwas bei mir sucht. Doch weiß ich nicht, was.
 

„Ich weiß es nicht. Aber da wir uns verstehen können, können sie nicht weit sein.“
 

Antworte ich ihr schließlich. Doch der erwartungsvolle Blick aus den smaragdgrünen Augen will mich nicht in Frieden lassen. Sie löchert mich damit und ich weiß nicht, warum. Was erwartet sie von mir? Es ist selten vorgekommen bis jetzt, dass ich mit ihr allein irgendetwas zu schaffen hatte. Sonst war immer dieser idiotische Magier um sie herum, um sie bei Laune zu halten. Doch es ist nicht meine Natur, durch die Gegend zu springen und mit Kindern umgehen kann ich schon gar nicht. Ich versuche also, ihren Blick zu ignorieren. Ich untersuche stattdessen die Umgebung. Ich weiß, dass sie meinem Zuhause kein Stück ähnlich ist. Und doch suche ich nach einem kleinen Anhaltspunkt. Immer wieder. Doch selbst die Steine und die Grashalme sind einfach nur anders, als daheim. Die Felsen haben eine andere Konsistenz, eine andere Struktur und das Gras trägt ein ganz fremdes Grün. Ganz anders, als in Japan. Ich weiß, dass auch das Wasser des Baches anders sein wird und auch die Rinde der Bäume wird nicht die Gleiche sein. Ich werde kein Stück Zuhause finden. Egal, wie genau ich suche. Egal, wo ich nachsehe. Keine Welt wird je so sein, wie die aus der ich komme. In die ich gehöre. Wobei… ob das noch so richtig ist?

Ich hebe den Blick gen Himmel und betrachte die Wolken. Ihre Unterseiten strahlen in hellem Orange, während sie sich nach oben hin weiß und grau abheben. Gelbe Lichter spielen mit ihnen und sie sehen einladend aus. Man möchte sich glatt rein legen, doch ich weiß, dass Wolken nichts weiter sind, als schwebender Dampf. Auch, wenn sie noch so weich aussehen. Sie sind nur Wasser, welches sich irgendwann einfach wieder über uns ergießt. Mehr nicht. Ein irgendwie trüber Gedanke. Der Wind zupft an meiner Kleidung und mit einem Mal wird mir kalt.

Ich kann mich auf keinen klaren Gedanken konzentrieren, denn der Blick, welcher mich immer noch malträtiert, macht mich nervös. So kann ich mir nicht verkneifen, mich gegen diesen zu wehren.
 

„Was ist?“
 

Wieder drehe ich ihr den Kopf zu, schaue zu ihr herunter und augenblicklich sinkt ihr Blick und ihre Hände falten sich unruhig in ihrem Schoß, ehe sie spricht.
 

„N-nichts ich… du hast so… traurig ausgesehen…“
 

Unsicher schielt sie zwischen einzelnen Haarsträhnen zu mir hoch. Ich schlucke trocken. Habe das ungute Gefühl, dass irgendetwas mir den Hals ganz grauenvoll abschnürt. Da sagt mal einer, als Ninja sei man Meister des Versteckens. Niemand kann vor einem Kind etwas verstecken. Auch ich nicht. Dabei bin ich mir sicher, das Gesicht kein Stück verzogen zu haben, doch ich weiß, sie spürt es. Und ich habe nichts und niemanden, hinter dem ich mich verstecken kann. Niemand kann hier nun raunpfuschen. Nicht einmal dieser blöde Magier, der solch ernste Gespräche sonst auch erfolgreich unterband.
 

„Wie kommst du darauf?“
 

„N-nur so… ich…“
 

Ich hebe eine Augenbraue. Nur so, ja?
 

„…dein Blick. Er wirkte so sehnsüchtig… du hast… sicher an dein Zuhause gedacht nicht?“
 

Ich ziehe skeptisch die Augenbrauen zusammen, doch sie kämpft gegen mich an. Sie hebt ihren Kopf und sie schaut mir ins Gesicht.
 

„Das tust du sehr oft, habe ich gemerkt. Das muss dir nicht unangenehm sein, ich… wenn ich wüsste, wie es bei mir Zuhause wäre… Ich…“
 

Ich schaue herunter auf ihre Hände. Sie faltet sie nervös, dreht Däumchen.
 

„Ich hätte auch Heimweh, glaube ich. Ganz sicher sogar.“
 

Ich ziehe die Augenbrauen zusammen. Schließe für einen kurzen Moment die Augen. ‚Heimweh‘ nennt sie sowas also. Das Gefühl, das man hat, wenn man um jeden Preis zurück nach Hause will. Ich höre, wie sie die Luft anhält und ich spüre ihren Blick. Es macht nichts, dass sie diesen Ausdruck in meinem Gesicht sieht. Jetzt ist es eh egal. Ich weiß, sie ist unschuldig. Aber sie ist nicht dumm. Und sie weiß das auch.
 

„Kurogane-san…“
 

Ich höre Unsicherheit und Sorge in ihrer Stimme mitschwingen. Wieder schickt der Wind eine sanfte Brise über uns hinweg und wenn ich mich auf das Licht der untergehenden Sonne konzentriere, kann ich spüren, wie warm sie ist. Doch da ist noch eine andere Wärme außerhalb von mir. Sie ist weich und sanft. Ganz unbekannt und neu. Und doch habe ich das Gefühl, sie zu kennen. Vielleicht auf eine andere Art und Weise.

Eine zaghafte Berührung am Knie holt mich zurück aus meinen Gedanken. Aber nicht ruckartig, sondern sanft. Dennoch schrecke ich auf und ich sehe aus dem Augenwinkel, wie sich die kleine Hand, welche mich eben berührt hatte, erschrocken wegzieht. Unsicher schaue ich erneut zu ihr herunter. Ich kann etwas in ihren Augen sehen. Etwas, was mich anzieht. Was mir das Gefühl von Sicherheit gibt. Und davon, gebraucht zu werden. Ihre Augen spiegeln eine weite Landschaft wieder, in der Gefühle und Gedanken toben, welche mich einfangen und zu sich ziehen. Wie automatisch hebe ich eine Hand. Ich weiß nicht, was ich mit dieser tun soll. Ich lasse mich einfach leiten und vorsichtig legt sie sich auf den Kopf des Mädchens. Ich sehe ihren verwirrten Blick und ich spüre ihr weiches Haar zwischen meinen Fingern.

Ich muss ein Seufzen unterdrücken. Denn der Blick in ihre Augen tut mir gut. Sie schenkt mir ein Gefühl, welches ich kaum zu deuten weiß. Doch ich weiß, dass es angenehm ist. Es ist noch angenehmer, als die Vorstellung davon, durch Japans Bambuswälder zu toben und sich dort frei zu und gleichzeitig heimisch zu fühlen – nur, weil man es kennt und dort aufwuchs. Bei ihr ist es anders. Ich habe sie vorher nie gekannt. Und doch vermittelt sie mir diese Wärme.
 

„Manchmal ist Trauer nötig, um Glück zu realisieren, Prinzessin…“
 

Erkläre ich ihr schließlich. Dass dem so ist, wie ich es sage, habe ich selbst grad erst verstanden.

Denn ich muss nicht nach Hause. Ich kenne so viele Welten. Ich habe so viel gesehen. Ich bin so viel gereist. Habe mich an Dinge gewöhnt und sie genossen, die ich zu Hause niemals haben werde. Ich trage sie in jeder Welt mit mir herum, diese Erfüllungen meiner Herzenswünsche. Und ich weiß, wenn ich zurück gehe, dorthin, wo ich her kam, werde ich sie nicht mit mir nehmen können. Wie kann ich dann daheim noch glücklich sein?

Langsam streicht meine Hand von ihrem Kopf herunter und meine Fingerspitzen kommen kurz, kaum merklich mit der weichen Haut ihrer Wange in Berührung. Ich beobachte ihr Gesicht. Es sah mich erst unverwandt an, doch dann begann es, sich zu verändern. Ich sehe, wie ihre Mundwinkel zucken und sich langsam, Stück für Stück, hoch ziehen, bis sie mir ein Lächeln schenkt.
 

„Ich finde, Trauer muss nicht sein.“
 

Entgegnet sie mir.

Ich sehe, wie ihre Hände nach der meinen greifen. Es ist, als wenn zwei unterschiedliche Welten sich plötzlich nahe stehen. Ihre hellen, weichen Hände halten mich fest, ich spüre zarte Fingerspitzen, die über meine raue, vernarbte Haut streichen.
 

„Vielleicht hilft dir Hoffnung ein Wenig mehr! Ich… wünsche mir sehr für dich, dass du wieder nach Hause findest.“
 

Sie versucht, mich auf zu heitern. Doch diese Worte sind nicht die passenden. Will ich denn noch zurück nach Hause?
 

„Ich muss meinen Weg dorthin nicht mehr finden.“
 

Erwidere ich und das erste Mal seit einigen Minuten erwidere ich den Druck ihrer zarten Hände, vorsichtig, ehe ich versuche, ihr meine Hand zu entziehen. Doch sie scheint die sie nicht loslassen zu wollen. Ich sehe ihren fragenden Blick und ich weiß, dass sie vielleicht niemals verstehen wird, was ich ihr damit sagen will. Sie wirkt beunruhigt, doch dieses Mal bin auch ich in der Lage, etwas Gutes zu sagen.
 

„Ich bin schon Zuhause.“
 

Ich sehe in die hellen grünen Augen und ich kann erkennen, wie sie aufleuchten. Ob sie das versteht, was ich sage? Ergeben lässt sie mich los, doch ehe ich sehen kann, was kommt, lehnt sich ihr Kopf gegen mein Bein und ihr Blick kriecht vorsichtig zu mir hoch.

Kaum merklich hebe ich die Mundwinkel.

Ja, ich bin zu Hause. Zu Hause zu sein, heißt, eine Familie zu haben. Ein Teil meiner Familie sitzt nun auf dem Boden neben mir. Sie gab mir zu verstehen, dass ich ein Zuhause in ihrem Herzen habe. Und ich kann mich nicht gegen sie wehren. Niemand kann sich gegen sie wehren. Also nehme ich Einzug und lasse mich von ihrer warmen Aura einhüllen.

Ich hebe meinen Arm, lege meinen Umhang um sie.

Ich werde meine Familie nicht verlieren. Nicht noch einmal.

Stumm beobachte ich, wie ihre Augen sich schließen. Und ich weiß, es ist gut so, wie es ist. Sie schenkt mir ein Zuhause. Und sie wird auch eines bei mir haben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  JunAkera
2009-11-25T12:23:48+00:00 25.11.2009 13:23
wie wundervoll ;________;
ich bin momentan eh so in einem Mood wo ich die Vier (Shaolan, Sakura, Fye und Kurogane) als Familie anseh ;//;
OMG wirklich - die FF ist wunder wunderschön <3~

und ich find es so toll dass du GERADE Kurogane und Sakura gewählt hast, da bei Fye und Sakura das Band zwischen ihnen eh fest ist, aber gerade bei Kurogane und Sakura ist es schwerer das Band zu beschreiben, aber das hast du echt toll gemacht ;///;
wirklich gigantisch <3


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