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All the Wrong Reasons

... are they the Right Decisions?
von

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Qual

Bevor das Kapitel beginnt, möchte ich etwas Anmerken:

Für all die, die es natürlich bemerkt haben: Ich lade seit Kapitel 25 ohne einen Betaleser hoch. Die Gründe möchte ich nicht nennen, jedoch möchte ich euch darauf verweisen, dass es zu vermehrten Fehlern kommt.

Schließlich kann ich meine Fehler nicht alle sehen. Entschuldigt also bitte, wenn ihr auf einen Fehler aufmerksam werdet. Ich versuchte mein Bestes um die Fehler so gering wie möglich zu halten.

Ansonsten viel Spaß und danke für die Aufmerksamkeit.
 

________
 

Heute war der erste Tag. Der erste Tag, an dem sie wieder zur Schule gehen würde und Shaelyn konnte nicht behaupten, dass sie sich darauf freute. Eine neue Schule bedeutete Probleme. Anerkannt zu werden war schwierig, auch wenn sie darauf nicht aus war. Aber ein Teil der Klassengemeinde sollte man sein. Zumindest wenn man nicht gehänselt werden wollte.

Das war ihre Angst. Jeder hatte wohl Angst davor, aber der Gedanke half ihr wenig. Auch wenn sie hatte auswählen können auf welche Schule sie ab jetzt ging – es war Anfangs immer dasselbe Spiel. Demnach saß sie missmutig und fertig angezogen auf ihrem Bett. Gleich würde ihr Großvater kommen und sie zur Schule fahren. Aber wenn sie an die Schule dachte, war das nur das geringere Problem. Etwas anderes fraß sie fast auf. Bescherte ihr Albträume. Versetzte sie in die furchtbarsten Vorstellungen. Rätselte sie immer über dieselbe Frage: Was war nur mit Rue passiert?

Seit dem Tag unter dem Pavillon hatte sich rein gar nichts verändert. Das Gefühl ihn verloren zu haben lähmte sie. Jeden Tag mehr. Es war jede Sekunde, Minute und Stunde zu spüren. Und das bereits fast eine ganze Woche. Rue mied sie. Ignorierte sie fast vollständig. Alles brach um sie herum zusammen. Was hatte sie um alles in dieser Welt nur getan, dass er sie plötzlich so behandelte? War sie wirklich viel zu weit gegangen? War das etwa eine verdiente Strafe? Es war grausam. Kaltherzig und brutal. Vollkommene Qual, die ihr Herz langsam in Stücke riss. Wie sollte sie das ertragen können - Wenn doch der Mensch, der ihr alles bedeutete, sie rücksichtslos in den Abgrund stieß?
 

Sie hätte nie auf diese Feier gehen sollen. Vielleicht wäre dann heute alles okay. Das jedoch würde nichts an ihrer jetzigen Situation ändern. Nun war es so. Und Shaelyn konnte nur zusehen wie sich alles in die falsche Richtung entwickelte. Das, was sie nur weiter in die Verzweiflung trieb. Kraft hatte sie bisher viel aufwenden müssen. Seine Aufmerksamkeit war nicht leicht zu erhaschen. Wie viel Zeit war vergangen? Sicherlich. Nur ein paar wenige Wochen, seitdem sie selbst erst wusste, was er wirklich für sie war. Dass er ihr Leben war. Ein Leben abseits all der schwarzen Gedanken. Ließ es sie vergessen. Den Schmerz, der noch immer tief in ihrer Seele saß. Jedoch was war er für sie? Ein Mensch? Ein Objekt? Ein Spielball? Ihr Verstand war von schrecklichen Einbildungen vergiftet. Kaum mehr glaubte sie an ein gutes Ende. Alles war eine Lüge. Seine Worten waren pure Täuschung. Sein Verhalten berechnet.

Shaelyn war depressiv. Längst war ihre Innenwelt gestört. Das Gefühl den Boden unter den Füßen, abermals, zu verlieren war kaum zu bewältigen. Nicht ein zweites Mal wollte sie alles in ihrem Leben verlieren. Das würde sie nicht durchstehen. Sollte sie also versuchen sich zu verändern? Versuchen so seine Aufmerksamkeit zurückzuholen? Ohnehin führte sie sich auf wie ein verrückt gewordener Teenager. Der Gedanke an die Feier ließ sie schaudern. Sie hatte Rue bedrängt. Ihm ständig ihre Launen aufgezwungen. Vielleicht sollte sie in Zukunft versuchen ruhiger zu werden. Ja, vielleicht. Denn vielleicht gefiel sie ihm so besser. Was sollte sie sonst tun? Auch wenn es falsch war sich zwanghaft zu verändern – Shaelyn wünschte sich nichts sehnlicher als Rue an ihrer Seite, selbst wenn er sie gerade so behandelte. Liebe war nicht immer ein wunderschöner Traum. Manchmal war es mehr ein Leiden – denn einfach aufzuhören zu lieben war unmöglich. Und manchmal bedeutete nur der Tod das Ende einer Liebe.

Es war ein Klopfen, das sie aus den tiefen Gedanken holte. Unmittelbar blickte sie zur Türe, die sich langsam öffnete. Jemand trat ein und es war natürlich ihr Großvater, er ihr entgegen lächelte. „Bist du fertig?“, fragte er freundlich und Shaelyn nickte nur, während sie sich erhob. Bald würde es sich zeigen. War sie in der Lage einen Weg zurück zu Rue zu finden?
 

Als ihr Großvater sie zur High School fuhr, blieb es still. Weder er noch sie sagten etwas. Was sollte Shaelyn auch großartiges sagen? Ihr Großvater bemerkte doch ihren starken Kummer, aber auch er konnte nichts daran ändern. Es zur Sprache zu bringen half nicht. Und Shaelyn hatte längst bemerkt, dass ihr Großvater an seine Grenzen gestoßen war. Oft war Rue zur Debatte geworden, aber nie war ihr Großvater imstande gewesen ihr zu helfen. Höchstens aufzuheitern, was dann doch in Ernüchterung umschlug. Und sich letztendlich auf ihren Großvater zu verlassen war ebenso falsch. Es war eine Sache zwischen ihr und Rue.

Der Wagen hielt und sie stieg mit einem kleinen Danke aus dem Auto. Jenes Auto fuhr davon und sie wandte sich um. Sie stand vor einem großen Gelände, in dessen Mitte ein Gebäude stand. Es war gewaltig. Auf dem kleinen Bild in dem Ordner, den ihr Großvater ihr zusammengestellt hatte, sah es winziger aus als es war. Unbewusst und aufgeregt griff sie stärker am Band der Umhängetasche, in der schon jetzt jede Menge Bücher waren. Sofern sie aufgeklärt wurde, würde sie ihren eigenen Spind bekommen. Außerdem hatte sie gleich ein Gespräch mit dem Betreuungslehrer, der sie zunächst testen und dann einteilen würde. Anschließend würde sie Kurse wählen, an denen sie teilnehmen würde – sofern sie die Tests bestand. Hoffentlich schaffte sie es einigermaßen. Bisher waren all ihre Leistungen im Mittelbereich. Weder gut noch schlecht. Aber ein ganzes Jahr ohne Schule hatte natürlich ihre Spuren hinterlassen. Vielleicht musste sie sogar Nachhilfe nehmen. Wie sollte sie das sonst schaffen? Ja, ganz bestimmt musste sie Nachhilfe nehmen.

„S-Shaelyn?“, war eine überraschte, ihr bekannte, Stimme von der Seite zu hören, sodass sie gleich herum fuhr. Die Engländerin blickte in das verblüffte Gesicht eines jungen Mannes. Seine brauen Augen musterten sie ebenso verwundert. Irritiert strich sie sich hastig ihre Haare aus dem Gesicht und starrte einige Sekunden. Joel? Ging er hier zur High School? „H-Hi.“, brachte sie hervor und blinzelte noch einige Male um sicher zu gehen, dass er da wirklich vor ihr stand – mit Gips um die halbe Hand und um den Arm. Sollte sie dazu etwas sagen? War sie nicht etwas schuld an seinem Unfall? „Was ein Zufall.“, lachte der junge Mann offen, sodass die Sorge ein wenig verflog. Es wäre sowieso klüger, wenn sie es so beließ wie es war. Shaelyn zog dann ihre Augenbrauen zusammen, da ihr etwas anderes einfiel. „Es ist doch das letzte Jahr für dich, oder?“ Er war so alt wie sie. Also musste er ins letzte Jahr gehen. „Tja wie es aussieht ist dieses Jahr nicht so mein Fall.“ Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf, ehe sie erneut den Mund öffnete: „Also hast du noch ein Jahr vor dir?“ Joel nickte und schenkte ihr ein süßes Lächeln. In diesem Augenblick ließ es sie ihren Kummer für eine Sekunde vergessen.

Eigentlich sollte sie sich freuen, was sie auch irgendwie tat. Da war jemand den sie kannte und auch mochte. Jemand, der ihr hier alles zeigen konnte – und auch helfen würde. Wäre da nur nicht der Gedanke an das Versprechen, was sie Rue gegeben hatte. Es waren Gewissensbisse, die sie fortan auch mit sich herum trug.
 

Es war bereits spät am Abend, als Shaelyn vor ihren unzähligen Unterlagen saß. Sie konnte so viel wählen und hatte bis zum nächsten Tag Zeit. Außerdem musste sie lernen. Die amerikanische Geschichte schien hier wirklich sehr streng genommen zu werden. So sehr, dass sie erst etwas über diese Geschichte lernen musste, um angenommen zu werden. Grundstoff, wie es der Lehrer sagte. Doch wäre das Lernen nicht schon genug, kreisten dazu ihre Gedanken um Joel und das Versprechen. Sollte sie davon erzählen? Rue erzählen, dass Joel sehr wahrscheinlich mit ihr ein paar Unterrichtsstunden teilte? Auch wenn sie damit ein Gesprächsthema hätte, worauf er sicherlich etwas sagen würde. Besser sie beließ es dabei solange sie nicht gefragt wurde. Sie wollte Rue damit nicht verärgern... Ihn damit weiter auf Abstand bringen, wie ohnehin schon.
 

Watari trug Sorge mit sich herum. Das selbstverständlich dem Detektiven nicht entging. Jener selbst stapelte auf dem Tassenrand und dem Henkel einige Zuckerwürfel. „Was ist mit Ihnen, Watari?“, sprach er schließlich den alten Mann an, der nachdenklich seinen Tee am Tisch zu sich nahm. „Entschuldigen Sie, Ryuzaki. Es bereitet mir starke Sorge meine Enkelin so zu sehen.“ Ein Thema, das L sicher nicht gern hörte – und darüber sprach. Dennoch schien es endlich an der Zeit zu sein etwas darauf wiederzugeben. „Sind Sie nicht auch der Auffassung, dass sich etwas an der Lage ändern sollte?“ Watari stellte seine Tasse auf den Untersetzer. „Darf ich offen zu Ihnen sprechen?“, kam es natürlich höflich von Watari, sodass L zunächst eine Augenbraue anhob und beim Stapeln inne hielt. „… Nur zu.“ Was folgen sollte, damit rechnete selbst der Meisterdetektiv nicht.
 

Es war tiefste Nacht. Und doch brannte eine kleine Tischlampe in Shaelyns Zimmer. Sie saß noch immer über ihre Unterlagen und das in ihrem Nachthemd. Es wäre nicht so, dass sie nicht schon fertig wäre, doch konnte sie keinen Schlaf finden. Das Bett war der beste Beweis. Völlig zerwühlt lag alles verteilt. All die Gedanken hielten sie wach. Shaelyn fühlte sich einfach nur schlecht. Was sollte sie tun? Warum fand sie keine Ruhe?

Ein leises Klacken war zu hören und gleich drehte sich die Engländerin auf dem Stuhl herum. Ihr Gehör war etwas geschärft – ein Überbleibsel ihrer vergangenen Blindheit. Perplex sog Shaelyn die Luft ein als ein schwarzer Wuschelkopf zum Vorschein kam. Rue lugte um die Tür herum zu ihr – gefolgt von einem prüfenden Blick auf ihr Bett. Nur wenige Sekunden später durchbohrte er sie erneut mit seinem leeren Blick. Es schnürte ihr die Kehle zu. Er kam zu ihr? Was … wollte er? „Du solltest schlafen.“, gab er ihr ruhig den Rat und Shaelyn war der festen Überzeugung er wollte sie auf den Arm nehmen. War er nur hier um ihr das zu sagen? Was tat er ohnehin in der Nacht auf dem Gang? „Oder es zumindest weiterhin versuchen...“, meinte Rue weiterhin und legte seinen Zeigefinger an den Mund. Sollte er sich Sorgen gemacht haben? Im selben Gedankenzug klang es lächerlich. Wenn er wirklich um sie besorgt wäre, würde er ihr die grausame Qual der Isolation ersparen. Bedrückt strich sie sich den rechten Oberarm. „Bist du nur hier um mir das zu sagen?“, fragte Shaelyn leise, da sie ihre Stimme irgendwie verlassen hatte. Rue blickte sie schief an, ehe er eine Hand anhob und sie ans Ohr hielt. Shaelyn nahm ihren Blick von ihm. „Was machst du hier?“, fragte sie lauter, sodass Rue es diesmal verstanden haben musste. „Ich bin dem Licht gefolgt.“ „Dann mach' ich es aus, wenn es dich stört.“, sagte sie unglücklich. Direkt schaltete Shaelyn die Tischlampe aus, als sie schon hörte, wie sich die Türe wieder schloss. Das war es also. Er war nicht wegen ihr gekommen. Was hatte sie auch in der hintersten Ecke ihres Herzens gehofft?

„Auch wenn das nicht der ursprüngliche Grund war, ist es nun angenehmer.“ Erschrocken zuckte sie zusammen. War Rue nicht nur geblieben, sondern auch ziemlich nahe hinter ihr. Sofort riss es sie im Stuhl herum. In der Reflexion des spärlichen Lichts von Außen schienen seine Augen fast schwarz zu glänzen. Er starrte sie an. Sie verschluckte sich fast an ihrem Speichel. „Ist etwas?“ „N-Nein. Ich meine doch. Sag' doch bitte etwas, wenn du reinkommst...“ Sollte sie sich nun freuen, dass er doch geblieben war? Ihr Herz raste. Was sollte sie von all dem halten? „Es war deine Annahme, ich sei gegangen. Folglich war es nicht mein Fehler.“ „Trotzdem...“, meinte sie dennoch. Shaelyn war verwirrt. Warum war er hier? Auf einmal? Nach so endlos langer Zeit. Diese Tage kamen ihr wie Jahre vor. Und er begann ein harmloses Gespräch. Als wäre nichts gewesen. Als hätte er ihren Kummer nicht bemerkt. „Also... Warum bist du gekommen?“ „Wie gesagt, ich bin dem Licht gefolgt. Und zu so einer späten Stunde solltest du im Bett liegen.“ „Ich weiß... wegen der Schule...“ Joel. Es war das Erste, was ihr einfiel und sie deshalb die Augen geschockt öffnete. Sie durfte sich jetzt keinen Fehler erlauben! Umgehend sah sie zur Seite, wich Rues wachsamen Blick aus. „Gibt es etwas, was ich wissen sollte?“ Ohne zu zögern schüttelte sie eifrig den Kopf. Ihre Reaktion war zu offensichtlich. Ein schmerzlicher Biss auf die Zunge linderte diesen Fehltritt nicht. „I-Ich hab nur an die Tests gedacht und mir fiel ein, dass ich eigentlich total schlecht bin und zu wenig gelernt habe.“, antwortete sie rasch und hoffte inständig, dass Rue ihr glaubte. Um nichts in der Welt wollte sie ihn nun verärgern. „... Und deshalb sitzt du noch vor dem Schreibtisch?“ Ein Nicken folgte. „Ich habe so viel im Kopf, dass ich mich nicht konzentrieren kann.“ Plötzlich war eine Hand im Blickfeld zu entdecken, welche die Tischlampe wieder anschaltete. Kurz geblendet, schloss sie die Augen.

„Die Amerikaner sind eigen was die Geschichte ihres eigenen Landes betrifft.“, war die nachdenkliche Stimme von Rue zu vernehmen, sodass Shaelyn aufmerksam zu ihm blickte. Er hielt ihren Notizblock hoch. „Ist das so kompliziert?“, wollte sie weiter wissen und beobachtete, wie Rue in ihrem Heft die Seiten studierte. „Nein. Allerdings zeitaufwendig. … Ist das alles an Notizen?“, wandte er sich zuletzt an sie, woraufhin sie stutzte. Reichte das nicht? „J-Ja.“ „Damit solltest du den Einstiegstest bestehen. Vorausgesetzt ...“ Stille setzte ein, in jener er weiter die Seiten des Buches betrachtete. Oder mehr eine einzelne. „Ja?“ „Du schläfst noch etwas. Ohne eine Ruhepause wird sich dein Kopf nichts einprägen können.“ Shaelyn atmete leise aus. Ein klein wenig Spannung fiel von ihren Schultern ab. Es war wirklich nicht viel was der Lehrer verlangt hatte. Eben ein paar Grundlegende Dinge, dennoch hatte sie Angst es zu vermasseln. „Von wem stammt die Notiz am Rand?“ Rue hielt ihr unerwartet die Seite vor der Nase, an dessen Rand etwas Kleines geschrieben stand. Ein weiteres Mal riss sie ihre Augen auf. Großer Gott, das Geschriebene stammte von Joel! Das hatte er ihr dahin geschrieben, als es Pause war und mit ihr in die Bibliothek ging! Joel war hartnäckig geblieben und musste ihr unbedingt helfen! Sie konnte ihn gar nicht abwimmeln! Jetzt war alles zu spät.

L starrte Shaelyn an, die nervös auf ihre Unterlippe biss. Sie war schuldig. Denn eine andere Handschrift zierte den sonst makellosen Rand des Notizbuches. Dazu eine, die eindeutig nicht von einem Mädchen stammte. Folglich musste ihr irgendjemand der männlichen Schülerschaft geholfen haben. Noch dazu jemand, der es sich erlauben konnte. Sie musste demjenigen vertrauen. Konnte Watari womöglich mit seinem Gesagtem recht haben? Das gefiel dem Detektiven nicht. „Ä-Ähm tja, das ist eine schwierige Sache...“, druckste sie herum und rieb sich sichtlich unwohl die Wange. Er hatte sofort die Vermutung, es war etwas vorgefallen als sie vor wenigen Momenten die Augen soweit aufriss und von der Schule sprach. Etwas, was sie ihm verschweigen wollte. Es war auch nicht schwer für sein Auge das zu erkennen. Die Notiz war der Beweis. Er hatte es sprichwörtlich schwarz auf weiß. L ließ das Notizbuch sinken. „Da war halt jemand, der hat mir gleich geholfen. Das war auch wirklich sehr nett...“ „Von ihm.“, beendete L den Satz für sie. Prompt starrte sie ihn entgeistert an. „W-Woher weißt du, dass das ein Er war?“ „Das tut nichts zur Sache.“ „Sei nicht so streng... Opa findet es bestimmt auch okay. Er hat mir ja nur geholfen, weil ich neu bin. Und mich nicht begrapscht.“ … das sollte sich dieser Jemand auch gut überlegen. Shaelyn öffnete erneut ihren Mund. „Was ist auch schlimm daran? Wieso muss ich mich dafür rechtfertigen?“ „Es gab schon einmal einen jungen Mann, dem du leichtfertig dein Vertrauen geschenkt hast.“ Da hatte er sie. Ein unwiderrufliches Argument, das sie nicht in Frage stellen konnte. Es war deutlich in ihrer Gesichtsregung zu erkennen. Shaelyn schluckte schwer. Selbstverständlich war L nicht der Meinung, dass alle jungen Männer Verbrecher waren – und es gerade auf Shaelyn abgesehen hatten. Dennoch sollte ihr das als absolute Begründung reichen. Ganz gleich ob es tatsächlich sein Beweggrund war.

„N-Nicht jeder ist so ...“ Ihre Lippen bebten und waren noch geöffnet, als sie den nächsten Satz noch einmal überdachte. „A-Außerdem. Mit wem soll ich mich sonst unterhalten und unterrichten lassen?“ „Was ist mit deiner Busenfreundin?“, kam es umgehend von ihm – und der Satz zeigte eine Wirkung, die unerwartet war. Eingeschüchtert sah sie weg und legte die Hände in den Schoß. „.... Nein. Nicht Emma. Auch wenn ich es fies finde, wie du sie gerade genannt hast. Eigentlich dachte ich an dich. Du bist so intelligent... Ständig weißt du alles. Gerade selbst hast du es wieder gezeigt. Aber du willst keinen Kontakt mehr zu mir. Wie soll ich dich da fragen? Und du... lässt nichts mehr von dir hören. Ich bin nur noch Luft. Und plötzlich tauchst du hier auf. Tust so als wäre gar nichts gewesen. Bitte erkläre mir das, Rue.“ Trübsal hüllte den Raum ein. Es war ein ruhiger und gleichzeitig trauriger Ton, der letztlich Stille in die Nacht brachte. Kein wütendes Gebrüll. Wie es sonst zu erwarten gewesen wäre und erzielte es nicht einmal eine Veränderung der Stimmung. L sagte zu all dem nichts. Es wäre auch gleich. Egal was er sagen würde, es würde es nicht bessern. Seine Stärke lag nicht in der zwischenmenschlichen Ebene. Oder gar im Umgang mit genau einer Frau, die ihm Kopfzerbrechen bereitete. Und ihn zu Dingen trieb, die er sonst unter keinen Umständen billigte. „Ist das also alles, was du dazu sagen willst? Nichts? Nicht einmal eine Entschuldigung? Und wenn du jetzt gleich wieder gehst, wird es dann morgen wieder so sein wie in den letzten Tagen?“ Shaelyn zeigte ihm ihr trauriges Gesicht. Es versetzte ihm einen Stich in der Brust.

Waren ihre Fragen denn nicht berechtigt? Wie konnte er erwarten, dass alles beim Alten wäre? Eine Woche war eine lange Zeit. Und in dieser er sich nicht gemeldet hat. Ganz so als existierte sie nicht. Ganz so als wäre sie völlig uninteressant geworden. Ein Gegenstand, an dem man die Lust verloren hatte. Da war es doch natürlich, dass sie ihm diese Fragen stellte. Sie wollte Antworten – die sie offensichtlich nicht bekam. Nicht einmal ein Wort. Nichts. Shaelyn wandte sich ab. „Geh jetzt bitte, Rue. Ich will allein sein...“ Es dauerte keine Minute und jener junger Mann legte das Notizbuch auf den Tisch - und ging. Er verschwand ohne einen einzigen Ton und schloss hinter sich die Türe.

Was hatte Shaelyn auch erwarten können? Aufgelöst verbarg sie ihr Gesicht hinter ihrer Hand. Wieso nur? Was war nur los? Warum tat es so weh?
 

Ohne Schlaf, sehr betrübt und geistesabwesend rauschte Shaelyn durch den Test. Ständig musste sie an das Gespräch denken. An einen Rue, der vollkommen anders war. Ein Rue, der mit ihr umging, wie er gerade wollte. Vielleicht war das alles wirklich ein Albtraum und sie wachte bald auf. Denn es schien nichts davon real zu sein. Wollte Shaelyn nicht daran glauben. Wie konnte all das so schief laufen? So plötzlich? Ohne die leiseste Vorwarnung? Es zerriss sie weiter in der Brust.

„D-Du siehst furchtbar aus, Shaelyn...“, war die schockierte Stimme Joels neben ihr wahrzunehmen, während sie still auf einer Bank in der Schulbibliothek dasaß. „Hast du nicht geschlafen? … Und geweint?“ Er setzte sich neben ihr auf die Bank und besah sie besorgt. „Ich hab' nicht bestanden.“, nuschelte sie versunken und starrte auf den länglichen Tisch vor sich. „Aber das macht doch nichts! Das Jahr hat ja noch nicht wirklich angefangen. Du schreibst dich ja fürs Jahr im Sommer ein und würdest jetzt nur ein halbes Jahr hier dich einleben. Du wiederholst den Test doch.“, versuchte Joel sie aufzuheitern, doch schien er damit kein Glück zu haben.

Nur ein Blick von ihr und Joel konnte kaum Atmen. Voller Trauer, Verzweiflung und Ratlosigkeit blickte sie zu ihm her. Was war los mit ihr? Was konnte er tun?! So traurig hatte er sie nie gesehen. „Shaelyn...?“ Erschrocken gluckste er auf, als sie ihm in die Arme fiel und begann laut zu weinen. Zunächst völlig verwirrt wusste er nicht was er tun sollte. „Ist etwas schlimmes passiert?“, fragte er leise und legte mit Bedenken seine Arme um ihren Rücken. Natürlich gefiel es ihm, dass sie in seinen Armen war. Sein Herz raste voller Aufregung. Allerdings konnte er kaum dessen glücklich sein. Shaelyn suchte Trost bei ihm. Es machte ihn genauso traurig sie so zu sehen. „Warum?“, weinte sie gegen seine Brust, sodass Joel durcheinander drein sah. „Was ist denn los?“ Shaelyn schluchzte plötzlich leise und blieb still. Wieso sagte sie ihm nicht was mit ihr war? Joel hatte wirkliche Sorgen um sie. „E-Entschuldige! Ich wollte dich damit nicht belästigen.“, kam es unerwartet von ihr und sogleich nahm sie panisch Abstand. „Vielleicht kann ich dir ja helfen?“ „Nein, das geht nicht.“ „Ist es wegen dem ...Typ da?“, hakte er gleich nach und erhielt einen kurzen Seitenblick. War klar, dass der Freak daran schuld war! Warum sonst sollte Shaelyn sich die Augen aus dem Kopf heulen?! „Vergiss' ihn. Er ist ein Arschloch. Komm' ich nehm' dich mit nach Haus. Emma kommt zwar erst gegen Mittag, aber du bist nicht so allein.“ Die Engländerin sah mit verweinten Augen auf. „Hm? Aber du hast doch Unterricht...“, piepste sie leise und wischte sich mit dem Handrücken die Nase. „Schwänz' ich halt. Das macht nichts.“ Ein winziges Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab. „Danke...“ Es tat sich ein Sprung in seinem Herzen. Joel freute sich, dass sie sein Vorschlag annahm.

„Aber ich muss dein Angebot ablehnen, Joel.“ Shaelyn konnte ihm gleich die Enttäuschung ansehen. „Warum?“, war somit seine irritierte Frage. Er suchte nach Antworten. Doch war Shaelyn nun daran damit zu Hadern. Wie sollte sie Joel von dem Versprechen erzählen? Es würde ihn verletzten. Und dass sie sich gerade nicht hatte beherrschen können, machte es schlimmer. Fast unerträglich tat es ihr leid. Warum tat ihr das leid, wenn Rue sie so schlecht behandelte? Wieso fühlte sie sich dessen schuldig sich bei Joel einen Moment ausgeweint zu haben? Wenn doch Rue für sie da sein sollte? „Ich kann einfach nicht... Außerdem kommt gleich schon mein Opa und holt mich ab. Er will wissen, wann ich mit dem Unterricht anfange...“ Der zunächst gar nicht stattfinden würde. Der Lehrer war unzufrieden mit ihrer Leistung und trug ihr auf eine Woche lang zu lernen. Erst nächste Woche bekam sie die Chance sich neu einzuschreiben. Genug Zeit, sagte der Betreuer. Aber wie sollte sie es ihrem Opa sagen? Er war sicherlich noch mehr enttäuscht als der Lehrer. „Ich muss jetzt viel lernen … Ich möchte meinen Opa nicht nochmal hängen lassen. Ich will, dass er stolz auf mich ist.“ Sie versuchte es zumindest. So erreichte sie es nicht. Auch wenn Rue in diesem großen Haus war, sie auf keine anderen Gedanken kam – Shaelyn konnte es probieren. Joel sah sie still an, erhob sich von der Bank und kratzte sich an der Wange. Ein unbeholfenes Lächeln lag auf seinen Lippen. „Schon gut. Ich wollte nur helfen. Und es ist ja nicht verkehrt sich für etwas ins Zeug zu legen. Aber wenn du Hilfe brauchst, dann sag' bitte Bescheid.“ „Joel... das werde ich. Und du hast mir ein wenig geholfen.“ Das hatte er. Joel war ein guter Freund – ganz egal was Rue sagte. Joel war nicht mit... Alan zu vergleichen.
 

Shaelyn trat an das schwarze Auto von ihrem Großvater. Jener kam, wie gewohnt, um das Gefährt herum und fasste an die Hintertüre, um diese zu öffnen. Wäre ihr nur nicht das anders wirkende Lächeln ihres Großvaters aufgefallen. Bestimmt freute er sich auf eine gute Nachricht. Eine Nachricht, die sie ihm nicht überbringen konnte... Bedrückt blickte Shaelyn zur Seite. Hoffentlich würde sie ihn nicht zu sehr kränken. Wollte er doch stets das Beste für sie. Und sie schaffte nicht einmal die leichten Tests um ihm wenigstens etwas Freude zu bereiten. Schließlich öffnete ihr Großvater die Türe, sodass sie sich hineinsetzen konnte.

Gefror sie in der Bewegung als sie auf die andere Seite des Rücksitzes sah. Ihre Atmung setzte aus. Ein starres Augenpaar blickte sie hinter wirren schwarzen Strähnen an. Rue. Er saß auf dem Rücksitz. Es dauerte etwas bis sie es verinnerlichte und letztlich auftauen ließ. „Setz' dich.“, forderte Rue sie auf und sie kam langsam seiner Anweisung nach. Watari schloss die Türe und sie schnallte sich angsterfüllt an. Sie wagte es nicht in Rue seine Richtung zu schauen. Viel zu sehr bangte es in ihr. Würde nicht nur gleich ihr Großvater von ihrem Misserfolg erfahren, sondern Rue gleich mit. Was tat er eigentlich hier? Wollte sie das wirklich wissen? Die Fahrertür öffnete sich und ihr Großvater setzte sich an seinen üblichen Platz. Jedoch setzte das Motorengeräusch nicht ein. Was ging hier vor sich?

„Es ist an der Zeit, Shaelyn.“ Unmittelbar sah sie panisch zu ihm hinüber und kreuzte seinen ernsten Blick. Wofür war es an der Zeit? Rue öffnete seinen Mund.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Babsylein
2012-09-18T15:22:52+00:00 18.09.2012 17:22
Du machst es ganz schön spannend :).. mal sehen was jetzt passiert. Ich finde die Wendung in dieser Geschichte irgendwie traurig aber doch notwendig, da L ja nunmal ein Mensch ist der nicht so einfach gestrickt ist. Daher finde ich es gut das du diese zwischenmenschliche Beziehung zwischen den beiden nicht einfach so abhakst sondern wirklich Schritt für Schritt weiter aufbaust. Also mach weiter so ich bleib auf jedenfall dran. :)

Lg
Hannah
Von:  Nimsaj
2012-08-10T17:50:21+00:00 10.08.2012 19:50
Liebste Noriko, falls ich einen Fehler finde, so werde ich ihn meiner eigenen Sammlung hinzufügen und somit behalten.

Nun aber zu meinem überfälligen Kommentar, ich hoffe du verzeihst mir meine Faulheit und schlechte Zeitplanung. Jedenfalls habe ich mich heute endlich dazu aufgerafft meiner Freude über das Kapitel ‚Qual’ Ausdruck zu verschaffen.

Beginnen wir mit dem ersten Absatz. Obwohl dieser wenig Handlung aufzuweißen hat, mangelt es ihm nicht an Inhalt. Die schlechte Stimmung aus dem vorangegangenen Kapitel wurde definitiv in dieses übertragen und sorgt gleich zu Beginn für eine recht ungemütliche Stimmung. Es scheint fast, als könne man die nasse Kälte des Regens noch immer am Rand der Seele fühlen, was wohl auch genau Shaelyns Befinden ausdrückt. Diese hängt noch immer gedanklich am Pavillon fest und kommt somit synchron zur Stimmung keinen Schritt voran. Auch ihre Angst bezüglich der neuen Schule spielt da natürlich eine große, verständliche Rolle. Ich denke niemand bevorzugt die Situation als Neuling ohne Bekannte und Freunde in der Klasse.
Der zweite Abschnitt macht jedoch deutlich, dass all die Schatten in ihren Gedanken nur einen Ursprung haben, namentlich Rue. In diesem Fall wird noch deutlicher, als im letzten Kapitel, wie sehr sie die Situation mitnimmt. Denn deutlich ist zu erkennen, dass viel mehr Worte benutzt wurden um diesen Zustand zu beschreiben, als eigentlich nötig gewesen wären. Das interpretierte ich sofort als Wiederholung und damit als Kreis, fast schon Teufelskreis, in dem sich Shaelyn und ihre Gedanken und Gefühle befinden. Sie kommt nicht davon los, jedoch auch keinen Schritt voran, hat eher das Gefühl anzufangen rückwärts zu gehen. Vor allem deshalb wohl weckte diese Szene bei mir die Erinnerung an Albträume, in denen man versucht zu rennen, jedoch nicht von der Stelle kommt, während alles an einem vorbeizuziehen scheint, ohne einen Einfluss darauf haben zu können, regelrecht ausgeliefert zu sein. Ebenfalls empfand ich die Tatsache, dass wiederum kaum Handlung im Vergleich zu den vielen Gedanken und Emotionen existiert, Shaelyn sich innerlich vollkommen zurückzieht und die Außenwelt nur spärlich wahrnimmt, fast in sich gefangen scheint.
Die Geschehnisse die Schule betreffend will ich Szenen übergreifend gerne zusammenfassen, da sie für mich so eine größere Wahrheit ergeben. Denn betrachtet man das Geschehen in der Realität, so weißt es erschreckende Übereinstimmungen mit der derzeitigen Gefühlslage der Schwarzhaarigen auf. Ähnlich wie auf der zwischenmenschlichen Ebene fühlt Shaelyn sich in der Schule sowohl allein, als auch überfordert. Sie scheitert an dem Test ebenso wie an dem Versuch Rue näher zu kommen, was sie nur noch mehr in ein schwarzes Loch reißt. Gegenüber der großen Schule fühlt sie sich verloren und überfordert, was sich ähnlich verhält, wie zu ihren und vor allen Rues Gefühlen, welche sie nicht versteht. Joel tritt in diesem Fall in die Position, welche Watari ebenfalls inne hat ein. Denn obwohl er sie tröstet und versucht ihr zu helfen, kann er sie doch nicht davor bewahren an dem Test zu scheitern und nur hilflos dabei zusehen, beziehungsweise versuchen Trost zu spenden. Gleichwohl bedeutet es für L Unbehangen Joel mit Shaelyn sprechen zu sehen, ebenso, wie er es nicht gerne sieht, dass Watari sich in seine Angelegenheiten zu stark einmischt. Es ist deshalb nur ein Teufelskreis, welcher seinen Knotenpunkt bei der Szene nachts in Shaelyns Zimmer hat.
Diese Szene ist als ganzes Betrachtet sehr verwirrend und erweckte bei mir erneut den Gedanken an einen Albtraum. Denn sowohl werden Shaes schlimmste Befürchtungen war, Rue schweigt endgültig, als auch wirkt die ganze Szenerie vollkommen surreal und in gewisser Weise unnatürlich verdreht, ähnlich einem Albtraum, welcher ebenfalls von keiner Kette der Logik gebändigt wird. Nicht nur der Dialog trug dazu bei. Denn wenn man genauer hinsieht, dann spring einem ganz deutlich ins Auge, dass Beide vollkommen aneinander vorbeireden. Mehrfach werden Aussagen regelrecht ignoriert oder umfahren, ebenso wie der Gesprächsfaden immer wieder abreißt um an anderer Stelle unangenehm wieder aufgenommen zu werden. Und aus diesen ausgefransten Fäden ergibt sich schlussendlich ein zerstörter Emotionsteppich, welcher keinerlei Aussage geben kann und nur Zerstörung und Schweigen aufweißt, deutlich macht, dass Beide selbst mit verschiedenen Sprachen nicht mehr aneinander vorbei hätten reden können. Die Lampe und das dazugehörige Licht empfand ich als Schlüsselelement in dieser Szene, welches dieses gegenseitige Unverständnis noch einmal verdeutlich hat. Nicht nur die Aussagen der Beiden über das Licht, welche wiederum falsch gedeutet wurden, sondern auch das Ausschalten der Lampe, was das wortwörtliche im Dunkeln tappen verbildlicht hat und außerdem für Ls Verschließen vor der Wahrheit stand, während Shae im Gegenzug mit dem Licht in der Dunkelheit für Klarheit gesucht hat.
Das Gespräch zwischen L und Watari zuvor hatte ebenfalls Auswirkungen auf die Nachtszene. Denn obwohl in dem kurzen Abschnitt viele bedeutungsvolle Worte und noch bedeutungsvollere nicht gefallen sind, hatte dies scheinbar keinerlei Auswirkungen auf die Nachtszene, so dass ich aus dem Gespräch zu schließen begann, dass das Ergebnis des Dialogs weitaus weitreichendere Folgen haben würde, als bis jetzt ersichtlich.
Eben diese Folgen scheinen für mich in der letzten Szene nun einzutreffen, denn erzeugt dieser von mir definitiv gehasste Cliffhanger nicht nur Spannung, sondern auch das Gefühl, dass die dunkle Wolkendecke mit einem Mal Risse bekommt und goldenes Licht hindurch zu lassen beginnt. Und nicht nur Shaelyn war über Ls plötzlichen Auftritt erschrocken, auch ich fühlte Aufregung mein Herz höher schlagen lassen. Wobei ich auch ernste Worte verlauten lassen muss, denn aus irgendeinem unerfindlichen Grund habe ich L auf dem Rücksitz erwartet. Vielleicht war es, weil ich deinen Schreibstil mittlerweile so gut kenne, um Dinge schon im Voraus aus ihnen herauslesen zu können, deine Beschreibungen haben für mich definitiv auf etwas ungewöhnliches hingedeutet und das dies nur Rue sein konnte, war im Endeffekt ja klar.
Alles dreht sich schließlich doch letztendlich um ihn.

Abschließend betrachtet also ein Kapitel, welches auch dem Titel ‚Albtraum’ gestanden hätte, den Titel ‚Qual’ jedoch definitiv verdient hat. Denn selten habe ich eine solch verwirrende und verzerrte Stimmung in einem deiner Kapitel wahrgenommen. Bleibt nur noch die Frage, ob dies gewollt war.

Jedenfalls wieder mal ein schönes Kapitel. Und ach ja, einen Fehler habe ich dann doch gefunden. Aber brich dir kein Bein ab, jeder macht Fehler. Auch ein Gott.

In diesem Sinne,
mit den besten und liebsten Gebeten,

deine Nimsaj



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