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All the Wrong Reasons

... are they the Right Decisions?
von

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Weiße Federn

Ganz ohne seine Hilfe schmückte Shaelyn den Baum. Man musste kein Experte sein, um zu erkennen, dass sie völlig abwesend war. Nicht einmal fragte sie, ob er nicht den Rest mit ihr schmücken wollte – was gerade darin bestand das Lametta zu verteilen. Willkürlich streute sie die silbernen Glitzerstreifen über den Baum, behielt stets ein Lächeln auf ihren Lippen. Das alles war eine Tatsache, die L ungern hinnahm. Er war quasi abgeschrieben. Von einer Sekunde auf der anderen schien er überflüssig. Und stieß ihm der Gedanke sauer hoch, weshalb er nun genau missmutig war. Vor lauter Verstimmung hatte er sich bereits in seinen Sessel gesetzt und überdachte ein paar Punkte, behielt jedoch Shaelyn immer im Blick. Ihm war selbstverständlich längst klar, was sich hier abspielte. Das Störende daran war nur, dass er es nicht kontrollieren konnte – er war dem ausgeliefert.

„Meinst du, Opa hat was dagegen, wenn ich an Silvester fort bin?“ L zog eine Augenbraue an, da sie ihn aus den Gedanken riss. Anscheinend war er doch nicht ganz abgeschrieben – gefiel ihm nur wiederum dieses Thema nicht. Und es bestätigte nur, dass sie sich darüber den Kopf zerbrach. „... Nein.“, verließ es in einem gewissen Abstand auf ihre Frage hin seinen Mund, woraufhin Shaelyn sich zu ihm herum wandte. Sie sah konfus aus. „Jetzt sag mir nicht, dass du aber was dagegen hast, weil etwas passieren könnte? Ich bin kein kleines Mädchen mehr. Außerdem ist es nur Emma und ein paar Freunde von ihr.“ Ls Mundwinkel zuckte einmal. Er widerstand dem Drang nach Joel zu fragen. Die Wahrscheinlichkeit war nicht gering, dass er auch anwesend wäre. Demnach konnte er es sich also sparen nachzuhaken. Zudem würde er sich nur verdächtig machen. In dem Fall konnte er kein Risiko eingehen.

„Ich werde auch schon nichts Trinken...“, sprach die Engländerin ein weiteres Thema an, das ihm bis dato nicht in den Sinn gekommen war – und ihn nun ebenfalls alarmierte. Er wusste, dass Menschen, die unter Alkoholeinfluss stehen, recht enthemmt sind. Dem hinzu war klar, dass sie etwas Trinken würde. Der Gruppenzwang war nicht zu unterschätzen. Oder jemand wollte sich einfach nur einen Spaß erlauben und Alkohol unbemerkt ins Glas schütten. „In dem Fall wirst du nicht auf diese Party gehen können. ...“ Shaelyn öffnete augenblicklich ihren Mund um zu protestieren, als L ruhig fortfuhr: „Es sei denn, ich werde mit dir die kleine Party besuchen. Diese Emma wird sicherlich nichts dagegen haben.“ Er klang gelassen, was er innerlich nicht war und Shaelyn sichtlich nicht angetan. „Was?! Hast du sie noch alle?! Du kannst dich doch nicht einfach selbst einladen! Außerdem hab ich doch gesagt, dass ich kein kleines Mädchen mehr bin! Ich kann auf mich selbst aufpassen!“, donnerte sie entrüstet und verschränkte die Arme vor der Brust, während sie ihn böse anfunkelte. L ließ das kalt, nahm er nun sogar vom Tisch Süßes, das er sich nebenbei einverleibte. „Versteh' mich nicht falsch, Shaelyn.“, begann er klar, kaute jedoch währenddessen auf der süßen Masse im Mund herum. „Aber ich kann mich an durchaus Situationen erinnern, in denen du das auch behauptet hast und im Nachhinein nur Probleme verursacht hast. Folglich: Ich werde dich begleiten, oder du wirst hier bleiben. Du darfst entscheiden.“ Abschließend schluckte er noch gleichmütig sein Essen hinunter und leckte sich über seinen Daumen.

Spätestens jetzt hätte sie sich auf Rue gestürzt! Wenngleich nicht, weil sie in ihn verliebt war, sondern weil er unfassbar respektlos war! Sie kochte vor Wut! Rue konnte sich doch nicht in wirklich alles in ihrem Leben einmischen! „Was ist das denn für eine bescheuerte Wahl?!“ „Freust du dich denn nicht, dass ich dich begleite?“, stellte er gleich eine Gegenfrage, die sie kurzzeitig sprachlos machte und dabei zusah, wie er sich lässig vom Sessel erhob und auf sie zu schlurfte. „... Du hast einen Knall...“, meckerte sie immer leiser, da er zu ihr trat. Der Zorn in ihr war kaum zu bändigen, mischte sich nur etwas Anderes darunter. Außerdem wollte sie sich nicht unterkriegen lassen! Nur weil sie ihm verfallen war, hieß es nicht, dass er sich alles erlauben konnte! „Ich beschwer' mich bei Opa!“ „Er wird mir in diesem Punkt zustimmen.“, meinte Rue ohne Emotion, der plötzlich eine Hand aus der Hosentasche holte und ihrem Kopf nahe kam. Völlig hin und her gerissen, was sie sagen und überhaupt reagieren sollte, stand sie still. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und ihr Kopf rebellierte als sie merkte, wie an einzelnen Haarsträhnen gezogen wurde. Irritiert starrte sie Rue entgegen, der sein Augenmerk auf seine Hand gerichtet hatte. Schon eine Sekunde später hielt er ihr Lametta vor die Nase, welchen er offensichtlich aus ihrem Haar gefischt hatte und nun achtlos zu Boden segeln ließ. „Für dich noch einmal deutlich: Entweder du wirst mit mir gehen, oder du wirst hier bleiben müssen. Das überlasse ich dir.“, stellte er sie final vor die Wahl – und das auch noch mit einem kleinen aber siegreichen Grinsen.

Hatte sie denn eine Wahl?
 

Mürrisch hatte sich Shaelyn nach diesem, mehr oder weniger, Gespräch, in die Küche verzogen, wo ihr Großvater gerade dabei war Essen vorzubereiten. Sie hatte Rue bisher nie erblicken, oder aber hören können, wenn Watari dabei war Essen zu kochen. Lag es vielleicht daran, dass er sonst kein normales Essen aß und deshalb die Küche zu der Zeit mied? Shaelyn wusste es nicht, aber sie wusste es zu nutzen, indem sie sich genau dann in die Küche begab – auch wenn der Gedanke unnötig war, denn immerhin verfolgte Rue sie nicht.

Ihr Großvater war überrascht sie zu sehen, woraufhin Shaelyn nur mit der Hand abwinkte. Watari verstand sie sofort mit einem Lächeln im Gesicht. Direkt setzte sie sich an den Küchentresen und beobachtete für ein paar Minuten ihren Großvater still, ehe sie die Luft einmal laut ausstieß. „Opa.“, begann die Schwarzhaarige, als sie sich mit den Ellbogen auf dem Tresen abstützte. „Dürfte ich auf die Silvesterparty von Emma? Sie hat mich eingeladen.“, stellte Shaelyn umgehend die Frage und wollte somit sich selbst anhören, ob ihr Großvater etwas dagegen hatte – ohne, dass er vorher mit Rue darüber sprach. Watari wandte sich vom Herd ab, sodass man nun gut seine Schürze erkennen konnte, die er stets trug, wenn er Essen zubereitete. Er war ein sehr ordentlicher und sauberer Mensch. Wen wunderte es also ihn so zu erblicken? „Wenn du möchtest, darfst du gehen, Shaelyn. Das Mädchen scheint sehr nett zu sein.“ Diese lieben Worte von Watari zauberten ihr gleich ein Lächeln ins Gesicht. Sie fühlte sich erleichtert. „Sie ist auch total nett! Es kommen sogar auch ein paar Freunde von ihr. Emma meinte, dass die mich bestimmt auch so schnell gern haben würden wie sie.“, erzählte nun Shaelyn begeistert. Ihre Laune besserte sich. Das tat sie für gewöhnlich, wenn die Engländerin mit ihrem Großvater sprach. Er war immer freundlich zu ihr und half ihr wo er auch konnte. „Aber Opa.... wieso ist Rue so gemein?“, wechselte Shaelyn dann recht schnell das Thema, da die Worte des Schwarzhaarigen sie einfach nicht in Ruhe ließen. Würde Watari es ihr wirklich nicht erlauben, wenn er nur kurz mit ihm sprach? Wieso respektierte ihr Großvater so sehr die Worte von Rue? War er denn irgendein besonderer Mensch, dem man so viel Anerkennung zollen musste? Soweit sie wusste ganz bestimmt nicht.

Watari sah plötzlich überrascht aus, was Shaelyn kurz selbst verwunderte. „Was ist denn vorgefallen?“ „Er sagte, dass du mir nicht erlauben würdest zur Party zu gehen. Er vertraut mir überhaupt nicht! Er denkt, ich trinke und mach sonst was! Der will sogar einfach mit dahin, obwohl Emma ihn gar nicht eingeladen hat. Das ist unfair!“, klagte sie gekränkt und auch zuletzt etwas verstört, da Watari begann zu lächeln. Wieso lächelte ihr Großvater nun? Sie konnte seine Reaktion nicht verstehen. „Keine Sorge, Shaelyn. Ryuzaki ist nur um dein Wohlergehen besorgt.“, erwiderte der alte Mann freundlich auf ihre Worte hin, während sein Lächeln nicht nach ließ. „Ahja... ? Ist gar nicht nötig... Ich meine, Emma ist doch da und ihr netter Bruder. Ich glaube, denen kann man auch vertrauen...“ Watari zog sofort eine der beiden Augenbrauen hoch. „Weiß Ryuzaki von dem Umstand, dass Emma und ihr Bruder auf dich Acht geben, auch Bescheid?“ „Klar. Er hat ja einfach den Brief mitgelesen, den Emma mir geschickt hat! In dem Brief stand nur Gutes. Hat er selbst doch gesehen, dass Joel, also der Bruder von Emma, nett ist. Er hat mir sogar auch ein Geschenk gemacht! Also wieso ist Rue dann so gemein?“ Ein Augenblick blieb es still, ehe Watari sich räuspern musste und dabei eine Faust vor dem Mund hielt.

„Ich verstehe.“ Watari verstand nun sogar recht gut, wieso Ryuzaki unbedingt seine Enkelin begleiten wollte. Es ging hier nicht nur darum, ob Shaelyn sich ordentlich benahm. „Sei nicht so streng mit Ryuzaki. Vergiss nicht, dass er sich nur sorgt. Versuche das Gute an diesem Abend zu sehen. Ryuzaki wird dich nicht daran hindern mit Emma und ihren Freunden zu reden.“, beruhigte er seine Enkelin sachte, erhielt daraufhin nur eine Schnute. „Trotzdem... das ist irgendwie doch fies. Er tut echt so, als ob ich sonst was anstelle... Er ist doch nicht mein Babysitter...“ Shaelyn klang traurig. Nur erneut waren Watari die Hände gebunden. „Hm... dann muss ich Emma wohl fragen, ob das überhaupt okay wäre, wenn ich Rue mitbringe.... Er ist ja nun nicht gerade eine Stimmungskanone. Die Anderen würden sich bestimmt eher beklemmt fühlen, wenn so ein verrückter Typ auftaucht.“, sprach sie teils resigniert und lachte trocken auf. Sie würden wohl alle denken, was sie für eine Vogelscheuche mitgebracht hatte. „Egal... ich muss jetzt eh erst seine Belohnung fertig machen. … Ich hab's ja schließlich gesagt und an mein Wort halte ich mich.“ Der alte Herr blickte seine Enkelin verwundert an. Was hatte sie damit gemeint?
 

L knabberte nun schon geschlagene zehn Minuten an ein und demselben Keks, der nicht einmal einen Durchmesser von drei Zentimetern besaß. Er starrte beständig auf die zwei Geschenke, die nun unter dem fertig geschmückten Baum standen. Es war leicht zu unterscheiden welches von Emma kam und welches von Joel. Das Geschenkpapier von Emma war für einen männlichen Geschmack nämlich viel zu rosa und quasi mit Herzchen überschüttet. Somit war das Geschenk, was in dunklem Blau gehüllt war, ihm ein Dorn im Auge. Er wüsste es lieber nicht dort – fragte sich gleichzeitig was sich darin befand. Es gab zu viele Möglichkeiten, somit konnte er kaum etwas genau bestimmen. Was schenkte man Shaelyn? War alleine die Tatsache, dass sie etwas erhielt, nicht schon ausreichend genug für sie? Wäre demnach der Inhalt nicht gleich? L konnte es nicht ganz erfassen, da er selbst schenken und beschenkt werden, für nicht notwendig hielt. Was sollte schon ein Geschenk für einen Nutzen haben? Man zog daraus keine Vorteile, lediglich für einen Moment erfreute man sich daran und stellte es dann höchst wahrscheinlich zur Seite und würde ab diesem Zeitpunkt nicht mehr beachtet. Dennoch ärgerte ihn jetzt der Umstand, dass Shaelyn beschenkt wurde – von einem Mann, den sie erst einen Tag kannte. Und der Gedanke an sich, dass es ihr gefiel und ihm wohlgesonnener war, störte ihn. Seit er von der Existenz dieses Joels wusste, kreisten seine Gedanken nur noch darum. Leugnen war sinnlos. Er konnte sich in diesem Falle nichts Vormachen. L war gehandikapt.

Sein Gesicht verfinsterte sich. Er war auf sich wütend. Nicht ein Deut lief so, wie er es vorgesehen hatte.

In diesem Moment öffnete sich die Wohnzimmertüre, weshalb seine großen Augen gleich die eintretende Person fixierten, wofür er sich auch im Sessel extra herum drehte. Shaelyn blickte ihn gleich verwirrt an als sie seinen Gesichtsausdruck bemerkte. „Komme ich ungelegen … ?“, verließ es sofort vorsichtig ihren Mund, woraufhin seine Mine sich veränderte, auch da ihm das Tablett aufgefallen war, was Shaelyn vor sich trug. Ein silberner Deckel verhinderte jedoch weitere Einsicht was sich auf dem Tablett befand. „Nein.... Was gibt’s?“ „Na, deine Belohnung.“, schnitt Shaelyn nun mit einem bedächtigen Lächeln an. Sofort hellhörig geworden, hob er schwach weiter den Kopf an, der nun besser über die hintere Sessellehne zu erkennen war. Sogleich fasste er auch mit den Händen auf die Lehne. Seine Augen lugten neugierig hervor. Die Schwarzhaarige kicherte kurz bei diesem Anblick. „Ich sagte ja, dass ich dir eine Belohnung gebe. Das hab' ich nicht vergessen. Was ich sage, halte ich auch.“ „Was ist darin?“ „Ich würde vorschlagen, dass du den Deckel selbst hochhebst und guckst.“ Wie es aussah, ließ er sich das nicht zwei Mal sagen, da er umgehend aufstand und leichtfüßig über die Lehne krabbelte. Shaelyn stand still als er zu ihr kam und unterdrückte dabei ein Lachen. Also so schnell hatte sie ihn bisher zu nichts gebracht. Außerdem sah er wirklich recht interessiert aus, was man an dem Zeigefinger am Mund wunderbar erkennen konnte. Ja, dieses Mal konnte sie klar sehen was er dachte und empfand. Kaum stand er vor hier, fasste er an den Griff des Deckels und hob diesen hoch.

Ein Augenblick blieb es völlig still, in dem Shaelyn Rues Gesichtsausdruck musterte. Und mit Freude stellte sie fest, dass sie ihn abermals verwirrte. Irgendwie mochte sie es, ihn wenigstens ein wenig aus der Fassung zu bringen. „Na? Gefällt es dir nicht? Dabei war ich mir so sicher, dass es zu dir passt!“ Kurz konnte sie sich kein Kichern verkneifen, tat es aber, als er zu ihr aufsah. … Hatte sie ihn verärgert? Sein Blick durchbohrte sie fast. „Weshalb sollte ein Schwein zu mir passen?“ Jetzt lachte Shaelyn doch für einen Moment. „Naja, du bist halt manchmal ein Schwein! Also dachte ich mir, ich bastele dir aus Marzipan ein paar kleine Schweinchen! Ich finde, sie sind mir gelungen!“ L verengte kurzzeitig seine Augen. „Vor allem das rechts außen! Dem hab ich ganz große Augen verpasst! … Oder hätte ich dir lieber Hamster machen sollen?!“ „... Will ich den Grund wissen?“ Und ohne auf seine sarkastischen Worte auch nur zu achten, fuhr sie fort: „Du siehst manchmal auch wie einer aus. Du hast den Mund so vollgestopft,... wie ein Hamster, der sich sein Futter hortet. Hamsterbacken eben! … Ungefähr so...“ Shaelyn plusterte ihre Wangen auf und begann demonstrativ zu kauen, ehe sie paar Sekunden später damit aufhörte. „Gesehen?“, hakte sie noch belustigt nach und erhielt zunächst ein entnervtes Gesicht. „Ja... bedauerlicherweise.“ „Komm schon. Ich werd' dich ja wohl auch mal ärgern können, wenn du das immer bei mir tust! Stell dich also nicht so an und probier' mal ein Schweinchen. In jedem ist eine kleine Überraschung drin!“

Die Skepsis war in seinem Gesicht gut zu erkennen, was auch durchaus so beabsichtigt war. Die kleinen Marzipanschweinchen deuteten auf Geschick ihrerseits hin, allerdings darin noch etwas zu verbergen schien kaum möglich, da sie recht klein waren. Dennoch ging er dem gerne auf den Grund, weshalb er sich das erste Schwein vom Tablett nahm und es in seinen Mund verschwinden ließ – natürlich unter den neugierigen Blicken Shaelyns. Plötzlich weitete er mehr seine Augen. Ein anderer Geschmack dominierte in einem Mal in seinem Mund, der sich herrlich mit dem Marzipan vermischte.

Vanille...

„Na? Schmeckt dir das Schweinchen mit Vanille?! Die mag ich besonders gern...“ Shaelyn lächelte ihm offenherzig entgegen, stellte dabei den Kopf leicht schief, sodass wenige schwarze Strähnen zur Seite fielen. „Hoffentlich magst du Vanille auch?! Also soviel?!“, fragte sie auf einmal panisch und griff das Tablett an den Seiten fester. Sie wusste, dass er es auch aß, aber längst nicht so oft wie andere Süßigkeiten – und er aß schließlich fast nur Süßes. Und es war wirklich viel Vanille darin gestopft worden. Irgendwie hatte sie daran gar nicht gedacht! Doch begann Rue aus unbegreiflichen Grund schwach zu grinsen und blickte ihr dabei direkt in die Augen. „Ich liebe es.“ Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Öffnete sie gleich ihren Mund, verließ nur kein Ton ihre Kehle. Es waren Worte, die sie nie vermutet hatte, dass sie in seinem Wortschatz überhaupt vorkamen. Sie hatte vergessen was sie sagen wollte... Warum sagte in ihr etwas, dass es nicht alles war, was er damit ausdrücken wollte? Ratlos und überfordert schüttelte sie schwach den Kopf, öffnete nur weiter den Mund – aber es fiel ihr absolut nichts darauf ein! „... äh!“, kam dann doch ein Ton über ihre Lippen. Rue hob nur eine Augenbraue fragend an, kehrte seine übliche Mimik zurück. „Warum ... isst du dann so selten Vanille? Hab dich das so selten essen sehen...“, fand sie schließlich doch zu ihrem Verstand zurück und das war das erste, was ihr eingefallen war. „Ich hebe mir das Beste immer bis zum Schluss auf.“ Das Grinsen schlich sich erneut in sein Gesicht, was Shaelyn genau betrachtete. „Rue?“ „Ja?“ „Darf ich nicht doch über dich herfallen?“ Eine Reaktion folgte prompt, da man beobachten konnte wie er stutzte. Darauf schien er nicht vorbereitet gewesen zu sein.

„Nein...“ „Schade... Ein Versuch war es wert. Dann lass dir deine Schweinchen mal schmecken! Ich muss noch Geschenke einpacken!“ Überhaupt nicht beeindruckt von seiner Abfuhr, lächelte sie ihm süß entgegen. Hielt sie ihm auch im selben Moment das Tablett hin, was er ihr ohne ein Wort abnahm, seine Augen dennoch auf Shaelyn ließ. „Auch dein Geschenk muss eingepackt werden. Glaub' nämlich ja nicht, dass du keines bekommst.“, meinte sie mit demselben Lächeln und verschwand aus dem Wohnzimmer, was seine schwarzen Pupillen genau verfolgten.

Sein Geschenk? Wann hatte sie das gekauft? … Und was sollte diese Frage?
 

Der 24te Dezember war ein besonderer Tag. Viele Menschen feierten ihn fast auf der gesamten Welt. Kaum ein Feiertag war so berühmt und ersehnt. Besonders Kinder erfreuten sich an diesen Tagen. War es doch auch ein Tag der Familien, schweißte es zusammen. So aßen ganze Generationen an einem Tisch. Großeltern, Eltern, Kinder und vielleicht sogar deren Kinder. Ein großes besinnliches Fest.

Dieses Fest war für Shaelyn ein wichtiges Ereignis und dieses Jahr war es um einiges schöner. War ihr Großvater da, vertrug sie sich gut mit Rue, den sie damals zu diesem Zeitpunkt kaum gemocht hatte. Einen Augenblick blieb Shaelyn im Gang des Obergeschosses stehen, mit ihr trug sie zwei Geschenke. Was hatte sich seit damals alles getan? Sie war plötzlich ohne Eltern, hatte ein neues Leben beginnen müssen, lernte ihren Großvater kennen sowie auch Rue. Schließlich auch den blonden Jungen, der sie festgehalten hatte... War sie über ein halbes Jahr blind, begriff dabei wie wichtig es überhaupt war zu sehen. Die Welt war eine andere. Kam sie dabei Rue nahe. Erlebte vieles mit ihm, verliebte sich in ihn. Oder war sie schon viel früher in ihn verliebt gewesen? Shaelyn wusste es nicht. Aber all die Erinnerungen an vergangene Tage ließ sie milde lächeln. Sie konnte nicht sagen ob all das Gutes war, wie es bisher verlaufen war. Doch stand sie heute hier. Ging es ihr gesundheitlich wunderbar, wenn auch immer in den ruhigen einsamen Nächten die Gedanken an ihre Familie zurückkehrten. Niemals könnte sie ihren Vater, ihre Mutter oder ihren Bruder vergessen – und das wollte sie auch nicht. Wenn sie an diesem Tag den heilig Abend feierte, dann waren sie gedanklich bei ihnen. Nein, zu jeder Zeit. Zudem war Shaelyn nie wirklich alleine. Ihr Großvater war da und auch Rue. Ob er heute wieder frei nahm? Von was auch immer er sich frei nahm: Der Tag musste für ihn ebenso eine besondere Bedeutung haben. Was sie sich jetzt mehr bewusst wurde, als letztes Jahr.

Mit nun einem strahlenden Lächeln, machte Shaelyn sich auf zur Treppe, die sie gleich hinabstieg um zur Wohnzimmertür zu gehen. Jene war schnell geöffnet und die Morgensonne erleuchtete den Raum in sanften Farben. Es war gerade einmal gegen Acht, doch konnte Shaelyn nicht lange schlafen. Sie hätte sich alle Zeit nehmen können – allerdings musste sie einfach die Geschenke, die sie am Vortag verpackt hatte, nun schon unter den Baum stellen. Als sie jedoch durch das Zimmer spähte, fielen ihr zwei Dinge auf. Zum Ersten war Rue nirgends zu sehen und zum Zweiten standen neben Emmas und Joels Geschenk noch ein weiteres. Verblüfft ging sie hinüber, stellte ihre ab und musterte das neue Paket. Es war ordentlich verpackt und in einem roten Papier gehüllt. Ob Rue das war...? Shaelyn verdrehte die Augen. Wahrscheinlich eher nicht. Aber ihr Großvater bestimmt! Da erkannte sie an der Seite ein Kärtchen, was, wie es aussah, an dem ebenfalls roten Bändchen des Paktes hing. Neugierig nahm sie das Kärtchen zwischen die Finger und las den Namen. Es war ihrer in einer alten englischen Schrift, was sie gleich verzauberte. Ein Klacken hallte schwach durch den Raum und sofort wandte sie sich herum.

„Ah, du bist schon wach Shaelyn. Einen guten Morgen.“, begrüßte sie Watari freundlich und erhielt von ihr ein Lächeln. „Morgen, Opa. Du hast ein Geschenk für mich? Wieso weiß ich davon denn nichts?“ „Ist es denn nicht die Aufgabe des Geschenks eine Überraschung zu sein?“ Der alte Mann lächelte breiter, woraufhin die Schwarzhaarige kicherte. „Stimmt schon...“ „Möchtest du frühstücken? Dann werde ich das Esszimmer anrichten.“ „Gern... aber darf ich fragen wo Rue ist...? Ich meine, der ist doch normal immer hier oder vielleicht mal in der Küche. Aber selbst der Laptop ist aus und zugeklappt, was er ja eigentlich sonst nie ist.“ Watari hob beide Augenbrauen an. „Oh Ryuzaki hat sich vor einiger Zeit in sein Zimmer zurückgezogen. Er wird sich den Schlaf holen, den er sonst wenig genießt.“ Erstaunt blickte sie nun ihrem Großvater entgegen und setzte sich vom Boden auf. Rue schlief tatsächlich? Und das in seinem Zimmer? Wahrscheinlich auf einem Bett? … Ob sie sich in sein Zimmer schleichen sollte um sich das anzusehen?

„Gut, ich komme dann gleich ins Esszimmer. Danke, Opa.“, meinte Shaelyn höflich und kurz darauf verließ Watari schon mit einem knappen Nicken den Raum. Unvermittelt breitete sich ein hämisches Grinsen in ihrem Gesicht aus. Der Plan war sofort gefasst. Sie würde Rue einen Besuch abstatten. Alleine um schon zu sehen, wie er denn schlief! Bei ihm war einfach nichts Gewöhnlich!
 

Nachdem sie erfolgreich die Treppen hinauf tapsen konnte, ohne, dass es zu laut wurde, stand sie im Gang. Denn eigentlich hatte sie keine Ahnung, wo sich genau das Zimmer von Rue befand. Sie wusste das von ihr und ihrem Großvater... aber dann blieben noch vier Zimmer. Unschlüssig biss sie sich auf die Unterlippe. Wohl oder übel musste sie jedes Zimmer absuchen. Womit sie direkt begann und das erste Zimmer nahm, was in der Nähe war. Dieser Raum stellt sich als Niete heraus. So war das Bettzeug nicht benutzt, deutete auch sonst nichts auf einen gebrauchten Raum hin. Und immerhin würde es das wohl bei Rue. Der machte wo er war nur Unordnung. Wäre Watari nicht so ordentlich und erpicht darauf, dass alles seine Richtigkeit hatte und besaß sowie den Ehrgeiz, wäre dieser bestimmt schon verzweifelt.

Erneut öffnete sie vorsichtig eine Türe, die zu ihrem verblüffen nicht knarrte. Gleich schon hielt sie automatisch für eine Sekunde den Atem an. Ihr Herz raste augenblicklich vor Aufregung, betrachtete sie für kurze Zeit das Bild was sich ihr bot. Ihr Blick haftete auf dem Bett, wo tatsächlich Rue lag. Das Licht drang ungehindert in den Raum, erhellte Rue, was ihn nicht zu kümmern schien. Lag er auch auf der Decke, nicht darunter, trug er auch noch immer seine üblichen Sachen, als würde er nur ein kleines Nickerchen machen. Zu ihrem Verblüffen jedoch lag er nur auf der Seite und hatte lediglich seine Beine leicht angezogen, mit dem Gesicht jedoch zur Bettkante in der Nähe.

Leise schloss sie die Türe hinter sich, als sie hinein trat. Wollte sie unter keinen Umständen Rue wecken, was sicherlich Ärger geben würde. Schließlich, nachdem sie ein paar Zweifel über Bord geworfen hatte, schlich sie sich an das große Doppelbett heran, Rue dabei mit ihrem Blick fixierend. Jede Bewegung konnte bedeuten, dass er aufwachte – dennoch: Shaelyn musste einfach sein Gesicht sehen. Ob er vielleicht einmal einen entspannten Gesichtsausdruck hatte? Eben einen ganz natürlichen Ausdruck. Sie wollte es herausfinden.

Das Adrenalin rauschte nur so durch ihren Körper und sie wusste, dass sie eigentlich nicht hier sein sollte. Doch konnte sie nicht dagegen ankommen: Dem Drang, der viel zu stark war. Es war fast wie eine einmalige Chance – die genutzt werden musste. Aber was würde ihr blühen, wenn sie erwischt werden würde? Eigentlich hatte sie ihm versprochen, dass sie ihn in Ruhe lassen würde. Wenn nicht dieses große Aber wäre... Shaelyn war diesem Drang nicht gewachsen – machtlos der Liebe ausgeliefert.

Ganz aus Reflex hielt sie die Luft an, während sie neben dem Bett auf die Knie ging. Allerdings entspannte sie sich gleich als sie in sein Gesicht blicken konnte, das fast von seinen wirren schwarzen Strähnen verdeckt war. Ein verträumtes Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus, betrachtete dabei weiter die schlafende Gestalt vor sich. Zum ersten Mal konnte sie beobachten, wie die Augen von Rue geschlossen waren und auch wie sonst sein Gesicht wirkte. Gelöst. Das war das einzige was ihr dazu einfiel. Ja, er musste einfach so aussehen. Der Schlaf tat jedem gut und er schlief einfach viel zu wenig. Was machte er auch bloß?

Verzaubert lehnte sie sich vor, stützte sich an der Bettkante vorsichtig ab. Sie wollte ihm näher sein. Jetzt, mit diesem Gefühl der Leichtigkeit. Ihn so zu sehen, so dicht zu sein, ohne die Angst er könnte zurückweichen. Zurückweichen vor ihr, den Empfindungen, das was daraus entstehen könnte, wenn er nur zulassen würde. Wild pochte es in ihrer Brust, zeigte es ihr nur weiter auf, was Rue eigentlich alles anrichtete. In ihr, die Welt um sie herum. War sie denn noch zu retten? Sie war auf einem sinkenden Schiff und keiner half ihr vor dem Untergang! In das sie sich selbst manövrierte, da sie einfach nicht von Rue lassen konnte! In dem Fall von seinen weichen Lippen, die sie mit den ihren vorsichtig erreichte, als sie sich nur weit genug vorbeugte und den Kopf etwas schief stellte. Dieser Mann hatte etwas an sich, dass sie verrückt nach ihm machte – und den restlichen Verstand den sie besaß zunichte machte. Wie sollte man sonst erklären, dass sie wieder kopflos sich in Etwas verrannte? Es war nur ein sanfter Hauch, da sie nicht wagte weiter zu gehen. Reichte allein das schon aus, dass der Schmetterlingsschwarm in ihrem Bauch losbrach und sie weiter träumen ließ. Ein Traum, in dem auch er den zärtlichen Kuss erwiderte.

Gab es denn kein Erbarmen mit ihr? War sie doch nur eine verlorene Seele, die nach Liebe verlangte.

Wenn es einen Gott gab, so schien er ihr Flehen zu erhören. Fühlte sie einen milden Gegendruck, den sie nicht einordnen konnte. War sie jetzt tatsächlich am Träumen? War es die Realität? War das nicht egal? Rue erwiderte ihre Berührung in gleicher Zärtlichkeit und sie glaubte weit weggetragen zu werden. Einen Ort, der fernab jeder Wirklichkeit lag – und das Gefühl, dass es tatsächlich so passierte, festigte sich. Könnte er denn ihren Kuss erwidern? Er schlief, nicht wahr? Dieser Gedanke holte sie auf Anhieb ins Jetzt zurück. Öffnete sie gleich ihre Lider, die sie geschlossen haben musste, während sie begann davon zu schweben. Doch erblickte sie nicht seine dunklen Augen und dennoch spürte sie nun deutlich, dass er zurück küsste. Erschrocken zog sie plötzlich ihren Kopf zurück und hielt sich ihre rechte Hand vor dem Mund. Augenblicklich wurde sie rot im Gesicht und starrte auf Rue, der immer noch so aussah, als würde er schlafen. Als er sich dann jedoch regte, sprang sie panisch auf, was nicht ganz funktionierte und so ein paar hastige Schritte auf allen Vieren tat, ehe sie sich aufrichten konnte und aus dem Zimmer stürmte. Sie durfte bloß nicht erwischt werden! Und war das wirklich gerade echt gewesen?!

L hatte sich auf den Rücken gedreht und die Beine angewinkelt, während er nun an die Decke des Zimmers starrte. Mit seinem Zeigefinger fasste er sich an den Lippen, welche er nachzeichnete und ein Grinsen trugen.
 

Hochrot war Shaelyn in das Esszimmer geeilt, wo bereits ihr Großvater auf sie gewartet hatte. Es war nicht schwer zu erkennen, dass sie verschämt war. Das war ihr selbst klar und deshalb noch ein größeres Rätsel, wieso Watari nicht danach fragte.... Ob er es sich bereits dachte? Besser sie aß jetzt.
 

Am Mittag saß Shaelyn im Wohnzimmer und drehte nervös Däumchen. Der Fernseher war eingeschaltet und doch blickte sie durch den Bildschirm hindurch, als sie wirklich achtete was sich dort Vorn abspielte. Es war klar worüber sie nachdachte und immer mehr staute sich die Aufregung, wenn sie daran dachte Rue wiederzusehen. Was sollte sie tun? Einfach abwarten, bis er was sagte? Ob er sie darauf ansprach, wenn er es doch mitbekommen hatte? Und warum um alles in der Welt hatte er ihren Kuss erwidert?!

Verstört fasste sie sich an den Kopf, der bereits dröhnte. Seit diesem Vorfall hatte sie an nichts anderes denken können! Wobei die eine Frage sie mehr quälte, als all die anderen! War es denn möglich, dass er es einfach so getan hatte im Schlaf? Eben wie eine Reaktion? Träumte er etwas? Träumte er überhaupt?! Und wenn, was könnte das sein? … Von ihr wohl weniger. Oder war er wach gewesen? … Nein, sicherlich nicht. Dann hätte sie bestimmt Ärger bekommen und er hätte zu ihrer Sicherheit nicht erwidert. Das machte alles gar keinen Sinn! Und wieso musste sie ihn eigentlich immer, sobald die Gelegenheit sich bot, küssen?! Sie musste krank vor Liebe sein. War man wirklich so unzurechnungsfähig wenn man richtig verliebt war? Sie wäre wohl das beste Beispiel.

In ihren Gedanken völlig versunken, bemerkte sie nicht, wie sich die Wohnzimmertüre öffnete und jemand das Zimmer betrat. Diese gewisse Person ging still durch den Raum und setzte sich einfach auf das Sofa, auf dem auch Shaelyn saß und gerade den Kopf festhielt, als würde er ohne ihr Festhalten einfach hinunter fallen. „Kopfschmerzen?“, fragte eine sehr wohl bekannte Stimme locker, was Shaelyn gleich herum fahren ließ. Ihre grünen Augen starrten den Schwarzhaarigen ein paar Sekunden still an, bevor sie panisch von ihm wegrückte, sodass sie an die Lehne des Sofas stieß. Ihre Augen waren weiterhin weit aufgerissen und ihr Brustkorb hob und senkte sich stoßartig.

„Wo kommst du denn her?!“ „Aus dem Bad.“, folgte es weiterhin gelassen, woraufhin sie einige Male verstärkt blinzelte. In ihr tobte ein Orkan, den sie erst beruhigen musste. Natürlich sah sie, dass er aus dem Bad kam! Das war nicht zu übersehen, da seine nassen Haare einfach alles voll tropften. „... Das sehe ich.“ „So? Dann frage ich mich, warum du das wissen willst.“ Shaelyn verengte ihre Augen und musterten Rue scharf. Sein Verhalten war nicht anders als sonst, was doch nur heißen konnte, dass er nichts mitbekommen hatte. Oder? Er wirkte wie die Ruhe selbst und bediente sich gleich an den Süßigkeiten, die immer auf dem Couchtisch bereit standen. „Du... warst den ganzen Morgen nicht da...“ „Gut erkannt.“ Nun etwas verärgert über seine Antwort, die vor Sarkasmus nur so stank, rutschte sie näher und riss ihm den Lutscher aus der Hand, den er bereits von der Verpackung gelöst hatte. „Ey!“, meckerte sie. „Ich bin nicht doof. Ja?“ Der gewünschte Effekt, die Aufmerksamkeit von Rue zu erlangen, scheiterte jedoch. Dieser starrte kurz auf seine leere Hand, ehe er sich einen weiteren Lutscher vom Tisch nahm – erst dann blickte er zu Shaelyn hinüber, die schon eine verärgerte Schnute zog. „Weshalb so gereizt? Der Tag hat doch so gut begonnen...“ Rue grinste ihr nun entgegen und stopfte sich den Lutscher in den Mund, welcher natürlich vorher vom Einband entfernt worden war.

Und er lag bei seiner Vermutung richtig, dass sie nun verlegen den Kopf wegdrehte und kein Wort darauf antwortete. Wahrscheinlich war sie nun ohnehin am Rätseln, was genau er damit alles meinen könnte. Zufrieden schleckte er an der Süßigkeit und beobachte sie weiter ungeniert. Selbstverständlich würde er ihr nicht sagen, dass er spätestens dann wach war, als sie sich zu ihm gekniet hatte. Schließlich hatte er daraus seinen Vorteil ziehen können, ganz ohne auch nur einen winzigen Verdacht aufkommen zu lassen – und zugegebenermaßen hatte er der Verlockung nicht widerstehen können. „Äh,... ja.“ Shaelyn kicherte unsicher auf, wandte sie sich ihm noch immer nicht zu. Selbst von der Seite konnte man ihre Röte nicht übersehen. „Wie... wie haben dir die restlichen Schweinchen denn gestern geschmeckt? Wir haben uns ja nicht mehr gesehen.“ „Gut.“ Nun riskierte sie doch einen flüchtigen Blick, da sie mit der Antwort – wie erwartet – nicht zufrieden war. „Gut? Geht es vielleicht ein wenig genauer?“ „Sehr gut.“, verließ es daraufhin seinen Mund mit einem kleinen Grinsen, das ihr nicht entging. Ihre Farbe im Gesicht nahm ab, schien sie nun wieder verärgert zu sein. „Wie war das mit den Wolken und dem Himmel?“, schnitt sie ein altes Thema an, während sie sich ihm wieder zuwandte. L hob eine Augenbraue an. „Die Marzipanschweine waren zart rosa. Das solltest du allerdings selbst gesehen haben. Was das aber mit dem Geschmack zu tun hat, ist mir nicht ganz klar.“ „Nargh!“, stieß sie teils wütend und verzweifelt aus, dabei zwei Fäuste ballend. „Das machst du mit Absicht! Du bist dran!“ L riss seine Augen in Schock auf, als sie sich wie eine Verrückte auf ihn stürzte und ihn auf das Sofa umwarf. So schnell er konnte packte er ihre Handgelenke, zerbiss dabei den Lutscher zu seinem Bedauern im Mund, und hielt Shaelyn halb in der Luft von sich fern, währenddessen sie halb auf ihm lag. Man konnte ihr rachsüchtiges Grinsen nicht übersehen. In diesem Moment betrat Watari das Wohnzimmer, jener in der Bewegung inne hielt und die Szene betrachtete – in seiner Hand ein Telefon haltend. Beide schwarzhaarige Köpfe drehten sich ihm zu, wobei L mehr den Kopf verdrehen musste.

Der alte Mann hob das Telefon an sein Ohr. „Ich fürchte, Sie müssen später noch einmal anrufen. Ich werde meiner Enkelin ausrichten, dass Sie angerufen haben.“ Zu Ls und Wataris verblüffen ließ Shaelyn blitzartig vom Detektiven ab. „Ist das Emma?!“, rief sie gleich. „Nicht auflegen!“ Umgehend eilte sie zu ihrem Großvater und er reichte ihr das Telefon. „Emma?!“ „Ach, du bist doch zu sprechen?“, kicherte die Amerikanerin belustigt, während man im Hintergrund mehrere Personen lachen hörte. Emma rief sie wohl gerade von der Verwandtschaft an die das Fest ausgelassen feierten. „Ja... ich... schon gut.“, begann Shaelyn etwas verwirrt und blickte dabei ihren Großvater nach, der den Raum mit einem Lächeln verließ. „Frohe Weihnachten! Ich konnte mich gerade kurz davon drücken. … Du hast doch mein Paket bekommen?“ Begeistert nickte Shaelyn aus Reflex, was allerdings nur L erkennen konnte, der dies natürlich genau beobachtete. „Ja! Und dir auch frohe Weihnachten! Ich freue mich schon auf dein und Joels Geschenk. Kannst du ihm auch frohe Weihnachten von mir wünschen?“ „Mach das doch selbst. Der hat sich auch verdrückt, weil die Familie manchmal echt anstrengend ist. Also ich ruf dich eh die Tage noch mal an. Bis dann!“ „Danke!“, rief sie noch nach und hörte schon, wie der Besitzer des Telefons wechselte. „Hi?“, kam es unsicher vom anderen Ende der Leitung. „Hi, Joel.“, antwortete sie gleich freundlich, strich sich dabei eine Strähne aus dem Gesicht. „Ich... wollte mich für dein Geschenk bedanken.“, lenkte sie nun betreten ein. „Kein Ding. Ist auch nicht groß. Hoffe es gefällt dir trotzdem.“ Unterdessen Shaelyn telefonierte, näherte sich L unbemerkt.

„Ist doch nicht schlimm...“, lachte sie leise und spürte gleich, wie ihr das Telefon aus der Hand gezogen wurde. Unvermittelt wandte sie sich um und stierte dem Schwarzhaarigen ins Gesicht. Jener nun das Telefon an sein Ohr hielt und ihr dabei unverhohlen in die Augen starrte: „Shaelyn ist beschäftigt und hat daher leider keine Zeit mehr.“ Kaum war das gesagt, legte L auf – ganz unbekümmert, als wäre das sein gutes Recht gewesen. „... Was... was geht denn jetzt ab?!“, stotterte sie konfus und presste kurzzeitig ihre Handflächen an die Wangenseiten. Sie sah verzweifelt aus. Bei so viel Unverschämtheit fiel ihr einfach rein gar nichts mehr ein. „W-Wo bin ich denn beschäftigt und hab keine Zeit mehr?! Und überhaupt! Du machst mich verrückt! Bald lande ich in der Irrenanstalt!“ L war sich keiner Schuld bewusst und präsentierte sich dementsprechend. Zog dann unbefangen etwas aus seiner hinteren Hosentasche und hielt es Shaelyn vor die Nase, sodass sie die kleine durchsichtige Schachtel anstarrte. „Wa... Ein Kartenspiel...?“, folgte es prompt. Ihre Gedanken überschlugen sich. „Richtig. Du schuldest mir noch da noch etwas. Oder hast du dein Versprechen vom letzten Jahr bereits vergessen?“ Umgehend durchforstete Shaelyn ihr Gedächtnis, ehe sie sich an ein vages Versprechen letztes Jahr tatsächlich erinnerte. Sie stöhnte entnervt auf. Nein! Dann verlor sie ja wieder die ganze Zeit! Doch dann begann sie schwach zu grinsen. Vielleicht ja doch nicht. Direkt ergriff sie die Kartenschachtel. „Okay! Aber wehe du machst so was wie gerade noch mal, sonst … sonst wirst du dich noch umgucken!“, drohte sie ihm zuletzt entschieden. Ob L ihre Drohung ernst nehmen sollte?

„Ach ja. Neues Spiel und andere Regeln...“, meinte sie anschließend listig und kassierte umgehend einen skeptischen Blick von L.
 

Joel blickte auf das Telefon, das nur noch piepste. Wer zur Hölle war das eben gewesen? „Hey, was is' los?“, fragte ihn gleich seine Schwester, woraufhin er sie ansah. „Da war ein Typ am Telefon, der mich abgewimmelt hat. Ganz plötzlich während ich noch mit Shaelyn sprach.“ Emma zog beide Augenbrauen hoch. „Ein Typ? … Der dich abgewimmelt hat?“ Ein breites Schmunzeln trat in ihr Gesicht. „Ach, das war nur ihr verrückter Mitbewohner. An den muss man nichts Normal finden. Der ist von Natur aus seltsam. Vor dem gehst du alleine schon beim Anblick rennen. Der sieht aus wie eine Leiche...“ „Aha... Das ist aber nicht unbedingt beruhigend...“, meinte der Brünette nur und wurde im nächsten Moment feste auf dem Rücken geklopft. „Mach' dir keinen Kopf. Die süße Shaelyn wirst du noch oft genug sehen. Und spätestens an Silvester...“ Emma zwinkerte ihrem Bruder zu und verschwand durch die Tür. Warum wusste seine Schwester immer genau Bescheid? Die musste ein Ventil dafür haben.
 

„Also unser Spiel heißt: Einundfünfzig.“, begann Shaelyn, nachdem sie es sich auf dem weichen Teppich neben dem Tisch bequem gemacht hatte. Ihr gegenüber hockte Rue, der aufmerksam zuhörte. „Das ist ein Kinderspiel, also ziemlich leicht. Außerdem musst du ziemliches Glück haben um zu gewinnen.“, fuhr sie fort und packte die französischen Karten aus. Dann eröffnete sie ihm auch gleich die Regeln und erklärte jede Karte einzeln. Nachdem sie das getan hatte, mischte sie den Stapel gut durch. „Aber.“, schnitt sie auf einmal an. „Diesmal will ich eine Liste führen. Wir spielen 15 Spiele und wer die meisten gewonnen hat, der darf etwas vom Anderen verlangen. Klar?“ L stellte den Kopf leicht schief und kaute vermehrt auf seinem Daumen. Misstrauisch musterte er das Gesicht von Shaelyn, die ein Grinsen im Gesicht trug. Er hatte gleich gewusst, dass etwas Ungewöhnlich war. „Keine Sorge. Ich verlange nichts von dir, dass du was mit mir machen musst, okay? Eigentlich kannst du gar nicht verlieren...“ Dennoch alarmierte ihn das nun raffinierte Grinsen ihrerseits. Das nicht verlieren klang verlockend, allerdings musste dabei ein Haken sein. Sie verfolgte einen Plan – auch wenn dieser nicht beinhaltete ihr bestimmte Wünsche zu erfüllen. Zudem musste sie sich sehr sicher sein, dass sie dieses Spiel beherrschte – oder sie war naiv genug zu glauben, dass Glück wäre auf ihrer Seite. Jedes Spiel hatte einen Trick und den würde er schnell durchschauen. Verlieren war ausgeschlossen. „Was ist jetzt? Stimmst du zu?“, hakte sie kampfbereit nach. „In Ordnung.“, erwiderte schließlich L locker. Er sollte sich schon einmal überlegen was er Shaelyn machen lassen sollte. „Super, dann hol ich noch eben ein Blatt Papier und einen Stift.“

Das Spiel konnte beginnen.
 

Man spürte die Spannung, die im Raum längst Einzug gehalten hatte. Jeder war geistig ganz auf das Spiel fixiert. Keiner duldete eine Unaufmerksamkeit – zu Recht, denn war der Spielstand knapp. Nachdem Shaelyn die ersten Spiele regelrecht im Sturm gewann, ließ ihre Glückssträhne nach. Und immer mehr provozierte sie sein Grinsen, das pro gewonnen Spiel zunahm. Sie hätte es wissen müssen. Man sollte Rue nicht herausfordern und gleichzeitig eine Belohnung auf das Gewinnen aussetzen. Shaelyn lernte es nicht: Rue durfte man schlicht nicht reizen. Dennoch wollte sie sich kämpferisch zeigen – nein sie war nur naiv. Das traf es mit dem Nagel auf den Kopf, wenn es ganz nach L ging.

Der Stand war nervenaufreibend. Sieben zu Sieben. Gleichstand und diese Runde entschied es. Den endgültigen Sieg, oder die Niederlage. Auch wenn Shaelyn sagte, dass es nichts zu verlieren gab. Obwohl sie langsam unsicher wurde was diese Ansicht betraf. Was könnte Rue sich alles ausdenken? Er war ein großer Denker und ihm fiel sicher etwas Schlimmes für sie ein. Als Rue dann eine Karte ablegte und sie eine neue vom Stapel nahm, glaubte sie ihren Augen kaum. Das war genau die passende um den Wert zu vervollständigen! Umgehend warf sie den Buben auf den aufgedeckten Kartenhaufen und schrie: „51!“ und das dermaßen in Freude, dass sie ihre restlichen Karten in die Luft warf. „Gewonnen! Ich hab gewonnen! Jawohl!“, jubelte sie unter dem Kartenregen. Direkt hob sie ihren Zeigefinger an und deutete auf den hockenden Gegenspieler, der nun unerfreulich aussah. „Ich habs dir voll gezeigt! Jetzt tust du alles was ich sage!“ „Ich glaube, du verwechselst da was.“, ließ er seelenruhig anklingen und legte seine restlichen Karten auf den Teppich. Ihr Enthusiasmus wurde abrupt beendet, da sie ihm schockiert ins Gesicht starrte. „Das war abgemacht!“ „Es war abgemacht, dass ich etwas mache, was dich nicht mit einbezieht. Keinesfalls alles.“ Shaelyn verdrehte ihre Augen entnervt. Er nahm es wirklich genau. „Ja, das wollte ich damit ja auch sagen. Ich halte mich schon an die Regeln. Was denkst du von mir?“, meinte sie zum Schluss doch ein wenig enttäuscht. „Ich mache das, was ich sage auch...“ Ein Schmunzeln machte sich unmittelbar in seinem Gesicht breit, was sie verwirrt blicken ließ. Nahm er das etwa nicht ernst? Bisher hatte sie sich doch an alles gehalten...

„Schon gut.“, begann er und sein üblicher Gesichtsausdruck kehrte zurück. „Du hast natürlich Recht. Mit meiner Niederlage darfst du dir etwas Aussuchen. Was ist es?“ Shaelyn stellte den Kopf schief. Sie schien stark zu überlegen. „Also eigentlich hatte ich nichts Genaues im Kopf...“, gab sie mit einem kurzen Lachen von sich. „Ich überlege mir noch was... ist das Okay?“ Ihre Aussage verblüffte ihn tatsächlich für einen Moment. Weshalb wirkte sie dann vor dem Spiel so als wüsste sie schon, was sie wollte? Ging es nur alleine um die Gelegenheit? L hatte deutlich anderes erwartet. Allerdings war er sich sicher, dass sie sich etwas Besonderes einfallen lassen würde. Vielleicht sollte er ihr zuvor kommen. „Einverstanden. Gebe mir Bescheid wenn dir etwas Passendes eingefallen ist.“ „Alles klar.“ Shaelyn schenkte ihm ein sanftes Lächeln, sodass er sofort ihre vollen Lippen anstarrte. Nachdenklich hob er seine rechte Hand an und strich sich mit dem Zeigefinger, wie am Morgen zuvor, über die Lippen - was Shaelyn diesmal jedoch sehen konnte und neugierig stimmte. „Ist alles okay? … Hast du was?“, fragte sie augenblicklich, was L aus den Gedanken holte. „Nein.“ Resigniert seufzte die Engländerin auf. „Na gut, … ich räume dann mal hier das Chaos auf.“ Direkt fing sie damit an die Karten aufzuheben – wobei L ihr half. Immerhin hatte er ja die Karten erst mitgebracht und ein Spiel vorgeschlagen. Und es war letztlich keine schlechte Idee, da sie ihm wieder entgegen lächelte.

Nachdem das kleine Chaos beseitigt war, betrat Watari das Zimmer – mit einer kleinen Tüte in der Hand und einem breiteren Lächeln als sonst.

War das möglich?
 

Am Abend war es fast wie in jedem Haus an diesem Tag. Die Familie saß bei Tisch, der reichlich gedeckt war – nur nicht ausschließlich mit 'normalem' Essen und dass eigentlich nur Shaelyn und Watari eine Blutsverwandtschaft hatten. Dennoch war Rue selbstverständlich mit am Tisch, verputzte ausschließlich nur Süßes und beteiligte sich nur selten am Gespräch, das der alte Herr mit seiner Enkelin führte. Ging es um Alltägliches. Ihr Sehvermögen, das mittlerweile ganz intakt war nur noch von der direkten Sonneneinstrahlung einige Zeit abgeschirmt werden musste. Oder auch das allgemeine Wohlbefinden und das Wetter zu dieser Jahreszeit. Nichts, was große Bedeutung hatte. Smalltalk, wie man es schön nannte – und daher für L ohnehin nicht wichtig genug um sich dazu zu äußern. Es sei denn, Shaelyn fragte ihn explizit, was allerdings kaum vorkam.

So ging der Abend ruhig weiter und das Essen endete. Während Watari den Tisch abdeckte, begab sich L zurück ins Wohnzimmer, wohin Shaelyn ihm nach einigen Minuten folgte. Offensichtlich hatte sie ihrem Großvater beim Abdecken geholfen, wurde dann allerdings fortgeschickt, da der alte Mann den Rest alleine machen wollte. Demnach seufzte die Schwarzhaarige als sie die Wohnstube betrat. „Wieso ist Opa so wild aufs Putzen? Und will sich dann nicht weiter helfen lassen?“, klagte sie eher in den Raum, als wirklich an L gewandt, der sich auf dem Sessel eingefunden hatte. Jener zeigte daraufhin auch keine Reaktion, war mit seinen Gedanken mehr beschäftigt als mit seiner Umgebung. „Hey, Rue.“, fragte Shaelyn schließlich direkt, nachdem sie neben ihm trat. Seine Antwort ließ allerdings auf sich warten. „Hm?“ „Du bist schon den ganzen Abend so nachdenklich. An was denkst du?“ „Nichts Besonderes.“ Auch bei dieser Antwort wandte er sich ihr nicht einmal zu, was sie leicht verstimmte. Er mimte wieder den Geheimnisvollen. Was sie verärgerte und gleichzeitig traurig stimmte. Wieso war er nur so rätselhaft? Sie wollte, dass er auch Spaß an diesem Abend fand. Seit dem Kartenspiel schien er nämlich abwesend. „Komm schon. Sag es mir...“, bohrte sie weiter und setzte sich auf die Sessellehne, was er gut wahrnahm, da seine Pupillen kurz zu ihrer Seite wanderten. „Wenn du es mir nicht sagst und mich auch weiter so ignorierst, dann … .“ Auch wenn sie es halb kichernd meinte, so war es ernst. Er sollte besser gelaunt sein. Und ihre Drohung half – zumindest ein wenig, da er seinen Kopf zu ihr drehte. „Dann?“ „Gibt's Ärger mit mir. Du sollst gut gelaunt sein... Und so wie du gerade auf mich wirkst bist du es bestimmt nicht. Also wo ist dein Problem? Vielleicht kann ich dir helfen?“ Immerhin versuchte sie ihn auf andere Gedanken zu bringen. Sie mochte es nicht, wenn er so still war – auch wenn sie ihn dann gerne heimlich betrachtete. „Ich habe kein Problem. Folglich musst du mir nicht helfen.“ Mit diesen nüchternen Worten starrte er abermals geradeaus, was sie nun tatsächlich richtig verärgerte. „Das hätt' ich ja sogar bemerkt wenn ich noch blind wäre! Ich kenn' dich doch jetzt schon ein ganzes Jahr. Da werd' ich doch inzwischen wissen, wenn irgendwas komisch ist.“ Ein volles Jahr, in dem sie nur an ihm hing. Jeden Tag verbrachte sie in seiner Nähe. Ja, sie wusste einfach, wenn etwas anders war. Nur was, das war die Frage. Denn obwohl sie so viel Zeit nur mit ihm verbracht hatte, konnte sie noch immer nicht sagen, was wirklich mit ihm los war. Rue war … wie ein gefrorener See. Wies seine eisige Oberfläche ein paar kleine Risse auf, deuteten auf etwas hin, konnte sie jedoch nie in den tiefen See hineinblicken. Nirgendwo war ein winziger Spalt und die Eisschicht so dick, dass sie, egal wie oft sie versuchte an der Oberfläche zu kratzen, oder zu hämmern – es nicht brach.

Warum … ? Würde es denn nie auftauen?

„Alles ist bestens. Du solltest -“ Abrupt endete er als einen dumpfen Schlag auf den Hinterkopf spürte. Es schmerzte nicht, da es weich war, aber dennoch genug Wucht inne hatte, sodass er mächtig Mühe hatte seine Balance zu halten; da er ansonsten vornüber gefallen wäre. Umgehend, nachdem er seine Position wieder gefunden hatte, riss er regelrecht seinen Kopf zu ihr herum. Neben ihm eine wütende Shaelyn, die ihre Waffe in der Hand hielt – ihr Kissen, das im normalen Fall immer auf dem Sofa lag, falls ihr nach einem Nickerchen wäre. „Das war aber nicht nett.“, meinte L gleich und musste im nächsten Moment schon nach dem weichen Kissen greifen, da sie erneut zuschlug. „Hast du verdient! Und jetzt loslassen!“ „Nein.“, folgte es, woraufhin sie begann an dem Kissen zu zerren, was L wiederum gut festhielt. Das Resultat stellte sich schnell ein: Erst war ein Reißen von Stoff zu hören, ehe es Shaelyn zum zweiten Mal von der Lehne haute und weiße Federn durch die Luft wirbelten.

„Uh... ich glaube, ich sollte demnächst immer einen Helm bei dir tragen...“, kam es trocken von Shaelyn, die sich langsam aufsetzte und sich den Hinterkopf rieb, während sie mit der linken Hand die Federn von ihren Beinen wegstrich. Das war doch nicht normal. Immer erwischte es sie – und immer ihren Kopf. Das konnte auf Dauer nicht gesund sein. „Weiß.“, erklang die Stimme von Rue seelenruhig, weshalb sie zum Sessel aufsah – direkt in das Gesicht von ihm, das zwar in ihrer Richtung gewandt war, aber seine Augen etwas Anderes fixierten. Verwirrt starrte sie hoch, bemerkte gleichzeitig dass er selbst von Federn überschüttet war – genau genommen der gesamte Bereich um den Sessel herum. Aber weiß? Die Federn? Und wohin stierte er denn so gebannt? „Du trägst ein weißes Höschen.“ Ein Satz, der sofort ihr Herz hart gegen die Brust schlagen ließ. Auf der Stelle blickte sie an sich hinunter und konnte ganz ohne Hindernis tatsächlich auf ihre Unterwäsche sehen. Blitzartig griff sie den Saum des Rocks und zog diesen, so weit es ihr möglich war, wieder hinunter. Gleich schon kniff sie ihre Augen zusammen. „Du Schwein!“, rief sie hochrot aus. „Man guckt einer Frau nicht unter den Rock!“ „Leider war es mir nicht möglich wegzusehen. Aber wenn du mich fragst, finde ich die Farbe nicht passend.“ Unverzüglich hob sie wieder ihren Blick und erkannte ein kleines Grinsen seinerseits. Was... bildete er sich eigentlich ein?! „Ich diskutiere doch nicht mit dir über meine Wäsche!“ „Warum nicht?“ Angesichts seines fast nüchternen Gesichtsausdrucks, blieb ihr nichts anderes übrig als ein paar Sekunden schlicht zu starren. „... Die Farbe, oder meine Wäsche allgemein geht dich nämlich gar nichts an.“ Dann fasste sie neuen Mut und grinste ihm frech entgegen. „Es sei denn, du bist mein Freund. Dann darfst du das gern wissen und mit mir darüber reden.“ „Wie ich sagte, die Farbe weiß ist nicht passend.“ Shaelyn, die diese Antwort nicht erwartet hat, da er eigentlich gar nicht auf ihr Gesagtes einging, blinzelte verstärkt. Hätte er nicht sonst sofort etwas dazu gesagt? War das wieder zu viel... ?

Offensichtlich verstand Shaelyn seine Worte nicht. Ihr ratloser Ausdruck reichte aus um das sofort zu erkennen. Demnach seufzte er leise und wandte den Blick von Shaelyn ab, da er sich wieder in die gewohnte Position setzte. Somit nahm er nur am Rande wahr, wie sie sich ganz aufrichtete und sich die Federn abklopfte. „Vergessen wir das besser... Aber für die Zukunft glotz mir nicht unter den Rock.“, begann sie recht ernst, fuhr sie allerdings belustigt fort: „Und klopf dir mal die Federn ab! Du siehst aus als wärst du geteert und dann gefedert worden.“ Shaelyn lachte kurz auf und L blickte nun erst an sich herab. Sie hatte Recht. Folglich erhob er sich aus dem Sessel und strich sich die kleinen weichen Federn ab, die überall an seiner Kleidung regelrecht klebten. Zuletzt waren seine Haare an der Reihe. Als auch das schnell erledigt war, war er schon dabei sich zu setzen, stoppte jedoch nachdem Shaelyn zu ihm trat, sodass er sich ein Stück zu ihr drehte. „Du hast da noch ein paar in deinem wirren Haar...“, verließ es schwach ihren Mund, der ein sachtes Lächeln trug, war sie schon dabei ihren Arm anzuheben. Für einen Augenblick überlegte er sich, ob er sie fern halten sollte und den Rest an Daunen selbst entfernte – hob dafür auch schon leicht seine Hand an, bevor er plötzlich inne hielt. Herzrasen. Da war es erneut, sodass seine Gedanken zum Halt kamen. Gänsehaut breitete sich vom Kopf bis Fuß aus, das nur weil sie vorsichtig durch sein Haar fuhr. Sie tat nichts weiter als das und doch reichte es aus – noch immer. Noch immer, sei es nur ihre Nähe, versetzte es ihn in Unruhe. L verstand es nicht und er wusste, dass er dafür keine logischen Gründe fand. Längst hatte er aufgegeben, daran etwas Sinnreiches zu finden. Es war wie es war. Und es ließ nicht nach. Nein, im Gegenteil. Da er wusste, was sie wirklich empfand, machte es das schlimmer.

Shaelyn stoppte, bemerkte sie den leeren Ausdruck seiner Augen. Rue schien geistesabwesend – und doch starrte er ihr genau entgegen. Was war denn plötzlich los? Erschrocken quietsche sie dann schließlich auf, als sie seine warme Hand an der ihren spürte. Er war wohl anwesend! „Das musst du nicht tun.“ Gleich jagte ihr ein angenehmer Schauer durch den Körper. Seine Stimme klang ernst, aber doch... vorsichtig. „I-Ich bin eh fertig.“ Ihre Lippen bebten als sie es nahezu flüsterte und zog eilig ihre Hand aus der seinen. In voller Aufregung versuchte sie ihre Gedanken zu sammeln, was ihr immer weniger gelang. Durchgehend heftete sein Blick auf sie; faszinierte es sie jede Sekunde mehr. „Ich glaub', ich geh besser. Ich muss eh Opa Bescheid geben wegen dem kaputten Kissen...“ So schnell sie konnte, suchte sie nach diesen Worten das Weite. Sie musste sich endlich zusammenreißen!
 

Nachdem sie sich nicht mehr recht traute ins Wohnzimmer zurückzukehren, beließ es Shaelyn dabei und sagte lediglich nur ihrem Großvater Bescheid. Jener war zwar überrascht, würde sich aber darum kümmern. Und was machte sie noch an diesem Abend? Zumindest war beruhigen zunächst die beste Idee – denn selbst nach einer Stunde war sie noch vollkommen neben sich.
 

Der 25te Dezember brach an und sicherlich waren schon viele Kinder daran die Geschenke zu öffnen, was auch nichts Ungewöhnliches war. Wohl der einzige Tag im Jahr, in dem die Kinder freiwillig früh aus den Betten stiegen – und Shaelyn war nicht anders. Die Neugierde hatte sie gepackt und sie wollte wissen was sie alles geschenkt bekam. Demnach, ganz gleich ob sie noch ihr Nachthemd trug, rannte sie förmlich durch den Gang, die Treppe hinunter und gleich ins Wohnzimmer. Sofort riss sie die Tür auf und erschreckte tatsächlich jemanden, da man kurz ein Klirren und ein Husten hörte. Rue, der nun aufstand, wandte seinen Kopf ungesund zu ihr: Er sah ein wenig verärgert aus. Man erkannte auch gleich den Grund als er sich ganz zu ihr drehte. Wo sein Shirt normal lupenrein weiß war, zierte nun ein brauner Fleck das Shirt, inklusive Hose, da er ohnehin immer hockte. Shaelyn ließ sich nicht beirren und lächelte keck. „Morgen! … Wie es aussieht musst du dich wohl umziehen.“, lachte sie vergnüglich. Rue verengte seine Augen kurzzeitig, musterte sie danach eindringlich. „Und wie ich bemerke, hast du dich noch nicht umgezogen. Ist es nicht ein wenig kühl?“ „Nö.“, folgte es prompt. „Mir ist eh warm...“, hing sie mit einem Grinsen an und schloss hinter sich die Türe. „Und seit wann kann man dich erschrecken? Ich war ja wohl laut genug...“, hakte sie gleich nach, nahm allerdings den Blick vom Schwarzhaarigen und richtete diesen stattdessen auf die Geschenke. „Ich habe nachgedacht.“ „Du denkst immer nach. Aber wirklich immer! … Egal jetzt. Die Geschenke warten!“ Freudig klatsche sie einmal in die Hände und ging zum Weihnachtsbaum hinüber. Sofort setzte sie sich nahe an den Baum – doch statt sie ihre Geschenke in die Hand nahm, hob sie das Geschenk für Rue hoch.

L, der als Shaelyn sich an den Baum setzte, einmal das Shirt an seinen Fingerkuppen leicht anhob um den Fleck zu begutachten, wurde vom Rascheln aufmerksam. „Rue. Komm doch bitte her. Ich möchte, dass du zuerst dein Geschenk auspackst.“ Shaelyn lächelte ihm sanft zu, jene das Präsent für ihn schwach hochhielt. Er zögerte und je mehr er das tat, desto mehr veränderte sich ihr Gesichtsausdruck. Sie war betrübt. „Verstehe... Du magst also nicht.“, verließ es traurig ihren Mund, während sie ihre Hände absenkte, welche das Paket hielten. L begann an seinem Daumennagel zu kauen, seufzte gleichzeitig kaum hörbar. Blieb ihm denn diesmal eine Wahl? Und war er nicht doch ein wenig zu neugierig was sie ihm schenken könnte? Dennoch – L war unentschlossen. Das Präsent galt ihm persönlich, nicht die seiner Leistungen. Es war zu lange her, dass das der Fall war...

Shaelyn hatte das Geschenk vor sich gelegt und widmete sich dann lieber den ihren. Es zog etwas in ihrer Brust. Die Enttäuschung über seine Reaktion hatte gesessen, somit war ihre Freude stark gedrückt. Trotz dessen versuchte sie fröhlich zu sein. Immerhin freute sie sich über ihre Präsente. Zuerst nahm sie das von Watari in die Hände, betrachtete noch einmal ihren Namen in dieser Schönschrift. Irgendwie sah es wirklich toll aus. Als sie schon das Paket auf ihren Schoß stellte, kamen zwei nackte Füße in ihr Blickfeld und hielten vor ihr an. Umgehend musterte sie kurz die Füße, ehe ihr Blick hoch wanderte und auf den von Rue stieß. Erwartungsvoll sah sie ihn an; und er starrte zurück. Es fiel nicht ein Wort und ihr Herz pochte mit jeder weiteren stillen Sekunde heftiger gegen ihren Brustkorb. Ihre Lippen öffneten sich, formten die erste Silbe, da machte er sich kleiner – und setzte sich tatsächlich vor sie. In einem Schneidersitz machte er es sich bequem, nagte dabei allerdings immer noch an seinem Daumennagel. Verwundert, dass er nun doch gekommen war und über seine Sitzhaltung, legte sie einfach nur den Kopf schief. „Möchtest du jetzt doch … ?“ Mehr brauchte sie nicht sagen, da er schon sein Geschenk hochnahm. Geradezu argwöhnisch betrachtete er erst alle Ecken, als sei er sich nicht sicher ob etwas Gefährliches irgendwo lauern würde – was Shaelyn sich skeptisch ansah. „Also da springt dich nichts an. Ist ganz harmlos...“, kommentierte sie konfus, woraufhin sie einen kurzen, aber aussagekräftigen Blick von ihm einheimste. Was hatte er denn? Sie würde ihm wirklich keine Bombe oder dergleichen schenken. Weshalb war er dann so vorsichtig?

Als er dann endlich begann an dem weißen Bändchen zu ziehen, was er natürlich zwischen seinen Zeigefinger und Daumen anfasste, ließ er sich richtig Zeit. So lang, dass sie immer nervöser wurde. Immerhin wusste sie nicht, wie er das Präsent aufnehmen würde. Vielleicht dachte er, dass sie an ihm kritisieren würde... dabei dachte sie sich nur Gutes. Ein bisschen Abwechslung schadete keinem und gerade wäre es sogar recht passend. Beinah hätte sie selbst angefangen an einen ihrer Nägel zu kauen, weil er sie wieder wahnsinnig machte. Er spannte sie auf die Folter – wie immer. Als dann endlich das Geschenkpapier entfernt war, war nur noch die Schachtel da, dessen Deckel er abhob. Was sich ihm zeigte, schien ihn gleich misstrauisch werden zu lassen und Shaelyn gespannter denn je. Rue griff in die flache Schachtel und zog schwarzen Stoff heraus, den er anhob. Zum Vorschein kam ein schwarzes Shirt. Es hatte den gleichen Schnitt wie seine sonstige Oberbekleidung, war es nur komplett schwarz. „Ich dachte mir, dir würde eine andere Farbe vielleicht mal gut tun.“, schaltete sich Shaelyn zunächst behutsam ein. Rue senkte das Shirt, sodass sie in sein, zu ihrem Wundern, ausdruckslosem Gesicht blickte. Oh je... hoffentlich war das wirklich kein Fehlgriff. Aber sie wollte etwas anderes als Süßigkeiten schenken und sonst fiel ihr nichts ein. Immerhin wusste sie noch immer nicht was er gern hatte. Gab es so etwas überhaupt? „Und du bist zu dem Schluss gekommen, dass schwarz das passende ist?“ Die Engländerin kicherte leise. „Naja, ist doch ganz leicht wieso. Du bist manchmal echt gemein,... nein, eigentlich fast immer. Und hätte ich dir besser Shorts kaufen sollen? Oder noch besser... Socken?“ Prompt verriet sein verstörtes Gesicht ihr, dass er über Socken sicherlich nicht erfreut gewesen wäre. „Ich weiß ja nicht was du sonst so magst... da ist mir nur das auf die Schnelle eingefallen. Probiere es doch einfach mal an. Du musst es ja nicht immer tragen. Aber ich dachte...“ Shaelyn wich seinem Blick aus, kratzte sich einmal leicht über die Wange. „Ich dachte halt, dass es dir bestimmt auch stehen würde. Der Kontrast ist halt so schön... nicht nur weil du so gemein bist. Deswegen schwarz.“ „Danke.“ Sofort wandte sie sich ihm wieder zu. „Hast du... dich eben bedankt?!“, fragte sie unsicher nach. „Ja.“ Gleich strahlte sie über beide Wangen. „Das freut mich total!“ „Das sieht man...“, kommentierte der Schwarzhaarige nüchtern ihren Ausbruch an Freude, woraufhin ihr Gesicht sich prompt wandelte. „Lass mich doch. Wenn du schon kein freudiges Gesicht aufsetzt, mach ich es für dich mit!“ Shaelyn verschränkte ihre Arme vor der Brust und schenkte Rue einen kurzen finsteren Blick. Jener war wie immer unbeeindruckt. „Ich habe mich bedankt. Das sollte reichen.“ „Miesepeter.“ Erneut wie ein kleines Kind, streckte die Engländerin ihre Zunge heraus. „Mr. L. Oder wie war das? Zeig mal ein bisschen mehr Emotion. Bist manchmal wie ein Stein. Genauso undurchsichtig, grob und kühl. Es ist der 25te! Da musst du wenigstens ein bisschen Lächeln, hm? Versuch es doch mal! Oder soll ich helfen?“

Shaelyn redete abermals wie ein Wasserfall, was ihn nicht weiter interessierte, allerdings etwas sagte, was ihn in Alarmbereitschaft versetzte. Denn die Frage zuletzt klang wie eine ernsthafte Drohung – zumindest wenn man Shaelyn damit in Verbindung brachte. Zudem gefiel ihm seine Bezeichnung nicht. „So wie ich das Ganze bisher verstanden habe, bist du alles andere als gelangweilt von mir.“, rieb er ihr unter die Nase, die gleich mit ein wenig rot wurde. Ihr stieg dieser Satz sofort zu Kopf. Umgehend stützte sie sich mit einer Hand auf den Boden ab und hob die andere hoch, die sie auf seine Brust drückte. Ihre grünen Augen funkelten ihn an – wenn auch gleich sie etwas Verschämt schien. „Spar' dir das! Ich weiß, dass ich auf einen Idioten stehe und es ist fies mir das vorzuhalten. Wenn du auch … verliebst wärst, dann wüsstest du, dass das gar nicht so einfach ist so jemanden zu 'vergessen'. Kapiert?“ L enthielt sich hier jeglicher Antwort. Natürlich wusste er wie schwer es war. Das es selbst für ihn eine – bisher – unüberwindbare Mauer war. Er steckte fest … in diesem Malheur. „Willst du deine Geschenke nicht öffnen?“, überging er somit einfach ihre Frage, was sie zunächst verärgerte. Aber sie selbst bemerkte wohl, dass es hier sinnlos war zu diskutieren. Demnach schnaufte sie einmal um sich zu beruhigen und setzte sich wieder zurück. Ohne einen weiteren Ton nahm sie dann das Geschenk von Watari auf ihren Schoß.

Noch leicht zornig zog sie an dem roten Bändchen. Rue war wirklich fies geworden! Was konnte sie denn dafür? Wieso hielt er es ihr vor? Das war überhaupt nicht fair gewesen... Als sie dann den kleinen Karton öffnete, lugt gleich etwas weiteres Rotes hervor. Ein schwaches Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus. Shaelyn griff hinein und holte die rote Weihnachtsmütze aus dem Karton, den sie mit der anderen Hand zur Seite stellte. Es stimmte ja – sie hatte es sich selbst von Watari gewünscht. Was hätte er ihr auch anderes schenken sollen? Shaelyn brauchte schließlich nicht wirklich viel. Also wünschte sie sich eine rote Weihnachtsmütze, die sie als schönes Erinnerungsstück behalten konnte. Sogleich setzte sie die weiche Mütze auf, wobei sie den Blick von Rue streifte. Dieser betrachtete die Szene still – und mit einem leicht schief gestellten Kopf. „Willst du sie auch mal anziehen?! Die ist total flauschig!“ „Kein Bedarf...“ „Ach, komm!“ Der Ärger von nicht allzu langer Zeit schien schon vergessen. Wollte die Schwarzhaarige auch nicht die Stimmung weiter drücken. Rue hob beide Augenbrauen an. „Ich lehne dankend ab.“ Der eindeutig falsche Satz, wie Rue feststellen sollte. Ohne weitere Umschweife zog sie sich die Mütze vom Kopf und hastete nach Vorn um ihn die Mütze aufzusetzen – was ihr tatsächlich gelang, wenngleich er sie noch davon abhalten konnte auf ihn zu fallen, da sie das Gleichgewicht unterschätzt hatte. „So ist es gleich viel … Weihnachtlicher.“, kicherte Shaelyn halb in der Luft und grinste Rue entgegen. „Und wehe du ziehst sie ab! Das darfst du erst, wenn alle Geschenke ausgepackt sind...“ Nachdem sie sich, tatsächlich, freiwillig selbst wieder entfernte, fasste Rue an die Mütze. „Hey!“ „Solltest du sie nicht tragen? Immerhin... ist es dein Präsent das du dir gewünscht hast.“ „Ja, aber dir steht sie gut.“ Rue schien genervt, da er den Mund wieder in eine Gerade zog. Shaelyn kicherte daraufhin nur. „Bitte. Okay? Dann eben nur solang ich meine Geschenke auspacke, ja?“ Sie setzte ihr süßestes Lächeln auf und bettelte somit geradezu – das wohl Wirkung zeigte. Rue seufzte. „In Ordnung.“ Er wusste, dass sie ohnehin keine Ruhe geben würde. Ihre Trumpfkarte. „Gut, ich pack' dann auch die anderen zwei aus!“

Voller Enthusiasmus nahm sie das nächste Geschenk auf ihren Schoß – das rosa Geschenk, das offensichtlich von Emma stammte. Shaelyn öffnete den Einband, den Deckel und was ihr diesmal entgegen lugte, schien nicht nur Shaelyn neugierig zu machen. War das auch was zum Anziehen? Der Brief, der auf dem leicht durchsichtigen roten Stoff lag, wurde zunächst hochgehoben.
 

~ * ~
 

Frohe Weihnachten, Shaelyn!
 

Ich hoffe du findest Verwendung für das hübsche Set? Es ist zwar nicht allzu aufwendig, aber ich denke es wird dir trotzdem gefallen! Es war wie für dich gemacht. Du musst es mir bei Gelegenheit mal vorführen!
 

P.S.: Nicht so schüchtern.
 

Alles Liebe,

Emma
 

~ * ~
 

Aufregung machte sich breit. Wozu sollte sie nicht zu schüchtern sein … ? Mit Zögern blickte sie wieder in die Schachtel, die leer war?! Erschrocken, und panisch zugleich, blickte sie auf. Was sie sah, ließ ihr das Herz in die Hose rutschen. „Nett.“, erklang die Stimme Rues, während er zwischen seinem linken Zeigefinger und Daumen das Spitzenhöschen hoch hielt und auf der anderen Seite den passenden BH. Blitzschnell krallte sie sich regelrecht die Wäschestücke. Hochrot stopfte sie diese in die Schachtel zurück, die sie schloss. „P-Privat! Das ist privat!“ Hätte sie gewusst, was sich darin befand, hätte sie es niemals vor Rue geöffnet! Als Rue auch etwas Ansetzen wollte, warf sie ihm wie einst einen scharfen Blick zu. Die Diskussion über ihre Wäsche vor nicht allzu langer Zeit hatte gereicht. „Psst!! Sag nichts! Wage dich! Perversling!“, warf sie ihm schnell an den Kopf, jener sich leicht schief stellte. Fragend blickte er ihr entgegen. „Warum pervers?“ „Na... weil du nicht einfach an meine Wäsche sollst! Das macht man halt nicht! Genauso wenig wie man einer Frau unter den Rock linst!“ „Hm...“ Rue legte einen Zeigefinger an seinen Mund, welcher schwach ein Grinsen formte. „Die rote Wäsche wird dir sicherlich besser stehen.“ „Du... ! Du Schwein!“, entrüstete sie sich und griff im nächsten Moment frontal an – nichts womit der Schwarzhaarige nicht schon gerechnet hatte und geschickt zur Seite auswich, hing ihm nur jetzt der weiße Bommel von der Mütze im Gesicht. Nun hockte er auf allen Vieren neben Shaelyn, die auf dem Teppich landete. Jene strampelte wie ein Baby. „Ich hab gesagt, du sollst nichts sagen!“ Voller Scham drückte sie ihren heißen Kopf in den weichen Teppich. Rue sollte nicht so anzüglich werden, wenn er doch kein Interesse an ihr besaß! Das tat er nur wieder um sie zu ärgern!

L kam vorsichtig näher, da Shaelyn einfach nur noch regungslos auf dem Teppich lag – mit noch immer dem Kopf zum Boden. Langsam streckte er einen Arm aus und tippte sie in die Seite. „Noch anwesend?“ „Nein, ich bin zurzeit leider nicht da. Hinterlasse eine Nachricht nach dem Piepton. Pieep.“, kam es nuschelnd von ihr. Einen Moment passierte gar nichts, ehe L ganz aufrückte und sie an die Seite fasste um sie umzudrehen. Direkt fasste sie mit beiden Händen an ihr Gesicht um es zu verbergen, während sie nun auf dem Rücken lag. „Lass mich doch bitte im Boden versinken!“ „Nein.“ „Rue... ganz ehrlich... Wenn du mir nicht an die Wäsche willst, dann musst du auch nicht davon reden. Oder überhaupt wissen was ich trage...“, erklärte sie sich und lugte anschließend zögerlich durch einen Schlitz ihrer Finger hindurch. „Wenn ich dir an die Wäsche wollte, dann wäre sie mir gleich.“ Als hätte der Blitz eingeschlagen saß sie plötzlich gerade und starrte ihn an. „Was... was soll das heißen?!“ Rue blickte nachdenklich kurz an die Decke. „Sagen wir es so... die Verpackung kann noch so ausgefallen sein: Der Inhalt zählt letztendlich. Und auf diesen kommt es schließlich an.“ Seine Augen durchbohrten die ihren förmlich. Gänsehaut breitete sich aus. Sagte er ihr gerade..., dass sie nackt immer noch am Schönsten wäre? Also... wenn er auf sie stehen würde?! Sie brauchte sofort eine kalte Dusche! Eine richtig eiskalte Dusche!

„Ich muss weg!“ Während sie noch sprach, hetzte sie auf und gleich davon. L blickte ihr fragend nach. Hatte er ihr nicht gerade ein Kompliment gemacht? War es zu viel des Guten? Und das wichtigste überhaupt: Das Geschenk von Joel lag noch ungeöffnet unter dem Baum. Folglich wusste er noch immer nicht was sich darin befand und er musste die Weihnachtsmütze länger aufbehalten. Sollte er sich an die Abmachung halten? Die Tür klackte erneut, weshalb L zu dem Besucher blickte. Watari stand dort, zog die Augenbrauen höher. Ihm war zweifellos die Mütze aufgefallen. Aber eine Erklärung war trotz dieser abstrusen Szene nicht nötig – Watari kannte seine Enkelin mittlerweile. „Ah, Watari.“, begann der Detektiv schließlich, stellte sich dabei auf. „Ich habe eine Bitte an Sie.“ L führte sich seinen Daumen zum Mund, steckte die freie Hand in die Hosentasche. „Oder... mehr einen besonderen Auftrag.“ Ein Grinsen schlich sich in das Gesicht des Meisterdetektiven – und auf seinem Kopf thronte noch immer die rot-weiße-Mütze.
 

Shaelyn gab den Versuch auf eiskalt zu duschen, brachte sie das kalte Wasser an den Beinen schon zum Quietschen. Ohnehin war es gleich. Ob kalt oder warm: Die Worte und dessen Bedeutung würde sie so schnell nicht vergessen.
 

Dennoch ließ sich die Engländerin es sich nicht nehmen wieder ins Wohnzimmer zurückzukehren! Jetzt frisch geduscht, ordentlich angezogen – diesmal besser eine Hose als einen Rock – und den gleichen Gedanken, ging sie mutig in den Raum. Jener Raum wies gähnende Leere auf. Alles war so belassen wie sie es überstürzt verlassen hatte. Nicht einmal das Geschenkpapier war weggeräumt, nur das schwarze Shirt war verschwunden. War sie nicht ihrem Großvater vorhin begegnet? Fragend kratzte sie sich am Kopf, dachte angestrengt nach. Ihr Großvater war ihr auf jeden Fall entgegen gekommen. Er war sicher ins Wohnzimmer gegangen. Aber nun der Harken: Wäre die kleine Unordnung dann nicht längst verschwunden?

Verwirrt blickte sie sich dann im Gang um, wo ebenfalls niemand zu sehen war. Rue konnte sich gerade umziehen, da er es – was sogar sie in der Zwischenzeit verstanden hatte – nicht mochte schmutzig herum zu laufen. Auch wenn er immer einen chaotischen Eindruck vermittelte, er war stets sauber. Roch er auch nie unangenehm, selbst bevor sie in ihn verliebt war. Etwas, das ihr erst jetzt wirklich klar wurde. Es gab immerhin genug Situationen, in denen er ihr nahe gewesen war um das zu wissen. Jetzt war das natürlich etwas vollkommen anderes. Doch bevor sie sich wieder in ihren Tagträumen begab, wollte sie wissen wo wenigstens ihr Großvater steckte. Sein Geschenk war nach wie vor nicht angerührt. Vielleicht wartete er darauf, dass sie dabei war. Die Suchaktion begann.

Der erste Ort, an dem sie suchte, war die Küche, gefolgt von dem Esszimmer. Überrascht ihn dort nicht angetroffen zu haben, machte sie sich auf den Weg zu seinem Schlafzimmer. Eigentlich hatte sie dort nie angeklopft, aber so langsam war es ihr nicht geheuer. Normal war der alte Mann immer leicht anzutreffen. Als sie dann allerdings an dem Zimmer von Rue vorbei kam, hörte sie leise Stimmen. Da ihr Zimmer in der anderen Richtung lag, konnte ihr das zuvor gar nicht aufgefallen sein. Nun neugierig, schlich sie sich an die Tür und eine Stimme wurde deutlicher. Rue sprach. Zunächst undeutlich, dann aber hörbar als sie ihr Ohr an die Tür drückte. „Sie müssen entschuldigen, dass ich Sie nicht eher damit beauftragt habe.“ Aufgeregt lauschte sie den Worten Rues. Über was wurde so heimlich gesprochen? Welchen Auftrag? Lag sie also richtig, dass ihr Großvater etwas Berufliches mit Rue zu tun hatte. „Allerdings haben sich Dinge kurzfristig geändert. Die Summe spielt keine Rolle, das versteht sich sicherlich von selbst. Sorgen Sie nur dafür, dass es schnell und diskret passiert. Alles andere ist unwichtig.“ „Sind Sie sich sicher, Ryuzaki? Das könnte eventuell Probleme verursachen. Auch wenn ich Sie vollstens unterstütze.“ „Alles ist unter Kontrolle. Das sollte ohnehin nicht Ihre Sorge sein. Beeilen Sie sich nur.“ „Wie Sie wünschen. Ich werde mich sofort auf die Suche begeben.“ Shaelyn zog hastig ihren Kopf von der Tür weg, suchte hektisch nach einem Versteck. Schritte waren zu hören, setzten sie weiter unter Druck. Kopflos entschied sie sich dafür zu ihrem Zimmer zu hasten. „Shaelyn.“ Gerade als sie die Klinke in der Hand hatte, ertönte die Stimme des alten Herren und sie gefror in der Bewegung. „...J-Ja?“ Watari trat zu ihr, weshalb sie sich zu diesem vorsichtig herum drehte. „Ich werde für ein paar Tage abreisen müssen. Falls dir etwas Fehlen sollte, frage Ryuzaki danach. Dennoch keine Sorge, ich werde pünktlich zu deinem Geburtstag zugegen sein.“ Ihr Großvater schien nichts bemerkt zu haben, was sie aufatmen ließ. Allerdings betrübte es sie, dass er wirklich wieder gehen musste. „Und... mein Geschenk? Magst du es nicht vorher öffnen?“ „Es tut mir leid, aber das wird warten müssen.“ Traurig blickte sie zur Seite. „Oh... Schade. Dann viel Erfolg.“ „Sei nicht traurig, Shaelyn. Ich werde es mir ansehen, wenn ich heimkehre.“ „Hmh, Okay. Bis dann.“ Als sich dann schließlich Watari noch verabschiedete und sie dort stehen ließ, grübelte sie stark. Was hatte das alles zu bedeuten? Warum konnte Rue ihren Großvater so herumkommandieren? Um was für einen Auftrag handelte es sich? Und wenn Geld keine Rolle spielte... was konnte das heißen? Außerdem sollte es heimlich passieren. Shaelyn fing an etwas zu zweifeln. Rue versicherte ihr oft, dass er nichts mit Kriminellem zu tun habe. Er war sogar einmal recht verärgert deshalb gewesen. Aber das alles hörte sich so gefährlich an.

„Hm, ich kann nichts Besonderes erkennen.“ Erschrocken fuhr Shaelyn herum, starrte auf das Seitenprofil von Rue, der auf den Boden stierte, wo sie vor wenigen Sekunden noch hingesehen hatte. Hatte er sich angeschlichen?! „Mein Gott!“, stieß sie aus und fasste sich an die Brust, wo ihr Herz außer Rand und Band war. „Du kannst mich auch nur Rue nennen. Das sollte reichen.“, erwiderte er matt, während er sie nun musterte. „.... Dazu sag ich jetzt einfach mal nichts. Aber kannst du dich denn nicht bemerkbar machen?! Stattdessen jagst du mir einen riesen Schrecken ein! … Und wo ist die Mütze?!“ „Oh.“ Rue fasste nach hinten an seine Gesäßtasche und zog die besagte Mütze heraus. „Hier. Da ich mich umgezogen habe, musste ich sie absetzen.“ „Los, wieder aufsetzen!“, wies sie ihn gleich ohne Umschweife an – und er tat es sogar auch ohne zu zögern oder einen Spruch dazu abzugeben. „Du hast das ja echt gemacht...“, erstaunte sie sich darüber. „Es war so abgemacht. Soweit ich mich entsinne.“ Shaelyn zog ihre Augenbrauen zusammen, machte einen Schritt auf Rue zu, spähte an jeder Seite einmal vorbei. „Wo ist Rue hin?“ Irritiert starrte jener sie an, woraufhin sie doch kurz kicherte und seufzte. „Du hast echt keinen Humor.“ „Das höre ich öfter. Wärst du nun also so freundlich und öffnest das letzte Geschenk damit ich die Mütze abziehen kann?“ „Ach! Darum geht es dir und hast es ohne Murren gemacht! Du Schnüffler willst nur schnell wissen was ich alles bekomme!“ „Erwischt.“ Rue grinste und sie schüttelte nur den Kopf.
 

Der Gang zur Wohnstube war gar nicht so einfach gewesen, da Rue ihr fast im Nacken saß. Er wollte nur diese blöde Mütze loswerden! Verstimmt grummelte sie ein paar Mal, was er mit Sicherheit gekonnt überhörte. Nachdem dann erneut die Positionen besetzt waren, nahm sie sich das Geschenk von Joel vor. Irgendwie war es ihr unheimlich, wie Rue darauf stierte. „Bevor ich es aber aufmache... beantworte mir eine Frage.“ „Worum geht’s?“, folgte es keine Sekunde später. „Wo ist mein Opa denn schon wieder so schnell hin? Ich meine,... er sagte doch, dass er hier sein wird und jetzt muss er wieder los...“ „Eine dringliche Angelegenheit.“ Shaelyn wartete ein paar Augenblicke, doch sagte Rue dazu nichts weiter. „Das weiß ich auch... Schlaumeier.“ „Ich habe dir deine Frage beantwortet.“ Umgehend schnaufte die Engländerin. „Ich wollte wissen wohin er ist! Und was er macht!“ „Das wären dann schon zwei Fragen.“ Rue hob seine Hand an und demonstrierte ihr seine Zählkunst anhand seiner zwei Finger, die er hoch hielt. „Irgendwann komme ich nachts vorbei und erwürge dich!“ „Das wäre doch schade...“ Rue zog ein gespieltes argloses Gesicht, das sie nur weiter ärgerte. „Außerdem bezweifle ich stark, dass es dir gelingen würde.“, setzte er dann nüchtern nach. „Das glaubst auch nur du!“ „Falsch. Jeder würde das erkennen.“ „Du regst mich auf!“ „Ich sehs'.“ Sie war kurz davor sich wie ein wildes Tier auf Rue zu stürzen! Aber sehr wahrscheinlich rechnete er wieder damit – auch wenn er gelassen auf sie wirkte. Ruhe. Shaelyn musste Ruhe bewahren! „.... Fein! Ich öffne jetzt einfach das Geschenk vom netten und lieben Joel!“ Natürlich konnte sie nicht wissen, dass genau die Worte Rue nicht hören wollte. Weder den Namen, noch die Adjektive die sie damit verband. „Bist du dir sicher, dass er das ist? Du kennst ihn schließlich erst seit kurzem.“ „Und? Emma kenne ich auch noch nicht lange und sie ist eine super Freundin. Ihr Bruder ist fast genauso wie sie.“ „Folglich genauso offen? Wie ich selbst festgestellt habe, ist deine Freundin ziemlich aufgeschlossen.“ Fassungslos starrte sie ihn an.

„Hast du nen Knall? Willst du mir damit sagen, dass Joel was von mir will und mich nur rumkriegen will?“ „Ziehst du es denn nicht in Betracht?“ „Nein! Er ist einfach nur genauso nett!“ „Rein objektiv betrachtet, Shaelyn, ist ein junger Mann nie ohne einen Hintergedanken. Das solltest du dir merken.“ „Aha... Tipps von einem der es wissen muss! Außerdem, auch wenn ich deinen Gedanken nicht nachvollziehen kann, wenn er was von mir wollte, glaubst du, dass ich so leicht zu haben bin?“ „Das sagte ich nicht.“ „Genau! Aber darum dreht es sich! Solang ich nichts will, läuft da auch nichts. Und du solltest am besten wissen, dass ich zurzeit auch kein Interesse an ihm haben sollte... Also hör damit auf.“ L öffnete seinen Mund einen Spalt, schloss ihn allerdings wieder. Er sollte sich wirklich nicht weiter dazu äußern. Das er das Gespräch schon so begonnen hatte, war heikel. Es war herauszulesen, dass er sich darum Gedanken machte. Gedanken, die er normal nicht haben dürfte, wenn sie nur eine Freundin wäre. Obwohl er hier immer auf Alan verweisen konnte. Nein, für Shaelyn war es nicht verdächtig. „Es ist deine Entscheidung.“ „Ja, aber wenn ich …. Vergiss' es.“ L wusste es insgeheim, was sie ihm sagen wollte – und es schmerzte ihn, wenn er daran dachte. Ja, wenn sie die Wahl hätte, dann würde sie sich lieber für Joel entscheiden. Er konnte es ihr nicht verübeln... Das war wohl die traurigste Erkenntnis daran. Dennoch konnte er nicht einfach still zusehen. L war ein zu großer Egoist.

„Egal jetzt.“, sagte sie und öffnete gleich das kleine Paket. Das blaue Papier war rasch entfernt und sie hob den kleinen Deckel an. Wie auch bei dem Geschenk von Emma, lag ein Brief oben drauf – nur das dieser gleich das ganze Präsent verdeckte. Shaelyn holte den Brief heraus:
 

~ * ~
 

Hi Shaelyn.
 

Frohe Weihnachten!

Zwar ist es ein kleines Geschenk, aber wenigstens habe ich noch auf die Schnelle eins gefunden. Als ich mit meiner Schwester sprach und sie mich durch die Läden schleifte, meinte sie gleich, dass ich dir was Einfaches schenken sollte. Toll, dass es noch Mädchen wie dich gibt. Hätte ich nicht gedacht, aber umso schöner so ein Mädchen kennenzulernen!

Da du ja erst frisch hergezogen bist, dachte ich, dass sich etwas an deinen Schlüsselbund gut machen würde. Hast du gleich ein Stückchen Heimat immer dabei.
 

Grüße,

Joel
 

~ * ~
 

Mit einem Lächeln legte sie den Brief beiseite, blickte in die kleine Schachtel worin der Schlüsselanhänger lag – der die Form einer englischen Flagge trug. Verzaubert holte sie diesen heraus. Ein kleines, aber sehr schönes Geschenk. Ja, ein Stück Heimat. „Schwach...“, kam es von L, das sie nicht wirklich im ersten Moment wahrnahm. „Hm, was?“ „Nichts.“ „Hm... Ich dachte gerade, du hast was gesagt.“ Shaelyn betrachtete den kleinen Anhänger, während L sich nachdenklich mit dem Daumen über die Lippen strich. Er hatte wesentlich mehr erwartet, aber wie es den Anschein machte, hatte es trotz dessen eine große Wirkung – was er mit Missfallen feststellen musste. „Du kannst jetzt die Mütze ausziehen, Rue.“, wandte sie sich dann direkt an ihn, weshalb er seine Aufmerksamkeit darauf konzentrierte. Sogleich zog er den weichen Stoff von Kopf, den sie schweigsam, und einem Lächeln, entgegen nahm.

Es gefiel ihm absolut nicht.
 

Die Tage flogen praktisch davon. Auch wenn Watari nicht anwesend war und Rue nicht mit der Sprache herausrückte, freute sie sich auf ihren Geburtstag. Am 28ten Dezember wurde sie endlich 18! Obwohl sie damit in Amerika nicht ganz als Volljährig galt, somit ein paar Dinge nicht tun konnte, war es doch ein besonderes Alter. Da sie sich damit beschäftigte, fragte sie sich auch immer mehr, wie alt genau Rue war. Und an welchem Tag hatte er Geburtstag? Sie würde es so gern wissen. Alleine um ihm einen Kuchen zu backen. Doch bisher war jeder Versuch vergebens ihn danach zu fragen. Wieso sagte er ihr es auch nicht? Was war so schlimm daran, wenn er es sagen würde? Jeder hatte doch einen Geburtstag und verriet ihn auch gern. Immerhin würde man an diesem Tag Glückwünsche hören, Geschenke bekommen... War selbst das Rue zu viel? Sagte er es nicht, weil er es selbst für zu unwichtig hielt? Wollte er einfach keine Glückwünsche hören? Dieser Typ war viel zu kompliziert!

Am Abend vor ihrem Geburtstag, kehrte auch ihr Großvater heim – ganz so wie versprochen. Gleich begrüßte sie ihn freudig, wurde ebenso zurück gegrüßt ehe er sich schnell auf zu Rue machte. Ja, auch darüber hatte sie sich Gedanken gemacht. Der alte Herr sprang auf Anweisung von Rue. Verschwand einfach kurzfristig am 25ten, kehrte jetzt am 27ten am Abend wieder. Er sah dazu auch müde aus. Irgendwie abgekämpft. Ging es ihm gut? Er hätte nicht solchen Druck machen brauchen, falls er nur wegen ihr pünktlich zum Geburtstag wieder da sein wollte.

Die Sorge bestätigte sich nicht. Als er wohl alles abgeklärt hatte, kam er zu ihr, sprach mit ihr und nahm endlich das Geschenk entgegen. Er freute sich natürlich über die Krawatte, die sie ihm gekauft hatte. Er würde sie so oft es ihm möglich war tragen, versicherte er ihr und sie kicherte. Ja, ihr Großvater freute sich wirklich. Und die Krawatte würde ihm gut stehen, da war sie sich sicher.
 

Am Morgen holte sie ein Klopfen aus den Träumen, ehe sie richtig realisierte, dass die Türe aufschwang. „Guten Morgen, Shaelyn. Und herzlichen Glückwunsch zu deinem 18ten Geburtstag. Da gibt es noch jemanden, der dich sprechen möchte. Leider war es mir nicht möglich diese Person aufzuhalten.“ Noch ganz verschlafen musterte sie ihren Großvater, rieb sich dabei die Augen. „Shaelyn!! Herzlichen Glückwunsch! Und noch in den Federn?!“ Die bekannte Stimme hallte durch ihr großes Schlafzimmer und gleich war sie hellwach. Emma kam zum Vorschein und sprang ohne Vorwarnung auf das große Bett. „Das ist ja der reine Wahnsinn hier! Du hast wirklich überhaupt nicht übertrieben! Eher untertrieben! Und wie süß... du trägst ja Nachthemden.“ Der Redeschwall von Emma prasselte auf Shaelyn ein, die sich aufsetzte. „Ähm... Ja. Und Morgen... Träum' ich? Oder sitzt du wirklich auf meinem Bett?“ „Wenn das hier ein Traum wäre...“ Emma blickte sich nach Watari um, der sich unter dem Redeschwall von Emma längst verdrückt hatte. „Dann wäre Rue auf dem Bett, anstatt ich! Wahrscheinlich sogar nur knapp oder gar nicht angezogen.... nicht, dass ich mir das vorstellen will, aber das wäre wohl so.“ Sogleich lief Shaelyn rot an. „Du spinnst doch! Was soll er denn halbnackt, oder noch besser, nackt in meinem Bett?!“ „Was man da so tut, wenn man zusammen ist und so gut wie nichts anhat. Gib’s zu, du würdest ihn bestimmt nicht aus dem Bett verjagen!“ „Du bist ja verrückt...“ „Ne, nur direkt und realistisch.“ „Wo ist das realistisch?!“ „Im Traum schon... und du würdest ihn wirklich nicht aus dem Bett schmeißen! Obwohl, du bist ja noch so unschuldig...“ Die Amerikanerin grinste über beide Ohren. „Jetzt ist aber gut...“, unterband Shaelyn direkt das unangenehme Thema. Emma lachte auf und setzte sich an den Bettrand. „Meine liebe Shaelyn! Du kannst mir nichts Vormachen. Du wärst sofort Feuer und Flamme, glaub mir. Und jetzt aufstehen, anziehen und mir das Haus zeigen.“

Nach dem strengen Ton ihrer Freundin, schleifte die Schwarzhaarige sich aus dem Bett und umgehend ins Bad. „Hey, da ist ja die Wäsche, die ich dir geschenkt habe! Gefällt sie dir?!“, rief die Brünette aus dem Zimmer, während Shaelyn dabei war sich erst einmal die Zähne zu putzen. Diese Frage ließ sie allerdings gleich inne halten. Wenn sie da an gestern dachte... „Ja, sie gefällt mir!“, antwortete die Engländerin zunächst zögerlich. „Ist was passiert?“, kam es plötzlich von der Badezimmertür, sodass Shaelyn zusammenzuckte. Emma blickte sie besorgt an. „Wie... kommst du darauf?“ „Weiß nicht, hab so ein Gespür für. Beschäftigt dich was?“ Ehe Shaelyn etwas Erwiderte, beendete sie schnell das Zähne putzen. „Naja...“, begann sie dann nachdenklich. „Rue hat die Wäsche auch gesehen...“ Sie druckste – doch Emma war sofort neugierig. „Und?! … Gefällt sie ihm auch?“ „Ich denke schon... aber wenn ich ihn dann richtig darauf ansprach, meinte er, dass Wäsche eh egal wäre.“ „Oho.“, sang Emma schon fast wissend, das mit einem unübersehbaren Grinsen. „Da haste dir aber einen Typen ausgesucht! Der weiß, was er will...“ „Ja, mich leider nicht.“, vervollständigte Shaelyn den Satz seufzend. „Nicht aufgeben. Das wird schon... und wenn wirklich nichts daraus wird. Auch wenn sich das jetzt scheiße anhört: Es gibt genug andere Kerle. Rue ist einer von tausenden und hier gibt es auch bestimmt ein paar die dich toll finden.“

Shaelyn hob eine Augenbraue hoch. „Das hört sich echt scheiße an.“ Emma wusste eben nicht, was Shaelyn und Rue miteinander verband. So etwas konnte man einfach nicht verstehen. Das mit ihm war keine normale Begegnung...
 

Nachdem die Engländerin ihrer Freundin soweit die Villa vorgeführt hatte, fehlte nur noch das Wohnzimmer – natürlich war dann auch Emma klar, dass dort Rue war. In keinen der Räume war er vorher anzutreffen gewesen. Ob Emma auch wirklich da hinein wollte? Bevor Shaelyn auch die Klinke in die Hand nahm, stoppte sie und wandte sich um. „Es gibt da was, was ich dich... leider... noch fragen muss.“ Hellhörig spitzte Emma die Ohren. „Rue besteht darauf mit zur Party zu kommen.“ Als hätte sie der Blitz getroffen, riss zu aller erst die Augen auf. „Was?! Der Typ will zu meiner Silvesterparty kommen? Sorry, wenn ich dir das so sagen muss, aber der wäre ja der reinste Stimmungskiller.“ „Ja, ich weiß! Aber wenn er nicht kommen darf, dann darf ich auch nicht! Der hat voll die Macke! Als ob ich sonst was tun würde. Er will sich nur als Aufpasser aufspielen. Mein Opa sagt auch, dass er weiter nicht stören würde...“ Emma schien auf einmal stark nachzudenken, was Shaelyn nur weiter panisch stimmte. Sie würde so gern auf die Feier, die Freunde von Emma kennenlernen und überhaupt ein Silvester mit vielen Leuten verbringen.

„Okay. Er kann mit.“ Völlig überrascht, starrte Shaelyn ihre Freundin an. „... Echt?“ „Jo. … Zwar bin ich eigentlich nicht damit wirklich glücklich, weil er ja nicht so der Typ ist, der unter Leute ist, aber für dich wäre es gut. Außerdem will ich ja, dass du ein paar Freunde findest. Da kommen schon um die 30 Leute. Meine Eltern haben meinem Bruder und mir das Okay gegeben und sind weg... Das nutzen wir eben aus. Seine Freunde und meine kommen eben. Alle sind sie versammelt. Ich will echt nicht, dass du das verpasst.“ Gleich fiel Shaelyn Emma um den Hals. „Danke! Und sowieso Danke! Für alles bisher!“ Emma lachte leise und drückte ihre Freundin. „Gern doch. Und jetzt lass uns den Freak begrüßen... ich freu' mich schon.“ Die Schwarzhaarige ließ Emma los und kicherte vergnügt. „Auf in die Höhle des... Wolfs.“
 

Die Türe öffnete sich vorsichtig, lugten auch die zwei Mädchen in den Raum. Allerdings zur großen Verwunderung war Rue nirgendwo zu sehen. Direkt drückte Shaelyn ganz die Türe auf und sah sich genauer um. „Komisch...“, meinte sie auch schon. „Eigentlich sollte er hier sein.“ „Vielleicht auf seinem Zimmer?“ „Das wäre total ungewöhnlich.“ Die zwei jungen Frauen betraten ganz das Wohnzimmer. „Hey! Guck' mal da im Garten.“, machte Emma ihre Freundin darauf aufmerksam, dass dort jemand stand. „Was macht der denn draußen?“ „Ja, geh doch hin und frag ihn...“ „Mist, dann muss ich kurz hoch ins Zimmer und meine Sonnenbrille holen.“ „Gut, ich warte einfach hier.“ Gesagt, getan. Emma setzte sich auf das Sofa, betrachtete die Einrichtung des Wohnzimmers, während Shaelyn ihre Brille holte. Sie fand es sehr außergewöhnlich, dass Rue im Garten war. Ob es da was Besonderes zu bestaunen gab? Jedenfalls machte es sie unheimlich neugierig.

Als sie auf die Terrasse einen Fuß setzte, war ihr erster Blick gen Himmel gerichtet. Nicht eine Wolke war weit und breit zu erkennen, warf die Sonne somit klar ihre Strahlen über die Erde. Es war sogar recht warm am Morgen, was sie doch erstaunte. Richtete Shaelyn demnach ihr Augenmerk auf Rue, der dort seelenruhig mit dem Rücken zu ihr stand und in den Himmel starrte. Lauer Wind wirbelten seine Haare nur weiter auf. Und das nächste was ihr auffiel war, dass er keine Schuhe trug. Barfuß stand er hinten im Gras, stierte ins unendlich Blaue. Irgendetwas war wirklich eigenartig.

„Hey, Rue.“, sprach sie ihn an, nachdem sie hinter ihm zum Stehen kam. Er regte sich nicht. „Ist alles okay?“ „Geburtstage sind seltsam.“, begann er plötzlich ohne Zusammenhang. Irritiert stellte Shaelyn den Kopf schief. Er meinte sie, oder? „Warum?“ „Weshalb sollte es etwas Besonderes sein? Man wird jeden Tag älter, es schreitet so unaufhörlich weiter. Allerdings nur der eine Tag zählt.“ Nun wandte er sich zu ihr um, wobei sein stechender Blick sie gleich durchbohrte. Sie lachte unsicher. Wieso hatte er solche Gedanken? Und machte er sich die gerade zum ersten Mal? „Naja… da wurde man halt geboren. Und jeden Tag feiern ist doch auch blöd, oder? Da legt man sich halt auf diesen einen Tag fest. Eigentlich ist es wirklich doof, da man ja älter wird.“ „Richtig. Es zeigt uns nur auf, dass wir dem Tod näher kommen. Das jedes Leben seinen Kreislauf hat.“ „Irgendwie finde ich das jetzt überhaupt nicht charmant...“ Rue zog eine Augenbraue an. „Das sollte es auch nicht sein.“ „Na, noch besser.“, seufzte sie. „Aber sieh den Geburtstag so: An diesem Tag, also heute, wurde ich geboren. Das vor 18 Jahren. Das ist für die Menschen, die mich gern haben, ein schöner Tag. Denn ohne den würde es mich nicht geben. Ist es dann nicht also ein Grund ein wenig zu feiern?“, erklärte Shaelyn schließlich sachte und lächelte. Rue dachte daraufhin offensichtlich noch einmal kurzzeitig nach, da er wieder seinen Daumen zum Mund führte. Schließlich blickte er sie abermals direkt an. „Dieser Grund gefällt mir. … Dann wird es Zeit.“, verließ es dann locker seinen Mund. Wofür? Verwirrt zog sie ihre Augenbrauen zusammen, ehe Rue in seine rechte Tasche griff. „Dann wünsche ich dir einen wundervollen Geburtstag, Shaelyn.“, sprach er sogleich aus, was sie hingegen sprachlos machte – und noch viel mehr, als er seine Faust öffnete und auf seiner Handfläche eine Art schwarzer Würfel zum Vorschein kam. Es sah wie eine Schmuckschachtel aus! Aufgeregt fasste sie sich zunächst an die linke Brustseite, starrte kontinuierlich auf die Schachtel. „Ist... ist die für mich?“ „Ja.“ „V-Von dir?“ „Ja...“ „Zu meinem Geburtstag...?“ „Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch...“ Shaelyn blickte auf, in die großen runden Augen von Rue, die sie fragend anstarrten. Gleich lachte sie los. „Ich weiß, das klang jetzt alles doof, aber das ist so unglaublich. Ich hätte nie damit gerechnet!“ „Dann war die Überraschung perfekt gelungen.“, kam es in einem sarkastischen Tonfall von ihm, woraufhin sie kurz noch einmal kicherte. Doch als sie gerade das Geschenk an sich nehmen wollte, hielt sie inne. „Heißt... das jetzt eigentlich, dass du mich wirklich gern hast, wenn du mir was schenkst und mich beglückwünscht?“ Noch immer war sie sich nicht sicher in diesem Punkt. Rue wirkte mal so, dann so. Auch wenn er im Grunde nett war und ihr half. Das Geschenk machte er ihr, weil er an sie dachte, weil er wusste, dass sie sich freute. Glücklich lächelte sie ihm breit entgegen. „Offenbar...“, schenkte er ihr noch die Antwort, die nicht einmal genau ein Ja ausdrückte – dennoch ausreichte, sodass sie sich schnell ein wenig auf die Zehenspitzen stellte und ihm ein Küsschen auf die Wange drückte. Überrascht darüber, weitete er für einen Moment seine Augen, was sie natürlich beobachten durfte. „Vielen herzlichen Dank, Rue.“ Jener schien sich schnell wieder gefangen zu haben, das allerdings nur äußerlich den Anschein machte.

„Willst du nicht erst hineinsehen?“, lenkte er demnach ein, da er tatsächlich – etwas – unruhig war. Shaelyn nahm ihm nun die Schachtel ab. „Nein, das muss ich nicht. Alleine, dass du mir etwas schenkst, macht mich total glücklich.“ L beließ es bei ihrer Aussage. Zwar war ihm bekannt, dass sie genügsam war, dennoch verblüffte ihn ihre Antwort leicht. Was wäre, wenn der Inhalt der Schachtel nur halb so kostbar wäre? Würde sie sich tatsächlich im gleichen Maß freuen? War das Geschenk, was dieser Joel ihr machte, also im gleichen Wert? Nein... Shaelyn lächelte vollkommen anders als sie es sonst tat – auch im Vergleich zum Vortag als sie das Geschenk des anderen öffnete. Was sie nun auch mit seinem tat. Sogleich sog sie erschrocken die Luft ein und hielt den Atem an, während sie in die Schachtel starrte. „W … Um Himmels Willen!“ Sie griff vorsichtig in die Box, holte den Schmuck hervor, der sich darin verborgen hatte. Ein Anhänger, an dem eine Kette hing. „Ist das... ?“ „Eine Vanilleblüte.“, half L ihr auf die Sprünge, betrachtete dabei, wie sie mit dem Daumen über den Anhänger strich. „Hmh.... ist das Silber... und der Stein da in der Mitte... das ist nur ne Attrappe, oder? Also so ein Strassstein, oder?“, hakte sie vorsichtig nach, blickte auch unsicher auf. Man erkannte an ihrem leichten Zittern, dass sie sehr aufgeregt war. „Weißgold. Und der Stein ist ein Brillant.“ „...“ Es war für wenige Sekunden völlig still. „Ein Brillant.... und Weißgold... bist du verrückt?! Das muss doch unglaublich teuer gewesen sein!“ L war nun daran überrascht zu sein. „Freut es dich nicht? Ich hörte, dass Frauen so etwas mögen.“ „... Wo hast du denn die Infos her? Ja, das ist sehr schön! Aber … aber... Mir hätte auch etwas Kleines gefallen.“ „Willst du sie also nicht?“ „... Doch ich nehme sie natürlich gern, aber ich will dir nur sagen, dass du nicht unbedingt Schmuck, dann auch noch so teuren, kaufen musst. Ich bin keine Frau, die so viel Wert darauf legt. Für mich zählt viel mehr der Wille. Auch wenn ich mich wirklich freue, dass du so etwas Besonderes ausgesucht hast. … Gab’s die Form denn wo angeboten? Ich hab noch nie eine Vanilleblüte als Schmuck gesehen!“ Shaelyn beäugte den Anhänger genauer, hob auch ganz die Kette aus der Box. „Ich habe sie anfertigen lassen.“

Noch teurer! Da hat er ihr extra dieses Stück von einem Goldschmied anfertigen lassen! Rue war wirklich wahnsinnig. Aber... war er ihr auch so kostbar, wie dieses Schmuckstück? War sie dem also wert? In seinen Augen musste das so sein, sonst würde er nicht ein Vermögen dafür ausgeben! Sie hatte sich tatsächlich die ganze Zeit umsonst Sorgen gemacht – Rue mochte sie wirklich. Alleine da er ihr überhaupt etwas schenkte. „... Magst du sie mir auch direkt anlegen?“ Sie lächelte nun wieder, wenn auch zahmer als zuvor. Rue jedenfalls schien zu überlegen, bevor er einen Schritt auf sie zu tat, ihr dabei die Kette aus den Fingern zog und um sie herum ging. Shaelyn, die schon nach oben griff, damit sie ihre Haare aus dem Nacken entfernte, stockte der Atem – denn waren die Fingerspitzen von Rue an ihrer Halsbeuge zu fühlen. Geradezu sachte fuhr er mit seinen Fingerkuppen an ihrem Nacken entlang – brachen damit ganze Schwärme gleichzeitig in ihrem Bauch los. Automatisch schlossen sich ihre Augen, fühlte sie wie sich jedes einzelne Härchen aufstellte. Er sollte gar nicht aufhören sie zu berühren...

L konnte die Gänsehaut genau beobachten, hörte auch ihr ganz leises Seufzen, was ihr wohl selbst nicht einmal auffiel. Shaelyn genoss es sichtlich – setzte bei ihr schon Entspannung ein, da sie seicht die Schultern hängen ließ. Ohne Zweifel gefiel es ihm sie so zu berühren, allerdings verlockte ihr Nacken ihn zunehmend. Kam der Drang auf, seine Lippen an ihrem Hals hauchzart anzusetzen, darüber zu streichen, ihren süßen Duft dabei immer mehr in sich aufzunehmen. War es nun also mehr ein Kampf mit sich, als es ihn erfreuen konnte – außerdem war der Verschluss ein Hindernis, damit er Abstand nehmen konnte. So wie er die Dinge anfasste, war der kleine Verschluss schwierig einrasten zu lassen. Zudem war kein Nagel vorhanden, womit es um einiges leichter von Statten gegangen wäre. Dennoch gelang es ihm irgendwie – schließlich, da er sich konzentriert hatte.

Shaelyn war schwer enttäuscht als seine Finger nicht mehr zu fühlen waren, fand sich jedoch damit ab. Dabei hatte sie nicht einmal mitbekommen, dass Rue länger gebraucht hatte. Dieser auch wieder in ihr Blickfeld trat, mit seinem Daumen am Mund. Er schien angestrengt an seinem Nagel zu kauen – wenn jedenfalls einer schon nachgewachsen wäre. Was stimmte ihn jetzt so nachdenklich? Sie schob die Frage beiseite, lächelte Rue dann auch zu. Und ehe er reagieren konnte, ohnehin hing er stark seinen Gedanken nach, stellte sie sich abermals etwas auf die Zehenspitzen um die andere Wange von ihm zu küssen. Rue starrte sie daraufhin direkt an und hielt sich die geküsste Wange. „Danke,... nochmal. Ich … geh dann mal wieder zu Emma.“ Die sie gerade in dem ganzen Durcheinander im Kopf völlig vergessen hatte! Hoffentlich war sie nicht böse! Shaelyn setzte sich schon in Bewegung, als ihr etwas einfiel. „Achja! Du darfst offiziell auch auf die Party kommen! Bis später dann!“, meinte sie noch, ehe sie auf den Weg ins Haus war – und einen L zurück ließ, der das mächtige Chaos im Kopf entwirrte. Und damit das perfekt war, wandte Shaelyn sich noch einmal um.

Ihr Lächeln war einfach hinreißend.
 

Die Engländerin lächelte noch immer, bekam erst ein paar Sekunden später mit, dass Emma am großen Fenster stand: Sie hatte zugesehen – und sie grinste. Wurde auch gleich von jener angesprochen als sie ins Wohnzimmer trat: „Ihr habt wie ein Paar gewirkt. … Und was ist das für eine Kette?!“ Emma war aufmerksam geworden und beugte sich zu dem Schmuck herunter. „Das... Geschenk von Rue. Und hey! Wir sind kein Paar und das hat bestimmt auch nicht so ausgesehen!“ „Hui... ein nettes Stück. Musste er wohl ordentlich blechen...“ Die Amerikanerin blickte auf, trug ein noch breiteres Grinsen im Gesicht. „Na und ob das so aussah... Ich korrigiere also meine Aussage mit den anderen Typen. Zwischen euch Zwei wird auf jeden Fall was laufen. Höre auf meine Worte! Eines Tages klebt ihr aneinander und könnt nicht voneinander lassen!“ „Ach... du spinnst doch...“ Emma lachte und schnappte sich den linken Arm von Shaelyn, die sie zu sich zog. „Aber wenn das passiert... bleibe mit den Detail aber bitte sparsam. Bei dem will ich mir das gedanklich nicht vorstellen, okay?“ Die Schwarzhaarige stieß die Luft schwer aus. „Okay...“ Emma stand ganz ohne Zweifel nicht auf Rue. „Gut! Dann ab in die Stadt!“ „Stadt?!“ „Ja, meinst du ich komm nur so an deinem Geburtstag vorbei? Du musst dir noch ein kleines Geschenk aussuchen. Ach ja. Mein Bruder übersendet dir alles Liebe zum Geburtstag. Der war leider schon verabredet, sonst wäre er mitgekommen. Also auf jetzt!“ Überrascht über den Tatendrang von Emma und auch ihrer Begeisterung, ließ Shaelyn sich mitschleifen.

Ihre Gedanken kreisten allerdings die ganze Zeit um Rue und das Geschenk, welches sie immer wieder anfassen musste. Er war doch reich...
 

Am Abend holte Watari schließlich Shaelyn von der Stadt ab. Es war ein lustiger Tag gewesen. Zeigte Emma ihre Lieblingseisdiele, dazu ein paar Läden, in denen man gut Kleidung oder andere kleinere Teile kaufen konnte. Vor einem Jahr hätte sie all das was jetzt passierte für nicht möglich gehalten. Doch spielte es sich alles vor ihr ab, war es real. Ebenso echt wie das Geschenk, was sie von ihrem Großvater Zuhause erhielt. Eine Anmeldung für den Führerschein, den sie bald antreten sollte. Dieser Tag konnte perfekter nicht gewesen sein – und selbst beim Schlaf behielt Shaelyn ihr Geschenk von Rue an.
 

Heute stand die Silvesterparty an, weshalb Shaelyn mit einem großen Duschtuch bekleidet aufgeregt in ihrem Kleiderschrank wühlte – der viel mehr ein begehbarer Kleiderschrank war. In jedem Fach und selbst die Kleidung an den Haken war fast schon tadellos geordnet. Ihr Großvater sortierte alles fein säuberlich, sodass es unmöglich war auch nur irgendwo ein Anzeichen von Chaos zu entdecken. Im Normalfall respektierte Shaelyn diese fehlerlose Ordnung, doch nun konnte sie sich nicht entscheiden. Emma riet ihr, sie sollte einfach die Sachen anziehen, die sie noch von ihr hatte – was Shaelyn für eine gute Idee hielt, allerdings dann doch wieder nicht. Jedes Mädchen wollte hübsch aussehen, wenn ein besonderer Anlass vor der Tür stand. Trotzdem wollte sie nicht das gleiche Anziehen, was sie extra für Rue einmal getragen hatte. Es war dafür gedacht gewesen, seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ihr weiblichen Reize besser zur Geltung zu bringen. Eben ihm aufzuzeigen, was er verpasste. Das dann zur Party zu tragen fand sie nicht richtig. Nur Rue wollte sie wirklich beeindrucken – wenn man das so nennen konnte. Aber sie wollte nicht zu niedlich wirken!

Während Shaelyn sich die Haare raufte, bemerkte sie nicht, dass jemand ihr Schlafzimmer betrat. „Das gibt es doch nicht!“, rief sie verärgert aus, kramte dabei in einem Fach. War denn nichts da, was sie zu einer solchen Party tragen konnte? Wieso machte sie sich nicht schon eher Gedanken darum? Wenigstens ein paar Sachen... sie sollte ihr Gespartes mal in der Stadt ausgeben. „Suchst du etwas Bestimmtes? Ich könnte dir behilflich sein.“, durchbrach es die Stille plötzlich. Unmittelbar verkrampfte sie sich. Langsam drehte sie ihren Kopf zur Tür, erblickte niemand anderen als Rue. Dieser stand dort lässig und beobachtete sie mit seinen großen, runden Augen – von oben bis unten. Sofort fasste sie an den oberen Saum des Handtuches, presste dieses mehr an ihren Körper. „Klopf' doch mal an! Und dreh dich gefälligst um!“, empörte sie sich. „Und was heißt hier 'behilflich sein'?!“, beschwerte sie sich lautstark weiter.

L ließ das kalt – pulte auch gleich zur Demonstration in einem seiner Ohren. „Du musst nicht schreien, ich stehe so gut wie in demselben Raum.“, setzte er schonungslos an, hob auch gleich seine rechte Hand an und streckte den Zeigefinger hoch. „Außerdem … ist mir dein Körper bekannt.“ Man konnte wunderbar beobachten, wie die Farbe in ihrem Gesicht stärker zur Geltung kam. „Du Schwein! Raus hier!“ „Willst du denn nicht wissen, weshalb ich dich aufsuche?“ „Nein! Raus!“ Direkt griff Shaelyn in die offene Schublade neben sich und bewarf ihn prompt mit dem Inhalt – der nichts anderes als Socken waren. L wich den Geschossen geschickt aus, indem er locker abwechselnd zu den Seiten lehnte. Vor Wut leerte sie den kompletten Inhalt der Schublade – mit dem Ergebnis, dass sie ihn nicht einmal getroffen hatte und die Sockenballen überall verteilt herum lagen. „Das war nicht nett.“, kommentierte er umgehend, erhielt sofort ein wütendes Schnauben ihrerseits. „Und du auch nicht! Ich steh hier fast nackt und du drehst dich nicht mal um, so wie es sich gehört! Auch wenn du weißt, wie ich aussehe! Was noch viel schlimmer ist! Das ist unfair!“ Unfair? L zog eine Braue an. Jetzt wurde es interessant. „Was?“ „Na, ich kenn' dich nicht nackt! Aber Hauptsache du reibst mir unter die Nase, dass du mich so kennst!“ „Willst du, dass ich mich ausziehe?“ Als hätte der Blitz eingeschlagen, starrte sie ihn verstört an. Ihre Stimmung wechselte schlagartig. „Was.... was hast du eben gesagt?“ „Ich habe dich gefragt, ob ich mich ausziehen soll.“

Alle guten Geister verließen sie in diesem Augenblick. Hatte sie sich verhört? Das konnte nicht sein, da er es sogar ein zweites Mal sagte. Das konnte er aber unmöglich ehrlich meinen! „Du verarscht mich doch...“ „Nein.“ Ratlos stierte sie ihn an, biss sich unsicher auf ihre Unterlippe. Irgendetwas war doch faul an der Sache. Natürlich verriet auch nichts sein Gesichtsausdruck, der wie immer ohne eine Spur Emotion war. „Fein. Dann will ich, dass du dich ausziehst.“ Sie glaubte nicht daran, dass er es tun würde. Rechnete somit auch nicht damit, dass er sich an sein Shirt fasste und es einfach hoch zog. Ihr Herz setzte eine Sekunde aus. Er tat es tatsächlich! Sie bestaunte, begaffte regelrecht die blanke Brust von Rue, jener ohne weitere Regung an seinen Hosenknopf fasste, der auch rasch gelöst wurde. Wie erstarrt sah sie nur weiter dabei zu, wie er den Reißverschluss hinunter zog. Alleine das Geräusch ließ sie verzweifelt an den Kopf fassen – war sie nun endgültig zu der Erkenntnis gekommen, dass er sich ganz ausziehen würde! Was bezweckte er damit?! Er brachte sie komplett um ihren Verstand! Rue konnte sich doch nicht nackt vor ihr zeigen! Das war ein Witz gewesen! Als dann die Hose zu Boden glitt, fasste er sich an den Saum seiner Shorts: Ein Moment, in dem sie fast einen Hechtsprung nach vorn tat, um seine Hände festzuhalten. „Stopp!“, rief sie sofort aus, starrte dabei auf die hellblaue Boxershort von Rue, die einen Zentimeter schon hinunter geschoben wurde. „Das war nur ein Scherz gewesen! Ich dachte... Ich dachte ja nicht, dass du das wirklich machst!“, setzte sie atemlos nach. Ihre Brust fühlte sich an, als sprang ihr gleich das Herz heraus. „Es war so abgemacht, wenn ich mich nicht täusche.“, folgte es nüchtern von oben. Umgehend riss sie ihren Kopf hoch, blinzelte einige Male ihm entgegen, nahm auch ihre Hände von den seinen. Rue trug ein schwaches Grinsen im Gesicht! Und ihr fiel auf, weshalb... „Das... das...“, begann sie stockend, sortierte ihre Gedanken. Hatte Rue sie gerade hereingelegt?!

L wusste selbstverständlich, dass Shaelyn vorher eingegriffen hätte – was auch letztendlich wie spekuliert eintraf. Das was er erreichen wollte, war erreicht: Sie hatte ihren Wunsch ihm gegenüber geäußert, dem er folge leisten musste – ganz wie es der Deal war. „Du hast mich reingelegt! Damit ich mir bloß nichts anderes überlege!? Das war voll gemein!“ Sein Grinsen wurde breiter. „Ganz im Gegenteil. Ich habe dir erspart, dir etwas einfallen zu lassen. War das denn nicht freundlich?“ „Nein! Das war total fies! Ich wollte mir etwas Anderes ausdenken!“, gab sie zornig von sich. Sie war wirklich nicht erfreut darüber, dass er ihr die Entscheidung abgenommen hatte. „Das fällt dann wohl weg.“, meinte er prompt, was ihr noch weniger gefiel. „Ja, so schlau bin ich auch! Das war jetzt wirklich unfair! Ich will, dass das nicht zählt!“ „Ausgeschlossen.“ Shaelyn verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte ihn böse an. „Das muss ich mir von dir echt nicht anhören.“, begann sie äußerst ernst. „Du weißt selbst, dass das eine miese Masche war. Ich will dich heute nicht mehr sehen.“ Doch ein wenig verblüfft über ihren nachdrücklichen Tonfall, hob er leicht eine Braue an. „Das ist ebenfalls ausgeschlossen. Es sei denn, du willst hierbleiben.“ „Ich werde alleine gehen. Es ist mir scheißegal was du sagst. Ich lass' mich hier doch nicht verarschen. Bin ich denn völlig bescheuert?! Ich hasse es, wenn jemand mich hintergeht! Und das gerade war ganz eindeutig nicht so gewollt. Du drehst es dir so wie es passt, also hast du dich nicht an das gehalten, was abgemacht war.“ Sie hielt eine Moralpredigt – eine wirklich ernst gemeinte. L konnte erkennen, dass sie verletzt war. Nur aufgrund einer Abmachung? Natürlich wusste er, dass seine Aktion wenig mit Nettigkeit zu tun hatte – sondern mehr seinen Absichten diente, dennoch rechnete er nicht mit so einer herben Abfuhr. Es war kein angenehmes Gefühl. „Das hat gereicht, Rue. Du bist falsch bei mir, wenn du denkst, dass du dir alles erlauben kannst. Das ist total enttäuschend. Du hast dir echt viel schon erlaubt, aber so was abzuziehen ist die Höhe...“ Das war sie tatsächlich; enttäuscht. War er zu weit gegangen? Lag ihr so viel daran? Nein, wie sie selbst sagte: Sie hasste es, wenn jemand sie hinterging. Und in gewisser Weise hatte er es auch, selbst wenn er es nicht nachvollziehen konnte. Dennoch hatte es starke Bedeutung für Shaelyn. Ob etwas dahinter steckte? Alleine schon der Wortlaut ‚hintergangen’, war eigenartig. Dann bückte sie sich, hob sein Shirt hoch, drückte es ihn entschieden gegen die Brust. „Nimm deine Sachen und verschwinde endlich.“ „...“ L wusste dazu nichts zu sagen. Viel mehr drängten sich Fragen in seinen Kopf, weshalb er gehen nicht in Betracht zog, nahm dennoch das Shirt gleichwohl an. Jeder Mensch wollte selbstverständlich nicht hintergangen werden, dass Shaelyn allerdings in diesem Maß reagierte, machte ihn aufmerksam. „Gibt es einen bestimmten Grund, warum du es hasst?“ Direkt wich sie seinem Blick aus, wirkte sie beklemmt. „... Das geht dich nichts an.“, kam es ihr kalt über die Lippen. Es war wie ein Messerstich in die Brustgegend – was man ihm jedoch nicht ansehen konnte.

Rue war teilnahmslos wie eh und je. Hauptsache aber er konnte seine Neugierde befriedigen. Vielleicht hätte sie es ihm auch gesagt, wenn er netter gewesen wäre. „Außerdem bin ich jetzt bestimmt nicht in der Laune, gerade dir, etwas zu erzählen. Und wenn du nicht gehst, geh ich halt!“ Irgendwann würde er schon aus ihrem Kleiderschrank verschwinden. Shaelyn hatte einfach keine Lust mehr auf Rue, der sie anscheinend nur verarschen wollte. Auf direktem Wege drückte sie ihn zur Seite, schlüpfte an ihm vorbei – machte aber nicht die Rechnung mit seiner Hand, die sie am Unterarm zu packen bekam. Abrupt blieb sie stehen und wandte ihren Oberkörper halb Rue zu, schenkte diesem einen wütenden Blick. „Einverstanden.“ Nun war sie durcheinander, entgegnete also seinem starren Blick mit zusammengezogenen Augenbrauen. „Womit?“ „Es zählt nicht.“ Überrascht öffnete sie weiter ihre Augen. Meinte er das ernst? Weshalb der schnelle Sinneswandel? Bestimmt verfolgte er wieder seinen Plan. „Warum plötzlich?“, kam es dann gefasster von ihr, während Rue sie nun freigab. „Es war nicht meine Absicht dich wütend zu machen.“ Fassungslos erwiderte sie seinen Blick, der unablässig auf sie lag. Dieser Moment war einer der seltensten, die sie mit ihm erlebte. Seine Stimme klang ehrlich und sie glaubte fest daran, die Wahrheit zu hören. Nie konnte man sich sicher sein, was er sagte, da er es anders meinte. Doch dieses Mal stimmte es überein. Zwar war seine Entschuldigung schön zu hören, daran arbeiten konnte er trotzdem – schließlich benahm er sich öfter mal daneben. Shaelyn seufzte, drehte sich ihm ganz zu. Die Wut wich tatsächlich rapide. „Also gut. Aber wehe du machst so was noch mal. Ich fand das wirklich gemein von dir.“ „Verstanden.“

Da hatte L noch mal die Kurve bekommen... er war einfach nicht daran geübt solche Konversationen zu führen – was viel mehr ein Streit eben war und sein erster dazu. Außerdem war das, was sie verschwieg für ihn interessanter zu wissen, als die Abmachung. So waren immerhin die Weichen gestellt noch einmal an diesem Tag nachzuforschen.

„Trotzdem solltest du dich aber anziehen....“, wies sie ihn dann leiser darauf hin, dass er noch immer in Shorts vor ihr stand. „Nicht, dass ich was dagegen hätte, dass du so in meinem Zimmer stehst...“, fügte sie ferner hinzu, das sogar mit einem kleinen Schmunzeln. Ihre Laune hatte sich leicht gebessert. „Und ich, dass sich dein Tuch an der Seite löst.“, erwähnte er ergänzend mit einem Grinsen. Blitzschnell griff sie sich an das Duschtuch, gewann ihr Gesicht gleichzeitig an Farbe und stampfte sie einmal mit dem Fuß auf. „Und du bist doch ein Perverser! Und jetzt raus! Ich muss mich umziehen!“ „Was ein Jammer...“ Direkt hob sie die Sockenballen auf, die sie erst vor weniger Zeit hinausgeworfen hatte und bombardierte ihn damit erneut. Einer traf ihn prompt seitlich am Kopf, sodass er zusammenzuckte.

Es war Zeit zu gehen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Babsylein
2011-10-30T14:41:20+00:00 30.10.2011 15:41
Bin vor einer Weile auf deine FF gestoßen und total begeistert, sie ließt sich mehr wie ein Buch und obwohl sie so lang ist hatte ich nie das Gefühl das sie sich "in die Länge" zieht.
Wirklich sehr schön geschrieben und man merkt das du dir Zeit nimmst um die einzelnen doch sehr schweren Situationen und Beziehungen zwischen den beiden Protagonisten darzustellen.
Da L mit zu einem meiner Lieblingscharackteren gehört finde ich es besonders schön, dass du versuchst seinen Charackter an sich nicht zu ändern, was dir auch gelingt.
Die Atmosphäre lässt sich auch immer gut nachempfinden, da fühlt man sich so richtig mitgezogen und kommt selber ins schwärmen :).
Am besten gefallen mir L's Sarkasmus und trockene Art, wenn man manchmal denkt .." ach komm jetzt muss mal was vernünftiges von ihm kommen" und er einfach nur total nüchtern reagiert, das lässt nicht alles immer vorausahnen bei sonst so "Pairing-Typischen" Situationen.
Was mich ein bisschen stört ist, das Shaelyn doch ab und zu ein bisschen seeehr emotionell reagiert, zumindest am Anfang, aber das ist bei mir eigentlich immer so, ich glaube Frauen sind einfach anstrengend xD...
Alles in allem weiter so, freu mich schon auf die nächsten Kapitel

Lg
Babsylein
Von:  Nimsaj
2011-10-25T22:27:13+00:00 26.10.2011 00:27
Kapitel 23: Weiße Federn

Wirklich ein bezaubernder Titel, für ein bezauberndes Kapitel. Und das ist es auch.
Von allen Kapiteln würde ich diesem hier den Titel ‚Süßestes Kapitel’ verleihen.

Nicht nur, dass wir in diesem Kapitel den wohl lieblichsten Kuss der ganzen FF finden. Auch dürfen wir wieder einen L in allen möglichen Situationen erleben, die wir sonst nie gesehen hätten. Und dabei ist es schon fast zweitrangig, ob er sich nun mit Kaffee einsaut, schlafen legt, den Garten unsicher macht oder sich auszieht.
Die Palette von ungewöhnlichen Bildern von ihm ist in diesem Kapitel wirklich kaum zu toppen. Auch sind wieder viele außergewöhnliche Gefühle bei ihm zu finden.

Interessant fand ich vor allem, seine überraschende Menschlichkeit. Manchmal hatte man wirklich das Gefühl einem normalen Mann in seinem Alter gegenüber zu sitzen und keinem Meisterdetektiv.
Seine Eifersucht und Dreistigkeit seine Liebe gegen alles zu verteidigen, was sie ihm wegnehmen könnte, passt einfach nicht in das Profil des gefühlslosen Genies. Genauso wenig wie sein kindischer Wunsch Joels ‚schwaches’ Geschenk zu übertreffen oder die Angst sie allein in seine Gegenwart zu lassen. Sein Drang seiner Geliebten unter den Rock zu sehen oder ihr in ihrem eigenen Kleiderschrank nachzustellen, ihr gar ein Zeichen seines Besitzanspruchs um den Hals zu hängen.

Der bildliche gefrorene See, von dem Shaelyn sprach, scheint immer mehr Risse zu bekommen, langsam zu schmelzen unter der unbarmherzigen Sonne der Liebe. Unfähig einer Hitze stand zu halten, die er nicht kennt, und die einen Hauch Frühling heranträgt.
Langsam aber sicher kann L dem Ganzen nicht mehr standhalten und seine Selbstbeherrschung beginnt zu bröckeln.

Wann war es denn vorher schon so, dass er so verzaubert von einem Lächeln von ihr war? Es ist einfach nur wunderbar ihn immer wieder so entrückt zu sehen, unfähig einen klaren Gedanken zu schaffen. Es ist ein stetiges Schwanken mit ihm.

Denn andererseits hat er auch immer wieder die volle Kontrolle und kann wunderbar mit Shae spielen um sich selbst einen Gefallen zu tun und seinen ungeübten Humor zu zeigen. Immer öfter bekommt er nun Titel wie ‚Perversling’ zugeschrieben und landet mit ihr in halbernsten Kämpfen.
Schon allein daran kann man sehen, dass sie sich immer näher kommen, auch wenn Beide versuchen eine gewisse Distanz zu halten.

Auch ihr Streit am Ende ist ein Indiz dafür. Allein die Tatsache, dass L zurückrudert und sich entschuldigt, ist etwas bis dato nicht so da gewesenes. Ihn verletzt es und behagt es nicht sie so sehr zu verärgern, dass sie ihn nicht mehr sehen oder mit ihm reden möchte.
Seine Liebe treibt ihn schon so weit, seinen eigenen Stolz hinunter zu schlucken.

Shaelyn hingegen scheint regelrecht beflügelt. Immer und immer wieder kann sie dem Drang nicht widerstehen L nah zu sein, fällt immer wieder sogar über ihn her.
Auch spricht sie nun offen über ihre Liebe und erwähnt immer und immer wieder seinen Namen im Zusammenhang mit einer Beziehung, gerät gar in eine Diskussion über ihre Unterwäsche. Setzt Zeichen in seinem Leben im übertragenen Sinne mit der Kleidung, die sie ihm schenkt und der Mütze, die sie mit ihm teilt.

Langsam aber sicher zerrt sie ihn aus seinem normalen Trott hinaus, hindert ihn gar daran seiner Arbeit nach zu gehen.
Damit beginnt sie sein Leben, was bisher nur auf seine Arbeit ausgerichtet war, aus seinen gewohnten Bahnen zu reißen und selbst Teil davon zu werden. Plötzlich richten sich seine Gedanken, wie Kompassnadeln nach Norden, auf eine Frau, etwas, was zuvor in dem Sinne nicht in seiner Welt existierte. Mehr noch, neben seinem Titel ‚L’ keinen Platz gefunden hätte.

Shae jedoch beginnt nicht nur das ‚L’ zu verändern, in dem sie es immer wieder in neuen Zusammenhang setzt, sondern auch einen Mensch mit Gefühlen hinter der Arbeit zu finden. Und anders als auf das ‚L’, hat sie auf den Mensch eine gewaltige Wirkung.

Mit jedem Wort mehr beginnt er zu zögern, fragt sie ihn plötzlich auch offen, ob sie nicht über ihn herfallen darf. Kommt aus sich selbst heraus, küsst ihn immer wieder, mal harmlos, mal heimlich und bringt in damit immer wieder durcheinander.

Ohne selbst zu merken, was sie eigentlich tut.

Zwischen allen Stühlen hingegen sitzt Watari, der von dem Chaos in beiden Herzen weiß, jedoch unfähig ist zu helfen. Sein Wissen um die Beziehung der Beiden und die Möglichkeiten für die Zukunft, bei einer Ehrlichkeit seitens L, bringen ihn immer wieder in eine leicht prekäre Lage. Sein Wunsch zu helfen zeugt dabei von seiner Zuneigung zu seiner Enkelin, wohl aber auch zu L.

Obwohl eines immer höflichen Umgangs und gegenseitigen Siezens, scheint Shaelyn nicht nur L in seiner Arbeit, sondern auch in seiner Beziehung zu Watari zu verrücken.
Der alte Mann ist erpicht darauf nicht nur Shae sondern auch L zum Glück zu verhelfen, was ihn auch teilweise mit L in Konflikt geraten lässt.
Gerne würde er helfen, muss sich jedoch zurückhalten und darf lediglich beobachten, wie beide um den jeweils anderen herumschleichen, sich immer wieder und doch immer weniger scheu annähern.
Diese Tatsache verändert das Verhältnis zwischen den Beiden, die Situation, die L in die Lage eines normalen jungen Mannes zwingt, vollkommen normal und natürlich, ganz im Gegensatz zu dem, mit dem er gewohnt ist zu agieren.
Man bekommt den Eindruck einer Verschiebung des Gleichgewichts zwischen den Beiden, welches L nun deutlich unerfahren dar stellt und Watari dagegen fast schon als sorgenden Vater, der nur das Beste für seine zwei Kinder will.

Plötzlich ist der eigentlich überlegene L derjenige, der von Watari sanft in die richtige Richtung geschupst wird und lernen muss seine Flügel auch mal außerhalb seines sicheren Nestes zu gebrauchen.

Ls Beraubung seiner Macht und Konfrontation mit etwas, was er nicht mehr mit Vernunft kontrollieren kann, sondern das ihn selbst kontrolliert und gegen das er sich nicht wehren kann, ist einfach nur zauberhaft. Ganz langsam, aber immer mehr verliert er seine Kontrolle und damit proportional gewinnt Shaelyn immer mehr dieser Macht.

L hilflos seiner Liebe ausgesetzt und Shae ihre Liebe ausleben zu sehen, ist das, was dieses Kapitel so wunderschön macht.


Betrachtet man die Szenen insgesamt, so fällt vor allem der große Romantik- und Humoranteil auf. Man stürzt von einem Seufzer der Verzückung in den nächsten Lacher und zurück. Abgesehen von der letzten Szene, die etwas Beklemmung verursachte, bevor sie schließlich doch positiv und äußerst amüsant endet, ist die Stimmung im gesamten Kapitel wirklich immer gut und fröhlich.
Die Geschenke bringen zusätzlich noch Spannung in das Geschehen, sowie der Ausblick auf die Begegnung L/Joel, die nach dem ersten, kurzen und doch recht ruppigen Gespräch der Zwei sicher nicht allzu freundlich ausfallen wird.


Hier noch einige Stellen, die ich witzig, wunderschön oder interessant fand:

Das Störende daran war nur, dass er es nicht kontrollieren konnte – er war dem ausgeliefert.

„Freust du dich denn nicht, dass ich dich begleite?“

Watari verstand sie sofort mit einem Lächeln im Gesicht.

Watari wandte sich vom Herd ab, sodass man nun gut seine Schürze erkennen konnte, die er stets trug, wenn er Essen zubereitete.

Ein Augenblick blieb es still, ehe Watari sich räuspern musste und dabei eine Faust vor dem Mund hielt.

Somit war das Geschenk, was in dunklem Blau gehüllt war, ihm ein Dorn im Auge.

Leugnen war sinnlos. Er konnte sich in diesem Falle nichts Vormachen. L war gehandikapt.
Sein Gesicht verfinsterte sich. Er war auf sich wütend. Nicht ein Deut lief so, wie er es vorgesehen hatte.

Sofort hellhörig geworden, hob er schwach weiter den Kopf an, der nun besser über die hintere Sessellehne zu erkennen war. Sogleich fasste er auch mit den Händen auf die Lehne. Seine Augen lugten neugierig hervor.

Shaelyn plusterte ihre Wangen auf und begann demonstrativ zu kauen, ehe sie paar Sekunden später damit aufhörte. „Gesehen?“

„Ich liebe es.“

„Rue?“ „Ja?“ „Darf ich nicht doch über dich herfallen?“

Ein verträumtes Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus, betrachtete dabei weiter die schlafende Gestalt vor sich.

„Weshalb so gereizt? Der Tag hat doch so gut begonnen...“

Zu Ls und Wataris verblüffen ließ Shaelyn blitzartig vom Detektiven ab.

„Shaelyn ist beschäftigt und hat daher leider keine Zeit mehr.“ Kaum war das gesagt, legte L auf – ganz unbekümmert, als wäre das sein gutes Recht gewesen.

Joel blickte auf das Telefon, das nur noch piepste. Wer zur Hölle war das eben gewesen?

„Keine Sorge. Ich verlange nichts von dir, dass du was mit mir machen musst, okay? Eigentlich kannst du gar nicht verlieren...“

Warum … ? Würde es denn nie auftauen?

Es schmerzte nicht, da es weich war, aber dennoch genug Wucht inne hatte, sodass er mächtig Mühe hatte seine Balance zu halten; da er ansonsten vornüber gefallen wäre.

„Leider war es mir nicht möglich wegzusehen. Aber wenn du mich fragst, finde ich die Farbe nicht passend.“

„Es sei denn, du bist mein Freund. Dann darfst du das gern wissen und mit mir darüber reden.“

Herzrasen. Da war es erneut, sodass seine Gedanken zum Halt kamen. Gänsehaut breitete sich vom Kopf bis Fuß aus, das nur weil sie vorsichtig durch sein Haar fuhr.

Ihre Lippen öffneten sich, formten die erste Silbe, da machte er sich kleiner – und setzte sich tatsächlich vor sie. In einem Schneidersitz machte er es sich bequem, nagte dabei allerdings immer noch an seinem Daumennagel.^

„Mr. L. Oder wie war das? Zeig mal ein bisschen mehr Emotion.“

„Willst du sie auch mal anziehen?! Die ist total flauschig!“ „Kein Bedarf...“ „Ach, komm!“

„Nett.“

Ein Grinsen schlich sich in das Gesicht des Meisterdetektiven – und auf seinem Kopf thronte noch immer die rot-weiße-Mütze.

„Hm, ich kann nichts Besonderes erkennen.“

„Das wäre doch schade...“

„Schwach...“

„Du bist ja verrückt...“ „Ne, nur direkt und realistisch.“ „Wo ist das realistisch?!“

„Auf in die Höhle des... Wolfs.“

Lauer Wind wirbelten seine Haare nur weiter auf. Und das nächste was ihr auffiel war, dass er keine Schuhe trug. Barfuß stand er hinten im Gras, stierte ins unendlich Blaue.

Shaelyn genoss es sichtlich – setzte bei ihr schon Entspannung ein, da sie seicht die Schultern hängen ließ.

Und ehe er reagieren konnte, ohnehin hing er stark seinen Gedanken nach, stellte sie sich abermals etwas auf die Zehenspitzen um die andere Wange von ihm zu küssen. Rue starrte sie daraufhin direkt an und hielt sich die geküsste Wange.

– und einen L zurück ließ, der das mächtige Chaos im Kopf entwirrte. Und damit das perfekt war, wandte Shaelyn sich noch einmal um.
Ihr Lächeln war einfach hinreißend.

„Fein. Dann will ich, dass du dich ausziehst.“ Sie glaubte nicht daran, dass er es tun würde.

„Nimm deine Sachen und verschwinde endlich.“ „...“ L wusste dazu nichts zu sagen.

„... Das geht dich nichts an.“, kam es ihr kalt über die Lippen. Es war wie ein Messerstich in die Brustgegend – was man ihm jedoch nicht ansehen konnte.

Da hatte L noch mal die Kurve bekommen... er war einfach nicht daran geübt solche Konversationen zu führen – was viel mehr ein Streit eben war und sein erster dazu.

„Nicht, dass ich was dagegen hätte, dass du so in meinem Zimmer stehst...“, fügte sie ferner hinzu, das sogar mit einem kleinen Schmunzeln. Ihre Laune hatte sich leicht gebessert. „Und ich, dass sich dein Tuch an der Seite löst.“

„Was ein Jammer...“

Einer traf ihn prompt seitlich am Kopf, sodass er zusammenzuckte.
Es war Zeit zu gehen.


So, das abschließend dazu.

Kritikpunkte: 1

1. Ls fehlende Beschreibung

Fazit: Ein wirklich bezauberndes Kapitel, das geradezu golden schimmert und einem selbst das Gefühl von Verliebtheit vermittelt. Ebenfalls humorvoll, als auch teilweise ernster. Wie immer wunderbare Charakterdarstellungen und alles logisch verknüpft.

Ich liebe dieses Kapitel wirklich von ganzem Herzen.

Mit ganz vielen und lieben Grüßen,
Nimsaj

Von:  Das_Bienchen
2011-09-29T16:09:17+00:00 29.09.2011 18:09
Also ich muss sagen, dass mir dieses Kapitel am meisten gefällt.
Ganz besonders der Anfang, als Shae sich in L´s Zimmer schleicht und ihn küsst. Ich habs mir direkt ein paar Mal durchgelesen :) Wirklich sehr süß.

Schmunzeln musste ich, als es um Joel ging und L zunehmend eifersüchtiger wurde. Hast du wirklich sehr gut beschrieben und seine Reaktion mit dem Handy war auch sehr lustig :3

Was wirklich sehr romantisch war, war das Geschenk, welches er ihr zum Geburtstag überreichte. Daran konnte man wirklich sehen, wie wichtig ihm Shae wohl ist. Noch dazu, weil sie sich ja eher bescheiden gibt. Wirklich süß >///<

Der Schluss wiederum, hat mich zum Lachen gebracht. Ich musste wirklich zweimal lesen, ob er wirklich angeboten hat sich auszuziehen. Dann war aber alles klar, als mir das Kartenspiel in den Sinn kam. Ich konnte mir das alles auch wirklich gut vorstellen. Shae in einem Handtuch gewickelt und L halbnackt ihr gegenüberstehend :D
Wirklich sehr gut beschrieben.

Im Großen und Ganzen hat mir das Kapitel sehr viel Freude bereitet und es hat sich demenstprechend auch gelohnt so lange darauf zu warten :)
Wie gesagt, eines meiner Lieblingskapiel.

Freu mich schon sehr auf das Nächste. Zumal ich mir richtig gut vorstellen kann, wie ratlos und vor allem eifersüchtig L bei der Party rumsteht. Immer darauf bedacht Shae nicht aus den Augen zu verlieren und Joel praktisch mit den Blicken tötet :D

Bis dahin,
viele liebe Grüße
Das_Bienchen


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