Traute Einsamkeit
//Yes!//, dachte ich und machte den letzten Karton auf.
Ich war endlich fertig geworden, endlich waren all meine Sachen in der neuen Wohnung verstaut. Verträumt blickte ich mich in meinem neuen zu Hause um.
Die ersten eigenen Vierwände sind immer aufregend und wecken eine unvorstellbare Abenteuer und Entdeckerlust.
Lächelnd sah ich zu meinen Bücherregalen. Typisch Ikea, ich hatte drei Tage gebraucht, bis sie endlich an der Wand geblieben waren. Mit diesem Möbelhersteller hatte ich bisher irgendwie nie Glück. Doch nun war alles fertig und meine heisgeliebten Bücher standen feinsäuberlich in einer Reihe.
Es war anstrengend gewesen nach der Schule hier hin zu gehen und zu streichen, aufzubauen und dann nebenbei noch zu lernen. Außerdem hatte es fast eine Ewigkeit gedauert bis ich meine Eltern von den Vorteilen der eigenen Wohnung überzeugt hatte.
//Das sorgt dafür das die Kinder unabhängiger und verantwortungsbewusster sind.//
Hatte sie nicht ganz überzeug, sie kannten mich immerhin schon achtzehn Jahre.
//Ihr habt endlich mal eure Ruhe und könnte „machen“ was ihr wollt!//
Da waren die Zauberworte!
Ich wollte gar nicht wissen, was die Beiden jetzt zu Hause taten und ich bin dankbar darüber, dass ich es mir nicht vorstellen kann. Auf jeden Fall musste ich versprechen, mich jeden zweiten Tag zu melden. Warum müssen Eltern immer so kompliziert sein?
Beherzt setzte ich mich an meine Hausaufgaben.
Deutsch, eine Gedichtsinterpretation. Alleine das Wort zu schreiben löst in mir Brechreiz aus. Aber ich sehe es positiv, wenn ich schnell fertig bin kann ich mich an die Dinge setzten die mir Spaß machen.
Knapp eine Stunde später, unendlichen Verbesserungen und Telefonaten mit meinen Mitschülern war ich mit dem Ergebnis zu frieden. Und dieses warf ich dann einfach achtlos in eine Ecke und rief meinen besten Freund an.
Ich kenne ihn seit zwei Jahren und wir haben ´ne Menge Scheiße mitgemacht. Seitdem er mir mal den Arsch gerettet hat bin ich der festen Überzeugung, dass er mein Seelenverwandter ist. Klingt komisch, ist aber so!
Als seine Mutter den Hörer abnahm wurde mir wie schon so oft klar, dass sie mich nicht mochte.
„Hallo Frau Kosa, ist Malin da?“
„Wer ist denn da überhaupt?“, blaffte sie mir entgegen.
„Lynn.“, gab ich zerknirscht als Antwort.
„Ach, die!“
Ein leichtes Lächeln konnte ich mir nicht verkneifen bei dem abfälligen Tonfall.
Dann war Malin aber auch schon an der Strippe.
„Was´n?“
„Hi, ich bin´s. Willste vorbei kommen? Alleine abhängen ist uncool. Und bring Bier mit!“
Damit war alles gesagt, ich hörte ihn leise lachen. „Bin so gut wie da!“
Wir legten auf.
Ich lies mich in den Sitzsack fallen und merkte erst jetzt wie erschöpft ich eigentlich war. Wie schwer meine Lider auf einmal waren. Der Raum verschwamm vor meinen Augen.
Das letzte was ich hörte war eine mir unbekannte Stimme, sie sang ein leises Lied:
"Wenn Gott will wirst du wieder geweckt..."