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Septembermond

SethxOC
von

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Wolfsmut

Wolfsmut
 

Als mich etwas an der Nase kitzelte, wachte ich auf. Ich nieste leise und öffnete dann langsam meine Augen. Und war verwirrt. Sehr verwirrt.

Das hier sah meinem Zimmer nicht im geringsten ähnlich. Es war viel zu steril und kalt. Weiße Wände. Es gab nur wenig Sachen und das Bett, indem ich lag, war doppelt so breit mein eigenes.

Nur langsam setzte sich mein Gehirn in Bewegung und brachte die Erinnerung zurück.

Erinnerungen an einen seltsamen Abend und eine noch seltsamere Nacht, die ich wahrscheinlich nie vergessen werde und die mir das erste mal gezeigte haben, dass es doch noch liebe Menschen auf der Welt gab.

Ich hatte einen Freund in jemanden gefunden, den ich nicht mal wirklich kannte. Mit einem Ruck war ich hell wach und setzte mich auf.
 

Seth.

Ich wusste nicht mehr genau wie es dazu gekommen war. Irgendwie war er mir als erstes in den Sinn gekommen, als ich die dunkle Straße entlang lief. Es war schwer sein Haus zu finden. Bis nach La Push war ich mit einem Bus gefahren, so musste ich wenigstens nicht die ganze Zeit im Regen laufen. Der Busfahrer hatte mich ziemlich seltsam angesehen, als ich in mein Ziel verraten hatte, doch er hat nichts gesagt.

Bei der nächstbesten Telefonzelle hatte ich dann die Adresse der Clearwaters gefunden, allerdings sah im Reservat alles gleich aus, sodass ich mich ein paar Mal verlief, als ich das Haus suchte.

Doch ich hatte es gefunden und nur wenige Sekunden später, stand dann Seth vor mir und im selben Moment wie ich seinen besorgten Blick gesehen hatte, wusste ich das meine Entscheidung mich ihm anzuvertrauen völlig richtig war.
 

Ich hatte den ganzen Abend mit ihm geredet. Er hatte mein Gejammer ertragen. Mich sogar getröstet. Und mich sogar umarmt. Ein Schauer lief mir über den Rücken.

Wie sollte ich ihn je wieder gegenüber treten? Aber da ich mich gerade in seinem Haus befand, blieb mir gar nichts anderes übrig.

Also streifte ich die seidene Bettdecke ab und drückte mich tiefer in den Wollpullover, den mir Seth von seiner Schwester gegeben hatte. Er war wirklich gemütlich, obwohl ich so etwas nie in der Öffentlichkeit getragen hätte. Nicht das ich eitel war...
 

Der Flur lag im Halbdunkeln, als ich vorsichtig das Zimmer verließ. Ich schlüpfte durch die Tür und schlich die Treppe hinunter. Immerhin den Weg nach unten fand ich schon mal.

Doch wohin jetzt? Ich konnte mich doch nicht einfach verkrümeln. Zumal meine nassen Sachen noch irgendwo lagen.

Keine Ahnung, wo Seth sie hin gebracht hatte. Ich wollte sie nur so schnell wie möglich finden und dann zurück.

Mein Magen knurrte, als mir der Geruch von frischen Waffeln in die Nase wehte. Wer da wohl Frühstück machte?
 

Ich war neugierig, deshalb bewegte ich mich so langsam wie möglich in die Küche. Ohne eine Mucks von mir zu geben, blieb ich im Türrahmen stehen und beobachtete den Rücken einer Frau, die am Herd stand und briet. Ich traute mich nicht etwas zu sagen, weil sie leise vor sich hin schimpfte.

»...denkt nicht nach, dieses Mädel. Und jetzt kommt er auch noch. Man konnte glauben, mich würde es gar nicht geben. Die eine treibt sich schwanger nächtelang herum und der andere schleppt wildfremde Mädchen an. Aber ich lass, dass nicht mehr mit mir machen!“

Ich schluckte und kam mir auf einmal sehr unwohl in meiner Haut vor. Ohne Zweifel war das hier Seth Mutter, Mrs. Clearwater. Und sie schien über mich Bescheid zu wissen. Und nicht nur das. Im Gegensatz zu ihrem Sohn hieß sie mich nicht gerade mit offenen Armen willkommen.
 

Es wäre das beste gewesen mich einfach wieder um zu drehen und oben darauf zu warten, dass Seth mich entließ, doch just in diesem Moment begann meine Nase zu kribbeln.

Ich versuchte meine Luft an zu halten, doch es nutzte nichts. Ich nieste laut und vernehmlich.

Sofort drehte sich die fremde Frau zu mir und und blickte mich geringschätzig an. Sofort wurde ich rot im Gesicht und murmelte leise und mit gesenktem Kopf:

»G-g-guten Morgen, Mrs. Clearwater.«

»Guten Morgen«, meinte sie spitz, »du musst dann also diese Madison sein, von der Seth erzähl hat.«

Ich nickte ohne sie anzusehen.

»E-es t-tut m.mir Leid, wenn...wenn ich störe...ich wollte k-keine Umstände be-bereiten...«

Manno, warum musste ich ausgerechnet jetzt anfangen zu stottern? Sonst war ich doch auch nicht so. Allerdings ließ mir ihr durchdringender Blick das Blut in den Adern gefrieren.

Es herrschte eine angespannte Stille in der Küche und ich wartete ungeduldig auf eine Antwort.

Doch bevor es dazu kommen konnte, kam Seth durch die Hintertür hinein.
 

»Ach, auch schon wach, Dornröschen«, er grinste mich breit an und schien die düstere Stimmung nicht mal zu bemerkten. Ich glaube ich war noch nie so erleichtert jemanden zu sehen, denn seine Mutter warf ihm nur noch einen wütenden Blick zu und drehte sich wieder zu ihren Waffeln um.

Seth schüttelte seinen Kopf und Wassertropfen flogen auf den Fußboden. Es regnete also mal wieder. Trotzdem lief er ohne Shirt herum.

Ich wurde noch röter und wünschte mir wirklich, dass er sich etwas überzog. Nennt mich verklemmt, aber es machte mich wirklich nervös.

Aber den Gefallen tat er mir natürlich nicht, stattdessen setzte er sich an den Küchentisch und grinste mich noch breiter an.

»Hast du wenigstens gut geschlafen?«

Ich warf einen kurzen Blick seiner Mutter zu, die so tat, als wären wir gar nicht da. Dann nickte ich.
 

»Was stehst du da eigentlich? Setzt dich doch«, er deute auf den Stuhl ihm gegenüber.

Ich tippelte ungeduldig von einen Fuß auf den anderen:

»Ähm, eigentlich wollte ich jetzt lieber nach Hause. Meine Mom...«

Er zog eine Augenbraue hoch:

»Schon? Aber ohne Frühstück lass ich dich nicht gehen. Außerdem weiß deine Mutter schon längst Bescheid das du hier bist.«

»Wie bitte?«, ich riss weit meine Augen auf.

»Klar, ich hab dir doch versprochen, dass ich sie anrufe. Ich glaube es hat sie wirklich beruhigt, dass du okay bist«, er grinste selbstzufrieden.

Ich seufzte und ließ mich dann doch auf den Stuhl fallen. Das durfte doch wirklich nicht sein Ernst sein. Frustriert vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen.

»Hey, was ist denn?«, fragte er besorgt und rückte näher zu mir, um mir seine warme Hand auf die Schulter zu legen. Ich hörte wie seine Mutter den Raum verließ und war dankbar dafür.
 

»Nichts«, brummte ich, »aber es ist wirklich besser, wenn ich gehe.« Damit wollte ich aufstehen, doch Seth hielt mich am Handgelenk fest.

»Hör zu. Sie war zwar nicht begeistert, dass du hier bist, aber ich hab ihr gesagt, dass du im Zimmer meiner Schwester schläfst und das ich dich nachher wieder nach Hause bringe. Sie war nicht sauer, sondern nur erleichtert, okay?«

Er sah mich fest und total ehrlich an. Ich konnte nichts anderes als nicken. Zu fasziniert war ich von seiner Wärme und seiner Fürsorge. Ich bewunderte es wie er wirklich nie aufzugeben schien und mich alle negativen Gedanken vergessen ließ.

»Danke«, erklärte ich und tat dann etwas völlig Unerwartetes. Ich umarmte ihn. Ich legte meine Arme um seine Hüften (höher ging nicht) und drückte für einen Moment meinen Kopf gegen seinen nackten Oberkörper. So konnte ich sogar sein Herz klopfen hören. Richtig ungleichmäßig und schnell.

»K-kein P-problem«, stammelte er mit rauer Stimme. Ich ließ ihn wieder los und sah, dass er noch röter im Gesicht war als sonst. Es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte gekichert, doch ein anderer Gedanke kam mir in den Sinn.
 

»Deine Mom kann mich nicht leiden, oder?«, flüsterte ich.

»Ach Quatsch. Nimm das nicht so ernst. Sie ist nur gerade etwas gestresst wegen meiner Schwester. Es ist nichts persönliches«, beruhigte er mich, »sie ist immer misstrauisch Fremden gegenüber. Sie ist nur...ach schon gut« Es wirkte so, als würde noch mehr dahinter stecken, aber er lächelte bloß aufmunternd.

»So und jetzt essen wir erstmal. Ich schiebe nämlich mächtig Kohldampf«, meinte er und rieb sich hungrig den Bauch.
 

Und den schien er wirklich zu haben, denn er verschlang eine Waffel nach der anderen. Ehrlich gesagt hörte ich nach der dreizehnten auf zu zählen. Ich hielt mich doch lieber etwas zurück. Ich war sowieso kaum hungrig, viel mehr machte ich mir Sorgen darüber, wie ich meiner Mutter später gegenüber treten sollte.

Irgendwie kam es mir seltsam vor, dass sie nicht ausgeflippt war, weil ich eine Nacht bei einem Jungen verbrachte. Und dann noch im Reservat.
 

»Hey, hast du keinen Hunger?«, Seth blickte mich aus seinen dunklen Augen fragend an.

»W-wieso?«, erstaunt sah ich auf.

»Du hast gerade mal eine Waffel gegessen«, bemerkte er, »du bist sowieso schon so dünn. Eine mehr würde dir wirklich gut tun.«

»Ich bin aber wirklich satt«, erklärte ich und schob demonstrativ den Teller von mir weg. Seth schüttelte nur ungläubig den Kopf:

»Iss doch lieber noch eine. Nicht, dass du noch umkippst.«

Ich lachte nervös. Langsam wurde er albern.

»Seth. Ich habe keinen Hunger mehr, klar? Ich esse genug und mir ist noch nie schwindelig gewesen, also bitte.«

»Bitte, wenigstens er eine halbe«, er spitze mit seiner Gabel eine auf und fuchtelte mit ihr wild vor meiner Nase herum.

»Nein«, ich war wirklich genervt.

»Wenn nicht, dann wird Mom ziemlich beleidigt sein«, er grinste süffisant. Einen Moment erwiderte ich seinen spöttischen Blick wütend. Dann riss ich die Waffel von der Gabel und stopfte sie in meinen Mund. Ich kaute ein bisschen auf ihr herum und schaffte es nur mit Mühe und Not sie runter zu schlucken. Damit sie nicht stecken blieb, trank ich gleich noch einen Becher Kakao hinterher.

»Geht doch. Man muss nur die richtigen Argumente haben«, Seth zwinkerte mir zu und lächelte dann zufrieden. Ich verdrehte bloß die Augen, weil ich meinen Mund immer noch zu voll hatte, um etwas bissiges erwidern zu können. Auf jeden Fall würde er dafür noch bezahlen. Ganz sicher.
 

Die Verabschiedung von Mrs. Clearwater fiel, wie bereits erahnt, sehr kurz und kühl aus. Mit rotem Gesicht versprach ich ihr den Pullover zu waschen und wieder zurück zu bringen. Doch sie meinte, ich solle ihn behalten, weil ihre Tochter so etwas nicht mehr tragen würde. Ich bedankte mich leise und setzte mich dann ins Auto, damit Seth mich nach Hause bringen konnte.

Ich hatte vorgeschlagen doch wieder den Bus zu nehmen, doch er hatte bloß den Kopf geschüttelt und gemeint er müsse sowieso noch etwas in Forks erledigen. Irgendwie wollte ich ihm das nicht ganz glauben, aber ich sagte nichts. Immerhin war es wieder lieb gemeint.
 

Die Fahr verlief größtenteils schweigend. Seth konzentrierte sich ganz auf die Fahrbahn, während ich aus dem Seitenfenster blickte und den Nachrichten im Radio lauschte.

Es waren schon wieder zwei Menschen in der Nähe von Seatlte attackiert worden. Vorgestern. In einem Ort, der genau zwischen Washingtons Hauptstadt und Forks lag.

Es handelte sich dabei um ein älteres Ehepaar, das von einem wilden Tier angegriffen worden war. Seth schienen diese Nachrichten nervös zu machen, denn er verzog unglücklich das Gesicht und blickte immer wieder gedankenverloren zwischen dem Radio und der Straße hin und her.

Dann fuhr er sich durch die dunklen Haare und schüttelte nur seufzend den Kopf.
 

Gerade wollte ich den Mund aufmachen, um ihn etwas zu Fragen, da sah ich einen Schatten durch die Bäume flitzen.

Ich erschrak und erstarrte. Der Vampir, kam es mir in den Sinn. Ob er immer noch in den Wäldern sich auf hielt? Bis jetzt hatte ich noch niemanden von ihm erzählt und ich hatte es ehrlich gesagt auch vergessen bei den ganzen Dingen, die mir im Moment durch den Kopf gingen. Doch jetzt viel mir alles wieder ein. Er hatte Daniel und mich angegriffen, doch haben uns die riesigen Wölfe beschützt.

Vielleicht hatte ich mir den Schatten auch nur eingebildet. Trotzdem wurde ich ganz unruhig und zappelte in meinem Sitz hin und her.
 

Überrascht schrie ich auf als Seth ganz unerwartet eine Vollbremsung machte.

»Was be-«, doch ich hielt mitten im Satz inne und blickte ihn mit geweiteten Augen an. Sein ganzer Körper hatte sich angespannt. Er hatte die Augenbrauen zusammen gezogen und schaute mit gefletschten Zähnen Richtung Wald. Irgendetwas stimmte nicht. Als dann seiner Kehle noch ein Knurren entwich, bekam ich große Angst.

»Seth?«, flüsterte ich leise und legte ihn eine Hand auf seinen Arm. Sein Kopf flog zu mir herum und auf einmal veränderte sich sein Blick wieder. Er wurde ganz sanft. Normal eben. So wie er mich immer anblickte.
 

»Maddy«, flüsterte er und umfasste meine Schultern, »du musst mir jetzt etwas versprechen?«

Es war wie ein Dejá- vue für mich. Genauso wie damals, als er mich davor gewarnt hatte in den Wald zu gehen.

Sein Blick bohrte sich in meinen und ich war wieder mal fasziniert wie viel man in seinen Augen lesen konnte. Sorge, Wut, Liebe, Entschlossenheit, Mut und so viel mehr noch.

»W-was?«, stammelte ich. Einerseits immer noch ängstlich, andererseits fasziniert von seinem Blick und auch überrascht darüber, dass es mich seine plötzliche Näher wieder so verwirrte. Es fühlte sich in meinem Inneren so an, als würde etwas gegeneinander ankämpfen, dabei konnte ich beim besten Willen nicht sagen was. Doch irgendetwas wehrte sich noch gegen ihn. Etwas, dass nicht zuließ, das er in meinem Leben eine größere Rolle spielte.

»Du musst mir versprechen, das egal was passieren wird, du jetzt hier im Auto bleibst.«

»Aber- «, wollte ich widersprechen, doch er schüttelte bloß den Kopf.

»Nein, du musst hier bleiben. In Sicherheit. Ich versuche so schnell wie möglich wieder da zu sein.«

Bevor ich noch etwas erwidern konnte, hatte er mich nochmal ganz kurz in seine Arme geschlossen und war in einer flüssigen Bewegung aus dem Wagen gesprungen.
 

Ich war immer noch viel zu verwirrt, deshalb bemerkte ich auch zu spät, dass das Schloss knackte.

Er hatte mich doch tatsächlich eingeschlossen. Plötzlich verwandelte sich meine Angst in Wut.

»Seth, was soll der Mist!«, brüllte ich und rüttelte an der Autotür, »mach sofort wieder auf! Hast du gehört?«

Doch er beachtete mich gar nicht mehr. Sein Blick war wieder wie hypnotisiert auf den Wald gerichtet. Was sollte der ganze Mist?

Ich verstand die Welt nicht mehr. Frustriert warf ich mich mit dem Rücken gegen den Sitz und verschränkte meine Arme. Dieser Idiot. Was bildete der sich eigentlich ein?

»Seth, wenn das so etwas wie ein Spiel sein soll, dann finde ich das gar-«, doch der Rest meines Satzes wurde von einem lauten Donnern auf dem Dach übertönt. Der ganze Wagen wackelte und ich klammerte mich kreischen am Sitz fest. Durch das Dachfenster konnte ich wieder einen dunklen Schatten sehen.

Seth Muskeln hatten sich angespannt und seine Augen fixierten, was auch immer auf dem Dach gelandet war. Es gab ein erneutes Krachen und eine dunkle Gestalt landete auf der Motorhaube.

Ich war so geschockt, dass ich nicht einmal mehr Schreien konnte.
 

Wie in Zeitlupe drehte sich der Vampir zu mir um und seine kalten, roten Augen bohrten sich regelrecht in meiner. Auch wenn ich sie noch so abstoßend fand, konnte ich meinen Blick nicht abwenden. Hätte Seth nicht vor Wut gebrüllt, ich hätte ihn ewig anstarren können.

So aber flog mein Blick herum und ich konnte gerade noch sehen wie die Nähte seiner Hose aufplatzen und er sich veränderte. Statt seiner Haut, hatte er sandfarbenes Fell, dass genauso aussah wie seine Haare.

Als seine Verwandlung vollkommen beendet war, riss sich mein Mund zu einem stummen Schrei auf. Nein, das konnte nicht sein. Das war absolut unnatürlich.
 

Doch ich konnte nicht weiter darüber nachdenken, seit wann sich Seth wohl in einen Wolf verwandeln konnte. Und nicht nur in irgendeinen Wolf, sondern in den Wolf. Der, dem ich das erste Mal begegnet war. Der, der mir immer so vertraut vorgekommen war.

Der Vampir gab nämlich einen unschönen Laut von sich, der fast so klang als würde man mit einem Fingernagel über eine Tafel kratzen. Ich hielt mir die Ohren zu und stumme Tränen des Entsetzten liefen mir übers Gesicht, als sich der Wolf/Seth auf ihn stürzte.

Ich öffnete meinen Mund zu einem stummen Schrei und sah nur noch ein Gemisch aus Krallen und reißenden Zähnen.

Voller Hilflosigkeit musste ich dabei zu sehen, wie sich die Kämpfenden immer weiter Richtung Wald bewegten. Bis sie dann irgendwann zwischen den hohen Bäumen verschwanden.

Ich wusste, was Seth vor hatte. Er wollte den Vampir von der Straße weg locken. Weg von Menschen, die in Gefahr geraten konnten. Und da schoss es mir durch den Kopf. Alles hing irgendwie zusammen.

Ein Vampir brauche Blut, um zu überleben. Menschenblut. Und dazu musste er töten. Das Paar. Die anderen Opfer in Seattle. Von einem Tier angefallen. Ich schluckte und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Ich hatte furchtbare Angst. Angst um die Einwohner meiner Heimatstadt. Angst um meine Familie. Und vor allem Angst um Seth, der mit dem ungeheuer im Wald verschwunden war.
 

Er war so ein Idiot. Wie konnte er es nur alleine mit ihm aufnehmen? Auch wenn er sich in einen Wolf verwandeln konnte. Er war in großer Gefahr.

Ich konnte nicht weiter nur darum sitzen. Ich musste einfach handeln.

Kurzerhand kurbelte ich das Fenster hinunter (wieso war mir das nicht schon eher eingefallen??) und kletterte mühsam aus dem Wagen. Erst als ich am Straßenrand stand, merkte ich wie sehr ich doch zitterte. Ich war so überrascht, dass ich mich kurz gegen das Auto lehnen musste um sich um zu kippen.

Mit verschleiertem Blick spähte ich durch die Bäume. Aber es war nicht mal etwas zu einem Kampf zu hören. Ob einer der beiden schon tot war?

Bitte nicht Seth!, flehte es in mir und ich spürte wie mein Herz zu klopfen begann. Bitte nicht er!

Wie in einem Alptraum stolperte ich zwischen die Bäume. Mir war es in diesem Moment egal, dass ich mich selbst in Gefahr begab. Immerhin konnte ich mich nicht verwandeln.
 

Als Mensch hatte ich noch weniger Chancen Seth beizustehen, aber ich musste ihn irgendwie helfen.

Dreh um und hol stattdessen lieber Hilfe!, wisperte eine Stimme im meinem Kopf. Ich ignorierte sie und biss stattdessen die Zähne zusammen. Meine Augen scannten den gesamten Bereich ab. Hinter jeden verdammten Baum erwartete ich Anzeichen eines Kampfes zu sehen. Ich stand kurz vor kollabieren, als ich ein wütendes Brüllen hörte. Sogar ein mehrstimmiges.

Automatisch schoss ich los. Zu meinem eigenen Erstaunten war ich gedankenlos, dass einzige was mich antrieb war mein Ziel. Seth helfen.

Die Bäume rauschten geradezu an mir vorbei, Zweige zerkratzen meine Arme und mein Gesicht. Doch ich verspürte noch nicht einmal Schmerzen. Neben mir krachte es laut und ich sah einen gewaltigen Körper, der sich in genau die gleiche Richtung wie ich bewegte. Doch er überholte mich. Vermutlich auch ein Wolf, der Seth zur Hilfe kommen wollte.
 

Ich war richtig mit meiner Vermutung, denn als ich an dem Schauplatz ankam, war der Vampir von gleich mehreren umzingelt.

Wie erstarrte blieb ich stehen und sah mich suchend nach Seth um. Doch ich konnte ihn nicht finden. In der zwischen Zeit tauchten immer mehr auf. Waren es beim letzten Mal auch so viele gewesen? Einer von ihnen, ein fast schwarzer, schob sich aus der Masse und kam direkt auf mich zu. Ob er auch ein Mensch war? Ob sie in Wirklichkeit alle bloß Menschen waren?

Wahrscheinlich, deshalb hatten sie teilweise auch menschliche Züge. So wie der Wolf mir jetzt mit seinem Blick sagte, dass ich zurück gehen sollte.

Doch ich konnte nicht. Nicht nur, weil ich dort wie angewurzelt stand, sondern auch weil ich in diesem Moment Seth erblickte. Immer noch in seiner Wolfsform lag er auf dem Boden und winselte. Der Kreis der Wölfe begann sich immer enger um ihn zu ziehen und mir kam es vor, als würde er ihn gerade erzählen, was geschehen war.
 

Er hob seinen Kopf und erblickte mich. Mit kaltem Entsetzten erwiderte ich ihn. Er sah so hilflos aus. Ich machte ein paar Schritte vorwärts. Als mich die anderen Wölfe kommen sahen, wichen sie beiseite, sodass eine Gasse zu Seth entstand.

Ich konnte nicht anders. Ich lief die letzten Schritte zu ihm hin und warf mich vor ihm auf die Knie.

Seine Wunden sahen übel aus. Biss und Kratzer. Besonders in der Halsgegend.

Vorsichtig legte ich meine Finger auf eine besonders schlimm aussehende und Seth jaulte auf. Erschrocken zog ich meine Hand zurück. Mir wurde übel, als ich das frische Blut an ihr kleben saß.

»Seth! Du mutiger Idiot!«, flüsterte ich mit Tränen in den Augen. Mir war es egal, dass alle anderen um mich herum standen und uns mitleidig musterten. Mir war es sogar egal, dass der Vampir jeden Moment erneut angreifen konnte. Mir war alles egal. Ich wollte nur, dass Seth nicht starb. Nicht, nachdem, was er alles für mich gemacht hatte.

Beruhigend legte er seine Schnauze in meine andere Hand. Sie war kalt und rau, aber gleichzeitig auch unheimlich weiche.

Mit seinen Augen gab er mir zu verstehen, dass ich mir keine Sorgen machen brauchte. Dass er wieder auf die Beine kommen sollte. Doch ich glaubte ihm kein Wort.

Ich sah die Wunden, seine leidenden Augen und dann wurde mir schwindelig. Die Bäume um mich herum begannen sich zu drehen. Das letzte, was ich sah, war die große Gestalt vor mir, ehe ich auf Seth warmen Körper zusammen sackte.
 

Nächtes Kapitel: Legenden



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  jennalynn
2011-08-03T21:44:28+00:00 03.08.2011 23:44
OH WOW aktion Pur.
Ich find deinen Schreibstil einfach großartig.
Ich finde deine Geschichte einfach großartig.
Du bist einfach großartig *lach*


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