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Blood Deal

Even if saving you sends me to heaven
von

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Alles 'wunderbar'

Cole

In den nächsten Tagen schaffte er es auch tatsächlich sich einzureden, dass alles wunderbar war. Einzig Ragnar trübte seine positiven Gedanken, als er ihm erzählte, dass Antonin ausgeliefert habe und der Verkauf erfolgversprechend begonnen hatte. Nun ja, warum sollte ihn das negativ stimmen? Es ging weiter, wie es weitergehen sollte... Gut, dass Antonin sich nicht kindisch benahm und die Handelsverträge nicht einhielt, sondern mit Ragnar weiterarbeitete. Er selbst würde keinen Stress haben.

Und zumindest hatte der andere ihm seine Pläne zurückgegeben. Cole wertete das als offizielles Zeichen dafür, dass jener tatsächlich einverstanden war, keinen Kontakt mehr zu haben. Es war wirklich alles wunderbar! Herrlich!

Die Droge verbreitete sich tatsächlich schnell über dem Markt und die Nachfrage stieg rasch. 'Blue wonder' war der Szenename und stellte sich als tatsächliches Wunder heraus. Doch das bekam Cole nur am Rande mit, was ihm auch ganz recht so war.
 

Es dauerte drei Tage, bis Cole sich wieder gänzlich im Griff hatte. Er spürte zwar, dass unterschwellig etwas unverdaut war und dass das noch einmal drücken würde, aber er hoffte, dass es auch bald vergessen war.

Und so begab er sich an jenem Tag, an dem sein Unterhändler mit jenem Typen Geschäfte machen sollte, in das Nachbarapartment, wartend. Er wollte nur einen Blick auf ihn werfen, wollte wissen, ob er ihn kannte, ob er allein arbeitete, etc. Er brauchte Informationen.

Was er an diesem Abend erlebte, sollte ihn für lange verfolgen.

Denn als er das Klingeln an der Nachbartür hörte und er durch den Sucher blickte, erstarrte er. Kein geringerer als „Drug Enforcement Administration“ - Agent Klinger stand dort vor der Tür, ein Polizist, der in den höheren Kreisen bekannt war, der durch seine Aggressivität und seine Brutalität bekannt war. Und wie Cole nun mitbekam und durchschaute, war dieser nicht nur korrupt, sondern dealte mit seiner gesamten Einheit drogensüchtiger Idioten. Und leider hatte sein Unterhändler Mark ihm nicht die Wahrheit gesagt. Mark hatte ihm nicht erzählt, dass Agent Klinger bei ihm gewesen war, weil er ihn erpresst hatte, weil er ihn mit Drogen erwischt hatte und ihn nun benutzte. Cole merkte, dass er angerufen worden war, in der Hoffnung, er könne jenem jungen Mann das Leben retten. Doch sich mit der Polizei anzulegen, alleine… Nein, das konnte er nicht. Und so musste er mit anhören, wie Klinger Mark erschoss, wie er schließlich die Wohnung verließ, mit der Aussage, er habe seinen Job getan, dafür das Geld einsteckte, ein paar Drogen als Fund bei den Einsatzpolizisten abgab, selbst aber das meiste behielt.

Das würde keine schöne Geschichte werden...

Und als er neben der Haustür des Nachbarapartments an der Wand hinunterrutschte, merkte er das erste Mal seit drei Tagen wieder deutlich, dass eine Lücke entstanden war, wo Antonin ihn verlassen hatte. Ein Stützpunkt, den er vielleicht noch nie wirklich gebraucht hatte, aber von dem er doch offensichtlich beruhigt war, ihn bei sich zu wissen. Aber das konnte ihm jetzt egal sein. Er war sein Leben lang allein ausgekommen. Und nun würde sich das nicht ändern. Wer war Antonin schon, dass er ihm wirklich eine Stütze gewesen sein könnte? Sie hatten sich doch nie sonderlich gut verstanden...
 

In dieser Nacht suchte er erneut den Sauna-Club auf, und wieder fand er nicht die Ruhe, die er suchte.
 

In drei Tagen würde die Übergabe der Waffen stattfinden, und er musste sich überlegen, was er mit der Einheit von Klinger machen sollte. Er musste sich etwas einfallen lassen. Dringend.
 


 

Antonin

Einen einzigen beschissenen Tag und die dazu gehörige Nacht hatte er es in Washington ausgehalten, bevor er wieder nach Hause geflogen war. New York, seine verfluchte Heimat, seitdem er aus Russland zurück war. Jene Stadt, in die ihn Nicholas mitgenommen und in der er sich sein Leben langsam aber sicher wieder aufgebaut hatte. Jene Stadt, aus der ihn ein einzelner Mensch fast für immer vertrieben hätte. Denn das war durchaus der Plan gewesen. Erst mal in Washington neue Kontakte als Professor aufbauen und sich dann geschickt verdrücken.

Warum er dann trotzdem, Tage später in einer dämlichen Eisdiele saß? Antonin war vieles, aber kein Idiot. Wer sagte ihm denn, dass es in einer anderen Stadt nicht genauso ablaufen würde? Dass ihm wieder jemand nahe genug kam, um ihn aus der Reserve zu locken?

Und apropos Reserve, inzwischen hatte er sogar wieder Sex gehabt. Und sich danach selten beschissener, einsamer und leerer gefühlt. Die Frau war viel zu weich. Viel zu nachgiebig und ihr Stöhnen hatte ihn so dermaßen abgeturned, dass er sich irgendwann einfach zurückgezogen, die Hose wieder zugemacht und sich danach verpisst hatte. War er jetzt also zu einem Vollschwulen mutiert? Aber selbst wenn... noch war Antonin nicht bereit gewesen aufzugeben und so hatte er sich einen kleinen aber feinen Homoclub ausgesucht und sich dort jemanden angelacht. Sie waren nicht über ein wenig Gefummel hinausgekommen. Es war so furchtbar frustrierend, dass er sich für einen drastischen Weg entschieden hatte: Der Gang zum Psychiater.
 

Was auch den Grund für seinen momentanen Aufenthaltsort darstellte. Mit bis zum Ellenbogen hochgekrempelten Hemd.

Oh ja, es war verflucht hart! Und Antonin hatte das Gefühl, dass ihm alle auf die Arme starren würden. Es war furchtbar beklemmend und hin und wieder wallten Gefühle wie Panik und Zorn in ihm auf. Aber es blieb hinter einer dicken Watteschicht namens Beruhigungsmittel zurück. Die hatte ihm Doktor Hover direkt in ihrer ersten Sitzung verschrieben, mit den Worten, er solle sie immer nehmen, wenn er zu ihm käme, denn anders würden sie nicht wirklich weiter kommen. Natürlich erst nachdem Antonin sich mehrfach über die Schweigepflicht informiert und diese auch mehr als nachdrücklich gefordert hatte.
 

Selten war ihm etwas so schwer gefallen, wie über jene Erlebnisse zu sprechen. Wobei er seine Ausbildung wegließ und erzählte, er wäre in Russland mit einer Gruppe von Touristen gekidnappt und danach gefoltert worden, als das Lösegeld nicht kam. Eine Geschichte, die an sich schon einen Psychiater brauchen würde, wie Doktor Hover ihm bescheinigte, dann jedoch in sich zusammenfiel als Antonin von eben jener Folterung berichtete. Davon erzählte, wie sehr er sich den Tod zwischendrin gewünscht und sogar danach gebettelt hatte. Davon sprach, dass er selbst kein Zeitgefühl mehr hatte und nicht sagen konnte, wie lang er wirklich auf diesem Stuhl gefesselt gewesen war. Dass man ihn nur hin und wieder zur Erleichterung in einen gekachelten Raum geführt und dort ebenfalls mit kaltem Wasser abgespritzt hatte. Dass man die Wunden manchmal zuwachsen ließ, nur um sie dann genüsslich wieder aufzuschneiden, während an anderen Tagen kaum einige Stunden vergingen, bevor seine Peiniger wieder bei ihm waren.
 

Nach und nach zog der ältere Herr wirklich alle Informationen aus ihm raus. Und nicht nur das: auch einen astreinen Zusammenbruch mit jeder Menge bisher unvergossener Tränen konnte der Psychiater in seinem kleinen Büchlein vermerken. Und er sah noch lange kein Ende dieser Sitzungen. Ganz im Gegenteil, mit jeder kleinen Aufgabe, die Antonin bekam, hatte er mehr und mehr das Gefühl sofort wieder zu seinem Doc laufen und sich dort die Decke über den Kopf ziehen zu müssen. Seltsam eigentlich, oder? Erst verdrängte er die ganzen Erlebnisse, egal wie oft die Wut oder Verzweiflung in ihm hochkochte und dann, von einem Moment auf den anderen vertraute er sich einer völlig fremden Person an und erwartete sich von dieser auch wirklich Hilfestellung.

Aber immerhin wusste er, warum er sich dem ganzen jetzt stellte. Denn der Zusammenstoß mit Cole hatte ihm mehr als alles andere vor Augen geführt, dass er so nicht mehr weitermachen konnte. Dass er sich selbst und damit alle Aussichten auf ein normales Leben zerstörte, weil seine Schutzmauer keineswegs so dick war wie er immer dachte. Im Gegenteil, sie war sehr porös, und laut Doktor Hover war das eigentlich immer ein stummer Hilfeschrei seinerseits gewesen. Angeblich wollte er das ganze loswerden und sich gestützt fühlen. Sich verstanden fühlen. Und das mochte ja auch so sein, aber wieso war Cole dann der letzte Auslöser gewesen? Ausgerechnet Cole?
 

Und wenn er nicht mit kleinen Aufgaben, seinen Sitzungen, seiner Arbeit oder der CI-4 Herstellung beschäftigt war, dann durfte er sich endlose Triaden von Nicholas anhören, während er mit dessen kleiner Tochter sinnlose Bildchen mit Wachsmalstiften zeichnete. Was er nur für ein unglaublicher Idiot sei und nur er brächte es fertig, endlich ein sinnvolles Ziel zu erhalten, nur um gleich darauf wieder gefeuert zu werden. Und nur er brächte es fertig sich selbst ebenfalls die kaputtesten Typen rauszusuchen, anstatt irgendwelcher dämlichen Geschäftsmänner, wo er nur einmal die Woche mal mit einem Fernglas vorbeisehen müsste.

Was gänzlich gegen diese Worte sprach, war das Verhalten seines alten Ausbilders, besten Freundes und irgendwie auch älteren Bruders ihm gegenüber. Er wurde von vorne bis hinten bedient, wenn er die kleine Familie besuchte, durfte sogar mit an den Autos herumschrauben, obwohl er keine Ahnung davon hatte, und wurde mit leckerem Essen wieder aufgebaut, wenn er von seinen Sitzungen direkt zu ihnen kam.
 

Das Schlimmste waren dennoch die Nächte. Die Alpträume veränderten sich langsam. Langsam aber beständig. Nach wie vor war die vorherrschende Farbe ein blutiges Rot, aber hin und wieder glaubte er nicht sich selbst sondern Cole zu erkennen. Etwas, das ihn schneller als alles andere schweißüberströmt aus seinem Schlaf hochfahren ließ. Aber was in Dreiteufelsnamen sollte er unternehmen? Cole hatte ihn entlassen und damit hatte er kein Recht mehr, jenen zu decken. Es war nicht mehr seine Aufgabe sich um dessen Leben zu sorgen oder es zu beschützen. Es war nicht mehr seine verdammte Aufgabe!
 

Warum dann, war er einmal mitten in der Nacht am Übergabeort gewesen um sich einen Überblick zu verschaffen? Vermutlich weil er der dümmste Vollidiot auf Gottes Erden war.

Deshalb.
 


 

Cole

Cole erhielt in diesen Tagen so gut wie keinen Schlaf. Der Deal rückte immer näher und Dinge waren zu organisieren. Zumindest konnte er bei diesem Geschäft selbst irgendwann nichts mehr tun. Nun hieß es abwarten, ob alles so klappte, ob alles funktionierte.

Cole gab so wenig Informationen wie nötig heraus, denn was jemand nicht wusste, konnte er auch nicht ausplaudern. Und leider musste er feststellen, dass Klinger sich in seine Geschäfte hineindrängte, seine Dealer erpresste, so dass er alle angewiesen hat, mehr als vorsichtig zu agieren. Ragnar stand auch unter Druck, denn Lieferungen konnten nur noch sehr verdeckt stattfinden. Mittlerweile hatte sich nämlich herausgestellt, dass die Polizeiwagen vor seiner Tür, die mittlerweile verschwunden waren, nicht wegen des letzten Waffenhandels erschienen, sondern Klingers Leute waren. Eine Erkenntnis, die ihn beunruhigte, denn so konnte er nicht wissen, wen Klingers Leute alles als ihre Dealer entdeckt hatte. Nun ja, Ragnar machte seinen Job gut. Und seine Vermutung, dass 'Blue Wonder' Klingers Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, wurde immer deutlicher. Offensichtlich wollte Klinger in dieses Geschäft mit einsteigen. Doch Cole würde das niemals zulassen.

Der Druck, der auf ihm lastete ließ Cole zumindest vergessen, was er noch immer nicht verdaut hatte. Er konnte sich jetzt, da das Leben vieler seiner Leute auf dem Spiel stand, keine Schwäche leisten. Und als Ragnar ihn fragte, was mit Antonin und ihm geschehen sei, schmiss er ihn raus. Er hatte jetzt keine Zeit, sich über solche Dinge Gedanken zu machen. Und überhaupt ging es Ragnar einen feuchten Kehricht an und das Ganze war doch sowieso schon längst vergessen, vergangen. Was kümmerte ihn Antonin? Er hatte wahrlich andere Probleme, die es zu bewältigen galt.
 

Am Tag vor dem Waffendeal war der Zeitpunkt gekommen, an dem er nur noch hinsichtlich Klinger konzentrieren musste. Und so begann er diesen auszuspionieren. Er war nicht geübt darin, doch es musste sein. Die einzige Möglichkeit, die er sah, war, dass er dieses Arschloch, das die gesamte Drogenszene aufwühlte, beseitigte. Dass er dabei Kopf und Kragen riskieren würde, war ihm egal. Es konnte auch nicht so weitergehen. Scheiß Bullen. Warum konnten die ihren Job nicht ehrlich machen...

Und so fand er an diesem Tag zumindest heraus, wo jener wohnte.

Morgen würde er erst einmal den Deal hinter sich bringen. Übermorgen würde er dann beginnen, wie er Klinger und seinen Haufen so beseitigte, dass der Rest der Polizei wusste, was gespielt worden war. Sicher, das konnte unter Umständen gar nichts bringen, aber ihm würde es sein besseres Gefühl geben.
 

An diesem Abend fuhr er früher nach Hause. Er musste ein wenig schlafen vor dem morgigen Tag. Und so fand er sich schließlich auf seinem Sofa wieder, hatte sich kaum hingelegt, als die Erschöpfung ihn auch schon übermannte und er das erste Mal seit langem einschlief, ohne an wutverzerrte Augen zu denken, ohne sich vorzustellen, unter welcher Folter Antonin seine Wunden davongetragen hatte.
 


 

Ragnar

Ragnar verfolgte mit Sorge Coles Zustand. Seit mehreren Tagen war dieser so kalt, wie er es noch nie erlebt hatte. Ein wandelnder Eisberg, dessen Ausmaß man nicht erkennen aber erahnen konnte. Selbst ihm gegenüber war jener mehr als verschlossen, kühl und besonders zynisch. Dass Cole jemand war, der niemanden an sich heran ließ, das wusste Ragnar, und er schätzte es, denn er wusste bei Cole normalerweise zumindest immer woran er war. Aber die Situation, die sich immer mehr verschärfte, war ihm unangenehm.

Es hatte mal eine Zeit gegeben, in der sie sich näher gewesen waren, aber seit er aus Europa zurück ist, war es nicht wieder zu dieser Nähe gekommen. Irgendwie vermisste er den Cole, mit dem er seine Jugend geteilt hatte.

Letztlich fand er an diesem Tag auch heraus, was der Auslöser sein könnte: Antonin.

Ragnar wusste nichts Genaues, aber dass Cole hinter dem Dealermörder her war, hatte er sich an drei Fingern abzählen können. Auch wenn sein Chef keinerlei Informationen herausrückte, so wusste er doch, dass es eine ernste Sache war. Ragnar erhielt immer wieder Anweisungen, die er an die Dealer herausgeben sollte, Anweisungen, die diese schützen würden. Und als Ragnar ihn auf Antonin ansprach, merkte er, wie sein Chef sich doch verkrampfte, versuchte besonders gelassen zu sein und ihn anwies, diesen zu unterrichten, dass er vorsichtig sein sollte, dass er sich nicht bezüglich Blue Wonder mit Fremden einlassen sollte. Aber er sollte ihm nicht direkt sagen, dass Blue Wonder im Visier dieses Killers stand.
 

An diesem Tag schaffte er es zumindest Cole davon zu überzeugen, dass er früh nach Hause fahren sollte. Und schließlich rief er Antonin an. Sie begrüßten sich kurz. Ragnar bedankte sich für die letzte Lieferung und erklärte Antonin dann, was er ausrichten sollte. "Es scheint also so zu sein, dass der Dealerkiller ein Auge auf dein BlueWonder gerichtet hat. Du solltest noch vorsichtiger sein", erklärte er dem anderen dann schwieg er kurz. "Ich weiß zwar nicht, was bei euch beiden wieder abgegangen ist, aber Cole geht es nicht gut", sagte er dann unvermittelt. "Er ist zu einem noch größeren Eisberg mutiert, als er das vorher schon war. Es scheint, als habe er alles abgetötet, was ihn als Mensch noch ausgezeichnet hatte. Und das wird ihm auf Dauer nicht gut tun. Nicht nur, dass seine Leute immer mehr Angst vor ihm bekommen, auch die anderen Clans werden unruhig. Es herrscht die Angst, dass Cole unberechenbar wird. Zumal er nichts mehr von sich preis gibt. Und angesichts des Killers ist die Szene ohnehin recht unruhig. Manche überlegen schon, ob es nicht Cole selbst ist. Kannst du nicht mal... ich meine... Du hast ihm gut getan, aus mir nicht bekannten Gründen... Ich mache mir Sorgen." Ragnar schloss die Augen und lauschte in das Telefon. "Kannst du nicht mit ihm reden? Selbst über den Deal, der morgen stattfinden wird, hat er zu niemandem etwas gesagt. Er trägt mal wieder die gesamte Last nur auf seinen Schultern, schlimmer als jemals zuvor." Ragnar verstummte nun endgültig. Wenn Cole ihn gerade hören würde, würde dieser ihn wahrscheinlich umbringen. Aber das war ihm egal. Er hatte die Zeit, in der Cole munterer gewirkt hatte, genossen. Die Geschäfte waren besser gegangen dadurch und auch die Szene war ruhiger, als sie Cole als Menschen wahrnehmen konnten, doch im Moment erschien er allen nur als wandelnde Gefahr.
 


 

Antonin

Er betrachtete das Datum mit mehr und mehr Abneigung und langsam aber sicher machte sich das Gefühl in ihm breit, tausende von Ameisen in seinem Magen zu haben. Morgen wäre es soweit und Antonin war noch immer zu keiner Entscheidung bezüglich des Deals gelangt. Und da ihm das Gefühl noch sehr deutlich vor Augen stand, konnte er auch benennen, was ihn so fertig machte. Einfache, unverdorbene Angst.

Nicht vor einer Schießerei oder davor, dass dieser Deal zu groß wäre. Das war er nicht und der Plan, wenn er sich denn nicht geändert hatte, war gut. Es war die Angst, Cole zu begegnen. Oder ihm nicht zu begegnen. Wie zum Teufel sollte das alles vonstattengehen? Frustriert fuhr er sich durch seine kurzen dunkelblonden Haare und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, das Handy wieder schließend. Gerade war er mit ein wenig Training fertig geworden und saß zwischen der Autowerkstatt und dem Schrottplatz an einer Wand, beobachtete wie Kunden kamen und gingen, hörte das Geräusch von lauter Metallarbeit und versuchte sich damit ein wenig abzulenken. Auch wenn es im Grunde schon mehr als genug Ablenkung darstellte, hier im normalen T-Shirt zu sitzen. Ihm ging das fast ein wenig schnell, aber sein Doc meinte, er solle sich verinnerlichen, dass er damit ja noch nicht nahe an Menschen herantrat. Sie würden ihn nur aus der Ferne sehen und das stimmte und gab ihm damit auch wieder Sicherheit. Er hätte schon viel, viel früher zu diesem Schritt bereit sein sollen.
 

Als sein Handy dann plötzlich in seiner Hand klingelte, erschrak er sich furchtbar und hätte es fast fallen lassen. Was er gerade noch so verhindern und sogleich auch rangehen konnte. Ragnar. Und abermals blitzte Coles Gesicht vor seinem inneren Geiste auf. Was sollte er tun? Was verflucht nochmal?

Sein Gesicht verdüsterte sich direkt nach der Begrüßung und den ersten Worten: "Dieses saublöde Killerarschloch kann mir mal im Dunklen begegnen, dann ist die Sache gleich erledigt!", bellte er ins Telefon und runzelte die Stirn. Das wäre tatsächlich endlich mal eine Option auf irgendwas zu Recht schießen zu dürfen. Darauf bekam er seit Tagen immer mehr und mehr Lust. Doch als er Ragnar weiter zuhörte wurde er sehr still und sehr nachdenklich. Ganz zu schweigen von der neuerlichen Welle Unsicherheit und Frustration, die ihn überkam. Das klang nicht gut. Lag das an dem Killer und dem Deal? Oder spielte da die Geschichte mit ihnen beiden auch mit rein? Aber das konnte kaum sein, richtig? Auch wenn Ragnars Worte eigentlich darauf schließen würden. Cole war froh ihn losgeworden zu sein. Und wenn es nicht Ragnar gewesen wäre, hätte Antonin aufgelegt. Aber er glaubte erkannt zu haben, dass jener Cole wichtig war und dass dieser ihm genug vertraute, ohne ständig auf seinen Rücken achten zu müssen. Vermutlich waren diese beiden sogar etwas wie Freunde ohne das ganze 'wir treffen uns nach der Arbeit auf ein Bierchen'- Getue.

Aber wäre der Umkehrschluss nicht, dass Cole und er auch Freunde gewesen waren? Er gab einen irritierten Laut von sich und ein etwas gepresst klingendes: "Ragnar..."

Doch dann riss er sich am Riemen und dachte nach. "Das ist Bullshit. Cole würde eher alle seine Leute zum Kaffeekränzchen schicken als sie umzulegen. Und sich selbst dabei im Eifer des Gefechtes umlegen lassen, möchte ich noch anfügen", murmelte er in Hinblick auf Coles angebliche Unberechenbarkeit. Doch dann räusperte er sich. "Ich weiß wirklich nicht, ob das so eine gute Idee ist, wenn ich mit ihm spreche", begann er vorsichtig. "Es könnte danach noch schlimmer werden", murmelte er düster ins Telefon und malte sich schon aus, wie Cole ihn diesmal wirklich abknallen würde. "Aber für den Deal morgen solltest du dir nicht so viele Gedanken machen, er ist sehr gut durchdacht und wir waren uns einig, dass es keine Schlupflöcher in dem Plan gibt."

Doch dann jappste er erschrocken auf als ihm das Telefon recht gewaltsam aus den Händen gerissen wurde und er sah mit großen Augen zu Nicholas hinauf.
 


 

Nicholas

Nicholas, der Antonin gerade ein kühles Wasser vorbeibringen wollte, bemerkte, wie sich seine Stirn sorgenvoll umwölkte, als er den anderen so zaghaft sprechen hörte. Wo war sein geliebter Hitzkopf hin verschwunden? Wo war der junge Mann, der eher mit kleinen Kieselsteinchen auf eine Wand werfen, als aufgebend davor zurückschrecken würde? Dieser verdammte Cole bräuchte mal einen saftigen Tritt in den Hintern. Und jetzt, wo er sich Antonin so betrachtete, dann nicht nur der.

Genervt riss er dem anderen Mann das Handy aus der Hand und hob es sich selbst ans Ohr: "Antonin wird mit diesem Cole sprechen. Ich werde dafür höchstpersönlich Sorge tragen", brummte er hinein und legte dann auf, um dem Sitzenden einen unheilverkündenden Blick zuzuwerfen.

"Wir beide werden uns jetzt unterhalten", verkündete er, umfasste Antonins Oberarm und zog ihn danach mehr oder minder mit sich zum Schrottplatz. Sein Schüler war gerade viel zu verwirrt, um sich zu wehren, und das nutze er weidlich aus, als er ihn gegen das nächste Auto schleuderte.

"Was ist nur los mit dir, Toni?", fing er mit einem verspielt rügenden Ton an. "Hast du keine Eier mehr in der Hose? Gibst du neuerdings immer auf, wenn man es dir sagt? Hörst du auch auf im Labor zu stehen, wenn man es dir nur deutlich genug androht?"

Nicholas konnte beobachten, wie aus der Verwirrung langsam aber sicher zuerst Trotz und dann Wut wurde. Man konnte dem jüngeren wirklich viel wegnehmen, aber vermutlich würde der eher von einer Brücke springen, als sich aus seinem Labor verbannen zu lassen.

"Man Nicholas!", fuhr Antonin ihn an. "Du kannst nicht einfach meine Gespräche beenden! Und was heißt hier keine Eier mehr in der Hose? Ich habe ja genau gesehen, wo das endet, wenn man Cole und mich zu lange alleine in einem Raum lässt!"

Unbeeindruckt verschränkte der ältere Russe die Arme vor der Brust und hob eine Augenbraue: "Und?"

"Was und?", hinterfragte Antonin verwirrt und konnte gar nicht so schnell schauen wie Nicholas bei diesem war und ihm eine saftige Kopfnuss verpasste. "Dazu habe ich dich nicht ausgebildet! Du bist ein Kämpfertyp. Du bist jemand, der nicht aufgibt! Na schön, dann hat er dich eben mit einer Waffe bedroht. Dann hat er dich eben gebeten, ihn in Ruhe zu lassen. Das hast du doch auch getan! Und jetzt schwing deine fünf Gehirnzellen zusammen und mach deinen verdammten Job!"
 

Er sah die verschiedensten Emotionen über Antonins Gesicht laufen, als ob es frisches Regenwasser wäre und schließlich stoppte sie bei einer. Und diesmal hätte Nicholas fast erleichtert gelächelt. Es war diese eine ganz bestimmte Starrköpfigkeit, die Antonin bis zu diesem Zeitpunkt überleben hatte lassen. Es war jener Trotz, den er immer zutage brachte, wenn er sich einmal entschieden hatte und sich nicht mehr davon abbringen lassen würde. So sah er ebenfalls dabei zu, wie der jüngere Russe sein Handy zurück verlangte und dann einen Anruf tätigte.

"Antonin hier nochmal. Sorry wegen vorher Ragnar. Ruf mich morgen an, wenn Cole bei euch aufkreuzt und sorge dafür, dass mich diese komischen Bodyguardtürsteher bei ihm durchlassen."

Danach bekam er einen Blick ab für den er Toni später ein riesiges Stück von Maras Schokoladenkuchen abgeben würde: "Wo ist der Laptop? Ich habe viel zu tun."
 


 

Ragnar

"Ist gut", nickte Ragnar. "Danke!"

Ragnar blickte das Telefon an. Wer wohl der Mann gewesen war? Nun, jedenfalls hatte dieser offensichtlich dafür gesorgt, dass Antonin einwilligte, mit Cole zu sprechen.

Aber was dieser wohl gemeint hatte, als er sagte, es könnte noch schlimmer werden? Ragnar seufzte tief und legte das Handy zur Seite. Morgen würde er Antonin anrufen. Und dann würde er sehen, was geschah.

Ragnar stand auf, ging in den Clubraum des Lady-Dream und setzte sich an den Tresen, die Menschen beobachtend. Er würde heute der sein, der zusperrte. In den letzten Tagen hatte das Cole übernommen. Heute nahm er das diesem ab.

Es war relativ ruhig, eben ein Mittwochabend, an dem ohnehin wenig los war. Er würde als um 2 Uhr hier dicht machen können.

Den Mann, der in der Ecke saß und ihn beobachtete, bemerkte er nicht.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Saru-Chan
2009-11-22T16:10:20+00:00 22.11.2009 17:10
uiiii nun kommt auch noch Nickolas dazu ^^
ich find es toll <3
endlich mal ein psychater xDDD
naja und nun gehts richtig los <3


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