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Emerald

Akuroku, RikuSora
von

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Promise

Leise klackend fiel die Tür hinter mir ins Schloss. Der kahle Raum war mit einer solchen Kälte erfüllt, dass ich dachte, mir würden jeden Augenblick die Haare auf dem Kopf einfrieren. Mein Atem kondensierte vor meinen Augen, als ich langsam auf den alten Sack zuging, der mit Stroh ausgestopft war und mein Bett darstellte. Roxas wusste nicht, dass ich eine ‚Wohnung’ hatte. Als ich mich niederließ erfüllte ein leises Rascheln die Luft, auch als mein Oberkörper auf das raue Leinen schlug raschelte es. Ebenso, wenn ich mich umdrehte.

Zitternd schlang ich die knochigen Arme um meinen hageren Körper. Es war nicht nur die Kälte die mich schüttelte, es war vielmehr mein Bewusstsein.

Wie waren wir nur entkommen? Ein roter Blutschleier verdunkelte mein Gedächtnis, ich sah nur noch die etlichen Flecken auf dem weißen Stoff des teuren Teppichs. In der trüben Masse hatte sich das Licht der Kronleuchter gespiegelt. Wie flüssige Rubine. Im Rausch hätte ich mich fast hingekniet um meine Finger in das Lebenselixier zu tauchen. Zu viele Menschen hatten vor meinen Augen ihr Leben verloren, die meisten durch meine Hand.

„Hayner… Du wirst nie wieder schlafen können…“ wisperte ich leise, griff in den kleinen Spalt im Stoff und zog einen winzigen Plastikbeutel hervor.

„Und wenn du nicht schlafen kannst, Hayner, dann hilfst du dir anders.“
 

Beim ersten Mal sah ich alles doppelt. Ich sah die Neonröhren an der weißen Decke. Wo eigentlich zwei lange Stäbe hängen sollten, hingen plötzlich vier, die teilweise ineinander übergingen. Ich sah die kleinen Lichtspiegelungen auf meinen Wimpern, sie sahen aus wie Tränen. Hatte ich geweint? Beim zweiten Mal sah ich alles verschwommen. Geblendet von Licht und verwirrt durch den Fluss der Farben kniff ich meine Augen zusammen und atmete tief durch. Mein Schädel brummte, das Gefühl war vertraut. Wo konnte ich sein, wo es Neonröhren gab? Wo man, wenn man aufwachte, sofort in das kalte, sterile Licht dieser Monster-Glühbirnen starrte? Beim dritten Mal, hob ich nur ein Augenlid und drehte meinen Kopf vorsichtig nach links. Weiße Wände. Unter extremen Nacken- und Kopfschmerzen rollte ich den brummenden Schädel nach Rechts. Weiße Stangen hielten eine weiße Matratze in der ein rothaariger Junge lag. Er war mit einem ebenso weißen Laken zugedeckt. Das ganze Zimmer schien in dieser einen Farbe zu erstrahlen, wodurch das zottelige Haar meines Mitbewohners hervorgehoben wurde und wie ein Bluttropfen im Sonnenlicht funkelte. Vernebelt vom Schlaf blinzelte ich auf das satte Rot und fragte mich, wer da wohl lag. Vor meinem inneren Auge zogen verschwommene Gesichter vorbei von Leuten, die ebenfalls rote Haare hatten. Eigentlich zog sich nur ein einziges Gesicht durch meine Gedanken. Axels.

Als sich meine Linse zusammenzog und dadurch meine Sicht schärfte, erfasste ich weitere Details. Dem Leader der Snobs hing ein eiserner Käfig um den Kopf. Es war ein Gestell aus Halterungen und Stangen, die sich um Axels Kopf wandten. Schrauben und Drähte bohrten sich durch Eisenplatten hinein in die Haut des Grünäugigen um den zertrümmerten Knochen irgendwie in Stand zu halten. Würde man ihm direkt ins Gesicht blicken, so würde es einem wahrscheinlich vorkommen, als hätte jemand ein Porträt von ihm gemalt und es in einen eisernen Rahmen gestellt. Mir lief es kalt über den Rücken. Wie es sich wohl anfühlte, wenn jemand einem eine Schraube in die Knochen drehte? Ich stellte mir vor wie die Schraube leise ächzte und quietschend hineingebohrt, wie ein kalter Draht durch das warme Fleisch gestochen wurde und die Haut unter dem Druck nachgab. Wie das Blut langsam an dem Eisen empor sprudelte und über die weiße Haut rann. Was für Schmerzen das wohl waren, wenn man aufwachte? Höllische Schmerzen, ganz sicher. Grinsend fixierte ich das Gerüst.

„Hoffentlich stirbt er an dem Schmerz.“, nuschelte ich und richtete mich auf. Mein durchlöcherter Arm lag reglos in einem Gips. Wenn ich Glück hatte, würde ich ihn später als Knüppel einsetzen können, so hart war das getrocknete Material.

„Noch bin ich nicht tot.“ Das leise Knurren ließ mich zusammenfahren und regte mein Herz an in einem rasenden Tempo in meinen Ohren zu pochen. Nachdem ich realisiert hatte, dass die gezischelten Worte von Axel stammten, weitete sich das hämische Lächeln auf meinen Lippen. Der arme, arme Kerl. Locker schwang ich mich auf meinem Bett herum und ließ meine Beine von der Kante baumeln, unschuldig auf meinen Gegenüber blickend.

„Das du mit der Fresse noch sprechen kannst, grenzt an ein Wunder.“, flötete ich und musterte belustigt wie sich die Lippen meines Zimmergenossen um die zusammengepressten Zähne bewegten. Er zischte wie eine Schlange.

„Ich bring dich um, verdammt!“

„Hey, das ist ne tolle Idee!“ Mit einem Satz war ich von der weichen Matratze gesprungen, hatte Axels Einfall zu meinen Gunsten ausgelegt und inspizierte Raum. Umbringen war gut. Es war die einzigartige Gelegenheit den nunmehr hilflosen Leader unserer Erzfeinde langsam und qualvoll zu töten. Aus der Richtung des Rotschopfes ertönte ein leises Gurgeln, welches bestimmt als drohendes Knurren angesetzt gewesen, jedoch in seinem Speichel untergegangen war. Ob er Angst hatte? Schnell schob ich sämtliche Schubladen in dem kleinen, weißen Schränkchen neben meinem Bett auf, durchforstete die Kleiderschränke und die winzige Toilette, die an unsere ‚Zelle’ grenzte. Als ich aufsah, bemerkte ich, dass Axel sich vergeblich nach dem Notrufknopf ausgestreckt hatte. Leider waren seine Arme zu kurz, und sein Kopf zu schwer, weshalb seine Fingerspitzen grade mal den Kasten berührten, auf dem der Schalter angebracht war. Grinsend sah ich ihm zu wie seine Finger fiebrig hin und her zuckten. Jeder Millimeter war entscheiden, doch genauso entscheidend war, dass Axel es nicht schaffen würde.

Einige Minuten lang durchsuchte ich noch das Zimmer, ehe ich mich zu meinem Opfer umdrehte und beschloss, rohe Gewalt anzuwenden. Meine Schritte hallten durch den Raum als ich langsam auf ihn zuging. Ich hörte seinen Atem ganz leise durch die Lücke zwischen Eck- und Backenzahn rauschen, fast konnte ich das unstetige Hämmern seines Herzens wahrnehmen. Das Bett quietschte unmerklich, als ich ein Bein anhob und es auf die Matratze sinken ließ. Das weiche Material gab soweit nach, dass ich fast den Lattenrost des Bettes spüren konnte. Axel verkrampfte sich. Unter der weißen Decke zeichneten sich seine angespannten Muskeln ganz genau ab. Umso mehr spaß machte es mir, mich auf seinen Unterleib zusetzten und mich quälend langsam nach vorne zubeugten, um in sein bleiches Gesicht zu lächeln. Wieso rührte er sich nicht? War es die Angst, die ihre lähmenden Fesseln um seine Glieder geschlungen hatte, oder war es sein Stolz, der ihn anstiftete dem Tod hochnäsig in die Augen zu blicken? Seicht legte ich meine Fingerkuppen an das entblößte Schlüsselbein des Rothaarigen und streichelte über den harten Knochen, über die kalte, sanfte Haut. Scharf sog er Luft ein, als ich die Finger ein Stück weiter nach oben gleiten ließ. Würgemale würden sehr unschön auf seiner matten Haut aussehen. Schade, dachte ich und drückte zu.
 

Mit geschlossenen Augen fühlte man intensiver. Wie schmelzende Eiswürfel schmiegten sich Roxas kalte Finger an meinen Hals, wanderten an ihm empor und hinterließen ein tödliches Kribbeln auf meiner Haut. Als sie den richtigen Punkt gefunden hatten, hielten sie einen Moment inne, ehe sie sanft Druck auf meine Luftröhren ausübten. Zögernd quetschte er meinen Atemweg zusammen, wenn ich meine Lider heben würde, wäre auf seinem Gesicht bestimmt ein selbstgefälliges Grinsen zu sehen. Nun setzte doch die Panik ein. Als meine Lungen wie selbstverständlich Luft einziehen wollten, gab es keinen Weg mehr, durch den der Sauerstoff in die Kapillare hätte strömen können. Mein Stolz schrie in mir mich nicht zu regen, würdig zu sterben, als mit einem Sieg der Straßenköter zu leben. Bisher war es uns immer gelungen, die schäbig dreckigen Penner in die Enge zu treiben, sie derart zu misshandeln, dass sie uns monatelang nicht mehr vor die Augen getreten waren. Doch nun war es in den letzten Tagen nicht nur zu dem Mord an Naminé gekommen, sie hatten sich auch noch aus unserer Falle befreien und meinen Kiefer zertrümmern können. Falle und Kiefer waren nicht die Gründe, die mich bewegten, meinem Tod entgegen zublicken. Es war die Schuld, die mich zerdrückte.

Nachdem mir Naminés geschundene Leiche unter die Augen gekommen war, hatten sich als erstes meine Gefühle selbst eliminiert. Eine Art Schutz, wenn man unter schwerem Schock stand. Erst in der Nacht, als ich in meinem Bett gelegen hatte, war die Angst über mich gekommen, hatte meine Lungen, so wie jetzt, zugeschnürt, mich brutal hin und her geworfen und meinen Mund stumme Schreie brüllen lassen. Deshalb hatten wir sie auch entführt gehabt. Um Naminé zu rächen und unsere Schuld zu begleichen. In der Schuld einer Toten.

Kläglich versagt, dachte ich. Wieder krampfte mein Brustkorb und wollte das lebenswichtige Gas einziehen, doch er konnte nicht. Ich riss die Augen auf. Mein Stolz war dahin. Wieder versagt.

In Todesangst umklammerte ich Roxas Handgelenk und bohrte meine Nägel tief in seine Haut. Wild stierte ich in die blauen Iriden meines Gegenübers, bäumte mich auf, fing an um mich zu treten und formte mit den Lippen atemlose Worte. Der Blonde reagierte nicht. Mit gebleckten Zähnen grinste er auf mich hinab, bis ich sein Gesicht vor schwarzen Schwaden nicht mehr genau erkennen konnte. Seine Augen wurden vom Schwarz verschlungen.
 

Wie glasige, grüne Murmeln sahen sie jetzt aus. Murmeln, die einem Kind aus seiner kaputten Jackentasche in den Schnee gefallen waren. Der weiße Rand um Axels Iriden füllte sich mit Tränen. Es war der Moment, in dem ich geistesabwesend losließ und die Chance vertat.

Pfeifend, zischend und gurgelnd sog der Rothaarige die Luft ein, verschluckte sich und hustete so heftig, dass ihm letztendlich die Augen überliefen und eine einzelne, peinliche Träne seine Wange hinab rann. Mindestens genauso schwer atmend saß ich vor meinem Opfer und starrte ungläubig auf meine Hand.

„Wieso?!“ Schrill knallte mein wutentbrannter Schrei an die Wände des kleinen Raumes und wurde, wie ein Tennisball der gegen die Wand geworfen wurde, zurückgeschmettert. Rasend blickte ich von meiner Hand zu den Würgemalen auf dem Hals meines Gegenübers, wollte wieder zudrücken, doch etwas in mir sträubte sich. Zitternd führte ich die Hand zurück an Axels Hals, doch er packte mein Handgelenk mit einem eisernen Griff und presste zwischen den Zähnen hervor: „Du hattest deine Chance!“

„Jeder Mensch hat eine zweite verdient!“, knurrte ich sarkastisch und entriss mich Axels Umklammerung. Dieser starrte kühl in meine Augen, kein ironisches Schmunzeln, kein einziges Zucken der Mundwinkel. Stattdessen brachte er in einer sachlichen Tonlage einen irrsinnigen Satz zustande:

„Lass uns ein Versprechen machen.“

Mit zu Schlitzen verengten Augen blickte ich auf ihn hinab und ballte meine Fäuste.

„Hör zu, wenn du mich verarschen willst dann-…!“

„Ich meine es ernst. Du sagtest selbst jeder Mensch brauch eine zweite Chance.“ Diesmal schwang ein leicht ironischer Unterton mit, doch ich hatte keine Zeit etwas zu erwidern, Axel sprach einfach weiter. „Außerdem will ich nicht noch einmal in diese Situation gelangen FAST zu sterben, es ist ziemlich… nun ja, unangenehm.“ Ein kühles Lächeln huschte über seine Züge. „Ein weiterer Punkt wäre unsere Fehde. Zwei Mitglieder jeder Bande sind nun gestorben, und ich als Leader bin für meine Leute verantwortlich, genauso wie du es für deine bist.“ Es hörte sich an als hätte er schon lange darüber gegrübelt, was er mir in solch einer Situation sagen würde. In einer gewissen Weise erstaunte er mich. „Wir sollten das endlich beenden. Aber wir werden nicht aufgeben, genauso wie ihr nicht aufgeben werdet. Daher mein Vorschlag: Versprich mir, dass, wenn wir uns das nächste Mal sehen, du mich umbringst. Und ich verspreche dir, dass ich dich bei unserem nächsten Augenkontakt töten werde.“

„Wie schwört ihr?“ Vor Entsetzen war mir ein kalter Schauer den Nacken hinab gelaufen und hatte jedes einzelne Haar auf meiner Haut dazu gebracht sich auf zu stellen. Es war alles so… schlüssig. Irrsinnig, aber schlüssig. Ich musste an Sora denken, der in unserem Bandenkrieg sein Lächeln eingebüßt hatte. Und an Hayners Augen. Mit den geweiteten Pupillen. Drogenabhängig.

„Wir schwören mit Spucke.“

„Wir mit Blut.“ Wenn man sich ein Versprechen gab, oder etwas schwor, musste man sich an die Regeln des jeweils anderen halten. Wenn dies nicht ging oder sie nicht übereinstimmten, mussten die Regeln vereint werden, so sagte es der Codex. Ohne wirklich zu wissen was ich tat beugte ich mich vor und biss Axel die Lippe auf und sah das Blut hervorquellen. Wir hatten hier keine scharfen Gegenstände um uns nach alter Indianertradition die Finger auf zu schlitzen. Spucke und Blut, interessante Kombination.

Als ich mir meine Lippen ebenfalls aufriss, dachte ich nur an meine Bande. Als ich sie jedoch auf Axels legte, dachte ich nur an seine widerlichen grünen Augen. Und als die Tür aufflog, dachte ich daran, dass Hayner mich jetzt für einen Verräter halten würde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2009-10-23T16:25:29+00:00 23.10.2009 18:25
Wow, du hast einen Junkie aus Hayner gemacht. xD
Aber wo hat der das Geld her, sich seinen Stoff zu kaufen? Sind die drei nicht relativ arm?
Von der Szene zwischen Axel und Roxas bin ich begeistert, vor allem, weil du unglaublich detailiert schreibst. Die Idee mit dem etwas anderen Kuss ist echt gut. Bin mal gespannt, wie sich das jetzt entwickelt mit den beiden.
Freue mich schon auf das nächste Kapitel. ^^
Liebe Grüßis, dark-lily
Von:  Noiz
2009-10-23T07:21:19+00:00 23.10.2009 09:21
OMG XD
das kapi war wieder der hammer :D
aber wie finden die denn jetzt letztendlich zueinander, ich meine wenn sie sich das nächste mal sehen töten sie sich doch ;_;
lg shiyuri
Von:  Niji-san
2009-10-21T20:11:35+00:00 21.10.2009 22:11
Das nen ich mal ne Interassante FF
ich persöhnlich hätte die kapüis genr ein wneig länger gehabt aber nya. ich fnde es gut wie du immer aus verschieden sichten der charas schriebst, das macht das ganze lebhafter.
...
die enizgste frage die mir beibt wie die jetzt zueinader findne werdn mit ihrme banden gemurre ^^'
aber ich vertraue dir da einfach mal
*soriku fähnchen schwenk*


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