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Emerald

Akuroku, RikuSora
von

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Street fight

Ich hasste Grün.

Bäume, Büsche, Rasen, Pflanzen. Sie alle waren grün. Grün bedeutete zu Leben. Wir lebten nicht im Grün, wir lebten im Grau. Eine graue Großstadt, verwinkelte, schmutzige, schäbige Gassen, die sich im Zickzack zwischen den bulligen Häuserblocks und Lagerhallen hindurchschlängelten. Wir kannten kein Grün, wir kannten nur schlammiges Braun, Schwarz wie Ruß und das besagte Grau. Genau deshalb konnten wir die Vorgärten der Villen auch nicht leiden. Sie spiegelten nicht das wieder, was diese Stadt wirklich war. Diese Stadt hier, war eine Ansammlung verwahrloster Menschen ohne Heimat, die aus zähem Zement und schwarzem Asphalt Hochhäuser zum überleben errichtet hatten. Und noch nicht einmal in einem solchen Hochhaus lebten wir. Wir lebten auf der Straße, lebten unter der Brücke, an dem pissgelben Fluss und neben dem langsam verrottenden Park, an der Wand, die uns von dem Grün trennte. Die Leute sahen auf uns hinab, wenn wir sie um ein paar Cent anbettelten, sie schüttelten die Köpfe. Was konnten wir für unsere Situation? Wir waren in diesen Alltag hineingeboren worden, wir hatten es uns nicht ausgesucht. Irgendwann hatten wir uns gefunden, und da wir alle dasselbe Schicksal teilten, waren wir alle gleich. Außer ich, ich war der Anführer.

„Roxas!“ Ein Mülltonnendeckel fiel scheppernd zu Boden und scheuchte eine Katze auf, die mit einem zischenden Fauchen durch die Gasse raste und mit ihrem weichen Fell meine nackten Unterschenkel streifte. In dem Dämmerlicht der Nacht konnte ich zwar nicht sehen, wer da auf mich zukam, doch ich erkannte ihn an seiner Stimme. Er hatte eine weiche, sanfte Art zu sprechen, hörte sich manchmal etwas dümmlich an, war es auch, aber er machte seine fehlende Intelligenz mit seiner Liebenswürdigkeit wett. Sora war der zerbrechlichste Mensch den ich kannte, und obwohl man das unter Jungs nicht tat, trat ich ihm in der Dunkelheit entgegen und schlang meine Arme um ihn.

„Musst du denn immer so viel Lärm machen?“, murmelte ich ihm mit einer desinteressierten Tonlage ins Ohr und fühlte wie sein Herz gegen meins schlug.

„Tut mir Leid, aber ich wollte einfach so tief Graben, wie möglich. Schließlich geht es um ihr Grabmal.“ Das Grabmal von Kairi. Der Grund, weshalb mir Sora so labil vorkam. Vor ungefähr einem Monat war es passiert. Wir hatten eine Keilerei in einer Bar angefangen. Aus einem fadenscheinigen Grund hatte auf einmal jemand von den Snobs, um genau zu sein Riku, angefangen zu pöbeln. Sein Bier hatte ihm wohl nicht geschmeckt, Kairi war die Kellnerin gewesen, die es ihm serviert hatte. Damals hatten wir, genauso wie heute, jeden Job angenommen der uns angeboten wurde, und so war es dazu gekommen, dass wir in der Stammkneipe der Snobs arbeiten mussten. Sora hasste sich immer noch dafür. Er hatte den Spiegel in unserem Hauptquartier, einer abgewrackten Lagerhalle, in Stücke geschmissen um sich selbst nicht mehr in die Augen sehen zu müssen. Dabei wussten wir alle, dass er Kairi nur hatte beschützen wollen, als diese von besagtem Snob zu Boden geschubst worden war, so dass man ihr unter den Rock hatte sehen können. Wie sie sich geschämt hatte. Als ihre Leiche aus der Bar gebracht worden war, hatten wir alle den blaugrünen Fleck an ihrem Oberschenkel bemerkt. Es war die Stelle gewesen, an der ihre zarte Haut das raue Holz getroffen hatte. Damals waren Soras eisblaue Augen auf die Pfütze der dickflüssigen, roten Brühe fixiert gewesen. Geschockt war er da gestanden und hatte seine blutverschmierten Hände betrachtet, wie das Lebenselixier unter seinen Fingernägeln langsam trocknete und bräunlich anlief.

Der Mord an Kairi war so blitzschnell durchgeführt worden, dass ich mich nur noch Schemenhaft an die Bewegungen Rikus erinnern konnte. Um ehrlich zu sein wollte ich mich auch nicht erinnern. Ich wollte Rache und keine belastenden Erinnerungen. Doch nicht jeder konnte dies so ausschalten wie ich, Soras Herz war mit Kairis Tod zersprungen. Manchmal kam er mir vor, als würde er versuchen die winzigen Brösel dieses Herzens zusammenzuklauben um sie wieder aneinander zu kleben. Es waren die Momente in denen er ein falsches Lächeln aufsetzte. So wie jener Moment.

Nach kurzer Zeit drückte ich den Braunhaarigen sanft von mir weg und blickte ihm in die Augen. Auf seinen Lippen spiegelte sich ein falsches Lächeln. Jeder erkannte es, wenn Sora versuchte zu lächeln, obwohl er lieber heulen wollte. Es lag an seinen Augen. Ein falsches Lächeln berührte sie nicht, sie blieben dann starr.

„Es wird schon dunkel, ich habe zwar nichts gefunden, aber wir sollten uns langsam einen Platz zum Schlafen suchen.“, flüsterte ich sanft um uns nicht an die Bande dieses Viertel zu verraten. Sora nickte und senkte dann seinen Kopf. Ich konnte die Bewegung in der Dunkelheit zwar erkennen, seine Augen blieben mir jedoch aufgrund seines langen Ponys und des Dämmerlichts verborgen. Die Straße, auf der wir uns befanden, war eingerahmt von hohen Häusern, deren Feuerleitern auf uns hinab hingen, während das Geräusch unserer Schritte an den schmutzigen Wänden abprallte.

„Wir sollten die anderen zusammentrommeln, dann können wir sie fragen, ob sie ein altes Kreuz gefunden haben. Außerdem ist es sicherer wenn wir alle zusammen schlafen“

„Ist es eben nicht…“, grummelte ich gedämpft und seufzte. Es war das unvernünftigste, was man in dieser Stadt tun konnte. „Ich weis, dass du gerne Gesellschaft hättest, aber wenn wir alle zusammen in der Lagerhalle schlafen würden, und einer von den Snobs auf die idiotische Idee käme uns niederbrennen zu wollen, dann würden wir alle dabei drauf gehen. Verstehst du’s?“ Sora verlangsamte seine Schritte und ballte die Fäuste. „Aber… sind wir nicht viel verletzlicher, wenn wir alleine sind…? Wir müssen ja nicht in der Lagerhalle schlafen…“ Abermals entwich mir ein Seufzer. Der Blauäugige war wirklich nicht der hellste.

„Wo willst du denn sonst übernachten? Im Park?“ Es war eine rhetorische Frage gewesen, doch er hob den Kopf und sah mich mit einem ehrlichen Blick an. „Ja.“ Nein! Das kam absolut nicht in Frage! Erstens übernachteten nur die Alkoholiker und Penner im Park. Unser höchstes Ziel war es, neben dem Racheakt an den Snobs, uns von diesen beiden Gruppen zu differenzieren. Man sollte uns keinesfalls für alkoholsüchtige Penner halten, geschweige denn für pennende Alkoholiker! Zweitens hasste ich Grün! Ich hasste es, seitdem ich dem Anführer der Snobs in die Augen gesehen hatte. Bei dem Gedanken an diesen Augenblick sträubten sich sämtliche Haare auf meiner Haut und ein kalter Schauer lief meinen Rücken hinunter. Mit zittrigen Fingern fuhr ich mir über die Narbe an meiner Schläfe, welche so lang war, dass sie noch meinen Haaransatz berührte. Mein Leidensgenosse schaute zu mir rüber und befühlte ebenfalls seine Schläfe. Wir alle trugen diese Narbe. Dann nickte er. „Okay, besser nicht der Park.“ Der dritte Grund, weshalb ich nicht im Park mit allen zusammen schlafen wollte, war, dass es damals meine Schuld gewesen war. Ich war schuld daran, dass jeder von uns dieses ‚Brandzeichen’ tragen musste. Alles nur, weil ich schwach gewesen war und die Einsamkeit nicht ertragen konnte.

Ein lauter Knall riss uns je aus unseren Gedanken. Die Katze von eben war in eine Mülltonne gesprungen und hatte den eisernen Behälter mitsamt seines Inhaltes aus und umgekippt. Schnell und flach ging unsere Atmung, als wir in gebückter Haltung sprungbereit dastanden, die spitzen Klappmesser in der Hand und alles erwartend. Der Lärm war durch die Gassen gerauscht, wie eine Welle bei einer Sturmflut, und hatte auf uns aufmerksam gemacht. Sofort hörten wir wie Fenster aufgerissen wurden, wie Schuhe, die nach der Katze geschmissen wurden, auf dem grauen Pflaster landeten. Wir hörten Schritte die näher kamen. Mein Herz schlug mir bis in den Hals als ich bemerkte, dass aus beiden Richtungen der Gasse Leute auf uns zu stürmten. „Verflixt, da sind sie wieder!“

Sora reagierte sofort. Es war lebensnotwendig ein eingespieltes Team zu sein, deshalb musste ich ihn nicht mal ansehen um ihn aufzufordern seine Hände für eine Räuberleiter zu formen. In wenigen Sekunden hatte er mich hoch gehievt, sodass ich eine kalte Eisenstange der Feuerleiter erfassen konnte. Mit ebenso eiserner Entschlossenheit klammerte ich mich fester an das Metal, als der Braunhaarige zum Sprung ansetzte, seine Finger durch den Stoff meiner Kleidung in meine Haut krallte und sich an mir empor zog. So war sichergestellt, dass niemand zurückblieb. Mein Rücken war mittlerweile überseht von Kratzspuren, die bei solchen Aktionen entstanden, doch als Anführer einer Bande musste ich ihnen zeigen, dass ich mich um sie kümmerte, sie nie zurücklassen würde und einiges aushielt. Nachdem es Sora auf den Vorsprung der Feuerleiter geschafft hatte, zog er mich zu sich empor. Er zitterte entsetzlich. Die Vibration seines Körpers brachte das Gerüst zum Klappern. Verdammt! Schnell drückte ich in gegen die nächste Wand, lehnte meine Stirn gegen seine und hörte ihn den Namen seiner kleinen Schwester wispern. „K-Kairi…“ Wenn der Braunhaarige in Bedrängnis geriet konnte er einerseits extrem schnell agieren, andererseits hielten seine Nerven nicht lange aus. Sobald die unmittelbare Gefahr vorbei war, klickte es in seinem Kopf und die Angst überkam ihn wie ein Schwall aus Pech.

Aneinander gedrückt warteten wir. Unter uns tobten die Stimmen unserer Verfolger, sie waren so laut, dass das immer leiser werdende Klappern der Eisenstangen nicht zu hören war. Wir hörten wie die Mülltonnen umschmissen, die Gegend absuchten, fluchten, schrieen, wüteten, doch sie kamen nicht auf die Idee nach oben zu schauen. Ein einzelner wäre diese Feuerleiter nicht hinauf gekommen. Pech für sie, das wir nicht alleine waren. Die ganze Zeit über fühlte ich Soras eisige Finger in meinem Nacken, hörte seine gebrochene Stimme und fühlte seine heißen Tränen auf meiner Haut. So konnte es nicht weitergehen, wir brauchten jemanden, der ihn wieder… der ihn wieder reparierte. Sein gebrochenes Herz reparierte.
 

„Axel?“

Wie oft hatte ich ihm gesagt, er solle mich nicht beim beten stören?! Grade kniete ich vor dem vergilbten Foto meines Vaters, das Räucherstäbchen brannte in einer kleinen Schale, meine Augenbraue zuckte genervt. Schnell verfasse ich die letzten Worte an meinen alten, verstorbenen Herrn, ehe ich mich aufrichtete und meine steifen Beine abklopfte. Dann drehte ich mich mit dem tödlichsten Blick auf der Welt zu meinem Kumpel um. Ich hatte diesen schneidenden Blick geübt, er sollte so kalt wie Eis und so scharf wie die Klinge eines Rasiermessers sein, doch als ich in Rikus blasses Gesicht sah, entglitt er mir. „Was ist?“, fragte ich halb motzend und halb besorgt. Riku war nicht der Typ von Mann, der leicht aus der Ruhe zu bringen war. „Sie haben Naminé getötet.“

Vor Entsetzen wurden meine Gelenke steif. Mein Bauch verkrampfte sich zu einem höllisch brennenden Knoten, der sich mehr und mehr verfestigte und zum Schluss steinhart zu werden schien. Als ich meinen Mund öffnete um etwas zu sagen, kam kein einziger Laut aus ihm, er war zu trocken. Selbst meine Lippe riss ein. Ich schmeckte das Blut, doch es interessierte mich nicht. Nach kurzer Zeit konnte ich ein einziges Wort so zwischen meinen Zähnen hervorpressen, dass es noch einigermaßen gefasst anhörte: „Wer…?“

„Hayner. Es war dieser Idiot von den Straßenkötern…“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Noiz
2009-10-16T09:19:38+00:00 16.10.2009 11:19
also die geschichte an sich finde ich super :D
genauso dein schreibstil *-* echt klasse ^^
und ich würde das gerne weiter verfolgen also mach bitte weiter :D
Von: abgemeldet
2009-10-14T20:50:17+00:00 14.10.2009 22:50
Super Schreibstil und interessante Story bis jetzt ♥
werd ich mal weiterverfolgen ^^
Von: abgemeldet
2009-10-14T16:40:49+00:00 14.10.2009 18:40
Hey. ^^
Also, zu aller erst einmal muss ich sagen, dass mir die Idee unglaublich gut gefällt. Mal etwas anderes als Friede, Freude, Eierkuchen.
Die Charaktere beschreibst du schön detailiert, vor allem die Darstellung der Freundschaft zwischen Roxas und Sora ist gelungen. Armer Sora...
Zum Schreibstil: An manchen Stellen hapert es zwar bei Groß-Kleinschreibung und Kommasetzung, allerdings nicht gravierend. Ansonsten gefällt mir dein Schreibstil gut. ^^
Okay, ich denke das war es auch... ich freu mich auf weitere Kapitel. ^^
Liebe Grüßis und viel Spaß beim Schreiben,
dark-lily


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