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Ferienhorror leicht gemacht

Der Alptraum für jeden Dominik
von

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Tag 0

Prolog
 

Schon drei Wochen vor ihrem Beginn waren die Sommerferien für mich gelaufen, denn meine Eltern hatten mir freudestrahlend mitgeteilt, dass sie mich für die ersten beiden Ferienwochen zu einer Kinder- und Jugendfreizeit angemeldet hatten. Hallo, gings noch? Was sollte ich als normaldenkender fünfzehnjähriger Junge bei so einem Schrott, wo ich wahrscheinlich niemanden kannte und nur nervige kleine Kinder mitfuhren? Meine Eltern hätten mir auch anders sagen können, dass sie mich loswerden wollten.

Aber das schlimmste war: Wie sollte ich ohne meinen Computer inklusive Internetanschluss, Fernseher, Playstation und eigenes Zimmer überleben? Mein Bett vermisste ich jetzt schon, obwohl ich noch eine Nacht dort drin verbringen durfte.

„Dominik, komm runter, es gibt Abendessen.“

Ja Mama, du kannst mich auch mal. Mir war der Appetit gründlich vergangen, denn morgen begann der Horrortrip, ich hatte mich heute nicht einmal über den letzten Schultag freuen können. Dabei sah mein Zeugnis gar nicht so schlecht aus – bis auf die Vier in Latein und Geschichte. Aber die interessierten mich sowieso nicht wirklich.

„Dominik, hörst du schlecht?“

Nein, ich wollte nur die letzten Stunden in meinem Zimmer genießen und mich ausgiebig von meinem PC verabschieden. Wie sollte ich ohne meine tägliche Portion Internetdummheit und Werbe E-Mails auskommen ohne durchzudrehen? Sie gehörten doch fast vollständig zu meinem kleinen verkorksten Leben!

Nach einer halben Stunde zwang ich mich von meinem Bett aufzustehen und endlich meine Tasche zu packen. Ich hatte zwar keine Ahnung von so was, aber meine Sachen mussten schließlich mit.

Planlos kramte ich einen Haufen T-Shirts, Hosen und viele andere Kleidungsstücke für die kommenden zwei Wochen aus meinem Schrank und pfefferte sie in eine dunkelblaue Sporttasche, die halb versteckt unter meinem Schreibtisch stand und eigentlich zum ersten Mal in ihrem unwichtigen Leben zum Einsatz kam. Daraufhin folgten Handtücher, Bettzeug und alles, was man für Auswärtsübernachtungen brauchte. Bestimmt vergaß ich irgendwas, doch das würde ich merke. Spätestens wenn ich genervt zwischen einer Horde kreischenden Grundschulkindern stand und mir selbst in den Hintern treten könnte.

Zu guter Letzt suchte ich die wirklich wichtigen Dinge zusammen: meinen MP3-Player und ein halbes Kilo Batterien – wer wusste, ob es in dem Gammelladen dort überhaupt Strom gab – mein Handy, mein Digicam und meinen Wecker. Alles elektronischer Schnickschnack, aber leider – oder glücklicherweise? – war ich abhängig von ihm, im doppelten Sinne. Ich gehöre schließlich nicht umsonst zur Generation Elektroschrott. Witzigerweise war ich sogar irgendwie stolz drauf.

Am liebsten hätte ich auch einen schicken kleinen Laptop mitgenommen, nur gab es so was Hochmodernes in unserem Haushalt nicht. Wieso auch, wenn dieser aus gerade mal drei Personen bestand und jeder davon seinen eigenen normalen PC besaß? Man musste sein Geld ja nicht zum Fenster rauswerfen. Zumindest nicht meins, bei meinen Mitmenschen sah das schon ganz anders aus.

Nach dem scheinbar erfolgreichen Zusammenpacken klebte ich mindestens noch drei Stunden vorm Computer, bereitete alles vor für die Zeit meiner Abwesenheit und stellte wieder einmal fest, in wie vielen sinnlosen Internetforen und Chatrooms ich mich angemeldet hatte. Die eine Hälfte war totaler Müll und in der anderen Hälfte hingen nur dumme Leute herum, aber löschen wollte ich mich nicht, vielleicht passierte irgendwann etwas Spannendes. In tausend Jahren oder so.

Den Rest des Abends pflanzte ich mich vor die Flimmerkiste und zog mir so ziemlich alles rein, um mich auf alle Fälle abzulenken und nicht an morgen denken zu müssen.

Ich wollte da nicht hin. Aber mich fragte ja keiner, scheiß Gesellschaft hier. Reichte doch, dass ich in die Schule gehen musste. Da konnte man mich wenigsten in den Ferien mit idiotischen Zwangsveranstaltungen in Ruhe lassen. Als ob ich dadurch plötzlich meine Seelenverwandtschaft zu Mutter Theresa oder Robin Hood entdeckte, wer das glaubte, hatte mehr als einen Vogel.

Mein Blick verirrte sich auf meine extrem merkwürdig aussehende Uhr – eine lachende Sonne mit Gesicht, nicht gerade die typische Uhr für männliche Wesen – an der Wand und genervt stellte ich fest, dass es schon nach ein Uhr war, aber ich morgen verdammt früh aufstehen sollte.

Also verkroch ich mich in mein Bett und schimpfte in Gedanken auf meine Eltern, ihr mangelndes Hirn und die Ungerechtigkeit der Welt insgesamt. Hoffentlich hatte ich Glück und wurde über Nacht krank, auch wenn die Chance dazu außerirdisch gering war.

Tag 1

1. Kapitel
 

Der Tag fing schon scheiße an, weil mein Vater mich gnadenlos um neun Uhr weckten. An einem Samstag! Ich glaub, es hackt. In welcher Welt leben wir eigentlich?

„Dominik, hör auf beleidigt zu sein und steh auf.“ Ja, das kann er leicht sagen, er muss ja nicht nach Hintertupfingen zu dummen Kindern.

„Ich kann sein was ich will.“ Sie sollten ruhig merken, dass sie mir meine Ferien versaut hatten, schließlich konnte man tausend andere Sachen machen. Aber nein, nichts gabs. Vielen Dank noch mal.

Während des Frühstücks redete ich demonstrativ kein Wort, starrte nur böse meine Brötchen mit Kirschmarmelade an und stand keine fünf Minuten später wieder auf, um meine schlechte Laune zu verdeutlichen. Ich konnte manchmal echt dumm sein, aber meine Eltern hatten es nicht anders verdient. Sie nahmen keine Rücksicht auf mich, also tat ich dasselbe bei ihnen.

Absichtlich drehte ich in meinem Zimmer die Musik so laut wie möglich, zog meine Klamotten an und packte die allerletzten Sachen in die Sporttasche und einen kleinen Teil in einen Rucksack. In einer Viertelstunde musst ich am Treffpunkt – die Stadthalle – sein, sonst fuhren sie ohne mich weg. Keine schlechte Vorstellung, aber wenn ich eine Verspätung provozierte, gab das Riesenärger mit meinen Eltern und dann drohten mir wahrscheinlich die ganzen restlichen Ferien lang Hausarrest.

Leider rechtzeitig standen wir drei um Viertel vor neun am Brunnen vor der Stadthalle und mein Alptraum wurde wahr: Überall rannten Kinder unter zwölf Jahre rum, also niemand da, mit dem man sich einigermaßen niveauvoll unterhalten konnte. Nicht, dass ich das vorgehabt hatte, aber man brauchte immer etwas zum Aufregen, sonst war es ja langweilig.

Anscheinend waren wir hier die erste Haltestelle, denn der Bus kam erschreckend pünktlich und ich sah im Inneren noch niemanden, der die besten Plätze hinten belegte. Wenigstens etwas Gutes.

Rücksichtslos drängelte ich mich durch die Scharen Kinder in den Bus, erwartete, dass meine Eltern mein Gepäck in de Bus brachten und suchte mir den Platz ganz hinten links aus. Den würde ich auch verteidigen, dort saßen nämlich auf dem einen Sitz ich und auf dem anderen mein Rucksack und mein Ego. Eindeutig kein Platz für meine Mitmenschen.

Als sich endlich die letzten Idioten voneinander verabschiedet hatten und alle im Bus saßen, ging es los. Meinen Eltern winkte ich zum Abschied nicht, wieso sollte ich? Erstens war ich zu alt für so was Peinliches und zweitens sollten sie meinen Unmut ruhig miterleben, falls sie ihn die letzten drei Wochen noch nicht bemerkt hatten. Zutrauen würde ich es ihnen.

Schon auf dem ersten Kilometer stieg die Lautstärke im Bus beträchtlich, was bestimmt daran lag, dass noch kein wirklicher Betreuer anwesend war und die Quälgeister dazu brachte, ihre Schnäbel zu halten. Wunderbar, da konnte ich gleich meinen geliebten MP3-Player zum Einsatz bringen.

Zwar hatte irgendwo auf dem Anmeldeformular etwas von „Elektrogeräte bitte zuhause lassen“ gestanden, aber hey – fickt euch. Wenn ich Musik hören will, dann tu ich das auch, Ende. Da quatscht mir niemand dazwischen, vor allem keine Leute, die ich nicht mal persönlich kenne.

An der nächsten Station stiegen weniger Leute ein, aber dafür – ein Wunder! – zwei Typen in meinem Alter, die sich auch in den hinteren Teil verzogen. Noch jemand mit einer Vorliebe für diesen Bereich, sehr sympathisch.

Weniger sympathisch war, dass diese beiden Jungs sich nicht anders benahmen als die jüngeren Teilnehmer um sie herum und ich sofort hoffte, ein schönes kleines Einzelzimmer zu bekommen. Zur Not wohnte ich die nächsten zwei Wochen im Flur, Hauptsache, ich musste mir nicht rund um die Uhr ihr Generve antun.

Keine drei Minuten später stoppte der Bus erneut und eine weitere Schar potentieller Ruhestörer strömte in den Bus – und ebenfalls zwei Jungs, die sich aber mit Plätzen weiter vorne begnügten. Von irgendwelchen Betreuer fehlte bislang immer noch jede Spur. Die hatten sich doch hoffentlich nicht vorher abgeseilt oder so? Bitte nicht!

Meine Nervosität sank ein Stück, als am vorletzten Haltepunkt zwei Frauen Ende zwanzig einstiegen und ein bisschen Ordnung in das Chaos brachten. Na also, warum nicht gleich so?

Allerdings wurde ich unerwartet aus meinen Gedanken gerissen, als mir jemand zögerlich auf den Oberarm tippte.

„Was ist?“, knurrte ich genervt und riss mir die Stöpsel aus den Ohren. Merkte wer auch immer nicht, dass er störte?

„Entschuldigung, ist hier noch frei?“ Hätte der Junge noch leiser gesprochen, hätte ich ihn gar nicht verstanden.

„Nein, hier sitzen schon zwei, siehst du das nicht?“ Als mein Rucksack musste ja wohl auffallen und mein Ego... das nahm man einfach wahr.

„Nein, wer denn?“ Mein Gegenüber ließ nicht locker. „Es sind keine freien Zweier mehr da und neben ein kleines Kind will ich mich nicht unbedingt setzen.“

Okay, diesen Grund konnte ich ganz knapp durchgehen lassen, weil ich persönlich auch nicht neben so einem Zwerg hocken wollte.

„Naja, dann setz dich halt. Aber komm bloß nicht auf die Idee, mich pausenlos anzuquatschen, sonst kannst du dich aufs Dach oder sonst wo hinsetzen.“ Ich in meiner besten Stimmung, ehrlich ohne Grenzen.

„Werde ich schon nicht“, beruhigte mich mein neuerworbener Sitznachbar, stellte meinen Rucksack auf den Boden zu meinen Füßen und platzierte sich auf den nun freigewordenen Sitz. Freundlicherweise kramt er sogleich seinen MP3-Player aus seiner Jeansjacke und zeigte mir somit an, dass ich von ihm nichts zu befürchten hatte. Fand ich gut. Außerdem hielt er sich auch nicht an die affige Regel.

Beim wirklich letzten Halt stieg meine Laune ein wenig an, denn es betraten zwei Mädchen den Bus, allerdings bekam ich beim Anblick des Jungens, der ihnen folgte, fast die Krise. Was sollte dieser bekloppte schwarze Nagellack auf seinen Fingernägel? So was sollte Männern meiner Meinung nach verboten werden, vor allem konnte ich solche Typen nie wirklich ernst nehmen. Also durfte er sich später nicht wundern, wenn ich über ihn lachen musste, war mir schon öfter bei anderen Jungs aus meiner Klasse passiert. Natürlich unabsichtlich.

Die Fahrt verlief einigermaßen unspektakulär; keins der Gartenzwerge vor mir musste kotzen, die Lautstärke blieb bei ihrer aktuellen Höhe und der Junge neben mir ließ mich wirklich die ganze Zeit in Ruhe. Sehr schön. Nur die beiden Krachmachertypen in meinem Alter fielen mir dadurch auf, dass sie ständig durch die Gegend rennen mussten, wirklich nervig.

Nach beinahe sechs Stunden und einer verbrauchten Batterie hielt der Bus irgendwo abseits eines Kaffs am Arsch der Welt und warf uns höflich aber bestimmt raus. Jetzt konnte der Spaß beginnen, auf in den Kampf ums Gepäck. Netterweise hatten meine Eltern meine Tasche ziemlich am Schluss verstauen lassen, weshalb ich nicht vergeblich andere Leute zur Seite stoßen musste.

Da ich keine Ahnung hatte, wo ich nun hinsollte, folgte ich einfach einer der zwei Betreuerin in das Gebäude, das mir die Sicht auf unglaublich viel Wald, Feld und ähnlich langweilige Natur versperrte – oder eher ersparte, ich würde es in den nächsten Tagen oft genug bestaunen.

Nach fast einer Viertelstunde versammelten sich alle Teilnehmer in der Eingangshalle des Freizeitgebäudes und warteten interessiert oder auch nicht auf das, was nun kam.

Zuerst begrüßte uns eine der zwei anwesenden Betreuerinnen, stellte sich als Leonie und die andere als Annabel vor und redete von noch einer Menge anderer ihrer Sorte, die allerdings erst im Laufe des Nachmittags eintreffen würden. Merkwürdigerweise war es schon nach vier, sie sollten also langsam auftauchen. Oder doch besser wegbleiben.

Endlich begann jetzt der spannende Teil der Ankündigung: die Zimmerverteilung. Die der kleineren Kinder überhörte ich, brauchte mich schließlich nicht zu interessieren, auch wenn es mindestens 20 Stück von den Plagegeistern gab.

„Paula und Hannah, ihr teilt euch ein Zimmer mit Julia.“

Annabell brachte die drei Mädchen – wovon zwei die einzigen in meinem Alter waren – in ihr Zimmer im ersten Stock, wohin auch schon die Meute des Grauens hingestürmt war, und ich wartete nervös auf die Stunde der Wahrheit, mit wem ich meine verhunzten Ferien lang täglich streiten würde.

„Dominik...“ Ja, so hieß ich. „...Vincent...“ Aha, mein Platznachbar, hoffentlich hielt der weiterhin die Klappe. „... Luis und Tom.“

Verdammt, das konnten die mir nicht antun, nicht diese zwei hyperaktiven Kerle ohne Hirn. Mit denen bekäme ich bestimmt Probleme, die störten mich nämlich jetzt schon.

Die zwei übriggebliebenen wurden noch mit der Witzfigur in ein Zimmer gesteckt und Leonie führte uns den Gang entlang zu unseren Zimmern. Natürlich drängelten sich Luis und Tom vor und schnappten sich bei den zwei Stockbetten den unteren Bereich. Danke, dass ihr uns auch aussuchen lasst, ihr Deppen. Aber zum Glück wollte ich sowieso oben hin, auch wenn man immer erst diese beknackte Leiter hochklettern musste, aber unten ging gar nicht, da schlug ich mir immer den Kopf irgendwo an.

Die Zimmer sahen nach typischen Jugendherbergenzimmern aus: zwei wackelige Hochbetten aus Holz, ein Tisch mit vier Stühlen herum, genauso viele Schränke und ein Fenster mit Ausblick auf die schnarchlangweilige Landschaft. Alles hier schrie danach, dass man es ein wenig verschönerte, in dem man überall seine Sachen verstreute. Okay, damit konnten wir auch gleich anfangen.

Ich warf meinen Rucksack und die Sporttasche auf das Bett über Tom und zwang Vincent dadurch, über Luis sein Lager aufzuschlagen. Er hätte sich auch beeilen können, nicht mein Problem.

Zuerst zerrte ich meine Bettwäsche unter tausend anderen Dingen hervor und versuchte, ohne vom Bett zu fliegen, es zu beziehen. War gar nicht so leicht wie es aussah, vor allem wenn man normalerweise ein einfaches Bett besaß. Immerhin schienen die anderen auch Mühe damit zu haben; automatisch fühlte ich mich besser.

Danach räumten wir die Schränke ein, verteilten unser Zeug auf dem kleinen Tisch und die zwei Möchtegernkleinkinder klebten irgendwelche merkwürdigen Poster an die Wand. Zwar nicht mein Geschmack, aber besser als der Blick auf eine grässlich weiße Tapete.

Ohne Vorwarnung dröhnte aus dem Nachbarzimmer lautstarkes Technogedudel herüber und fast synchron verzogen Luis und Tom ihr Gesicht.

„Das will doch keiner hören“, grummelte ich und Vincent nickte zustimmend mit dem Kopf während er sich seine MP3-Player als Rettung angelte.

„Mann, Luis, mach mal was Gescheites an, das hält ja niemand aus“, quengelte Tom los und sein Kumpel zauberte einen kleinen CD-Player aus seinem Rucksack hervor und kurz darauf wurde ich mit Bushido beschallt.

„Als wär das besser“, grummelte ich und hielt mir demonstrativ die Ohren zu. „Das will auch keiner hören.“ Zu dumm, dass ich meine Linkin Park CDs zuhause liegen gelassen hatte. „Vincent, hast du zivilisierte Musik?“

Der Angesprochene kramte aus seiner Tasche einen kleinen Stapel CDs heraus und hielt ihn mir entgegen. „Vielleicht findest du ja was.“

Was ich sah, überzeugte mich gar nicht: Evanescence, HIM und Lovex.

„Also Selbstmordmusik brauch ich jetzt nicht.“

„Das ist auch keine.“ Leicht beleidigt verstaute er seine CDs wieder. „Dann hör dir halt diese Antimusik an.“

Anscheinend hatte ich mich gleich unbeliebt gemacht, eins meiner großen Talente. Aber ich mochte diese Art Musik nun mal nicht, davon wurde ich aggressiv und terrorisierte meine Umgebung. Und zwar noch mehr als sowieso schon.

Tom und Luis sahen bald ein, dass wir ihre Musik dumm fanden, schalteten sie aus und verschwanden einfach ins Nachbarzimmer. Was wollten die da? Bestimmt nicht den anderen drei die Technomusik wegnehmen.

„So, wir machen jetzt mal eine Vorstellungsrunde“, grinste Tom breit, als er mit seinem Kumpel und den anderen zurückkam und sie auf sein Bett schubste.

„Muss das sein?“ Ich hatte echt keinen Bock auf so einen Scheiß, wir waren doch nicht mehr im Kindergarten.

„Ja, deshalb machst du den Anfang.“ Musste ich erwähnen, dass Luis auf meiner Beliebtheitsskala noch mehr in den Minusbereich sank? Eigentlich nicht.

„Danke. Ich heiße Dominik, bin 15, komm aus Klein-Rohrheim und hab keinen Bock auf den ganzen Schrott hier.“ Ja, das war ich. Wenn sie damit nicht klarkamen, sollten sie doch wieder in ihre dummen Käffer fahren. Obwohl mein Heimatort nicht mal mehr als Kaff bezeichnet werden konnte, so klein wie er war.

„Sehr aufschlussreich.“ Vincent stieg von seinem Plätzchen herunter und hockte sich auf einen Stuhl. „Ich heiße Vincent, bin auch 15, wohn aber in Biebesheim und höre keine Selbstmordmusik, kapiert?“ Ja, ich hatte es verstanden, Junge.

Tom und Luis stellten sich ebenfalls vor, allerdings mussten sie dabei so viel lachen, dass ich nur die Hälfte mitbekam. Typisch kleine Jungs aus Gernsheim, dumm bis zum geht nicht mehr.

Einer der beiden einzig normalen Jungs aus dem Nebenzimmer verdrehte kurz genervt die Augen, versuchte aber schnell sich wieder zu beruhigen. „Ich bin Oliver, genauso alt wie die Mehrheit hier und wohne wie Vinc in Biebesheim.“ Er deutete auf seinen Kumpel. „Weil Sascha keinen Bock hat, euch was zu erzählen, muss ich das machen. Er heißt mit Zweitnamen Elias, geht aufs Gymi Gernsheim, hat eine nervige Schwester, zwei Katzen, eine feste Freunde, ist 1,78m groß und...“

„Mann Olli, halts Maul, das interessiert doch kleinen“, unterbrach ihn Sascha und stieß ihm den Ellenbogen in die Seite. „Schlagt ihn einfach, wenn er euch nervt, mach ich auch immer.“

Okay, das Adjektiv „normal“ nahm ich zurück, die waren fast genauso schlimm wie die aus meinem Zimmer. Wo war ich hier nur gelandet? Und wie sollte ich das noch länger aushalten?

Der einzige, der sich noch nicht vorgestellt hatte, war der Typ mit der Geschmacksverirrung auf den Fingernägeln. Mal sehen, was er Interessantes erzählte, wahrscheinlich auch so ein Wahnsinniger, der gerne anderen Leuten auf den Wecker ging.

„Ich heiße Richard...“ Der Name war schon mal echt dumm, armer Kerl. „... bin auch 15, wohne in Stockstadt...“ Wer wollte schon da wohnen? Ich nicht. „... und bevor jemand fragt, normalerweise trag ich keinen Nagellack. Den hat mir eine Freundin draufgepinselt, um mich zu ärgern.“

Das Ergebnis dieser Kennenlernveranstaltung: Sogar mein Taschenrechner hat mehr Niveau als die alle zusammen. Ich sollte wirklich anfangen, mich selbst zu bemitleiden.

Zum Glück gingen Sascha, Oliver und Richard bald wieder in ihre eigenen vier Wände, ich warf mich auf mein Bett und schickte eine SMS an meine Eltern, dass es hier unterirdisch idiotisch war und ich als Entschädigung den Rest der Ferien meine Ruhe haben wollte.

„Was machst du denn da? Schreibst du an deine Freundin?“ Ein breit grinsender Luis tauchte vor meiner Nase auf und schnappte sich mein Handy.

„Pfoten weg!“, fauchte ich ihn an, rettete mein Handy und beförderte ihn unsanft vom Bett herunter. „Das ist meine Privatangelegenheit, die geht dich nichts an.“

„Ist ja gut, reg dich ab.“ Leicht angesäubert rieb sich Luis den schmerzenden Hinterkopf und ging so weit wie möglich auf Abstand, falls ich noch länger meine tolle Laune an ihm auslassen wollte. „Ich bin halt neugierig, ist doch kein Verbrechen.“

„Glaubst du“, grummelte ich und versendete die SMS an meine ignorante Familie. „Es gibt Leute, die wollen nicht, dass wildfremde Idioten ihre Sachen durchwühlen, also mach es einfach nicht.“ Hirn verloren oder was? Der stellte sich echt dämlich an.

„Keine Schlägerei.“ Vincent stopfte seine letzten Kleidungsstücke in den kleinen Schrank und kickte die nun leere Tasche unter Luis’ Bett. „Das könnt ihr draußen machen, wo euch keiner sieht.“

„Keine Lust“, lehnte ich beinahe arrogant klingend ab und schnappte mir einen Krimi, den mir meine Mutter noch vor der Abreise in die Hand gedrückt hatte. „Das ist Zeitverschwendung.“ Für wen hielten die mich?

Ohne einen weiteren Blick an meinen Mitmenschen zu verschwenden begann ich das Buch zu lesen, obwohl ich es schon nach einer halben Seite langweilig fand. Aber lieber ein dummes Buch als dumme Menschen, mit denen man kommunizieren musste.

Gegen fünf Uhr wurden wir durch Annabels Rufen aus den Zimmern und in den Speisesaal gelockt. Gezwungenermaßen hockte ich mich mit Tom, Oliver und fünf kleinen Kindern an einen Tisch und wartete, weshalb wir hierher bestellt worden waren. Hoffentlich nicht, um uns stundenlanges Geschwätzt anzuhören.

Natürlich wurde mein Wunsch nicht erhört, denn Leonie legte gleich los und informierte uns gnadenlos über jedes kleine Verbot und die kaum vorhandenen Zugeständnisse an Tätigkeiten. Auch der Tagesplan wurde haarklein durchgekaut und mindestens fünfmal wiederholt, damit der letzte Depp sich alles mitschreiben konnte, wenn er wollte.

Frühstück gab es um halb neun, Mittagessen um eins und Abendessen um halb sieben, alles keine Zeiten, zu denen ich normalerweise Hunger hatte. Vor allem bedeutete das verdammt frühes Aufstehen, dabei hatten wir Ferien, merkte sich das keiner?

In den Zeiten dazwischen gab es entweder Programm für alle oder Zeit für sich selbst, das sollte für jeden Tag unterschiedlich geplant werden.

Danach stellte Leonie uns die restlichen Betreuer, die endlich den Weg hier her gefunden hatten, vor und von den fast zehn Leuten konnte ich mir keinen einzigen Namen merken, schon peinlich, aber mein Denken befand sich gerade im Energiesparmodus. Außerdem waren sie sich so ähnlich, alle im Alter von Annabell und Leonie, das ging gar nicht. Nur einer nicht, er war vermutlich nicht älter als zwanzig und fiel damit auch auf. Trotzdem wusste ich nicht, wie er hieß.

Eigentlich hätte man diesen Vortrag locker in einer Viertelstunde runterrattern können, doch irgendwie dauerte es über eine Stunde; die kleinen Kinder neben mir quengelten schon leise und irritierenderweise legte Tom, der sowieso schon die ganze Rede über müde ausgesehen hatte, seinen Kopf und Olivers Schulter und schlief einfach ein. Oliver grinste sich halb tot, die Kleinen glotzten dumm und ich schüttelte den Kopf. Total krank, diese Typen.

Vorsichtshalber weckten wir Tom, bevor er vielleicht Ärger bekam – was mir herzlich egal gewesen wäre, aber Oliver hatte leider auch noch ein Wörtchen mitzureden –, und schließlich durften wir alle wieder abhauen – außer die, die Tischdienst hatten, leider keiner von meinen Mitbewohnern.

Die Wartezeit bis zum Abendessen überbrückten Tom und Luis mit einigen alles andere als ruhigen Runden Maomao, von nebenan schallte wieder Technogedöns, das Vincent mit einer HIM CD zu normalisieren versuchte, und ich verkroch mich unter meine Decke und fluchte leise vor mich hin. Schlimmer als jeder meiner bisherigen Alpträume, der Wahnsinn pur. Zuhause brauchte ich dringend Schadensersatz, sonst würde ich durchdrehen. Und mein Computer fehlte mir unglaublich, mehr als meine Eltern.

Das Abendessen verlief fast so laut wie die Busfahrt und mein Kopf begann langsam über diesen ungewohnten Geräuschpegel zu protestieren. Ich saß an einem Tisch mit Richard, Vincent und ein paar Betreuern und kaute frustriert auf einem lasch schmeckenden Brötchen mit Frischkäse herum. Sonst gab es nichts, was mich aufforderte, es zu essen, das Gemüse streckte mir sowieso immer die Zunge raus und auf Wurst oder ähnliches hatte ich keine Lust.

„Komm, ess noch was, sonst hast du später Hunger“, drängte mich der junge Betreuer und hielt mir ein weiteres Brötchen unter die Nase. „Nach dem Abendessen bekommst du nichts mehr.“

„Nein danke, ich will nichts.“ Ich schob seine Hand zur Seite und spielte etwas mit der Frischkäsedose. Der tat ja fast, als wäre er meine Mutter.

„Tja, Moritz, da hat wohl jemand seinen eigenen Kopf“, lachte Annabel und ich kam mir vor wie ein Idiot. Also kein neuer Zustand, aber immerhin kannte ich nun den Namen des aufdringlichen Betreuers.

Kaum war das Essen beendet, flitzte ich zurück in mein Bett und regte mich weiter über den miesen Krimi auf, während der Rest sich nach einiger Zeit einfand und zwei gewisse Personen nichts besseres zu tun hatten als imaginäres Halligalli auf dem Fußboden zu spielen – natürlich wieder in ihrer gewohnten Lautstärke und mit kleineren Schlägereien. Das ging den ganzen Abend so weiter, allerdings schafften sie es nach über einer Stunde Vincent zum Mitmachen zu überreden. Also hockten nun drei Freaks dort und machten dumme Sachen, wirklich peinlich für die Menschheit.

Aufgrund der Unzivilisiertheit entschloss ich früher schlafen zu gehen, krallte mir gegen 10 Uhr mein Waschzeug und schlurfte über den Flur ins Bad. Dort erlebte ich eine neue Überraschung, denn an einem von zwei Waschbecken stand ein genervt dreinblickender Richard und putzte sich die Zähne. Wieso mussten sie unsere Zimmer das Bad teilen? Wurde wahrscheinlich wieder an allen Ecken und Enden gespart wie verrückt. Das sah man eindeutig an den zwei Miniwaschbecken.

„Mann, Saschas Freundin hat jetzt schon zum dritten Mal angerufen und nervt uns die Ohren voll“, beschwerte er sich undeutlich und spuckte den Zahnpastaschaum in das Becken. „Als könnten wir was dafür, dass sie nicht mitgekommen ist.“

„Kannst dich ja zu uns ins Zimmer setzen, da spielen sie sinnlose Spiele“, meinte ich herausfordernd und begann mir ebenfalls die Zähne zu putzen.

„Nein danke, darauf hab ich keine Lust.“ Richard stellte seine Sachen auf eine Ablage über dem Waschbecken und lehnte sich an die Wand. „Kannst ja zu uns kommen, da geht es wenigstens einigermaßen normal zu, bis auf diese ständigen Telefonanrufe. Zur Not gehst du wieder in deinen Kindergarten und spielst mit.“

Zwar tat ich, als beachtete ich sein Geschwafel nicht, doch es klang auch verlockend, mit Menschen mit mehr Intelligenz zu kommunizieren. Wahrscheinlich stellte es sich im Nachhinein als Fehler heraus, aber besser als zum Schluss sich selbst noch so bescheuert zu verhalten.

Richard wartete, bis ich mich fertig gemacht hatte, und zog mich dann zu Sascha und Oliver, die halb schlafend in ihren Betten lagen und nebenbei Chips in sich hineinstopften. Toll, es wurde wirklich interessant hier. Ich starb fast vor Spannung.

„Geht es bei euch immer so spektakulär zu?“, stichelte ich und klaute mir frech Olivers Chipstüte, der dies nicht mal bemerkte.

„Weiß nicht, bis jetzt eher nicht. Die beiden pennen schon die ganze Zeit vor sich hin. Wenn nicht gerade das Telefon klingelt.“

„Sorry, aber ich geh wieder, hier ist wirklich zu viel Hektik.“

Die anderen spielten gerade ein brutales Kartenspiel namens Metzger, als ich mich ins Bett legte und versuchte zu schlafen, daher hörte ich von Zeit zu Zeit einen unterdrückten Schrei von Luis oder Vincents vergebliche Hinweise, ein kleines bisschen Rücksicht auf den armen, kleinen, schlafenden Dominik zu nehmen.

Halts Maul, du Flasche.

Tag 2

2. Kapitel
 

Am nächsten Morgen weckte mich ein unangenehmer Lärmmix aus schrecklicher Musik, Luis’ Lachen und Olivers Rumgeschrei. Konnten die nicht einmal still sein?

„Was ist da los?“, grummelte ich halbschlafend und setzte mich auf. Laut meinem Wecker war es noch nicht einmal acht Uhr, die hatten wirklich einen Dachschaden.

„Luis hat Olivers Haargel geklaut und jetzt schlagen sie sich auf dem Flur“, erklärte mir Vincent, der schon angezogen auf einem Stuhl saß und munter ein paar seiner Sachen sortierte.

„Können die das nicht leiser machen? Ich will schlafen.“ Ich ließ mich zurück in die Kissen sinken und schloss die Augen. Sonntag morgen, acht Uhr in Deutschland. Chaos und Lärm überall.

„Das wird nichts mehr, bald gibt es Frühstück.“

„Wer hätte es gedacht, Besserwisserkind.“ Konnte er nicht wie gestern schön die Klappe halten? Das war so angenehm gewesen. Vielleicht sollte ich etwas nachhelfen...

Mein Gedanke wurde dadurch unterbrochen, dass plötzlich die Tür aufgerissen wurde und Luis hineinstürmte, gefolgt von einem wütenden Oliver, und die Verfolgungsjagd nun in unserem Zimmer stattfand.

„Tom, hilf mir“, quietschte der Haargeldieb und warf den Auslöser allen Übels seinem Freund zu, der ihn geschickt auffing.

„Ihr Idioten, lasst den Blödsinn“, regte sich Oliver weiter auf und näherte sich Tom, der ihm nur gehässig die Zunge rausstreckte und gar nicht ans Aufhören dachte.

„Könnt ihr nicht einmal zivilisiert sein?“ Mich nervte der Terz am Morgen einfach und ich konnte nicht verstehen, warum sonst niemand etwas dagegen unternahm.

„Sagt genau der richtige, du bist dauernd am Nörgeln“, hielt mir Luis vor und netterweise stimmten ihn die anderen nickend zu.

„Fickt euch“, fuhr ich ihn an und vergrub mich ganz tief trotz der Wärme im Zimmer in meiner Bettdecke, um die Leute um mich herum nicht mehr zu hören.

„Oh, jetzt waren wir aber böse zum armen kleinen Dominik“, meinte Luis sarkastisch, kletterte in mein Bett – was dachte sich der Typ eigentlich? – und zerrte mir die Decke weg. „Heulst du uns jetzt was vor?“

Mein extrem winziger Geduldsfaden riss entgültig und absolut aggressiv schlug ich ihm kräftig ins Gesicht. Er ging mir so dermaßen auf den Geist, das gabs ja gar nicht; und das mit 14 Jahren.

„Spinnst du?“, schrie er mich an und die Auseinandersetzung, die nun folgte, konnte nur mit Hilfe aller vorhandenen Jungs beendet werden, da ich fast nicht mehr zu bremsen war.

Zum Schluss musste sogar Moritz antanzen, weil ich nicht einsah, weshalb ich nicht noch die anderen schlagen sollte. Tom erhielt ein paar Kratzer an der Wange, Richard einen harten Schlag gegen den Oberarm und Vincent schubste ich mit voller Absicht gegen die Tischkante. Wenigstens fühlte ich mich nach meinem Angriff auf alles sich Bewegende ein bisschen besser.

„Dir geht es wohl zu gut“, fuhr mich Moritz an und deutete auf meine ramponierten Mitbewohner. „Musste das sein? Wenn du zu viel überflüssige Energie hast, kannst du auch die ganze Woche beim Tischdienst mithelfen.“

„Lasst mich doch einfach alle in Ruhe.“ Mussten die am frühen Morgen schon so einen Aufstand machen? Selbst Pech, wenn sie mir permanent auf den Keks gingen. Das durften sie ruhig merken, weshalb ich meine beste 'Ihr-könnt-mich-alle-mal-so-was-von' Miene aufsetzte und an meinem Oberteil herumzupfte, als wäre nichts passiert.

„Das zähle ich jetzt als 'ja', du kannst gleich hingehen, Herr 'Ich bin zu cool, um sozial zu sein'.“ Moritz' Laune war anscheinend gerade im Keller und meine befand sich auf dem besten Weg dorthin. Was sollte ich eine Woche lang beim Küchendienst? Für die doofen Kinder putzte ich doch keine Tische und deckte sie schon gar nicht.

Leider wurde aus meinem Protestvorhaben nichts, weil mich dieser Arsch von einem Betreuer in die Küche schleifte, der dort beschäftigten Leonie mitteilte, ich würde ihnen eine Zeit lang aushelfen, und sich aus dem Staub machte. Hallo?

„Gut, dass du da bist", redete sie sofort auf mich ein, „hilf bitte Nadine und Max beim Tischdecken.“

Toll, nur weil diese zwei Zwerge das nicht schafften, bedeutete das nicht automatisch, dass ich ihnen die Arbeit abnehmen musste, immerhin sollten sie es in ein paar Jahren alleine können, außer sie hießen in Wirklichkeit Dominik und ließen gerne andere Leute für sich alles machen. Nein, ich fühlte mich nicht angesprochen.

Am Ende hatte ich tatsächlich ohne die beiden das Geschirr auf die Tische verteilt, da sie mir lieber interessiert zusahen als mitzuhelfen. Faule Fische.

Genervt schlich ich zurück in mein Zimmer und erwischte Tom und Luis beim geschmacklosen Zimmerumdekorieren die zweite, indem sie noch merkwürdigere Poster und zusätzliches Gekritzel an die Wand hängten und ihre ganzen Sachen im Raum verteilten – sogar auf meinem Bett. Ignorante Deppen.

Nicht begeistert warf ich die Chipstüte auf den Boden und hoffte, dass einer der beiden Vollpfosten darauf trat, dann hätte ich wenigstens etwas zu lachen.

Mein größter Fan Vincent hatte sich zurück in sein Bett verzogen und die Decke über den Kopf gezogen. Wenn der Junge so ein Softi war wie er sich bis jetzt gezeigt hatte, lag er sicher heulend unter seiner Gänseblümchendecke wegen des blauen Flecks, den er bald am Rücken haben konnte. Vielleicht sollte ich mal nachsehen, ob meine Vermutung stimmte und zur Not etwas nachhelfen...

„Ich glaub, jetzt gibts Frühstück“, verkündete Luis zufrieden und stürmte mit seinem siamesischen Zwilling Tom aus dem Zimmer, Vincent folgte wenig später, leider ohne Anzeichen von irgendwelchem Geflenne. Na ja, ich war mir ganz sicher, es konnte nicht mehr lange bis dahin dauern.

Etwas widerwillig verließ ich unser Zimmer – ich wollte ein Zimmer für mich allein, verdammt! –, um am ersten Frühstück in diesem fürchterlichen Irrenhaus teilzunehmen. Wehe, das Essen war scheiße, dann ging ich Moritz so lange auf die Nerven, bis er mich persönlich nach Hause zurückfuhr. Zur Not rief ich ein Taxi oder nahm den Zug, das würden sowieso meine Eltern bezahlen.

Natürlich hatte ich keinen Bock, mit den anderen Jungs an einem Tisch zu sitzen, weshalb ich mir einen Platz soweit weg wie möglich suchte.

Nach spätestens zehn Minuten bereute ich es schon, denn ich war an einem Tisch mit unzähligen kleinen, nervigen Kindern gelandet, die mir die Ohren vollkreischten. So konnte ich auch unglaublich gut mein Müsli essen, vor allem wenn mir so ein kleines Nervobjekt ständig den Griff seines Messers in die Seite bohrte und das andere Vieh neben mir seine Brötchenkrümel in meiner Müslischüssel versenkte. Wer hatte die erzogen? Und warum kam keiner dieser faulen Betreuer und sagte ihnen, dass sie mit ihrer Dummheit jemand anderen tyrannisieren sollten? Echt beknackt hier, ich wollte sofort nach Hause in mein Bett und da mein Lieblingsmüsli futtern statt hier zwischen den primitiven Möchtegernhöhlenmenschen. Wie würde das erst beim Mittagessen werden?

Ziemlich fertig flüchtete ich nach höchstens zwanzig Minuten aus dem Saal, um mir die Zähne zu putzen. Wenigstens hatte ich das Bad für mich, meine Mitbewohner saßen alle mehr oder weniger fröhlich quasselnd an ihrem Tisch und vernichteten eine Ladung Brötchen nach der anderen.

Mit der Zahnbürste im Mund ging ich kurz in das Zimmer und kontrollierte, ob mir netterweise auf meine SMS geantwortet worden war – natürlich nicht – und überlegte, wie ich am schnellsten ein Einzelzimmer bekam. Leider fiel mir auf Anhieb keine gute Methode ein, dumm gelaufen.

Als der erste, Mr. Softbrötchen – also Vincent – vom Essen zurückkam, beschloss ich langsam, die Fliege zu machen und mich in die Küche zu begeben. Zwar kotzte es mich an, hier beim Tischdienst Sonderschichten einzulegen, aber wenn ich es ignorierte, holte mich vielleicht der liebe Moritz immer dafür ab. Und nicht nur für eine Woche, dem traute ich inzwischen alle Gemeinheiten zu.

Schlecht gelaunt dackelte ich zu Leonie, die mir gleich äußerst bescheuerte Aufgaben zuteilte, nämlich den Wagen mit dem Geschirr holen und das ganze Zeug spülen. Hallo, tickte die noch ganz richtig? Warum musste ich das machen? Könnten genauso gut die Knirpse erledigen, die mir die schmutzigen Teller in die Spüle knallten und warteten, dass sie abtrocknen durften. Leonie schleppte lieber Körbe und Schüsseln durch die Gegend, statt uns zu helfen. Wieso gab es hier eine Köchin, aber keine Spülmaschine? Das war doch Verarschung hoch hundert und mehr!

Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis ich die letzte Tasse geputzt und zusätzlich die Tische gewischt hatte, bevor ich endlich von diesem Spülalbtraum erlöst wurde und in unser schlecht verschönertes Zimmer durfte, in dem sich momentan nur Vincent aufhielt. Im Nachbarzimmer lief wieder die geile Technomusik und dem Lärm nach zu urteilen befanden sich Tom und Luis im Bad und demolierten mit ihren Zahnbürsten das Waschbecken. Hoffentlich fiel ihnen der Spiegel auf den Kopf.

Vincent saß still wie immer auf seinem Bett, hatte sich wohl gegen die Musik des Grauens draußen mit seinem eigenen Gedudel verkabelt und las fleißig in einem Heft. Trotz der undeutlichen Schrift erkannte ich, dass es sich eigentlich um Zahlen handeln müsste und konnte so auch das Schulfach erraten. Das gabs doch nicht, Softi war auch noch ein Streber, der in den Ferien lernte. In den Sommerferien! Ein Grund mehr, ihn nicht zu mögen und so richtig schön zu ärgern. Geschah ihm recht, warum tauchte er auch mit einem Matheheft auf? Ich zog ihm einen seiner Ohrstöpsel aus dem Ohr – na super, das war jetzt also die Musik des Todes, nicht sehr lustig –, damit er mich überhaupt wahrnahm. „Na Streberlein, macht das Lernen Spaß?“

Automatisch verengten sich seine Augen ein Stück. „Ich bin kein Streber, verstanden?“

„Ach ja, und wieso schleppst du dann die ganzen Schulhefte hier her?“, wollte ich wissen.

„Weil ich in der letzten Woche in Mathe eine Nachprüfung schreibe.“ Er versuchte seinen Ohrstöpsel zurückzuholen, aber ich ließ ihn nicht los. Jetzt wurde es erst richtig interessant.

„Und wieso? Traust du dich nicht in die Schule, weil du von deinen Klassenkameraden gedisst wirst?“ Vincent sah doch aus wie das perfekte Opfer. Klein, unscheinbar und wie ein halbes Mädchen. Solche Typen standen aus Prinzip auf der Abschussliste.

„Nein, ich hatte einfach keinen Bock auf Lernen, Dominik, und jetzt lass mich bitte in Ruhe und nerv jemand anderen mit deinem Pseudobesserwissergetue.“ Hartnäckig entwand er den Ohrstöpsel aus meiner Hand und steckte ihn zurück in sein Ohr, um sich vor mir und dem immer lauter werdenden Technogedöns zu schützen.

Kleiner Klugscheißer, hielt sich wohl für besonders cool, dem würde ich es noch zeigen. Mein Versprechen von heute morgen stand noch und jetzt erst recht. Außerdem noch ein Grund, hier wieder wegzukommen.

Sehr sehr angekotzt lief ich aus dem Zimmer, rempelte dabei Luis und Tom an, die auch so dumm waren, sich direkt in meinen Weg zu stellen, und riss die Tür unserer Nachbarn auf, um sie lautstark anzufauchen, diese unterirdischen Geräusche, die sich Musik nannten, abzustellen. Sascha, der gerade eine SMS tippte, ignorierte mich total, Oliver, der auf seinem Bett hockten und seine Decke zusammenlegte, glotze mich nur blöd an und Richard versuchte sich hinter der Schranktür zu verstecken. Anscheinend hatte ich ihn mitten im Umziehen gestört, denn soviel gesehen hatte, trug er bis auf seine Boxershorts nichts. Höchstens grüne Socken mit weißen Punkten, die ich von hier aus sehr gut bewundern konnte. Nicht unbedingt der perfekte Zeitpunkt gewesen, na ja, er würde es überleben.

„Kannst du nicht anklopfen, Mann?“ Wütend funkelte mich Richard an und kam wieder aus seinem Versteck heraus. „Oder findest du es toll, anderen Leute beim Umziehen zuzusehen?" Er kramte hastig ein blaues Shirt aus einem Fach und streifte es sich schnell über.

„Ganz sicher nicht.“ Obwohl ich da bei Mädchen kein Problem hatte... aber Richard war keins, hatte ich ja deutlich gesehen. „Ich wollte euch nur sagen, dass eure Musik scheiße ist und ihr sie leiser machen sollt.“

„Gut zu wissen, interessiert uns aber nicht.“ Endlich hatte sich Oliver eingemischt. „So wie du dich heute Morgen benommen hast, sollten wir dich erst recht damit zudröhnen.“ Damit hatte sich wohl für ihn unser Gespräch erledigt, denn er kletterte zu Sascha und schaute ihm neugierig über die Schulter.

„So sehe ich das auch, Dominik, du kannst wieder gehen.“ Komplett angezogen schloss Richard seinen Schrank und kam auf mich zu. „Oder willst du mich noch ein bisschen länger angaffen? Macht bestimmt Laune.“

„Halt deine Klappe.“ Wieso waren diese Typen hier alle so asozial drauf? „Du machst mich kein bisschen an, selbst wenn du ein Mädchen wärst. Kannst das ja bei deinen Freunden hier testen.“ Die ganzen Kerle gingen mir so dermaßen auf den Wecker, ich brauchte meine tägliche Portion Ablenkung.

Eilig verließ ich unser Nachbarzimmer und machte mich auf die Suche nach weiblicher Abwechslung. Hoffentlich fand ich rechtzeitig Paula und Hannah, mit denen ich mich schon seit gestern Abend unterhalten wollte. Vielleicht hatte ich ja Chancen bei ihnen, dann hätte ich einen Grund mehr, nicht bei den Idioten abzuhängen. Schlimmer als die waren nur die kleinen Kinder und dieser Moritz.

Mit einigen Schwierigkeiten entdeckte ich schließlich das Zimmer der beiden Mädchen, dieses Mal klopfte ich sogar. Mit denen wollte ich es nicht gleich am ersten Tag mit einer unfreiwilligen Spanneraktion verderben.

„Ja, herein?“, rief eine von ihnen überrascht – haha, mir mit hatte keiner gerechnet! – und bevor ich überhaupt der Erlaubnis folgen konnte, wurde mir schon die Tür geöffnet. Was ein Service, besser als daheim. Allerdings nicht von einer der zwei, sondern von einem anderen Mädchen, das vielleicht elf Jahre alt war. Hä? Doch den falschen Raum erwischt? Moment, da war doch was... Scheiße, bei denen wohnte noch jemand, die hatte ich voll vergessen. Dann musste ich mir noch einfallen lassen, wie man langfristig kleine störende Mädchen verjagt. Wirklich schlimm hier, überall überflüssige Persönchen.

Unauffällig schob ich das Mädchen, deren Namen ich mir aus Prinzip nicht gemerkt hatte, aus dem Weg und betrachtete meine neue Umgebung: Wieder zwei Hochbetten, Tisch und Stühle, meine beiden Zielpersonen standen vor einem kleinen Reisespiegel am Fenster und frisierten sich die Haare. Eindeutig eine schönere Aussicht als ein halbnackter Richard mit Geschmacksverirrungen an den Füßen.

„Äh, hallo Dominik“, begrüßte mich Paula. Yeah, sie wusste noch, wie ich hieß! „Was machst du hier?“

„Hi, ich hab im Moment etwas Stress mit den Leuten in meinem Zimmer.“ Und mit denen von nebenan, aber das brauchte sie nicht zu wissen, ich versuchte es auch langsam zu verdrängen. Klappte irgendwie nicht.

„Ich stör euch doch nicht, oder?“ Und wenn schon, ich blieb hier, besser als bei Cool-Vinc und Co war es allemal.

„Nein, natürlich nicht.“ Hannah hatte es soeben erfolgreich erledigt, ihre Haare zu einem gut sitzenden Pferdeschwanz zu binden und steckte sich zur Stabilisation ein paar Klammern hinein. „Wir sind fertig.“

„Und warten darauf, was wir heute Vormittag machen“, ergänzte Paula, während sie ihre Frisur mit etwas Haarspray fixierte. Wahrscheinlich ziemlich eitel die beiden, aber das Ergebnis konnte sich echt sehen lassen.

„Wir werden es merken, der tolle Moritz wollte nichts verraten.“ Mein Lieblingsbetreuer hatte beim Frühstück groß verkündet, das ab halb zehn irgendetwas passieren sollte, nur leider endete damit die Erklärung.

„Klingt ja nicht so, als magst du ihn besonders.“ Hannah entfernte sich vom Spiegel und setzte sich auf ihr Bett; natürlich tat ich das auch, dumm herumstehen gefiel mir nicht sehr.

„Er hat sich gleich bei mir unbeliebt gemacht.“ Für den Küchendienst würde ich mich noch rächen, irgendwie.

Wirklich in Schwung kam unser erstes Gespräch nicht, weshalb ich aus Neugier den Blick durch das Zimmer schweifen ließ. Paula und Hannah hatten die unteren Betten belegt – beide die Bettwäsche partnerlookmäßig in rot mit einer großen gelben Sonne in der Mitte –, ihre Klamotten, Süßigkeit, Schminksachen und Bücher in der Gegend verteilt und die Wände mit gemeinsamen Fotos tapeziert. Sah deutlich besser aus als bei uns, vielleicht weil Frauen einfach Ahnung von solchen Sachen hatten.

An zwei Bildern blieb ich hängen; nur eine der beiden, dafür mit einem Typ abgebildet. Hatte das etwas Tieferes zu bedeuten? Bitte nicht, sonst waren meine armen Chancen noch geringer als sowieso.

Hannah schien meinen Blick auf die zwei Fotos bemerkt zu haben. „Das eine ist Paulas, der andere mein Freund. Sie hatten leider keine Zeit, sonst wären sie mitgekommen.“

Was für ein Schrott war das denn? Wollten die mich reinlegen? Endlich Mädchen in meinem Alter und dann... waren die an solche hässlichen Typen vergeben! Ich sah tausend Mal besser aus! Hatte das Schicksal Tomaten auf den Augen und Spagetti statt Hirn im Kopf? Innerlich könnte ich mich noch stundenlang weiter über die Jungs an der Wand aufregen, aber nach außen hin zauberte ich mein bestes Lächeln – zu bestimmten Mädchen war sogar ich nett – und betrachtete die Bilder noch ein wenig.

„Gleich ist es halb zehn“, erinnerte uns Paula, „wir sollten gehen. Wer weiß, was die geplant haben.“

Gemütlich schlenderten wir drei als eine der ersten in den Speisesaal und warteten, dass ganz großartige Dinge geschahen. Was leider nicht so wollte, wie wir das gerne hätten, denn es dauerte, bis wenigstens die Jungs aus meinem Stockwerk angetanzt kamen und noch länger bei den Zwergen, die eigentlich viel lieber weiter draußen herumgehüpft wären. Aber Leonie und Annabell hatten sie alle mühsam eingesammelt.

Moritz stellte sich vor uns und erklärte, was das Team in der nächsten Stunde mit mir und dem Haufen Gestörter vorhatte: Seltsame Spiele, damit wir uns untereinander besser kennen lernen sollten. Echt toll. Von den 'wichtigsten' Leuten kannte ich schon die Namen und der Rest ging mir sowieso am Arsch vorbei. Wieso sollte ich mir die Namen von doofen kleinen Kindern merken? War doch Zeitverschwendung.

Der Reihe nach musste jeder aufstehen, seinen Namen, sein Alter und Wohnort nennen, Moritz machte es für ganz Blöde vor: „Ich heiße Moritz, bin 19 Jahre alt und komme aus Klein-Rohrheim.“

Wieso wohnte so jemand im selben Dorf wie ich? Gut, dass ich dem noch nie über den Weg gelaufen war. Hatte echt Vorteile, nicht aufs Gymnasium Gernsheim, sondern aufs Goethe in Bensheim zur Schule zu gehen. Dann traf man wenigstens in den Ferien niemanden, den man kannte.

Die Vorstellung zog sich ewig hin und es interessierte mich so was von gar nicht, aus welchem Nachbarort die Kiddies unter zwölf kamen und vom Rest wusste ich es ja, weil ich bei ihnen mitbekommen hatte, wo sie eingestiegen waren. Nur dass Oliver aus Biebesheim kam, obwohl er in Gernsheim zugestiegen war, wunderte mich, aber wahrscheinlich war er vorher bei seinem Kumpel Sascha gewesen, der aus Gammelgernsheim kam. Ach, brauchte ich eh nicht zu wissen, morgen hatte ich es wieder vergessen, darauf konnte ich meinen Fernseher und die Stereoanlage verwetten.

Damit wir die ganzen unwichtigen Namen nicht sofort verdrängten, zwang uns Moritz, uns gegenseitig einen Ball zuzuwerfen und den Namen, von dem wir den Ball bekommen hatten, zu sagen. Lustig. Ich wusste nur noch, dass die eine Hälfte Alexander und die andere Julia hieß.

Wirklich viel half mir das nicht, ich beschränkte mich darauf, alle so böse anzufunkeln, dass sie es sich fünfmal überlegten, ob sie ausgerechnet mir den Ball an den Kopf werfen wollten. Nur der Ignorant Richard grinste mich fies an und spielte mir das flauschige Ding zu. Dreimal. Direkt hintereinander.

Der Junge war richtig scheiße, bald überholte er Moritz auf der Antipathieliste. Bestimmt sollte das die Rache für heute morgen sein, dabei hätte er sich woanders umziehen können. Freak.

Nach diesem Spiel folgte gleich das nächste, alle mussten aufstehen und ein kleines Kind musste uns ohne nach dem Namen zu fragen alphabetisch sortieren. Ich wurde von ihm von der einen bis zur anderen Seite des Raums gescheucht, weil es zuerst dachte, ich hieß Steffen. Dumm konnte man sein.

Moritz ließ diesen Vorgang solange wiederholen, dass ich am liebsten einfach gegangen wäre, aber ich befürchtete, nur noch in der Küche zu stehen, wenn ich das durchzog.

„Das hat es voll gebracht“, grummelte ich genervt, als sich alle nach Zimmer geordnet an die Tische setzen sollen. Was kam jetzt Tolles? Die Zimmermitmenschen besser kennen lernen? Bitte nicht.

„Kannst du mal aufhören, uns mit deiner negativen Einstellung auf den Keks zu gehen?“, quatschte mich Oliver, der mit seinen Jungs direkt neben uns saß, gleich an. „Wenn du es hier echt so scheiße findest, ruf deine Eltern an und lass dich von ihnen abholen. Uns gefällt es, also versuch nicht dauernd alles schlecht zu machen. Du kannst es auch nicht besser, oder?“

Richard applaudierte leise, Vincent nickte Oliver dankbar zu und ich war sprachlos, was ich auf gar keinen Fall zugeben wollte und ihn deshalb mit einem extrem bösen Blick zu erstechen versuchte.

„Zuerst bastelt ihr zusammen ein Türschild, auf dem ihr euren Zimmernamen schreibt, und dann macht sich jeder von euch ein Namensschild, das ihr in den ersten Tagen immer anhaben solltet.“

„Cool!“, riefen Luis und Tom im Chor, als wäre das eine ganz wunderbare Beschäftigung für die nächste Zeit. „Wie sollen wir uns nennen?“ Ja, das war eine gute Frage.

„Ich bin für 'König Dominik und seine Diener'!“ Wäre doch mal etwas Neues. Mir würde es gefallen.

„So siehst du auch aus.“ Von meinem Vorschlag hielt Luis gar nichts. „Lieber 'Die drei Coolen und Dominik', das klingt echt besser.“

„Eher 'Die drei Coolen vs. Dominik', das stimmt sogar“, meinte Vincent, „wer ist dafür?“

Alle außer mir hoben die Hand, sogar die drei, die eigentlich nichts damit zu tun hatten.

„Okay, die Mehrheit entscheidet, Vorschlag ist angenommen, ich hol Pappe.“ Tom sauste los, damit nicht jemand anderes vor ihm seine Lieblingsfarbe wegschnappte, und der Rest besorgte die Stifte.

„Fühlst du dich jetzt gedisst?", fragte Richard scheinheilig, „musst du jetzt weinen?“

„Halt deine verdammte Fresse, du kleiner Wichser“, fuhr ich ihn aggressiv an und hätte ihm am liebsten auf der Stelle eine geklebt, nur gab es hier so viele Zeugen, dass es echt schwachsinnig gewesen wäre.

„Jungs, hört auf euch wie kleine Kinder zu benehmen“, versuchte Oliver den Streit zu schlichten und zerrte Richard aus meiner Reichweite. Sascha guckte uns nur untätig zu. Alles Flaschen um mich herum.

Mit einem dunkelblauen Plakat und vielen Buntstiften kehrten Vincent, Tom und Luis an den Tisch zurück und begannen unser Türschild zu gestalten. Die ersten drei Worte wurden schwarz, mein Name leuchtend rot in einer ziemlich eckigen Schrift und das vs. bekam schwarzrote Streifen. Mal sehen, ob sie mit diesem deutlichen Anti-Dominik durchkamen oder von einem Betreuer angenörgelt wurden. Bei der Gerechtigkeit, die hier herrschte, bestimmt nicht.

„Und wie wollen wir unser Zimmer nennen?“, wollte Oliver von Sascha und Richard wissen, die nur ratlos mit den Schultern zuckten und sich schließlich einigten, 'Wir sind zu cool für einen Namen' auf das Schild zu pinseln, in schwarz auf grünem Grund. Sehr stylisch gewählt, immerhin stach sich nichts.

Gelangweilt hörte ich mich um, mit welchen intelligenten Namen die anderen Türschilder gestraft waren, eins der Mädchenzimmer hatte 'Die Gummibärchenbande' gewählt, die zehnjährigen Jungs 'Die Checker vom Neckar' – keinen Kommentar dazu – und das Zimmer von Paula und Hannah malte gerade passend zum Namen 'Three pink points' rosa Punkte auf ihr Plakat. Etwas klischeehaft für Mädchen, aber wenn ihnen diese Farbe gefiel... niemand konnte sie davon abhalten.

„Fertig!“ Stolz präsentierte Luis mir das Schild. „Jetzt brauchen wir nur noch deine Unterschrift.“

„Du kannst mich mal, Junge, unterschreib doch selbst. Niemand hat mich gefragt, ob ich einverstanden bin, also vergiss es.“ Obwohl ich natürlich auch Autogramme verteilte, wenn mich jemand darum anbettelte. Kam aber so selten vor, eigentlich gar nicht. Irgendwann änderte sich das sicher.

„Domilein, hör auf zu zicken und mach“, mischte sich die Labertasche Richard wieder ein. „Du bist hier nicht das Opfer, sondern das nervige Arschloch, merk dir das endlich.“

„Hör auf, mich ständig dumm von der Seite anzumachen!“ Kapierte das diese Pfeife nicht?

„Was ist denn hier schon wieder los?“ Och nee, nicht der schon wieder. Gab es keinen anderen Betreuer außer Moritz? Langsam kotzte der mich echt an. „Streitet ihr euch immer noch?“

Oliver erklärte Moritz haarklein, weshalb wir uns zum tausendsten Mal in die Haare bekommen hatten – Vincent ergänzte einige Tatsachen – und der dauernd anwesende Betreuer wusste nicht, ob er uns alle zur Schnecke machen oder uns auslachen sollte. Vor allem die Sache mit unserem Zimmernamen schien ihn zu beschäftigen, aber er glaubte wohl, ich müsste mich da selbst durchsetzen. Sehr sozial von ihm.

„Dominik, wenn ihr fertig mit basteln seid, würde ich gerne mit dir reden.“

Hallo, das klang ja fast wie einer dieser Lehrer, die sich in alles einmischten, was sie nichts anging. Oder wollte Moritz tiefgründige, philosophische Gespräche mit mir allein führen?

„Wenn es sein muss...“ Darauf hatte ich genauso viel Lust wie auf die ganzen grottigen Veranstaltungen und das durfte man auch ruhig merken. Dafür konnte er mir keinen Küchendienst aufzwingen.

Nachdem die Sache mehr oder weniger geklärt war, ließ Moritz uns in Ruhe, ich dachte mir meine Kommentare nur noch und auch Richard provozierte mich nicht mehr.

Trotzdem fand ich ihn dumm und affig.

Die Namensschilder, die wir anschließend gestalten sollten, sahen ungefähr so ästhetisch wie ein plattgefahrenes Tier aus; große, weiße Papierkreise, die man sich mit einer Kordel um den Hals hängte. Sau stylisch, das konnte kaum etwas toppen. Obwohl die Freizeit insgesamt kaum an Horror zu toppen war, angefangen bei A wie Ankunft bis Z wie... kam irgendwann noch.

Die anderen gaben sich wieder sinnlos viel Mühe mit ihren Kreisen, während ich mit einem schwarzen Filzstift meinen Namen darauf kritzelte und mich demonstrativ zurücklehnte, um zu signalisieren, dass ich heute keinen Stift mehr in die Hand nehmen würde. Und das Gespräch mit Dumm-Moritz konnte sich derjenige an den Hut stecken, dafür opferte ich nicht meine eh schon verschwendete Zeit.

Die zwei Kleinkinder Tom und Luis klauten sich gegenseitig die Ideen für Formen und Farben, Vincent plante noch vor sich hin und sonst schien auch niemand so weit wie ich zu sein. Tja, ich hatte es einfach drauf, die konnten ruhig noch was von mir lernen, die lahmen Leute hier.

„Boah, sieht dein Schild langweilig aus“, kritisierte mich Luis sofort, „willst du nicht noch ein paar Punkte oder so dazu malen?“ Nur weil sein Ding wie ein explodierter Farbkasten aussah, musste das nicht bei jedem sein.

„Nein, es reicht, wenn du deine Sachen verunstaltest.“ Ende der Diskussion.

„Schlimmer kann deins sowieso nicht mehr werden.“ Wieso hielt sich Richard nirgendwo heraus? „Aber Punkte passen nicht zu King Dominik, der braucht ein Krönchen. Oder ein Herz für seine Selbstverliebtheit.“

„Und du den Orden fürs Dummschwätzen!“ Wie brachte man diese Nervensäge am schnellsten zum Schweigen?

„Jetzt seid doch mal leise!“ Endlich meldete sich Sascha zu Wort. „Wenn Dominik meint, dass seins so am besten aussieht, dann ist es halt so. Und ihr macht euers so, wie ihr es wollt.“

Wow, endlich jemand, der auf meiner Seite stand. Gab doch noch zivilisierte Leute in diesem Saal.

„Obwohl sich Dominik ruhig mehr Mühe hätte geben können, vielleicht bunte Schrift oder ein Blümchen.“

Vielleicht nahm ich mein Lob wieder zurück, das war jetzt echt überflüssig gewesen, so schnell hatte sich Sascha unbeliebt gemacht, das schaffte nicht jeder.

„Dominik, kommst du mal bitte mit?“ Wie oft wollte mir Moritz heute noch auf den Keks gehen? Auf das komische Psychogelaber, das bestimmt gleich folgte, legte ich genauso wenig Wert wie auf seine Anwesenheit und Richards blödes Gegrinse, als ich hinter meinem Lieblingsbetreuer aus dem Saal trottete.

Moritz führte mich in sein Zimmer – Beschiss, der Kerl hatte einen Raum für sich und ich nicht! – und setzte sich auf ein Stühlchen vor dem Bett; ich blieb absichtlich an der Tür stehen und versuchte ihn in Grund und Boden zu starren, bis er vor Angst die Flucht ergriff oder mich hier wohnen ließ und dafür zu den Krachmachern, Pappnasen und Quasselstrippen auswanderte, Hauptsache raus hier.

„Sag mal, was ich dein Problem?“ Na du, du Blitzmerker, sah man mir doch an. „Seitdem du hier bist, legst du dich mit den anderen an und verbreitest schlechte Laune.“ Echt? Cool, dann würde ich damit erst recht fortfahren. „Liegt es an deinen Zeugnisnoten? Hast du zuhause Schwierigkeiten? Oder haben dir die anderen Junges etwas getan, was du nicht sagen willst?“

„Ich will gar nicht hier sein.“ Reichte als Erklärung. „Außerdem bin ich immer so drauf.“

„Echt?“ Warum überraschte ihn das so? Das merkte man doch, verdammt noch mal. „Dann haben dich deine Eltern also gegen deinen Willen hier angemeldet. Naja, wenn du dich ständig so asozial verhältst, kein Wunder, auf die Art wirst du es später nicht sehr weit bringen.“

„Äh...“ Das war aber keine nette Aussage. Musste ich mir so eine Beleidigung von diesem Loser gefallen lassen?

„Guck nicht so, das ist die Wahrheit“, erklärte Moritz, der meinen entsetzten Blick richtig gedeutet hatte. „Wenn du dich jetzt persönlich angesprochen fühlst, kannst du zu den anderen Betreuern rennen und dich über mich beschweren, aber ich finde, du bist alt genug, um einzusehen, dass du dich nicht dein leben Lang wie ein unzufriedenes Kind aufführen kannst. Wahrscheinlich wollten deine Eltern, dass du hier lernst, dich anders zu benehmen. Obwohl wir dich in zwei Wochen kaum umerziehen können. Naja, jedenfalls würde es mich freuen, wenn du wenigstens versuchst, deine Laune nicht an deinen Zimmerleuten oder den jüngeren auszulassen, die können überhaupt nichts dafür, dass du bei uns gelandet bist. Und bestimmt bist du immer noch sauer auf mich, weil ich dich zum Küchendienst gesteckt habe, aber daran bist du ganz allein schuld, es hat dich niemand gezwungen, in deinem Zimmer Terror zu machen. Versuch mal, dein Verhalten zu reflektieren und nicht immer alle anderen für deine Taten verantwortlich zu machen, vielleicht hast du dann Verständnis für uns böse Betreuer und verstehst deine Mitmenschen besser.“

Endlich endete er mit seinem Mix aus Belehrung, Geschwafel und Aufforderung und wartete gespannt, wie ich darauf reagierte. Das wusste ich allerdings selbst nicht so genau. Natürlich konnte er auf keinen Fall Recht haben, solche Leute hatten nie Recht, aber wieso sollten die mich umerziehen? Ich kam sehr gut mit mir zurecht und wen es störte, wie ich mich benahm, sollte sich einfach nicht mit mir befassen, Problem gelöst.

„Okay, Dominik, denk einfach mal ein bisschen nach, ob ich vielleicht einen guten Grund für den Küchendienst hatte und wieso sich nicht jeder so verhält wie du.“ Das letzte war doch ganz logisch: Ich war einmalig und kopiergeschützt. Deswegen wollte mich keiner nachmachen und dafür Strafe zahlen, aber das verstand Moritz als Ultradurchschnittsmensch sowieso nicht.

Für den schien unsere kleine Schwatzstunde außerdem beendet zu sein, weshalb ich – ganz langsam natürlich – zum Bastelverein zurückschlenderte, mich notgedrungen zu den anderen Fuzzies hockte und wartete, dass auch das letzte Kind hier sein doofes Namensschild bunt angekritzelt hatte.

Das konnte noch ewig dauern, so wie die begeistert auf ihren Minipapierchen herumschmierten und sich über jeden Strich freuten, als wäre er eine Eingebung vom Heiligen Geist persönlich. So ein Schwachsinn, ich fühlte mich von so viel Hohlheit einfach nur belästigt.

Nach einem geschätzten Jahrtausend meldete sich einer von den unfähigen Betreuen zu Wort – Name nicht vorhanden - und versuchte, sich irgendwie verständlich zu machen; funktionierte nicht, die Nervensägefischkinder krähten zu laut vor sich hin. Konnte mir recht sein, es konnte nur eine noch dümmere Aktion für Vollidioten folgen, die ich gar nicht mitbekommen wollte.

„Wir teilen euch jetzt in Gruppen ein, damit ihr euch auf dem Gelände etwas umschauen könnt.“

Neeeein, geht sterben. Da machte ich echt nicht mit, die konnten mich durch die Gegend tragen, aber mit einer Horde Kreischzwerge und unterbelichteten Teetassen spazierte ich unter keinen Umständen durch diese Nullachtfünfzehn Naturlandschaft.

Das war bestimmt wieder Moritz’ kleine Racheidee gewesen, um mir auf den Keks zu gehen, ganz klar; etwas anderes kam nicht in Frage. Auch wenn es schon paranoid klang – wie lange kannte mich der Typ? Nicht mal einen halben Tag –, aber dem traute ich es zu, dem traute ich sogar zu, mich hier die ganzen zwei Wochen festzuhalten, um mich mit seiner Niveaulosigkeit zu quälen. Asozial genug war der Depp dafür ja.

Langsam wie eine Schnecke in Zeitlupe checkten alle, was hier von ihnen gefordert wurde. Die meistens reagierten entweder kaum oder positiv auf diese Neuigkeit des Grauens, nur Vinciboy machte auch nicht den begeistertsten Gesichtsausdruck.

Ging doch.

Während zuerst die kleinen Ätzkinder nach draußen stürmten, ohne wenigstens abzuwarten, mit wem sie durch langweilige Wald- und Wiesenstücke hüpfen durften, blieb ich demonstrativ sitzen, gähnte gespielt lange, warf mit bösen Blicken um mich, versuchte einen Stift nur per Gedanken vom Tisch rollen zu lassen – der ignorante Stift beachtete natürlich nicht mein Talent und bewegte sich keinen Millimeter – und hoffte, dass man mich hier einfach vergaß. Wäre doch sowieso viel unkomplizierter für diesen überforderte Freizeitgestalterverein, wenn sie mich machen ließen, was ich wollte. Und für mich erst recht.

„Beweg dich, Dominik.“ Moritz lehnte an der Tür und machte unmissverständliche Gesten, die mich zum Aufstehen ermuntern sollten.

Ich schaute auf meine Fingernägel und summte ‚Alle meine Entchen’ vor mich hin, als hätte ich ihn gar nicht bemerkt.

„Dominik…“ So wie er klang, hätte er wirklich Bock, mich zu packen und in den nächsten See zu werfen. Oder aus dem nächsten Fenster. Sollte er doch, danach durfte er mir ganz viel Schmerzensgeld zahlen und bekam arschviel Ärger. „Was haben wir vorhin beredet?“

Wusste ich doch nicht mehr, ich merkte mir doch nicht das Dummgeschwätz von ihm! Für wen hielt der mich, seine Sekretärin oder was?

„Komm jetzt mit.“ Dass nicht vorhandene ‚Sonst passiert dies, das und jenes und außerdem geht die Welt unter’ hörte ich zwar, aber es ging mir eigentlich ziemlich am Arsch vorbei.

Ich wollte nicht! Was war daran so schwer zu kapieren? Ich hatte heute schon zwei sinnlose Pflichtveranstaltungen mitgemacht ohne ein kleines Kind aus Genervtheit zu treten, also konnte mir der Typ mal eine Stunde Pause geben, so viel war das wirklich nicht.

Natürlich wurde mir mein kleiner Wunsch nicht erfüllt, stattdessen packte mich Moritz am Handgelenk und zerrte mich mit aller Kraft aus dem Raum. Was für ein dummer Wichser, das tat weh, verdammt noch mal! Wenn er mir die Hand brach, ging ich zur Polizei und zeigte ihn an, da konnte er sich drauf verlassen.

Höchst interessiert beobachtete uns der gesamte Deppenverein, als ich unsanft nach draußen gezogen und dort festgehalten wurde. Langsam kam mir die Assoziation mit Knast immer schlüssiger vor, fehlten nur noch die Handschellen, die Gitter vor meinem Fenster und die nette Metallkugel am Fuß. Kam sicher noch.

„So da wir jetzt alle da sind…“ Allgemeine Blicke in meine Richtung. „…können wir jetzt losgehen.“ Annabell hantierte mit ihrem Zettelberg vor sich hin und drückte ein Papierfitzelchen Leonie in die Hand. Die nächste Viertelstunde verbrachten die beiden damit, Namen vorzulesen, darauf zu warten, dass diejenigen reagierten, und die Gruppen wegzuscheuchen.

Ich wurde als einer der letzten mit drei komischen Kindern, einer böse aussehenden Betreuerin und meinem Lieblingsmenschen Olli in ein Grüppchen gezwungen und mit Androhung weiterer Strafen wie Zimmer aller Kleinkinder aufräumen und Boden putzen bis zum Sankt Nimmerleinstag durch die Umgebung geführt. Olli versuchte mir ständig die Schönheit jeder einzelnen billigen Blume klarzumachen und hätte sicher auch noch dasselbe mit den Blättern auf dem Bäumen begonnen, wenn ich ihm nicht unmissverständlich gezeigt hätte, dass ich auf sein Gerede keinen Wert legte und er mich mal könnte. Und zwar richtig.

Mit solchen positiv denkenden und mitteilungsfreudigen Etwassen wie ihm wollte ich nichts zu tun haben, auf keinen Fall für kein Geld der Welt. Obwohl, ab ein paar Tausendern sah die Sache dann doch wieder etwas anders aus…

Unentschlossen, ob ich wirklich so bestechlich war, wie es mir gerade im Kopf herum sauste, ertrug ich diese Foltertour nur mit großer Anstrengung – immerhin verschonte mich Olli mit seinem Gequassel – und gruselte mich schon vor dem Mittagessen. Entweder würde ich wieder an ein Dutzend gestörter Zwerge geraten, die mich terrorisierte, oder ich sprang über meinen Schatten und setzte mich zu den netten Leuten aus meinem Zimmer.

Welches davon schlimmer war, konnte ich noch nicht wirklich einschätzen. Das zeigte sich sicher dann, wenn ich den Saal betrat und abschätze, bei wem die Evolution am meistens fehlgeschlagen hatte.

„Der Wald hier ist cool, da kann man ganz toll Verstecken spielen“, teilte uns einer der Nervkiddies unnötigerweise mit und plante schon lautstark, wann und mit wem er dieses affige Spielchen durchziehen sollte.

Meiner Meinung sollten sie es rund um die Uhr die nächsten zwei Wochen praktizieren, bis auf mich, ich chillte dann in einem Zimmer ganz für mich allein oder kidnappte gleich ein Auto und düste nach Hause.

„Und der Bach da, da kann man Bötchen fahren lassen!“

Oder sich ertränken, wie man gerade Lust drauf hatte. Zur Not entsorgte man so kleine, ätzende Menschen, die einem auf den Sack gingen.

Und nein, ich war nicht gewalttätig, das nannte man Notwehr in besonders heiklen Situationen.

Nach einer knappen halben Stunde erreichten wir zum Glück wieder das Häuschen – die Insekten und Käfer, die hier frei herumflogen, störten mit ihrem alternativen Lebensstil meine Gesundheit – und wurden alle zum Essen bestellt, obwohl es bis dahin noch etwas dauerte.

Moment, da war doch was... nein, den Scheißtischdienst konnten die auch ohne mich machen, ich war hier nicht zum Arbeiten, verdammt noch mal. Am besten verschanzte ich mich im Klo und wartete, bis das Essen begonnen hatte, dann konnten die mir gar nichts mehr.

Zufrieden grinsend über meinen genialen Plan ließ ich mich so unauffällig wie möglich zurück fallen, sodass alle aus meiner Gruppe vor mir durch die Tür gingen und bevor mich jemand eventuell aufhalten konnte, flitzte ich davon und schlich mich zu den Toiletten. Eigentlich wäre es sogar sauschlau, wenn ich mich in einer der Mädchenkabinen versteckte, da suchten die bestimmt nicht nach mir, für so clever schätzte ich keinen der Betreuer, besonders nicht meine Favoriten unter ihnen.

Vorsichtig öffnete ich die Tür und sah nach, ob nicht ausgerechnet im Moment eine am Waschbecken stand, verschwand in die mir am nächsten gelegene Kabine und schloss zu. Mission geglückt, eins zu null für Dominik.

Aber was sollte ich nun tun? Ich musste nicht einmal aufs Klo, rausgehen wäre ziemlich dämlich gewesen – wofür war ich dann hier hereingekommen – und ich hatte nichts mitgenommen, womit ich mich beschäftigen könnte. Wer ahnte auch im Voraus, dass er Geheimagent spielen musste? Ich auf jeden Fall nicht, normalerweise wäre das auch definitiv unter meinem Niveau gewesen, aber Tischdienst toppte das noch im Längen, da saß ich lieber mit Langweile bei dem Mädchen in der Toilette und wartete auf nichts.

Ich könnte mir ganz dreist einen runterholen.

Nein, nicht das Wahre, ohne Ton funktionierte das irgendwie schlecht und wenn dann genau im falschen Augenblick eine Tussi reinkam und mich hörte... wah, keine schöne Vorstellung. Außerdem wäre ich dann tot fürs Leben.

Andererseits, vielleicht flog ich ja dafür raus und dann hätte ich gesiegt und säße nicht mehr in dieser Irrenanstalt fest. Das klang auch sehr verlockend.

Nur, hatte ich das wirklich nötig? Damit würde ich mir ja selbst eingestehen, dass ich sexuell frustriert und bei Mädchen so was von noch gar nicht gut ankam, das fand mein Ego nicht lustig. Scheiß Zwickmühle!

Okay, Hose runter, Schwanz raus – war die Tür auch wirklich zu? Sollte man ja nur hören, nicht sehen! –, ich tat das aus reiner Provokation und nicht, um mich aufzugeilen, nie im Leben!

Aber an wen sollte ich dabei denken? Irgendwelche besonderen Mädchen, die mir in letzter Zeit über den Weg gelaufen waren?

Paula vielleicht, die sah gut aus. Aber Hannah auch. Hm, schwierig. Oder ganz einfach, warum nicht beide zusammen? Wer wusste, was die in ihrer Freizeit wirklich taten? Vielleicht waren die Freunde von den beiden nur gemietet?

Sollte ich jetzt ein schlechtes Gewissen haben, weil in meinem Kopf gerade ein ganz schön zweifelhafter Gedankenfilm mit den zwei Mädchen in den Hauptrollen ablief und ich nun doch einen guten Grund hatte, auf der Stelle zu wichsen?

Nein, immerhin hatten mich eine Verkettung von unglückliche Umständen und Zufällen dazu verleitet und ich konnte mir sowieso ziemlich viel erlauben, solange man mir deswegen nicht das Taschengeld strich.

Die Situation war schon irgendwie geil, nur mochte mich das Schicksal nicht und es spazierte erst dann jemand ins Klo, als ich schon längst gekommen und alle Beweise entfernt hatte. So viel zu Thema, man wollte provozieren. Ohne Publikum fehlte da das wichtigste Element. Und jetzt noch einmal zu simulieren, dass ich gerade sehr beschäftigt mit mir selbst war, dazu hatte ich keinen Bock.

Zweite Mission zu früh erfolgreich und damit gescheitert. Naja, ich war daran nicht Schuld, aber meine Perfektheit konnte man halt nicht auf alle anderen übertragen.

Als ich wieder allein – und immer noch nicht angezogen – in meinem Versteck stand, bekam ich langsam Hunger und beschloss nach einem Blick auf die Uhr, dass das Essen jetzt wohl auf dem Tisch sein musste und ich aus dem Gefahrenbereich sei.

Ganz gemütlich richtete ich mich wieder so her, dass man nicht unbedingt sah, was ich eben für drastische Maßnahmen ergriffen hatte, wusch mir noch kurz am Waschbecken die Hände und ging dann ganz cool in den Saal, in dem schon alle hockten und miteinander schwätzen, während sie Nudeln und eine nicht näher zu identifizierte Soße in sich hineinstopften.

Ich sah mich um; wem sollte ich nun am besten auf den Wecker gehen? Die kleinen Kinder schafften es eher, mich zur Weißglut zu treiben, also kamen noch meine netten, charmanten und freundlichen Zimmergenossen und nicht ganz Zimmergenossen in Frage, die auch heute zusammen an einem Tisch saßen und genervt seufzten, als ich mich wortlos zwischen sie setzte und so tat, als wären sie Luft für mich.

Die unförmigen braunen Schwämme in der Soße entpuppten sich als zu groß geratene Pilze, die ich angewidert an den Tellerrand verbannte und die Luis mir ungefragt stibitzte und als sein Eigentum adoptierte. Wenn er meinte, diese mutierten Teile zu essen, hinderte ich ihn natürlich nicht dran, vielleicht hatten wir dann morgen ein Chaoskind weniger in unserem Zimmer.

„Weiß einer, wie weit es bis zur nächsten Stadt ist?“, fragte Sascha in die Runde. „Ich brauch ne neue Handykarte, sonst tötet mich meine Freundin, weil ich sie nicht ständig zurück rufe.“ Er stocherte wenig begeistert auf eine Nudel ein.

Der hatte Probleme, wenn die Tussi ihm auf den Keks ging, sollte er sie ignorieren, bis sie merkte, dass sie nicht den Mittelpunkt des gesamten Universums darstellte.

Meine Fresse, solche Frauen waren der Grund, warum ich Kerle verstand, ich lieber single blieben.

„Kein Plan, frag mal Moritz, vielleicht hat der Ahnung“, schlug Tom vor und stieß fast seinen Becher um, als er Luis schlagen wollte, weil dieser ihm den Teller weggezogen hatte. Was für ein Kindergarten hier.

„Wird sicher weiter weg sein, damit wir nicht dauernd in die Stadt gehen und uns Süßigkeiten kaufen können“, merkte Vincent an.

„Toll.“ Saschas Miene sprach Bände, wahrscheinlich malte er sich aus, wie seine Freundin an die Decke ging, wenn sie das erfuhr.

„Warum ist die eigentlich nicht mitgefahren?“

„Weil es ihr zu kindisch war und weil sie ihr Geld lieber für Schminke ausgeben will.“ Olli zuckte mit den Schultern. „Sie bleibt halt lieber zuhause.“

„Und terrorisiert ein ganzes Zimmer“, brummte Richard leise. Anscheinend hatte er keinen Bock mehr, immer über den Störfaktor Saschas abnormale Klette zu diskutieren. „Was machen wir heute Nachmittag?“

„Will Moritz später noch bekannt geben, aber erst müssen wir ja sowieso gammeln wegen der Mittagspause.“ Die Aussicht, für einige Zeit still zu sein, freute Luis nicht, war ja zu erwarten gewesen. „Wir könnten uns auf die Suche nach der Stadt machen, genügend Zeit hätten wir.“

Ja, bitte tut das, dann hätte ich eine Idiotenfreie Zone und könnte chillen, wunderbare Vorstellung.

Sie überlegten noch einige Zeit, ob das wirklich so sinnvoll wäre und wie man sich dabei am besten anstellte, ohne sich zu verlaufen, bis das Mittagessen beendet wurde und dieses Mal nicht Moritz, sondern irgendwer anders den Ansager spielte und erklärte, dass ab 15 Uhr für alle Ballspiele auf der großen Wiese stattfanden.

Na juhu, Sport bei der Hitze und mit so vielen Volltrotteln klang schlimmer als Vincents CDs alle auf einmal abzuspielen.

Wer machte so eine beschränkte Planung?

Und zu allem Übel näherte mir sich auch noch ein gewisses Wesen mit M, das mich am T-Shirt festhielt, bevor ich vor ihm wegrennen konnte. Nein, das durfte doch nicht wahr sein, der sollte seine dummen Pfoten von mir nehmen und an jemand anderem rumfummeln, ich wollte den verfuckten Tischdienst nicht übernehmen, da hockte ich mich lieber den restlichen Tag irgendwo hin und rubbelte mir so oft einen, bis mein Ding abfiel.

„Kann ich nicht mal meinen Teller leer essen?“, fauchte ich ihn an, um ihm wenigstens irgendwie meinen Ärger über die Tatsache, dass er existierte, klarzumachen. Ansonsten hätte ich kein Wort über mein Essen verloren, es schmeckte eh unter aller Kanone.

„Nein, du gehst jetzt Tische abwischen und wenn ich dich erwische, wie du wieder abhauen willst, schließ ich das nächste Mal die Tür zu, damit du erst gar nicht auf die Idee kommst, wegzulaufen.“ Dass ich seine Methoden alles andere als pädagogisch wertvoll fand, konnte man sich vorstellen. Zur Not benutzte ich das Fenster als Tür, dann bekam er Ärger. „Du kannst machen, was du willst, wir schicken dich nicht einfach weg.“

Mann, musste ich erst ein kleines Kind um die Ecke bringen, bevor er einsah, dass man mir nicht widersprach? „Arschloch.“ Vielleicht musste ich ihn nur lange genug beleidigen...

„Mach ruhig so weiter“, meinte er gelassen und führte mich in Richtung Küche, wo ein Eimer Wasser und ein Putzlappen auf mich warteten. „Mich kriegst du damit nicht klein, du machst dir höchstens noch mehr Arbeit.“

Das würden wir ja sehen, darauf konnte er sein nicht vorhandenes Gehirn verwetten!
 

Um mich richtig fertig zu machen, hatte Leonie tatsächlich beschlossen, die Kinder spielen gehen zu lassen und mir dabei zuzusehen, wie ich die ganze Arbeit alleine machte. Natürlich ließ sie es nicht unkommentiert, wenn ich nicht gründlich genug war oder wenn ich mich weigerte.

Wie krass waren die hier bloß drauf? Wofür hatten die hier Personal? Und was sollte die Scheiße bitte schön? Da ging meine ganze Freizeit drauf, nur weil die hier unterbelichtete, arrogante Behinderte waren, die meinte, für mich die ohnehin schon verschwendeten zwei Wochen in ein Erziehungscamp umzugestalten.

Tickten die noch ganz sauber oder fehlten denen eine richtige Aufgabe, um die sie sich kümmern konnten? Wie wäre es, die Aufsicht über die restlichen Teilnehmer ernster zu nehmen, statt mich zu belästigen und zu dissen?

Völlig kaputt und mit den Nerven am Ende schleppte ich mich nach einem Dritteljahrtausend zurück in unser Zimmer, indem sich wunderbarerweise keine Sau aufhielt, sodass ich endlich mal Ruhe und Zeit für mich hatte. Halleluja, sie waren also doch abgehauen, um ihre kleine Expedition zu starten.

Keiner da, der mich stören könnte; erleichtert zog ich meine Hose aus, kraxelte in mein Bett und vergrub mich ganz tief in der Decke, um zu schlafen. Hatte ich ja auch nach diesem Alptraum verdient.

Ich döste zufrieden vor mich hin, in meiner Phantasiewelt wurde Moritz von einer riesigen Mülltonne verschluckt und ins Nirwana gespült, aus dem er nicht mehr entwischen konnte, die anderen Jungs wurden je nach Belieben gefesselt, geknebelt und im Bach versenkt und Paula und Hannah beschlossen spontan, ihre Assifreunde zu verlassen und mich zu heiraten und mit mir ganz viele Kinder zu bekommen, was ich ihnen allerdings verbot, da Kinder die Idylle ziemlich zerstört hätten.

Gott, war das geil, warum nahm sich die Realität nicht daran ein kleines Beispiel?

Doch alle schönen Dinge hatten auch mal ein Ende, denn jemand riss die Tür auf, latschte einmal quer im Raum herum und entdeckte mich dann leider.

„Dominik?“ Ich wurde geschüttelt und man entwendete mir die Decke.

„Zisch ab, bin müde“, knurrte ich gereizt und machte mich so klein wie möglich.

„Wo sind die anderen aus deinem Zimmer? Das Nachmittagsprogramm sollte seit fünf Minuten losgehen, aber keiner von euch ist gekommen.“

„Mir doch egal, vielleicht waren sie wirklich so dumm und haben sich verlaufen.“ Wenig Intelligenz dazu hätten sie. Das müsste auch Moritz, denn kein anderer ging einem permanent auf die Eier, einleuchten.

„Wie, verlaufen?“ Er schüttelte mich noch einmal, damit ich ihm auch den Rest erzählte, woraufhin ich ihn anfauchte wie eine Katze, der man auf dem Schwanz getreten war. Ich fühlte mich bedrängt, er sollte gefälligst Sicherheitsabstand von dreihundert Kilometern nehmen.

Widerwillig berichtete ich ihm von dem Schwachsinnsplan von vorhin, der der Auslöser für das Massenverschwinden bedeuten konnte. „Darf ich dann weiterpennen, ihr fangt ja eh erst an, wenn sie wieder da sind.“ Schließlich hatten sie die Pflicht, aus Dummheit entlaufene Teenager zu finden und hierher zu bringen.

„Tu, was du nicht lassen kannst“, seufzte Moritz, tätschelte mir noch kurz den Kopf – Pfoten weg, Schwuchtel! – und ging dann wohl seinen Kollegen Bescheid sagen.

Endlich weiterdösten, vielleicht hatte er ein schlechtes Gewissen gehabt, weil sie mich als Spül- und Putzmädchen benutzt hatten, und mich deshalb nicht nach draußen geholt.

Um halb vier kamen dann unsere Witzfiguren endlich an, ziemlich wütend und ohne Motivation, nun noch einem Ball hinterher zu hopsen, vor allem weil die Betreuer ihnen die Hölle heiß machten.

Ich stand daneben, grinste mir einen ab und lachte sie innerlich aus, da sie sogar bei Thema Orientierung nichts drauf hatten. Fail am Nachmittag.

„Ich will kein scheiß Ballspiel spielen“, regte sich Richard tierisch auf, „ich will in mein Bett und schlafen.“

„Hättest du nicht behauptet, du wüsstest den Rückweg, wäre das alles gar nicht passiert“, meckerte Luis ihn an, Tom unterstützte ihn, Olli wollte schlichten, Richard wurde noch ungehaltener und ich fand es immer besser, die ersetzten mir die ganzen Comedysendungen, so wie sie sich benahmen.

„Schluss jetzt“, ging Leonie dazwischen, bevor einer von ihnen auf die Idee kam, das Gewalt manchmal nicht doch nützte, „ihr seid selbst schuld, wenn ihr meint, ohne Erlaubnis weggehen zu müssen, also könnt ihr auch mitspielen.“

Allgemeines Gemaule, aber da sie sich nicht mit ihr anlegen wollten, stoppten sie ihre Proteste und warteten genervt, was auf sie zukam.

Wir wurden in vier Gruppen aufgeteilt, ungefähr nach dem Alter, und zu irgendwelchen Ballspielen verdonnert.

„Ich will kein Fußball, das ist scheiße“, beschwerte ich mich sofort bei Annabell, die mir den Todesblick des Tages zuwarf und meinen Einwand abschmetterte. Blöde Kuh.

Fußball gehörte für mich zu den sinnlosesten Sportarten dieses Planeten. Man rannte hinter einem Ball her, tat so, als wäre man gefowlt worden, schoss anderen Menschen fast den Kopf weg und wenn man Pech hatte, rannte man aus Blödheit gegen das Tor. Das seltsame Verhalten, wenn einer den Ball am Torwart vorbei geschmuggelt hatte, ließ man am besten sowieso unkommentiert.

Tom stand bei uns im Tor, bei den anderen übernahm Hannah diese Rolle, die sie eigentlich ganz gut meisterte – bei Mädchen erwartete man ja immer irgendwie, dass sie vor dem Ball davonliefen –, während Tom sich echt selten dämlich anstellte.

Es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte ihn gefragt, ob er überhaupt wusste, was sein Job war, aber bevor man auf die grandiose Idee kam, mich stattdessen dort zu platzieren, hielt ich lieber die Klappe und stellte meinen Gegnern öfter mal ein Bein.

„Domi, du Arsch.“ Wow, der kleine Vinc konnte ja auch ganz anders, wenn er volle Kanne auf die Fresse flog. „Lass das.“ Er wischte sich erfolglos Gras von der Hose und Dreck aus den Haaren und funkelte mich böse an.

Ich tat so, als wäre nichts gewesen und fluchte wie ein schlecht erzogener Grundschüler, als mir einer der Zwerge mit voller Kraft den Ball gegen den Oberarm schoss. Ich war doch keine Zielscheibe!

Nach einer halben Stunde durften wir drinnen uns etwas zu trinken holen – ansonsten wären hier einige dramatisch verdurstet – und es wurde getauscht, sodass ich mich plötzlich mit einem Federballschläger in der Hand auf einem anderen Fleckchen Gras wieder fand.

Nur leider ohne Gegner, keiner hatte Bock, gegen mich haushoch zu verlieren. Nett.

Ich wollte schon in Richtung unseres Zimmers schleichen, um mich zu duschen, doch damit waren die Betreuer nicht einverstanden – war ja ich, mir musste man immer dazwischenfunken – und teilten mich noch zu meinen zwei Lieblingsmädchen ein, damit wir uns abwechseln konnten. Fand ich nicht so schlecht, sie schienen kein Problem mit mir zu haben.

Lag wohl daran, dass ich auch kein Problem mit ihnen hatte und dementsprechend mein nettestes Verhalten aus den Tiefen meiner unfreundlichen Seele hervorkramte und mir ein Dauerlächeln ins Gesicht tapezierte.

Was tat man nicht alles für hübsche Mädchen, um sie zu begeistern.

Irgendwann konnten wir alle nicht mehr, sodass die Federbälle immer kürzer flogen und immer ungerner vom Boden gepflückt wurden, sodass wir begnadigt wurden und die Nachmittagsbeschäftigung offiziell ein Ende fand.

Nun wollte ich wirklich nur noch schnell unter die Dusche, bevor sechs andere Kerle auf denselben Gedanken gekommen waren und vor den Duschen eine Massenschlägerei entbrannte, weil jeder zuerst da rein wollte.

Nachdem ich ein Handtuch und mein Shampoo an mich genommen hatte, flitzte ich ins Bad und betrachtete alles andere als erfreut die drei Duschen, die nicht besonders hygienisch aussahen und nur durch kleine Wände voneinander getrennt wurden. Das bedeutete, wenn ich mich da duschte und einer bei den Wachbecken stand, konnte er mir einfach zusehen. Wie anders war das denn? Nur weil wir alle männlich waren, hieß das nicht, dass es mir am Arsch vorbei ging, wenn ich nicht genügend Privatsphäre besaß, wenn ich da nackt rumhüpfte.

„Äh, sehr cool“, bemerkte Tom ebenfalls kritisch, als er mit Duschzeug und Luis im Schlepptau aufkreuzte. „Wollen die uns verarschen?“

„Mach doch die Augen zu, dann siehst du nicht, dass einer guckt“, riet ihm sein Kumpel ganz schlau und begann sich auszuziehen und die Klamotten auf den Boden zu schmeißen. „Komm, mach kein Theater, Dominik sieht nichts, was er nicht kennt. Außer, er hat uns alle reingelegt und ist weiblich, aber das kann ich mir nicht vorstellen.“ Ein fieses Grinsen huschte über sein Gesicht und er verschwand zu seiner Dusche. Ein Kompliment sollte das mit Sicherheit nicht sein.

Schnell zog ich mich auch aus, machte Tom klar, dass er mich gefälligst nicht so dumm anglotzen musste und stellte mich unter den Wasserstrahl, der sich anfühlte wie ein geschmolzener Berg Eis; wo schaltete man das warme Wasser an, ich wollte nicht erfrieren.

Nebenan hörte ich Luis wegen der Kälte jammern und stempelte ihn nun endgültig als Vollidiot ab, während ich an Toms Schatten auf der anderen Seite erkannte, dass er seltsam herumsprang, entweder um sich aufzuwärmen oder um Aufmerksamkeit von mir zu bekommen. Konnte er knicken, erst mal kümmerte ich mich um mich selbst, kleisterte mich mit Shampoo ein, bis ich wie ein mutierter Pudel aussah und duschte es dann wieder weg. Ich verstand Männer, die sich höchstens einmal in der Woche duschten, einfach nicht; fühlte sich doch scheiße an und man kam bei Frauen damit echt nicht gut weg.

Spontan musste ich an einen bestimmten Schauspieler denken, der anscheinend an einer Duschphobie litt und trotzdem von Millionen wahnsinniger weiblicher Fans belagert wurde. Wie ungerecht das Leben doch sein konnte.

Fertig mit Waschen wickelte ich mir das Handtuch um, schnappte mir meine Sachen und ging in unser Zimmer, wo Vincent friedlich in Luis Bett schlummerte und auch nicht aufwachte, als ich ihm mit dem Finger gegen die Stirn pochte.

Jetzt noch eine Runde chillen, bis es weiterging mit dem Programm und die Tatsache verdrängen, dass eigentlich ein Stapel Teller auf mich wartete, der auf die Tische verteilt werden wollte. Ich hatte schließlich schon heute Mittag genug Dienst für die nächsten zwanzig Jahre geleistet.

„... und dann hat er ihm voll eine reingeschlagen, weil er ihm so auf den Geist gegangen ist, fand ich auch berechtigt“, plapperte Luis, als er und Tom das Zimmer betraten, brach aber ab, als er sah, wer da sein Bett blockierte.

Ich beobachtete gespannt, ob er ihn einfach rauswarf, um Platz für sich selbst zu haben.

Leider trat das nicht ein, stattdessen wirkte Luis erst mal ziemlich verwirrt, legte seine Sachen auf dem Tisch ab und quetschte sich einfach zu Tom. Manno, und ich hatte hier mit etwas Action gerechnet, wie unfair.

Die beiden quasselten weiter über das, was sie bis eben so spannend gefunden hatten – ich verstand natürlich kein Wort – und machten Pläne für den Abend, falls wir nicht wieder mit seltsamen Spielen gequält wurden.

Drüben hatte mal wieder jemand ausversehen auf die Playtaste des CD Players gedrückt und zufällig die Lautstärke auf Disco ist nichts dagegen gestellt, sodass ich mich ernsthaft fragte, wie das kleine Softikind Vince jetzt noch ruhig schlafen konnte. Vielleicht hatte er sich schon vorher Ohrstöpsel reingesteckt, um nicht von diesen Musikterroranschlägen gestört zu werden.

„Heiliger König Dominik, musst du nicht in die Küche und dein Image ruinieren?“, hörte ich plötzlich eine Stimme direkt an meinem Ohr; verärgert setzte ich mich auf, fuhr Luis an, dass er nicht dauernd in mein Bett krabbeln sollte – vor allem nicht, wenn ich gerade in einer Pseudoschlafphase feststeckte und mich nicht gegen seine Anwesenheit wehrte – und trat nach ihm. Wenn ich gut genug zielte, rettete ich die Welt vor der Gefahr, mit einer Version Luis 2.0 konfrontiert zu werden. So wie es sich anhörte, hätte ich es fast geschafft.

„Ah, das tut weh“, jammerte Luis wie verrückt und rückte von mir ab, damit ich nicht noch einen Treffer landete.

„Wenn du mich nicht nervst, passiert so was auch nicht.“ Müsste doch eigentlich logisch sein.

Stolz auf mich schob ich ihn zur Seite und ging meinem absoluten Hassjob nach, in der Hoffnung, nun nicht mehr die ganze Scheiße allein managen zu müssen, ansonsten sperrte ich mich nur noch im Mädchenklo ein und zeigte ganz frech kleinen Kindern meinen Schwanz, um endlich rauszufliegen.

Leonie betrachtete mich wie das achte Weltwunder, als ich mit steinerner Miene Messer überall hinlegte und mich nicht anstellte, als wäre hier das Dominikzwangprojekt.

„Sag mal, bist du wirklich Dominik oder ein Klon?“, wollte sie am Schluss noch ganz dreist wissen, aber ich lächelte nur, dachte mir „Fick dich“ und wollte mich noch einmal zu Paula und Hannah verziehen, die aber leider entweder noch in der Dusche standen oder mit Stylen beschäftigt waren, weshalb sie mich baten, später vielleicht wiederzukommen und ich doof vor der geschlossenen Tür stand.

Irgendwie schon peinlich, diese Abweisung, aber davon ließ mich nicht unterkriegen, immerhin hielt ich es mit drei durchgeknallten Kerlen auf engstem Raum aus.

Ging ich halt zurück in den Essenssaal, kein Problem. Dort gammelte bestimmt schon wer, der mir die Wartezeit bis zum Abendessen verkürzte und sei es nur ein aufdringlicher Moritz, der sich nicht entscheiden konnte, ob er bei mir hart durchgreifen oder mich wie ein kleines Kind behandeln sollte.

Tatsächlich lehnte er an der Wand neben den Eingang und musterte mich, als dürfte ich hier eigentlich gar nicht hinein, aber ich ließ mich davon nicht stören, sondern setzte mich an einen der vielen Tische und schenkte ihm keine Aufmerksamkeit, hoffentlich fand er das schrecklich.

Langsam füllte sich der Raum mit lauten Kindern und anderen schlimmen Dingen, denen man hier nur ganz schlecht ausweichen konnte, und plötzlich hockte auf dem Platz neben mir ein Olli und versuchte mit mir ins Gespräch zu kommen, was ich so mysteriös fand, dass ich fast geantwortet hätte, wäre mir nicht rechtzeitig eingefallen, er könnte das als freundlich empfinden, weshalb ich meine Ohren auf Durchzug stellte, mit dem Messer die Tischkante ritzte und zufrieden bemerkte, dass er gekränkt seine Unterhaltung mit Vincent fortsetzte. Irgendetwas über Biebesheim, womit ich sowieso nichts anfangen konnte, ich kannte dieses Kaff nur aus Erzählungen. Freiwillig verirrte ich mich da nie hin.

Das Brot schmeckte wie drei Tage alt und die Gurken wusste nicht, ob sie grün oder noch eher weiß waren, aber weil ich futtern wollte, blendete ich diese Tatsache aus und knabberte mich einmal quer durch den hier vorhandenen Gemüsegarten, während die anderen sich über Computerspiele informierten, über Lehrer von ihrem Gymnasium lästerten, sich um die letzte Scheibe Käse stritten und schon wieder alberne Pläne austüfteln wollten.

Vinc hing über seinem Teller, als wäre er gar nicht richtig lebendig, man hatte ihn wohl unsanft geweckt und hier her verschleppt; Sascha hatte ein Handy unter der Tischplatte versteckt und tippte eifrig SMS, um seine Freundin zu besänftigen.

Insgesamt verlief also alles so, wie man es kannte, das bedeutete nichts Gutes bei dieser Freizeit.

„Wir treffen uns um sieben wieder hier.“ Die Betreuer hatten wieder Schlimmes mit uns vor.

„Warum?“ Richard sah es nicht ein, eine halbe Stunde auf die Auflösung zu warten, aber als der Betreuer ihn mit einem Blick ansah, der verriet, wie kindisch er diese Fragerei fand, schloss Richard den Mund und stopfte ihn lieber mit dem Nachtisch voll.

Wie konnte man nur freiwillig Quark mit Mandarinen essen? Ich hatte meinen schnell an Olli weitergereicht, der sich ziemlich darüber gefreut hatte, aber Hauptsache, ich kam damit nicht in Berührung.
 

„Nicht schon wieder Spiele“, seufzte Tom überfordert, als alle um kurz nach sieben – als ob hier mal pünktlich angefangen wurde – an den Tischen saßen und auf die Schachteln und Kartenberge vor sich blickten.

„Besser als Fußball“, brummte ich und nahm die Maomaokarten in die Hand. „Will wer?“ Allein machte es keinen Spaß, da nahm ich es in Kauf, mich mit Idioten zu beschäftigen.

Tom, Luis und Sascha hoben gleichzeitig die Hand und ich hätte am liebsten meine dumme Frage zurückgezogen, ließ mir aber nicht anmerken, dass ich sie nur zu gerne mit den Karten erstochen hätte und teilte aus. Irgendwie musste man ja diesen Abend herumbekommen.

Vinc und Olli begannen mit den Mädchen Monopoli aufzubauen und Richard riss sich das Vier gewinnt unter den Nagel. Interessante Konstellation.

„Kannst du nicht mischen oder was?“ Luis war immer noch wegen meiner Attacke vorhin wütend, riss mir die Karten aus der Hand und zeigte, dass er es kein Stückchen besser hinbekam als ich, sodass sogar Sascha ein leichtes Grinsen nicht verkneifen konnte.

„Fünf oder sieben?“

„Mach neun, wir haben Zeit.“ Tom schien sich mit dem Ablauf des Abends abgefunden zu haben und pflaumte seinen Kumpel wenig später an, weil er sich natürlich nicht absichtlich beim Verteilen verzählt hatte. Ja, und so einer hielt sich für besser als ich, na gute Nacht.

Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Richard Moritz dazu nötigte, als zweiter Spieler einzuspringen; wie kam man auf die Idee und fragte den freiwillig danach? Krank, einfach nur krank, dieser Richard, ich hatte es von Anfang an gewusst.

„Boah, Dominik, pass auf, du bist dran“, wurde ich angenörgelt – von wem wohl? – und ließ ihn gleich ganz dreist zwei Karten ziehen. Wie sagt man so schön, selfowned.

Die erste Runde gewann Luis, allerdings vermuteten wir alle, dass er wirklich geschummelt hatte, der Assi. Die zweite gewann Sascha, was mich aufregte, weil ich nur eine Karte vom Ziel entfernt gewesen war. Die dritte wurde abgebrochen, weil Luis so sauer wegen dauernden Hinweisen, dreimal zwei ziehen zu müssen, war, dass er den Kartenstapel in die Luft jagt. Und von der vierten bekam ich so gut wie gar nichts mit, weil mich etwas sehr Erschreckendes ablenkte.

Richard saß Moritz nicht mehr gegenüber, sondern neben ihm, lehnte seinen Kopf an seine Schulter und schenkte ihm doppelt so viel Aufmerksamkeit wie dem Spiel, das halb angefangen vor ihm stand und darauf hoffte, beendet zu werden. Als Moritz ihm sogar einem Arm um die Schulter legte und Richard fast aussah, als wollte er wie eine Katze schnurren, hatte ich wirklich das Gefühl, im Paralleluniversum festzusitzen und nicht mehr wegzukommen.

Das zum Geier trieben die da? Musste das hier sein? Und warum freute das Richard so? Ich an seiner Stelle wäre schreiend weggelaufen, wenn Moritz so angekommen wäre. Gehirnverlust? Nicht zu heilender Wahnsinn? Oder ware seine Socken dran Schuld?

Auf jeden Fall vermieste mir der Anblick jegliche Interesse an Maomao; man konnte gar nicht wegsehen, weil es so gestört war.

„Dominik, was ist denn... oh!“ Tom hatte auch entdeckt, was da ablief, wusste aber nicht, wie er es bewerten sollte und starrte stattdessen ganz intensiv auf seine Karten, als erklärten sie ihm gerade, weshalb Richard und Moritz diese Show abzogen.

„Wenn sie meinen, dass sie es brauchen.“ Sascha zuckte mit den Schultern, als sähe er ein solches Verhalten jeden Tag dreimal und zwang mich, meine Kartenanzahl zu erhöhen. Blödmann.

„Macht der so was auch bei euch?“, fragte ich Sascha, da er als Zimmermitbewohner vielleicht schon solchen Attacken ausgeliefert gewesen war.

„Nein, warum sollte er? Er weiß, dass ich eine eifersüchtige Freundin habe und Olli zwar nett und alles, aber für so was echt nicht zu gebrauchen ist.“ Thema für ihn geschlossen, für mich noch lange nicht.

Erst schwarzen Nagellack, dann hässliche Socken und nun machte der sich an Moritz ran, bei dem fehlte der ganze Geschirrschrank. Vielleicht versuchte er sich auch nur einzuschleimen, damit Moritz ihn bevorzugte, aber das machte die Angelegenheit auch nicht schöner.

Ich hatte keinen Bock mehr auf Spiele; hier wurde man abgezogen und indirekt belästigt, das war doch nicht mehr normal. Am besten, ich nahm die altbekannte Technik. Man ging aufs Klo und kam nicht wieder, darauf fielen die Leute immer noch herein.

Zwar fanden die anderen es nicht lustig, dass ich mich aus dem Staub machte, aber erstens wollte ich meine Ruhe haben und zweitens hätten sie nach drei Minuten schon vergessen, dass ich überhaupt bei ihnen mitgemacht hätte.

Eilig schlängelte ich mich an Kindern und Betreuern vorbei, öffnete die Tür zum Jungenklo, wartete dort eine halbe Minute und schlich mich dann weiter zu unserem Zimmer, das ich für mich allein hatte, denn Moritz war im Moment sowieso zu abgelenkt, um sich um mich und meine Anwesenheit zu kümmern und der Rest schien nicht so übermäßig auf mich fixiert zu sein wie er.

Es war erst kurz vor acht, ich hatte noch jede Menge Zeit, bevor die anderen kamen und nervten. Zufrieden schaltete ich meinen MP3-Player an und versuchte auf meinem Handy, den Rekord bei Snake zu schlagen.

Wenigstens ein Spiel, bei dem man sich nicht mit kleinen Kindern oder großen Idioten herumärgern musste und nur durch einen leeren Akku behindert werden konnte.

Danach schickte ich ein paar böse SMS an meine Eltern und zwang mich, den Krimi weiterzulesen, obwohl mir der ermittelnde Kommissar völlig unsympathisch und die Handlung nicht sehr ansprechend war. Aber vielleicht bestand Hoffnung und es käme eine 'nette Szene' zwischen ihm und seiner Assistentin vor.

Besser, als Richard beim Kuscheln mit Moritz zuzusehen.

Tag 3

Ausnahmsweise wurde ich nicht von Urwaldgeschrei und totem Niveau geweckt, da ich als erster im Zimmer aufwachte; neben mir lag noch mein Handy, auf dem das Titelbild von Snake dämlich vor sich hinblinkte und statt einem Kissen hatte ich die ganze Nacht lang auf dem Failkrimi gepennt.

Hoffentlich klebte mir jetzt keine Druckerschwärzer in der Fresse, sonst verließ ich heute den Raum nicht mehr, so eine Blamage musste ich nicht über mich ergehen lassen.

Aber es ärgerte mich, dass ich nicht hatte ausschlafen können, weil ich gestern Abend bei der negativen Spannung des Gammelbuchs einfach weggeratzt war, bestimmt noch vor neun Uhr.

Aber wenigstens hatten mich die Spielkinder nicht mit sinnfreiem Gelärme aus meinem Traumparadies gerissen, sonst hätte es echt Tod und Verderben gegeben.

Mein Handy verkündete dreist, dass es erst kurz nach sieben sein konnte; ich hatte also noch genügend Zeit, mich aufzuregen oder wahlweise wild durchs Zimmer zu springen und einmal den Spieß umzudrehen. Sollten mal die anderen von mir belästigt werden statt immer nur ich von ihnen.

Oder ich machte es ganz fies und ärgerte jeden einzeln ein bisschen. Verdient hätten sie es auf jeden Fall, besonders Softeisbrötchenopfer und Dummluis, der sich mit seinem negativen IQ nie zurückhalten konnte.

Leise, um mir nicht den Plan von Anfang an zu vermasseln, warf ich die Decke von mir hinunter, packte mein Handy, kletterte aus dem Bett und suchte mir ein Opferlein.

Luis gammelte so verlockend idiotisch und ziemlich verknotet auf seiner Matratze, der schrie gerade zu Quäl mich, König Dominik!, diesen Wunsch würde ich ihm mit Vergnügen erfüllen.

Ich flitzte zu ihm, stellte die Lautstärke meines heiligen Handys auf die höchste Stufe, um den schönsten Effekt zu erzielen, hielt es ihm direkt ans Ohr und begann, meine Klingeltöne zu testen.

Die Reaktion war echt zum Totlachen; durch sein Geschrei wurden gleich noch meine zwei anderen geliebten Zimmermitbewohner wach und guckten wie erschrockene Fische, weil sie nicht wusste, ob ich Luis folterte oder ob er sich nur künstlich anstellte.

„Domi, du mieser kleiner Arsch, ich hasse dich“, plärrte mich Luis an, versuchte sich gleichzeitig das geschädigte Ohr, den Arm, den er sich an der Leiter gestoßen hatte, zu halten und nach mir zu schlagen.

Erfolg gleich null, er war und blieb ein Verlierer, wie alle Vollpfosten hier. Nur ich war einfach aus Prinzip im Vorteil.

„Bist du eigentlich noch zu retten? Das tat weh, ich hab dir gar nichts gemacht, du Wichser, Mann. Bei dir tickst doch nicht mehr ganz richtig, geh sterben und hör auf, dich hier so dummdämlich aufzuspielen, als wärst du der einzig wahre. Du bist einfach nur ein kleiner verzogener, egoistischer Hurensohn ohne Freunde.“

Oh mein Gott, nun musste ich aber weinen, wie traurig.

Man, der sollte sich ins Knie ficken und den Schnabel halten; auf unschuldiges Etwas zu machen war ja voll daneben; er hatte es verdient.

„Sag mal, geht es dir noch ganz gut?“, mischte sich nun auf Tom ein, der als bester Kumpel of the world natürlich nicht fehlen durfte und Luis seelisch und moralisch unterstützen musste. Allein schaffte der das ja nicht. Wie arm. „Kannst du nicht einmal aufhören, Scheiße zu machen und einfach nur rumsitzen und atmen? Ist das zu viel verlangt?“

Wenn Blicke Morddrohungen schreiben könnten, hätte ich nun ein vollgefülltes E-Mailfach.

Vinc würdigte mich keines Blickes, sonders verließ sein Bettchen und krabbelte zu Luis, um ihn zu trösten. Alter, wie schwul, was hatten die nur alle genommen?

Vielleicht steckte Richard an; ich sollte mich also besser noch weiter als gewöhnlich von ihm entfernt halten, sonst benahm ich mich bald auch so wie Vinc und Luis, die dasaßen, als wären sie zu einem Wesen verschmolzen.

Wie im Horrorfilm, das nächste Mal überlegte ich mir etwas, bei dem Kleinvinc nicht gleich sein Mitleidsgetue an Luis auslassen konnte, sonst rastete ich aus und wurde noch ungemütlicher zu ihnen als vorher.

Langsam wanderte die ganze Aufmerksamkeit, die Luis mit seinem Gezeter auf sich gezogen hatte, zu mir herüber und ich merkte, wie ich von drei Seiten gegrillt wurde.

Na toll, bestimmt kamen jetzt wieder dumme Sprüche oder sinnlose Beleidigungen von ihnen, die würde ich alle knallhart an mir abprallen lassen und dafür sie schön fertig machen.

Die Hauptaufgabe eines wahren Dominiks.

Mit einem perfekten überheblichen Blick konterte ich die Röstattacke und war deshalb gar nicht darauf vorbereitet, dass Luis von seinem Bett aufsprang, mich am T-Shirt packte und mich durch das Zimmer schleifte.

Hallo, aber sonst funktionierte in seinem Hirn alles noch ganz gut. Ich war doch kein Putzlumpen, den man je nach Lust und Laune durch die Gegend beförderte, weshalb ich mich natürlich auch anfing zu wehren, als er mich auf den Gang ziehen wollte.

Sehr theatralisch klammerte ich mich am Türrahmen fest und fuhr ihn an, dass er seine Griffel von mir nehmen sollte, auf ein kaputtes T-Shirt konnte ich sehr gut verzichten.

Das kleine Dummkind tat so, als hätte es meinen Befehl nicht verstanden und schon nach wenigen Schritten befand ich mich im Bad; erst recht ein Grund, schnell abzuhauen, das bedeutete nie was Gutes, wenn man von anderen dort reingezwungen wurde.

Mein schöner Fluchtplan – Luis niederschlagen und das Weite suchen – scheiterte schon daran, dass er Verstärkung bekam, nämlich seinen kleinen Zwei-Mann-Fanclub, der mich daran hinderte, zurück ins Zimmer zu rennen.

Hatte ich schon mal erwähnt, wie scheiße ich Luis fand?

Allerdings fragte ich mich echt, ob er den Negativbereich noch sprengte, denn er wenn er wirklich das durchzog, was ich befürchtete, würde ich bei nächster Gelegenheit seinen Schrank samt Inhalt abfackeln.

Er machte es wirklich; zusammen mir Tom stießen sie mich in die Möchtegernduschkabine, hielten mich dort fest und stellten das Wasser auf. Natürlich auf eiskalter Stufe.

Ich tobte wie ein Wirbelstürmchen, beschimpfte sie auf übelste Art und Weise, versuchte ihnen die Augen auszukratzen oder sie zumindest mit unter diesen fürchterlich kalten Strahl zu holen, aber sie entwischten mir immer wieder.

Und ich stand da, fror mir alles ab, hätte sie am liebsten alle im Wald vergraben und fühlte mich voll gedisst. Diese Mistkerle hatten es wirklich geschafft, sich an mir zu rächen. Peinlicherweise auch noch erfolgreich, ich könnte echt kotzen, wenn ich nicht innerlich schockgefrostet worden wäre.

„Tja, Domilein, so schnell kanns gehen“, grinste mich Luis böse an, drehte endlich das fuck Ding ab und tätschelte mir provozierend die Schulter, wofür ich ihm einmal heftig in die Seite schlug. Aus Gründen seiner Sicherheit ließ er mich nun in Ruhe. „Wir können auch anders, wenn du dich wieder wie der letzte Arsch benimmst.“

„Wie wärs, jeden morgen eine Eisdusche für unseren König begossener Pudel“, schlug Tom vor und erntete freudige Zustimmung. Ich ballte einfach die Hände zu Fäusten und verfluchte alles und jeden auf diesem beknackten Planeten, der auch nur im Entferntesten etwas mit meiner übelst grottigen Situation zu tun hatte.

„Was geht denn hier ab?“ Sascha lugte noch ziemlich verschlafen um die Ecke. „Feiert ihr hier ne Party oder wie?“

„Nö, wir duschen Domi, weil er ein Penner ist und denkt, er wärs.“ Luis hatte eindeutig Spaß, Sascha zu erklären, was für eine Veranstaltung er hier soeben gestört hatte.

„Ich hasse euch alle, damit ihrs wisst.“ Nach dieser Aktion fehlten mir echt die Worte, was man leider auch merkte. Hoffentlich nutzten sie das nicht noch mit dummen Sprüchen aus, sonst erlitt ich hier wirklich einen Anfall plötzlich auftretenden Wahnsinns, der sich dadurch äußerte, dass man sinnfrei rumschrie und Möbel zerlegte. Wäre ich ein Mädchen, hätte ich nach diesem Vorfall bestimmt geflennt, aber ich war einfach nur ultraaußeridisch geladen, besonders weil ich in meinen nassen Klamotten wie eine bemitleidenswerte Witzfigur aussehen musste.

Mit etwas Pech wollte mich Vinc zum Schluss noch knuddeln, weil ich so erbärmlich wirkte.

Ich machte mir den Weg dieses Mal erfolgreich mithilfe meiner Ellbogen frei, da ich nun auf keinen Widerstand stieß, schlüpfte in unser Zimmer und beschlagnahmte ein fremdes Handtuch. Meins fand ich gerade nicht und die angehenden Schulschläger, die immer noch in der Dusche ihre Schwatzstunden hielten, vermissten es sowieso nicht.

Hoffentlich rutschte jemand auf der Wasserspur, die meine Sachen hinterlassen hatte, aus, dann hätte ich wenigstens doch noch was zu lachen, aber erst einmal pfefferte ich meine Klamotten auf den Boden, wickelte mich in das Tuch und verschwand in mein Bett, um mich wieder aufzuwärmen.

Als Eisklötzchen ging ich nicht zum Frühstück.

Die Tür wurde aufgestoßen, dass man das Gefühl hatte, eine ganze Horde Elefanten wären hineingetrampelt, und natürlich wurde ich nicht verschont, das wäre auch zu schön gewesen.

„Oh, das kleine Dominik hat sich vor uns versteckt, weil er Angst hat“, hörte ich die Stimme, die ich im Augenblick am wenigsten ertragen wollte. Richard, Lord of Gayness und Gott der wandelnden Blödheit, seine Sticheleien brauchte kein Arsch auf dieser Freizeit.

„Nein, du Pfeife, weil er dein hässliches Gesicht nicht sehen will, deshalb“, antwortete ich ihm patzig, musterte den ganzen sensationsgeilen Verein, der sich in Schlafanzug und noch halb im Land der hohlen Träumereien im Raum verteilt hatte und seine Dummheit wie Blumensamen verstreute.

Bald wuchs hier das ultimative Gras of duuummm und ersetzte den nicht vorhandenen Teppich.

„Wenigstens muss man uns nicht zum Duschen zwingen.“ Luis konnte seine scheunentorgroße Klappe auch nie halten. „Wo ist mein Handtuch?“ Suchend drehte er sich einmal im Kreis.

Na super, da hatte ich mir wohl ausgerechnet seins gekrallt. Lecker, ich badete sozusagen in hochgiftigen Luisbakterien. Jetzt war ich noch verseuchter als vorher.

„Wurde das Klo runtergespült.“ Und er gehörte gleich hinterher.

„Junge, lass doch mal bitte deine niveaulosen Aussagen“, wies mich ein schlecht gelaunter Sascha zurecht, der sich einen unserer Stühle gecheckt hatte und dort wohl wartete, dass ich mich in Luft auflöste. Darauf konnte er hoffen, bis er tot umfiel, den Gefallen erfüllte ich ihm nicht.

Außerdem, ich musste mich doch auf eine Ebene mit den Holzköpfen hier begeben, sonst verstanden die mich gar nicht. Als wäre das Kommunikationsproblem nicht schon so groß wie das Ozonloch über Australien, nur schrumpfte bei uns nichts.

„Hast du es?“, knurrte mich Luis bösartig an und kam schon wieder viel zu nahe. Fand der das irgendwie geil und suchte ständig einen Vorwand, um das auszuleben oder gab es definitiv zu viele Zufälle auf der Welt?

„Ausgeliehen. Hätte ich gewusst, dass es deins ist, hätte ich es nicht mal angeguckt.“ Tatsache, was hatte er auch anderes gedacht? Als ob ich sein Tuch anbetete, weil es so galaktisch berühmt war.

„Gibt’s her.“ Ich sah schon, wie er sich auf mich stürzte, mir die Decke wegriss und mir das Handtuch stahl. Und sich dann wunderte, warum ich nichts drunter hatte; zu der hellen Sorte Mensch zählte der kleine Luis nämlich gar nicht. Nicht mal mit einer Lampe in der Hand.

„Soll ich mich vor dir ausziehen oder was?“, ging ich in den Angriff über. „Wie schwul bist du eigentlich?“

„Ich bin nicht schwul, okay?“

„Und selbst wenn, wäre das nicht schlimm“, mischte sich Richard sofort ungefragt ein; war ja klar, dass der dazu das Maul aufreißen musste. „Es gibt nur leider immer noch ein paar unterbelichtete Typen au der Welt – solche wie du, Domi – die meinen, das wär der Weltuntergang, weswegen sie sich künstlich aufregen und schwul als eine Beleidigung benutzen.“

Warum wurde ich dauernd mit solchem Zeug gequält? Erst kalte Dusche am Morgen, dann Richards unnötige Verteidigungsrede für Minderheiten, die in diesem Zimmer wohl keine waren und die mich kein Stück interessierten; gleich kamen die Zeugen Jehovas oder ich wurde von Aliens entführt.

Und die da unten fanden das bestimmt auch noch toll, wenn ich nicht mehr hoheitsvoll unter ihnen weilte, und feierten nach meinem Verschwinden ein fettes Fest.

„Hallo, mein Handtuch, aber heute noch.“ Luis ließ echt nicht locker. „Ich kann auch wegsehen, damit du dich nicht so beobachtet fühlst. Weißt du, dass du eigentlich voll das Weichei ist? Du merkst es aber gar nicht mehr, weil du so viel Mist erzählst...“

„Luis, ist gut. Er hat langsam verstanden, was du von ihm hältst.“ Olli hatte wohl keine Lust mehr – oder wollte mal wieder einen auf supersozial machen – und unterbrach unseren kleinen Bitchfight. Wenn er mir nun noch die Nervensäge vom Hals nahm und sie im Bach draußen versenkte, wäre ich ihm sehr dankbar. Vielleicht wäre ich dann sogar mal etwas nett zu ihm.

„Ich glaub, ich geh noch mal ins Bett“, verkündete Sascha und verließ ohne uns weiter zu beachten die lustige Gesellschaft. Ich wartete ja eigentlich nur noch auf den ultimativen Kommentar von Richard in Richtung „Ich komm mit!“ oder so was Zweideutiges.

Aber allein die Vorstellung der beiden bei nicht jugendfreien Tätigkeiten... grauenhaft.

Das Zimmer leerte sich ein bisschen, weil seine zwei Zimmergenossen die Idee doch ganz ansprechend fanden und nach drüben überwechselten.

„Dominik...“ Da blieb jemand aber hartnäckig. War irgendetwas an dem scheiß Handtuch so besonders, dass er sich unter keinen Umständen von ihm trennen konnte? Hatte dort der heilige Geist sich kurz ausgeruht, bevor er zurück in die nächste Kirche geflogen war?

„Ja, Mann, hier hast du deinen Schatz und jetzt halt die Fresse und verschwinde.“ Ich befreite mich mit ein paar Schwierigkeiten daraus und schlug es ihm mit voller Kraft ins Gesicht. Hoffentlich tat es weh und er starb daran.

„Danke, heiliger Dominik, dass du die Güte besessen hast und mir mein Eigentum zurück gegeben hast“, ätzte Luis, imitierte eine gruselige Verbeugung und zog ab.

Zurück in sein Bett, wo schon Vinc auf ihn wartete, damit sie gleich über mich herziehen konnten.

Wie zwei Weiber, aber nicht mal halb so attraktiv. Außerdem hätte mir dann ihr komisches Verhalten gar nichts ausgemacht. Im Gegenteil, bei Frauen sah man da doch gerne mal hin, wenn sie nicht die Finger voneinander lassen wollten.

Bei Kerlen hielt man sich lieber die Augen zu und hoffte, dass man nur schlecht träumte.

Da ich nicht wusste, was ich die restliche halbe Stunde, bis das Grauen namens Tischdienst von neuem einsetzte, unternehmen sollte, ohne mich wieder in Lebensgefahr zu begeben, machte ich mich einfach klein und versuchte noch ein bisschen zu ratzen.

Funktionierte nicht, dafür tuschelten Luis und Vinc absichtlich zu laut und Tom raschelte aus irgendeinem Grund mit gefühlten fünf Chipstüten, um sein Image zu steigern.

Hier lief wirklich eine Verschwörung nach der anderen gegen mich, es wurde immer kindischer. Aber solange nicht Hannah und Paula auf den Zug aufsprangen und mitwirkten, machte es mir wenig aus.

Neid hatte halt viele Gesichter.

Vielleicht sollte ich den öden Krimi nach dem Tratschtanten werfen, dann kam wieder etwas Stimmung in die Bude, aber zum Schluss stellten sie vielleicht richtig kranke Dinge mit mir an und davor gruselte es mich.

Die hatten einfach alle einen Schaden, sonst wären sie nicht freiwillig hier.

Aus mangelnden Alternativen gammelte ich weiter in meinem supercoolen Bett herum und wettete mit mir selbst um ein neues PC-Spiel, wie lange es dauerte, bis Vinc und Luis sich gegenseitig ihre großartige Liebe gestanden.

So wie die seit gestern aneinanderklebten, ließ das nicht mehr lange auf sich warten. Vielleicht sollte ich schon mal anfragen, ob ich den bösen Trauzeugen spielen durfte, der sie danach in einem Sack Reis ertränkte und die Kirche ansteckte.

Es klopfte und etwas steckte den Kopf zur Tür herein.

„Okay, ihr seid schon wach.“

Nee, wer hätte es gedacht? Moritz hatte sich mal wieder soeben ein Eigentor geschossen. Irgendwann hing ihm ein Zettel mit 'Opfer' an der Stirn oder ich sollte ihm ein T-Shirt mit dieser Aufschrift sponsern.

„Dominik, denk dran.“

„Ja, Mama. Ich bin nicht doof, kapiert?“ Höchstens stur, was meine eigenen Ansichten anging und ich sah einfach nicht ein, mich für talentfreie Hornochsen zum Sklaven der Besteckschublade degradieren zu lassen. Wir lebten hier nicht mehr im letzten Jahrhundert.

Der schlauste Betreuer des Universums hatte meinen tropfenden Kleiderberg gesichtet; seinem Blick nach zu urteilen fragte er sich gerade, mit was für Nieten im intellektuellen Bereich er es hier tatsächlich zu tun hatte.

„Glotz nicht so scheiße“, fuhr ich ihn an, „diese Assikinder haben mich in die Dusche gestellt.“ Der sollte bloß nicht denken, ich war so blöd und ging mit Klamotten baden. Das traute ich dann eher ihm zu.

Die drei Täter setzten ihren nettesten Gesichtsausdruck auf und Tom erzählte Moritz im Schnelldurchgang, wie es zu dem kleinen Zwischenfall, in dem ich und einige Liter verdammt eisiges Wasser involviert waren, gekommen war.

Weniger sah Moritz nun aus, als wäre er sich nicht sicher, wenn er als weniger intelligent abstempeln musste.

„Naja, wenn ihr meint.“ Wo hatte der Typ seine Fähigkeiten zum Betreuer abgestellt und vergessen? Dem wäre es wohl auch relativ egal, wenn mich Richard foltern würde, Hauptsache, er müsste nachher nichts wegräumen.

Solchen Menschen vertraute man doch liebend gerne sein Kind an.

Kaum dass Moritz sich verzogen hatte, tippte ich schon die nächste SMS an meine Eltern und berichtete ihnen haarklein, wie wenig Moritz für seinen Job geeignet war.

Tom, Luis und Vinc hockten inzwischen alle auf Luis' Bett und beschäftigten sich ausgiebig damit, Kartenhäuser zu bauen und sie sich gegenseitig einstürzen zu lassen. Dem Geschrei nach zu urteilen machte es ihnen allen höllisch Spaß.

Wie schön, dass ich auf solche kindischen Sachen nicht angewiesen war.

Tom und Luis versuchten sich beide gleichzeitig von der Matratze zu werfen, verbündeten sich allerdings schlagartig und führten ihren Plan bei Vinc aus, der plötzlich auf dem Boden lag und dumm in der Gegend herumguckte.

Aus Prinzip lachte ich ihn aus, er war einfach die geborene Witzfigur.

„Dominik, halt doch mal deine Klappe, dich und deine bescheuerte Schadenfreude brauch keiner“, moserte er herum und rieb sich den Arm, den er bei seinem bühnenreifen Absturz am Bettgestell angeschlagen hatte.

„Ich schon, sonst würde ich hier irgendwann durchdrehen mit solchen Kleinkindern wie euch.“

„Hilfe, er hat uns beleidigt.“ Luis spielte wieder den sterbenden Schwan und lag keine fünf Sekunden später neben Vinc auf dem Boden und stellte sich tot. Hoffentlich hatte er sich weh getan.

Genervt verdrehte ich die Augen und beachtete sie nicht weiter, wie sie sich mit Karten bombardierten oder fast die Köpfen an der Wand einschlugen.

Mein Handy verkündete mir, dass die Zeit zum Dominikquälen wieder angebrochen war und ich mich zum Tellerstapler wandeln durfte; aber zuerst musste ich mich anziehen, nur in Boxershorts spazierte ich nicht durch den Gang. Einmal am Tag frieren reichte, wir hatten Sommer, nicht tiefsten Winter.

"Schicke Farbe", kommentierten Luis meine Hose, als ich mich aus dem Bett gestemmt hatte und zum Schrank geschlittert war.

„Bist ja nur neidisch.“ Wie auf eigentlich alles von mir, aber nicht jeder besaß eins blattgrüne Boxershorts, so etwas bekam man von seinen unkreativen Eltern zum Geburtstag geschenkt.

Ich entschied mich für eine kurze Jeans und ein weißes T-Shirt und verabschiedete mich von den drei Headshotkindern, indem ich ihnen den Mittelfinder zeigte.

Das sagte mehr als tausend Worte.

„Du bist ja früh da“, wunderte sich der Betreuer, der mir heute dabei zusah, wie ich arbeitete. Warum musste ich mir ständig Sprüche anhören, weil die Menschen hier durchweg beschränkt waren?

„Ich kann auch wieder gehen, dann könnt ihr euren Fuck allein machen“, stellte ich sofort klar und ging in den Angriff über. Der sollte nicht glauben, er könnte sich bei mir alles erlauben, nur weil ich jeden Tag vom Schicksal gefickt wurde.

Er antwortete darauf lieber nichts.

Natürlich dauerte es auch heute, bis dem letzten Trottel eingefallen war, dass er heute nicht bis um halb neun pennen konnte, und mit einer Mannschaft zukünftiger Problemteenagern zogen wir in die Küche und weiter in den Speisesaal, um Gabeln zu verbiegen und Tassen auf die Fliesen fallen zu lassen.

Nebenbei wurden noch die Tische gedeckt und Körbe mit unästethischem Brot und Brötchenkolonien im Raum verteilt.

Heute setzte ich mich definitiv zu Paula und Hannah und wenn ich dafür draufging, mit den Jungs hatte ich schon genügend für den Rest des Tages zu tun gehabt, da widmete ich meine Aufmerksamkeit schöneren Dingen im Leben.

Ich schaffte es wirklich, einen Platz bei den beiden zu ergattern, setzte meine netteste Miene, die ich hatte, auf und fing eine seichte Unterhaltung über komische Dinge an, was die zwei aber ganz toll fanden und sofort einstiegen.

Warum konnten sich gewissen Persönchen – also Luis und Co. – nicht eine Scheibe oder zwei davon abschneiden? Dann wäre das Leben für die nächsten elf Tage noch viel einfacher.

Während ich mein Brötchen mit klebriger Kirschmarmelade flutete und Hannah zusah, wie sie graziös ihr Müsli aufaß, lästerte ich über die Typen auf meinem Zimmer ab, die ja so kindisch, unreif und blöd im Kopf waren, bekam Anteilnahme von Paula und ein mitfühlendes Nicken von Hannah und fühlte mich echt cool.

Wenn ich so erfolgreich weitermachte wie bisher, wären die Kerle auf den Fotos echt bald Geschichte und dafür würden sie mich in Großaufnahme über ihre Betten tapezieren. Was für eine geniale Vorstellung.

Paula und Hannah klagten noch ein wenig über die schrecklich schlimmen Jungs in ihrem Jahrgang, bevor sich das Gespräch in Richtung Freizeitplanung für diesen Tag verlagerte; er stellte sich heraus, dass weder sie noch ich konkrete Vorstellungen hatten, was man bei Langweile unternehmen könnte. Das traf sich gut, da machte man einfach rund um die Uhr etwas zusammen.

„Leute, hör mal zu.“ Moritz lernte es auf dieser Freizeit bestimmt nicht, dass man Programmansagen entweder vor oder nach dem Futtern unter das Holzkopfvolk bringen sollte, da man ansonsten gegen einen erheblichen Lärm aus Schreien, Klappern, Rascheln und dem Schleier der Dummheit anbrüllen musste, wie er es gerade probierte.

„Keine Lust“, plärrt eine Kind am Nebentisch und ich musste grinsen; also das mit dem Durchsetzen sollte Moritz mal beigebracht bekommen, den nahmen ja inzwischen nicht mal mehr die Kiddies ernst.

Moritz, der etwas einsam im Raum stand, machte ein Gesicht, als hätte er endlich geschnallt, wie unheimlich peinlich er für die Menschheit war, und fuhr in seinem Tun fort. „Heute Vormittag gibt es mal kein Programm, damit ihr etwas miteinander tun könnt. Mittagessen gibt es wie immer um eins.“

Yeah, Alter, Party! Öfter solche positiven Mittelungen wären mir sehr recht. Jetzt musste ich mir nur noch überlegen, was wir – also die Mädchen und ich, der Rest konnte mich mal – die nächsten vier Stunden zusammen machen sollten.

Bei diesen Aussichten machte mir sogar der Tischdienst fast nichts aus, obwohl er mich ja noch eine Weile von meinem Ziel abhielt, aber dafür musste ich mir dann keine dummen Fressen von unnützen Menschen antun, keine blöden Spiele überleben oder ähnliche Totalkatastrophen ansehen.

Natürlich wurde ich wieder dumm angequatscht, weil ich mich heute nicht so querstellte, wie in den Tagen davor, aber ich lächelte denjenigen einfach mit meinem Fick dich, du intelligenzabweisendes Opfer, und stirb schnell Ausdruck an und hoffte, dass das abschreckend genug wirkte, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.

Tatsächlich war derjenige davon so unglaublich verwirrt, dass ich mich nicht länger mit ihm beschäftigen musste. Hallelujah, war ich gut, stellte ich mal wieder fest.

Allerdings wurde ich auf dem Weg ins Bad fast von einem anscheinend blinden Kind umgeworfen und schlug mir die Hand an einer offen stehenden Tür an, sodass meine gute Laune sich ganz schnell in Luft auflöste und ich Lust hatte, meine Zimmermitbewohner zu terrorisieren.

Das passierte nun mal ganz spontan, dafür konnte ich selbst ja wohl nicht, das lag an den kleinen Plagen, die hier herumsausten wie verirrte menschliche Kometen und einem den letzten Nerv zerstörten.

Wie zu erwarten war das Bad wegen Überfüllung geschlossen; es drängten sich wirklich alle um diese zwei Waschbecken, die jemand aus einem Puppenhaus gestohlen haben musste, bei der Größe, gingen sich gegenseitig auf dem Geist, kämpften um eine Zahnpastatube und taten eigentlich alles, was man nicht machen sollten, wenn man in Ruhe sich einfach die Zähne putzen wollte.

Scheiße Mann, ich wollte mein eigenes Bad, verdammt!

Dann wartete ich halt notgedrungen, dass der Zirkus sich bald in die Zimmer verlagerte und ich genügend Platz für mich, meine Zahnbürste und mein Ego samt göttlicher Aura bekam.

Es dauerte eine unglaubliche Viertelstunde, bis auch der letzte Idiot sich von seinem Handtuch getrennt und die Waschbecken verlassen hatte; dafür herrschte dort nun Chaos, überall lief Wasser, man trat in weiße Creme und fragte sich, ob das gerade eben wirklich nur sechs oder doch sechzig Person gewesen waren.

Wenn die zuhause auch so viel Unordnung hervorbrachten wie hier, verstand ich ihre Eltern, warum sie sie hier her gesteckt hatten. Wenn man schon die Möglichkeit hatte, verabschiedete man sich von solchen Lebewesen doch lieber.

Ich versuchte, nicht unbedingt in die Pfützen zu latschen oder mir dekorativ Zahnpasta an die Sohle meines Schuhs zu kleben, und begann mit der täglichen Prozedur des Zähneputzens.

Ich tat das wirklich jeden Tag, ich wollte schließlich nicht als gammeliges Etwas enden, dem man besser nicht zu nahe kam. Diese Rolle überließ ich anderen männlichen Wesen.

Anscheinend mochte mich mein Leben heute nicht, denn kaum dass ich mir das Gesicht gewaschen und nur noch einmal schnell in das Zimmer der Vorhölle hatte gehen wollten, wurde ich gepackt, festgehalten und mit einem Tuch am Bettpfosten angebunden.

Waren die noch ganz dicht oder drehten die endgültig durch? Ich war doch kein Hund, den man irgendwo festbinden konnte, ich war Dominik, selbsternannter König und zukünftiger Herrscher der Welt!

„Was soll das?“, beschwerte ich mich gleich bei Vinciboy, der teilnahmslos auf seiner Bettkante hockte und in die Luft starrte. „Seid ihr dumm oder tut ihr nur so?“

„Jetzt reg dich nicht auf, Domi, wir machen nichts Schlimmes mit dir.“

Sagte Richard, das bedeutete, ich würde in wenigen Sekunden sterben; dabei hatte ich nichts getan außer sie in Gedanken zu beleidigen und das tat ich seit fast 48 Stunden eigentlich ununterbrochen.

„Wir wollen nur ein Spiel spielen und du solltest auch mitmachen.“

„Und wenn ich nicht mitmachen will?“ Dazu zwingen konnte mich keiner, zur Not schrie ich solange rum, bis irgendeiner von den Pfeifen – also den coolen Betreuern – sich wunderte, vorbeikam und mich freundlicherweise rettete.

„Dann bleibst du bis heute zum Mittagessen hier.“ So wie er grinste, fand er den Plan absolut endgenial.

Oh wie ich dich hasse, Richard, kannst du es spüren? Irgendwann töte ich dich und dann lache ich. Haha!

Langsam begann ich wirklich durchzudrehen, es handelte sich wohl nur noch um Stunden, bis ich alles zu spät war.

„Und welches abgefuckte Idiotenspeil soll das sein?“ Maomao konnten die auch gut ohne mich spielen, ich würde sie sowieso total abziehen, von daher wäre es eher kontraproduktiv für ihr Ego.

„Flaschendrehen.“

Ich wiederhole mich echt nicht ungern: Wie schwul waren die hier alle eigentlich?

Was zum Geier sollte mir das bringen, außer ekligen Erfahrungen, auf die ich gerne verzichten konnte, und einem fetten Trauma für mein restliches Leben?

„Mit euch ganz sicher nicht.“ Das war ja krank, bei denen fehlte nicht nur eine Tasse, sondern ein ganzer Porzellanladen.

„Natürlich nicht nur mit uns, sonst würden die hier alle nicht mitmachen“; korrigierte mich Richard genervt. „Manchmal frage ich mich echt, wie dumm du wirklich bist.“

„Schlauer als du auf jeden Fall.“

„Ach Leute, jetzt hört doch mal auf“, unterbrach uns der Sozialmensch Olli. „Könnt ihr euch auch mal normal unterhalten?“

Nicht in diesem Leben, Ollilein, ganz bestimmt nicht.

Aber wenn nicht nur diese sechs Typen mitspielen sollten, wer dann? Ich hoffte ja stark, dass die noch von Hannah und Paula redeten, dann wäre sogar ich bereit mitzumachen, dann gäbe es wenigstens einen guten Grund, mich schön zu blamieren. Außerdem wäre ich da bestimmt nicht der einzige, der sich ziemlich daneben benahm.

„Könnt ihr mich dann mal losbinden? Das ist echt assi ungemütlich.“ Und vor allem kam man sich da vor wie ein Schwerverbrecher, den die anderen so ganz zufällig in ihrem Zimmer gefangen hatten.

So wie Luis und Richard Blicke austauschten, bedeutete das bestimmt ein bösartiges nein, aber Sascha schien es wohl nicht mit seinem Gewissen ausmachen zu können, mich hängen zu lassen – haha, schlechter Wortwitz! –, hockte sich vor mich auf den Boden und versuchte, den talentierten Knoten zu öffnen.

So wie er zwischendurch fluchte, ging das nicht so einfach, wie er sich das vorgestellt hatte.

„Hat mal wer eine Schere?“

„Vergiss es, du schneidest das Tuch nicht durch.“ Entsetzt über diese Tatsache riss Tom Vincilein, der eben eins dieser gemeingefährlichen Instrumente aus seinem Mäppchen gezogen hatte, es aus der Hand und schleuderte sie hinter sich.

Sehr konsequent.

„Junge, das ist ein normales Tuch, ein ziemlich hässliches Tuch, was ist dein Problem?“ Sascha verstand die Welt nicht mehr; ich kapierte allerdings ebenso wenig, warum Tom bei diesem Stoffalptraum in hellblau so abging.

„Das dumme Ding gehört meiner Mutter, sie hat es mir angedreht, falls ich Halsschmerzen oder so einen Mist bekommen. Und wenn ich das jetzt von euch kaputt machen lasse, killt sie mich, okay? Was kann ich dafür, dass ihr zu blöd seid, um das...“

„Jetzt streitet euch doch nicht schon wieder.“ Olli sah sehr unglücklich aus, in dieser Versammlung an Streithühnchen, die sich gegenseitig fast die Augen auspickten. War der Junge vielleicht ein Mädchen, so wie der nach Harmonie und Frieden bettelte? Das sollte jemand mal nachprüfen.

„Ach Olli, du bist zu gut für die Welt“, schleimte Richard sich augenblicklich bei ihm ein und legte ihm einen Arm um die Schulter.

Ähm, ja, schwul!

Bald wurde das mein meistgenutztestes Wort, gleich nach „Idioten“ und diverse Beleidigungen für Moritz. Wie hieß der überhaupt mit Nachnamen? Hoffentlich nicht Schneider, sonst wäre es mit seiner minimalen Glaubwürdigkeit endgültig vorbei; dann riss ich schlechte Emowitze am laufenden Band.

Mit einem leisen Klopfen kündigte jemand an, den Raum zu betreten, und es kamen wirklich die beiden göttlichsten Gestalten der Freizeit in das Zimmer. Mein Tag war gerettet!

„Hi“, begrüßte uns Paula, während Hannah nett lächelte, aber als sie mich in meiner mysteriösen Lage entdeckten, konnte ich ihnen die Überraschung samt kleiner Fragezeichen fast vom Gesicht kratzten.

„Was macht ihr denn?“, fragte Hannah etwas erschrocken. „Ich dachte, ihr wolltet Flaschendrehen spielen...“ Sie vermutete wohl, dass die Jungs ganz andere Dinge mit mir vorgehabt hatten; zumindest noch jemand, der eine ähnliche Denkweise wie ich hatte.

„Ja, schon, aber wir wollten ihn hindern, dass er vorzeitig abhaut. Und jetzt sitzt er sozusagen fest“, erklärte Luis ihnen in wenigen Worten, mit was für Problemen sie sich seit fünf Minuten herumschlugen. „Und Tom verbietet uns, sein heiliges Tuch dafür zu opfern.“ Sein schräger Blick galt seinem störrischen best friend.

„Das ist nicht meins, Mann, sondern das von meiner Mum! Die bringt mich um, wenn das gefetzt ist.“ Auf seine Belehrung verzichtete Tom nur ungerne, wie es erschien.

„Ich kann ja mal versuchen, ob ich es aufbekomme“, bot Paula ihre heilige Hilfe an, wartete gar nicht, ob jemand damit nicht ein verstanden war, schob Sascha etwas zur Seite und probierte ihr Glück.

Keine Minute später war ich ein freier Mann. Warum waren Mädchen bloß so unglaublich talentiert, während Jungs nicht mal ihr eigenes Zeug wieder in Ordnung bringen konnten? Man sollte Galileo Mystery befragen.

Tom nahm zufrieden das Tuch an sich, Richard grinste in sich hinein, weil ich jetzt Rückenschmerzen hatte, und Luis organisierte von irgendwoher eine leere Colaflasche, die ab jetzt die Hauptrolle übernehmen durfte. Der Spaß konnte also beginnen; hoffentlich endete es nicht in absoluter Dummheit, sonst machte ich mich nicht unbedingt heimlich noch aus dem Staub.

„Und was sagen eure Freunde dazu?“, wollte ich von den beiden erfahren, als wir uns in einem kleinen Kreis um die Flasche platziert hatten und gespannt warteten, wer den ersten Schritt unternahm und die erste unintelligente Aufforderung stellte.

„Sie wissen es nicht, von daher können sie gar nichts dazu sagen“, erklärte Hannah etwas verlegen und strich ihr Top glatt. „Und mir wäre es lieber, wen das auch so bleibt, sonst ist Mark wieder eine Woche langschlecht drauf. Er ist manchmal übertrieben eifersüchtig.“

Aber ich wäre auch nicht überglücklich, wenn meine Freundin auf so einer kindischen Freizeit mit Typen, die sie erst seit ein, zwei Tagen kannte, seltsame Spiele spielte.

Andererseits war ich froh, dass sie noch hier waren, sonst müsste ich mit einem von den Vögeln dort... oh nein, lieber nicht dran denken. Mein Magen fand das schlecht.

Vinc, die kleine Bildungsresistenz in Person, wollte schon nach der Flasche greifen und das Chaos beginnen lassen, doch Richard kam ihm zuvor und schnappte sie ihm unter der Nase weg.

„Erstmal; weiß jeder, wie es geht?“

Also für wie dumm hielt der uns denn nun schon wieder? Als ob es in unseren paar Käffern so große regionale Unterschiede gäbe bei einem billigen Pseudopartyspiel. Wo lebte der bitte?

Allgemeines zustimmendes Murmeln, das ihm Antwort genug sein sollte.

„Dann ist gut. Und falls jemand von euch wirklich ein fettes Problem mit was hat, sagts ruhig und geht nicht danach zu den Betreuern und heult rum, dass wir böse sind und euch zu was zwingen und gefälligst in den Knast gehören. Ich hatte das mal und das war echt... dumm, wofür könnt ihr mit uns reden?“

Wieso verwettete ich nun fast schon mein Handy, dass diese Regelung für alle außer mir galt? Vielleicht, weil es bis jetzt immer so gewesen war bei diesen... Menschen?

Egal was ich tat, ich wurde immer als der Arsch der Nation dargestellt, selbst wenn sie die Übeltäter waren.

Das stimmte doch was nicht!

Die Mädchen nickten beide synchron, die Jungs grinsten sich saudämlich an und ich gähne, um Richard zu reizen, seine kleine Ansprache hätte er sich auch verkneifen können.

Wenn ich mich auf irgendwelchen komischen Veranstaltungen bei einem Haufen Bekloppter bei solche Spiele beteiligt hatte, hatte lustigerweise jeder gewusst, auf was er sich gelassen hatte und musste davor nicht ernst vorgewarnt werden, was auf ihn zukam. Das Spiel schrie schließlich schon fast danach, dass mysteriöse Dinge geschahen. Nicht umsonst praktizierten nur frustrierte oder betrunkene Teenies solchen Quatsch.

Da bei den Kerlen hier letzteres hoffentlich nicht zutraf, da ich sonst höchst entsetzt wäre, musste wohl Möglichkeit Nummer eins in Betracht gezogen werden.

Nun, da es theoretisch endlich zum großartigen Anfang kommen konnte, traute sich keiner mehr, den ersten Schritt zu machen. Ich hielt mich sowieso zurück, auf mich reagierte hier ja eh jeder, als hätte ich eine ansteckende Krankheit oder wäre nicht mehr ganz dicht. Wahrscheinlich wäre ich für einen abrupten Beginn gesteinigt worden.

Nach knapp einer Minute, in der man sich entweder etwas verwirrt ansah, leise hustete oder so tat, als wäre der Boden auf einmal zum größten Fernseher der Welt mutiert, seufzte Richard und ergriff die Initiative. Dass er das Instrument dazu schon die ganze Zeit in der Hand gehalten und damit eigentlich auch alle nur auf seine Reaktion gewartet hatten, hielt ich ihm jetzt besser nicht vor, sonst schlug er mich bestimmt damit einmal kräftig auf den Kopf; den freute das sicher.

Nachdem er sein Hirn ein bisschen angestrengt hatte, verkündete er stolz, dass man beim ersten Mal ganz harmlos startete. Die Zweideutigkeit seiner Aussage überhörte ich lieber und machte mich bereit, dass Opfer A Opfer B umarmen musste.

Ja, wunderschön, die Flasche wirbelte ziemlich interessant über den Boden, gewisse Menschen wie Sascha rutschten noch ein Stück nach hinten, um erstens nicht von der Flaschen am Knie getroffen zu werden und auch um weniger Zielfläche abzugeben. Bei einer Freundin wie seine wohl eine war sollte man sich es lieber fünfmal überlegen, ob man hier ausgewählt werden würde.

Zum Schluss kam man nach Hause und wurde einen Kopf kürzer gemacht.

Die Unglücklichen entpuppten sich als Paula und Tom, die sich aber nicht anmerken ließen, ob sie die Entscheidung gut oder grässlich fanden, und Richards Anweisung sehr schnell hinter sich brachten.

Die konnten sich ruhig Zeit lassen, denn je langsamer das alles vonstatten ging, desto länger blieb ich von dem Angriff der evil Colaflasche verschont, die mich bestimmt wie die Mehrheit des Raums nicht ausstehen konnte.

Meine Liste an Neider wuchs wohl im Stundentakt.

So fett, wie Tom grinste, war es wohl kein Stück schlimm für ihn gewesen und auch Paula sah nicht aus, als müsste sie im nächsten Augenblick tot umkippen.

Wehe, der angelte mir hier die Chancen weg, die Mädchen anzugraben, das ließ ich mir nicht bieten.

Es folgten zwei affige Knuddeleinlagen zwischen genau denselben Personen wie eben – Schicksal? Betrug? Gag des Monats? –, die das ganz lustig fanden und dann noch von Hannah mit Olli, der den Anschein erweckte, zum ersten Mal im Leben einem weiblichen Wesen, das nicht mit ihm verwandt war, so nah zu kommen.

Zumindest las ich das an seinem verwirrten Gesichtsausdruck ab; Hannah hatte ganz andere Probleme, sie wurde nämlich fast von Olli zerdrückt und wusste nicht, wie sie es ihm am einfachsten erklärte, ohne es allzu peinlich für ihn zu gestalten.

Mit was für Leuten hing ich hier bitte ab? Am besten verzog ich mich und opferte kleine Kinder an alte Säcke im Gegenzug zu einem verkehrstauglichen Auto, mit dem ich den Ausbruch wagte.

Die Idee ließ ich aber ganz schnell fallen, als die Flasche plötzlich ähnliche Vorlieben wie ich entwickelte und sich demonstrativ auf Paula und Hannah richtete.

Ha, endlich wurde es spannend!

Paula und Hannah blickten erst mal aus der Wäsche, als hätte man ihnen gesagt, morgen wäre Weihnachten, aber sie nahmen das Ganze ziemlich locker. Kein Wunder, bei Mädchen gab es da auch nicht so viele Komplikationen.

Hannah legte den Kopf schief. „Ich bei dir oder du bei mir?“

„Mir egal, kommt ja aufs selbe hinaus.“ Das bedeutete soviel wie 'Mach du, ich bin zu faul'.

Hannah krabbelte auf ihre Freundin zu und drückte ihr ganz kurz einen Kuss auf den Mund. Ich ärgerte mich wirklich fürchterlich, dass ich mein Handy irgendwo auf meinem Bett hatte liegen lassen, ansonsten hätte ich jetzt sehr gute Bilder für die Nachwelt. Und möglicherweise auch für meinen Desktophintergrund.

Hannah richtete sich wieder auf, sah uns alle an und fing an zu lachen. „Ihr seht aus, als hättet ihr Aliens gesehen. Noch nie zwei Mädchen gesehen, die sich küssen? Lebt ihr hinterm Mond oder was?“

Dazu äußerte sich hier lieber niemand, ansonsten hätten die zwei auf jeden Fall das Weite gesucht.

„Keine Antwort ist auch eine“, durchbrach Paula das peinliche Schweigen und reichte Hannah die Flasche. „Komm, jetzt ärgern wir sie mal ein bisschen.“

Die kleine Runde Ärgern endete mit ziemlichem Protestgejammer, da sich nun das nächste Freundepaar aufeinander stürzen durfte; in diesem Fall Tom und Luis, die davon ungefähr so begeistert waren wie von mir.

„Das ist voll gestört, das mach ich nicht“; stellte Luis auf der Stelle klar. „Ich mach doch nicht mit meinem besten Kumpel rum, hackts hier ein bisschen?“

„Ich möchte das auch nicht.“ Tom schüttelte abwehrend den Kopf. „Ihr könnt mir von mir aus sonstwen vorsetzen, aber bei Luis hörts echt auf.“

„Wo liegt denn euer Problem?“, fragte Richard, dem man anmerkte, wie affig er diese Reaktion von den beiden empfand. „Ihr kennt euch doch schon Ewigkeiten, da wird das doch nicht so schlimm sein.“

„Doch, ist es.“ Luis verweigerte endgültig und man sah, dass man da nicht mal mit Drohungen oder Bestechungen voran kam. „Ich geh sonst, ohne Witz.“

„Okay, dann suchen wir halt eine Alternative.“ Kopfschüttelnd über das kindergartenreife Theater in seinem Zuständigkeitsbereich stand Richard auf. „Wie zum Beispiel mich.“

Ach nee, wer hätte es gedacht? Die Gelegenheit, sich gleich zwei Kerle zu schnappen, ließ sich Herr Nagellack natürlich nicht entgehen. bei zwei Mädchen hätte ich das ja noch nachvollziehen können, aber bei solchen Nervbolzen wie Tom und Luis, die man nicht mal im verkleideten Zustand als Frauen hätte durchlassen können... niemals.

„Können das nicht Paula und Hannah übernehmen?“ Tom wollte das unausweichliche Übel wohl abwenden, aber erstens schüttelnden die Mädchen wieder in perfekter Sychronität ihre hübschen Köpfchen und zweitens war für Richard sein Entschluss schon entschlossene Sache.

Da blieb mir nichts anderes übrig als mich zurückzulehnen und die Show des Grauens zu betrachten. Mal sehen, wie lange ich es ertrug, ohne vor Lachen über den Boden zu rollen oder mich angeekelt wegzudrehen. Kein Platz für Ästhetik.

Als erster musste Tom daran glauben und so wie er sich zu Beginn vor Richard zurück wich, hatte wohl sein natürlicher Fluchtreflex zugeschlagen, aber da er kein absoluter Spielverderber sein wollte, ließ er es also zu, dass er von einem mysteriösen Etwas geküsst wurde.

Von Paula und Hannah hörte ich ein leises Lachen, doch sie versuchten die Szene ernsthaft mitanzusehen, leider gelang es ihnen eher schlecht als recht, vor allem Toms entsetzte Miene ganz zum Schluss war einfach zu amüsant.

Luis war leider nicht so unterhaltsam wie sein Kumpel, er zuckte kaum mit der Wimper, als Richard an ihm klebte. Das fand ich höchst suspekt.

Ich hätte mich mit Händen und Füßen gewehrt, wenn ich mich in einer solchen Situation gefunden hätte.

Nach diesem kleinen Schockerlebnis für jeden verlief es doch die kommende halbe Stunde ziemlich normal ab; Olli durfte Paula eine Massage verpassen, Richard versuchte Hannah im Schnelldurchgang bei zubringen, wie man tanzte, ich durfte gleich danach eine Runde mir ihr knutschen – muhaha, Traum erfüllt! – und Sascha wurde von Paula in die Geheimnisse des Schminkens eingeweiht.

Allerdings sah er danach doch ziemlich bunt aus, weil Paula ihm mit Absicht das grellste make up, was sie in ihrem Täschchen gefunden hatte, ins Gesicht gekleistert hatte.

Alles hätte so schön sein können, wenn mich gegen Ende nicht doch noch die Flasche gnadenlos gedisst hätte, denn wie der dumme Zufall es wollte, zeigte sie erst auf mich und dann auf Richard.

Am liebsten wäre ich gestorben, er auch, so wie er mich mit seinen Blicken aufspießte und aus dem Fenster katapultierte. Theoretisch sollte ich mich wohl vor ihm verstecken.

„Ich will nicht.“

„Vergiss es.“

„Fick dich, Mann, ich mach das nicht.“ Nicht von ihm. Da machte ich eher Moritz einen Heiratsantrag im Brautkleid vor der versammelten Mannschaft.

Obwohl... nein, alles scheiße, ich änderte meine Identität, setzte mich in die USA ab und lebte dort zufrieden als echter Gangster, Problem gelöst.

Hatte ich nicht von Anfang an gewusst, dass man auf meine Wünsche keine Rücksicht nahm? Ich sollte Hellseher werden und damit Geld verdienen. Scheiß auf Schule, ich wurde auch so reich und berühmt.

„Doch, das wirst du.“ Irgendwie passten seine Ansage und sein abgeneigter Blick gar nicht zusammen. Wahrscheinlich wollte er mich nur wieder quälen und tat es deshalb, obwohl er es selbst nicht mochte. Dumm?! Stand er darauf, sich selbst zu quälen?

Bevor ich mich in Luft auflösen oder unter dem Bett verstecken konnte, wurde ich von zwei Händen festgehalte, die sich nicht gerade sanft auf meine Schultern legten. Hallo, Pfoten weg, Privateigentum! Mich fasste keiner gegen meinen Willen an, kein Moritz, kein Richard und kein anderes etwas anders gepoltes Wesen, ich wollte das nicht! Hey, Polizei, wieso nahm den keiner in Gewahrsam?

Nur Sekunden später war es schon passiert und ich versank innerlich metertief im Boden; warum ich, verdammt noch mal? Wollte mich sogar mein Schicksal los werden? Langsam aber sicher rastete ich aus, so ging das doch nicht weiter.

Vor allem, weil ich das beängstigende Gefühl bekam, dass Richard gar nicht mehr aufhören wollte; er hing halb auf mir drauf, sodass es noch einmal schwieriger wäre, ihn von mir herunterzustoßen, versuchte mir wohl gerade den Verstand auszusaugen und wo sich seine Zunge hinverirrte, erwähnte ich lieber nicht.

Absolut inakzeptabel, was er hier ablieferte, ich wollte Schadensersatz, auf der Stelle. Auch weil ich mich trotz aller Abneigung gegen Richard und jedem Fitzelchen von ihm nicht befreien konnte. Irgendwas hinderte mich daran und zwar nicht sein Fliegengewicht, das mir auf die Beine drückte.

Hilfe, hoffentlich wurde ich nicht so gestört wie er!

„Leute, es ist gut, ihr könnt aufhören“, rief uns Olli ins Gedächtnis. Ach nein, wie nett, uns das bewusste zu machen. Könnte er nicht lieber Richard von mir wegziehen und ihm eine scheuern, bis er wieder richtig tickte? Damit wäre mir mehr geholfen als mit klugen Sprüchen.

Tatsächlich löste sich Rickilein von mir, streckte mir die Zunge heraus, die ich ihm vollkommen vergessen hatte abzubeißen, und schwebte auf seinen Platz, als wäre soeben nichts passiert.

Wie konnte man nur in einer solchen Lage so eiskalt sein? Vielleicht hatte er Übung darin, ich wollte es gar nicht erfahren. Ich wollte eigentlich gar nichts über ihn wissen, auch nicht, wie es sich anfühlte, wenn er einem praktisch anknabberte, weil er spinnte.

„Ich glaub, ich geh mir noch mal die Zähne putzen.“ Sonst bekam ich diesen seltsamen Geschmack des Todes nicht mehr aus dem Mund und dieses Risiko erschreckte mich zu sehr, um es einzugehen.

„Gibt es zu, du fandest es geil.“ Richard hatte die Arme verschränkt und fixierte mich mit einem Ich weiß, was du denkst, Kleiner Blick, den ich zutiefst beknackt fand.

„Halt die Klappe und nerv die Flasche.“ Mit diesem Thema wollte ich nichts mehr zu tun haben, ihr fucking Spiel konnten die ohne mich weiter machen, ich hatte daran absolut kein Interesse mehr.

Im Bad überlegte ich mir, ob ich demonstrativ kotzen sollte, aber da mir das dann doch etwas zu übertrieben und widerlich erschien, beließ ich es dabei, mir zehn Minuten lang mit der Bürste jeden Zahn einzeln zu säubern und zu hoffen, dieses Trauma gut aufarbeiten zu können, ansonsten rief ich meine ignoranten Eltern an und bestellte einen Psychologen.

Um nicht noch einmal die Höhle des Löwens besuchen zu müssen, ging ich nach der gründlichsten Putzaktion meines bisherigen Lebens nach draußen, besah mir die unästhetische Natur in ihrer Unschönheit, schnautzte einen kleinen Jungen an, einfach weil ich es konnte, und versuchte die Erinnerung der letzten Stunden zu verdrängen.

Ich war ein Gänseblümchen, genau so eins wie die, die hier auf dieser scheiß Wiese standen, und mich hatte niemand angesabbert und angefummelt. Ich war nicht unwiderruflich verseucht und verstrahl worden. Alles nur ein böser Traum eines kleinen Dominiks, der zu viele Horrorfilme konsumiert hatte.

Ich schaffte es, bis zum Anbruch des Küchendienstes in der freien Natur abzuhängen und sie genauestens unter die Lupe zu nehmen, ohne das Bedürfnis zu bekommen, wieder reinzuwollen.

„Sag mal, ist was mit dir, du bist heute so zuverlässig.“

Wann checkten Menschen endlich, dass es nervte, immer dieselbe unterbelichtete Leier anzuhören? Das ging mir dermaßen auf den Sack, dass ich beinahe den Stapel Teller in meiner Hand kunstvoll Richtung Wand befördert hatte, so ganz rein zufällig.

Die regten mich alle auf, ich wollte hier weg.

Das nächste Mal fickte mich Richard vielleicht noch wegen seiner fehlgeleiteten Racheanfälle und spätestens dann wäre ich auf und davon. So sprang man nicht mit mir um. Ich war derjenige, nach dem sich die Leute zu richten hatten.

Dass es heute Fisch gab, freute mich nicht, ich mochte keinen Fisch, besonders keine Fischstäbchen, allein bei deren Anblick bekam ich das Kotzen; das sah meistens aus wie irgendwelche hingeklatschte Pampe und das war unappetitlich.

Außerdem brauchte ich einen Tisch, an dem weder kleine Dämonen noch große Wahnsinnige sitzen sollten, ich müsste mir also praktisch einen Miniaturtisch bauen und in eine Ecke stellen, wo ich ganz allein meine Privatsphäre genießen wollte.

Wo bekam man dafür das dumme Holz her? Und die nötigen Werkzeuge?

Der Plan löste sich in Lust auf, als mein Favorit auf der Betreuerliste mich vor der Tür abfing mit den Worten „Du gehst jetzt nirgendwohin“ und mich zu ihm an einen Tisch zerrte.

Schon mal was von freiem Willen gehört? Nur weil er ein paar Jahre älter als ich war, musste er nicht über mich bestimmen wie eine Mutter über ihr kleines Kind, das nicht laufen konnte und dauernd Scheiße baute.

Ich wurde auf einen Stuhl gedrückt und dort festgehalten; Frechheit, was erlaubte sich Moritz heute schon wieder? Hörte er wenigstens auf so saudämlich zu lächeln, als machte es ihm Spaß, mich nun genau wie sein theoretischer Zwilling Richard leiden zu lassen? Die beiden wären das überdimensionale Alptraumpaar, im Doppelpack überlebte die niemand länger als drei Stunden, ohne sich weit weg zu wünschen.

Wie erwartet machten die Fischstäbchen keinen vorzeigbaren Eindruck und ich beschränkte mich auf den Berg Erbsen und Möhren, der nun meinen Teller flutet und gar nicht mehr endete. Kein Problem, ich hatte eh Hunger und von dem Gemüse wurde man bei kleinen Mengen kaum satt.

„Willst du keinen Fisch?“

„Nein, sieht scheiße aus.“

„Bist du dir ganz sicher?“

Der legte es daran, mich auf die Palme zu bringen. Bei mir hieß nein einfach nein, sogar ja hieß das manchmal, also wo lag sein abgefucktes Problem? Ich aß meine vielen kleinen Erbsen und er seine toten Matschfische, da blieb sogar noch eine Portion für ihn übrig, wenn ich ihm was abgab, also sollte er sich freuen und sich nicht die dumme Klappe fusselig reden.

„Hast du dich wieder mit deinen Leuten gefetzt?“, versuchte er die Konversation am Laufen zu halten.

„Jein.“ Zumindest noch nicht, aber der Grundstein dafür war gelegt. „Aber wenn doch, wirst du es hören.“ Dann durfte er als Ehrengast dabei zusehen und sich einen Kuchen backen.

„Warum könnt ihr euch nicht einfach vertragen?“, seufzte Moritz, schnitt sein Stäbchen in kleine Scheiben und steckte sich eine gabelvoll davon in den Mund.

„Weil sie dumm und gestört sind?“ Weil mich Richard vorhin abgelutscht hatte wie ein Eisbällchen und dasselbe fast auch von mir verlangt hatte? Weil Olli mir mit seinem menschenfreundlichen Tick auf den Wecker ging? Weil Tom und Luis unerträgliche Kleinkinder waren, die sich anstellten wie fünfjährige Mädchen? Die Liste ließ sich beliebig erweitern.

„Du kannst doch nicht jeden dumm finden.“ Ein neuer Happen Gammelfisch verschwand in seinem Mund.

„Doch, merkst du doch. Dich kann ich auch nicht leiden.“ Aber das wusste er ja ohnehin schon seit Anfang an. Kein neues Geständnis.

„Du bist echt ein Phänomen.“ Er widmete sich nun komplett seinem Essen, trotzdem spürte ich ab und zu die schiefen Blicke, die er mir zuwarf und durch die ich mich belästigt fühlte.

Ich war mir sehr sicher, dass seine tolle Aussage kein Kompliment sein sollte, von ihm unter keinen Umständen. Er fand mich doch fast so nervig wie ich ihn.

Ich räumte brav wie ein Lämmchen nach dem Essen die benutzen Teller in die Küche, wunderte mich, wie manche hier ungesehen eine Schlacht mit dem Fisch hatten veranstalten können, so wie die Tische aussahen, und macht heute extrem langsam. Hauptsache, ich musste nicht in dieses kranke Zimmer, in dem sie vielleicht immer noch sich gegenseitig an die Wäsche gingen.

Dafür fühlte ich mich inzwischen viel zu zivilisiert, sollten die das doch tun. Paula und Hannah könnte ich auch auf andere Art begeistern und beeindrucken.

Ich trocknete denselben Teller mittlerweile zum dritten Mal ab, nur um Zeit hinauszuzögern, als Leonie auf mich zukam und mir einen Auftrag gab. Zwar hätte ich sie gerne belehrt, dass ich ja dank ihr und anderen Menschen hier zu arbeiten hatte, aber sie ließ nicht locker. Sie musste sich wohl gerade um ein Kind kümmern, dass sich an der Hand verletzt hatte, und wollte etwas von Moritz erfahren, fand ihn allerdings nicht auf Anhieb.

Suchte ich den Trottel halt, dann konnte ich mich vor ihm wichtig machen; das Geschirr blitzte sowieso langsam sauber genug.

Wo fand man einen ungeliebten Betreuer? Eigentlich in seinem Zimmer, wo er momentan nichts zu suchen hatte, weil er sich mal um die Organisation hier kümmern müsste statt zu chillen.

Also auf in sein Zimmer. Natürlich superlangsam, um den Auftrag auszudehnen.

Ich schlich also den Gang entlang; geile Sache. Gut dass mich keiner sah, die dachten sonst, ich hätte sie nicht mehr alle, wenn ich hier einen Geheimagenten imitierte.

Die Tür von Evilmoritz‘ Zimmer war nur angelehnt, da stand wohl jemand nicht so auf Privatsphäre oder fühlte sich nicht in der Lage, seine Tür zu schließen. Dumm, aber nicht mein Problem, mal sehen, ob ich ihn bei illegalen Machenschaften erwischte. Drogendeal oder Kinderopferungen, Hauptsache kriminell sollte es sein.

Neugierig linste ich durch den Türspalt, wie es sich für mich gehörte.

Ach. Du. Scheiße. Ich glaube, ich kotzte gleich, ehrlich.

Ich war ja inzwischen an vieles gewöhnt – hier musste man abgehärtet sein, um nicht täglich auszuflippen –, aber das... das war ja nicht mehr normal! Ich meine, hallo, tickte der noch ganz richtig? Hatte der einen Schaden? Wie krank war das denn?

Wie auf dem Präsentierteller saßen da auf dem Bett er und Richard und was die da unternahmen, war ja eindeutig, beim normalen Gespräch muss man seinem Gegenüber jedenfalls nicht das T-Shirt ausziehen und ihn dabei ausgiebig ansabbern.

Skandalös! Und ich war wieder der Leidtragende, der solche Tätigkeiten aufdeckte, na danke, hätte das nicht Vinc oder so passieren können? Die steckten das viel lockerer weg als ich.

Das dreiste war ja, dass Moritz vorhin noch so scheinheilig mit mir an einem Tisch gesessen hatte und nun kurz davor war, Richard an die Wäsche zu gehen.

Merke: Moritz war für seinen Job total ungeeignet und ein Loser. Ansonsten hätte er sich nicht das da geangelt.

Blieb nur die Frage, ob ich denen den tollen Moment versauen und ganz zufällig ins Zimmer reingescheint kommen soll oder lieber das Weite suchte und Leonie verklickerte, weshalb ich nicht ihre supermegawichtige Botschaft überbringen konnte.

Beides wäre böse, also genau meine Art.

Ich atmete noch einmal kurz durch – dieser Schock am Nachmittag war echt Gift für meine Nerven –, riss die Tür komplett auf und grinste die beiden fies an; entsetzt über meinen dramatischen Auftritt sprangen die beiden auseinander und Moritz zog sich ganz fix sein Oberteil über, dass hinter ihm auf dem Bett gelegen hatte. Schon besser.

Es war verdammt cool, dieses Mal machte mich keiner dumm an, weil ich gestört hatte. Sie wussten nämlich beide genau, dass sie eh schon in der Klemme saßen, besonders bei Moritz konnte man den schuldbewussten Gesichtsausdruck fast von der Stirn in Neonschrift leuchten sehen.

„Leonie sucht dich, hat irgendwelche Probleme, bei denen sie dich mal bräuchte, aber nicht gefunden hat. War was mit einem verletzten Kind oder so“, sagte ich ganz liebenswürdig, um sein schlechtes Gewissen noch mehr zu steigern. „Vielleicht solltest du dich mal um deine Arbeit kümmern und nicht um den da.“

Sollte ich ihm bei Gelegenheit noch zuflüstern, dass sein neuer Freund heute Morgen schon beim Flaschendrehen an diversen Menschen sein Talent ausprobiert hatte?

„Verdammt.“ Inzwischen war Moritz das Elend in Person, weil er endlich gemerkt hatte, dass er seine Aufsichtspflicht zugunsten eines doofen Richards vernachlässigt hatte, weshalb er sich an mir vorbeidrängte und sich eilig auf die Suche nach Leonie begab, um nicht völlig als Depp dazustehen.

„Du bist ein Arsch“, stellte Richard nüchtern fest, während er Moritz‘ Bettdecke mit kleinen Kreisen bedeckte. Nervöse Zuckungen im Zeigefinger oder was ging ab?

„Weil ich die Wahrheit sage oder was?“ Aber sonst war alles in Ordnung oder wie? Die drehten hier doch alle komplett am Rädchen. „Glaubst du, ich tu mir eurer Rumgemache freiwillig an? Nee, so geil finde ich euch bestimmt nicht.“ Was der sich heute einbildete, einfach unmöglich.

Ich hatte keinen Bock mehr auf seine dumme Fresse und machte mich auf in mein Zimmer, war schließlich Mittagsruhe und das nutzte ich zur Erholung.

„Wow, holy Domi beehrt uns mit seiner Anwesenheit!“, versuchte mich Luis gleich aufzuziehen, als ich auch nur einen Zeh in das Zimmer gesetzt hatte.

Ich antwortete gar nichts, ich musste erst mal diese Bilder aus meinem Gedächtnis löschen, wie Richard da an Moritz rumfummelt, als gäbe es kein Morgen.

„He, ich spreche mit dir“, startete Luis einen neuen Provokationsanlauf. Keine Reaktion. „Bist du krank oder so?“

„Mir ist schlecht“, verkündete ich laut genug, damit er es hörte, und hockte mich in eine Ecke meines Betts.

„Hast du zu viel gefressen oder was?“

„Luis, jetzt lass ihm mal“, ging überraschend Tom dazwischen. Verkehrte Welt? „Ist doch gut, dass er nicht gleich streiten will.“

„Ich hab Moritz und Richard beim Rummachen überrascht.“ Die sollten ruhig erfahren, was der Junge in seiner Freizeit noch so alles anstellte außer Leute zu kindischen Spielen anzustiften.

„Verarsch uns nicht.“ Luis, der mitten auf dem Tisch saß und dort vor sich hin existierte, fing an zu lachen, als hätte ich einen besonders schlechten Witz erzählt. „Eine dümmere Ausrede ist dir auch nicht eingefallen.“

„Kannst die beiden ja nachher fragen, sie werden es nicht leugnen können, ich bin Zeuge.“ Alter, fühlte es sich gut an, gegen diese unsympathischen Volltrottel was in der Hand zu haben. Das nächste Mal machte ich Bilder, organisierte mir einen Drucker und verteilte hinterhältige Flugblätter.

„Lass sie doch. Wenn sie meinen, dass sie es brauchen“, verteidigt Softbrötchen die zwei gleich, während er auf seinem Block herumkritzelt und sich wieder von seiner unästhetischen Musik verdummen ließ.

„Es stört aber!“

„Mann, Dominik, reg dich doch nicht dauernd über Moritz oder Richard oder sonstwen auf, das macht dir das Leben auch nicht leichter.“ Tom lag auf dem Boden, knabberte die letzten Kekse aus einer fast leeren Packung und schaute sich dabei eine Zeitschrift über Naturphänomene an.

War ja klar, dass mich aus Prinzip keiner unterstützte, aber damit hatte ich insgeheim schon gerechnet.

Die Mittagsruhe verlief öde wie vermutet, keiner verstand mein Problem, stattdessen klebten sie ziemlich bald zu dritt aneinander und lasen sich gegenseitig aus einem Mädchenmagazin vor, dass Luis als allgemeine Belustigung mitgebracht hatte.

Bei dem Lärm konnte man natürlich weder Entspannen noch sich Erholen, alle halbe Minute lachte jemand, weil die komischen Kinder in dem Heft so eine Scheiße verzapft hatten und von Problemen schwafelten, die kein normaler Mensch haben konnte.

„Hilfe, ich bin schwanger, weil ich seit drei Wochen meine Tage nicht mehr bekommen habe. Was soll ich jetzt tun? Ich habe doch noch nie mit einem Jungen geschlafen. Sophie, 12 Jahre alt“, las Tom mit theatralischem Unterton vor und Luis kringelte sich vor Lachen neben ihm, wobei er sich den Kopf fast am Tischbein anschlug. Vinc sah auch aus, als wüsste er nicht, ob er über so viel Unwissen lachen oder weinen sollte.

Wie sollten solche kleinen Mädchen später mal ein eigenes Leben führen, wenn sie sich mit solchen peinlichen Fragen an die Öffentlichkeit wandten? Wofür gab es Eltern oder beste Freunde, die sie damit erschrecken konnten?

„Was sind das für schlaue Fragen? Oder hier: Bin ich lesbisch, weil ich noch nie einen Freund habe? Alter, ich glaub, ich sterbe.“ Tom vergrub das Gesicht in den Händen und imitierte schlechtes Wolfsgeheul.

Wenigstens die drei hatten gute Laune.

Die Comedysendung unter mir zog sich noch einige Zeit hin, irgendwann erfanden sie selbst tolle Aussagen von Mädchen ohne Ahnung und terrorisierten sich damit gegenseitig, bis sie eigene genauso dumme Antwort bekamen.

Eigentlich sollte das Nachmittagsprogramm wie immer gegen drei Uhr starten, aber erstens wollte ich mir nicht länger als nötig den Anblick von unserem neuen Traumpaar antun und zweitens ahnte ich, dass es auch heute nichts wurde, was mich positiv umhaute, eher im Gegenteil.

Auch die anderen taten, als könnten sie plötzlich die Uhr nicht mehr lesen, und versuchten sich lieber untereinander durch den ganzen Raum zu ziehen. Ob das pädagogisch wertvoll war, blieb allerdings offen.

„He, Jungs, wir wollen anfangen“, hörten wir schon bald Annabell, die unser mysteriöses Verschwinden nicht länger hinnehmen wollte. „Kommt bitte in den Essenssaal. Und nicht erst heute Abend, sondern jetzt.“

Ich wollte nicht, da draußen rannte mein persönlicher Alptraum herum.

Trotzdem saß ich keine fünf Minuten später auf einem Stuhl, neben mir Olli, auf der anderen Seite Sascha, der Chaotenhaufen und die Mädchen um uns herum und vor allen lagen kleine Klarsichtfolien.

What the hell? Gab es dazu einen näheren Sinn oder durften wir den erst suchen?

Des Rätsels Lösung entpuppte sich als eine Armee kleiner Tuben, in denen zähe bunte Farbe gefangen gehalten wurde. Verdammt, da stand Window Color, bitte nicht!

„Was wird das?“ Hannah und Paula sahen sie irritiert an.

Durfte ich mich nun schlecht fühlen, weil ich als Kerl wusste, was das war und sie als weibliche Fraktion, die mit solchem Zeug eigentlich mehr in Berührung kamen, es für etwas Essbares hielten?

Die Betreuer erklärten und ausgiebig, was man damit anstellte – kleine Bildchen für die Fenster malen – und wie man es benutzte – auf die Folie schmieren –, warnten uns aber, uns selbst damit anzukleistern, da es aus Klamotten gar nicht mehr herauszuwaschen war.

Luis und Tom wetteten sofort, wie lange es dauerte, bis der erste mit bunten Tupfen am Tisch hockte.

„Das ist voll sinnlos“, murmelte Sascha leise und begann, mit der roten Farbe ein riesiges Herz und darunter den Namen seiner Freundin zu malen. Zumindest startete er den eindeutigen Versuch. „Verdammt, da kommt nichts raus.“

„Vielleicht ist es leer. Oder du drückst zu leicht.“ Einmal im Leben durfte ich auch mal zeigen, dass ich mit solchen Mädchensachen umgehen konnte.

„Was für ein Müll.“ Genervt packte Sascha das flaschenähnliche Ding und versuchte, es zum Weitermachen zu animieren, indem er es mit ziemlicher Gewalt zusammendrückte.

„Ach ja, wenn du zu fest drückst, kann es sein, dass du Flasche explodiert.“

Auf Paulas Gesicht legte sich immer mehr ein verzweifelter Ausdruck über diese seltsame Art, sein Haus zu verschönern.

„Geil, wollen wir nachher eine mitnehmen und das mal ausprobieren?“, flüsterte Luis Tom zu, der schon die ganze Zeit, seitdem er eigentlich seine Folie anfärben sollte, abwesend irgendwohin starrte und nur nickte, um zu zeigen, dass er ihm angeblich zugehört hatte.

„Aber nicht in unserem Zimmer.“ Vincent war der einzige, der mit den Farben keine Probleme zu haben schien. Er hatte sich eine Vorlage für eine Blume geschnappt und spielte daran Picasso. Wie hübsch...

Olli half inzwischen Sascha mit seinem Flaschenproblem und gemeinsam bekamen sie es hin, dass das teuflische Etwas wieder Farbe ausspuckte. Leider direkt auf den Tisch, zielen sollten sie auch mal lernen.

Der letzte in unserem kleinen Grüppchen, der einzige wahre Richard, hatte noch nicht mal angefangen. Er hing da wie ein Emotierchen und beschäftigte sich lieber mit der Luft. Da vermisste wohl jemand seinen Moritz, der vorne bei den kleinen Kindern rumturnte und ihnen ständig helfen musste.

Eine Runde Mitleid... für niemanden.

„Was soll ich mit dem Zeug?“ Hannah hatte eine kleine Explosion auf ihrer Folie nachgestellt und pustete gelangweilt auf sie, um sie zum Trocknen zu bringen. Dumm nur, dass es trotzdem einen Tag dauerte, bis das eintrat.

„Schenks deiner Oma zum Geburtstag, mach ich auch“, schlug Paula vor, die sich mit Sonne, Mond und Sternen auseinandersetzte und dabei die gelb im Alleingang verbrauchte.

„So was hässlich will selbst die nicht.“

„Nicht so unmotiviert“, weckte Annabell sie aus ihrer Lästerstunde. „Ich hab irgendwo noch eine Anleitung herumliegen, damit könnt ihr ein ganzes Krippenspiel nachmalen.“

Das fand ich beängstigend; was hatte man davon, wenn eine fette Krippe einem den Blick aus dem Fenster versperrte?

„Hm, okay.“ Bevor sie sich noch mehr über ihr originelles Kunstwerk ärgerte, nahm Hannah lieber diese Herausforderung an.

„Theoretisch könnte man mit dem Zeug auch einen Porno nachmalen“, warf Klein Vincent plötzlich in die Runde und ich hätte gefragt, ob er noch ganz dicht war. Die Betreuer töteten uns, wenn wir so was anfingen zu entwerfen.

„Gute Idee.“ Richard, der bis eben nicht mal einen dummen Kommentar für mich abgegeben hatte, schien die Vorstellung zu gefallen. „Ist zwar scheiße, wenn man nicht zeichnen oder so was kann, aber das wird.“

Der Junge klatschte allen Ernstes Strichmännchen in eindeutigen Posen auf die Folie, ich glaubte es nicht. Bestimmt ergänzte er sie zum Schluss noch mit den Namen Richard und Moritz, um endlich allen zu zeigen, was er eigentlich mit unserem gewissenhaften Betreuer anstellen wollte.

Ich hatte eigentlich absolut keine Motivation für diese Kindergartenbeschäftigung, aber bevor ich ebenfalls angedroht bekam, eine Krippe oder ähnliche verrückte Gegenstände zu basteln, gab ich vor, etwas großartiges, einzigartiges herzustellen.

„Was ist das? Ein Wal?“, erkundigte sich Sascha skeptisch, als er eine Pause eingelegte, weil ihm die Hand weh tat. Lusche.

„Das ist eine Wolke“, knurrte ich ihn an; meine Frese, das sah man doch oder gab es Wale, die mit Blitzen um sich warfen und regneten?

„Sorry, wenn du nicht malen kannst“, antwortete er gereizt und betrachtete Richard, der seinem Bild den letzten Schliff gab, indem er alles mit durchsichtiger Farbe verband, um es als großes Ganzes bewundern zu können.

Irgendwo auf der anderen Seite schrie es und es war automatisch jedem klar, dass da jemand nicht sehr nett mit der Flasche umgegangen war; nun klebten überall giftgrüne Reste, die eine hektische Betreuerin zu entfernen versuchte.

Fail für das doofe Kind, das nicht aufgepasst hatte.

Tom grinste breit. „Ich hab gewonnen. Die Chipstüte gehört mir.“

Was für Langweiler, die wetteten um Essen, da hatte man ja nach fünf Minuten nichts mehr davon.

„Hätten die das nicht etwas früher machen können?“, beschwerte sich Luis, beruhigte sich aber schnell wieder und spielte Pseudokünstler. Der hatte aber auch unwichtige Probleme.

Am Ende der überflüssigen Zusammenkunft mit dem scheinbar kreativen Schwerpunkt sammelten die gestressten Betreuer alle Folien ein, um sie in einen anderen Raum zum Trocknen zu lassen.

„Richard, was ist das?“ Moritz hatte das Kunstwerk seines Schatzes gefunden und konnte sich nicht entscheiden, er entsetzt darüber sein oder ob er es unkommentiert lassen sollte.

„Siehst du doch.“ Richard lächelte scheinheilig und ich fühlte mich von diesem Theater äußert genervt. Solle er doch zugeben, dass er frustriert war, dass ich sie heute Mittag gestört hatte.
 

Die restliche freie Stunde und das Abendessen plätscherten sinnlos an mir vorbei, weil ich vor Langweile fast einpennte – hier passierte echt nichts außer die übliche Dummheit – und die anderen mich wieder deutlich ausschlossen.

Nein, das fand ich nicht scheiße, sie waren doch echt unter meinem Niveau, ganz klar.

Heute Abend stand etwas auf den Plan, vor dem es mich gruselte: Schnitzeljagd. Das bedeutete, man durfte im Stockdunkeln durch die Gegend rennen, flog dabei hin, löste komische Rätsel und bekam als Preis nichts. Das war witzlos, ich fühlte mich nicht motiviert genug, daran teilzunehmen.

Vinc hatte auch sichtlich keinen Bock darauf, die nächsten Stunden durch fremdes Gebiet zu irren, und zog sich vorsichtshalber eine Regenjacke über. Bei Schnitzeljagen regnete es schließlich dann immer, wenn man nicht darauf vorbereitet war, argumentierte er eifrig.

Allerdings, wie sollte es regnen, wenn kein Wölkchen den Himmel verdeckte? Gute Frage.

Im Schneckentempo trotteten wir zu sechs – Richard hatte sich wohl schon bei seinem Moritz versteckt – vor das Haus und warteten dort eher wenig begeistert auf die Schnitzeljagd. Sogar die sonst so hochmotivierten best friends Luis und Tom wirkten genervt und wollten lieber im Zimmer Scheiße bauen als in der freien Natur in den nächsten Busch zu stolpern oder den härtesten Ast am Kopf zu erwischen.

Die Kinderschar um uns herum sah das ganz anders, machte Lärm, ging uns auf den Keks und rannten uns fast über den Haufen. Also so dunkel war es auch nicht, um uns zu übersehen, vor allem Olli, der eine grellorangefarbene Jacke übergezogen hatte, falls ihm kalt werden könnte.

Junge, noch mal, wir hatten Sommer und nicht Oktober. Aber mir sollte es egal sein, war ja nicht meine ANgelegenheit, wenn er sie nutzlos mit sich herumschleppen musste.

„Muss das wirklich sein?“, ging Tom versuchsweise Annabell auf die Nerven und testete, ob er sie per Gedankenübertragung von seiner Abneigung gegen Schnitzeljagten überzeugen konnte.

„Ja, natürlich.“ Sie scheuchte ihn zurück zu uns anderen, damit er nicht auf die Idee kam, vorzeitig den Abflug zu machen und allein das Gebäude in Schutt und Asche zu legen. Das zeigte, wie gut seine Übung funktioniert hatte.

Endlich kreuzte auch unser neues Traumpaar auf, wobei Moritz Richard eher hinter sich herzog; da mochte uns jemand irgendwie nicht mehr. Oder mich noch weniger als sonst, wie auch immer.

„Sind alle da?“, fragte Moritz etwas dämlich in die Runde und sah sich um, als könnte er innerhalb von Sekunden alle herumtobenden Kinder zusammenrechnen. Klar, der schaffte es doch kaum, pünktlich zu erscheinen dank seinem neuen Zusatz.

„Wärst du früher da gewesen, hättest du sie mal zählen können“, bemerkte Leonie etwas frostig und Moritz machte schon wieder den Eindruck, vom schlechten Gewissen überfahren zu werden.

Ich feierte innerlich meinen Sieg über den Loser.

„Sorry, ich hatte noch was zu tun“, lenkte er schnell ab und ließ auch dabei gaaaanz zufällig Richards Finger los, die er bis eben noch festgehalten hatte. Da konnte wohl jemand nicht zu dem stehen, was er soeben getan hatte. Kam auch nicht so gut an, als Betreuer sich schon am dritten Tag den nächstbesten Jungen zu schnappen und ihn fast durchzuvögeln, obwohl man auf ihn aufpassen sollte.

Mit allgemeiner Unzufriedenheit bei uns und Anflug von Streitereien bei den Betreuern teilte man uns wie so oft in Gruppen, die jeder dumm fand, ein, sodass ich mit meinem heißgehassten Moritz, seiner kleinen Klette, Tom und unwichtigen Statisten... ähm, Kindern, durch die Wiesen und den Wald zog.

Okay, eigentlich warteten wir erst fast eine halbe Stunde, bis es losging, da wir die letzten waren und auf keinen Fall auf die anderen treffen sollten. Gammelten wir halt solange im Speisesaal und stopften uns mit Keksen voll, die man nur für uns dort abgestellt hatte.

„Kann man nicht vorher aufgeben, wenn man keinen Bock hat?“, erkundigte ich mich ganz dreist bei Moritz, der mir daraufhin nur einen Vogel zeigte – nett und vorbildlich, wie immer – und uns gleich mitteilte, dass wir erst gar nicht versuchen sollten, uns vor dem Spiel zu drücken. Je länger wir es herauszögerten, desto länger dauerte es am Ende.

Kein Kommentar zu dieser Frechheit.

Die erste Herausforderung, bevor wir überhaupt loslegen durften, bestand darin, drei wertlose geographische Fragen richtig zu beantworten, die man in den letzten fünf Minuten aus einem Lexikon entwendete hatte.

Die Kinder hatten wie erwartet keinen Peil und vermuteten, Berlin lag am Mittelmeer, Tom und ich schlossen uns einfach mal an und Moritz brummte etwas, was in Richtung „Was für ein Theater“ klang.

Niemand hatte jemals behauptet, Kinderbetreuen wäre so leicht wie er es sich vorgestellt hatte. Das nächste Mal überließ er das Leuten, die Ahnung von ihrem Fach hatten und nicht planlos Dinge taten wie er.

Richard war auch keine große Hilfe, der wollte nämlich nur eins von seinem Moritz und riskierte es sogar, dass sogar Tom sich auf Dauer über ihn lustig machte.

Eins musste man Luis‘ abf lassen: Wenn er nicht wollte, konnte er einem fast schon sympathisch werden. Aber auch nur, wenn sein peinlicher Kumpel nicht in seiner Nähe rumtanzte.

„Gut, dann lassen wir die Fragen und gehen los“, beschloss Moritz zähneknirschend und lotste uns aus dem Gebäude in das nächste Wiesenstück, wo ein Baumstamm rumlag und existierte. Cool, was für eine Seltenheit.

„Da müsst ihr alle rüberbalancieren, dann können wir weitergehen.“

Und noch eine schwachsinnige Sache auf unserem Weg zum Ziel, wer sich das wohl ausgedacht hatte?

Moritz musste uns alle zwingen, auch nur einen Fuß auf das Holz zu stellen, sogar die Kleinen weigerten sich; war ihnen zu doof. Sie wollten lieber weg und am Fluss Pirat spielen.

„Ich hab Höhenangst, ich kann da nicht drauf“, behauptete ich, als mich Moritz fast mit Blicken brutzelte, weil ich trotz mehrfacher Aufforderung mich ins Gras gesetzt hatte und die Landschaft kritisch betrachtete.

„Dominik, hör auf mich anzulügen und mach einfach.“ Da verzweifelte jemand gerade an seiner Aufgabe, ich fühlte mich extrem stolz.

Fast hätte ich ihn angemault, hier bloß nicht rumzuheulen wegen so einer Schieße, aber das wäre dann doch etwas zu gewagt gewesen, zum Schluss hätte er mir eine gescheuert, so geladen war der arme, unfähige Moritz inzwischen inmitten der bösen Kinder stand und vor sich hin litt. Und mein hübsches Gesicht wollte ich mir von so einem Freak nicht ruinieren lassen.

Wir zogen auch ohne Aufgabe zwei weiter, was mich einerseits freute, weil wir Moritz fehlende Autorität untergraben hatten, andererseits störte, weil wir vor den anderen als Trottel dastehen könnten. So theoretisch irgendwie.

Obwohl, Moritz gab bestimmt nicht zu, dass wir voll gefailt hatten, das wäre sein absolutes Eigentor und bei den super Betreuern stand er momentan ja weniger gut da. Kein Wunder, bei seinem perversen Geschmack.

Naja, so ein blödes Spiel für Kiddies veränderte nicht mein Leben, also brauchte es mich nicht zu interessieren. Für mich zählte im Augenblick nur Moritz leidender Anblick und Richard, der wohl keinen Bock auf die komische Laune von ihm hatte und ihm deshalb demonstrativ den Rücken zugekehrt hatte.

Die passten so wunderbar umwerfend zusammen, ich fühlte mich fast geblendet vor göttlicher Dämlichkeit in ihrer Gegenwart. Wo lag noch mal meine Sonnenbrille?

„Ach wisst ihr was? Lassen wir es einfach“, murmelte Moritz plötzlich frustriert und Tom begann zu grinsen, dass ich mich fragte, ob man den heute noch ausschalten konnte oder ob man zum Schlafen in ein anderes Gebäude ziehen musste.

Wie gesagt, Sonnenbrille wäre sau nice.

Die kleinen Zwerge quietschten komisch, ich tat cool und freute mich für mich und Richard begann ihn anzumachen, warum er denn jetzt unserer Ignoranz nachgegeben hatte. Wer von denen war noch mal neunzehn? Moritz hatte sein geistiges Alter inzwischen drastisch reduziert und nun versuchte Richard, den Ersatz zu spielen. Peinlich, das war so dermaßen daneben, da lachten ja die Hühner.

Den Weg gingen wir nicht zurück, Moritz befürchtete, jemand außerhalb unserer Gruppe könnte seine haushohe Niederlage miterleben, weswegen er sich eine ganz neue Strecke ausdachte, die uns nicht unbedingt vom Hocker warf; es war dunkel, wir wussten nicht, wo wir waren, ich wollte ins Bett und den nächsten Tag – ach was, die nächsten Wochen – verschlafen.

Moritz hatte sich etwas abgeregt und war nicht in der Stimmung dazu, der kleinen Nervensäge Richard länger böse zu sein; vielleicht musste er sich auch einfach wieder einschleimen, damit er heute Abend noch mit ihm in der Kiste landete.

Männer dachten da ja allgemein eher praktisch und er schien es echt ziemlich nötig zu haben.

Am Haus angekommen mussten wir draußen auf den Rest warten, damit keiner heulte, weil wir hatten reingehen dürfen und sie nicht. Solche Idioten gab es in den anderen gruppen bestimmt.

Tom und ich beobachteten teilweise interessiert, teilweise etwas schockiert, was Richard und Moritz auf der Wiese vor dem Eingang schon wieder für eine Show ablieferten. Moritz war der festen Überzeugung, er müsste sofort auf der Stelle und egal mit welchem Publikum in Sichtweite Richard ausziehen, jedenfalls wollte er das und griff seinem theoretischen Zwilling dauernd unters T-Shirt, als läge dort der Sinn des Lebens zum Mitnehmen.

Von dieser Idee hätte er allerdings sein kleines Opfer erst einmal überzeugen sollen, das zappelte nämlich plötzlich übertrieben herum und fuhr ihn dann, dass er das momentan nicht mochte, weil erstens wir beide bösen Gaffer sie als Unterhaltungsprogramm missbrauchten und zweitens ein gewisser Herr M. noch mehr Ärger bekommen hätte, wenn seine Kollegen ihn sahen. Seine Pflicht, Kinder vor ihrer eigenen Dummheit zu wahren stand schließlich über seinem Verlangen, sich an Richard aufzugeilen.

Wenigstens zogen die Argumente und Moritz verfiel wieder in seinen bekannten 'Ich fühle mich plötzlich so schuldig, denn ich bin vernachlässige alles für diesen so tollen Typ' Status, der langsam aber sicher langweilig wurde.

Etwas mehr Abwechslung für die Zuschauer, bitte.

Schon bald kamen die ersten, die tatsächlich an dem Wahnsinn im Möchtegernwald teilgenommen hatten, auf uns zugerannt, weshalb die Fummelattacken endgültig beendet und auf später verschoben wurde.

Stattdessen tauschte man sich aus, wer wo welche Aufgabe ansatzweise richtig gelöst hatte, und loste schließlich aus, welche Gruppe den Preis bekam. Unserer gehörte leider nicht dazu, aber wie erwartet hatte Moritz unsere Lösung etwas verschönert.

Halb schlafend schleppte ich mich direkt nach der aufwandlosen Siegerehrung ins Bad, bereitete mich für die nächste Nacht vor, wimmelte einen Olli ab, der mich nach dem Spaßfaktor unserer Gruppe auszuquetschen versuchte, und verschwand samt Schlafanzug in meinem Bett.

Tom wünschte mir erstaunlicherweise gute Nacht – Luis fielen dabei fast die Augen aus dem Kopf und Vinc wirkte verwirrt – und ich antwortete etwas ähnliches in der Richtung, aber da ich irgendwie schon nicht mehr ganz da war, klang es eher wie die Erfindung einer neuen Sprache.

Damit konnte man bestimmt auch viel Kohle machen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (14)
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Von:  Inan
2011-01-14T21:29:04+00:00 14.01.2011 22:29
Allesamt schwul hier xDDD
Verdammt witziges Chap :D
Von:  Inan
2010-08-05T23:01:34+00:00 06.08.2010 01:01
Dominik sozusagen beim Denken zuzuhören ist echt unglaublich lustig :'D
Vorallem die Stelle, bei der Richard mit Moritz rumkuschelt schießt echt den Vogal ab :DDD
Von:  Bloody_princess
2010-08-01T11:57:56+00:00 01.08.2010 13:57
Ich mag Dominik auch total!
Ich finde seine Gedanken immer So lustig! xDDD

Ganz ehrlich?!
Mich würden die Kinder dort auch total nerven!
Wie die sich immer aufführen!
Echt wie die kleinkinder! -.-

DIe würden mich echt Fertig machen!
Mit ihrem Rumgespinne! -.-

Na ja,
auf jedenfall fReu ich mich schon wenn's
wiieder weitergeht!

Schreib dir dann auf jedenfall
wieder nen kommi! ^.^

Liebe Grüße,
deine Bloody princess!
Von:  eden-los
2010-08-01T10:36:17+00:00 01.08.2010 12:36
ich mag dominik, der hat die selbe einstellung wie ich. ;P
freu mich auf mehr.

lg edne ^^
Von:  Inan
2010-03-10T16:51:49+00:00 10.03.2010 17:51
Warum hat er was gegen Jungs, die Nagellack tragen? Óò
*mich über die mangelnde Toleranz eines Großteils der Menschheit aufreg*
*hüstel*
Naja egal, niemand ist perfekt xD
Die Jungs sind ja mal echt der Hammer, entweder ganz auf droge oder garnicht xD
Aber Richard ist eh der Beste~ :3
tolliges chap, freu mich schon aufs nächste^^
sagst du mir dann auch bescheidt?
Von:  Inan
2010-03-10T16:32:28+00:00 10.03.2010 17:32
Brot.
Joghurt ist weich und weniger fest, Brot passr besser zu ihm xD
Ist schonmal n toller anfang, Domi ist ja mal der Bringer :3
Von: abgemeldet
2010-01-09T16:31:32+00:00 09.01.2010 17:31
Also ich find das bis hir hin ja schonmal richtig hamma und ich kann dominik voll ferstehen ^^
Ich hoffe du schreibst bald weiter ich hab nemlich gefallen gefunden ^^-

*freut sich schon wie ein klein Kind XD*

Lg Gela
Von: abgemeldet
2009-11-22T21:32:26+00:00 22.11.2009 22:32
Also, ich fand den Prolog ja schon klasse, aber das erste Kapi ist echt geil^^
Ich kann mir richtig gut vorstellen, wie angepisst Dominik sein muss uns diese ganzen Chaoten, die sich in so nem "Camp" herumtreiben kenn ich auch^^ Und dann der arme Dominik in so nem Kindergarten. Naja, vielleicht lernt er ja etwa szu entspannen^^ Würde ihm mal ganz gut tun, etwas kindischer zu sein^^ Aber er ist mir so auch sehr sympathisch, mit seiner Mich-kotzt-eh-alles-an-Einstellung^^

Also, das Kapi hat richtig Lust auf mehr gemacht! Bin schon gespannt, was für "Abenteuer" er denn noch so erlebt^^

Wie gesagt, ein klasse Kapi udn ich freu mich auf das nächste!

LG loona
Von: abgemeldet
2009-11-14T20:21:08+00:00 14.11.2009 21:21
Also das Kapitel war ja mal echt klasse! Man konnte regelrecht spüren wie sehr Dominik alles ankotzt. Irgendwie glaube ich, das er und Richard noch richtig gute Freunde werden können, auch wenn es anfangs nichts so aussah. Die beiden scheinen sich doch ähnlicher, als ich erst gedacht habe. Ich bin schon mal gespannt wie es eitergeht. Ich an Dominiks Stelle wäre schon längst ausgetickt, inmitten all dieser kleinen Kinder. Und wenn sich dann auch noch die wenigen, gleichaltrigen so aufführten...
Moritz ist mir gleich symphatisch gewesen, der ist total nett. Auch wenn Dominik es scheinbar nicht bemerkte, aber auch mit ihm könnte er sich anfreunden.
Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel...

GLG _midnightkiss_
Von:  Bloody_princess
2009-11-14T14:24:44+00:00 14.11.2009 15:24
klingt echt schon mal ziemlich gut!

maG deinen schreibstiL!

und deR hauptchara ist echt voll lustiG! ^^

zum wegschmeißen echt! xDD

schreib schnell wieder weiter!

Liebe Grüße,
deine Bloody pRincess!


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