Ich rette dich!
In der Zwischenzeit bei Ruki:
Aus irgendeinem Grund zuckte ich plötzlich zusammen und verfiel kurz darauf wieder in Trance, während meine Band alle Entscheidungen für mich traf.
Seit gestern konnte ich an nichts anderes mehr denken, als an Yasumi. Warum hatte sie mich ausgesucht? Was mochte sie an mir? Ich bekam langsam Minderwertigkeitskomplexe. Warum? Weil sie in einer angesehenen Uni studieren würde? Weil sie, gerade mal 20, vieles erreicht hatte, wogegen ich damals ein Nichts war?
„Was hältst du von der Idee, Ruki?“, fragte mich Shou aus Alice Nine, der neben mir in der Versammlungshalle saß.
„Welche Idee?“, fragte ich zurück.
„Ihr werdet als Gruppe vielleicht in Kimonos auftreten.“
„Kimono? Nicht gut. Überhaupt nicht gut“, sagte ich beim Kopfschütteln, aber die Versammlung war schon beendet und alle Entscheidungen getroffen.
Alle redeten jetzt durcheinander.
„Ich glaube, Ruki sagt das, weil er genau weiß, dass er unter einem Kimono schwitzen wird wie'n Schwein.“
Die Leute in meinem Umfeld lachten über Akiras Aussage, die ziemlich ins Schwarze traf.
„Ruhuuukiiii!“
Etwas Großes betrat den Raum und kam auf mich zu.
„Wie viel Urin hast du gebildet, dass du mehr als ne viertel Stunde pissen musstest?“, fragte Yuhra aus Kra.
Miyavi grinste. „5 Liter.“ Er drückte mir zwei Schlüsseln in die Hand. „Hier. Ich habe ein Geschenk für dich. „In der Garderobe. Geh schnell.“
Und wie er gekommen war, so verschwand er auch.
„Ich verzichte danken auf dein Geschenk.“ Ich steckte die Schlüssel weg und wachte aus meiner Depression auf und redete gut eine viertel Stunde mit meinen Konkurrenten über das Wetter, Politik und über Yasumi.
„Ich habe gehört, du willst das Mädchen von letztens heiraten. Stimmt das?“, fragte Hiroto aus der Band Alice Nine.
Ich grinste unwillkürlich.
„Hätte ich auch so 'ne Schnecke, würde ich auch grinsen. Glückspilz.“
Die Männer seufzten nacheinander, sodass es für mich aussah, als würden sie ne La-Ola-Welle machen.
Die Tür ging plötzlich auf.
„Ah! Ruki! Wie fandest du meine Überraschung? Hat sie dir gefallen?“, fragte mich Miyavi laut beim Vorbeigehen.
Wohin verschwindet der Typ immer wieder? „Was für 'ne Überraschung denn?“, fragte ich nach.
Er riss die Augen auf und sah auf seine Uhr. „Oh shit. Sie ist seit fast zwanzig Minuten da drin und wartet auf dich.“
„Was?“ Ich stand auf. „Wen meinst du? Doch nicht etwa …?“
„Doch.“ Miyavi grinste. „Ich habe sie in die Garderobe versteckt.“
In einem Winkel meines Verstandes heulte eine Sirene. Ich packte Miyavi am Kragen.
„Hey, was ist los, Mann?“
„Du Mistkerl“, knurrte ich und holte aus und schlug ihn, doch er wehrte ab. „Sie leidet unter Klaustrophobie!“
Ich ließ den geschockten Mann los und rannte.
Yasumi. Halte durch! Ich bin gleich bei dir. Bitte halte durch.
Ich öffnete die Tür zum Raum, wo wir unsere Sachen ausgepackt hatten und spürte sofort ihre Anwesenheit. Mein Blick heftete sich an die Garderobentür. Mit zittrigen Händen fischte ich den Schlüssel heraus.
„Yasumi?“
Als die Tür auf ging versetzte sie mir ein Stich ins Herzen. Sie lag bewusstlos auf dem Boden, die Luft roch stickig, nur ihre Hand ragte in die Höhe. Sie war noch in Schuluniform, wobei ihr Rock hochgerutscht war und man ihren Boxershort sah.
„Oh nein!“
Ich fischte den anderen Schlüssel und befreite sie von den Handschellen, danach fiel ihre Hand zu Boden.
Mein Herz blieb beinahe stehen.
„Yasumi!“ Ich schrie, ich zerrte an ihren Schultern, hob ihre schlaffen Arme empor, legte meinen Kopf an ihr Herz. Yasumis Herz schlug in langen Abständen.
„Mach die Augen auf“, flüsterte ich und zog sie aus dem Zimmer.
Mir war es egal, ob die anderen mir zusahen oder nicht. Mir war es egal, in was für einem armseligen Zustand ich mich befand, denn meine Geliebte brauchte mich.
„Mach doch die Augen auf!“, flehte ich sie an. „Bitte.“
Ich hörte mir ihren Atem an und beschloss, eine Mund-zu-Mund-Beatmung durchzuführen.
Lag es an meinen Lippen oder an der abgegebenen Luft, dass sie jetzt nach Atem rang?
Jedenfalls öffneten sich ihre Augen, ich stöhnte erleichtert auf und sah sie an. In ihren Augen lag der selbe Ausdruck wie damals, als sie eine Panikattacke bei Uke bekam. Ängstlich sah sie in alle Richtungen und schien nichts richtig wahrzunehmen.
„Alles gut, Yasumi. Du brauchst keine Angst zu haben. Du bist in Sicherheit.“ Ich umarmte sie und richtete sie auf, sodass wir uns umarmend auf dem Boden saßen.
Langsam löste sich der traumatische Ausdruck von ihrem Augen und Leben kehrte in sie zurück.
Ein Glück!
Meine Augen tränten vor Freude, ich vergrub das Gesicht in ihr Haar.
„Takanori?“, flüsterte sie langsam.
„Wie fühlst du dich?“ Am liebsten hätte ich diese Frage präzisiert.
„Ich … hungrig und müde.“
Ich lächelte schwach. „Halt dich gut fest.“ Ich nahm sie an ihren nackten Schenkeln Huckepack und ging Richtung Tür an den Männern vorbei.
Meine Band sah erleichtert aus, doch Uke versperrte mir trotzdem den Weg.
„Wo willst du hin?“
„Nach Hause.“
„Ruki, du kannst nicht so einfach hinausspatzieren! Sie werden ganz schön sauer sein.“
„Sie können mich alle mal kreuzweise. Ich habe wichtigeres zu tun!“
„Nein, hast du nicht. Bitte geh nicht. Kai bekommt noch wegen dir Ärger.“
Ich hörte auf sie und ließ sie los.
Sie musste bei mir bleiben. Für immer und ewig.
