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Everlasting

Ruki x Kai
von

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Ruki hatte Angst, dass ihm die letzten drei Jahre für immer verborgen bleiben würden. Eine Woche war seit seinem Unfall bereits vergangen und sein Gedächtnis machte keine Fortschritte. Es passierte einfach nichts. Er konnte sich Fotos anschauen, irgendwelche Aufnahmen, Interviews von sich selbst lesen und trotzdem war alles fremd, erinnerte ihn nicht mal ansatzweise an die Vergangenheit. Hatte er diese Situation anfangs eher als recht nervig und unerfreulich betrachtet, kroch langsam die schmerzhafte Gewissheit in ihn, dass er sein Gedächtnis vielleicht nie wieder finden würde. Dabei wollte er alles zurück, all seine Erfahrungen, die guten und schlechten Zeiten, die er durchlebt haben musste, Menschen, die er kennen gelernt hatte, die Aufenthalte im Ausland, und natürlich auch seine Gefühle. Es kam ihm so vor, als wäre ihm ein Teil seiner Identität geraubt worden und von den anderen von allem berichtet zu bekommen, reichte ihm nicht aus, denn es gab ihm nicht das Gefühl, all dies wirklich erlebt zu haben.
 

Vielleicht war es noch zu früh, sich darüber Sorgen zu machen, doch Ruki bekam langsam Panik, dass er zu dem Teil der Menschen gehörte, deren retrograde Amnesie für immer anhielt und nicht nach einigen Tagen wieder verschwand. Wie sollte es dann weiter gehen? Mit ihm, Kai und der Band? Er hatte keinen Zweifel daran, dass das Label ihn einfach weiter alle Texte auswendig lernen und dann so weitermachen ließ, wie zuvor, aber privat lag so viel im Argen, dass Ruki die Angelegenheit einfach nicht auf die leichte Schulter nehmen konnte. Er wollte endlich wieder er selbst sein und nicht von einem Fettnäpfchen ins andere treten, nur weil plötzlich jemand in seinem Kopf herum radiert hatte.
 

Als seine Wunde soweit verheilt war, dass die Fäden gezogen werden konnten, sprach er anschließend mit seinem behandelnden Arzt. Dieser jedoch konnte ihm vorerst auch nichts anderes als eine entsprechende Therapie empfehlen. Eine Operation wäre zu risikoreich und zu diesem Zeitpunkt völlig verfrüht, da sich die Erinnerung immer noch auf natürlichem Wege wieder einfinden konnte. Ruki war auch nicht besonders scharf drauf, sich den Schädel aufsägen zu lassen, damit man ihm im Kopf rumstochern konnte und er am Ende einer Gehirnblutung oder ähnlichem erlag. Nein, da verzichtete er doch lieber auf die letzten drei Jahre und ging weiter brav zu seiner Therapie, die bisher aber auch noch recht fruchtlos gewesen war. Zwar waren ihm die neuen Songtexte beim Lernen irgendwie bekannt vorgekommen, die Materialien, die sie bei seinen Sitzungen durchgingen, weckten allerdings keine Assoziationen in ihm.
 

Ruki war sich nicht sicher, ob er sich Hypnotisieren lassen wollte. Sein Therapeut hatte ihm dies als Methode vorgeschlagen, um herauszufinden, ob es etwas in Rukis Leben gab, an das er sich gar nicht mehr erinnern wollte und deswegen die Gedächtnisfunktion blockierte. Ruki glaubte nicht, dass es ein solches „traumatisches Erlebnis“ gegeben hatte. Es sei denn natürlich, innerlich wehrte er sich immer noch dagegen, seine „Zusammenkunft“ mit Kai zu akzeptieren. Vielleicht tat er das wirklich. Er konnte schließlich nicht leugnen, dass er anfangs alles dafür getan hatte, um Kai vor den Kopf zu stoßen und ihm klarzumachen, dass er an ihm nicht interessiert war.
 

Das Zusammenleben mit Kai verlief mittlerweile relativ normal, sie verstanden sich gut und Annäherungsversuche hatte es nicht mehr gegeben, aber Ruki war sich trotzdem sicher, dass Kai sich Hoffnungen machte. Konnte er ihm auch nicht verdenken, denn nach drei Jahren Beziehung würde sich wohl jeder wünschen, den Partner endlich wieder zurück zu haben. Er war ja sogar enttäuscht gewesen, als Ruki ihm vor ein paar Tagen mitgeteilt hatte, dass er ihm nicht mehr beim Haare waschen helfen musste, weil seine Platzwunde soweit verheilt war, dass er wieder normal duschen konnte. Natürlich hatte er diese Enttäuschung nicht offensichtlich gezeigt, aber Ruki kannte ihn gut genug, um es trotzdem zu erkennen.
 

Kai war vielleicht doch der Grund, wieso Ruki sich nicht erinnern wollte. Kai hatte sein Leben jetzt schon durcheinander gebracht und als natürliche Abwehrreaktion verschloss sich sein Körper vor jeglichen romantischen Gefühlen, die den Drummer betrafen. So erklärte es sich Ruki zumindest. Er hatte keine Ahnung, ob das medizinisch korrekt war, aber bisher hatte er seinem Therapeuten nicht erzählen wollen, dass er eigentlich schwul war. Das ging schließlich niemanden etwas an (und es war ihm leicht peinlich dies vor einem Fremden zuzugeben) und deswegen wollte er jetzt auch keine Hypnose, bei der dieses kleine Detail eventuell zum Vorschein kommen könnte. Vielleicht würde er es erwähnen, wenn in einem Monat sein Gedächtnis immer noch nicht zurück war, aber momentan war Ruki nicht dazu bereit, ein so intimes Detail mit jemanden zu teilen, den er überhaupt nicht kannte. Ärztliche Schweigepflicht hin oder her. Man wusste ja nie. Vielleicht war er in dieser Hinsicht auch einfach verkappt, denn obwohl seine Texte oft nicht ohne waren, befand Ruki, dass sein eigentliches Sexualleben niemanden etwas anging.
 

Dennoch überlegte Ruki, ob er nicht selbst etwas dagegen tun konnte, falls er unterbewusst wirklich verdrängte, was er eigentlich mit Kai hatte und seine Maßnahme lautete deswegen: Konfrontation. In den Medien hörte man doch ständig davon, dass Menschen ihre Angst vor Spinnen dadurch bekämpften, indem sie dem direkten Kontakt mit diesen Tieren ausgesetzt wurden. Konnte Rukis Homophobie nicht genauso verschwinden, wenn er sich Kai etwas annäherte? Er würde sicher nicht mit ihm ins Bett springen, aber einfach mal etwas seine Nähe suchen, würde sicher auch nicht weh tun. Wenn Kai da nur mitspielte… Da zweifelte Ruki momentan noch etwas dran, denn Kai ging durchaus auf Distanz, wollte sich wahrscheinlich selbst nicht in Versuchung bringen.
 

Schlussendlich brauchte Ruki weitere vier Tage, bis er sich zu seinem ersten Annäherungsversuch überwinden konnte. Es war wahrscheinlich nicht der beste Zeitpunkt, da am nächsten Tag der erste Fernsehauftritt seit seinem Unfall stattfinden sollte und er sich deswegen genug Ruhe gönnen sollte. Er hatte ein wenig Angst davor und dass er mit der Situation nicht umgehen konnte. Zwar war abgemacht, dass Kai das meiste des Interviews übernehmen sollte, aber man konnte ja nie wissen und am Ende vergaß Ruki doch den Text bei der anschließenden Performance. Zwei Lieder würden sie spielen und obwohl Ruki alles in- und auswendig konnte, war er nervös und dies würde wiederum vielleicht dazu führen, dass er wie der letzte Depp auf der Bühne stand, weil er einen Blackout hatte.
 

Der Auftritt war für den späten Nachmittag festgesetzt, weswegen sie nicht allzu früh aufstehen mussten, sondern ausschlafen konnten und Ruki wusste, dass er den Schlaf brauchte, um den morgigen Tag durchzustehen. Dennoch wollte er heute Phase 1 seines Konfrontationsplans durchsetzen. Es war bereits recht spät und Kai und er lagen schon im Bett – natürlich jeder brav auf seiner Seite, so wie jede Nacht. Die unsichtbare Grenze zwischen ihnen wurde immer eingehalten. Heute allerdings gedachte Ruki, den Abstand zwischen ihnen zu verringern, so dass er wirklich Seite an Seite mit Kai schlief. Jetzt musste er das dem Drummer nur so verklickern, dass der nicht gleich sonst was dachte und doch über ihn herfiel, weil er auf Entzug war. Kai war schließlich ein Mann, so wie Ruki auch und Ruki würde sich eine solche Gelegenheit normalerweise nicht entgehen lassen. Männer dachten eben nicht immer mit dem Kopf…
 

Ruki legte das Buch, in dem er bis jetzt gelesen hatte, beiseite, seine Brille daneben und drehte sich zu Kai, der mit seinem Gameboy spielte und so sehr darin versunken war, dass er nicht mal merkte, dass Ruki ihn gerade beobachtete. Sein Gesichtsausdruck war höchst konzentriert, manchmal klappte ihm der Mund etwas auf, manchmal legte er die Stirn in Falten oder presste seine Lippen verstimmt zusammen. Ruki war sich gar nicht bewusst gewesen, wie interessant es sein konnte, jemanden bei einem Computerspiel zu beobachten. Nach einigen Minuten hatte er allerdings genug. Er wollte schlafen.
 

„Kai?“

„Mmh?“, brummte dieser, ohne von seinem Spiel aufzuschauen. Steckte wahrscheinlich gerade in einem schwierigen Level oder was auch immer. Ruki besaß ja selbst keine Spielekonsolen und hatte auch nicht wirklich Interesse daran. Als Kind hatten ihm seine Eltern verboten damit zu spielen und mittlerweile hatte er auch keinen Spaß daran, mal auf den Konsolen seiner Freunde zu spielen. In seinen Augen waren diese Spielereien sowieso hirnrissig und pure Zeitverschwendung. Wie konnte man die wenige Freizeit, die man hatte, nur derart verschwenden?
 

„Ich wollte mal mit dir reden.“

„Ist grad ganz schlecht, Ruki“, erwiderte Kai. „Also wenn du mir nicht grad sagen willst, dass du dein Gedächtnis wieder gefunden hast, dann verschieben wir das Gespräch, okay?“
 

Ruki traute fast seinen Ohren nicht. Kai war dieses blöde Spiel wichtiger als eine Unterhaltung mit ihm? Erbost setzte er sich wieder auf und riss Kai den Gameboy aus den Händen. Kais Augen weiteten sich erschrocken, er schnappte nach Luft und schien kurz davor, Ruki windelweich zu prügeln, wenn der ihm nicht den Gameboy zurückgab, doch dann hatte Ruki schon den Powerknopf zurückgeschoben und alle Lichter der Konsole gingen aus, während Kai aufjapste.
 

„Sag mal, was soll das denn? Ich war grad kurz davor das Spiel endlich zu beenden. Weißt du eigentlich, wie lange ich dafür gebraucht habe? Und jetzt konnte ich nicht mal abspeichern“, meckerte Kai gleich los und riss Ruki den Gameboy dann doch aus den Händen und legte ihn auf sein Nachtschränkchen.

„Sorry“, lächelte Ruki entschuldigend, „aber indirekt geht es schon um die Sache mit meinem Gedächtnis.“

„Achja?“ Kai schien nicht überzeugt, hatte noch immer die Arme vor der Brust verschränkt und schmollte ein wenig. Ruki war ziemlich froh, dass er zum Schlafen ein T-Shirt trug, sonst hätte er sich wohl nicht getraut, sein Vorhaben durchzuziehen. Nähe okay, aber nackte Haut ging ihm dann doch einen Schritt zu weit.
 

„Also du weißt ja, dass es Teil meiner Therapie ist, meine Erinnerungen zu stimulieren. Und da das bisher durch Bilder und all den Kram nicht geklappt hat, dachte ich mir, dass das doch auch anders gehen könnte“, erklärte er langsam und spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss. Hoffentlich wurde er nicht allzu rot! Mehr erklären wollte er eigentlich nicht, obwohl Kai ihn immer noch so ansah, als würde er nichts verstehen. Verständlicherweise. Ruki wollte ihm lieber zeigen, was er mit seinen Worten meinte. Er nahm sein Kissen und legte es direkt neben Kais, welcher ihn nun wirklich verwirrt anschaute, jedoch nichts sagte. Wahrscheinlich trauerte er immer noch seinem dämlichen Gameboy hinterher.
 

Ruki schluckte seine Verunsicherung runter, nahm seine Decke und zog sie mit sich mit, als er näher an Kai heranrobbte und sich dann einfach neben ihn legte, von unten unsicher angrinste. Kai schien immer noch wie versteinert und rührte sich nicht, weswegen sich Ruki kurz wieder aufrichtete, sich über ihn beugte und die Nachttischlampe ausschaltete.
 

„Also dann, gute Nacht!“, sagte er, als wäre das, was er gerade tat, das normalste auf der Welt. Es dauerte noch einige Momente, bis Kai sich wieder regte und runter auf die Matratze rutschte. Er lag jetzt ganz dicht an Ruki dran, welcher vor Aufregung ganz schönes Herzklopfen hatte. Kai war ihm so nah, dass sie sich fast berührten. Er spürte seine Wärme und konnte seinen Atem fühlen, weil Kais Gesicht ihm zugewandt war.
 

„Ähm Ruki?“, durchschnitt die Stimme des Drummers schließlich die Stille. „Ich weiß zwar nicht so richtig, worauf du hinaus willst, aber würde es bei deiner Therapie auch helfen, wenn ich die Arme um dich lege?“

„Nein!“, kam es sofort aus Ruki herausgeschossen. Das ging nun wirklich etwas zu weit. „Vielleicht morgen oder übermorgen oder so“, schickte er allerdings versöhnlich hinterher, um Kai jetzt nicht zu verärgern, und hoffte, dass er sich damit zufrieden geben würde. Zu seiner Erleichterung schien Kai damit einverstanden, denn er ließ ein kurzes „Okay“ verlauten und blieb ruhig liegen.
 

Ruki schlief nicht sofort, sondern versuchte sich wachzuhalten, indem er darüber nachdachte, wie sich die Situation gerade für ihn anfühlte. Sie lagen zwar sehr nah beieinander, berührten sich aber nicht und wurden außerdem von ihren Bettdecken getrennt. Eigentlich war das auch nichts anderes als in den vergangenen Nächten, wo etwas mehr Abstand zwischen ihnen gewesen war. Vielleicht hätte er Kai doch erlauben sollen, zumindest einen Arm um ihn zu legen, damit etwas mehr Kontakt da war. Andererseits musste man es ja nicht schon jetzt übertreiben. Für die erste Nacht reichte es vollkommen, dass sie fast aneinander gekuschelt da lagen. Ruki fühlte sich okay in der jetzigen Situation und morgen konnte man ja vielleicht einen Schritt weitergehen. Zuversichtlich, dass seine Selbsttherapie Erfolge zeigen würde, schloss er schließlich die Augen und schlief auch recht bald ein.
 

*
 

Ruki wachte alleine, bzw. neben einem kleinen, gelben Zettel auf, auf dem Kai ihm mitteilte, dass er schon am Morgen in die Company gemusst hatte, um noch etwas zu erledigen, ihn aber am Nachmittag für den Auftritt zusammen mit den anderen abholen würde. Das war Ruki nur recht, denn er hatte schon erwartet, dass Kai am Frühstückstisch mit ihm diskutieren wollte, wie sie seine „Therapie“ in Zukunft schneller voran treiben könnten. Kai würde die letzte Nacht sicher nicht kommentarlos stehen und sich als Versuchsobjekt missbrauchen lassen, ohne eigene Ansprüche zu stellen.
 

Er stand auf und ging erst mal ausgiebig duschen, genoss es, endlich wieder richtig unter dem Wasser stehen zu können. Anschließend gab es ein kurzes Frühstück, ehe er zu einem langen Spaziergang mit Koron in den Park aufbrach. Wieder saß er auf der Bank, auf der er vor ein paar Tagen noch mit Kai gesessen hatte und ließ sich seinen Plan durch den Kopf gehen. Er wusste, dass er sich auf ziemlich dünnem Eis bewegte, denn mit seinem Verhalten machte er Kai nur noch mehr Hoffnungen. Bevor sie heute Abend schlafen gingen, sollte er sich doch nochmal mit ihm zusammen setzen und ihm genau erklären, wie er sich sein Vorhaben vorstellte.
 

Der Fernsehauftritt am Nachmittag lief relativ gut. Fragen zur Musik beantworteten die anderen, allerdings war das komplette Interview sowieso vorher mit der Band abgesprochen worden, so dass selbst die Frage nach Rukis Amnesie nicht überraschend kam. Da das Label alles andere als begeistert gewesen war, als er der Welt in seinem Blog mitgeteilt hatte, dass sein Gedächtnis futsch war, hatte man ihn gebeten so zu tun, als wäre wieder alles in Ordnung mit ihm und das tat Ruki auch. Niemand schien Verdacht zu schöpfen, alle nahmen ihm ab, dass er wieder der Alte war. Der Auftritt klappte ebenfalls. Ruki fühlte sich zwar komisch dabei, einen Song zu singen, von dem er nicht wusste, dass er ihn geschrieben hatte, weil er sich nicht recht in die Emotion versetzen konnte, die damit übertragen werden sollte, aber technisch gesehen war er perfekt und eigentlich machte es auch Spaß auf der Bühne zu stehen. Es gab Ruki wieder etwas mehr Selbstsicherheit, auch wenn er nicht wusste, ob ein schwarzer Paillettenanzug mit roten Lederhandschuhen wirklich seinem Geschmack entsprach. Oder war das etwa Ausdruck seiner Homosexualität? Er wollte kein Klischeeschwuler sein! Er musste Kai unbedingt fragen, ob er einer war. Oder nein, lieber jemand anderes. Kai war ja selbst schwul und damit nicht objektiv.
 

„Sag mal, Reita“, sprach er den Bassisten in einer ruhigen Minute an, als sie draußen vor dem Gebäude des Fernsehsenders standen, eine Zigarette rauchten und auf die anderen warten, um nach Hause zu fahren.

„Mmh, was denn?“

„Würdest du sagen, dass man mir ansieht, dass ich schwul bin? Also ich meine, bin ich tuckig oder so?“

Reita schmunzelte, schüttelte dann aber den Kopf.

„Nein, eigentlich nicht. Wie kommst du darauf?“

„Mein aktuelles Bühnenoutfit. Diese Pailletten. Und der Hut!“

Jetzt lachte Reita wirklich und klopfte Ruki auf die Schulter.

„Tja, das musst du mir nicht sagen, aber als wir die Outfits ausgewählt haben, bist du sehr begeistert gewesen. Aber wenn es dich beruhigt, nein, normal läufst du nicht wie eine Tunte rum. Hast du dich denn mittlerweile mit deiner Homosexualität angefreundet oder wie? Dann lass Kai doch mal wieder ran. Er ist in letzter Zeit so schnell gereizt“, lachte Reita. Komisch konnte Ruki nun wirklich nichts daran finden und deswegen bedachte er Reita auch nur mit einem dunklen Blick, konnte die Diskussion sowieso nicht fortsetzen, da ihr Fahrer mit dem Van vorgefahren war und die anderen nach und nach auch aus dem Gebäude kamen.
 

Zurück zu Hause ließen Kais fragende Blicke nicht lange auf sich warten, Ruki verabschiedete sich aber erst mal unter die Dusche, um das juckende Bühnenmake-up loszuwerden und seine verklebten Haare zu waschen. Kaum hatte er das Bad verlassen, verschwand Kai darin und Ruki machte es sich im Wohnzimmer gemütlich, legte sich schon mal die Worte zurecht, mit denen er Kai seinen Plan erklären wollte. Ab und zu gingen ihm auch Reitas Worte durch den Kopf, aber Reita war sowieso ein Depp und wahrscheinlich selbst schuld daran, wenn Kai gereizt war. Trotzdem wurde er ein wenig rot um die Nase, wenn er daran dachte Kai „ranzulassen“. Reita war wirklich ein Depp!
 

„Also“, fing Kai an, nachdem er aus dem Bad kam und sich zu Ruki setzte, „erklärst du mir jetzt nochmal ganz genau, wie deine Therapie aussehen soll? Ich bin mir nicht sicher, ob ich das gestern richtig verstanden habe.“

„Naja. Ich möchte meinem Körper zeigen, dass ich nicht homophob, sondern gern in deiner Nähe bin. Und weil es folglich kein traumatisches Erlebnis gibt, das ich blockieren muss, will ich so meine Erinnerung wieder erlangen“, erklärte er seine Gedanken, die für Kai wenig einleuchtend erschienen, denn er sah ihn nur verwirrt an.

„Bitte was?“
 

„Also es ist so!“, fing Ruki erneut an und gestikulierte wild mit seinem Armen, während er zu seiner komplizierten Erklärung ansetze. „Dass ich mich nicht erinnern kann, könnte auch daran liegen, dass ich mich nicht erinnern will, weil etwas passiert ist in den drei Jahren, das ich heute nicht wahrhaben will. Und das kann ja nur die Sache zwischen dir und mir sein. Und da habe ich mir gedacht, wenn ich jetzt mehr in deiner Nähe bin, zeige ich mir, meinem Körper oder was auch immer für mein Gedächtnis verantwortlich ist, dass es nichts gibt, das ich verdrängen will. Und so kommt dann auch hoffentlich meine Erinnerung wieder. Ist das jetzt klarer für dich?“
 

Kai sah ihn kurz an, nickte dann langsam, schien jedoch nicht wirklich überzeugt.

„Hat das dein Therapeut gesagt oder hast du das selbst diagnostiziert?“

„Najaaa. Also eigentlich ist das meine eigene Idee gewesen. Ich habe meinem Therapeut noch nichts von dir und mir erzählt. Das ist mir irgendwie unangenehm“, gab Ruki schulterzuckend zu und lächelte entschuldigend.

„Okay. Ich kenn mich mit so was nicht aus, aber wenn es dir hilft… Und ich sag bestimmt nicht nein. Aber erklär mir doch mal, wie du dir das jetzt vorgestellt hast. Also wie soll das genau ablaufen?“
 

„So wie gestern Abend? Neben dir einschlafen?“, fragte Ruki zögerlich. Mehr konnte er sich im Moment einfach nicht vorstellen. „Oder hast du was dagegen, wenn wir im Prinzip…ähm…kuscheln?“

„Nein, hab ich nicht. Ich kann’s dir auch besorgen, wenn du willst“, grinste Kai und lachte kurz auf, ehe er den geschockten und blassen Ruki wieder beruhigte. „Hey, das war ein Witz. Wobei…machen würde ich das schon, aber nur wenn du auch willst. Wir machen alles in deinem Tempo und ehrlich gesagt freu ich mich auch drüber, dass du so was ausprobieren willst. Vielleicht klappt’s ja auch.“

„Ja, vielleicht…“ Ruki war jetzt doch etwas unwohl geworden. Was, wenn Kai nun doch mehr erwartete und vielleicht Sex mit ihm wollte? So was wollte er doch gar nicht! Andererseits hatte er gesagt, sie würden nur das tun, was Ruki wollte und Kais Worten durfte man eigentlich immer Vertrauen schenken. Er würde es einfach auf den Versuch ankommen lassen müssen.
 

Sie saßen noch eine Weile beieinander und sahen einen Film im Fernsehen an, auf den Ruki sich aber nicht konzentrieren konnte, da er sich die ganze Zeit überlegte, ob er auch jetzt zu Kai ranrutschen sollte. Momentan saßen beide noch in jeweils einer Ecke des Sofas mit großzügigem Abstand zwischen sich. Letztendlich entschied er sich dazu, dass neben einander schlafen erst mal ausreichte, obwohl er gerade tatsächlich das Verlangen nach menschlicher Nähe verspürte.
 

Als der Abspann über den Bildschirm flackerte, stand er auf und machte sich bettfertig, las wieder ein Kapitel in seinem aktuellen Buch und wartete darauf, dass Kai auch ins Bett kam. Noch lag er auf seiner Seite, würde gleich aber wieder zu Kai rutschen. Es dauerte nicht mehr lange und Kai löschte alle Lichter in der Wohnung, ging kurz ins Bad und kam zu Ruki, der jetzt jede von Kais Bewegungen mit den Augen verfolgte. Als er neben ihm lag, legte er sein Buch und seine Brille wieder weg und rutschte wie am Abend zuvor mit Kissen und Decke zu Kai.
 

Kai wünschte ihm eine gute Nacht, löschte das Licht und dann…kam nichts mehr. Ruki hatte erwartet, dass Kai wieder fragen würde, ob er ihn in den Arm nehmen dürfe und diesmal hätte er ja gesagt, doch die Frage blieb aus und Ruki traute sich nicht, sie selbst zu stellen. Also fasste er sich ein Herz und legte selbst einen Arm um Kai. Dieser rückte sofort näher an Ruki und legte jetzt auch einen Arm um ihn, aber was Ruki gerade viel mehr beschäftigte, war die Tatsache, dass ihre Oberkörper sich jetzt berührten, weil beide auf der Seite lagen. Kai konnte sicherlich spüren, wie sehr sein Herz gerade klopfte. Ruki wurde es warm.
 

„Ist das so in Ordnung für dich?“, fragte Kai und Ruki nickte zaghaft, hauchte ein leises ja, obwohl das mehr Nähe war, als er sich vorgestellt hatte. Aber er würde jetzt keinen Rückzieher machen und schlecht fühlte es sich auch nicht an, so neben Kai zu liegen. Es machte ihn nur etwas nervös.
 

Am nächsten Morgen löste sich Ruki aus Kais Umarmung, nachdem er einige Minuten wach gelegen und die Nähe und Wärme genossen hatte. Ungeachtet der Tatsache, dass es Kai war, der ihn hielt, fand er es einfach schön, mal wieder jemand nah zu sein. So viel beruflichen Erfolg man als Musiker auch hatte, privat war es schwer jemanden zu finden, der in einem nicht den Musiker sah, sondern einen normalen Menschen. Wenn er Frauen kennen lernte, hielt er meistens zunächst geheim, was er beruflich machte, denn er wollte nicht, dass sein Job die Zuneigung seiner potentiellen Partnerin beeinflusste. War er deswegen bei Kai gelandet? Weil er und Kai das gleiche Schicksal teilten und sich deswegen aufeinander verlassen konnten?
 

Er stand auf, blieb aber vor dem Bett stehen und betrachtete Kai für einige Momente. Der Drummer hatte sich zwischenzeitlich auf Rukis Platz gerollt und hielt nun sein Kissen an sich gedrückt, schien ansonsten noch tief zu schlafen. Eigentlich recht ungewöhnlich für den Frühaufsteher.
 

Ruki machte Frühstück für sie beide und als der Kaffee durch war, betrat ein verschlafener Kai die Küche.

„Hey, du kommst genau richtig“, lächelte Ruki und deutete auf den bereits gedeckten Tisch.

„Kennt man ja gar nicht von dir. Du entwickelst dich noch zum richtigen Hausmann“, lachte Kai und setzte sich auf seinen Platz, während Ruki ihm eine Tasse Kaffee einschenkte.

„Naja, übertreiben wollen wir es auch nicht gleich, aber ich hab ja sonst nicht viel zu tun und da du noch geschlafen hast…“

„Mmh ja, und ich hab recht gut geschlafen“, erwiderte Kai bedeutungsschwanger und Ruki wandte sich verlegen ab. Bestimmt würde es jetzt Fragen hageln, ob Ruki denn genauso gut geschlafen hatte. Und er sollte Recht behalten.

„Wie hat’s dir denn gefallen?“, fragte Kai prompt. Ruki tat so, als wäre er gerade ultrabeschäftigt damit, im Kühlschrank etwas zu suchen.

„War schon okay“, nuschelte er, bevor er den Kühlschrank wieder zuknallte. Zu seiner Erleichterung behielt Kai alle weiteren Kommentare für sich, allerdings entging ihm auch, wie der Drummer zufrieden lächelte und mit seinen Blicken an Rukis Körper hängen blieb. Hätte Ruki den Ausdruck in seinen Augen bemerkt, hätte er vielleicht einen Gang zurückgelegt, denn auch Kais Selbstbeherrschung hatte ihre Grenzen und sollte an genau diese wenige Tage später getrieben werden.
 

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Ja der Ruki...Selbsttherapie kann ja gar nicht gut gehen ^^



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Kommentare zu diesem Kapitel (11)
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Von:  Kaoru
2013-09-24T05:39:16+00:00 24.09.2013 07:39
Normalerweise lasse ich die Finger von FF's mit dem Status "abgebrochen", aber iwas hat mich an dieser hier gereizt und so habe ich sie doch gelesen - gestern Abend in einem Zug^^;;

Und ich fand sie super gut gelungen!! Die Charas sind unheimlich gut getroffen - wie man sich den kleinen Giftzwerg und den immer lachenden Kai eben so vorstellt. Letzterer hat hier allerdings allen Grund, geknickt zu sein. Gerade die Szene in der Bar, wo Ruki ihm an den Kopf knallt, dass die Beziehung zu ihm ja nicht das Wahre gewesen sein kann, wo er sich doch nicht daran erinnern kann, war schon ein ziemlicher Hammer. Aber Kai wäre ja nicht unser Sonnenschein, wenn er das nicht verzeihen könnte. Hut ab!

Aber verletzt ist er eben doch - wie gut, dass Ruki die Idee mit der Selbsttherapie hatte. Da bietet sich doch bestimmt ne Chance für unseren enthaltsamen Drummer, sich der Diva wieder anzunähern^.~ (Go for it, Kai-chan!)

Jaaaa~ vllt überlegst du es dir noch mal anders und schreibst doch weiter?! Würde mich unheimlich freuen^^

Liebe Grüße~
Von:  Cilia
2010-03-24T19:11:48+00:00 24.03.2010 20:11
Warum hab ich bis jetzt noch nicht kommentiert? o.ö

„Nein, hab ich nicht. Ich kanns dir auch besorgen, wenn du willst.“
Großartig, so muss das sein. xD

Ich find Rukis Idee gar nicht schlecht, aber er benimmt sich in der Sache trotzdem noch wie ne christliche Jungfer....Zitat: "NEIN!!"

Und jetzt hänge ich echt total über der Klippe. (Wortwörtliche Übersetzungen haben was für sich.)
Der letzte Absatz ist so ne Zerreißprobe >.<
Kai ist garantiert doppelt so kräftig wie Ruki der Rocker und hat eine dreimal größere Libido, da geh ich jede Wette ein. Ich tippe stark auf non-con, aber vielleicht lieg ich total daneben^^
Man darf gespannt sein, was Ruki und Kai sonst noch für Genialitäten und Genitalien hervorbringen.

Ich hab den ganzen Tag geschuftet, jetzt ist Zeit für flache Witze, also lass mich.

Ich freu mich sehr auf das nächste Mal xD
LG


Von:  Terra-gamy
2010-02-08T18:24:35+00:00 08.02.2010 19:24
Ruki war ja so niedlich, wie er sich an Kai "ranpirscht" und sich neben ihn legt und als Kai fragt, ob er die Arme um ihn legen darf er nein sagt^^
Ich bin jetzt schon ganz gespannt, wie Kai reagiert, wenn er an seine Grenzen stößt.

Bei ff.de schreib ich dann kein Kommi^^
Von:  -shiyuu
2010-02-08T00:35:29+00:00 08.02.2010 01:35
oh ja, ich will lesen, wie kai an die grenzen seiner selbstbeherrschung getrieben wird! *_* unbedingt! XD hahaha das wird bestimmt lustig. für kai sowieso, für ruki eher nicht, aber für mich! XD lol

"auch wenn er nicht wusste, ob ein schwarzer Paillettenanzug mit roten Lederhandschuhen wirklich seinem Geschmack entsprach. Oder war das etwa Ausdruck seiner Homosexualität? Er wollte kein Klischeeschwuler sein!"
omg das fand ich so lustig XDDD ich musste aufpassen dass ich nicht zu laut lache, auch wenn ich scheiß nachbarn hab und die nie rücksicht auf einen nehmen, muss ich ja nicht genau son asso sein und die mitten inner nacht durch mein lachen wecken XD

bedeutungsschwanger....
ich find das wort so... komisch? lol. ich kenns und weiß, dass es das gibt, aber wtf, wem ist denn sowas eingefallen?!

naja
sehr sehr schönes kapitel. :D
freue mich auf mehr ^____^
Von:  Sayuri_Hiranuma
2010-02-07T18:40:25+00:00 07.02.2010 19:40
hui *-*
yay ^^ das Chapter war mal wieder astrein!
ICh bin total gespannt wie es weitergehen wird^^
Und vor allem, wie lange Kai es aushält....^^
Ich freumich jezt schon aufs Nächste^^
LG Sayuri^^
Von:  Yoshiki_Deyama
2010-02-07T15:54:22+00:00 07.02.2010 16:54
Na, ich denke, dass bevor Kais Selbstbeherrschung flöten geht, er seine Sachen packt und verschwindet!
Es muss Ruki aber auch klar sein, dass er Kai gerade Hoffnung macht!
Bin schon sehr gespannt, wie es weiter geht!
lg ^.^
Von:  --baozi
2010-02-07T14:07:37+00:00 07.02.2010 15:07
Um ehrlich zu sein: Ich wäre auf die Gleiche Idee gekommen xx'
Verdammt ><
Ich wills nichts mit dem Freak gemeinsam haben D:
Ausserdem..eh..ach man! >_____<

Und ich ahne was sich anbahnt und ich erahne weiter das es nicht gut verlaufen wird x___x''
Was tust du ihnen nur an?! Q________Q
Meeeeeeensch uû
Schlimm sowas
Mehr will ich auch nicht sagen ._.
Schlimm genug das ich diese Idee mit dem..teile
LG Kigo
Von:  Jiyong
2010-02-07T13:30:52+00:00 07.02.2010 14:30
Uhhh~
das war ja mal wieder so klar
Ruki und seine Theorien <- das das nicht klappen kann, is selbstverständlich uû
aber ich finds immerhin für Kai gut <3
der soll mal wieder zu seinen 'Rechten' als Freund kommen dürfen XD
hoffentlich hab ich das Ende richtig interpretiert
und Kai fällt (harmlos xD) über Ruki her *muhaha*
der Kleine soll mal noch ein wenig Leiden, dafür, dass er Kai so hinhält
Er kann zwar ja nur indirekt etwas dafür..aber das geschieht ihm einfach recht XD

freu mich auf mehr =)
Von: abgemeldet
2010-02-07T10:16:49+00:00 07.02.2010 11:16
Typisch Ruki xDD
*lach*
Auf was für ideen der kommt, unglaublich~
Ich kann mich den beiden anderen echt nur anschließen x3~

Bin schon gespannt auf das nächste Kapitel *___*
*auf Kais selbstbeherrschung anpiel*
Von: abgemeldet
2010-02-07T09:49:56+00:00 07.02.2010 10:49
ich kann mich CONDOM-TOSHIYA mit dem was sie schreibt nur anschließen xD
und das mit der selbsttherapie, war wirklich klar, dass das nach hinten los geht.
immerhin macht er kai damit nur noch viel mehr hoffnung und das ist gar nicht gut
gerade wenn so jemand wie kai auch noch auf entzug ist xD
ich freu mich auf jedenfall schon aufs nächste kapi ^^
hdl Tsunade28


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