Zum Inhalt der Seite

Die Schandsage

Von Wahren Helden und anderen Halunken
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Walpurgisnacht

Rundherum ums helle Feuer,

rundherum im wilden Tanz,

kreisen Körper, Geister, Blicke,

berühren sich im Fluge!
 

Schweigend sahen sie zu, wie Hálas Schoner sich von der Küste entfernte. „Ob das eine gute Idee war?“, fragte Irima schuldbewusst. „Hör auf, dir Vorwürfe zu machen. Du hast ihn gehört, ich glaube nicht, dass du oder ich oder irgendwer ihm diese Narretei hätte ausreden können. Wir sollten uns lieber endlich auf den Weg machen. Es dämmert bereits, wenn wir nicht am Strand übernachten wollen, sollten wir von hier verschwinden. Es könnte ja sein, dass die Geister uns doch noch heimsuchen“, lachte Rhow mit einem amüsierten Blick auf Flint, ehe er sich zum Gehen wandte.
 

Der Mond stand schon hoch am Himmel, voll und leuchtend, die Welt in silbriges Licht tauchend, und noch immer wanderten die vier durch den dichten Wald, der sich hinter dem Strand über Meilen erstreckte. Sie waren müde und erschöpft, aber sie hatten die Hoffnung, doch noch ein warmes Plätzchen zum Übernachten zu finden, nicht aufgegeben. Noch nicht.

Als ein Schrei die Stille der Nacht durchdrang, blieben sie erschrocken stehen. „Was war das?“, fragte Irima zögernd und Rhow witzelte: „Ein Geist vielleicht?“ „Mach keine Scherze, Rhow!“ Beunruhigt blickte Irima sich um. „Hört ihr das auch? Was ist das?“ „Weiß nicht… mein Herz?“, flüsterte Flint leise, woraufhin Rhow den Kopf schüttelte. „Nein… Trommeln. Wo kommt das her?“ Wortlos deutete Cen zum Horizont. Vom Feuerschein erleuchtet glühte der sonst nachtschwarze Himmel vor ihnen wie rotes Blut. „Ein Volksfest vielleicht?“, vermutete Rhow, doch das kurze Zittern seiner Stimme machte deutlich, dass er sich seiner Sache mehr als unsicher war. „Vielleicht… vielleicht aber auch nicht… Was machen wir nun?“ Der Landstreicher hatte sich mittlerweile wieder gefasst und sagte: „Nun, Feuer heißt Wärme und… um ehrlich zu sein, ich friere mir grad was ab…“ „Ts“, machte Flint, „ich dachte, ihr Vagabunden wäret härter im Nehmen…“ „Ich zeig dir gleich, wie –“ „Nicht jetzt, Rhow!“, ging Irima dazwischen und deutete von ihnen weg – Cen hatte sich wortlos auf den Weg gemacht, stumm in Richtung des Feuerscheins. „Hey… Hey , Cen! Warte doch mal! Du kannst doch nicht einfach –“ Der Bogenschütze drehte sich um und schnitt Rhow mit einem einzigen stillen Blick das Wort ab. „Ich glaube nicht an Geister, aber an die wärmende Glut eines Lagerfeuers. Ich werde mich dazugesellen, und wenn der Tod persönlich da hinten seinen tausendeinundachtzigsten Geburtstag feiert.“ Nach einem kurzen Blickaustausch folgten die anderen ihm wortlos.
 

„Ich weiß nicht… irgendwie hab ich ein ungutes Gefühl…“ Es ging stetig steil bergauf, immer auf die Feuersglut zu, und mit jedem Schritt, den sie tat, verstärkte sich dieses ungute Gefühl in ihrem Magen. „Wir sollten da nicht hin…“ Sie wusste, was sie sagte, entsprach nicht ganz dem, was sie fühlte. Insgeheim zog es sie geradezu an diesen Ort und genau das machte ihr Sorgen.

Schließlich tat sich vor ihnen eine Lichtung auf und im gleichen Moment, in dem sie aus dem Unterholz getreten waren, hatte Rhow sie alle zurück ins Dickicht gezogen. „Hey, was –“ „Scht!“, zischte er die Frau an. „Du hattest Recht… wir sollten nicht hier sein.“ „Was? Wieso auf einmal?“ „Weil mir gerade klar geworden ist, wovon wir hier grad Zeuge werden… wisst ihr, was heute für ein Tag, besser gesagt, was für eine Nacht heute ist?“ Während Flint und Irima ihn nur fragend musterten, nickte Cen plötzlich mit einem wissenden Blick in den Augen. „Die Nacht der Hexen… Walpurgisnacht.“ Nun war es Flint, der ungläubig eine Augenbraue anhob. „Ihr glaubt nicht an Geister, aber dafür an Hexen??“ Rhow schüttelte den Kopf. „Es gibt keine Hexen, aber es gibt Leute, die daran glauben… und es gibt welche, die sich selbst für jene halten, die von der Obrigkeit in letzter Zeit ziemlich brutal verfolgt werden.“ „Aber… wer würde sich denn so einer Gefahr aussetzen? Freiwillig, meine ich?“, fragte Irima überrascht, doch Rhow meinte nur: „Die da… und wir, wenn wir uns nicht davonmachen…“

Gerade wollten sie aufbrechen, als betörender Gesang erklang. Die Frauen begannen um das große Feuer herumzutanzen und sangen aus voller Kehle:
 

„Rundherum ums helle Feuer,

rundherum in wildem Tanz!

Kreisen Körper, Geister,

Blicke berühren sich im Fluge!
 

Als Wesen der Nacht sind wir gebannt

das Tageslicht nie gekannt!

Der Zauber soll gebrochen sein,

wir sehn uns im Sonnenschein…“
 

„Männer!“, schnaubte Irima, als sie die Blicke ihrer drei Begleiter sah und wollte sich zum Gehen drehen, als sie plötzlich stockte. War da nicht ein Geräusch gewesen? Doch – jetzt hatte sie es ganz deutlich gehört. „Eh… Männer ?! Ich glaube, es wird Zeit, dass wir verschwinden. Ich befürchte, wir sind nicht mehr allein!“ Im selben Moment, in dem die drei aufschreckten, stürmten etwa ein Dutzend bewaffneter Soldaten auf die Lichtung und trieben die Gruppe auseinander. „Verdammt!“, fluchte Rhow. „Das sind Soldaten des Königs! Wir müssen hier so schnell weg wie nur möglich, wenn die uns kriegen, klagen die uns der Hexerei an! Lauft!! “ Den letzten Teil hatte er geschrieen, als er erkannt hatte, dass sie bemerkt worden waren. Überstürzt hatten sie sich umgedreht und es den anderen Entdeckten gleichgetan, die kopflos in alle Richtungen davonstürmten.

„Stehen bleiben, im Namen des Königs!“, riefen die Soldaten ihnen hinterher, drohend ihre Schwerter schwingend. „Klar, als ob!“, knurrte Rhow und beschleunigte seinen Lauf, wobei er sich aus dem Augenwinkel vergewisserte, dass alle seine Kameraden noch in seiner Nähe waren. Außer ihnen hatten auch noch zwei weitere Frauen diesen Weg eingeschlagen und flüchteten nun mit ihnen vor den schreienden Kriegern.

Als eine der beiden an einer Wurzel hängen blieb und stolperte, hätte Rhow am liebsten laut aufgeschrieen, da Irima plötzlich umkehrte, um ihr wieder auf die Beine zu helfen. „Irima!! Was machst du denn?!“ Er merkte gar nicht, dass er ebenfalls stehen geblieben war. „Wenn sie sie schnappen, verbrennen sie sie!“, rief Irima zurück, woraufhin Rhow brüllte: „Und wenn sie dich schnappen, verbrennen sie dich mit ihr, verdammt!!“ Hastig bückte Irima sich zu der Frau und versuchte, ihr Fußgelenk von der Ranke zu befreien, in der sie sich verfangen hatte, während die Soldaten immer näher kamen.

„Irima!“ Gerade wollte Rhow loslaufen, um ihr zur Hilfe zu kommen, da packte Cen ihn hart am Arm und zog ihn hinter sich her. „Was glaubst du eigentlich, was du da tust?“, schrie Rhow den Bogenschützen an, doch der warf ihm nur einen finsteren Blick zu, in dem Rhow sicherlich die Trauer erkannt hätte, wäre er nicht so wütend über das Verhalten seines Gefährten gewesen. Als dann auch noch Flint seinen Arm ergriff, platzte ihm schier der Kragen. „Du auch noch? Ich dachte, du magst Irima!“ Als er den betrübten Blick in Flints Augen sah, verstummte er. „Das tue ich auch“, antwortete der Riese ihm, „aber wir können jetzt nichts für sie tun… es sind zu viele!“ Rhow ließ sich mittlerweile nicht mehr von den beiden durch den Wald zerren, sondern lief wieder eigenständig. Mit einem Blick über die Schulter konnte er sehen, dass die Soldaten Irima ergriffen – und die andere Frau entkommen konnte. „Diese…!“, schrie Rhow und wollte nun doch wieder umkehren, da schnappte Flint ihn am Kragen und schleppte ihn gewaltsam mit sich. „Du kommst jetzt verdammt noch mal mit!! Wir werden Fräulein Irima retten, verstanden? Aber dafür werden wir wohl deine Hilfe brauchen, also beweg dich endlich !!“
 

Erst in den frühen Morgenstunden schien sich die Aufregung um die Hexennacht gelegt zu haben und die drei Freunde begannen zu überlegen, wie sie Irima befreien sollten. Dummerweise mussten sie dazu erst einmal in Erfahrung bringen, wohin man sie überhaupt gebracht hatte. In diesem Falle kam ihnen der Zufall zu Hilfe – oder war es Schicksal?
 

„Entschuldigt bitte…“ Wütend sprang Rhow auf, als er die Frau wiedererkannte, wegen der Irima nun der Hexerei angeklagt werden sollte. „Du ?! Du wagst es, mir unter die Augen zu treten?!“ Unter seiner donnernden Stimme zuckte die junge Frau ängstlich zusammen und stammelte: „Ich… ich kann verstehen, dass Ihr wütend seid…“ „Wütend? Wütend? Deinetwegen wurde unsere Gefährtin gefangen genommen!“ „Ich…“, die Stimme der Frau begann merklich zu zittern und Cen legte Rhow beschwichtigend die Hand auf die Schulter, „ich wollte das nicht…“, eine Träne rann über ihre blassen Wangen, „aber ich konnte ihr nicht helfen! Ich bin zu schwach!!“ Jetzt schrie sie, fast schon verzweifelt: „Aber ich kann euch helfen! Ich weiß, wohin man sie gebracht hat!“ Jetzt wurde Rhow hellhörig. „Du weißt, wohin man sie gebracht hat? Wieso sagst du das nicht gleich, Weib?!“ Für diese Bemerkung erntete er einen harten Stoß von Flint und Cen. Der stille Bogenschütze wandte sich an die Frau: „Nehmt es ihm nicht übel… Ihr sagtet, Ihr wisst, wo Fräulein Irima ist? Wisst Ihr auch, wie wir sie befreien können?“ „Ich… ja. Sie haben das alte Kloster in einen Kerker verwandelt… und… es gibt einen Geheimgang, der unter den Mauern verläuft… durch diesen gelangt ihr direkt ins Herz des Klosters…“

Rhow packte seine Sachen. „Zeig uns den Weg.“ „Du willst doch nicht jetzt da rein, oder?“, fragte Flint. „Wäre es nicht besser, bis zur Nacht zu warten?“ Der Vagabund sah ihn fest an. „Du willst Irima einen Tag lang in der Gewalt dieser Männer lassen? Weißt du, was sie ihr antun werden?“ Allein die Vorstellung trieb ihn an den Rand der Verzweiflung. „Nein… ich werde sie nicht im Stich lassen…“ Diesmal nicht… , fügte er in Gedanken hinzu.
 

„Ich sagte doch… es ist besser, die Nacht abzuwarten“, flüsterte Flint, als sie hinter einem Felsen kauernd die Wachen beobachteten, die auf den Mauern des Klosters auf und ab marschierten. „Verdammt!“, zischte Rhow wütend und blicke zu den Büschen vor der Mauer, unter denen sich – laut Aussage der jungen Frau – der Geheimgang befinden musste. Wir können nicht warten! Sie werden… Er atmete tief durch. Ich muss es versuchen!

Cen legte ihm die Hand auf die Schulter und sah ihn beschwichtigend an, als hätte er gespürt, was der Vagabund vorhatte. Als Rhow seinen Blick erwiderte, konnte er deutlich fühlen, dass der Bogenschütze genauso angespannt war wie er selbst und seinerseits ebenfalls am liebsten direkt losgestürmt wäre, um ihre Gefährtin zu retten. Doch wie er wusste natürlich auch Rhow, dass es ein sinnloses Unterfangen wäre. Sie wären verhaftet, noch ehe sie den Tunnel erreicht hätten. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, sie mussten warten, bis die Nacht hereinbrach.
 

Lieder:

- Walpurgisnacht

- Hexentanz



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  UrrSharrador
2010-10-30T19:02:26+00:00 30.10.2010 21:02
Ahh, jetzt wird's noch interessanter^^
Wenn ich mir so den Titel für das nächste Kapitel ansehe, kann ich sagen, dass du da einen guten Zusammenhang zwischen zwei Liedern und Kapiteln geschafft hast :)

Und was mir noch einfällt, es betrifft den Untertitel (wenn das so heißt^^), also "Von wahren Helden und anderen Halunken". Wollte nur sagen, das ist genial^^ Und es ist in der Original-Schandmaul-Schrift geschrieben, wenn ich mich nicht irre. Wie hast du das gemacht?

Also ... die Hälfte der FF hätt ich mal^^
Ich denke, für heute bin ich weit genug gekommen :) Aber du hörst noch von mir!

lg
Urr


Zurück