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Unforgettable

von

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Rache ist ein solch primitiver Trieb – sie ist ein Andenken an unsere Zeit als Jäger und Sammler, hat sich in unseren Genen manifestiert, um unser Überleben zu sichern.

Es scheint schier unmöglich, ihren Fängen zu entgehen, hat man sie sich nur einmal in den Kopf gesetzt.
 

Eigentlich war die in Schwarz gehüllte Gestalt nicht hierher gekommen, um aus einem solchen Gefühl zu handeln. Solch ein niederes, proletarisches, für den Kleingeist bestimmtes Gefühl, das nach seiner Ausübung nur kurzfristige Befriedigung brachte, war für jemanden, wie er es war, nicht geschaffen. Ein höheres Ziel hatte ihn hierher geführt – hierher leitet, um den ersten Schritt zu tun. Den ersten Schritt, um dieser kranken, selbstzerstörerischen Welt zu helfen, aus ihrem Elend zu entfliehen und für Frieden zu sorgen.

Dies hier war keine Rache, es war seine Bestimmung – eine höhere Bestimmung, die ihn zu einem Messias, einem Erlöser erheben würde. Das Unterfangen, das ihm hier bevorstand, würde die Menschheit in eine bessere, friedlichere Richtung führen.
 

Rache war in diesem Moment, in dem er vor dem Apartment mit der Nummer 3001 stand, vollkommen unangebracht – und doch nagte sie an seinem Innersten, stach hervor, flüsterte süße Worte in sein Ohr. Süße Worte der Vergeltung – Vergeltung für etwas, das nun schon so viele Jahre zurücklag, das er verdrängt hatte, um nicht vor der Durchführung seines großen Plans Misstrauen zu erregen.

Zwar gab es eine Art Zusammenhalt zwischen den Leuten, die einen Part seines Lebensstil, wenn auch nur im Geheimen, mit ihm teilten. Doch das war noch lange kein Grund für eine grundsolide Vertrauensbasis, in der jeder einem jedem Gutfreund war und niemals auch nur auf den leisesten anzweifelnden Gedanken gekommen wäre.
 

Jeder war sich selbst der Nächste, Freundschaften selten bis unmöglich. Doch bei dem Gewerbe, dem sie nachgingen, sollte es nicht verwundern, dass es schwer war, Beziehungen zu knüpfen. Wenn man wusste, dass jede Nacht die Chance bestand, dass sie die letzte sein könnte. Wenn man auch nur einen Fehler beging…

Unter solchen Umständen war es schwer, Leuten nahe zu kommen. Im Kampf vereint, in der Seele weit entfernt.

Flüchtige Freundschaften, brüchige Beziehungen – daraus bestand ihr Leben, aus nichts anderem.
 

Daher würde es ihm jetzt auch nicht schwer fallen, diesen Mann umzubringen – nur ein kleines Hindernis zwischen ihm und seinem Ziel.

Dass dort noch etwas war, das diesen Tod begrüßte, stellte er komplett ab - versuchte es zumindest.
 

Die Muskeln zum Bersten gespannt, der Verstand wach und klar - so machte er sich bereit, das auszuüben, was der letzte Stoß sein sollte, um den Stein ins Rollen zu bringen.

Das Blut in seinen Adern pulsierte, fühlte sich wärmer an als sonst. Heizte seinen ganzen Körper an, transportierte die Substanz, die er von seinen Wissenschaftlern hatte entwickeln lassen, in jeden noch so kleinen Winkel seines Körpers. Sorgte so dafür, dass seine Sinne geschärft wurden, sein Körper die Fähigkeiten seines Verstandes auch eins zu eins umsetzen konnte. Selbst an jemandem wie ihm war das Alter nicht vorbei gegangen - auch wenn er um einiges jünger war als der, dem er gleich gegenüber stehen würde.
 

Doch auch wenn es nur ein alter Mann war, so konnte er doch kein Risiko eingehen – selbst jetzt noch war dieser eine gefürchtete Kampfmaschine. Wenn man sein ganzes Leben lang nur für den Kampf existiert hat, dann würde man im Alter auch nicht damit aufhören.

Einmal Bestie, immer Bestie.
 

Doch diesen Kampf würde er nicht gewinnen. Dieses Mal würde er nicht so ungeschoren davon kommen – dieses Mal wusste er sich zu wehren, dieses Mal war er nicht jung, schutzlos, ängstlich, scheu. Dieses Mal ging es nicht um Ehre, ging es nicht um Ansehen, nicht um Stolz, nicht um Erniedrigung oder etwas anderes - ein gottgleiches Ziel war sein Antrieb und dieses Ziel würde er um jeden Preis erreichen.
 

Ein letztes Luftholen, noch ein letztes Mal nach Konzentration ringen, die Ruhe vor dem Sturm – dann trat die Gestalt die schwergeschützte Tür ein, ließ Schlösser knacken, Holz splittern und stand endlich dem gegenüber, den er ausschalten musste, ausschalten wollte.

Erschrocken und dennoch gefasst stand der Mann vor ihm auf, erhob sich kerzengerade und bereit von seiner Couch, die in der Mitte der großen Wohnung stand, und starrte ihm gebannt entgegen.
 

„War nur eine Frage der Zeit, nehm ich an.“ Vollkommen gelassen, vollkommen ruhig kamen diese Worte von ihm, als hätte er nur darauf gewartet, darauf gehofft, dass es zu diesem Zusammentreffen kommen würde. Als wäre es vom Schicksal bestimmt worden, dass sie sich hier gegenüber standen. Er, gehüllt in seinen alten, verfilzten grünen Bademantel, der am Revers von einem Smiley-Anstecker verziert wurde - die ihn gegenüber stehende, bedrohlich wirkende Person in seiner schwarzen, uniformgleichen Kleidung.

Als hätte es nie anders sein können als in diesem Moment.
 

Das Knacken von Leder erfüllte die Stille, als die im Türrahmen stehende Silhouette ihren Handschuh zurecht rückte, dabei den Mann nicht aus den Augen lassend, ihn genau beobachtend.

Edward Morgan Blake – dass sich so ein Sadist, so ein Monster hinter einem solch schlichten, schier uramerikanischen Namen verbarg, ein Leben in solch einem dekadenten Apartment verbrachte, sich dort vor den Missbräuchen, Vergewaltigungen, Morden, Abschlachtungen erholte, die sein Sündenkonto ins Unermessliche steigerten.

All die Jahre …

All die Jahre hatte er sich hierhin verkrochen, sich hier darüber amüsiert, wie dumm die anderen doch waren, sich so von ihm hintergehen, von ihm benutzen, töten zu lassen. Für ihn war das alles nur ein Witz, ein kleiner Klamauk, den er mit einem guten Scotch lachend auf seiner Couch hinunterspülte. Kein Wunder, dass sein Pseudonym The Comedian wie für ihn maßgeschneidert war.
 

Ekel, Wut, Hass stiegen in ihm auf, alles hervorgerufen durch diese Gedanken – und einen weiteren mehr.

Den Gedanken an eine Nacht, die nun schon Jahrzehnte zurücklag. Eine Nacht, die ihn in seinen Grundfesten erschüttert und verändert hatte – und das alles nur wegen diesem Mann…oder sollte er vielleicht eher dank dieses Mannes sagen?
 

Sein Verstand schweifte ab, hielt sich nicht mehr an die Szenerie, die sich hier vor ihm abspielte, sondern wanderte die Jahre zurück. Die Jahre, in denen er doch vergessen wollte, was geschehen war, die ihm als Schutz davor dienen sollten, dass so etwas in einem so wichtigen Moment wie diesem geschah. Doch er konnte sie nicht aufhalten, nicht mehr stoppen – sie rasten davon, rasten seiner Logik, seinem Anstand davon und immer weiter auf das Verderben zu, das ihn in dieser Nacht ereilt hatte.
 

Bilder taten sich vor ihm auf, Bilder der Nacht - dieses verhängnisvollen Schauspiels zwischen dem Comedian und ihm, Ozymandias.

Dieses Schauspiel war ein tadelloses Beispiel für zur falschen Zeit am falschen Ort. So manches Mal hatte sich Adrian gewünscht, dass es nicht so gekommen wäre, er nicht so dumm gewesen wäre, seiner Neugierde nachzugeben, sie zu nähren und dem nachzugehen, was dort geschehen war. Wenn er eine Sache in seinem Leben bereute, sich in einer Situation als dumm bezeichnet hätte…
 

-
 

April 1966 – Nelson Gardner, besser bekannt als Captain Metropolis, hatte sie alle zusammengerufen, wollte versuchen, sie in eine Gruppe zu stecken, in der sie alle zusammen arbeiten sollten. Alle Helden waren zusammengekommen, lauschten ihm und seiner Idee – doch kaum einer stimmte zu, jeder hatte ein Gegenargument, keiner wollte sich in eine solche Gruppe integrieren und an ihre Normen und Regeln halten. Jeder wollte nur sein Ding drehen, ohne dabei eingegrenzt und in seinem Handeln beschnitten zu werden.

Vor allem der Comedian zeigte diese Haltung nur allzu deutlich, legte sich sogar mit Ozymandias an, wollte ihm beweisen, wie dumm, wie nutzlos dieses Treffen war. Dass sie sich hier alle nur etwas vormachten – und zwar die Vorstellung, dass sie diese Welt wirklich retten könnten, retten vor sich selbst. Dieser Streit ergoss sich dann über die anderen Teilnehmer, vor allem aber ihrem Anführer Captain Metropolis, in einem respektlosen Höhepunkt, als der Comedian das in wohl mühevollster Kleinarbeit zusammengestellte Diagramm Gardners gnadenlos mit seinem Feuerzeug in Flammen setzte - und verbrennen ließ, ohne es nur einen weiteren Blickes zu würdigen, als er lachend das Treffen verließ.
 

Danach splitterte auch der Rest der Truppe auseinander, jeder ging seines Weges, jeder schaute, wie er die Nacht verbrachte, welcher Verbrechensbekämpfung er noch würde nachgehen wollen, um diese Stadt weiterhin zu schützen.
 

Doch gab es auch Personen, die noch zusammen blieben, die noch einmal die Köpfe zusammen steckten, um über wichtige und unwichtige Dinge zu reden.

Personen, die sich im nahegelegenen Park trafen, ganz zufällig und doch so geplant.

Diese Nacht hatte sich Ozymandias dazu entschlossen gehabt, zu seinem Apartment zu laufen, anstatt sich von seinem Chauffeur nach Hause eskortieren zu lassen. Auf diesem Weg passierte er diesen einen Park – und wurde so Zeuge dieses Gespräches, welches sich dort abspielen und ihn in eine Situation bringen sollte, die ihn an den Comedian auf ewig mit Hass und Ekel binden sollte.
 

Die Zweisamkeit, die im Park zwischen diesen beiden Gestalten herrschte, der Dame in ihrem knappen schwarz-gelben Kostüm und dem Mann in seinem schwarzen, von Stars-and-Stripes Ärmeln verzierten Kampfanzug – diese so schnell, so plötzlich zerstört von einer besorgten Mutter, auseinander gerissen.

Soviel unterschwellige Information, die in diesem Schauspiel steckte – Ozymandias kostete es nur einen Bruchteil an kognitiver Leistung, um zu sehen, was zwischen diesen drei Personen herrschte. Zerstörte Familie, gestörte Familie – eine Familie, die nie dazu bestimmt war, ihr Leben zusammen zu geniessen, zu beschreiten, sich gegenseitig Liebe zu schenken.
 

Die unwissende, geschockte Tochter, die mit einem beherzten Ruck ins Auto verfrachtet wurde, die Mutter, die eine drohende, besorgte Standpauke dem Mann entgegenwarf – dem Mann, der am Ende allein dastand. Allein auf der Straße, den Blick auf das Gefährt gerichtet, das ihm seine Familie mit jedem zurückgelegten Meter immer mehr und mehr entriss.
 

Ozymandias beobachtete all dies von seiner Position aus, dachte sich nichts anderes dabei, als das er die hieraus gezogene Information irgendwann würde nutzen können, dass sie ihm irgendwann Vorteile verschaffen würde, sie vielleicht irgendwann gegen den Comedian verwenden könnte. Gefühle interessierten ihn nicht, wie sich die Beteiligten fühlten war ihm egal.

Die pure Information, das war es, was seine Aufmerksamkeit beanspruchte, ihn völlig einnahm – dass er sich damit selbst in Gefahr brachte, dies entglitt ihm vollkommen.
 

Und die Gefahr war mehr als deutlich zu spüren, ließ die Nachtluft knistern. Ozymandias hatte keine Augen dafür, dachte nicht an Flucht, sondern beobachtete nur den Mann, der dort so einsam, so gebrochen dastand – nur um wieder in seine bedrohliche, gefürchtete Art zurückzufinden, als er sich von dem kalten Asphalt abwandte und die im Halbschatten stehende Gestalt wahrnahm.

Vor Wut, Verzweiflung und Zurückweisung gezeichnete Augen trafen die von Ozymandias, fixierten, faszinierten, fesselten ihn, hinderten ihn daran, zurückzuweichen, vor dem zu flüchten, was ihm nun bevorstand. So blieb er dort stehen, wider jeglichen gesunden Menschenverstand, der ihn anflehte, anschrie, endlich zu verschwinden, sich somit zu retten vor der Strafe, die ihn für seine Neugierde züchtigen sollte.
 

Und der Comedian kam immer weiter auf ihn zu, immer näher und näher…
 

-
 

Gerade noch entkamen seine Gedanken diesen vergangenen Zeiten, um der ihm entgegen fliegenden, immer näher kommenden Steinguttasse auszuweichen, die danach in einem heftigen Knall an der halboffenen Tür hinter ihm auseinander barst.

Anscheinend hatte er dem anderen wohl zu viel Zeit gelassen, um einen Plan auszutüfteln, der ihn vielleicht doch vor seinem unabwendbaren Schicksal retten könnte.

Wie überaus amüsant, das solch Kleingeister immer noch dachten, dass sie doch noch eine Chance hätten.

Da dachte Ozymandias schon, dass der Comedian vielleicht doch etwas mehr im Kopf hatte, als er sonst preis gab – schließlich hatte dieser Informationen hinsichtlich seines Plans in Erfahrung bringen können, dafür musste man ihm wirklich Tribut zollen. Aber diese verzweifelte Idee, die doch nur zum Scheitern verurteilt war, ließen sämtlichen Respekt, den er gerade noch so für Mr. Blake übrig hatte, in Luft aufgehen.
 

Erbärmlich der Versuch, zur Waffe zu greifen, eine geeignete Position zu finden und auf Ozymandias zu zielen, um den vielleicht rettenden Schuss zu landen – es war ein leichtes, mit dem doch sehr agilen und wendigen Siebenundsechzigjährigen Schritt zu halten, seine Handgelenke in einen festen Griff zu nehmen und den Schuss, der eigentlich ihm zugeschrieben war, in den Fernseher laufen zu lassen, der - mit einem letzten Blick auf eine von Adrians Werbekampagnen - sein Licht verlöschen ließ.

Schnell wanderte seine Hand auf den Lauf der Pistole – sein Handschuh schütze ihn vor der Hitze, die beim Schuss entstanden war – und entriss sie dem festen Griff des erstaunten Mannes, der wohl nicht damit gerechnet hatte, dass Ozymandias diese Attacke hatte parieren können.

Den warmen Stahl in der Hand spürend, streifte eine Idee seine Gedanken – er hätte ihn einfach erschießen können, dann wäre es vorbei, schnell, schmerzlos, mühelos.

Aber nein, so gnädig war er nicht – der Comedian sollte leiden, sollte jeden einzelnen Schlag spüren, jeden einzelnen Knochen, der unter seinen Attacken nachgab und brach.

Schmerz, Leid, Scham, Hilflosigkeit – all das und noch viel mehr sollte er am eigenen Leib erfahren.

All das erleiden.

All das spüren.

All das fühlen.
 

Abscheu sollte sich in ihm entwickeln, Abscheu vor sich selbst, dass er so schwach war, so ausgeliefert gegenüber einem viel stärkeren Gegner. Einem Gegner, der sich regelrecht an diesem Anblick erfreute, ergötzte.

Alles so wie damals…
 

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„Du verdammter, schwuler Scheißer – du hast alles gesehen, oder?“

Unbändige Wut starrte ihm direkt in die Augen, brutale, gnadenlose Hände packten ihn am Kragen, rissen ihn aus seiner Starre.

Nun war ihm der Comedian ganz nah – er konnte seinen zigarren- und scotchverseuchten Atem riechen – und Ozymandias wusste, dass er ihm nicht mehr entkommen konnte. Angst machte sich in ihm breit – zum ersten Mal in seinem Leben.
 

„Bist du wirklich so neugierig, dass du Streit mit mir suchst? Oder turnt dich das etwa an, das Leid anderer zu sehen?“

Ozymandias bekam gar keine Chance, die Dinge klar zu stellen, die sich zwischen ihnen in diesem kurzen Augenblick angesammelt hatten.

Keine Chance zur Verteidigung - da schlugen schon Fäuste mit ungezähmter Kraft und Wut auf seinen Körper ein.
 

-
 

Mit Leichtigkeit warf er den schweren, immer noch durchtrainierten Körper des Comedians gegen die nahegelegene Wand, entledigte sich der Waffe, die er dem anderen entrissen hatte.

Kaum hatte er diese hinter sich geschmissen, schon prasselten verzweifelte Schläge auf ihn ein. Schläge, aus denen deutlich zu erkennen war, dass sie ohne Sorgfalt, ohne weiteres Nachdenken platziert wurden – sie waren einzig und allein von dem Gedanken angetrieben, einen Treffer zu landen. Den anderen damit vielleicht in soweit zu betäuben, um dem Kampf zu entkommen, zu flüchten.

Das machte es Ozymandias einfacher, sie zu blocken, zu parieren und den anderen damit noch mehr in die Enge zu treiben. Egal, welcher Schlag, egal wie heftig, egal wie elegant, alle wurden abgewehrt, kein einziger konnte landen, ihn berühren – es war einfach zu leicht, sie vorherzusehen.
 

Eine Weile machte er passiv weiter, ließ den Comedian müder, verzweifelter werden – dann aber wurde er aktiv, setzte ein paar Schläge an, schwächte den Comedian so nur noch mehr. Packte ihn am Nacken, rammte dessen Gesicht mit voller Wucht gegen sein Knie.

Betäubt und blutend fiel der Comedian auf alle Viere, besudelte den Fliesenboden mit der klebrigen, im Lichte des von draußen durch die Fenster schimmernden Mondes metallisch glänzenden Flüssigkeit, die aus Nase und Mund troff. Hilflos blieb er einen Moment lang in dieser Position, kroch vor Adrian…
 

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Der Comedian hatte harte Schläge angesetzt. Ozymandias‘ ganzer Körper schmerzte dort, wo ihn dieser getroffen hatte - er spuckte Blut auf den Boden, auf dem er aufgrund des letzten Aufwärtshaken gelandet war.
 

„Dir neugierigen Ratte werde ich noch Manieren beibringen. „

Wütende Worte, gefolgt von einem beherzten Tritt in die Magengrube – der Comedian würde keine Gnade walten lassen für das, was Ozymandias getan hatte, soviel ließ sich locker aus der Wucht seiner Angriffe herauslesen. Immer mehr und mehr bereute sein Opfer es, heute Nacht doch nicht auf seinen Fahrer gesetzt zu haben.

Der Comedian blickte auf ihn hinunter, starrte ihn nur an, setzte für einen Moment mit den Angriffen aus, achtete nicht auf seine Deckung.

Das sollte für Ozymandias die Chance zum Gegenschlag sein…
 

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Sein Gegner kroch am Boden – und Ozymandias beobachtete ihn nur. Stand offen vor ihm, machte sich gar nicht die Mühe, seine Deckung zu heben. Sollte man dem Mann doch eine Chance geben, seine Hoffnung einen Moment lang aufflammen lassen.

Und es war schon wirklich zum Lachen, wie der andere darauf einging. Ein verzweifelter Schrei, eine verzweifelte Tat, in der er Ozymandias gegen die Wand rammte, mit der sein Körper vorhin noch selbst Bekanntschaft gemacht hatte. Erneut folgten verzweifelte und so harte Schläge, dass die Wand darunter litt, in ihr ein großes Loch hinterließ, als des Comedians Faust in dieser anstatt Ozymandias‘ Gesicht landete.

Schnell hatte er sich befreit, versuchte einen weiteren Schlag – der von der Hand des anderen gestoppt wurde, die Faust verdrehte. Er packte den anderen und knallte ihn mit einem kraftvollen Ellenbogenangriff auf den nahegelegenen Glastisch, der unter der Wucht des Aufpralls nachgab und in unzählige Teile zersprang.
 

Hände griffen nach dem Bademantel, packten den Comedian fest an diesem, rissen ihn hoch, warfen ihn durch den halben Raum, nur um auf einem weiteren Glastisch zu fallen, den dasselbe Schicksal ereilte wie der zuvor.

Wie ein Käfer auf dem Rücken lag der Comedian geschlagen am Boden, krümmte sich eine Weile – bis erneut die Lebensgeister in ihm wach wurden, ihn dazu brachten, aufzuspringen und sich dem Messerblock zuzuwenden, der auf der Küchentheke stand.

Die Klinge sirrte durch die Luft, an Ozymandias vorbei und zerbrach hinter ihm Glas. Die zweite Klinge, ein großes Fleischerbeil, fing er locker in der Luft, warf es zu Boden, in dem es steckenblieb.
 

Ozymandias war nur noch amüsiert – so herrlich verzweifelt hätte er sich den Comedian gar nicht vorstellen können. So eine stolze Person, so tief gefallen in so kurzer Zeit. Es war einfach nur herrlich – ihm fiel es wirklich schwer, nicht in triumphierendes Gelächter auszubrechen. Doch er wollte nicht so sein wie er – nicht so wie der Comedian damals.
 

-
 

Die Chance, die der andere ihm gegeben hatte, hatte er aufs kläglichste verspielt. Er wollte den Comedian rammen, ihn so vielleicht aus dem Gleichgewicht bringen und von den Füßen holen, doch er hatte nicht mit der Statur des Mannes gerechnet, mit dem er sich gerade angelegt hatte. Als würde seine Kraft von ihm absorbiert werden, stand der Comedian nur da, grinste auf Ozymandias hinab, der von dessen Bauchregion zu ihm hochschaute, Verzweiflung in den Augen, Furcht auf den Lippen.

Gnadenlose Fäuste schlugen erneut auf ihn ein, warfen ihn erneut zu Boden – gefolgt von Gelächter, das die Nachtluft erfüllte.
 

„Und so ein Schwächling wie du will ein Held sein – deine Eltern sollten sich was schämen, sowas auf die Welt gesetzt zu haben.“

Verletzende Worte – sie trafen Ozymandias schwer, schürten das Feuer des Hasses in ihm nur noch mehr, gaben ihm Kraft zu einem erneuten Angriff.

Seine Fäuste schnellten auf seinen Gegner ein – der einfach nur auswich und ihn wieder zu Boden warf. Und erneut folgte dieses Gelächter – dröhnte in seinen Ohren, steigerten den Ekel in ihm.
 

„Warum nur macht es mir so Spaß, die weh zu tun? Deinen Stolz mit Füßen zu treten?“

Eine Hand streifte seinen Körper entlang, ließ ihn erschaudern, nur noch mehr Abscheu in ihn aufkommen.
 

„Doch hab ich das Gefühl, dass Schläge deinen Stolz nicht wirklich fassen können – da muss ich mir wohl doch etwas anderes einfallen lassen…“
 

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Erneut verzweifelte Angriffe, dieses Mal mit einem Messer, schnellten auf ihn zu – doch war es bei allem ein leichtes, diesen auszuweichen. Der Comedian hatte wirklich kein Vertrauen mehr in sich selbst, glaubte nicht mehr an seine Fähigkeiten, sondern ließ sich nur noch von Angst antreiben.

Ein gefundenes Fressen für Ozymandias – schnell ergriff er dessen messerbewehrte Hand, schleuderte den Comedian mit dem Gesicht auf die Theke, brach ihm mit einem festen Schlag die Finger.

Hände packten den Comedian an seinem Mantelkragen, zerrten ihn so hinauf, dass er seinem Gegner ins Gesicht sehen konnte.
 

Und so seltsam es auch erschien, es in so einer Situation zu hören – doch der Comedian lachte. Das Gesicht blutverschmiert, von den Schlägen gezeichnet, hatte er nicht besseres zu tun, als ihn mit blutiger Nase und blutigen Zähnen anzulachen.
 

„Ein Witz, das ist alles ein Witz – Mutter vergib mir…“

Klang dort etwa Trauer, etwa Reue in diesen Worten mit?

Kurz war Ozymandias verwirrt, aber nicht lange genug, dass der andere ihm noch würde entkommen können.

Er holte Schwung, warf den Comedian mit dem Kopf gegen die Theke – von der ein Stück bei diesen heftigen Aufprall abbrach – und ließ ihn erneut zu Boden fallen, erneut verzweifelt dort herumkriechen und Ozymandias einen ängstlichen, flehenden Blick zuwerfen. Der Comedian flehte, bettelte um sein Leben, wollte das hier nicht, wollte nicht sterben.

Doch Ozymandias würde nicht vergeben, packte ihn nur an seinem Mantel und zog ihn von den Trümmern und Fliesen.
 

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Ozymandias schaute zu ihm hoch, blickte ihm ins Gesicht mit flehenden, bettelnden und bittenden Augen. Er wollte das nicht, was der Comedian andeutete – er wollte nicht so erniedrigt werden, wollte nicht so beschämt werden.

Es musste doch einen Ausweg geben…

Der Comedian musste doch noch einen Funken Menschlichkeit in sich haben, um dies nicht zuzulassen. Nur ein winziger Funke, der ihn aufhalten würde…

Doch Adrian fühlte nur die Hände an seinem Kostüm, Hände, die ihn hochzerrten, grob und unachtsam, die ihn auf die Füße zerrten und nah an den Körper des anderen. Ihn zu etwas zwingen wollten, dem er nie zugestimmt hätte.

Nur wenige Augenblicke verstrichen – da erfüllte Wärme seine Lippen, als sie sich mit denen des Comedian vereinten. Seine Lenden glühten förmlich, als der andere dort seine freie Hand herab streichen ließ. Hitze staute sich in seinem Körper, als ihm bewusst wurde, was hier gerade mit ihm geschah.

Er wollte es nicht, wollte es nicht…
 

-
 

Der Comedian wehrte sich nicht mehr, als Ozymandias ihn über seinen Kopf hob wie einen leblosen Sack – wehrte sich nicht, als sich Ozymandias dem Fenster zuwandte und Schwung holte.
 

Momente später hörte man Glas bersten, als der Körper des Comedian gegen die große Fensterfront prallte und sie diese Wucht nicht mehr aushalten konnte.

Splitter umgaben den fallenden Körper, gaben ihm einen Moment lang einen anmutigen, eleganten, schönen Anblick – dann fiel er, ungebremst, leise in Richtung Bürgersteig, der mehrere Stockwerke unter ihm lag.
 

Ozymandias trat näher an das Fenster, blickte dem Comedian hinterher - ihm und den Splittern seiner Erinnerung, die mit diesem Mann in die Tiefe gestürzt waren.

Es war getan.

Er hatte die letzte Person aus dem Verkehr gezogen, die seinen Plan noch hätte vereiteln können. Hatte die Person beseitigt, die diesen furchtbaren Part seines Lebens verursacht hatte.

Nun konnte ihn nichts mehr aufhalten.

Beim letzten Blick in die tief unter ihm liegende Dunkelheit, in die der Comedian verschwunden war, erfüllte ihn ein dumpfer Schmerz – ein Schmerz, der seinen ganzen Körper betäubte.

Vielleicht waren dies nur die Nebenwirkungen der Substanz, die er sich vor dieser Aktion gespritzt hatte, Nachwirkungen der langsam abklingenden Dosis.

Vielleicht hatten sie einen anderen Grund.
 

„Leb wohl, Edward – mögest du in Frieden ruhen.“

Mit diesen letzten Worten wandte er sich von der Szenerie ab und machte sich daran, den Schauplatz des Verbrechens zu verlassen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ozymandira
2009-09-04T16:01:24+00:00 04.09.2009 18:01
Unforgettable, thats what you are~

Egal was du sagst, ich find die Geschichte grandios.
Es ist unglaublich schwer, sich in Adrian reinzuverstetzen, vor allem in dieser Szene. Du hast ihn verdammt gut und glaubhaft rübergebracht - der einblicklick in seinen Kopf und seine Gedankenwelt sind richtig überzeugend. Da hast du echt was richtig tolles vollbracht <3
Eddie tut mir in der FF mal wieder nur Leid, vor allem weil du alles so schön beschreibst, was ihm da so wiederfährt...armer Kerl.

Vor allem gefallen mir die Rückblicke und der Comedian darin. Es tut einem echt weh zu lesen, wie er da so alleine und verlassen dem Wagen hinterher sieht und dem nachtrauert, was er nicht haben kann, seine Familie. Adrian hingegen...neugieriger Kerl, da hat er es ja schon fast gar nicht anders verdient, vor allem mit den Gedanken, die er beim Beobachten hatte.
Ich brauch ja aber nicht sagen, dass mir die Stelle mit dem Kuss und das darauf folgende gut gefallen hat und ich gleich ein bisschen weiter gedacht habe, ne? xD

Der Schluss war richtig 'schön' kann man so sagen. Adrians letzte Worte und dieses dumpfe Gefühl da in ihm...da ändert sich bei mir ein bisschen der Eindruck, welcher in der Geschichte vermittelt wurde. Also, dass Adrian Eddie nur gehasst hat. Aber das ist vielleicht nur meine Interpretation...

Wieder mal eine tolle Geschichte von dir und ich bin stolz auf dich, dass du die Korrektur und alles dazugehörige so tapfer durchgezogen hast *kiss*
Ich freue mich auf das nächste Mal betalesen~


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