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Orthogonalität am Beispel des virilen Objekts

Herr Branner und ich
von

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Zustände

„Und?“

„was und?“

„Lädst du mich nicht zu dir nach Hause ein?“

„Was?“ entgegnete ich ihm entsetzt und wurde leicht rot.

„Deine Mutter ist doch weg. Das sollten wir ausnutzen.“ Er wackelte anzüglich mit den Augenbrauen.

„Ähm!“ ich wusste nicht, wo ich hin schauen sollte. Marc an zusehen war peinlich, Nils anzusehen war viel peinlicher und deshalb blieb nur die weiße Tischplatte des Küchentisches übrig.
 

„Du machst ihn verlegen.“ lächelte Nils.

„Was denn, immer nur hier ist auf Dauer langweilig.“ entgegnete Marc verschmitzt.

„Dann such dir mal Freunde in deinem Alter“, sagte Nils, und dieser vorwerfende Unterton war so greifbar, er biss mir quasi direkt in den Arsch.
 

Ach, scheiße.
 

„Wir habens erst drei Mal getan!“ meinte dann meine Stimme mit vorwerfendem Unterton.

Ich musste mich verdammt hart anstrengen, den Kopf gesenkt zu lassen und ich dachte mir die schmerzhaftesten Strafen für meine Stimme aus, die es in meinem Kopf gab. Und jetzt, wo ich ein verdorbener, unanständiger Junge war, da breitete sich das Gebiet der schmerzhaften Bestrafungen wie ein weitflächiges Mienenfeld riesengroß vor meinem inneren Auge aus.

Blöd war nur, dass eine Stimme nicht dingfest war; ich konnte sie nicht mal mit nichteinsetzten strafen, denn sie konnte ja von alleine handeln.

„ähm“, murmelte ich. Mein Gesicht wurde total heiß.
 

Ich ignorierte das unterdrückte Lachen der Brüder und verhielt mich den Rest des Frühstücks unauffällig.

Jawohl.
 

Zum Abschied umarmten sie sich und Nils versprach, im Februar noch mal vorbei zu kommen, bevor das Sommersemester anfing.

Der jüngere Bruder hatte von dem Erbe des Großvaters nie etwas abbekommen, aber Marc unterstützte ihn, soweit seine Arroganz das zuließ und so viel, wie Nils eben benötigte.

Und da Nils noch im schönen Haus auf dem großen Grundstück der Mutter wohnte, hatte er tatsächlich nicht besonders viel Unterstützung nötig.
 

„Und?“ fragte er dann, als Nils im Auto die Straße runter gefahren und dann rechts abgebogen war.

„Hä?“ entgegnete ich verwirrt, als wir zurück zur Haustür gingen.

„Fahren wir zu dir?“ sagte er neckisch grinsend.

„Aber!“ entgegnete ich unsicher „es ist doch toll hier. Eine ganze Wohnung. Nur für dich und mich.“ Ich dachte an die Poster von Zac über meinem Bett.
 

„Ja“, er nickte, als wir in die Wohnung zurück kamen und uns die Jacken auszogen „aber du weißt sooooo viel über mich.“ Er beugte sich vor und küsste meinen Nacken. Marc liebte es, meinen Nacken zu küssen.

Er mochte es generell von Hinten.

„Jetzt will ich auch mal was über dich erfahren!“ erklärte er weiter und biss dann unanständig in meine Schulter.

„Verdammt!“ sagte ich. Ich konnte es ihm nicht ausschlagen, in meinem Kopf gab es in diesem Moment auch gar keine Argumente dagegen.

„Willst du es nicht mal im Bett deiner Eltern tun?“ flüsterte er leise in mein Ohr.

Mir schauderte es „Garantiert nicht!“ und gleichzeitig reizte es mich „Glaub ich!“
 

Ich war mir nun wirklich sicher, und dieser Glaube war unumstößlich: Gott hasste mich.

Deshalb tat ich einfach mal das schlimmste, was man Gott antun konnte: Ich verbannte ihn aus meinem Glauben und war mir fortan sicher, dass das Schicksal etwas gegen mich hatte, womit ich weiterhin die Schuld für das Desaster meiner Liebe irgendwem anderes zuschob.
 

Wir fuhren also zu mir.

Um dort Sex im Wohnzimmer, in der Küche, in Mamas Schlafzimmer und auch in meinem Zimmer zu haben. Mehrmals.
 

Ich war unvorsichtig, als wir zu Hause ankamen und achtete nicht darauf, ob jemand unsere Ankunft beobachtete.

Dabei hatte ich durchaus komische Nachbarn, die zu viel Freizeit hatten und gern mal stundenlang am Fenster saßen und die komplette Nachbarschaft ausspionierten und dann Klatschthemen bis ins fünfte Jahrtausend ansammelten.

Ich dachte nicht daran, dass eine komische Omi hinter ihrem Vorgang sitzen könnte und sehen würde, wie ich Arm in Arm mit einem viel älteren Mann nach Hause kam.

Der mich auch noch demonstrativ küssen musste, vor dem Hauseingang.

Und mich anzüglich anlächelte.
 

Ich wurde rot, versuchte, seine dreckig-sexuelle Art zu ignorieren und dachte nur daran, dass mich sein Benehmen auf eine perverse Art ziemlich anmachte.

Nur sollte das eben in der Wohnung bleiben und nicht mitten auf der Straße passieren.
 

Er sah sich leicht interessiert in unserem Flur um und ich schämte mich wahnsinnig wegen nichts.

„Nice“, lächelte er, dann nahm er mich in seine Arme, grinste mich böse an und machte mir unmissverständlich deutlich, wie scheinbar überaus gern er doch Sex hatte.

Mein Gesicht blieb daher einfach mal rot, ich löste mich aus seiner Umarmung und zog mir Jacke und Schuhe aus.

„Küche“, sagte ich und deutete auf die immer offen stehende Schiebetür zur Küche, dann nickte ich zur offen stehenden Tür des Wohnzimmers und sagte: „Wohnzimmer!“ Ich schaute auch kurz rein, der hübsch geschmückte Tannenbaum stand brav in seinem Eck, eine Schale mit Süßigkeiten und Lebkuchen stand auf dem kleinen, hellen Wohnzimmertisch.

Dann tippte ich auf die geschlossene Tür neben dem Wohnzimmer und sagte: „Bad.“

Marc nickte: „Alles klar, und wo ist dein Bett?“
 

Wie gesagt, wir hatten eine Menge Sex. Wir ernährten uns von Milka, Lebuchenherzen und den spärlichen Resten aus meinem Kühlschrank, weil wir keine besonders große Lust hatten, die Straße hoch zum Aldi zu gehen und irgendetwas humaneres zu essen zu kaufen.

Marc hatte mir einige Tage nach Weihnachten ein hübsch eingepacktes Geschenk überreicht, mit einer großen, roten Schleife drauf.

Ich hatte natürlich nichts für ihn, weil ich einfach nicht daran gedacht hatte, dass ich ihm was schenken musste oder sollte.

Er tat das ab, sagte, er brauche nichts, außer meine Zuneigung, die er jeden Tag vollkommen genoss.
 

Nachdem wir drei Tage lang quasi nur miteinander geschlafen und Süßigkeiten in uns rein gestopft hatten, beschlossen wir, die Wohnung zu lüften und zu duschen und mindestens einen Tag lang keinen Sex zu haben. Der Vorschlag kam von mir und er erklärte mir, wie anregend es war, es unter der Dusche zu tun.

Ich registrierte das und nahm mir deshalb vor, nicht mit ihm zusammen zu duschen.
 


 

Ich zog gerade die zwei Küchenfenster wieder zu, als Marc frisch duftend aus dem Bad kam und eine feuchtwarme Wolke hinter sich herzog und dabei nichts weiter an hatte, als ein blödes, kleines Handtuch.

Er lächelte mich lieb an und wollte gerade seine Arme um mich schlingen, als wir das klicken an der Wohnungstür hörten.

Das Klicken und Rascheln, das ertönte, wenn jemand den Schlüssel ins Schloss schob.

Die Atmosphäre wandelte sich schlagartig, die Stille spannte plötzlich an und mein Puls ging hoch auf fünfhundertachtzig.

„Scheiße“, nuschelte ich nervös und schob Marc im Adrenalinschub zurück ins Bad und befahl ihm, keinen Mucks von sich zu geben und so zu tun, als sei er ein Handtuchhalter.

Er grinste mich auch in dieser Situation böse an und zwinkerte mir zu.

Ich seufzte genervt darüber, dass er es sogar jetzt schaffte, so schrecklich zu sein.

Ich zog die Tür zu, und als ich mich umdrehte, stand ich direkt vor Josh.
 

Und das nervte irgendwie auch, als wäre ein dreckig grinsender Kerl um mich herum nicht schon genug Stress.
 

„Was willst du hier?“ fragte meine vor Nervosität zitternde Stimme.

Und Josh grinste natürlich nur „Blumen gießen!“

„Äh...?“

Dann lachte er, kam auf mich zu, ging an mir vorbei ins Wohnzimmer und bediente sich an den Lebkuchenherzen „Marion hat angerufen und gesagt, ich soll mich um ihre Blumen kümmern während sie bei ihren Eltern ist.“

„Tz!“ entgegnete ich, als ich ihm folgte und erwartend ansah.

Er zuckte die Schultern „Ja ist so. Hm. Na ja und sie hat was gesagt von... mal nach Tim gucken?“ er hob verwirrt die Hände und rekonstruierte die Anweisungen, der er bekommen hatte „Aufpassen, Tims kleine Freundin Marie, essen... ähm“

er sah sich im Raum um, als wenn er noch nie hier gewesen wäre und aß noch ein Lebkuchenherz.

Er mochte die scheinbar auch ziemlich gern.

„Sex. Genau, das war es. Irgendwas mit Sex.“

„Oh man“, ich fasste mir an die Stirn und holte ein paar mal tief Luft, um mich zu beruhigen.

„Hm“, machte Josh und deutete auf die Blumen auf der Fensterbank „gießt du dann? Dann muss ich nicht mehr extra her fahren, ich mein, wenn du sowieso hier bist...“

„Ja“, sagte ich matt und ging zurück in den Flur.

„Dann ist gut, dann will ich dich auch gar nicht weiter aufhalten, warst bestimmt gerade beschäftigt.“ Er zwinkerte mir zu und ging zur Wohnungstür.

Er wollte sie gerade öffnen und wieder gehen und mich das ganze heil überstehen lassen, als er sich noch mal zu mir umdrehte „Ich muss nochmal aufs Klo!“
 

Dieser Satz klang gerade so apokalyptisch schlimm, wie der Film Amargeddon oder Independence Day.

Ich schaltete alles um mich herum aus und hörte gar nichts mehr. Als Josh an mir vorbei ging, wollte ich nach seiner Hand greifen und ihn zurück ziehen, doch meine Arme reagierten nicht.

Ich sah mir selbst zu, als würde ich neben mir stehen, wie ich geschockt da stand und Josh anstarrte.

Und ich konnte nichts tun.

Als er die Badezimmertür öffnete, im Raum verschwand und die Tür hinter ihm zurück ins Schloss fiel.
 

Mein Herz blieb vor Panik fast stehen, zumindest fühlte es sich so an.

Nach einer scheinbar urlangen Zeit kam er zurück.

Er schloss die Tür wieder, und er wirkte nicht anders.

Er sah mich genauso an, wie vorhin auch.

Er fragte mich, im selben Ton wie vorhin, was sei.

„Äh“, stotterte ich „n...nichts. Nichts ist.“
 

Marc musste sich verdammt gut getarnt haben.
 

Josh öffnete die Wohnungtür, ging in den Hausflur und zog die Tür zu.

Fast zu.

Kurz, bevor sie ganz geschlossen wurde, lehnte er sich noch mal zurück, sah den Boden an, dann nickte er zum Bad, schluckte hart und sagte: „Herr Branner ist in deinem Bad. Nackt.“
 


 

„Vielleicht solltest du mal was vernünftiges essen.“ sagte Marcs Stimme. Sie klang ganz fern, wie durch hundert Wände durch.

„Etwas mit Vitaminen.“ ergänzte sie dann.
 

Ich seufzte schwer, dann drehte ich mich zu ihm um.

Meine Augen fühlten sich so an, als würden sie jeden Moment von einem Fluss von Tränen weg geschwämmt.

Ich hatte mal sowas von gar keinen Hunger, auf gar nichts.

Ich wollte nur, dass die Zeit rückwärts lief.

Ein paar Tage am besten, bis dahin, wo ich nach dem Mathe Unterricht noch beim Lehrer geblieben war, um mich mit ihm für Weihnachten zu verabreden.

Ja wohl, ich glaube, es wäre einfach am Besten gewesen, wenn ich ihn die ganzen Ferien über nicht gesehen hätte.

Vielleicht wäre mir dann bewusst geworden, wie absurd diese Beziehung wäre, dass ich alles schnell abbrechen hätte sollen, dass das nur Ärger geben würde.

Doch Liebe macht leider soooo blind.
 

„Ich will, dass du gehst.“ sagte ich dann.

„Was?“ entgegnete er fast entsetzt.

Ich sah ihn an. Er saß auf dem Wohnzimmertisch, seine Knie lehnten gegen meine und er hielt meine Hände fest.

„Du solltest gehen, wir sollten ein paar Tage Pause machen. Also, mit dem... Sex und Beisammen sein und so. Wir sollten ein paar Tage allein sein, für uns, unsere Freunde, Familie...“

„Ähm“, sagte er, zog überrascht die Augenbrauen in die Höhe und ließ meine Hände los „na gut. Wenn du willst. Wurde mir zwar noch nie gesagt, aber ich respektiere das.“
 

„Danke“, murmelte ich und sank den Blick.
 

„Ruf mich einfach an.“ sagte Marc. Er stand auf, beugte sich vor und küsste meine Stirn.

Dann ging er.

Verließ das Wohnzimmer.

Zog sich die Schuhe und seine Jacke an und verließ dann die Wohnung.
 

Ich atmete auf. Ich fühlte mich erleichtert.

Weil jetzt keine Gefahr mehr da war.

Wenn jemand kommen würde, wäre ich allein, niemand könnte etwas sehen.

Niemand würde auch nur im Entferntesten ahnen können, dass ausgerechnet er und ich etwas mit einander hatten.
 

Jetzt waren wir zwei vollkommen Fremde für einander. Wir kannten den Anderen nicht. Wir waren zwei von dreihunderttausend Menschen. Irgendwer eben.
 

Und niemand würde denken können, dass wir uns ein Bett teilten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2009-09-03T19:37:27+00:00 03.09.2009 21:37
O M G ! ! ! ! !
Schrecklich... aber das Josh kein Piep von sich gegeben hat... erstaunlich...

Nettes Kapi... habe mich ein bisschen geschämt xD
aber war schon lustig... so im Nachhinein xD


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