Zum Inhalt der Seite

Requiem of Sorrow

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Der Anfang

Es war ein kühler, grauer Morgen als ein junges Mädchen leise aus dem Haus schlich. Es hatte rostrote Haare, welche etwas länger als bis zu Schulter waren, graue Augen, lange, spitze Ohren und bäuerliche Kleidung. Sie kam aus einer Bauernfamilie, was man deutlich an ihrer Kleidung erkennen konnte. Dennoch trug sie einen Dolch bei sich.

Das Mädchen blickte sich vorsichtig um, schulterte schließlich seinen Rucksack und ging auf das Dorfende zu. Sie warf einen letzten traurigen Blick zu ihrem Elternhaus und ging schließlich weiter.
 

Ihr Weg führte sie durch einen Wald und zu einer riesigen Ebene. Sie war noch nie so weit gegangen; ihr Beruf hatte es ihr nie erlaubt. Aber jetzt hatte sie die Chance dazu. Sie war endlich frei und konnte machen, was sie wollte. Sie blieb mitten im hohen, saftig grünen und vom Morgentau genässten Gras stehen und blickte sich um: Rund herum Berge, welche die Ebene schützend umkreisten, ein dichter Wald im Osten, herabstürzende Wasserfälle und überall entfernt sah man kleine Rauchwolken in den Himmel steigen; anscheinend standen die meisten jetzt auf. »Dann wird meine Familie auch schon munter sein…«, dachte sich das Mädchen und ging lieber weiter, als dass sie von jemandem aus ihrem Dorf gefunden und zurückgezerrt wurde.

Eigentlich war das, was sie gerade tat, recht gefährlich. Über den Wald im Osten erzählte man sich unheimliche Dinge; von Werwölfen die Nachts an einen heranschlichen und ihn grausam bei lebendigem Leibe zerrissen; oder von Dunkelelfen, die ihre schlafenden Opfer mit Alpträumen quälten, bis sie Selbstmord begingen. Aber das Schaurigste für das Mädchen waren immer noch die Geschichten über die Vampire: Sie kommen Nachts, mit ihren blutunterlaufenen Augen sehen sie jedes Leben selbst durch meterdicke Wände, mit ihren Krallen halten sie einen fest und schließlich rammen sie ihre unnatürlich langen Reißzähne in das Fleisch bis das Blut herausquillt, welches sie trinken. Wenn man überlebt, wird man selbst zum Vampir und muss selbst Menschen töten. Aber wenn nicht, wird die Seele nie Ruhe finden.

Das Mädchen schauderte bei diesen Gedanken und bewegte sich mit schnelleren Schritten fort; noch vor Nachteinbruch wollte sie im nächsten Dorf sein.
 

Der Himmel hatte sich im Westen schon rot gefärbt als das Mädchen in einer kleinen Stadt ankam. Es waren nur mehr wenige Leute unterwegs; darunter hauptsächlich Kinder die schreiend herumliefen und spielten. »Hoffentlich bekomme ich noch irgendwo Unterkunft,« dachte das Mädchen etwas bedrückt und steuerte auf den nächstgelegenen Gasthof zu. Als sie die schwere Holztür öffnete kam ihr ein unwohler Gestank von Alkohol, Rauch und Erbrochenem entgegen. Lieber wäre das Mädchen wieder nach draußen geflohen, aber wenn sie jetzt umdrehen würde wäre das feige, dachte sie sich und ging todesmutig hinein.

Sie wurde von den besoffenen Männern angegafft und angelallt, doch sie ignorierte sie gekonnt und war nun am Tresen angelangt. Dahinter stand eine groß gewachsene, junge Frau mit blond-braunen Haaren; das Mädchen vermutete, dass die Frau eine Hochelfe war. »Was kann ich für dich tun?«, fragte die Frau mit einer rauchigen Stimme die das Mädchen etwas abschreckte, doch von alledem ließ sie sich lieber nichts anmerken. »Ich wollte fragen, ob Ihr vielleicht ein Zimmer habt?«, fragte das Mädchen schließlich und die Hochelfe nickte zustimmend: »Ja, so was haben wir. Kostet für eine Nacht 20 Silberlinge.« Das Mädchen stutzte bei so einem billigen Preis. Normalerweise, zumindest hatte sie es so von jemandem aus dem Dorf gehört, kostet eine Übernachtung an die 50 Silberlinge. Des Mädchens erstauntes Schweigen verunsicherte die Hochelfe, welche sagte: »Wieso so verwundert? Hast du zu wenig Geld bei dir?« Das Mädchen schüttelte den Kopf und erklärte: »Ich war nur erstaunt, dass eine Übernachtung hier nur 20 Silberlinge kostet. Ich habe gehört, dass es normalerweise an die 50 sein sollten.« Das Mädchen kramte ihren Geldbeutel aus dem Rucksack und legte der Frau 20 Silberlinge hin. »Wer hat dir denn so was erzählt?«, fragte die Frau interessiert und dennoch belustigt und nahm das Geld.

»Jemand aus meinem Dorf.« Die Frau begann laut zu grölen und sagte unter Lachen: »Aus welchem Dorf kommst du denn? So einen Mist habe ich ja noch nie gehört!« Überrumpelt und auch etwas beleidigt sagte das Mädchen: »Ich komme aus Alrus.«

»Aus Alrus? Das ist ja mal was Neues. Ich habe zwar schon von diesem Dorf gehört, aber nie jemanden selbst von dort gesehen. Man sagt sich, dass noch nie einer, der dort wohnt, auch nur in die Nähe der Ebene von Cyrel kommt.«

»Das ist wahr. Es verstößt gegen unser Gesetz in die Ebene zu gehen.«

»Dann hast du also das Gesetz gebrochen? Freiwillig?«

»Ja.«

»Und weshalb? Es soll dort ja sehr schön sein.«

»Es war langweilig. Es gab einfach nichts mehr zu entdecken. Außerdem, wenn man jahrelang nur in einem Dorf lebt und nur einen einzigen Beruf ausüben kann, fühlt man sich ganz schön eingekerkert.«

»Ich kann dich gut verstehen. Wie heißt du überhaupt?«

»Ich heiße Juno. Und wie ist Ihr Name?«

»Du brauchst mich nicht zu siezen. Ich bin Feyna.«

»Freut mich, dich kennen zu lernen.«, lächelte Juno und Feyna erwiderte mit einem leichten Kopfnicken.

Juno und Feyna unterhielten sich so lange, bis die meisten gegangen waren. Während sie über Gott und die Welt sprachen, musste Feyna immer wieder unterbrechen und den Gästen die Krüge voll füllen. Bei den Meisten wusste sie nicht einmal mehr, wie oft sie schon nachgeschenkt hatte.

»Was für ein arbeitsreicher Tag.«, meinte die Hochelfe mit ihrer rauchigen Stimme während sie das Geld in ihren Beutel schob.

»Warum gehen die Leute denn schon so früh?«, wollte Juno wissen, bekam aber zuerst nur einen überraschten Blick von Feynas Seite, doch dann meinte die Frau: »Das weißt du nicht? Was sagt man euch überhaupt in Alrus? Dieses Dorf liegt so nah am Ostwald, dass oft in der Nacht die Werwölfe, Vampire und Dunkelelfen in den Straßen herumlungern und nach Leuten, die noch nicht in ihre Häuser gefunden haben suchen, um sie dann zu fressen.« Juno schauderte etwas. Dann könnte sie also in der Nacht einfach so von einem Vampir angegriffen werden? Feyna sah Junos Entsetzen und meinte beruhigend: »Keine Angst, sie kommen nicht in die Häuser. Sie wissen, dass sie in unseren Häusern keine Chance hätten. Und dass sie es auch gar nicht dürfen.«

Erst jetzt bemerkte Juno, wie wenig sie von der Welt wusste. Die ganzen Geschichten die ihr erzählt wurden waren bloß Lügen um die Leute abzuschrecken. Wut stieg in dem Mädchen hoch, ihre Muskeln spannten sich an und beinahe hätte sie die Theke in Brand gesetzt, wäre sie nicht von selbst daraufgekommen, als das von Alkohol verdunkelte Holz anfing zu verkokeln. Feyna starrte ungläubig auf die verkokelte Stelle und dann auf Juno. Das Mädchen selbst war geschockt, wohl eher, weil sie das teure Holz beschädigte als über ihre Fähigkeit. »Tut mir leid…«, sagte Juno mit leiser, schüchterner Stimme und sah Feyna an. Die Hochelfe aber entgegnete nichts, sah das Mädchen nur perplex an bis sie sich wieder zusammen riss und wissend schmunzelte. »Eine Feuerelfe also. Ich bin noch nie zuvor einer begegnet. Ich hatte eigentlich schon gezweifelt, dass es welche gibt.« Juno lächelte schüchtern und meinte später: »Tut mir Leid wegen der Theke. Ich wollte das nicht.«

»Schon in Ordnung. Du weißt nicht, wie viele Gäste meine Theke schon mit Fackeln oder Kerzen anbrannten.«, erwiderte Feyna mit ihrer rauchigen Stimme als sie Juno zum Zimmer begleitete.

»Wenn du was brauchst, komm einfach zu mir. Ich werde unten im Gasthof sein.«, sagte Feyna schon halb aus der Tür, »Ach ja, und lass dich von den Geräuschen der Nacht nicht beunruhigen.«, geheimnisvoll grinsend schloss die Hochelfe die Tür.

Juno stand alleine in dem kleinen Raum der nur mit einem Bett und einem kleinen Nachttischchen eingerichtet war. Die braunen, aus schwerem Stoff gearbeiteten Vorhänge, die das Fenster verdeckten, waren von Motten durchlöchert. Das Mädchen wagte einen Blick nach draußen. Die Straßen waren von den wenigen Straßenlichtern, welche eigentlich Fackeln waren, schwach erleuchtet und dunkle Gestalten schlurften auf den steinigen Wegen. Einige hatten gebeugte Haltung und von ihrem gekrümmten Rücken standen Haarbüschel weg. Werwölfe…, dachte Juno erschaudernd und ihr fiel eine Person auf, die unter ihrem Fenster stand und hinaufstarrte. Es war ein Junge mit schwarzen, langen Haaren und pechschwarzen Augen, die ewig tief schienen. Lange stand Juno einfach da, dem Jungen in die Augen starrend, bis sie endlich den Blick löste und den Vorhang wieder vorzog. Sie hatte kein gutes Gefühl gehabt, als sie ihn ansah. Es hatte ihr ihre Eingeweide zusammengezogen und die Luft abgeschnitten. Schnell verdrängte sie den Gedanken und blies die Kerze, die den Raum erhallte, aus.
 

Sie erwachte früh am nächsten Morgen. Die warmen Sonnenstrahlen, die durch die Löcher im Vorhang schienen, weckten sie. Juno richtete sich ihre Haare und ihre Kleidung, schulterte ihren Rucksack und ging hinunter in den Gasthof, wo Feyna gläserputzend hinter der Theke stand. Scheinbar waren schon Gäste da gewesen. Als die Hochelfe Juno bemerkte, stellte sie das Glas beiseite und wischte sich an ihrer Leinenschürze die Hände trocken. »Guten Morgen.«, grüßte sie mit ihrer rauchigen Stimme. »Guten Morgen.«, grüßte die Feuerelfe freundlich zurück.

»Gestern Abend war Besuch für dich da.«, bemerkte Feyna, während sie sich das nächste Glas vornahm. »Wer war es denn?«, fragte Juno teils erschrocken, teils interessiert nach. »Es war ein Junge mit schwarzen Haaren. Sein Name war Rares, das ist eigentlich ein typischer Vampirname. Kennst du ihn?« Feyna sah zu Juno auf, welche grübelnd die Gastwirtin ansah. Doch dann fiel ihr wieder ihre Begegnung von gestern Abend ein. Stürmisch stützte sie sich mit den Armen an der Theke ab und meinte laut: »Ich kenne zwar keinen Rares, aber gestern Abend stand ein Junge vor meinem Fenster und starrte mich an.«

Feyna seufzte. »Dann solltest du so schnell es geht von hier verschwinden. Dieser Rares scheint dich ins Visier genommen zu haben.«, die junge Frau wand sich während sie sprach von Juno ab und kramte in einer Holzkiste, »Wenn du hier bleibst, wird er heute Nacht wieder herkommen und dich holen.«

Sie zog ein zusammengefaltetes Stück Papier hervor, faltete es auf und legte es auf den Tisch. Es war eine Karte von der gesamten Ebene Cyrel. Mit einem ihrer rauen Finger tippte sie auf einen schwarzen Punkt auf der Karte, von dem zwei dünne, schwarze Linien ausgingen. Direkt daneben war ein großer Wald eingezeichnet.

»Hier sind wir gerade, in Angmar. Der Südliche Weg führt zurück nach Alrus, wobei er aber auf der Karte schon im Südwald endet. Der östliche führt durch den Ostwald nach Forlindom.«, sie fuhr die Linie mit ihrem Finger entlang, »Der Ostwald heißt übrigens Hirstaang Wald. Forlindom ist der letzte Knotenpunkt vor dem Ostwald, deswegen führen auch so viele Wege dorthin. Forlindom ist eine Wirtschaftsstadt, dort treffen sämtliche Rassen aufeinander. Du solltest dich aber vor den Orks in Acht nehmen, das sind ganz üble Leute.«, warnte sie, dann fuhr sie mit dem Finger den nördlichsten Weg ab zum nächsten Punkt, »Das hier ist Brodir, das letzte Dorf vor der Hauptstadt. Von Forlindom bis dorthin ist es nicht einmal eine halbe Tagesreise, deswegen müsstest du es bis zum Abend locker nach Eryn Vorn schaffen, zum Sitz des Königs. Dort wirst du dann entgültig sicher sein.«

»Warum? Brodir liegt doch weit entfernt genug vom Ostwald.«, wunderte sich die ausgerissene Elfe. Feyna blickte von der Karte auf und sah Juno durchdringend an. »Weil Vampire Jäger sind. Sie verfolgen ihre Beute so lange, bis sie diese entweder kriegen oder verlieren. Und du bist nur in der Hauptstadt sicher, weil dort keine Nachtgeschöpfe hineindürfen. Wenn sich doch eines hinein wagt, wird es sofort getötet. Und jetzt geh, sonst bist du nicht mehr rechtzeitig aus dem Wald draußen.«

Feyna schob Juno die Karte zu und ging von der Theke hervor. »Aber ist es im Wald denn nicht gefährlich?«, fragte das Mädchen ängstlich nach. Beruhigend legte Feyna ihre Hand auf des Mädchens Schulter und sprach: »Bei Tag wachen die Waldelfen über die Durchreisenden. Sie werden es nicht zulassen, dass jemals ein Reisender durch ein Nachtgeschöpf zu Schaden kommt. Aber du solltest die Elfen auch nicht herausfordern, sie haben die Kontrolle über alle Pflanzen.«

Mit einem letzten Seufzen schob sie Juno aus dem Gasthaus hinaus und schloss die Tür. Bedrückt ließ sie sich auf eine der vielen Holzbänke sinken und stützte ihren Kopf mit der Hand ab. Juno hatte sich wirklich eine schlimme Zeit ausgesucht zum Reisen. Feyna konnte nur hoffen, dass das Mädchen nicht in eine Schlacht zwischen der königlichen Armee und den Nachtgeschöpfen kam.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück