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Desteral Storys - Krieg auf Aira / Erzählungen

Zwischen den Zeilen....
von

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Ein anderes Kapitel: Eine Tasse Tee

Ein dichter Nebel hatte sich über die kleine Insel Ikana ausgebreitet und tauchte alles in einen milchigen, trüben Ton. Draußen war es bitterkalt. Wie gut, dass Tracy sich nun im Schloss des kleinen Fürstenreichs befand. Keinen weiteren Augenblick wollte sie draußen verbringen.

Dennoch konnte sie nicht anders, als immer wieder aus den Fenster zu blicken - In die trübe Leere, konnte man durch den Nebel doch nur wenige Meter weit klar sehen.

„Denkst du nicht, dass du langsam genug Kuchen hattest?“, es war Lyze, der das sagte. Der Halbengel sagte dies nicht zu ihr, sondern zu Siri, die neben ihn saß.

„Wieso? Ist doch erst mein drittes Stück?“, Siri spießte dabei ein Stück ihres Apfelkuchens auf und führte die Gabel zum Mund: „Der Kuchen ist echt lecker, du solltest ihn auch probieren!“

„Vielleicht später.“, war Lyzes knappe Antwort, ehe er hinzufügte: „Sei also nicht so gierig, andere wollen auch etwas davon haben.“

„Ja Ja.“, von seiner Moralpredigt gelangweilt, griff Siri zur kleinen Schale mit der Sahne: „Ich werde schon nicht den ganzen Kuchen weg essen– Avrial hat schließlich zwei gebacken.“

„Höchstwahrscheinlich, weil er wusste, dass du soviel isst.“

„Na Und? Dafür verschmähst du den Kuchen regelrecht, dabei schmeckt er warm am besten!“

Wie von selbst begannen die beiden, sich über diese Nichtigkeit zu streiten. Leicht musste Tracy schmunzeln: Sie kannte dies nicht anders. Immer waren die beiden am diskutieren, und das, obwohl Lyze nur das Beste für Siri wollte. Doch seitdem sie mit ihn unter einen Dach lebte, schien dies immer mehr an Tiefe zu gewinnen. Es war nicht verwunderlich, schließlich lernten sie so Kleinigkeiten an einander kennen, die ihnen früher nie aufgefallen wären. Es war etwas Wunderbares und zugleich etwas, was einen ziemlich auf die Nerven gehen konnte - Hörten die beiden denn nie auf, sich zu streiten? Manchmal fragte sich Tracy wirklich, wie ihr bester Freund es mit diesen Wirbelwind tagtäglich aushielt. Schließlich war Lyze ein ziemlich ruhiger und ernster junger Mann.

Doch obwohl sich die beiden so oft stritten, konnte Tracy spüren, dass sie sich immer besser verstanden. Es war einfach ihre Art, miteinander zu diskutieren. Irgendwann würde auch dies sein Ende finden. Vielleicht würden sie sich dann endlich etwas eingestehen, was selbst ein Blinder sah – Dass sie ohneeinander nicht leben konnten. Solange ließ Tracy es zu, dass die beiden sich wegen Nichtigkeiten stritten.
 

Die Zeit floss ohne Pause weiter. Seit der Krieg, indem sie alle verwickelt waren, zwischen Azamuth und Desteral sein Ende gefunden hatte, waren bereits 1 ½ Jahre vergangen. Tracy hatte in dieser Zeit gelernt, viele Dinge zu akzeptieren. Dinge, die sie nicht ändern konnte und die ihr Leben ziemlich veränderten.

Es war für sie, als würde sie ein komplett neues Leben beginnen, schließlich sah sie ihre Familie kaum noch. Dabei waren sie ihr ganzer Lebenssinn gewesen, nun lebten ihre Geschwister ihr eigenes Leben.

Nicht einmal ihre kleine Schwester Sunny hatte es geschafft, nach Ikana zu kommen, und eine Tasse Tee mit ihren Freunden zu trinken. Obwohl Sun und Siri doch unzertrennlich waren.

Doch gab es etwas, was noch stärker als dies war – Die Liebe zu ihren Verlobten Toony. Ihre Hochzeitsvorbereitungen waren im vollen Gange.

Tracy hatte die vielen Veränderungen damit überwunden, dass sie arbeitete. Sehr viel sogar. Als wandernde Sängerin hatte sie einiges um die Ohren. Dennoch, es gab Dinge, die konnte sie nicht auf ewig verdrängen oder in ihren Liedern verarbeiten. Die junge Katzen-Animo war wirklich froh, dass sie in Ikana oft die Gelegenheit hatte, über diese Dinge zu reden – Schließlich waren Lyze und Avrial ihre Freunde. Es tat gut, den Rat von anderen zu hören und sie wusste, die beiden hatten genug Erfahrungen in ihren Leben gesammelt, dass diese Ratschläge auch gut überlegt und tiefgründig waren.

Doch kreisten ihre Gedanken um etwas, was sie hier nicht besprechen konnte. Besonders nicht mit Avrial und Lyze.

Ein sanftes Klacken drang in ihre spitzen Katzenohren: Es war das Geräusch einer Teetasse, die auf Holz gestellt wurde. Tracy war aus ihren Gedanken gerissen und sah vom Fenster ab: „Oh.“

Avrial lächelte sie an und meinte: „Bitte Tracy, entschuldige, aber es hat einen Moment gedauert.“

„Kein Problem...Vielen Dank, Avrial.“, leicht zwang sie sich zu einen Lächeln und nahm die Teetasse in ihre Hände: Er war noch kochend heiß, aber er tat gut, waren ihre Finger doch von draußen noch völlig ausgekühlt.

Der angenehme Duft von verschiedenen Kräutern stieg ihr in die Nase. Wie zuvor ins Fenster blickte sie in diesen Moment in die kleine Tasse: „Er riecht sehr gut.“

„Das freut mich, hoffentlich schmeckt er dir auch.“, Avrial setzte sich ihr gegenüber und goss sich in seine Tasse erneut etwas Teewasser ein.

Leicht blickte er zu Siri und Lyze, ehe er schmunzelte: „Du solltest wirklich ein Stück Kuchen probieren, Lyze.“

Der Arcaner wusste nur zu gut, wie er die Streitigkeit zwischen den beiden beenden konnte.

„Na schön.“, mit einen leichten Seufzen setzte der Halbengel ein mittleres Stück Apfelkuchen auf seinen Teller. Dabei warf er Siri einen recht trockenen Blick zu: Sie grinste ihn siegesgewiss an.

Wie Lyze nun begann, sein erzwungenes Stück Apfelkuchen zu essen, rührte Avrial gelassen seinen Tee um und fragte: „Gibt es sonst noch irgendetwas Neues bei euch?“

„Nichts, dass ich wüsste.“

„Nee.“

Siri und Lyze saßen schon eine kleine Weile beim Magier am Tisch, so wunderte er sich über ihre Antworten keineswegs. Er war auch auf etwas ganz anderes hinaus: „Was ist mit dir, Tracy?“

Sie blinzelte Avrial an, ehe sie lächelte und den Kopf schüttelte: „Ach nein – Ich arbeite in letzter Zeit ziemlich viel, da gibt es nichts Spannendes zu erzählen.“

„Verstehe. Wie laufen die Vorbereitungen von Sunny?“, er legte den Löffel beiseite.

„Ganz gut, denke ich – Jedes Mal, wenn ich sie besuche, ist sie etwas müde, aber ziemlich glücklich.“, Tracy lächelte: „Mein zukünftiger Schwager wird auch immer erträglicher, hab' ich das Gefühl.“

Zu gut konnte sie sich daran erinnern, wie sie im abgeschotteten Ikana ihren Gefühle freien Lauf gelassen hatte – Für sie war eine Welt zusammengebrochen, als sie den Termin für die Hochzeit ihrer kleinen Schwester zu hören bekam. Schließlich war es der ultimative Beweis, dass Sunny und Toony wirklich für immer zusammenbleiben wollten. Es gab kein Zurück mehr. Ihre Schwester war glücklich und lebte ihr eigenes Leben. Tracy wurde als große Schwester nun kaum noch gebraucht.

Dies hatte sie den Fuchs-Animo zu verdanken, den sie so sehr gehasst hatte - Doch je öfter Tracy sah, wie glücklich Sun nun war, desto kleiner wurde ihr Hass auf ihn. Mittlerweile versuchte sie sogar, sich mit ihn anzufreunden, gehörte er doch bald zur Familie. Irgendwie.

„Ich bin schon sehr gespannt – Ich war noch nie Gast auf einer Hochzeit, geschweige denn auf Palooza.“, in Avrials ruhiger Stimme konnte man eine gewisse Vorfreude heraushören: „Das wird sicher sehr schön...Was schenke ich den beiden bloß zur Hochzeit?“

Manchmal passierte es, dass er seine Gedanken aussprach, ohne es zu wollen. Das lag daran, dass Avrial nahezu sein ganzes Leben in Einsamkeit verbracht hatte. Da entwickelte man „ungewollte Angewohnheiten“, wie der Arcaner sie stets nannte, nur allzu gern. Um nicht vollkommen durch die immerwährende Stille im großen Schloss verrückt zu werden, hatte er begonnen, seine Gedanken leicht vor sich her zu murmeln. Selten passierte es sogar, dass ein Gedanke ihn so sehr fesselte, dass er alles andere um sich herum vergaß. Einmal hatte er so Siri allein in einen der Korridore zurückgelassen und es erst eine halbe Stunde später bemerkt.

Avrial hatte einige sonderbare Gewohnheiten, dennoch war er ein Gentleman und - was für Tracy viel wichtiger war - ein guter Freund.

Wie er mit seinen Gedankengang fertig war und er sich hörbar dazu entschloss, ihnen eine Vase zu schenken, sah Avrial zu Tracy und verengte seinen Blick: Höchstwahrscheinlich hatte sie gar nicht zugehört. Schließlich war sie viel zu sehr in ihren eigenen Gedanken gefangen: „Dich scheint etwas zu beschäftigen...Tracy.“

„W-Wie?“, etwas erstaunt hob Tracy ihre Teetasse an und schüttelte leicht den Kopf: „Ach- Ich denke nur über einen Liedtext nach, bei den ich nicht weiterkomme.“ Darauf nippte sie leicht an dem Tee: Er schmeckte etwas nach Zimt. Eine komische Mischung.

„Du bist eine ziemlich schlechte Lügnerin.“, Siri wedelte mit der Gabel in ihre Richtung: „Das erkenne mittlerweile selbst ich.“

Siri hatte Recht – Tracy war wirklich nicht gut, ihre Gefühle und Gedanken zu verbergen, wenn es nicht gerade um Leben oder Tod ging. Lyze hatte schon in den ersten Augenblicken gemerkt, dass etwas nicht stimmte, doch sprach er es nicht aus. Schließlich konnte es etwas sein, was sie zwar stark beschäftigte, sich jedoch von selbst lösen würde. Er wusste, wenn Tracy etwas wirklich bedrückte, so würde sie es ihn früher oder später erzählen. So blieb der Halbengel in diesen Augenblick still und aß weiter seinen Kuchen.

„Siri, das war nicht sehr nett.“, leicht amüsiert hob Avrial seine linke Hand und die Teekanne schwebte zu ihr herüber, bevor sie punktgenau etwas Teewasser in Siris Teetasse goss: „Schließlich beschwere ich mich auch nie über deine Essgewohnheiten.“

„Wie meinst du das?“, etwas beleidigt zog Siri eine Schnute: „Ich esse ganz normal!“

„Du könntest dir ruhig etwas mehr Zeit beim Essen lassen.“, erwiderte Avrial, ehe er die Teekanne wieder abstellte und dafür das Zuckerglas auf seine Seite zog: „Manchmal isst du wie ein Schwarm Heuschrecken.“

„Heuschrecken?“, sie sah Avrial leicht skeptisch an: Wieso verglich er sie mit einen kleinen hässlichen Insekt?

Ohne auf ihre skeptische Antwort einzugehen, fügte er hinzu: „Es kann sein, dass Tracy durchaus die Wahrheit sagt, oder sie will es uns einfach nicht erzählen, wir brauchen ohnehin nicht alles zu erfahren.“

„Geheimnisse sind aber blöd.“, Arme verschränkt ließ das Menschenmädchen sich in den Stuhl sinken: Dabei wollte sie im Grunde genommen Tracy nur helfen. Es war seltsam, die große Schwester ihrer besten Freundin so gedankenverloren zu sehen. So etwas geschah nur sehr selten und meist mied Tracy dann die Nähe anderer, bis sie sich wieder gefangen hatte, weil sie sich auch gerne über die kleinsten Dinge viele Gedanken machte. Sie konnte es einfach nicht anders.
 

Geheimnisse waren in der Tat blöd. Tracy war sich auch nicht ganz sicher, ob sie wirklich mit diesen Geheimnis den Rest ihres Leben verbringen wollte. Sie spürte es deutlich, früher oder später würden ihre Freunde es ohnehin erfahren. Dafür hatte die Person, mit der sie dieses Geheimnis teilte, eine viel zu große Klappe.

Es würde ihr gut tun, darüber zu reden. Schließlich wusste sie doch nicht, wie es nun weitergehen sollte. Obwohl sie sich klare Linien gesetzt hatte, schien alles zu verschwimmen. Es half nichts, waren ihre Gefühle doch vollkommen durcheinander. Warum bloß? Jeder Gedanke, den sie daran verschwendete, bereitete ihr Herzrasen und verdrängte alles andere.

Doch fürchtete sie sich auch vor der Reaktion ihrer Freunde. Womöglich warf das, was sie getan hatte, ein schlechtes Licht auf sie. Doch war es auch eine einmalige Sache. Jeder in seinen Leben begann schon einmal einen größeren Fehler, so sicher auch Lyze und Avrial. Sie war damals nicht wirklich ganz sie selbst gewesen. Vielleicht konnte sie ja auch etwas flunkern und es den Alkohol in die Schuhe schieben, den sie an jenem Tag gar nicht getrunken hatte.

Selbst wenn Avrial und Lyze es mit Sicherheit nicht hören wollten - Sie musste es sagen. Sonst würde sie vor innerer Zerrissenheit noch verrückt werden.

„Geheimnisse mögen zwar blöd für uns Außenstehende sein, aber manche Gedanken und Taten sind einfach nicht für jeden bestimmt.“, verständnisvoll hob Avrial die Hand, um die Teeblätter aus seiner Tasse zu zaubern und sie auf einen extra separierten Teller sinken zu lassen. Leicht hob er seine Tasse an und sah zu Tracy: „Schließlich wisst ihr auch nicht alles über mich.“

„Das hat doch einen viel tiefsinnigeren Grund.“, dachte die Katzen-Animo sich, doch sprach sie es nicht aus.

Sie wollte so wenig wie möglich die seelischen Wunden bei Avrial aufreißen, hatten sie doch schon so viel bei ihn angerichtet. Nie wollte Tracy wissen, wie es sich anfühlte, die wichtigste Person im Leben zu verlieren. Es war eine ihrer Grundängste, allein der Gedanke schien sie innerlich zu lähmen.

Nur schwer und schwach konnte sie erahnen, wie Avrial als junger Mann vor den Verlust seiner Frau gewesen war. Doch war sie sich sicher, dass er voller Liebe gewesen war – Es schimmerte stets durch all seine Worte hindurch und ließ ihn wie einen alten weisen Mann erscheinen, der einst ein sehr glückliches Leben geführt hatte. Selbst wenn dieses Leben nur wenige Jahre dauerte.

Dabei war Avrial als Arcaner gerade mal im mittleren Alter und sein Äußeres erinnerte überhaupt nicht daran, dass er schon über hundert Jahre alt war. Er hatte noch weitere hundert Jahre vor sich.

Arcaner waren ein faszinierendes Volk, das stellte Tracy immer wieder mit Verblüffen fest.

Fast tat es ihr leid, dass sie dabei waren, auszusterben. Die beiden reinblütigen Arcaner, die sie kannte, wollten entweder nichts von Familiengründung wissen oder hatten ihr Herz bereits einer Person geschenkt. Ganz gleich, dass Avrials Frau vor einer gefühlten Ewigkeit gestorben war, er liebte sie immer noch wie am ersten Tag. Daran würde sich auch bis zu seinem eigenen Tod nichts ändern.

Seine Lebenshaltung und Art zu lieben waren auch ein Grund gewesen, weshalb Tracy langsam begann, die Liebe zwischen ihrer Schwester Sunny und den Fürstensohn des Königreichs der Tatzen zu verstehen. Anscheinend war es tatsächlich möglich, sein Herz vollkommen zu verlieren. Ohne dabei je einen einzigen Zweifel zu spüren.

Es war etwas, was Tracy wohl nie in ihren Leben erfahren würde. Schließlich hatte sie ihr Herz ihrer Familie geschenkt, da blieb kaum Platz für jemand anderes. Zwar liebte sie ihre Freunde ebenfalls über alles und würde sie wie ihre Geschwister auch vor jeden Schaden bewahren, doch dass eine einzige Person ihr Herz in den Händen halten durfte, das schien Tracy in ihren Fall unmöglich.

Es ließ wiederum das, was sie vor einigen Tagen getan hatte, fast verständlich erscheinen. Doch passte es nicht zu ihrer sonst so verantwortungsbewussten Art. Ganz und gar nicht.

Mit einen tiefen Seufzen nahm die junge Katzen-Animo einen Schluck von ihren Tee, ehe sie halblaut meinte: “Ich denke, ich sollte es euch trotzdem erzählen...“

Leicht ließ sie ihren Blick zur Seite schweifen und suchte nicht nur nach den passenden Worten, vielmehr suchte sie den Mut, es auszusprechen.

„Es muss etwas Besonderes sein, wenn du so sehr damit haderst.“, mit einen leichten Lächeln nahm Avrial einen kurzen Schluck von seinen Tee: „Lass dir ruhig Zeit, es eilt nicht.“

„Ich.....“, Tracy nahm kurz tief Luft, ehe sie zu ihren Gegenüber sah und es endlich aussprach: „Ich habe mit Furah geschlafen.“

Die peinliche Stille, die zu erwarten war, kam nicht auf. Stattdessen war ein lautes Scheppern zu hören, das von einen hektischen Husten unterstrichen wurde. Die beiden Geräusche ließen Tracy zusammenzucken, ehe sie sich an Lyze wendete und ihn auf dem Rücken klopfte: „Lyze- Entschuldige, ist alles okay?!“

Mit zugekniffenen Augen nickte ihr bester Freund kurz: Das Apfelkuchenstück, was ihn im Hals stecken geblieben war, rutschte langsam seine Kehle hinunter und ließ ihn wieder atmen.

Auch Siri sah Lyze mit leichter Sorge an, doch brachte sie kein Wort heraus – War sie etwa sprachlos? Es war einfacher, ein Lied zu komponieren, als die junge Frau zum Schweigen zu bringen. Schließlich liebte es Siri, überall ihren Senf dazuzugeben, im guten wie im schlechten Sinne.

Indes schüttelte Avrial kurz den Kopf, ehe er halblaut murmelte: „Der schöne Tee.“

Seine Teetasse lag in Scherben auf den alten Eichenholztisch. Kurz hob er die Hand, um einen Zauber gegen das Schlamassel anzuwenden, doch zögerte er und verweilte in dieser Haltung für einen Moment. Schließlich begann er, die Scherben per Hand aufzulesen.

„Wooooh-.“, langsam gewann Siri wieder an Stimme und ließ kurz ihren Blick zwischen den Arcaner und den Halbengel schweifen, ehe sie zu Tracy sah und meinte: „Selbst ich habe es noch nie geschafft, Lyze und Avrial gleichzeitig derart aus dem Konzept zu bringen.“

Mit einen wütenden Funkeln in ihren Augen antwortete Tracy, doch stieg ihr gleichzeitig die Schamröte ins Gesicht. Sie umfasste ihre Teetasse fester und starrte in sie hinein, traute sie sich doch nicht, noch etwas zu sagen. Nicht, bis Avrial seine kaputte Tasse weggeräumt hatte – Das Gefühl ließ sie nicht los, dass sie einen Nerv beim Arcaner getroffen hatte. Sonst benutzte er Magie bei jeder kleinen Gelegenheit, jetzt machte er sich die Mühe, die Scherben einzeln aufzuheben. Das konnte kein gutes Zeichen sein.
 

Doch war seine Fassungslosigkeit vollkommen verständlich: Schließlich war Furah in seinen Augen niemand anderes als sein Erzfeind.

Ihm wäre es am liebsten, wenn Furah tot wäre, doch beruhte dies auch auf Gegenseitigkeit.

Avrial wusste instinktiv, dass er als Arcaner Dunkelmagier wie ihn ausschalten musste - Zu groß war die Gefahr, die allein von der Dunkelmagie selbst ausging. Sie hatte eine ungeheure Zerstörungskraft und -lust.

Jeder, der sich mit ihr einließ, verlor entweder den Verstand oder sein Leben.

So hatte sie ihn auch seinen besten Freund aus Kindheitstagen genommen.

Es gab Tage, da tat es und da war es Avrial leid, dass er die Hand gegen Furah erheben musste, sobald er ihn nur spürte.

Eigentlich wollte der friedvolle Arcaner nicht kämpfen. Nicht gegen seinen früheren besten Freund.

Doch war sein Freund durch die dunkle Magie ein anderer geworden. Er war nicht mehr der Furah, den Avrial einmal kannte. Sein Kindheitsfreund war von der Dunkelmagie verschluckt worden, und alles, was sie hinterließ, war ein Wahnsinniger. Ein Wahnsinniger, der Spaß dadurch empfand, dass er anderen Leid zufügte.

Es erinnerte ihn daran, dass er von Furah einmal verflucht worden war. Der Fluch erfüllte sich unglücklicherweise, als er Siri kennengelernt hatte - Fast wäre er selbst zu einen zerstörerischen Monster geworden und hätte das Mädchen, dass seiner verstorbenen Frau ähnlich sah, getötet. Nicht nur sie, ebenso zahlreiche Unschuldige auf Ikana.

Furah war es, der auf einen Befehl hin Siris Erinnerungen gelöscht hatte. Ihr ganzes Leben war mit einen Mal verschwunden und führte dazu, dass ein unsinniger Krieg ausbrach, wusste sie doch nicht mehr, was ihre Bestimmung war. So viel Leid hätte eigentlich verhindert werden können.

Es war zum Teil Avrials eigene Schuld, doch waren Siri und Lyze ebenfalls mit Furah befreundet.

Es war keine besonders innige Freundschaft, vielmehr war es eigentlich eine Nutzbeziehung - Furah nutzte oft eine misslingen Lage der beiden aus, um sich selbst glücklich zu machen. Nie tat er etwas aus reiner Freundlichkeit. Höchstwahrscheinlich war es sogar ein Fremdwort für ihn.

Da Lyze und Tracy Freunde waren, und die beiden während des Krieges ebenfalls in einige schwierige Situationen kamen, kam es dazu, dass Tracy und Furah sich kennenlernten.

Zwar wusste Avrial aus Lyzes und ihren Erzählungen, dass er anscheinend einen Narren an der jungen Katzen-Animo gefressen hatte. Doch beruhte dies nie auf Gegenseitigkeit, sodass er sich keine großen Gedanken darüber gemacht hatte. Immerhin war Tracy eine reife und verantwortungsbewusste Frau. Sie wusste nur zu gut, wie gefährlich Furah und seine Magie war, war sie doch selbst einmal in ihren Fängen geraten.

Avrial brauchte ihr nicht erklären, dass der Dunkelmagier unberechenbar war und man ihn möglichst meiden sollte. Sie tat es ganz von allein und verlor auch des Öfteren ein böses Wort über Furah. Er brauchte sich keine Sorgen zu machen.
 

Doch durch diese fünf Wörter, die sie nun ausgesprochen hatte, verstand Avrial die Welt nicht mehr.

Als er nun die Scherben ordentlich weggeräumt hatte und den vergossenen Tee mit einen leichten Handgriff verdampfen ließ, holte er sich eine neue Tasse. Er legte einige Teeblätter hinein, ehe er zur Teekanne griff. Erst nach diesen kleinen Prozedere, sprach der verwitwete Fürst wieder ein Wort. Er gab sich die größte Mühe, doch konnte er seine Gefühle nicht ganz in seiner Stimme verbergen. Gefühle, die zwischen einer unbehagten Angst und Wut schwankten: „Wie kam es dazu?“

„Ich...weiß es nicht-.“, begann Tracy zaghaft, doch unterbrach er sie sogleich: „Hat er dich gezwungen?“

„W-Was? Nein- N-!“, mit roten Gesicht sah sie zur Seite: „Eines Abends hat er mich nach einen Auftritt einfach abgefangen und gemeint, ich wäre ihn noch etwas schuldig, was aber nicht stimmte...Ich dachte, nach einer Weile würde er wieder verschwinden, doch dann hat er-.“

Genau in diesen Moment gab Siri einen hellen, quietschenden Ton von sich: „Halt! Halt! Halt! Ich will nichts weiter hören!“, sie schüttelte den Kopf heftig: „Bitte Tracy, sonst kommt mir der Kuchen gleich wieder hoch! Gib' mir wenigstens die Chance, abzuhauen!“

Tracy sah mit einen verlegenen Blick zu Siri: Es war verständlich, dass sie es nicht hören wollte. Genauso wenig waren Avrial und Lyze daran interessiert, jedes Detail von dieser Nacht zu erfahren. Nicht einmal Tracy selbst wollte daran glauben. Ausgesprochen wirkte es wie eine grausige Lügengeschichte. Vollkommen unwirklich. Dabei war es nichts als die Wahrheit.
 

So ließ die Katzen-Animo den Kopf deutlich hängen und sagte beinahe in einen Flüstern: „Ich...weiß wirklich nicht, warum ich mich darauf eingelassen habe...“

„Vielleicht, weil du Furah magst? Ihr seid doch Freunde.“, erwiderte Siri, doch fügte sie hinzu: „Wobei du einen ziemlich komischen Männergeschmack hast.“

Den letzten Teil ihres Satzes ignorierend, sagte Lyze: „Das erklärt nicht wirklich, warum Tracy mit ihn geschlafen hat – Schließlich ist sie auch mit mir befreundet, und du bist auch mit mir und Furah befreundet.“

„Du bist nicht Furah, Lyze. Weißt du noch, als Furah den einen Abend darauf bestand, uns mit seinen Frauengeschichten der letzten hundert Jahre zu quälen? Der Kerl ist ein Flittchen.“

Mit einen nahezu liebevollen Lächeln ergänzte sie ihre Erklärung: „Du würdest so etwas niemals tun.“

Avrial nippte an seinen Tee. Fast ließ Siris Blick in diesen Moment ihn diese unangenehme Situation wieder vergessen. Dieser Blick verstärkte nur die glückliche Vermutung, die er seit einer ganzen Weile hatte.

Nichtsdestoweniger wollte er verstehen, warum Tracy so etwas Unsinniges getan hatte.

Er wollte etwas finden, was die Enttäuschung verschwinden ließ. Er spürte sie wie schweres Blei nahezu im ganzen Körper – Ein Bastard wie Furah verdiente es nicht, geliebt zu werden. Nicht auf eine so tiefgründige Weise. Er sollte nicht einmal dazu kommen, eine reizende Dame wie Tracy es war, zu beschmutzen. Trotzdem war es passiert.

Der Blick des Arcaners wanderte zur Katzenfrau: Sie war immer noch rot im Gesicht. Ihr war die Situation mehr als peinlich, doch schien sie auch nicht wirklich mit ihr umgehen zu können. Anderenfalls hätte sie es wohl kaum zur Sprache gebracht - Sie wusste, wie Avrial und Furah zueinander standen. Ebenso wusste sie, dass selbst Lyze ihn nicht wirklich leiden konnte. Warum hatte sie es also angesprochen? War sie so durcheinander deswegen? Warum hatte sie es dann erst so weit kommen gelassen?

Tracy seufzte leicht auf: „Ihr habt beide Recht - Zwar mag ich Furah, aber wir sind nur Freunde.“

Ihre Katzenohren sanken nieder: Sie hätte nun behaupten können, dass der Alkohol dran schuld war. Doch wusste sie, dass sie eine schlechte Lügnerin war. Die anderen würden es sofort bemerken, sodass es keinen Sinn hatte.

Halblaut meinte sie: „Wir hatten auch nichts getrunken und er hat mich auch nicht verhext oder so, es ist einfach...passiert.“

„Dinge, die passiert sind, können wir leider Gottes nicht ungeschehen machen.“, erst jetzt begann, Avrial, einige Zuckerwürfel in seinen Tee zu tauchen und sie langsam aufzulösen. Mit einer gewissen Schwere in seiner Stimme, fügte er jedoch mit einen schwachen Lächeln hinzu: „Doch solange wir den Fehler nicht noch einmal begehen, wird es wohl in Ordnung sein.“
 

So sehr fürchtete sich Tracy davor, diesen Fehler noch einmal zu begehen. Zwar hatte sie dies als eine einmalige Sache abgestempelt, doch konnte sie selbst nur schwer daran glauben. Jedes Mal, wenn sie an diesen Abend dachte, fing ihr Körper wieder an zu kribbeln. Gerüche, Töne und Bilder stiegen aus ihren Unterbewusstsein hervor und ließen sie nicht schlafen oder bereiteten ihr Herzrasen. Tracy fürchtete sich davor, Furah wiederzusehen.

Obwohl er genau wusste, wie sie über diese Sache dachte. Hatte er ihr nicht sogar nachgerufen, es sei ihn egal? Irgendwie schienen ihre Erinnerungen immer mehr zu verschwimmen. Was war nun wirklich passiert und was war nur eine fantasievolle Einbildung von ihr?

Obwohl sie Avrial nicht ganz zustimmen konnte, nickte die junge Katzen-Animo: „Ja- Das wird sicher kein zweites Mal passieren.“

Siri stocherte leicht in ihren Apfelkuchen, denn Appetit verspürte sie in diesen Moment nicht: „Es ist erstaunlich, dass es überhaupt passiert ist – Ich meine, du und Furah, das ist wie...wie...“ Ihr fiel kein guter Vergleich ein, dennoch wusste Tracy, worauf ihre Freundin hinaus wollte.

„Wie Sonne und Schnee.“, sagte Avrial knapp: „Du solltest dich am besten eine ganze Weile von Furah fernhalten.“

Er murmelte in seine Tasse „Nicht, dass er auch noch Blut geleckt hat.“, doch konnte die junge Katzenfrau es dank ihrer empfindlichen Ohren deutlich hören.

Ein kleiner Teil in ihr wurde daraufhin wütend. Sehr wütend sogar.

So wütend, dass sie ihren Blick verengte und sagte: „Es ist ja nicht so, dass mich Furah vergewaltigt hat, ich wollte es sogar-“ Keine Sekunde später wurde Tracy noch roter im Gesicht: Was hatte sie da gerade gesagt?!

Sie hängte ein heiseres „Irgendwie“ an, ehe sie mit deutlicher Stimme weitersprach: „Ich weiß sehr wohl, dass Furah sehr gefährlich sein kann, doch er ist kein vollkommener Unmensch-“

„Doch, das ist er.“, Avrial widersprach ihr und seine Stimme klang ernst und rau: „Ich will mir gar nicht vorstellen, wie viele Leute er schon auf seinen Gewissen hat, oder wie viele Frauen er in ihrer Naivität für seinen Spaß entehrt hat.“

„Du tust gerade so, als wäre Furah ein Monster ohne Sinn und Verstand!“, schnaufend verengte Tracy den Blick: „Dabei kann er richtig liebevoll sein. Er hat-“

„Ich will nichts von seinen „Nettigkeiten“ oder eurer gemeinsamen Nacht hören.“, Avrial wich ihren Blick aus: „Ich bezweifle, dass je eine Tat von ihn nicht die Absicht hat, ihn allein glücklich zu machen.“, tief seufzte er: „Es tut mir Leid Tracy, aber ich denke, du bist ihn auch ins Netz gegangen und auf seine Masche reingefallen.“

„Nein....“, getroffen von seinen Worten schüttelte sie den Kopf und drückte ihre Hände leicht auf ihre Katzenohren: „Das ist nicht wahr-!“

„Eine andere Erklärung gibt es nicht.“, Avrial fühlte sich bei ihren Anblick mies. Doch wollte er sie davor bewahren, erneut den gleichen oder sogar einen noch größeren Fehler zu begehen: „Er hat die Gelegenheit beim Schopf gepackt und dich und deine Gefühle für etwas Unbedeutendes ausgenutzt.“

Kurz sah er zu Lyze und Siri: Während Siri ernsthaft über die Situation nachzudenken schien und sich wohl etwas hin und her gerissen fühlte, hatte Lyze seinen Blick gesenkt und schien noch stiller als ohnehin schon. Wusste er etwa etwas, was er nicht wusste?

Indes holte Tracy zum Gegenschlag aus: „Du kennst Furah nicht! Ihr wart zwar als Kinder befreundet, aber mittlerweile seid ihr beide erwachsen und habt seit Jahren kein vernünftiges Wort miteinander gesprochen!“

„Ich kenne ihn gut genug.“

„Das tust du nicht!“

„Tracy, bitte-.“, der Arcaner stellte seine Tasse auf den Tisch: „Diese Diskussion führt zu nichts, das weisst du genau – Weder Furah noch ich würden je den anderen etwas Gutes zusprechen.“

„Aber...“, der jungen Katzenfrau blieben die Worten im Halse stecken. Sie wusste, dass er Recht hatte. Doch warum war sie bloß so wütend? Der Streit zwischen Avrial und Furah war ihr schon immer ein Dorn im Auge gewesen, konnte sie doch niemals verstehen, was das Leben eines Arcaners ausmachte. Für sie war es bloß ein kindlicher Streit, der sich zu einem Kampf um Leben und Tod entwickelt hatte.

Wie sehr wünschte sie sich doch, die beiden würden sich wieder vertragen. So konnten all ihre Freunde wie eine Familie zusammenleben. Doch war es ein Wunsch, der niemals in Erfüllung gehen würde.

Mit einen tiefen Seufzer senkte sie den Kopf: „...Du hast wohl Recht.“

Zufrieden huschte sogar ein leichtes Lächeln über seine Lippen: „Nimm' es nicht so schwer, jeder macht mal einen großen Fehler, das ist der Ursprung all unserer Erfahrungen.“

„Ja.“, Tracy stand langsam von ihren Platz auf: „Ich gehe mir eben das Gesicht waschen...und mich etwas beruhigen.“

Sie brauchte nun einen Moment für sich, um zur Ruhe zu kommen - Ihr wurde schmerzlich klar, dass sie mit Avrial einen sinnlosen Streit angefangen hatte.

Einen Streit, bei den sie Furah verteidigt hatte, obwohl es nichts zu verteidigen gab.

Ihre Gefühle fuhren scheinbar Achterbahn – Dennoch tat es ihr sehr weh, was Avrial gesagt hatte.

Sie wusste, dass er Recht hatte. Es war die einzig logische Erklärung. Schließlich empfand Furah keine tiefen Gefühle für sie. Alles, was er an diesen Abend wollte, war etwas gegen seine Einsamkeit.

Vielleicht beruhte es einfacher Weise auf Gegenseitigkeit. Vielleicht war Tracy ihren Instinkten gefolgt und wollte ebenfalls nur ein wenig Spaß haben. Doch fühlten sich dabei ihr Herz und ihr Verstand betrogen.

Sicher war sie selbst nur so wütend geworden, weil sie so durcheinander war. Noch nie zuvor in ihren Leben war sie ihren Instinkten gefolgt.

Sie wusste nicht, wie sie nun über Furah denken sollte, geschweige denn über sich selbst, oder ihre Freundschaft.

Sie wusste nicht, was sie nun fühlen sollte.

Selbst wenn sie sich davor fürchtete, wusste sie doch in ihren tiefsten Inneren, dass sie mit Furah darüber reden musste. Anderenfalls würde sie so konfus bleiben.

Vorher konnte sie ihn nicht wieder ins Gesicht sehen, ohne das ihr Sinne dabei verrückt spielten. Erinnerungen sie verfolgten.

Dabei hatte Tracy Furah wirklich gern. Ihre Freundschaft durfte nicht wegen einer einmaligen Nacht endeten.
 

„Tu das.“, Avrial sah der jungen Katzenfrau nach und konnte hören, wie sie leise etwas vor sich her sang. Wie die Tür des Speisesaals in Schloss gefallen war und er wirklich Tracy nicht mehr wahrnehmen konnte, wendete sich der Magier an Lyze und schmunzelte: „Du weisst sicher noch eine Erklärung für das, was Tracy getan hat, nicht?“

Lyze blinzelte Avrial leicht an, ehe er zögerlich nickte: „Sie...ist wohl auch in Furah verliebt, ohne es zu wissen.“

„Was?!“, erstaunt sah Siri zu Lyze: „Aber Tracy sagt doch immer, sie will oder kann niemanden lieben-“

„Als ob man sich das aussuchen könnte, Siri.“, über ihre Antwort amüsiert stützte Avrial seinen Kopf auf eine seiner Händen ab: „Die Liebe geht manchmal sehr lange und seltsame Wege.“

Wobei ihn dieser ganz und gar nicht gefiel, doch wusste er, dass er ihn nicht ändern konnte.

Alles, was er tun konnte, war, Tracy Ratschläge zu geben und sie in die richtige Richtung zu lenken. Ohne sie dabei zu verärgern, wie er es mit der scheinbaren Wahrheit eben getan hatte.

Niemand hörte die Wahrheit gerne, besonders, wenn sie die eigenen Gefühle betraf.

„Was heißt hier überhaupt „auch“?“, Siri zog ein leicht nachdenkliches Gesicht: „Heißt das, Furah hängt an Tracy nicht nur die ganze Zeit, weil er es nötig hat, sondern weil er sie ihretwegen tatsächlich mag?“

„Siri...“, Lyze legte eine Hand ins Gesicht, war er doch etwas verlegen: „Nicht alles läuft bei Männern auf Sex aus...“

„Irgendwie habe ich das Gefühl schon-.“, sie grinste: „Wobei ich wohl mit zwei Ausnahmen hier am Tisch sitze.“

Der Halbengel warf seiner Freundin einen trockenen Blick zu, und auch Avrial empfand dies als überhaupt nicht witzig. Kurz räusperte sich Lyze, ehe er weitersprach: „Wie auch immer – Ich weiß, dass Tracy oft, bevor sie uns besuchen kommt, ein oder zwei Tage bei ihn bleibt.“

„Woher weisst du das?“

„Nun ja – Manchmal erzählt sie mir davon, manchmal auch Furah, wenn er beschlossen hat, mich auf meinen Arbeitsweg damit zu nerven. Er spielt sich dann immer auf, Tracy würde vielmehr ihn als uns besuchen.“

„Ich verstehe.“, Avrial nahm einen tiefen Schluck aus seiner Teetasse: „Bleibt die Frage, warum Tracy ihn sooft besucht.“

„Vielleicht glaubt sie ja, sie könne ihn auch erziehen – Wenn sie bei uns ist, überschwemmt sie mich regelrecht mit ihren Haushaltsregeln.“, Siri seufzte auf und warf die Hände in die Luft: „Als wäre ich nicht in der Lage, Wäsche zu waschen!“

„Das klingt logisch.“, Lyze lächelte schwach: „Nicht ihre Regeln bei dir, Siri. Sondern, dass Tracy Furah irgendwie erziehen will – Sie sagt auch oft, er benähme sich zu sehr wie ein Kind.“

„Dann will sie ihn also domestizieren.“, leicht nachdenklich schweifte der Blick des Hausherrn ab – Lag dies nun nur an Tracys Drang, jeden eine gute große Schwester sein zu wollen, oder waren da mehr Gefühle im Spiel? Er konnte es nicht einschätzen, doch hoffte er, Tracy würde in Furah vielmehr ein schwieriges Kind als einen Mann sehen. Schließlich behandelte sie Lyze ebenfalls wie einen Bruder.

„Dome-was?“, Siri sah Avrial mit einer hochgezogenen Augenbraue an, sodass dieser schmunzeln musste: „Sie will ihn stubenrein machen, wenn man das so sagen darf.“

Er fügte hinzu: „Gesellschaftstauglich.“

„Oh.“, wieder begann Siri, in ihren Kuchen zu stochern: „Sag mal Avrial, bist du wütend auf Tracy, weil sie mit Furah geschlafen hat?“

„Was? Nein-“, sanft schüttelte er den Kopf: „Ich mache mir einfach vielmehr Sorgen um sie. Sie hat jemand besseres verdient, soviel ist sicher.“

„Noch dazu würde es wohl einige Probleme geben, wenn sie und Furah wirklich zusammen kämen.“, Lyze senkte leicht den Kopf: „Zwar könnte Tracy ihn vielleicht im Zaun halten, das ändert jedoch nichts, dass ihr beide verfeindet seid und er eine Gefahr darstellt.“

„Stimmt.“, Avrial nippte erneut an seinen Tee: Der Gedanke bereitete ihn deutliches Unbehagen. Schließlich konnte er nicht auf die Gefühle von Tracy Rücksicht nehmen – Furah war gefährlich, ob verliebt oder nicht.

Es bedeutete auch, dass er ihr die gleichen Schmerzen bereiten musste, die er durch den Tod seiner Frau erfahren hatte.

Er würde ihr die wichtigste Person nehmen, wenn er Furah tötete. Tracy würde es ihn sicherlich nicht verzeihen und er sie als Freundin verlieren. Es war ein bitteres Ende, genoss der Arcaner doch die Gesellschaft der jungen Sängerin.

„Das ist gemein...“, halblaut sagte Siri dies, ehe sie hinzufügte: „Wobei ich mir gar nicht vorstellen kann , wie Furah und Tracy als Paar wären-“

Heftig schüttelte sie den Kopf und streckte anschließend die Zunge heraus: „Zum Glück hat sie uns mit den Details verschont!“

„Wir können nur sehen, wo genau die Liebe hinfällt und auf Tracy Acht geben.“, Avrial stellte seine Tasse auf den Tisch, war sie doch leer: „Letzten Endes entscheidet sie selbst, wen sie liebt, nicht wir.“

Der Arcaner hoffte sehr, seine Freundin würde sich richtig entscheiden. Anderenfalls blieb ihn keine andere Wahl, als Furah wirklich zu töten. Der Dunkelmagier würde damit ein für alle Mal niemanden mehr Schaden zufügen können. Besonders nicht in der Liebe.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ireilas
2012-12-09T22:05:02+00:00 09.12.2012 23:05
Wohoo, ich hab noch ein Kommi geschafft :D

Gleich mal als erstes, da ich nicht weiß, ob ich meine Reaktion bei diesen fünf Wörtern morgen noch einmal nachstellen kann:
Es war ein "Ahhh" in höherer Tonlage, während ich rechts Seitlich neben den Laptop kippte, meine Hände schwang und dabei fast damit kämpfen musste, nicht von der Bettkante zu fallen. xD

Es ist okay, es war ein positiv Überraschtes "Ahhh"! xD

Lieblingsstelle:
„Selbst ich habe es noch nie geschafft, Lyze und Avrial gleichzeitig derart aus dem Konzept zu bringen.“

Ich kann mir die Szene so richtig geil vorstellen, wie Lyze sofort an dem Kuchen fast erstickt und zur selben Zeit die Tasse von Avrial klirrt xDD

Daaaaaa-aaawww <3

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(Um auch etwas gescheites zu schreiben)

Von wegen, du triffst Avrial schlecht. Er würde wohl haargenauso reagieren! Bzw. vielleicht sogar aus dem Rahmen fallen xD
Nein, ehrlich, ich konnte mir alle Charaktere und damit die gesamte Geschichte richtig gut vorstellen ^^

PS: Es ist lustig, wie du dich in Details verlierst :D
Ich mag das. ^-^ Ist nämlich auch sehr gut für Leser, die keine Ahnung von irgendwas haben. :)

Das macht neugierig auf die Nacht zwischen den beiden. Doch will ich wirklich alles wissen? Jedes kleinste Detail? xD°
Ich weiß es echt nicht xD

*Sunny knu und Inspirations-Topf da lass*
Setz dir das aufm Kopf, das hilft. c:



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