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Strange World

von

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Dort wo ich sein will

Meine Knie zitterten noch immer, als ich mit meinen Eltern in der Küche sitzend zu Abend aß. Na ja vielmehr aßen sie, ich starrte nur auf meinen Teller Suppe. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie mich meine Mutter besorgt musterte.
 

"Misosuppe, Sora.", meinte sie aufmunternd. "Die magst du doch so gern." Ich schluckte. Im Moment mochte ich gar nichts. Ich wollte nur schreiend durch diese Welt voller Ungerechtigkeit laufen und alles verfluchen. Mein Traum war vor nicht allzu wenigen Stunden geplatzt. In Frankreich gab es keinen Platz für mich, keinen Platz für meine Kreativität, Leidenschaft und Zukunft. Man hatte mich ausradiert wie eine Skizze auf dem Zeichenbrett, mich behandelt, als existiere ich gar nicht. Noch immer sah ich das betroffene Gesicht meiner Ansprechpartnerin vor meinem geistigen Auge, als sie mir mitteilte, dass der nächste Flieger mich nicht nach Paris, sondern zurück in meine Heimat bringen würde. Da wo ich doch erst mühsam hergekommen war.
 

Und dennoch ein Teil in mir war sogar erleichtert. Ich wäre nicht drei Jahre von Matt und all meinen Freunden und meinen Eltern getrennt. Aber ich hatte mich ja nicht in Paris beworben weil ich Langeweile hatte. Das war schon ein riesen Traum in der Modemetropole zu studieren. Und es war so ein langer Weg gewesen. Wie lange ich an meinem Portfolio gearbeitet hatte... Woche um Woche waren Unmengen an Papier, Stifte, Schweiß und Tränen in dieses Heft gegangen. Und wofür? Dafür das man mich am Ende einfach aus dem Studiengang strich.
 

Mein Vater, seines Zeichens selbst Dozent, war fuchsteufelswild gewesen, als ich es irgendwie geschafft hatte ihn zu erreichen. Noch ehe ich ins Flugzeug zurück nach Japan stieg, hatte er im Selbstversuch bei der französischen Universität angerufen, um sich in meinem Namen zu beschweren. Denn man hatte mich nicht nur einfach aus dem Studium gestrichen - man hatte das Geld für meine Studentenunterkunft sowie den ersten Teil der Studiengebühren herzlichst vom Konto meines Vaters abgebucht und einbehalten. Das alles erzählte mein mir mein sonst so ruhiger Vater auf dem Weg nach Hause, nachdem ich es tatsächlich geschafft hatte irgendwie diesen erneut langen Flug zu überstehen und in den Armen meiner Mutter zusammen zu brechen. Im Auto hatte sie sich zu mir nach hinten gesetzt um meine bebenden Hände gehalten, während ich einfach stumm vor mich hin weinte. Immer wieder strich sie mir sie Haare aus dem Gesicht.
 

"Ich verspreche dir, das wird sich alles aufklären, Sora.", meinte mein Vater uns riss mich aus meinen trüben Gedanken. Die Suppe vor mir war bestimmt längst kalt, aber das war mir egal. Demonstrativ schob ich sie von mir weg, was meine Mutter mit einen enttäuschten Schnauben kommentierte. Ich zuckte nur mit den Schultern.
 

"Was solls...", meinte ich, und spähte auf die Uhr die über der Wohnzimmertür hing. 20 Uhr. Meine Eltern bemerkten beide meinen Blick.
 

"Du willst doch nicht wirklich zu dieser Party?", fragte meine Mutter, wobei es eher nach einem Verbieten dieser Aktion ihrerseits klang. Erneut zuckte ich mit den Schultern. Von der Feier zu Matts Geburtstag, in den die anderen reinfeierten, hatte ich meinen Eltern noch im Auto berichtet. Wie ich das geschafft hatte, war mir ein Rätsel. Auch wie ich es schaffte noch am Flughafen verzweifelt meinen Freund anzurufen und am Ende mit seinen Bruder fast eine halbe Stunde telefoniert hatte, als meine Mutter mit mir in der Halle sitzend darauf wartend, das sowohl ich als auch mein Vater sich beruhigt hatten. Meine Mutter hielt es für eine absolute Zumutung mich auf die Party zu lassen. Mein Vater wiederum war sich noch unschlüssig.
 

"Du hast zwei ellenlange Flüge hinter dir, Kind. Du solltest dich etwas hinlegen. In den letzten zwei Tagen ist zu viel auf dich eingeprasselt. Findest du nicht, du hast jetzt Ruhe verdient?“ Ich wusste, sie meinte es nur gut. Und ich wusste sie hatte recht. Und so froh ich auch darüber war, dass ich wieder unter die schützenden Flügel meiner Eltern untergekommen war, und sie mir um jeden Preis helfen würden, dass ich aus dieser Situation heil herauskam. Dafür liebte ich sie sehr. Aber mein Herz schrie einfach nur ohrenbetäubend laut nach Yamato. Ich wollte einfach wieder mein Gesicht in seine Halsbeuge vergraben, seinen wunderbaren Duft einatmen und seine melodische Stimme sagen hören, dass alles gut werden würde. Egal, ob er selbst daran glaubte. Ich wollte das er mich festhielt. Denn ich hatte gerade das Gefühl auseinander zu brechen. Und das konnte mein Vater nicht durch einen Anruf bei seinen Kollegen wett machen.
 

„Ich muss deiner Mutter zustimmen Sora...“, sagte er und legte seinen Arm um mich, als er seinen Stuhl um den Tisch rückte, um mir näher zu sein. Ich ließ den Kopf hängen, weil ich vermutete, dass er jetzt entgültig auf ihrer Seite war. Dabei war ich mir zugegebenermaßen selbst nicht sicher, ob das eine gute Idee war.
 

„Du kannst ihm doch morgen schreiben!“,schlug meine Mutter vor, sehr davon angetan, dass mein Vater ihr vermeintlich den Rücken stärkte. Meine Hände knetend sah ich zu ihr auf, und konnte ihr Mitgefühl spüren. Sie meinte es gut, ich wusste das.

„Aber... das ist nicht dasselbe... Ich kann jetzt eh nicht schlafen...“, entgegnete ich, wenn auch mit schwacher Stimme. Ich war wirklich fertig. Allein der Hinflug nach Moskau, meinen eigentlichen Zwischenstopp, hatte mich sowohl körperlich als auch nervlich bis an meine Grenzen getrieben. Zumal ich den halben Flug vor mich hin geweint hatte. So sehr mein Herz auch schrie, genauso sehr schrie mein Körper nach einem Bett. Meine Kraftreserven wurden in den letzten 48 Stunden wirklich ausgeschöpft. Doch ich wusste, wenn ich nicht hingehen würde, würde ich es bereuen. Er war mein Freund. Und ich musste doch die Erste sein, die ihm gratuliert. Oder? Okay, ignorieren wir den Fakt, dass ich das auch nicht hätte tun können, wenn ich in Frankreich wäre.
 

Mein Vater streichelte mir über die Schulter. „Du bist alt genug um zu entscheiden, was du tun und lassen willst.“, sagte er im Aufstehen und kassierte auf seinen Weg zum Kühlschrank einen unfassbar bösen Blick von meiner Mutter. „Aber bitte erwarte nicht von uns, dass wir das verstehen geschweige denn unterstützen.“ Seine Stimme verriet, dass er alles andere als begeistert war. Ich ließ überfordert mein Gesicht in meine Hände fallen. Meine Eltern hatten ja Recht. Selbst Matt hielt mich bestimmt für verrückt, wenn ich in meinem Zustand auf eine Party ginge. Was tat ich mir und allen um mich herum nur an? Würde ich nicht auch die Stimmung auf der Party vollkommen verderben, wenn ich, müde und abgekämpft, dort auftauchen würde? Dennoch plagte mich das schlechte Gewissen: Matt war nicht der Erste gewesen, der von meinem Drama erfahren hatte. Wenn ich jetzt bis morgen wartete, und ihm dann erzählte, dass ich schon seit heute wieder da war... wäre er dann nicht unfassbar wütend? Oder hätte er Verständnis? Ach man, wieso konnte nicht einmal etwas einfach sein?
 

„Ich kann doch nicht nicht hingehen...?“, murmelte ich vor mich hin, total verzweifelt. Meine Müdigkeit trübte meine Gedanken. Und dennoch überzeugten mich meine Gefühle zu Matt, dass es eine gute Idee sei, vorbeizugehen. Ich musste Matt sehen, und wenn ich in seinen Armen zusammenbrechen würde. Dann wäre ich jedenfalls in den richtigen gelandet.
 

Meine Mutter schien meinen Gedankengang zu verfolgen, denn sie stand nun hinter mir und umarmte mich. „Auf deinen jungen Schultern lastet im Moment unfassbar viel Leid. Und ich kann nachvollziehen, dass Yamato wohl der Einzige ist, der dir Kaft geben kann. Wir haben verstanden, dass wir dir auf dieser Ebene nicht helfen können. Aber bitte versteh du auch, dass wir uns um dich ernsthaft sorgen. Wir sind deine Eltern und lieben dich..“, sagte sie liebevoll und ihre wärmenden Arme umschlossen die zitternde Leere in mir, die sich durch die Ereignisse der letzten Tage gebildet hatte. Tränen stiegen mir in die Augen bei den Worten meiner Mutter. Sie klang so traurig, als sie sagte, dass nur Matt mich glücklich machen könnte. Es tat weh, dass es ihr offenbar schwer fiel mich los zulassen. Ich griff nach den Armen meiner Mutter.
 

„Ach Mama... Das weiß ich doch....“ Sie drückte mich fester, während mein Vater zurück an den Tisch kam und sich herüberbeugte.
 

„Kann ich davon ausgehen, dass du bei Yamato unterkommst, oder muss ich dich heute Nacht wieder bei Taichi abholen?“, wollte er wissen, und erhielt sowohl von mir, als auch von meiner Mutter einen verwunderten Blick. Meinte er das ernst? Mein Vater würde mich wirklich zu der Feier fahren?Mein Puls begann sich zu beschleunigen, meine Mutter schien das zu bemerken und sah mich besorgt an.
 

„Haruhiko! Das kannst du doch nicht einfach tun!“, rief sie aufgebracht, und löste ihre Umarmung. Es fühlte sich beinahe so an, als würde sie mich alleine lassen. Aber sie verteidigte lediglich ihre Position. Ich sah meinen Vater prüfend an. Seine Mimik verriet ihn, er machte sich große Sorgen um mich. Aber er schien genauso zu denken wie meine Mutter – Matt jetzt zu sehen, würde mir den benötigten Frieden geben, den ich brauchte, um wieder klare Gedanken fassen zu können. Auch wenn ich dafür wohlmöglich noch mindestens 12 Stunden Schlaf drauf rechnen musste. Er lächelte, ebenfalls müde von den ganzen Strapazen.
 

„Wir können ihr schlecht verbieten, ihrem Freund zum Geburtstag zu gratulieren...“, begann er und winkte mich zu sich. Schwerfällig aber aufgeregt erhob ich mich, um in einem der Koffer, die in der ganzen Wohnung verstreut standen, eine kleine Tasche für ein paar Kleinigkeiten zu finden. Meine Mutter hielt mich kurz am Ärmel fest, ließ dann allerdings los und gab offensichtlich auf.
 

„Wenn Sora zusammenbricht, sprech ich nie wieder mit dir!“, zischte sie meinen Vater an und polterte wütend mit den Tellern des Abendessens rüber zur Spüle. Ich biss mir auf die Unterlippe, als ich aus einem großen grünen Koffer meine Lieblingstasche zog. Sie war gelb, wie so vieles meiner Sachen, hatte aber die optimale Größe für mein Handy, Portmonnaie und Krimskrams. Wer sich an dieser Stelle fragt, ob ich nicht auch ein Geschenk für Matt hatte, den kann ich beruhigen. Na ja so halb zumindest. Ich hatte Taichi mit der heiligen Aufgabe betreut, mein Päckchen für Matt aufzubewahren und ihm an meiner Stelle zu geben. Nun da ich jetzt ja doch da war, konnte ich es ihm selbst geben. Sofern Tai es nicht vergessen hatte, wofür ich ihn höchstpersönlich über das Knie legen würde – hätte ich die Kraft dazu.
 

Das Klimpern des Schlüssels meines Vaters verriet mir, dass er bereits fertig war. Nervös lief ich rasch ins Badezimmer, um mich frisch zu machen. Als ich mein blasses Gesicht im Spiegel sah, bekam ich fast einen Herzstillstand. In meinem ganzen Leben hatte ich noch nie derartige Augenringe gehabt, meine orange-roten Haare standen mir in alle Richtungen ab, und meine Augen waren vom vielen Weinen und der Müdigkeit rot und verquollen. Das grelle Licht der Neonröhre oberhalb des Spiegels verstärkte mein kränkliches Aussehen natürlich noch ums dreifache. Ich sah zum ersten Mal wirklich so aus, wie einen die Spiegel in Umkleidekabinen immer aussehen ließen. Nicht mal Mimi konnte mich jetzt retten, fürchtete ich, rückwärts gegen die geflieste Wand stolpernd. Noch nie in meinem Leben hatte ich mich so sehr über mich selbst erschrocken. Meine Hände wanderten ungläubig meine Wangen entlang, befühlten die geschwollenen Lider. Das meine Eltern mich als ihre Tochter identifizieren konnten, war mir ein Rätsel. Ich sah nicht aus wie Sora.
 

Mein Vater klopfte und öffnete ohne auf eine Antwort zu warten die ohnehin nicht geschlossene Tür. Er räusperte sich um mich aus meiner Starre zu wecken. Mit wenig Erfolg.
 

„Wollen wir los? Es wird mir sonst allmählich zu spät, Schatz...“, sagte mein Vater ohne meinen Schock wirklich ernst zu nehmen. Oder vielleicht tat er es doch und das war alles nur ein Trick um mich Zuhause zu behalten. Mit aufgerissenen Augen sah ich ihn an.
 

„Das geht nicht...“, hauchte ich und bemerkte, wie meine Sicht verschwamm. Es tat weh mich so zu sehen, zu erkennen, wie geschafft ich mich nicht nur fühlte, sondern es jeder sehen konnte, wie sehr mich die letzten zwei Tage zerbrochen hatten. Wenn ich etwas hasste, dann meine Verletzlichkeit preis zu geben. „Ich kann doch so nicht gehen...“
 

„Ach Sora...“ Mein Vater seufzte und verschwand, nur um wenige Sekunden später meine noch immer wütende Mutter durch die Tür zu schieben. Zunächst noch sich wehrend erkannte sie schnell, in welcher Situation ich steckte, als sie mich im hellen Licht unseres Badezimmers sah. Anscheinend war ich nicht die einzige gewesen, der erst jetzt bewusst wurde, wie schlimm es um mich stand. Meine Mutter verlor jegliche zornige Mimik und sah mich mitleidig an. Mit ihrem Handrücken strich sie über meine Wange, als mein Körper sich gerade dazu entschlossen hatte, die letzte Kraft zu nutzen und das übrige Wasser aus meinen Tränendrüsen zu quetschen.
 

„Mein armes Mädchen...“, flüsterte sie und drückte mich fest an sich, so als ob sie nun verstand, wie wichtig es mir war, Matt noch zu sehen. Und das ich darunter litt, dass es mir kaum möglich war. So wie ich aussah und mich fühlte. Schluchzend presste ich mich gegen meine Mutter.
 

„Sora? Dein Handy vibriert ganz laut!“, rief mein Vater aus der Ferne und unterbrach die innige Umarmung mit meiner Mutter. Wir lösten uns voneinander und sie schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln. Ich wischte mir nur die Tränen aus dem Gesicht während meine Mutter einen unserer Badezimmerschränke öffnete, in welchem sie ihre Kosmetika aufbewahrte. Ich hatte bei Weitem nicht so viel wie sie, nicht nur, weil ich mich nicht sonderlich dafür interessierte. Auch weil es gerade meine Mutter nicht gern sah, wenn ich mich mit Make-Up zu kleisterte.
 

„Dann wollen wir doch mal schauen, wie wir den Trauerschleier aus deinem Gesicht kriegen und meine hübsche Tochter wieder rauskitzeln!“, sagte sie und entlockte mir so ein schwaches Lächeln.
 

„Echt? Dein Make-Up, Mama?“, entgegnete ich spitz, was sie zum lachen brachte. Sie sammelte einiges aus ihren Kästchen zusammen und bedeutete mir mich hinzusetzen.
 

„Ich weiß, ich weiß. Normalerweise heiße ich es auch nicht gut. Aber heute machen wir eine Ausnahme. Matt soll schließlich keinen Herzinfarkt bekommen, wenn...“ Sie stoppte mit ihrem Satz, weil sie merkte, wie gemein das klang. Aber ich konnte es ihr nicht verdenken.
 

Meine Mutter brauchte einiges aus ihren Kästchen und Tübchen um aus mir wieder einen Menschen zu machen. Zuvor hatte sie mich allerdings noch unter die Dusche gestellt. Eine unfassbar entspannende Idee, wie sich herausstellte. Als sie mit meinen Gesicht fertig war half sie mir mit etwas Haarspray zu einer normalen Frisur. Mich im Spiegel betrachtend begann ich tatsächlich wieder zu lächeln. Ich sah dank ihr wieder aus wie ein Mensch, den man tatsächlich unter andere Menschen lassen konnte.
 

„Denk nur dran, dich nicht zu sehr an Matt zu drücken, wenn du ihn siehst. Der Junge trägt immer so viel Schwarz... Nach deiner Umarmung hat er beige Klamotten!“, betonte meine Mutter und wollte gerade das Badezimmer verlassen, doch ich hielt sie am Arm fest und schlang meine Arme um sie. Sie gab ein überraschtes Geräusch von sich.
 

„Danke Mama...“, flüsterte ich und erntete ein Seufzen, während sie mir sanft über den Kopf strich.
 

„Wenn es dich glücklich macht...“
 


 

Mein Vater hielt vor dem Wohnblock in dem Kari und Tai wohnten, dem heutigen Ort des Geschehens. Während der Fahrt hatte mein Vater mir einen Vortrag darüber gehalten, was er und seine Mutter darüber dachten, was ich tat. Allerdings hatte ich nur halbherzig zugehört und stattdessen mit Kari geschrieben.
 

„Weißt du schon, ob du wirklich kommen willst?“, hatte sie anfangs geschrieben, das Vibrieren, dass mein Vater noch Zuhause vernahm.
 

„Ja. Dank meiner Mutter werde ich auch aussehen wie ein Mensch. Schätze ich bin so gegen 22 Uhr da. Muss mich noch restaurieren.“, schrieb ich zurück bevor wir losgefahren waren. Es war mittlerweile sogar schon kurz vor elf, weil meine Mutter mir kurz vor der Abfahrt noch empfahl frische Kleidung anzuziehen.
 

„Wo bleibst du? Muss ich mir Sorgen machen? Sitzen auf heißen Kohlen!“ Kari hatte zuvor in einem langen Text geschrieben, dass nicht nur Matt keine Ahnung hatte, sondern auch Tai keinen Schimmer hatte, dass ich quasi vor der Tür stand. Das machte mich nur noch nervöser.
 

„Entschuldige! Ich stehe gleich vor der Tür.“, schrieb ich während mein Vater seufzend aufgab mit mir zu reden.
 

„Ich geh dann jetzt...“, sagte ich und schaute ihm durch die Dunkelheit des Wagens an. Ich sah ihn schwach lächeln.
 

„Wenn ich nichts von dir höre, gehe ich davon aus, dass du bei Matt untergekommen bist...“, entgegnete er, küsste meine Stirn und entließ mich in die kühle Frühlingsnacht. Auf schwachen Beinen machte ich mich auf den Weg in das Gebäude mit den 16 Etagen. Der Fahrstuhl kam sofort, denn um diese Zeit waren nur noch wenige Bewohner unterwegs, trotz dessen, dass es Wochenende war. Mit klopfendem Herzen drückte ich die gewünschte Etage, Nummer 8, und wartete ungeduldig darauf, dass der Fahrstuhl sich in Bewegung setzte.
 

„Matt wird sich freuen.“, schrieb mir Mimi und ich musste lächeln. Würde er das? Bestimmt.
 

„Alle warten gespannt auf dich!“, kam von Joey mit einem Foto im Anhang, dass Davis gerade dabei zeigte, wie er versuchte mit drei Orangen zu jonglieren. Alle lachten. Matt auch.
 

Hibbelig stieg ich aus dem Fahrstuhl, der nun endlich die richtige Etage erreicht hatte, und ging die letzten Meter zur Wohnung der Yagamis. Es kam mir fast vor wie in Zeitlupe, doch gleichzeitig fühlte mich noch nicht bereit. Einige Minuten vergingen, ich lief vor der Tür herum als wüsste ich nicht mehr, wie man klopfte. Kurz verlor ich einen Gedanken ans Gehen, nahm dann all meinen Mut zusammen und.... klingelte. Panik brach in mir aus, ich wollte fliehen aber es gab kein Zurück mehr. Schritte hinter der Tür verrieten mir, dass es gleich soweit war. Jemand würde öffnen und mich geschockt ansehen. Noch konnte ich fliehen...
 

„Oh mein Gott Sora!!!“, schrie mir Tais kleine Schwester entgegen, als ich gerade fluchtartig Richtung Fahrstuhl zurücklaufen wollte, blieb stehen und wurde von ihr stürmisch umarmt. Sie kicherte und hüpfte vor mir auf und ab, als wäre ich Jahre weggewesen, und nicht zwei Tage. Langsam begriff auch mein Gehirn, dass ich tatsächlich vor ihr stand und dass das hier real war. Das ich den Geburtstag meines Freundes live erleben würde.
 

„Jaa... Sora... yay..“, brachte ich raus und linste über Karis Schulter in die verwunderten Gesichter meiner Freunde. Na ja eigentlich waren nur zwei wirklich ernsthaft verwundert, während die anderen zwischen heulen und grinsen hangen. Kari zog mich in die warme Wohnung, in welches es sich bei gedimmten Licht und leiser Musik alle auf den Sofas gemütlich gemacht hatten. Neben Knabberzeug waren diverse Becher und Getränke verstreut.
 

Ich zitterte wie Espenlaub vor Aufregung, als Mimi heulend auf mich zu rannte und mich halb tot drückte. Meine Aufmerksamkeit galt allerdings nicht ihr, vielmehr war ich auf der Suche nach dem Mann, den ich meinen Freund nannte. Ich fand den großen Blonden mit heruntergeklapptem Unterkiefer, und einem Glas fallen lassend in der Ecke des Wohnzimmers. Offensichtlich war er kurz draußen gewesen, denn die andere Hand schloss gerade die Balkontür.
 

„Und Nummer vier...“, hörte ich Takeru hinter Kari flüstern hören, konnte damit aber nichts anfangen, anschließend Mimi von mir pulend um zu umarmen. Nach einander ließ ich jeden seine Freude über mein Wiederkehren an mir auslassen, starrte weiterhin wie in Trance Matt an, der sich nicht einen Schritt bewegte, geschweige denn atmete. Zumindest wirkte es so.
 

„Du... was...“, stammelte er, wurde allerdings durch Tai unterbrochen der mit einem lauten Knall auf den Fußboden von seiner Position auf der Couch aufstand und mich ansah, als wäre ich der Staatsfeind Nummer eins. Doch das interessierte mich herzlich wenig. Matt und ich sahen uns einige Sekunden an, ehe mein Freund wie aus der Pistole geschossen auf mich zu rannte, mich in seine Arme schloss und fest an sich drückte. Ich tat es ihm gleich, sog seinen süßlichen Duft ein und fühlte mich beinahe wie benebelt, als ich meine Nase in seine Halsbeuge vergraben konnte.
 

„Sora?“, quiekte Tai und konnte auch nicht recht die richtigen Worte finden.
 

„Du bist hier...“, hauchte mir Matt ins Ohr und ich gab nur ein zustimmendes Geräusch von mir. Er wiederholte diesen Satz mehrfach, offenbar konnte er nicht ganz realisieren, dass ich es wirklich war. Aber ich konnte es ihm nich verübeln. Mir ging es genauso.
 

„Kann mich vielleicht mal jemand aufklären, während die beiden sich auffressen?“, zischte Tai aus dem Off. Wieder ignorierte ich es. Ich hatte was ich wollte.
 

„Sora bleibt hier, Tai.“, fasste Joey mit fröhlicher Stimme in einem Satz zusammen, woraufhin alle anderen mit einem lauten „Hurra“ die Gläser klingen ließen. Von Tai kam nur ein perplexes „Häääää?“, was alle anderen zum Lachen brachte.
 

Matt löste sich leicht aus unserem Knoten, sah mich an und umfasste mein Gesicht mit seinen warmen Händen. Sofort verlor ich mich wieder in dem tiefen Blau seiner Augen, die mir so voller Liebe entgegen blickten. Er lächelte glücklich wie schon lange nicht mehr. Mein Herz machte einen Sprung bei dem Gedanken, dass ich Matt mit meinem nicht Abreisen nach Europa eine unfassbare Last von den Schultern, oder vielmehr vom Herzen, genommen hatte. Er küsste mich kurz aber sanft.
 

„Du gehst nicht weg?“, fragte er und in seinem Gesicht bemerkte ich, dass ihm langsam bewusst wurde, dass mein Erscheinen ja auch einen Grund haben musste. Ich nickte und bekam ein verwundertes Hochziehen seiner Augenbrauen als Antwort.
 

„Lange Gesichte...“, fing ich an, und sah an meinem Freund vorbei in die Runde. Jeder schenkte mir ein verständnisvolles Lächeln. Alles was ich nach all dem Scheiß brauchte, war genau hier. Mein Freund und meine Freunde, die alles dafür tun würden, dass wir eine super Zeit haben würden.
 

Ich sah zu Matt auf. Er schien zu verstehen, dass es nicht der richtige Moment war, das jetzt auszudiskutieren, und schien es dabei belassen zu wollen. Er würde alles erfahren, aber nicht jetzt.
 

„Im Moment ist nur eine Person wichtig“, sagte ich und linste auf die Uhr meines Handys. 0:00 Uhr. Hier hatte jemand die 19 geknackt. Ich grinste. „Happy Birthday, Matt“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  dattelpalme11
2015-10-18T10:53:11+00:00 18.10.2015 12:53
Soo, hier bin ich wieder :D
Ich glaube, meine Kommentare werden heute irgendwie verwirrend xD Bin zu überdreht :D
Aber gut, ich versuche mich zusammenzureißen und fokussiere mich ganz auf Sora :3
Sie tut mir echt unheimlich leid :( Aber sowas kommt echt öfter vor, als man denkt. Etwas ähnliches ist ner Freundin von mir passiert, die alles allerdings schon vor ihrer Abfahrt gecancelt hat o.O
Es ist echt süß, wie sich ihre Eltern um sie sorgen, aber ich glaube mir wäre es als Elternteil auch nicht so recht, dass das Kind gleich wieder auf ne Party verschwindet, wenn es so einen Jetlag hinter sich hat o.O
Aber gut, ich verstehe auch Sora, die Matt unbedingt sehen will :/
Das alle verwirrt sind, kann ich verstehen, aber ich würde jetzt auch nicht alles erklären wollen :D Ich denke es ist gut, das Sora jetzt bei Matt ist <3
Soo ich hüpfe weiter :D


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