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Der Engel und der Vampir

oder: Nur ein harmloser Flirt?
von

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Leonie hatte mich überredet mitzukommen. Es war im Grunde eine öde Party, wie ich fand. An Halloween sollte man nicht nur rumstehen und etwas trinken oder seelenallein auf der Tanzfläche herum hüpfen. Die wenigsten hatten sich überhaupt die Mühe gemacht sich zu verkleiden. Dabei war das doch der Sinn bei Halloween, oder irrte ich mich da etwa? Es war schrecklich.

„Lass uns gehen, Leo. Ich hab besseres zu tun als hier rum zu gammeln“, meinte ich genervt und zog an ihrem Ärmel. Im Grunde waren wir fast die einzigen Verkleideten. Sie sollte ein Cowgirl darstellen, ich einen Engel. Allerdings wirkte das unter diesen Leuten mehr als nur lächerlich. „Draußen wird mehr los sein.“

Doch wie immer blieb Leonie stur. „Wir sind doch noch gar nicht so lange hier. Wird sicher noch besser.“ Nicht so lange hieß im Grunde zwei volle Stunden. Und ich kann nicht behaupten, dass seither viel geschehen ist. Aber ich wusste ja, weshalb Leonie nicht weg wollte.

Frank. Ihr ach so toller Schwarm, der seit einer Ewigkeit im Keller verschwunden war. Es war Franks Party – bei ihm zu Hause. Seine Eltern waren ausgeflogen. Eine Party hatte sich also wirklich angeboten. Aber in der Hinsicht, was für eine Party das nun geworden war…ich hätte auf jeden Fall verzichtet, wenn ich davon gewusst hätte. Überhaupt war es ja allein Leonies Schuld, dass ich hier war. Hoffentlich würde es dafür wenigstens mit Frank klappen. Ich wollte nicht umsonst hierher gekommen sein.

Also schob ich Leonie in Richtung Flur. „Du gehst jetzt zu ihm. Keine Widerrede, meine Liebe.“ Schon war ich wieder im Wohnzimmer angelangt und mischte mich unter das ziemlich mickrige Volk. Wie sollte man sich bitte „verstecken“, wenn kaum eine Menschenseele da war?

Das war aber auch kein Problem. Dann würde ich eben ein wenig Luft schnappen gehen. Und draußen war ich sicherlich ungestörter als hier.

Ich schob mich also durch die Menschenmasse, die merkwürdigerweise Richtung Terrassentür eine Versammlung zu halten schien, und schaffte es endlich ins Freie.

Diese ganze Versammlung war schon etwas für sich, eigenartig. Ich kannte eigentlich niemanden bis auf Leonie – und Frank, aber ihn kannte ich ja auch nur vom Hören und Sehen.

Seufzend ließ ich mich auf einer Schaukel nieder, die etwas weiter im Schatten stand. Zum Glück hatten Franks Eltern einen etwas größeren Garten. Da war man wenigstens ungestört.

Ich kannte so viel bessere Orte, wo ich jetzt sein hätte können. Meine Schwester zum Beispiel hatte unsere Eltern überredet bei uns auch eine Party zu geben, aber Leonie, die Spielverderberin, musste mich natürlich von dort weglocken. Ich war wirklich sauer, aber das musste ich ihr ja nun auch nicht auf die Nase binden. Hauptsache sie hörte dann vielleicht endlich auf mich mit Frank zu nerven. Die Möglichkeit bestand.

„Ah, dich schickt wohl der Himmel“, hauchte mir jemand plötzlich ins Ohr und ich fuhr zusammen. Ich hatte keine Schritte ausmachen können, noch einen Atemhauch, als er sich zu mir vorgebeugt hatte. Ich drehte mich langsam um und blickte vorsichtig in zwei rabenschwarze Augen. Konnte das sein? Augen hatten doch immer eine bestimmte Farbe, ganz sicher nicht schwarz.

Ich musste ihn wohl ziemlich perplex angestarrt haben, denn er meinte: „Nun sei doch nicht so schüchtern. Selbst wenn Engel nichts mit uns Schurken zu tun haben sollten.“ Er zwinkerte mir zu. Erst jetzt fiel mir sein Kostüm auf – und dass er überhaupt eins trug, was ihn in meiner Wertung deutlich steigen ließ. Er wollte eindeutig einen Vampir darstellen. Das hatte er auch sehr gut hinbekommen. Blass war er, ein wenig konnte man seine Augenringe erkennen, seine Zähne wirkten fast schon wie echt. Seine Kleidung war dafür mehr im Smoking. Er wollte wohl keinen 0815-Vampir mimen. Was mich etwas irritierte war, dass er tatsächlich bildschön war. Es hieß ja immer, dass Vampire einfach nur himmlisch aussahen – wobei, wahrscheinlich würde er behaupten, dass ich das sei, wenn er meine Gedanken hätte hören können. Jedenfalls…er sah einfach nur göttlich aus. Und ich habe bereits viele Jungen gesehen. Kein einziger könnte mit ihm mithalten, eindeutig. Aber sein Aussehen zählte ja nicht.

Ein Seufzen entfuhr ihm. „Ihr Engel seid wirklich nicht leicht herumzukriegen.“

Ich blinzelte irritiert und verdrängte dann meine Gedanken. „Tut mir Leid“, meinte ich schuldbewusst und grinste ein wenig. Warum sollte ich mich nicht einfach auf dieses Spiel einlassen? Er schien mit mir flirten zu wollen. Das konnte er gerne bekommen. Endlich mal ein Highlight auf dieser Party!

„Ah, die Dame lässt sich wenigstens dazu herab mit mir ein paar Worte zu wechseln. Ich fühle mich geehrt.“ Er verneigte sich ein Stück vor mir und lächelte mich dann charmant an.

Er hatte etwas Verbotenes an sich, aber das war mir egal. Und wenn er nicht wie der brave Nachbar von nebenan aussah, er war charmant, verstand sich darin zu flirten und sah verdammt gut aus. Da wäre jedes Mädchen schwach geworden. Warum meine Wenigkeit also nicht?

„Darf ich bitten?“ Er streckte mir die Hand entgegen. Wieder starrte ich ihn erst mal nur dämlich an, bis ich – hoffentlich – begriff. Was wollte überhaupt jemand wie er von jemandem…wie mir?

„Äh, klar, klar…natürlich“, brachte ich mühsam zusammen, ergriff seine Hand und stand auf.

Ein paar Momente lang blickte er mich nur an, dann legte er seinen linken Arm um meine Taille und hielt unsere Hände auf Augenhöhe, um einen Langsamen Walzer anzustimmen.

Ich gebe zu, ich war mehr als nur verwirrt. Da kommt ein verdammt gut aussehender, charmanter Typ zu MIR und will Walzer tanzen? Sehr eigenartig, aber ich wollte mich ja nicht beschweren. Wann hatte ich schon mal wieder die Gelegenheit? Frank und Leonie waren längst in Vergessenheit geraten.

„Du riechst gut“, meinte er nach einiger Zeit, in der wir einfach nur im Kreis tanzten. Ich konnte kaum klar denken. Seine Stimme war wie eine Droge, sie benebelte mich total. Als hätte er eine Ausbildung darin gemacht wie er jemanden allein mit dem Klang seiner Stimme verrückt machen konnte. Hoffentlich wurden meine Knie nicht weich. Das wäre wirklich eine schöne Blamage.

„Äh…“, raffte ich nach einer weiteren Schweigepause Mut zusammen, „wie…wie heißt du denn?“ Ja, es war eine furchtbar dumme Frage. Aber was hätte ich sonst sagen sollen? Und so fand ich wenigstens etwas über diesen wundersamen, fremden heraus. Konnte ja nun nicht schaden.

Ich hörte nahezu wie er schmunzelte, mein Blick war auf den Mond über uns gerichtet. Es war nicht Vollmond, aber meine Güte. Man konnte ja nicht alles haben und romantisch fand ich es persönlich trotzdem.

Doch anscheinend wollte er, dass ich ihn ansah, denn er nahm seinen Arm von meiner Taille und umfasste mein Kinn, so dass ich ihn ansehen musste.

„Nenn mich einfach…Samuel“, antwortete er sanft. Ich hatte noch nie erlebt, dass jemand nur mittels seiner Stimme einen anderen schwach machen konnte. Und er konnte es so gut. In einem schlechten Kitschroman hätte ich jetzt so etwas wie „ich schmolz in seinen Armen“ gesagt, aber mein Leben ist nicht kitschig. So etwas verbitte ich mir.

„Samuel“, wiederholte ich langsam. Allerdings kam sein Name über meine Lippen nicht annähernd so sexy hervor. Das musste ich wohl noch einmal üben. Worauf war er eigentlich aus? Das verstand ich noch immer nicht ganz. Wollte er nur ein bisschen mit mir Flirten? Oder mehr? Und inwiefern mehr?

„Und du, mein kleiner Engel? Welchen wundervollen Namen gab Gott dir?“ Wie machte er das nur? Er schien gar nicht lange nachdenken zu müssen. Die Worte strömten einfach aus seinem Mund, als wären wir hier bei der Aufnahme eines Films und er hätte den Text auswendig gelernt. Nur dass er es natürlich eindeutig glaubwürdig rüberbrachte.

Ich war etwas eingeschüchtert. Er hatte einen so wundervollen Namen, aber ich? Wahrscheinlich befand er meinen als total lächerlich und keinen Funken schön. „Liz“, murmelte ich. Meinen ganzen Namen musste er ja nicht unbedingt hören. Liz allein war schon dumm genug.

„Liz“, wiederholte er und plötzlich fand ich meinen Namen gar nicht mehr so unschön. Wie er es aussprach…das klang einfach nur traumhaft. „Ich nehme an dann dürfte dein voller Name Elizabeth sein?“ Ich schmolz dahin – ja, ich hab gesagt, mein Leben ist nicht kitschig, aber auch ich darf einmal eine Ausrede machen.

Ich nickte schwach und versuchte seinem Blick standzuhalten. Es war so schwer sich auf alles zu konzentrieren. Aufs Atmen, aufs Stehen bleiben, aber gleichzeitig tanzen, aufs Reden. Jetzt plötzlich erschien mir das alles so anstrengend. Wie machte er das bloß? Wie konnte er so ruhig und gelassen bleiben?

Doch bis dahin kam ich nicht mehr. Er war stehen geblieben, sein Blick schien so etwas wie Lust auszustrahlen. Ich weiß auch nicht, war das möglich? Langsam strich er mit einem Finger über meine Hals, sein Blick nur darauf fixiert.

Gut, jetzt bekam ich es etwas mit der Angst zu tun. Er wollte jetzt doch nicht wirklich Vampir spielen? Oh, doch, genau das wollte er. Er beugte sich langsam vor – noch bevor ich ihn wegschubsen konnte – und vergrub seine spitzen Zähne in meinen Hals. War das nicht unmöglich? Es gab doch gar keine Vampire…oder doch?

Ich spürte tausend verschiedene Gefühle in mir aufkommen. Zum einen war da natürlich der Schmerz, die Angst, die Abscheu. Aber auch Lust wallte in mir auf. Es war gar nicht so übel.

Was redete ich da!? Natürlich war das übel! Ich hätte ihn am liebsten weggedrückt, ihn angeschrien, was er da tat, aber ich war schon fast unfähig überhaupt zu atmen.

War es das etwa? Sollte das mein ganzes Leben gewesen sein? Durch einen Vampirbiss beendet? Würde er mein ganzes Blut aussaugen? Oder würde er mich etwa auch zu einem Vampir machen? Dann zog ich doch lieber den Tod vor. Und das war natürlich alles nur Leonies Schuld.

Ade, schöne Welt! Die Zeit auf dir war toll.

Dann driftete ich ab.
 

„Ist sie wach?“

„Was ist passiert?“

„Geht es ihr gut?“

Ich hörte lauter Stimmen um mich herum. Langsam öffnete ich die Augen und musste erst einmal blinzeln. Es war so furchtbar hell.

Wo war ich?

Schemenhaft konnte ich einige Leute um mich herum ausmachen.

Tot war ich jedenfalls nicht.

„Liz?“

Ich drehte ein wenig meinen Kopf und blickte direkt in Leonies Gesicht. Hatte ich vielleicht nur geträumt? Na, hoffentlich.

„Wie geht es dir? Was ist passiert?“

Ich starrte sie nur an, unfähig zu antworten.

„Alex, setz sie auf dem Sofa ab. Sie sollte sich hinlegen.“

Ich blinzelte etwas verwirrt. Alex? Wieso auf dem Sofa absetzen? Ich wendete meine Kopf ein Stück und schrie etwas erschrocken auf. Anscheinend hielt dieser Alex mich gerade im Arm. Ihn schien das wohl nicht zu stören, denn er verzog etwas die Miene und tat dann langsam wie geheißen.

Komischer Typ. Was war nur heute mit der Männerwelt los?

Als ich endlich lag, brachte ich endlich meinen ersten Satz zustande: „Was…ist passiert?“

Leonie wollte gerade anfangen: „Das wollten wir von DIR wissen!“, aber Alex stieß sie sanft beiseite und setzte sich neben mich.

„Ich hab dich draußen gefunden…im Gras.“ Sein Blick durchbohrte mich förmlich als wüsste ich etwas, was mir unangenehm sein sollte.

Langsam glitt meine Hand zu der Stelle, an der Samuel mich gebissen hatte. Erschrocken musste ich feststellen, dass da tatsächlich etwas war. Etwas mühsam wollte ich meinen Hals begutachten, was aber nicht möglich war.

„Wer war denn der Glückliche?“, grinste Leonie nun wieder, doch Alex warf ihr einen finsteren Blick zu. Wer war der Kerl? Wenn ich ihn etwas genauer betrachtete, sah er ziemlich gut aus. Erinnerte mich ein wenig an Samuel – und apropos Samuel, seine Augen waren genauso schwarz.

Überrascht musterte ich ihn etwas genauer.

Er war mir vorhin gar nicht aufgefallen, war er neu dazu gekommen?

Was machte jemand wie er hier?

„Ich denke, du solltest dich nun wirklich erst einmal ausruhen, Engel.“ Er grinste ein wenig.

Ich wurde leichenblass – zumindest glaubte ich das. Alex ähnelte Samuel nicht nur sehr, das war er! Ich erschauderte. Ich konnte seine spitzen Zähne sehr deutlich sehen. Und wann waren schon zwei Vampire auf ein und derselben öden Party und warben um ein und dasselbe langweilige Mädchen?
 

Mittlerweile nennt Samuel sich mein Freund. Oder Alex, wie er sich in der Öffentlichkeit nennen muss.

Seit Halloween sind nun einige Monate vergangen und ich kann es immer noch nicht fassen. Besonders dass ich ihm eine Chance gegeben habe. Ich meine, er hat mich gebissen!

Allerdings war er so sympathisch, dass ich ihm einfach verzeihen musste.

Das war den Vampiren einfach „angeboren“. Sie versprühten so einen Charme, dass man ihnen willenlos verfiel.

Das heißt jetzt aber nicht, dass ich Samuel nur deswegen mag. Er setzt seinen Charme bei mir mittlerweile etwas sehr viel weniger stark ein. Außer er will sich mal wieder durchsetzen. Die Blutangelegenheit ist jedenfalls noch immer ein Streitpunkt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  GetItMemorized
2009-04-30T14:02:29+00:00 30.04.2009 16:02
Danke für deinen Beitrag^^
ich find die story richtig super..^^
da der Wettbewerb abgeschlossen ist werde ich ihn einfach mal auswerten^^
jdeedoch bin ich nicht die Jury sondern bilden sie zwei Leute^^. Bitte uM gelduld^^


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