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Ajax - Victis Romanis

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Kapitel 9: Nächster Stopp - Schottland

Kapitel 9: Nächster Stopp - Schottland
 

Das erste, was Samantha Carter sah, war ein Glas voll mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit, welches auf einer Platte aus dunklem Holz stand.

Sie hob den Kopf und sah mehreren Flaschen mit ebensolcher Flüssigkeit entgegen. Verwirrt klappte ihre Kinnlade nach unten. Das kann nicht der Tod sein..., dachte sie sich und sah sich um.

Um sie herum schien ein Etablissement im angelsächsischen Stil zu existieren. Ein einsamer Dudelsackpfeifer spielte in der Ecke vor sich hin, mehrere Tische waren belegt und sie schienen sich nicht gerade an ihren Mahlzeiten zu erfreuen. Bis auf den einsamen Spielmann gab es keinen Ton oder Geräusch.

Immer noch verwundert nahm sie das Glas, welches vor ihr gestanden hatte, in ihren Besitz und trat auf einen der Tisch zu, an dem ein ruhig essender Geschäftsmann in Anzug mit einem großen, schwarzen Hut alleine und scheinbar lustlos auf seinem Essen herum kaute. Um ihn herum lauschte zwar niemand dem klagenden Gesang des Hochlandinstruments oder genoss sein Essen, aber das war noch lange keine Erklärung für die beinahe schon unnatürliche Stille – niemand führte eine Unterhaltung, nicht mal Besteck klapperte in irgendeiner Form.

„Entschuldigen sie bitte?“, begann Carter ihn höflich anzusprechen, doch er reagierte nicht. „Hallo?“ Immer noch keine Reaktion. Sie hob die Hand um ihm auf die Schulter zu tippen, doch ihr Finger und schließlich ihre ganze Hand stießen durch ihn hindurch.

Erschrocken fuhr sie zurück. „Oh...“, war der einzige Ton, den sie raus brachte.

„Das haben schon viele gesagt!“, kam von hinten eine Stimme.

Carter fuhr herum und sah hinter dem Tresen stand einen etwas älteren Herren, der gerade ein Glas mit einem alten Lappen putzte. Ein hellgrauer Haarkranz zierte seinen Kopf und über der etwas rundlicheren Gestalt trug er das typische Barkeeper-Outfit bestehend aus schwarzer Weste und weißem Hemd unter einer schwarzen Schürze.

Er war unter Garantie vorher noch nicht da gewesen.

„Wer sind sie, wo bin ich hier und warum?“, fragte sie verblüfft. Sie war nicht leicht zu verblüffen – ganz im Gegenteil. Sie hatte die größten Wunder der ihnen bekannten Galaxis gesehen, dem Tod mehrmals in die kalten Augen gesehen und hatte gesehen, wie sich ein Volk nach Jahrtausenden der Knechtschaft erhob und sein Recht auf Freiheit einforderte.

„Oh, wie unhöflich von mir! Ich bin Opa Desala, das hier ist mein Kneipe.“, antwortete er und lachte aus vollem Herzen, mit einem gewissen Stolz. „Ich habe den Job meiner Frau übernommen. Sie kennen sie vielleicht, Colonel, Oma Desala oder 'Mutter Natur', wie sie von einigen Völkern der Erde genannt wurde. Ihr... 'Aufsteigerkaffee' hab ich nur ein bisschen umgestaltet.“

Carter kombinierte schnell: „Also sind sie sozusagen 'Vater Natur'?“ Sie konnte keinen ironischen Unterton in ihrer Stimme vermeiden, dazu war ihr die Szene zu abstrus. Man konnte gut und gerne behaupten, dass sie schon von Daniel gehört hatte, dass Oma Desala einen Gatten hatte, aber diese... Namensähnlichkeit war ihr nie in den Sinn gekommen.

Sie musste aber zugeben, dass sie nicht mit einem Bob gerechnet hatte.

Doch ihr Gegenüber schien nicht sehr erfreut über diesen Witz zu sein, im Gegenteil, seine Augen verengten sich zu Schlitzen, er hörte auf das Glas zu malträtieren, welches einen letzten leisen Quietschton von sich gab. „In diesem Zusammenhang bevorzuge ich es 'Väterchen Frost' genannt zu werden!“

Carter war zu baff über den plötzlichen Stimmungswechsel des zuerst eigentlich so großväterlich-jovial erscheinenden Barkeepers, dass sie komplett aus der Fassung gebracht war. Doch wenn sie tatsächlich die russische Version des Weihnachtsmannes vor sich hatte, sollte sie aufpassen – vielleicht konnte er was bei der amerikanischen Version drehen.

„Also, da die Fragen nach dem 'Wo' und 'Wer' geklärt sind, sollte man die Frage nach dem 'Warum' beantworten, finden sie nicht auch, Colonel?“ Er fragte eher rhetorisch, denn noch während der letzten Silbe tauchte er hinter dem Tresen ab und kramte etwas, bis er mit einem triumphierenden „Ha!“ auftauchte. Eine Art Zeitung lag mit eben diesem Ausruf auf dem Tresen. „Lesen sie nur, Seite drei!“

Carter besah die Zeitung. Auf der Titelseite prangte über einem großen Bild einer BC-304 die Aufschrift „Apollo abgeschossen/Landungsteam abgeschnitten“. Irritiert schlug Carter die Zeitung auf und sah sogleich Seite 3 vor sich – ebenso wie ein großes Bild ihrer selbst bei der Beförderung zum Lieutenant Colonel, als sie den Eid von Brigadier General O`Neill abgenommen bekam.

Daneben stand ein kurzer Bericht mit der aufmunternden Überschrift: „Samantha Carter – ein Nachruf von M.T. Cicero“

„Wer ist dieser M.T. Cicero?!“, fragte Carter. Zurecht, sie kannte niemanden mit diesem Namen, zumindest nicht persönlich, und wollte schon wissen, welche Kichererbse ihren Nachruf schrieb.

„Marcus Tullius Cicero? Du weißt nicht, wer das ist?!“, der Barkeeper begann zu brüllen vor Lachen, die Blondine errötete leicht. „Hey, Leute, die weiß nicht, wer der alte Cic ist!“ Die scheinbar erwartete Reaktion blieb aus. Alle Gäste an den Tischen aßen ruhig weiter.

„Is ja auch egal.“ Desala beugte sich zu ihr runter, stützte die Unterarme auf die Bar und begann zu erzählen: „Marcus Tullius Cicero ist einer der größten Redner und Schriftsteller, die wir hier haben. Auch er ist – wie sie, Colonel – wegen besonderer Leistungen für die Menschheit aufgestiegen. Leistungen, die sich am Ende zwar als nutzlos erwiesen, aber es ist der Gedanke, der zählt.“ Er erhob sich wieder und wandte sich wieder seinem Glas zu.

Carter nickte nur begann sich in den Artikel – ihren eigenen Nachruf – zu vertiefen:

Elf Jahre lang widmete sie sich der Erforschung fremder Welten, der Entdeckung neuer Zivilisationen und ging dorthin, wo nie ein Mensch zuvor gewesen war. Ihr Lebenswerk war größer und bedeutender als vieles, was vorher war.

Doch gestern Abend wurde ihr Schiff abgeschossen, über Victis Romanis. Ein großes Leben fand sein Ende – oder vielleicht auch nicht. Der vierzehnte Beschluss des Aufgestiegenensenats unter Konsul Lantea garantiert ihr den Aufstieg – ihr und ganz SG-1.

Samantha Carter war nicht einfach eine Oberste der US-Luftwaffe mit einem Doktor in Astrophysik, nein, sie war einer der genialsten Menschen, die jemals auf der Erde hervorgebracht wurden.

Ihr Lebenswerk hieß Stargate, seine Erforschung und ihre Reisen.

Die Erde verlor gestern einen ihrer größten Offiziere, wenn nicht sogar die größte.

Carter sah etwas verwundert den Text an. Das jemand so gut und nett über sie schreiben konnte, der sie noch nicht mal kannte, war schön, auch wenn der Grund etwas zu wünschen übrig ließ.

„Cicero hat das Talent, mit wenigen Worten doch zu rühren und zu verblüffen.“ Der Barkeeper lächelte wieder, doch nicht großväterlich, eher so, als würde er in Die Vergangenheit blicken. „Aber er hat sich geweigert, für jedes Crewmitglied der Apollo einen Nachruf zu schreiben.“

„Warum?“

„Vierhundertsiebzehn Mann Besatzung, hundertfünfzig Mann Expeditionspersonal.“, bemerkte ihr Gegenüber ironisch.

„Schon klar.“ Carter stutzte und vertiefte sich wieder in die Zeitung. Es war zwar nicht gerade die feine englische Art, aber irgendwie musste sie sich beschäftigen. Dem Barkeeper schien das auch nichts auszumachen, denn schon Sekunden später hörte man wieder den Lappen über Glas gehen.

Die ersten vier Seiten gingen nur und ausschließlich über die Operation auf Victis Romanis – Truppenbewegungen, Einschätzungen verschiedener ehemaliger Antikerkommandanten und aktuellen Berichten sowie einer Reportage über die Geschichte der Forschungsanlage, die sonderbar kurz für ihr Alter von schlappen zehntausend Jahren ausfiel und mit der Aussage „Der Rest fällt unter militärische Geheimhaltung!“ schloss.

Auf Seite fünf kamen dann endlich andere Themen: Vertreter des IOA und der Ori hatten einen Friedensvertrag unterzeichnet, der die komplette militärische, politische und religiöse Autonomie aller Beteiligten sicherte. Die Priore, die Priester, hatten einige Auflagen bekommen, unter anderem, dass sie nicht mehr mit dem Schwert bekehren sollten, sondern friedliche und gute Wunder wirken sollten, um den Welten, die sie zu bekehren versuchten oder die sie betreuten, zu Helfen.

„Dieser Friedensschluss ist für uns alle eine Erlösung – für die Menschen der Erde wie für uns!“ Tomin, ehemaliger Kommandant einer Division Ori-Krieger, schien sich wirklich zu einem wahren Anführer seines Volkes zu mausern. Und langsam verstand Carter auch Vala, warum sie ihn immer noch so mochte, trotz allem, was gewesen war.

Die Jaffa hatten wieder eine Nation ausgerufen, beim entsprechenden Bild auf der Seite sah man ganz am Rand zurückhaltend Bra`tac und Teal`c, die beide versprachen, nur gewisse administrative Hilfe zu geben. Der neue Führer der Nation, Rak`nor, ein altgedienter Krieger, den Carter kannte und schätzte, versprach sogleich eine Einbindung in die intergalaktische Bündnispolitik, was vom anwesenden General O`Neill, der gleich die Jaffa-Nation nach Erden-Tradition anerkannte, begrüßt wurde.

„Wer Fehler der Vergangenheit wiederholt, ist dazu verdammt, unter zu gehen. Und wir Jaffa, wir werden nicht untergehen. Wir überlebten die Goa`uld, die Replikatoren und die Ori. Wir werden nicht weichen, vor dem Tag, an dem wir uns beweisen müssen!“, wurde von Rak`nors Rede zur Erklärung der Nation zitiert.

Die Rätselseite Nummer sieben interessierte sie momentan nicht viel, die Literaturtipps und die Filmkritiken ebenso wenig. Langsam fragte sich Carter, ob die Aufgestiegenen sich wirklich immer so zurückhielten, wie es immer hieß.

Seite neun war die Meinung-Seite, etwas, was viele Zeitungen schlicht brauchten, ebenso wie ordentlich Karikaturen.

Die fand sie: Eine deutlich überzeichnete Version ihres Kollegen Sheppard stand vor einer Deckung hinter der sich einige Erd-Soldaten duckten, die anscheinen unter schwerem Feuer standen. Unten stand in Anführungszeichen eine Aussage: „Wir haben keine Probleme!“

Carter schmunzelte. Sie hatte schon des öfteren von den seltsamen Auffassungen ihres militärischen Leiters über die Wörter 'Problem' und 'Ärger' gehört. Bisher war sie – und da dankte sie allen höheren Mächten, ob nun aufgestiegen oder schlicht menschliche Vorstellung – immer an solchen Gelegenheiten vorbei geschrammt, zusammen mit ihrem 'Ersten Offizier'.

Sie hatte zwar mit ihm schon die sprichwörtlichen blauen Augen und Veilchen abbekommen, aber sonderlich schlimm war es noch nie gewesen. Colonel Cameron Mitchell und sein ständiger Hang dazu, ständig die Hose zu verlieren, war da zumindest schon amüsanter gewesen, wenn auch manchmal potentiell weitaus tödlicher.

Wo sie gerade an ihren Kameraden dachte, da war er auch schon in der Zeitung. Seite zehn befasste sich mit den 'In Dienst'-Stellungen der Woche, ganz oben und ganz aktuell die Erdstation Tiberium, den Namen hatte sie nur wegen eines Kristalls, der auf dem Planeten unter ihr wuchs, bekommen. Die Station diente als Raumdock und Anlaufstelle für Erden-, Jaffa- und Ori-Schiffe in einem und war als Versorgungsbasis und Werft für weitere Operationen geplant.

Carter wusste, dass sie die Basisstation auf dem Planeten auch mit schwerem Gerät – wie Panzer, Artillerie und Hubschraubern – ausstatten wollten um den größten Fehler des SGCs zu bereinigen: Sie hätten sehr, sehr schlecht die großen M1-Abrams-Panzer der Army unter den Berg bringen und so gegen Jaffa und Ori-Krieger einsetzen können. Deshalb wurden jetzt mehrere Züge von Panzern, Kommando-Einheiten und Infanterie nach Tiberium verlegt – nur zur Sicherheit.

Und als Kommandant der Einrichtung wurde von General O`Neill niemand anders als der ehemalige Anführer von SG-1 ausgewählt, der auch annahm. Er hatte zwei Jahre mit den besten der besten der besten zusammen gearbeitet, er wusste, dass er sehr gut war – aber ein SG-1, das Flaggteam des SGCs neu aufzustellen, das war ein Ding der Unmöglichkeit, zumindest seit sich auf General Landrys Schreibtisch die Versetzungsanträge nach Atlantis stapelten.

Auch auf der Seite stand, dass am Mittwoch drei der neuen Jaffa-Mutterschiffe – im Prinzip die alten Ha`taks, nur mit einigen hochkadenten Plasma-Waffen ausgestattet – vom Stapel laufen würden. Sie sollten Dakara verteidigen – die alten Tempelanlagen sollten wieder aufgebaut und die Regierung der geeinten Jaffa beherbergen.

In vier oder fünf Jahren.

Doktor Daniel Jackson, der den Wiederaufbau leitete, würde, so hieß es, beim Stapellauf dabei sein, ebenso wie General O`Neill, Teal`c und Meister Bra`tac. Irgendwie konnte Carter sich den beinahe schon pazifistischen Archäologen nicht beim Stapellauf von drei Kriegsschiffen vorstellen, aber was in der Zeitung stand, musste wohl stimmen.

Etwas klapperte neben ihr, es klang nach Keramik auf Keramik. Carter sah von ihrer Zeitung auf, nur um in das Gesicht von Opa Desala zu blicken.

„Kaffee. Sie sahen danach aus.“, sagte er und wollte sich weg drehen.

Carter fasste ihn beherzt an der Schulter. Sie war selbst verwundert, war es doch so, dass sie durch einen anderen Aufgestiegenen durchgegriffen hatte.

Er sah sie an, das unausgesprochene 'Was ist?' hing in der Luft. „Ich habe mich gefragt... was passieren würde, wenn ich nicht aufsteigen will...“, fragte sie. Sie hatte das dumme Gefühl, die Antwort schon zu kennen und dass ihr eben diese nicht gefallen würde.

„Ihre Seele würde sich auflösen.“, antwortete der Aufgestiegene und Barkeeper vor ihr. „Eine Verschwendung, wenn sie mich fragen.“

„Danke.“, antwortete sie.

Wieder entspann sich zwischen den beiden – dem Barkeeper und dem Colonel – Stille, nur durchbrochen von den leise klagenden, aber doch warmen Tönen eines Dudelsacks. Der Pfeifer beendete sein Stück und setzte zu einem anderen an.

Schließlich klapperte das Glas auf der Theke als es der Aufgestiegene abstellte. „Kommen sie mit.“, sagte er nur und machte sich daran, den Thekenraum zu verlassen.

Carter erhob sich verwundert und folgte ihm zur Tür. Er hielt sie auf und wies sie galant an, durch zu treten, auf die Straße. Sie kam der Aufforderung etwas verwundert nach – und fand sich in einer kleinen Stadt des mittleren Schottlands wieder – so schien es ihr zumindest, so oft, wie sie abends als kleines Mädchen staunend den Erinnerungen ihres Großvaters gelauscht hatte, der als Langstreckenbomberpilot dem US Army Air Corps in England gedient hatte.

Er hatte ihr immer Geschichten aus dem Land der Dudelsäcke erzählt, von seinen teils ziemlich einsamen Fahrten von ihrem kleinen Flugfeld nahe Manchester nach Norden – stets nach Norden.

„Schön hier, nicht wahr?“, fragte neben ihr der Aufgestiegene. „Komm, wir müssen los, du wirst sogar schon erwartet!“ Täuschte sie sich oder schwang etwas mit Stolz vergleichbares in seiner Stimme mit.

Carter wollte gerade dazu ansetzen, nach ihrer an einem Gurt hängenden Fabrique Nationale P90 zu greifen, nur um das Gefühl der Sicherheit zu genießen, wenn die Waffe für fünfzig Kaliber 5,7 mal 28 Millimeter Patronen in ihren Händen lag – doch ihr fiel praktisch sofort einer der von ihr so gehassten 'System Errors' auf: Sie hatte keinen Gurt und erstrecht keine daran hängende Personal Defence Weapon.

Unbeirrt, aber leicht verlegen machte sie zwei Schritte, bevor von hinten eine Stimme kam: „Wohin wollen sie denn?“ Sehr viel Belustigung lag in der Stimme. „Wir können zwar gerne laufen, aber trotzdem würde ich ein anderes Transportmittel als die Füße bevorzugen... Das Alter, sie verstehen?“

Die Blondine drehte sich um und musterte den Besitzer der Stimme, Desala, erstaunt, nickte dann aber und setzte sich in ein Fahrzeug, das vage an einen 3er BMW erinnerte.

„Tatsächlich ist es einer...“, gestand der Barkeeper, als hätte er ihre Gedanken gelesen. Lächelnd ließ er den Motor an. „Sie müssen wissen, Colonel, was gleich passiert überrascht die meisten beim ersten mal. Selbst diejenigen, die durch das Stargate reisten.“, begann der Aufgestiegene zu erklären. „Die meisten unserer Fahrzeuge sind so beschaffen, dass sie jede beliebige Erscheinungsform annehmen können, die der mit den Schlüsseln will. Ich wollte gerade einen 3er BMW weil er für normale Straßen gut geeignet ist. Hätte ich einen Geländewagen gewollt, wäre es ein Geländewagen geworden... ziemlich praktisch, was?“

Carter nickte nur und wusste irgendwie nicht, wo sie das einordnen sollte. Hier läuft wohl alles nach seinen eigenen Gesetzen..., schallte es plötzlich in ihrem Kopf – mit Daniels Stimme.

„Werden sie nicht verrückt.“, hatte General Michael Ryan einmal zu ihr gesagt. Warum wusste sie nicht mehr, wahrscheinlich, weil SG-1 die Welt gerettet hatte – malwieder. „Sie sind es schon.“, hatte er lächelnd hinten dran gesetzt.

Sich die Worte des Chief of the Staff of the United States Air Force zu Herzen nehmend beließ es Carter beim Gespräch mit ihrem aufgestiegenen Begleiter und Barkeeper bei einem knappen „Ja.“

„Und das Tollste ist: Unsere einzelnen 'Wohngegenden' sind über insgesamt fünfzehn Galaxien verteilt – wir können uns praktisch überall manifestieren, müssen dazu aber an den entsprechenden Ort innerhalb einer höheren Existenz- und Energieebenen. Und mittels unserer Fahrzeuge können wir auch von einer Wohngegend zur nächsten 'springen'. Wenn wir runter gehen bleiben die Wagen auf dieser Ebene zurück – während wir auf den unteren Existenzebenen Chaos, Unheil und Zerstörung bewirken.“, erklärte der Mann weiter. Bei den letzten Worten erschien ein unheimliches Glitzern in seinen Augen, fast schon wie bei einem Kind, welches gerade einer Fliege die Flügel ausriss und nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte.

„Was haben sie zum Beispiel angerichtet?“, fragte Carter interessehalber.

„Naja... Wer denkst du war der arme Schlucker von einem Engel der in Lukas 1, 28 Maria das tolle Schicksal verkünden durfte, dass ihr Kind mal ne ganz, ganz große Nummer wird?!“, fragte Opa Desala und schnaubte. „Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. Nen wirklich dummen Text habt ihr daraus gemacht... Ich hab ursprünglich Hi, Maria, der Chef braucht nen Gefallen von dir! gesagt – da ist sie zusammen gefahren, nicht bei der lahmen Begrüßung.“

(Anm.d.A.: Der Text sollte ursprünglich Hi, Maria, der Chef will was von dir! lauten – verdammte political correctness...und bevor es zu stürmen der Entrüstung kommt: Das ist ein Witz und keinesfalls ernst oder beleidigend gemeint.)

Carter zog eine Augenbraue hoch. Sie war zwar nicht sehr bibelfest, aber sie wusste, dass an keiner Stelle gesagt wurde, dass der Erzengel Gabriel auch gleichzeitig ein etwas übergewichtiger Barkeeper war – da war sie sich sogar ziemlich sicher.

„Jedenfalls gibt es jemanden, der ein Stückchen von hier entfernt wohnt und sie gerne mal sehen und sprechen würde. Fragen?“, meinte der Aufgestiegene und sah sie lächelnd an.

Sein Gesichtsausdruck sagte, dass sie eigentlich nichts fragen sollte – er würde unweigerlich mit Sprüchen wie „Werden sie schon sehen!“ oder „Warten sie es ab!“ kontern, womit sie nichts anfangen konnte. Die Frage war nur ein rhetorisches Mittel, das war beiden klar. Deshalb schüttelte sie auch den Kopf.

„Gut!“, meinte der Aufgestiegene und ließ den Motor an. Sauber und ordentlich parkte er aus und fuhr los.

Carter neben ihm verstand – obwohl sie es nie zugeben würde, vor niemandem – die Welt nicht mehr.

Als Daniel aufgestiegen war, vor Jahren, war ihr klar geworden, dass es ein Leben nach dem Tod für die geistige Elite des Universums gab – zu der sie keinen Zugang hatte. Damit hatte sie sich abgefunden, vielleicht auch, weil ihr Philosophie nie gelegen hatte.

Sie war lieber bei ihrem Dasein mit Nullen und Einsern, der Wurmlochphysik und ihren steinharten aber doch flüssigen Regeln der Physik geblieben – auch wenn es ihr weh tat, zu wissen, dass eines Tages ihr Leben enden würde und nur der Name Samantha Carter als Bezeichnung für physikalische Gesetze und Straßen, Schulen und Plätze herhalten würde.

Sie fragte sich, wie man Mark – ihrem Bruder, wenn sie auch nicht häufig mit ihm sprach – beibringen würde, dass seine einzige lebende Verwandte gefallen war. Würde man ihr einen Unfall andichten, dass sie mit einer F-22A im Tiefflug in einen Strömungsabriss gekommen war? Würde man es schlicht bei gefallen belassen?

Sie könnte sich selbstverständlich kundig machen – einer der Vorteile der vergleichsweise Allmacht eines Aufgestiegenen – aber sonderlich scharf drauf war sie nicht.

Sie wollte auch nicht wissen, wie General O`Neill reagieren würde, wenn sie ihm als gefallen gemeldet werden würde, oder Daniel oder Teal`c oder Mitchell oder Vala – sie wusste, sie würden alle betroffen sein, aber irgendwann – bei den einen früher, bei den anderen später – würden sie ihre eigene Divise anwenden: „Das Leben geht weiter!“

Daniel würde wahrscheinlich der erste sein, der sich in seine Übersetzungen und neuen diplomatischen Pflichten stürzen würde, der General würde kurz danach anfangen, etwas für ihn untypisches tun – sich auf Akten stürzen, wie damals bei Daniel. Vala würde in der neuen SGC-Abteilung für Handel und intergalaktisches Transportwesen – bei der sie de facto Leiterin war – aufgehen und dem IOA innerhalb einer Woche mehr Angebote unterbreiten als innerhalb eines Jahres.

Teal`c... er würde es mit stoischer Ruhe hinnehmen, würde keinen Mucks über seine Gefühle sagen, zu niemandem. So war es schon immer gewesen, selbst nach der Peinlichkeit mit den ersten und bisher einzigen Theaterstück, welches er besucht hatte.

Und eines Tages – so war es auch damals bei Daniel gewesen – würden sie sich im Quartier eines SG-1-Mitglieds treffen und auf sie ein Glas Wein trinken. Wie gerne würde sie da dabei sein, O`Neill würde sicher einen vom Château Picard bei Bordeaux dabei haben.

Sie würde sicher noch einmal als Aufgestiegene den herrlich herben Geschmack des Weines kosten können, aber es würde einfach nicht das gleiche sein, wie mit ihren ganz speziellen Pappenheimern. Sie hatte immer noch bei dem Gedanken an diesen speziellen Wein das Lächeln von General O`Neill vor ihrem geistigen Auge, und dieses besondere, einzigartige Funkeln, wenn er sie ansah.

Sie würde es nie vergessen können, selbst wenn der Stern Sol schon längst zur Supernova geworden und die Türme von Atlantis in dem unendlichen Schaben der Erosion untergegangen waren. Mit diesem letzten Gedanken döste Samantha Carter weg, dorthin, wohin ihr nie jemand folgen konnte – in die kleine Unendlichkeit ihrer Träume...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Nochnoi
2009-11-25T15:57:11+00:00 25.11.2009 16:57
Hat mir sehr gefallen, das Kapitel ^^

Und gleich vorweg: Schäm dich, Sam! *den imaginären zeigefinger heb* Kennst einfach Cicero nicht! ... Na ja, bei ihrer Situation kann ich vielleicht noch darüber hinwegsehen, dass sie etwas durch den Wind war ;) In einer anderen Lage wäre ihr (hoffentlich) sofort klar gewesen, wer der gute alte Cic ist ;p
Aber hey, Cicero hat ihren Nachruf geschrieben! Das kann sicher nicht jeder von sich behaupten. Aber ich kann verstehen, dass er das nicht auch für alle anderen Besatzungsmitglieder machen wollte, das wäre bestimmt ne Heidenarbeit gewesen o.ô

Opa Desala jedenfalls ist ... na ja, ich kann ihn schlecht einschätzen o.o Er ist irgendwie ganz cool (besonders bei diesem "Hi Maria, der Chef braucht nen Gefallen!" musste ich wirklich grinsen XDD), aber auf der anderen Seite auch ein bisschen merkwürdig.
Und diese Zeitung war mal sehr interessant. Hätte ich gern selbst einen Blick reingeworfen ^^

By the way: Die Anspielung auf das Theaterstück hat mich übrigens wieder zum auflachen gebracht XDD Ich glaub, die Szene muss ich unbedingt nochmal sehen!

Liebe Grüße
Nochnoi


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