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A Cheenprincess' Way To Love" (Fortsezung)

von

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Hallo erstmal! Das ist jetzt also der zweite Teil meiner Story... Bisschen kürzer als der erste, dafür aber auch um einiges brutaler... Naja, ich hoffe, es ist nicht allzu schlimm geworden ^_^' Ich warne schonmal vor, wer keine Brutalen Szenen mag, sollte Kapitel 16 nicht lesen. Wäre cool, wenn ihr mir Kommis schreibt. Ciao, eure Asuka!
 

2
 

Die Rückkehr
 

-10-
 

Schwüle Luft schlug uns entgegen, als wir aus dem Gleiter stiegen. Hier, auf Marota, war gerade der Frühling angebrochen, der immer sehr kräftezehrend war.

Eine laue, kaum spürbare Brise umwehte Josch, Z-834D und mich, als wir über den staubigen und sandigen Boden hinüber zur Kutsche gingen.

Nicht viel hatte sich verändert, seit ich weg war, fand ich.

Ohne unnötig Worte zu vergeuden kletterten wit in die Kutsche und ließen uns chauffieren.

Unser Ziel: Der Palast.
 

Josch und ich hatten, nachdem wir Frau Gath in Begleitung der Cheen verlassen hatten, keine Zeit mehr, um noch irgendetwas zusammenzupacken, sondern mussten gleich und ohne Umwege zum Gleiter, der in der Nähe meines Ankunftortes auf der Erde wartete.

Man versprach uns, uns Kleidung und alles Andere, was wir benötigten, auf Marota zu bringen.

Die Flugzeit im Gleiter war langweilig und schien nie enden zu wollen. Fast zwei Tage mussten wir im engen Schlafraum aushalten, ohne eine Beschäftigung und anständiges Essen. Anscheinend hatten meine Eltern nicht sehr viel Wert darauf gelegt, dass ich es gemütlich hatte. Das war eigentlich typisch. Typsich Cheen.

Auf der Erde hatte ich mich an eine - für unsere normalen Verhältnisse - luxuriöse Lebensweise gewöhnt. Ob ich auf Marota wohl wieder selbst jagen musste? Hm, das würde sich ja zeigen.

Die Zeit totzuschlagen war ziemlich schwer, das es weder eine Stereoanlage, einen Fernseher geschweigedenn einen Computer gab. Noch nicht mal einfache Gesellschaftsspiele waren vorhanden.

So mussten wir zu zweit in einem kargen Raum mit nur zwei Schlafpritschen, einem Waschbecken und einer Toilette ausharren, sodass ich mir bald wie eine Sardine in einer Dose vorkam.

Dann, endlich, konnte ich aus dem Fenster den Planeten entdecken und kurze Zeit später setzten wir zur Landung an.
 

Die Zeit in der Kutsche war nicht viel besser als im Gleiter. Wir wurden durchgerüttelt, aufgewirbelter Staub und Sand drang in die Kutsche ein und verklebte die Augen, im Mund knirschte es, sobald man die Zähne aufeinander rieb.

Ich sehnte mich nach einer heißen Dusche und neuen, sauberen Klamotten. Ich glaube, Josch ging es genauso wie mir.

Z-834D schien die durchgeschwitzte, staubige Kleidung, die Schwüle und das ewige Durchgerüttle nicht zu stören; wahrscheinlich war er es gewöhnt. So wie ich einst. Aber das war schon so lange her, dass ich mich gar nicht mehr klar erinnern konnte.
 

Nach Stunden hielt die Kutsche, die von zwei Yent gezogen worden war, vor einem Haus, dass mich an eine irdische Villa, allerdings in einem ganz anderen Stil, erinnerte.

Das war dann wohl der Palast. Na, super.

Etwas wacklig auf den Beinen stieg ich nach Z-834D aus der Kutsche, dicht gefolgt von Josch; die beiden anderen Cheen waren am Flugplatz auf einmal verschwunden gewesen.

Etwas mulmig war mir schon zu mute, als ich neben Z-834D stand, der mit dem großen Türklopfer aus Tsioh, einem messingähnlichen Material, anklopfte. Dieser Türklopfer interessierte mich sehr; er bestand aus einem Kopf, zur Hälfte ein Menschenkopf, zur Hälfte ein Cheenkopf in seiner Ursprungsform, der eine Schlange in Form eins Ringes im Maul hatte.

Auf das Klopfen hin wurde die Tür langsam geöffnet und gab den Blick in das Innere frei.

Der Boden war gefliest, an den kalkweißen Wänden hingen Felle und Jagdtrophäen, sowie Bilder von einigen Cheen, wahrscheinlich meine Vorfahren, die in Leder gestanzt waren.

Irgendwie kam mir das, was ich vor ein paar Jahren sicherlich als sehr erstaunlich empfunden hätte, jetzt eher primitiv vor.

Skeptisch ließ ich mich von Z-834D durch den Palast führen. Ob die hier überhaupt ein Badezimmer hatten? So langsam kamen mir da leise Zweifel.

Ich hatte ein mieses Gefühl, Josch mitreingezogen zu haben, der immer noch dicht neben mir ging, während wir Händchen hielten.

Schließlich hielten wir vor einer riesigen Holztür, die mit kunstvollen Schnitzereien verziert war. Sie kam mir seltsam bekannt vor; während ich sie eingehend betrachtete, entdeckte ich immer mehr Bilder und dargestellte Szenen, die ich schon einmal gesehen hatte.

Auf einmal ging die Tür wie von allein auf, ohne, dass einer hätte klopfen müssen.

Das Innere dieses Raumes war noch mehr geschmückt, als die Vorräume. In Tontöpfen rankten heimische Gewächse, die rölich-braunen Fliesen waren mit Mustern durchzogen, an den Wänden hingen zusätlich noch Teppiche und von der Decke hingen Traubenranken.

Von der Tür aus führte ein Teppich, aus Gösgihaaren geknüpft, zu einer Erhöhung, auf der zwei Throne standen.

Auf diesen Thronen saßen der Cheeno und die Cheena auf weichen Zofsfellen, in kunstvoll gewebte Gewänder aus Lonn gehüllt, die mit Federn in allen erdenklichen Farben geschmückt waren.

Beide hatten ernste Mienen aufgesetzt und bertachteten mich und meinen Begleiter eingehend.

Auf eine leichte Kopfbewegung des Cheeno trat Z-834D nah an den Thron heran. Der Cheeno beugte sich leicht zu ihm hin und fragte irgendetwas, was ich nicht verstehen konnte, da ich zu weit entfernt war.

Es schien sich um eine angeregte Diskussion zu handeln, da beide heftig gestikulierten und das Gesicht des Cheeno ziemlich unwillg aussah.

Hatte das vielleicht was mit Josch zu tun? Ich hoffte doch nicht!

Schließlich entspannte sich seine Miene wieder und er gab mir und Josch mit einer Handbewegung zu verstehen, ebenfalls näherzukommen.

Eigentlich hatte ich vorgehabt, meinen Eltern kühl und auf keinen Fall unterwürfig gegenüberzutreten, doch als ich mich Schritt für Schritt auf sie zubewegte, kam ich mir auf einmal klein und unbedeutend vor. Woher kam das nur? Troztdem schaffte ich es, dem Cheeno direkt in die Augen zu sehen, als ich vor ihm stand.

Plötzlich begann die Cheena zu sprechen:

"Nun bist du also endlich wieder hier. Du hast dich verändert, seit wir dich das letzte Mal gesehen haben."

Ihre Stimme hörte sich gütig aber auch streng an.

"Wer ist das da neben dir?", fragte der Cheeno mit missbilligendem Ton in der Stimme.

Josch senkte den Kopf auf den Boden; ihm schien es ähnlich zu gehen, wie mir. Doch meine Unsicherheit verschwand jetzt nach und nach, als wir auf Josch zu sprechen kamen.

"Das", begann ich und gab meiner Stimme einen trotzigen Klang, "ist mein Freund Josch, ohne den ich nicht hergekommen wäre."

"Hm. Josch, ja? Wie ist sein richtiger Name?"

"Äh..."

Oh, den wusste ich ja gar nicht! Er hatte ihn mir nie gesagt. Na, auch egal.

"Mein Name ist T-213J", antwortete Josch an meiner Statt.

"Nun gut, er scheint dir ja sehr wichtig zu sein, also denke ich, dass er bleiben kann, nicht wahr?"

Die Cheena wandte sich an ihren Partner, der mürrisch zustimmte.

"Entschuldigung", warf ich ein, "könnten wir vielleicht ne Dusche nehmen oder so? Wir sind doch völlig verdreckt..."

"Ist gestattet. Z-834D wird euch den Waschraum zeigen und neue Kleidung bringen. Danach wird er euch wieder hierherführen. Wir haben noch viel zu besprechen..."

Mit diesen Worten entließ uns der Cheeno und wir konnten uns endlich frisch machen.

Z-834D führte Josch und mich je in einen Raum (denn natürlich sollten wir nicht zusammen duschen) und weiste uns in den Gebrauch der "Duschen" ein.

Meine Dusche bestand aus einer Kabine mit einem Pflanzenschlauch, der an der Wand befestigt war. Damit Wasser aus ihm kommen konnte, musste man sich auf eine Plattform Stellen, die durch das Gewicht einsank und damit eine Art Pumpe in Gang setzte, die Wasser in den Schlauch pumpte.

Als das von der Sonne gewärmte Wasser an mir herunterrieselte und mir den Schmutz der Reise vom Körper spülte, löste sich langsam die Spannung, die ich die ganze Zeit empfunden hatte und ich konnte den Wasserschauer voll genießen.

Mit einem Seufzer schnappte ich mir nach der Dusche eines der Handtücher, die auf einer Stange gegenüber aufgehängt waren und trocknete mich ab. Nachdem ich völlig sauber und trocken war, schlang ich mir ein anderes Handtuch um und trat aus der Kabine.

Auf der Bank, auf der voher noch meine verdreckte Jeans und meine durchgeschwitztes T-Shirt gelegen hatten, lag jetzt ein kleidähnliches Gewand aus Lonn. Irgendjemand musste die Sachen ausgetauscht haben, als ich unter der Dusche gestanden hatte.

Es war wunderbar, wieder diesen Stoff auf der Haut zu spüren. Wie Wasser umschmeichelte er den Körper, fließend und leicht.

Ich strich mit den Händen darüber und besah mich im Spiegel an der Wand, der aus blankpoliertem Metall bestand.

Da klopfte es an der Tür.

"Ja?"

"Seid Ihr fertig? Euer Freund wartet schon."

Ich folgte Z-834D auf den Gang, wo Josch schon wartete, in eine lange Hose und ein Hemd ohne Ärmel aus Lonn gekleidet.

"Schön, wieder solche Klamotten zu tragen, nicht?", fragte er, als wir durch die Gänge zurück in den Saal geführt wurden. Von innen war es hier irgendwie größer als von außen betrachtet, hatte ich so das Gefühl.

"Hmh, diesen Stoff hab ich irgendwie vermisst."

Schweigend betraten wir zum zweiten Mal den Königssaal, in dem der Herscher und die Herrscherin scheinbar unverändert dasaßen.

"Da seid ihr ja wieder", begrüßte uns die Cheena. "Hör mal, Z-834D: könntest du und T-213J uns mit K-759F eine Weile allein lassen? Das geht nur uns etwas an."

Mit einer Verbeugung zog Z-834D sich zurück, Josch mit sich nehmend, der eher unwillig folgte.

"Wie du weißt", begann nun der Cheeno, "sind wir deine leiblichen Eltern. Du bist also unserer Nachfolgerin und musst die Herrschaft weiterführen, die schon Jahrtausende in unserer Familie liegt. Du wirst lernen, dich wie eine Herrscherin zu benehmen, wobei wir dir helfen werden..."

"Wie soll ich euch denn anreden?", erkundigte ich mich.

"Nun, normalerweise werden wir mit Euer Majestät angeredet", antwortete die Cheena, "doch natürlich haben wir auch normale Namen, wie du sicher schon erfahren hast. Du wirst in der

Öffentlichkeit mit Liha und Faho anreden."

"Also mit Mutter und Vater, nicht wahr?"

"Ja, genau. In der Familie gibt es allerdings noch andere Namen, die Kosenamen. Jeder hat von seinen Eltern einen bekommen. Ich z.B. habe den Namen Neeha bekommen. Dein Vater den Namen Dahne. Dein Kosename ist übrigens Fihna."

"Gut, ich glaube, das kann ich mir merken. Was muss ich denn noch alles lernen?"

"Vieles! Es gibt unzählige Dinge, die du beachten musst. Am besten, du beobachtest uns einfach und machst alles so wie wir. Aber eines musst du auf jeden Fall wissen."

"Und das wäre?"

"Wie man sich als Lebenspartner verhält."

"Hä?!"

"Du musst einen Partner haben, wenn du regieren willst. Da kommt nur einer in Frage, nämlich..."

"Was?! Ich will nicht heiraten! Außerdem schon gar nicht zwanghaft! Ich..."

"Beruhige dich!", fuhr Dahne mich an. "Du hast doch gar keine Ahnung davon! Wahrscheinlich ist es wegen diesem T-213J, nicht wahr? Ich hätte ihn gleich rauswerfen sollen! Er gehört hier nicht her!"

Neeha unterbrach meinen Vater in seinem Redeschwall:

"Ich bin mir sicher, dass es einen anderen Grund hat. Sie hätte nicht auf die Erde gehen sollen, sie hat sich zu sehr angepasst. Dort geht man den Junissa-Bund erst viel später ein..."

"Das ist doch unwichtig, sie ist eine Cheen-Prinzessin, da hat sie bestimmte Regeln einzuhalten!"

"Kann ich auch mal was sagen?!", empörte ich mich. "Ich bleibe dabei: Ich heirate, wann ich will! Ich..."

"Sieh ihn dir doch erstmal an!", bat Neeha.

"Das würde auch nichts ändern, glaubt mir!"

"Jetzt hörst du mal zu! Du siehst ihn dir auf jeden Fall an, sonst passiert was!"

"Was wollt ihr denn machen, hä? Ihr braucht mich doch!"

"Dich ja. Aber deinen Freund..."

Ich wurde blass. Sie würden Josch doch nichts tun, das konnten sie einfach nicht! So eine Erpressung!

"Also gut", knirschte ich, "ich seh in mir mal an."

"Geht doch. Und nun wirst du ein bisschen was lernen."
 

Den ganzen Tag über lernte ich etwas über die Sitten, die Verhaltensweisen und die Rangordnung der Cheen; insbesondere das, was meine Person betraf.

Gegen Abend war ich so geschafft und vollgepumpt mit Informationen, dass ich kaum noch die Augen aufhalten konnte.

Ich fragte mich, was Josch die ganze Zeit gemacht hatte; ich hatte ihn seit er mich im Königssaal allein gelassen hatte, nicht mehr gesehen.

Beim Abendessen traf ich ihn dann endlich wieder.

Wir unterhielten und leise über unsere Tageserlebnisse, während wir das frische Yentfleisch verspeisten.

Anscheinend war sein Tag sehr viel besser gewesen, als meiner.

Während ich pauken musste, hatte er sich die Anlage zeigen lassen und sich mit der Küche vertraut gemacht.

"Hab mich gefragt, was du die ganze Zeit gemacht hast", meinte Josch mit vollem Mund.

"Ich hab gelernt, gelernt, gelernt..."

"Du Ärmste. Dann brauchst du nachher sicherlich eine kleine Massage, nicht wahr?", grinste er.

"Warum nicht?", stimmte ich zu und lächelte bei dem Gedanken daran.

Ich erzählte Josch nichts von der Erpressung wegen der Heirat, weil ich ihn nicht unnötig beunruhigen wollte.
 

Nach dem Essen wurden uns unsere Schlafzimmer gezeigt. Josch und ich hatten getrennte Schlafkammern, die allerdings nicht weit von einander entfernt waren, sodass ich mich, als alles ruhig war, zu Josch hinüberschleichen konnte.
 

Leise, immer darauf bedacht, nicht das geringste Geräusch zu verursachen, tappte ich durch die Gänge, bis ich vor Joschs Tür ankam.

Zaghaft drückte ich die griffelte Klinke, die aus einem Tierhorn bestand, herunter und betrat den stockfinsteren Raum.

"Josch?", flüsterte ich unsicher in die undruchdringliche Finsternis, nachdem ich die Tür sachte geschlossen hatte.

"Hier bin ich", antwortete es sanft aus einer Ecke des Zimmers; unmittelbar darauf flackerte der unstete Schein einer Kerze auf, deren schummriges Licht den Raum nur um ein kleines Stück erhellte; es reichte gerade, um die Umrisse wahrnehmen zu können.

Etwas unbeholfen tapste ich auf die Schlafmatte zu, auf der Josch sich erwartend langgelegt hatte und mich interessiert betrachtete.

Lächelnd fläzte ich mich neben ihm hin und drehte mich auf den Bauch, um die versprochene Massage zu bekommen.

Josch kniete sich über mich und knetete meine Schultern durch, wanderte langsam tiefer, während ich wohlig seufzte.

Ach, das tat gut!

Zufrieden rekelte ich mich, die Haut von einer leichten Gänsehaut überzogen und drehte mich um, sodass ich Josch ins Gesicht sehen konnte.

"Was ist?", fragte er verwundert und blickte mich schief an.

"Nichts. Ich finde nur, dass ich jetzt genügend massiert worden bin."

Lächelnd zog ich ihn zu mir runter und küsste ihn leicht aufs Gesicht.

"Dann ist ja gut", meinte er und erwiderte meinen Kuss.

Wir begannen zu schmusen und vergaßen völlig die Zeit darüber.

Immer leidenschaftlicher wurden unsere Liebkosungen, bis Josch schließlich das Nachthemd aus Pflanzenfaser immer höher, schließlich über meinen Kopf schob um meinen nackten Oberkörper mit Küssen zu bedecken; diesmal hinderte ich ihn nicht daran, sondern erwiderte seine Zärtlichkeiten.

Nach einer schier endlosen Zeitspanne, in der wir völlig in einander vertieft waren, blieben wir, eng umschlungen, glücklich und zufrieden (obwohl wir nicht miteinander geschlafen hatten), liegen und schliefen ohne einen weiteren Gedanken an iregendetwas Unwichtiges, was Morgen folgen würde, ein.
 

Den nächsten Tag wachte ich erschrocken auf und setzte mich senkrecht im Bett auf. Ich musste zurück in meine Schlafkammer!

Hektisch machte ich mich auf die Suche nach meinem Nachthemd, dass ich blad darauf in einer Ecke der Matratze fand und streifte es mir rasch über.

Josch, noch völlig schlaftrunken, erkundigte sich mit belegter Stimme, was ich denn mache. Schon halb draußen erklärte ich, dass man uns hier besser nicht zusammen erwischte, weil das sicherlich Ärger geben würde und schlich zurück zu meiner Kammer.

Zum Glück hatte niemand meine nächtliche Abwesenheit bemerkt, auf dem Gang begegnete ich auch keinem, sodass ich mich erleichtert auf meiner Matratze niederließ und beschloss, noch ein kleines Nickerchen zu halten, bis ich meine Pflichten wieder aufnehmen musste.
 

Gähnend erhob ich mich, als mich ein energisches Klopfen an der Holztür aus dem Schlaf riss. Mir die Augen reibend öffnete ich die Tür einen Spalt.

"Guten morgen! Machen Sie sich fertig, ihre Eltern warten schon!", empfing mich Z-834D.

Unwillig nickend schloss ich die Tür wieder vor seiner Nase und wollte in meine Lonnklamotten schlüpfen, da trat er ins Zimmer.

"Tut mir Leid, aber heute müssen Sie sich etwas feiner anziehen. Hier sind ihre Kleider."

Woraufhin er mir ein festliches Gewand, übertrieben mit Federn und anderem Verzierungskram geschmückt, hinhielt.

Skeptisch bertachtete ich es und machte kein Anstalten, es entgegenzunehmen, weshalb Z-834D es mir einfach in die Hand drückte, mit der Anweisung, es besser schnell anzuziehen und irgendetwas mit meinen Haaren zu machen, das sähe ja schrecklich aus, dann verließ er das Zimmer

Brummelnd kam ich seinem Befehl nach und machte mich schick. Widerwillig bürstete ich meine Haare und ließ sie einfach offen auf die Schultern fallen, anstatt sie wie sonst du einem Pferdeschwanz zu binden.

So "gestylt" (ich kam mir in diesem Fummel ziemlich albern vor) begab ich mich zum Essenssaal.
 

Ich konnte Josch nirgends entdecken, dafür aber einen jungen Mann, der aussah, wie so ein Held aus einem Westernfilm; braungebrannt, mit ordentlich Muskeln und einem etwas derben aber auch irgendwie sanftem Gesicht und zwei etwas ältere Cheen, die höchstwahrscheinlich seine Eltern waren.

Neben ihm war ein Platz frei, ich wollte mich aber nicht wirklich dorthin setzten, aber der einzige noch freie Stuhl war am Ende der Tafel und der war garantiert nicht für mich bestimmt...

Immer noch unsicher ließ ich meinen Blick von dem Westernhelden hinüber zu meinen Eltern schweifen, sah meine Mutter, die mir feundlich zunickte und mit dem Kopf fast unmerklich zu dem Stuhl neben diesem Typen deutete; mein Vater starrte einfach geradeaus.

Also ließ ich mich stumm seufzend neben dem Westerntypen nieder und frühstückte, allerdings bekam ich nicht allzu viel herunter, denn mir schossen tausende Gedanken auf einmal durch den Kopf. Während des Frühstücks sah ich meinen Nachbarn nicht einmal an, tat so, als ob er gar nicht existieren würde.

Als schließlich alle fertig gegessen hatten, wartete ich vergeblich auf einen Wink meiner Eltern.

Nach länger andauernder Stille setzte mein Vater endlich an, etwas zu sagen, jedoch die erhoffte Erlaubnis zum Gehen bleib aus. Stattdessen kam eine Nachricht, die mich so schockierte, dass ich auf der Stelle aufgesprungen wäre und den Raum verlassen hätte, wenn meine Mutter mich nicht durch eindringliche Blicke davor gewarnt hätte.

Dahne begann:

"Nun will ich euch erstmal miteinander bekannt machen, ich denke, das wäre angebracht. Also, das ist meine Tochter K-759F, die Sie, meine werten Gäste, natürlich mit Fihna anreden werdet.

"Fihna, diese Beiden", er deutete auf die beiden Älteren, "tragen den Namen S-586W und S-173W.

Dieser junge Cheen neben dir ist der Sohn der verehrten erwachsenen Gäste und heißt S-637W; er wird dein Lebenspartner und du wirst an seiner Seite regieren."
 

-11-
 

Völlig perplex starrte ich den sonnengebrannten Adonis neben mir an; ich konnte es einfach nicht glauben und brachte kein einziges Wort hervor.

"Sehr erfreut, Eure zukünftige Hoheit", meinte dieser höflich; es kam mir allerdings so vor, als ob er sich über mich lustig machen wollte.

"Äh, ja."

Mehr konnte ich wirklich nicht erwidern.

Ungläubig schüttelte ich den Kopf und starrte Dahne und Neeha vorwurfsvoll an.

"Nun", begann mein "Zukünftiger", "da wir es ja sicherlich noch länger miteinander aushalten müssen, werde ich Euch meinen Familiennamen verraten, das ist persönlicher, glaube ich..."

Seine werten Herrschaften schauten ihn etwas schief von der Seite an; auch meine Eltern schienen sich zu wundern.

"Also, Ihr könnt mich mit mit Seth anreden."

Seine Stimme war genau auf seine äußere Erscheinung abgestimmt, rau und gleichzeitig sanft. Irgendwie beschlich mich das leise Gefühl, dass ich mir meinen erzwungenen Partner anders vorgestellt hatte und dass ich diesem "Prachtexemplar" von Cheen nicht leicht widerstehen können würde....

"Kann ich mich zurückziehen, ich würde mich gern etwas frischmachen", bat ich, allerdings eher, um mal ein paar Minuten für mich zu sein, um in Ruhe über diese ziemlich unangenehme Sache nachdenken zu können.

Neeha entließ mich mit einem leichten Kopfnicken, während Dahne etwas Unverständliches vor sich hinbrummte.

Ohne ein weiteres Wort verschwand ich aus dem Gesichtsfeld des Besuches und schloss mich in dem kargen Waschraum ein, der eigentlich für das Personal gedacht war, doch das war mir eigentlich scheißegal, da ich mich ja eh nicht waschen wollte.

Um den Kopf klar zubekommen, verpasste ich mir ein eiskaltes Gesichtsbad mit dem klaren Wasser aus dem unterirdischem See, aus welchem, wie ich erfahren hatte, das ganze Wasser (bis auf das warme Duschwasser) für den Haushalt geschöpft wurde.

In jedem Duschraum war ein Becken voll damit, damit man im Notfall auch eine schnelle Katzenwäsche machen konnte, falls unverhofft Gäste kamen und man keine Zeit mehr fürs Duschen hatte.

Seufzend ließ ich mich auf die Holzbank fallen und fuhr mir mit einem einfachen Knochenkamm durch die offenen Haare, die mir seidig auf die Schultern fielen.

Bei den Cheen galten lange Haare als Zeichen des Stolzes und des Wohlstandes. Dahne hatte auch lange Haare, allerdings zu einem Knoten am Hinterkopf gebunden, denn die Mähne sollte (zumindest für den Mann galt das) nicht offen getragen werden, nur zu besonderen Anlässen, die man mir allerdings noch nicht näher erläutert hatte.

Seth trug die Haare nicht lang, sondern kurz, ca. zwei Zentimeter lang und schwarz standen sie von seinem Kopf ab, ganz so, wie es auf der Erde viele Jungs trugen.

Plötzlich schoss mir ein anderer Gedanke durch den Kopf:

Wo war eigentlich Josch? Als ich ihn beim Frühstück nicht gesehen hatte, hatte ich angenommen, dass er später kommen würde, doch bis jetzt war noch keine Spur von ihm gewesen...

Also beschloss ich, ihn suchen zu gehen, erhob mich von der harten Holzbank und verließ den Waschraum.

Mein erster Weg führte mich zu Joschs Zimmer, allerdings war das Zimmer, bis auf die Matratze, einen Schrank und einem Tisch, völlig leer.

Unschlüssig blieb ich vor der Tür stehen, die ich wieder geschlosen hatte und überlegte, wo ich jetzt am Besten suchen könnte.

Plötzlich wurde ich unsanft aus meinen Gedanken gerissen.

"Sucht Ihr jemanden?"

Ich fuhr herum und blickte direkt ins Gesicht des Westernhelden, der, ein Grinsen nur mühsam unterdrückend, vor mir stand.

"Ich glaube, der Waschraum ist woanders", stellte er sachlich fest und sah mich fragend an.

"Das kann dir doch egal sein, oder?"

"Hm, das wohl eher nicht. Schließlich werden wir demnächst zusammen regieren."

"Wer sagt das?!", fauchte ich ihn an und wollte mich an ihm vorbei drängeln.

Pech gehabt, da war kein Durchkommen. Er versperrte mir geschickt den Weg, sodass ich ihm wieder ins Gesicht sehen musste.

"Das sagen unsere Eltern und ihrem Willen muss man sich, hier jedenfalls, beugen. Ich kann deine Unwilligkeit zwar verstehen, aber wir sind hier nicht auf der Erde."

"Seit wann dutzen wir uns?! Und überhaupt, woher willst denn du wissen, wie es auf der Erde abgeht?!", meckerte ich weiter.

"Nun, das ist ganz einfach, ich war selbst einige Zeit auf diesem erstaunlichen Planeten und habe seine Bewohner studiert..."

Ach, daher die Frisur, schon klar. Aber was fiel diesem Mistkerl eigentlich ein, so mit mir zu reden? Der sollte mich in Frieden lassen!

"Lass mich gefälligst durch! Ich will hier nicht versauern, hab noch was zu erledigen!"

"Tut mir Leid, aber das geht jetzt noch nicht. Erstmal will ich mit dir vernünftig reden."

Trotzig verschränkte ich die Arme vor der Brust und starrte ihn beleidigt an.

"Wie du sicherlich schon mitbekommen hast, hast du und auch ich, hier herzlich wenig zu sagen, was den Junissa-Bund schließen und so angeht, aber wir müssen uns beugen, versteh das doch!"

"Ich will mich aber nicht beugen, verdammt nochmal!"

Seth schüttelte genervt den Kopf und trat auf mich zu, ganz nah.

Er fuhr mir mit der Hand leicht durch die Haare, wovon ich eine Gänsehaut bekam, die ich jedoch komischerweise nicht als unangenehm empfand.

"Bist du wirklich so sehr gegen eine gemeinsame Partnerschaft?", flüsterte er mir ins Ohr.

Ich wusste nicht, was ich gemacht hätte, wenn nicht just in diesem Moment Josch um die Ecke gebogen wäre.

Jedenfalls stieß ich Seth von mir und trat auf Josch zu, der mich erleichtert in die Arme schloss.

"Ich hab dich schon gesucht!", sagte er. Sein Blick wanderte hinüber zu Seth. "Wer ist das denn?", wollte er skeptisch wissen.

"Ähm, das ist..."

Mehr fiel mir nicht ein, aber ich wurde sowieso von Seth unterbrochen:

"Ich bin S-637W, der zukünftige Lebenspartner von Fihna. Wir werden gemeinsam über das Cheen-Reich regieren."

Und mit diesen Worten ließ er uns stehen.
 

"Was hat dieser Typ da gerade gesagt?!", stieß Josch ungläubig hervor. "Das kann er doch nicht ernst gemeint haben?!"

"Ich... ich fürchte schon... Meine Eltern haben beschlossen, dass ich ihn heiraten muss. Zum Wohle des Reiches."

Josch starrte mich völlig perplex an; er starrte geradewegs durch mich hindurch.

"Nein..."

Als wäre alles nur ein böser Traum, aus dem er jeden Augenblick aufwachen würde, schüttelte Josch den Kopf und ging langsam den Gang hinunter, auf sein Zimmer zu.

"Josch, warte!", rief ich ihm hinterher, doch er machte nur eine abwehrende Bewegung und deutete mir, dass ich ihn in Ruhe lassen sollte.

Verzweifelt; wie ein begossener Pudel stand ich da und blickte ihm nach. Was nun?

Unschlüssig trat ich von einem Fuß auf den anderen und entschloss mich schließlich, nun wirklich eine Dusche zu nehmen.

Ich holte mir aus meinem Raum die Lonnklamotten und tapste zum Duschraum; diesmal zum richtigen.
 

Ich ließ mir das wohltuende Nass über den Körper laufen und entspannte völlig. Das war im Moment genau das, was ich brauchte.

Es war ja auch wirklich eine verzwickte Sache.

Ich sollte Seth heiraten, von Josch wollte meine Familie nichts wissen. Josch war jetzt auch verärgert, weil ich ihm nichts von den Heiratsplänen meiner Eltern erzählt hatte.

Insofern hatte ich nun überhaupt keinen Verbündeten mehr, dem ich mich hätte anvertrauen können.

Ich wollte nach Hause! Zurück zur Erde.

Salzige Tränen vermischten sich mit dem Duschwasser, als ich vor Verzweilung anfing zu weinen.

Was sollte ich nur machen?

Plötzlich hörte ich, wie sich die Tür öffnete.

Erschrocken fuhr ich zusammen und sog die Luft scharf ein.

Schritte bewegten sich durch den Raum, bis hin zur Duschkabine.

Ich war nahe daran, in Panik zu geraten, als ich die Stimme von Neeha vernahm:

"Fihna, bist du das?"

Erleichtert atmete ich auf und erwiderte:

"Ja, bin ich. Ich wollte nur etwas Ruhe, um den Kopf klarzubekommen..."

"Das ist o.k., mein Schatz. Lass dir nur Zeit, ich werde deinem Vater sagen, dass du noch Zeit brauchst. Er hatte darauf bestanden, dass ich nachsehe, ob du auch wirklich duschst."

So hatte sie ja noch nie mit mir geredet. Schatz, hatte sie mich genannt...

"Ist gut Neeha, mach das. Ich werde schon kommen, wenn ich fertig bin."

"Musst du nicht, wir bestehen nicht darauf. Du kannst danach gleich in dein Zimmer, damit du dich in Ruhe auf das Folgende vorbereiten kannst."

Das Folgende. Ja, das konnte ich mir gut vorstellen, was das Folgende sein sollte...

Neeha verließ den Raum wieder und ich setzte meine Dusche fort.

Ich griff gerade nach dem Handtuch, um mich abzutrocknen, als ich bemerkte, dass sich die Tür erneut öffnete.

"Was ist denn? Hast du etwas vergessen Neeha?", erkundigte ich mich und schlang mir das Tuch um den Körper.

Keine Antwort.

"Hallo?", fragte ich unsicher.

Auf einmal wurde die Duschabtrennung ruckartig zur Seite gerissen und ich machte vor Schreck ein paar Schritte rückwärts; nun stand ich mit dem Rücken zur Wand.

"Seth!", würgte ich hervor und hätte fast mein Handtuch fallen lassen.

"Tut mir ja Leid, dass ich dich hier stören muss, aber ich habe, wie gesagt, noch etwas mit dir zu besprechen. Wir wurden von diesem Knirps unterbrochen."

"Josch ist kein Knirps!", fauchte ich ihn an und machte einen Schritt nach vorne.

"Nun, wie dem auch sei", fuhr Seth unbeirrt fort und rückte ein Stück näher. "Ich hatte dir ja schon gesagt, dass du gegen unsere Eltern machtlos bist, oder?"

"Was hat das denn damit zu tun?!", rief ich und meine Stimme kletterte ein paar Oktaven höher, "Verschwinde sofort aus dem Duschraum, du hast hier nichts verloren!"

"Ich denk ja gar nicht dran", entgegnete Seth, drängte mich gegen die Wand und nagelte mich fest, indem er seine Arme links und rechts von mir gegen die Wand stemmte.

"Lass...mich...in..Ruhe!", zischte ich drohend.

Seth lächelte. Es war das wohl verruchste Lächeln, das ich je gesehen hatte.

"Weißt du, dass du unsagbar süß aussiehst, wenn du wütend bist?"

"Und weißt du, dass ich unsagbar unangenehm werden kann, wenn ich wütend bin?", knurrte ich völlig außer mir und holte zu einer Ohrfeige aus, die jedoch missglückte, weil Seth meinen Arm geschickt abfing und gegen die Wand nagelte.

"Hey, was soll denn das?!", rief ich entrüstet und startete einen vergeblichen Versuch, mich zu befreien.

"Jetzt hör mir mal zu", erwiderte Seth eindringlich und schaute mir tief in die Augen; es war, als ob er bis auf den Grund meiner Seele blicken könnte.

"Du hast zu gehorchen und dabei ist es egal, ob ich es dir sage, oder deine Eltern. Du wirst heiraten und zwar mich!"

"Willst du das überhaupt?", versuchte ich abzulenken.

"Natürlich. Es ist eine Ehre, eine Cheenprinzessin zu heiraten."

"Aber, ich meine, würdest du das ganz aus freiem Willen machen? Wenn du die Wahl hättest?"

Seth presste mich gegen die Wand; er war mir so nah, dass ich seinen Herzschlag spüren konnte.

"Weißt du", flüsterte er, "vielleicht hätte ich mich anders entschieden, wenn du anders ausgesehen hättest. Aber so..."

Weitere Worte schienen ihm überflüssig zu sein

Auf einmal bemerkte ich, wie das Handtuch, das ich umgeschlungen hatte, Anstalten machte, sich zum verflüchtigen.

Seth sah mit einem hämischen Lächeln in mein Gesicht; meine Arme hielt er immer noch fest.

"Lass mich los, verdammt nochmal!", forderte ich ihn auf, doch es klang nicht so energisch, wie beabsichtigt.

"Warum?"

Ein überlegenes Grinsen umspielte seine Lippen, als seine Augen langsam an mir herunter wanderten; wie das Handtuch...

Plötzlich jauelte er laut auf, sackte auf den Boden und wälzte sich vor Schmerz herum.

Mein Verstand war, als mir klar geworden war, dass ich in ein paar Sekunden nackt vor diesem Typen stehen würde, einfach ausgesetzt und ich hatte so doll ich konnte zugetreten. Mitten in seine verwundbarste Stelle.

Ich nutzte die Zeit, die er auf dem Boden rumkugelte dazu, um mich schleunigst aus dem Duschraum zu verdrücken und in mein Zimmer zu flüchten.

Dort zog ich mir in Windeseile meine Lonnklamotten über und wollte gerade nach draußen, um zu meinen Eltern zu gehen (denn das schien mir der sicherste Platz), als die Tür aufgestoßen wurde.

Starr vor Schreck blickte ich in das Gesicht Seths, welches noch immmer etwas rot angelaufen war.

"Nicht schlecht, muss ich schon sagen", quetschte er hervor und schloss die Tür hinter sich. "Werde ich diesesmal wohl etwas mehr aufpassen müssen."

Ein Blick hin zur Tür verriet mir, dass an Flucht nicht zu denken war, also versuchte ich es mit reden:

"Seth, sei doch vernünftig, ich meine, das bringt und doch nicht weiter..."

"Hm, ja da magst du Recht haben", stimmte er mir zu und betrachtete mich abschätzend.

Erleichtert entspannte ich mich.

Das hätte ich wohl lieber nicht tun sollen, denn diesen Moment nutzte Seth, um auf mich zuzusprinten und mich auf meine Schlafmatratze zu werfen.

Völlig bewegungsunfähig, weil sein ganzes Gewicht auf mir lag, wartete ich wie gelähmt ab, was als nächstes passieren würde.

"Weißt du, du bist was ganz Besonderes. Sonst hättest du das vorhin nicht geschafft", wisperte er in mein Ohr. "Dafür hast du eine Belohnung verdient..."

Seine Worte jagten mir Schauer über den Rücken, die widerrum zu einer Gänsehaut führten. Was hatte er nur vor?

Mit vor Schreck geweiteten Augen starrte ich ihn an, als er sein Gesicht nahe an meines heran schob.

Als seine Lippen mein Gesicht berührten wurde mir abwechselnd heiß und kalt, mein Atem ging stoßweise.

Ich weiß nicht, ob es Angst oder etwas anderes war, was zu dieser Reaktion führte. Zuerst hielt ich es tatsächlich für Angst, doch nach und nach, als Seths warme und weiche Lippen sich weiter zu meinem Mund tasteten, wurde mir klar, dass das unmöglich Angst sein konnte.

Spätestens, als seine Zunge vorstieß, um jeden Teil meines Rachens genaustens zu erkunden und ich seinen Kuss erwiderte, wusste ich, dass ich es genoss.

Nicht nur das, ich hatte das Gefühl, mich die ganze Zeit, nachdem ich ihn das erste Mal gesehen hatte, nur danach gesehnt zu haben.

"Gefällt dir das?", fragte er zärtlich.

Ich nickte stumm und presste sein Gesicht wieder auf meines.

Seine Hände wanderten unter mein Shirt, zogen es ohne weiteres aus und gingen schließlich zu meiner Hose über.

Unwillig schüttelte ich den Kopf und schob ihn ein Stück von mir.

"Noch Jungfrau?", erkundigte er sich wissend. "Keine Sorge, ich bin ganz vorsichtig."

"Seth, ich..."

"Sch...", unterbrach er mich und widmete sich voll und ganz meinem Körper, sodass ich alles andere vergaß.

Ich merkte noch nicht einmal, wie er mir die Hose auszog, weder wusste ich, wie er sich so schnell seiner Klamotten entledigt hatte.

Auf jeden Fall fühlte ich irgendwann einen kleinen, kurzen, aber stechenden Schmerz, kurz darauf spürte ich, wie er sich in mir bewegte.

Da ging es mir durch den Kopf, dass das wohl doch keine so gute Idee gewesen war und ich wollte mich von ihm lösen.

Er ließ es allerdings nicht zu.

"Entspann dich, es tut doch gar nicht weh, oder?", flüsterte er mir in Ohr und erstickte mein Widerrede mit einem leidenschaftlichen Kuss, sodass meine Bedenken verflogen.

Er wurde immer stürmischer und bewegte sich immer schneller, während er versuchte, sein Stöhnen zu unterdrücken.

Ich fuhr Seth durch die Haare und genoss das, was er mir bieten konnte.

Auch ich musste ein Stöhnen unterdrücken, als er sich nach einiger Zeit ruckartig in mich ergoss.

Wir blieben noch eine Weile so liegen; Seth streichelte erschöpft mein Haar, ich hatte die Augen geschlossen und kostete die innige Umarmung, in der wir lagen, voll aus.

Dann löste er sich vorsichtig von mir und begann, sich seine Klamotten wieder anzuziehen.

Als er fertig angezogen vor mir stand fragte er mich sanft:

"Und, was hälst du jetzt von mir?"

Er streichelte zärtlich meinen Oberkörper und verabschiedete sich mit einem Kuss auf die Stirn.

"Wir sehen uns dann beim Abendessen..."

"Hm..."

Mit diesen Worten überließ er mich mir selbst.

Ich zog die Decke über meinen Körper, weil mir in diesem Moment erst wirklich bewusst wurde, dass ich nackt war.

Und so langsam begriff ich auch, was ich da eben gemacht hatte....

-12-
 

Regungslos blieb ich liegen, bis das Sonnenlicht, dass durch das Fenster an der Decke fiel, langsam schwächer wurde und meine innere Uhr mir sagte, dass nun bald wieder Essenszeit sein würde.

Erst dann stieg ich langsam aus dem Bett, suchte meine Klamotten zusammen und zog mich an.

Dann setzte ich mich auf die Schlafmatte, unschlüssig, was ich jetzt machen konnte.

Ich lehnte den Kopf zurück und versuchte vergebens, das verfluchte Ziehen in meinem Bauch loszuwerden oder wenigstens zu ignorieren, das mich schon die ganze Zeit über quälte.

Hilflos, verzweilfelt und wütend krallte ich mich in der Decke fest, hoffte, dass alles nur ein dummer, idiotischer Traum gewesen war. Doch ich wusste genau, dass es nicht so war.

Meine Augen starrten gegen die kalkweiße Wand, mit ihrem schönen Schmuck; Jagdtrophäen und Gemälde zierten sie, doch ich nahm sie nicht wahr.
 

Jemand rüttelte an meiner Schulter; ich schreckte hoch.

"Abendessen. Ich denke doch, dass Sie Hunger haben, stimmts?"

Z-834D schaute mich fragend an. In der Zeit, die ich hier gewesen war, war seine Anrede etwas feundlicher, nicht mehr so steif geworden. Ich betrachtete ihn nun auch nicht mehr so sehr als einen Fremden, sondern eher wie einen entfernten Verwandten, den ich lange nicht mehr gesehen hatte.

"Nun?"

"Ja, ich komme gleich, geh schon mal vor."

Mein Stimme hörte sich kratzig an und meine Augen brannten.

Zögernd machte Z-834D sich daran, wieder zu gehen, doch zuvor drehte er sich noch einmal um.

"Ist alles in Ordung?"

"Hm, ich weiß nicht. Irgendwie fühl ich mich nicht. Aber das geht bestimmt bald wieder vorbei. Ich werd dann mal zum Essen gehen", antwortete ich und fügte fragend hinzu: "Was meinst du, ist Josch auch da? Ich muss mit ihm reden. Es ist dringend."

"Ich habe keine Ahnung, aber ich glaube nicht, dass Sie ihn heute noch sehen werden. Als ich ihm vorhin begegnet bin, sah er sehr verstört aus. Vielleicht morgen..."

"Ja, vielleicht..."

Das Ziehen in meinem Magen hatte zugenommen, meine Beine wollten sich kaum von der Stelle bewegen, als ich zum Essenssaal ging; es war, als ob sie aus Blei wären.
 

Müde begrüßte ich die kleine Gesellschaft, aus meinen Eltern, Seth und seinen Eltern bestehend, die am Tisch saß.

Josch war nicht da.

Während ich mich zu Seth setzte, lächelte er mir zu; ich erwiderte sein Lächeln nicht.

Schweigend aß ich die erlesenen Speisen, die zu Ehre der Gäste auf den Tisch kamen; das Gespräch der anderen ging mir zum einen Ohr hinein und zum anderen wieder hinaus.

"Fihna! Hörst du nicht?"

Überrascht hob ich den Kopf und blickte zu Neeha, die mich besorgt ansah.

"Sag mal, du siehst nicht gerade gut aus. Bist du krank?"

"Ich weiß nicht..."

"Wenn es dir nicht gut geht, solltest du zurück in dein Zimmer gehen."

Ich zuckte mit den Schultern.

"Wenn ich darf..."

"Natürlich darfst du", mischte sich Dahne ein; ich schaute ihn überrascht an. Das war das erste Mal, dass er freundlich mit mir sprach und mir etwas erlaubte. Seltsam...

Ich machte mir keine weiteren Gedanken darüber, sondern zog mich dankbar zurück.

Schlapp wechselte ich die Kleidung; obwohl es noch viel zu früh war, zog ich mein Nachthemd über und legte mich ins Bett, um ein bisschen Erholung im Schlaf zu finden.

Ich dämmerte immer mal kurz weg, doch es war ein unruhiger Schlaf, aus dem ich oft schweißnass hochschrak.

Wahrscheinlich hatte ich mir irgendeine Krankheit eingefangen. Geschah mir recht. Das war bestimmt die Strafe dafür, dass ich Josch hintergangen hatte.

Denn obwohl mir das nicht von Anfang an klar gewesen war, hatte ich in der Zeit, die ich vor dem Esse wach auf der Matratze verbracht hatte, erkannt, dass ich genau das getan hatte.

Unruhig wälzte ich mich hin und her; die Matratze schien steinhart zu sein, meine Knochen taten höllisch weh.

Rheuma in dem Alter? So'n Quatsch!

Endlich war ich in leichten, unruhigen Schlaf gefallen.
 

Mein Unterbewusstsein nahm das leise Öffnen der Tür unklar wahr, kümmerte sich aber nicht weiter darum. Wahrscheinlich war es sowieso besser, wenn ich nicht wusste, wer da eben eingetreten war.

Nun schon etwas wacher, registrierte ich wie durch eine dichte Nebelwand, wie jemand zu mir sprach und sanft durchs Haar streichelte.

Die Hand rutschte herunter auf meine Stirn, wo sie einen Augenblick liegenblieb, bis ein erstaunter Ruf mich endgültig aus meinem ohnehin wenig erholsamen Schlaf riss.

Unwillig zwang ich mich, die Augen zu öffnen und den, der mich geweckt hatte, anzusehen.

Kaum hatte ich erkannt, wer da an meiner Matratze stand, schloss ich sie schnell wieder.

"Hey, bist du wach?"

"Nein."

"Du hast hohes Fieber! Wir sollten besser einen Arzt holen, sonst wird es noch schlimm für dich ausgehen. Wie konnte das nur passieren?!"

"Keine Ahnung. Wahrscheinlich hab ich mir in der Dusche was weggeholt. Oder vorhin als wir..."

"Hey, was ist?", fragte Seth überrascht.

"Nichts. Jetzt hol schon endlich den Arzt, ich fühl mich sauelend! Und könntest du Z-834D Bescheid sagen, dass ich ihn dringend sprechen möchte?"

"Was du ihm sagen willst, kannst du auch mir sagen. Ist sowieso besser, er ist schließlich nur..."

Ich unterbrach ihn mitten im Satz:

"Hör mal, ich hab gesagt, ich will mit ihm sprechen und nicht mit dir!"

"Wenn du meinst."

Ohne ein weiteres Wort erhob sich Seth und ging.
 

Scheinbar eine Ewigkeit später kam ein alter Mann mit einem ziemlich langen Bart herein, begleitet von Z-834D.

Er untersuchte mich gründlich, tastete mich mit irgendwelchen Instrumenten ab, mit denen ich absolut nichts anfangen konnte und brummte öfters wissend.

Nach abgeschlossener Untersuchung erkundigte Z-834D sich besorgt und ungeduldig:

"Und? Was fehlt ihr?"

"Nun, ich kann nur sagen, dass sie sich mit einem Virus infiziert hat. Den genauen Typ kann ich noch nicht bestimmen, aber es ist bestimmt nicht lebensgefährlich. Das heißt, wenn das Fieber nicht weiter steigt. Bis jetzt hat sie eine noch tragbare Temperatur von 43 Grad. Wenn sie sich allerdings 46 Grad nähert, würde es so langsam kritisch werden. Am besten sind kalte Wickel, eine Binde um den Kopf, mit Kräutern getränkt und stündlich eine Tinktur, die sie pur einnehmen muss. Ich werde alles bereitlegen, wenn Sie es wünschen."

"Ja, tun Sie das bitte. Und das möglichst schnell. Ich werde noch etwas bei unserer Patientin bleiben."

Der Alte verschwand und Z-834D setzte sich an mein Bett.

"Ein Glück, das wir Cheen mehr aushalten als die Menschen, nicht wahr?", fragte er mich.

Ich konnte mir nur ein schwaches "Ja" abringen, denn mir ging es, ohne Selbstmitleid, ziemlich elend.

Abwechselnd liefen mir heiße und kalte Schauer über den Rücken; mal klapperte ich vor Kälte mit den Zähnen, mal wäre ich am liebsten in eine Kiste mit Eiswürfeln gesprungen.

"Tja, aber die Gefühle sind die gleichen, was? Naja, ist ja auch egal. Du wolltest mit mir sprechen, hat Seth erzählt."

Matt nickte ich und rückte mit meiner Bitte heraus:

"Könntest du Josch bitte sagen, dass ich ganz, ganz dringend mit ihm reden muss? Du kommst noch am ehesten an ihn heran. Bitte ihn von mir, dass er die Umstände vergessen soll, weil es wirklich megawichtig ist. Würdest du das tun?"

Flehend sah ich ihn an.

Z-834D versicherte sofort, dass er sein Bestes versuchen würde, aber versprechen konnte er nichts.

Ich nickte verstehend und wartete anschließend darauf, dass der Alte mit den Wickeln und den Kräutern kam.
 

Eingewickelt in stark würzig duftende Tücher schlief ich einen fiebrigen Schlaf, bis ich durch die Anwesenheit einer ganz bestimmten Person wieder aufwachte.

"Hey."

Leise und ein wenig traurig hatte es geklungen, dieses "Hey".

"Ich hab gehört, du bist sehr krank. Siehst auch echt nicht gut aus..."

"Hi Josch. Danke, dass du gekommen bist. Hör zu, ich..."

"Ist schon o.k., ich hab mich ziemlich blöd benommen. Wie ein kleines Kind, wirklich..."

"Josch, ich... ich muss dringend mit dir reden. Und bitte, hör mir zu! Lass mich ausreden, versprichst du mir das?"

Er atmete tief ein; anscheinend ahnte er, dass jetzt etwas Schlimmes kommen würde.

"Es ist nicht so einfach, ich meine.... Also ich...ich hab... was ganz Dummes gemacht. Ich hab nämlich..." Ich holte tief Luft, wie vor einem Sprung ins eiskalte Wasser.

"Ich hab mit Seth geschlafen."

So, jetzt war es raus.

"Aber es war ein Fehler", fügte ich sofort hinzu, "ich weiß selbst nicht, wie das passieren konnte, auf einmal hat er mich auf die Matte gedrückt und.... und ich hab mich nicht mal gewehrt..."

Josch kaute auf seiner Unterlippe und starrte wortlos gegen die Wand.

Ich spürte, wie Tränen in meinen Augen brannte, doch ich unterdrückte sie.

Bloß nicht heulen, bloß nicht.

Leise schluchzend zog ich die Luft ein und wartete auf eine Reaktion von Josch.

Nach schier einer Ewigkeit fragte er:

"War das alles? Bist du jetzt fertig?"

Stumm nickte ich; unfähig, noch ein weiteres Wort hervorzubringen.

"So... du hast also mit ihm..."

Ungläubig, beinahe wütend schüttelte er den Kopf.

"Ich hatte mich sowieso schon gewundert, dass du, gerade du in so einen wie mich verliebt sein solltest...ts, war ich vielleicht beknackt!"

"Aber Josch!"

Nun konnte ich ein Schluchzen nicht mehr unterdrücken.

"Ich bin doch in dich verliebt! Sehr sogar! Das mit Seth, das hatte gar nichts zu bedeuten, ehrlich!"

"Th, wer's glaubt..."

"Josch! Bitte bleib hier..."

Die letzten Worte hatte ich unter lauten Schluchzern ins Kissen gemurmelt, in das ich mein Gesicht vergraben hatte, als Josch aufstand, hinausging und die Tür leise schloss.

Das hatte ich nun davon, dass ich nicht treu sein konnte...
 

Vierzehn Tage lang lag ich ans Bett gefesselt in meinem Zimmer und schwitzte, was das Zeug hielt.

Ich aß fast gar nichts außer etwas, das Hühnerbrühe ähnelte, aber sehr bitter schmeckte. Viel trinken sollte ich, wurde mir vom Doktor aufgetragen. Damit ich wieder auf die Beine kommen würde.

Aber warum? Wenn ich erst wieder gesund war, wartete nur die Gewissheit auf mich, Josch wohl für immer verloren zu haben, die ich im Moment im Fieber erfolgreich verdrängen konnte und zu allem Überfluss stand der Heiratstermin praktisch vor der Tür und in meinem Zustand konnte ich meinen Eltern nichts entgegensetzen.

Wenn Seth kam, um mir in meiner Fiebrigkeit ein bisschen Geselschaft zu leisten, tat ich so, als ob ich gerade schlief oder starrte einfach ins Leere und ignorierte ihn.

Nie wieder wollte ich etwas mit ihm zu tun haben, obwohl ich mir davon weder eine abgesagte Hochzeit, noch die Vergebung Joschs erhoffte. Meine Eltern besuchten mich selten und wenn, hatten sie meistens keine aufmunternde Worte o.Ä. für mich sondern wollten sich nur davon überzeugen, dass ich noch nicht verreckt war und mich langsam auf dem Weg der Besserung befand. Nur Neeha sprach manchmal mit mir, wenn Dahne nicht dabei war und versuchte mir weingstens etwas Mut zu machen.
 

Nach ganzen vier Wochen war ich endlich wieder soweit, einen normalen Tagesablauf ohne besondere Mühen durchzustehen.

Zu meinem großen Schrecken sollte ich schon in ganzen fünf Tagen heiraten, weshalb ich eine wahre Sintflut von Anweisungen und gut gemeinten Ratschlägen über mich ergehen lassen musste.

Meine Laune verbesserte sich dadurch nicht gerade und so war es nicht unverständlich, dass ich in den letzten zwei Tagen vor "dem Tag", mit so verfinsterter Miene herumlief, dass einige Angestellten Angst bekamen, ich hätte einen Rückfall erlitten und wäre nun wieder fiebergefährdet.

Auch Seth ließ mich in dieser Zeit in Ruhe. Er hatte wohl verstanden, dass ich nichts von ihm wissen wollte oder hatte sich zumindest gedacht, dass es vielleicht besser wäre, mich bis zur Heirat mir selbst zu überlassen, weil ich von da an ja sowieso nicht mehr viel Zeit für mich haben würde.

Josch sah ich überhaupt nicht mehr.

Immer wieder fragte ich Z-834D Löcher in den Bauch, doch der konnte mir auch nichts erzählen.

Am Abend vor dem jüngsten Gericht erfuhr ich von ihm, dass Josch irgendwann in den Wochen nach meinem Geständnis von einen Tag auf den anderen verschwunden gewesen war, einfach abgehauen, ohne ein Wort zu sagen. Das enttäuschte mich dann doch irgendwie.
 

Alles kam mir vor, wie ein böser Traum, als ich an diesem Abend auf die Schlafmatte sank und mich lange hin und her wälzte, bis ich endlich etwas Schlaf fand.

Wirre Träume plagten mich in der Nacht; Josch, der langsam in der Ferne verschwand, während ich auf einem Fleck festzukleben schien; Seth, der sich auf einmal in eine geiferndes Ungeheuer mit langen Reißzähnen und schmutziggrauem, zotteligem Fell und trüb-gelben Augen, die mich anfunkelten verwandelte; meine leiblichen Eltern und meine Zieheltern von der Erde, Meike und alle anderen Menschen, die mit der Zeit dort meine Freunde geworden waren, suchten mich heim.
 

Am nächsten Morgen; es war noch ziemlich früh; wachte ich schließlich schweißgebadet auf und versuchte, diese Albträume zu vegessen, während ich mich auf den Weg zur Dusche machte.

Das warme Wasser ließ mich tatsächlich erstmal meine Träume verdrängen, sodass ich mit relativ freiem Kopf wieder aus der Dusche stieg und zurück zu meinem Zimmer schlenderte.

Meine nackten Füße hinterließen Abdrücke auf dem kalten Steinboden, der fast den gesamten Boden des Schlosses zierte.

Leicht fröstelnd legte ich mich wieder hin, um noch ein bisschen Schlaf, diesmal vielleicht etwas ruhiger, zu bekommen.
 

Tatsächlich hatte ich tief und traumlos geschlafen, bis Z-834D mich weckte, damit ich mich auf die Schließung des Junissa-Bundes vorbereiten konnte.

Und auf das, was danach folgen sollte...

Alles war genau mit ihm abgeklärt; Z-834D war mein einziger Vertrauter hier; er hatte mir auch bei dem Ausarbeiten des Plans und der Vorbereitung zu seiner Durchführung geholfen. Ich wusste selbst nicht, warum er das für mich tat; er wohl auch nicht. Auf jeden Fall hatte er mich in der Zeit, die wir uns näher kennengelernt hatten, ziemlich liebgewonnen, sonst hätte er dieses Risiko sicher nicht auf sich genommen.
 

Der Saal war proppevoll, alles drängelte, quetschte und drückte, um einen guten Blick auf die Tribüne zu haben, auf der sich Seth, seine und meine Eltern und ich befanden - und natürlich der, der unseren Bund schließen sollte.

Es war der Älteste des Volkes, der dazu auserwählt worden war; ein Tattergreis, dessen langer Bart strubbelig nach unten hing, während sein Haupt nur noch zwei bis drei dünne Härchen krönten.

Seth in seinen traditionellen Kleidern aus Wildfell, dessen vorherigen Besitzer er eigenhändig erlegt hatte und ich, mit meinem prächtigen Kleid, das über und über mit Federn und eingewebten Edelmetallfäden und meinem Schmuck, der mir schwer und tückisch glitzernd um Hals hing, gaben echt ein tolles Paar ab - in den Augen der Zuschauer.

Während der ganzen Zeremonie, in der unter Anderem ein Tieropfer dargebracht wurde (bei dem Anblick waren mir fast die Tränen gekommen, da es sich um ein noch ganz junges Geeh handelte, das Ähnlichkeit mit einem Rehkitz hatte), viele Segen gesprochen wurden und Trommeln den Höhepunkt ankündigten, sah ich Seth nicht ein einziges Mal an, da ich Angst hatte, er würde in meinen Augen lesen können, was ich vorhatte.

Als wir nun schließlich aufgefordert wurden, unsere Hände aufeinander zu legen und der alte Knacker Seth fragte, ob er mit mir an seiner Seite über das Reich regieren würde, er mit "Ja" antwortete und die Menge in einen Beifallsjubel ausbrache, klopfte mein Herz schneller. Gleich war es soweit...

"Und du, K-759F, von deinen Eltern Fihna genannt, wirst du mit S-637W, von seinen Eltern Seth getauft, an deiner Seite, über das Land und Volk der Cheen regieren, bis an dein Lebensende, so antworte mit "Ja"

Stille breitete sich im Saal aus, als sie gespannt auf meine Antwort warteten, die sie ja sowieso schon kannten. Dachten sie.

Ich holte tief Luft, um das, was ich jetzt sagen würde, auch laut genug herauszubringen, denn im Moment fühlte sich meine Kehle an, als ob sie durch einen riesigen Stein verstopft wäre.

"Ich", begann ich mit bebender Stimme, aber weithin hörbar, "werde niemals mit Seth regieren! Ich werde überhaupt nicht regieren! Sucht euch doch jemand anderen, der das für euch macht!"
 

-13-
 

Die letzten Worte hatte ich geschrieen.

Mit einem Ruck entriss ich meine Hände denen von Seth und stürmte die Tribüne hinunter, durch die vor Schreck immer noch schweigenden Massen, durch die Gänge nach draußen, wo ich schwer und schnell atmend stehenblieb.

Hektisch sah ich mich um, entdeckte den Gleiter, der in einigem Abstand wartete und sprintete darauf zu.

Die Tür wurde aufgestoßen und ich hechtete hinein. Noch während ich die Tür wieder schloss startete der Gleiter und zischte durch die Luft, Richtung offene Steppe.

Seufzend ließ ich mich nach hintern in den Sitz sinken, blickte auf Z-834D, der mit unbewegter Miene meiner Freiheit entgegensteuerte - und seinem Exil.
 

Er hatte vorgesorgt und ein Lager eingerichtet, welches in einer versteckten Höhle untergebracht war, die so weit vom Palast entfernt wie möglich lag.

Drei Tage - nur mit ein paar kleinen Rasten zum Essen - fuhren wir durch, bis wir es erreichten.

Decken, Proviant und Waffen waren fein säuberlich in Leder eingewickelt und zu Stapeln aufgeschichtet.

Interessiert inspizierte ich diese Ansammlung von für uns überlebenswichtigen Dingen und setzte mich, erschöpft von der langen Fahrt, auf den Boden.

Ich trug nun wieder Kleidung aus Lonn; sie war hier in der Wildnis sehr viel praktischer als meine "Luxusklamotten" aus dem Palast oder die Sachen von der Erde.

Leicht, luftig und vor allem dehnbar und anschmiegsam musste der Stoff sein, damit er hier nützlich war.

"Was sitzt du denn so rum?", fuhr Z-834D mich etwas gereizt an. "Wir müssen die Sachen in den Gleiter schaffen!"

"Wäre es nicht besser, wenn wir den Gleiter einfach hierlassen?", überlegte ich. "Das ist unauffälliger."

"Mag schon sein", erwiderte er, während er sich daran machte, den Gleiter neu zubeladen, "aber wir sind noch nicht weit genug weg, um zu Fuß weiterzugehen. Und jetzt hilf mir bitte."

Begreifend machte ich mich an die Arbeit und nach relaitv kurzer Zeit hatten wir den überflüssigen Ballast aus- und unsere neue Fracht eingeladen.

Ohne viel Zeit zu vertrödeln machten wir uns wieder auf den Weg; diesmal war ich an der Reihe mit steuern. So einen Gleiter zu fliegen war gar nicht mal so schwer, wenn man es erst einmal begriffen hatte.

"Wo wollen wir eigentlich genau hin?", wollte ich nach einiger Zeit wissen.

"Nach Gweelthy, das ist ein Ort für Verbannte und Flüchtige, für Leute, die nicht gefunden werden wollen."

"So wie wir..."

Wieder schwiegen wir eine ganze Weile, bis ich erneut das Wort ergriff:

"Und wie lange wird es dauern, bis wir dort sind?"

Ich musste etwas auf meine Antwort warten, bis er meinte:

"Wenn wir so weitermachen und nicht vom Kurs abkommen... ca. zweieinhalb Wochen noch."

Geschockt schwieg ich. So lange dauerte das? Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Aber es war irgendwie auch logisch, denn das Exil musste (meiner Vorstellung nach) ziemlich weit weg sein.
 

Zwei Wochen lang flogen wir unbehelligt und sehr schweigsam immer gen Süden. Während dieser Zeit war eines der wenigen Dinge, die ich aus Z-834D herausbekam, sein richtiger Name. Er lautete Tonga. Ein seltsamer Name, auch für einen Cheen, fand ich. Seit ich seinen Namen erfahren hatte, sprach ich ich auch so an, denn das war persönlicher. Nach dieser Sache mit der gemenisamen Flucht verband uns auch etwas, dass diese Persönlichkeit rechtfertigte.

In der Zeit, in der nur das summende Geräusch des Gleiters zu hören war, der schnell über die trockene Steppe zischte und die Gräser mit Gewalt nach unten presste, waren meine Gedanken immer weit weg. Nur selten dachte ich an Dahne und Fihna, an die versaute Hochzeit und an das Leben, dass ich mir da hatte entgehen lassen (wenn mand as überhaupt Leben nennen konnte). Die meiste Zeit über dachte ich an Josch. Was er wohl gerade tat und wo er wohl war? Ob er zur Erde zurückgekehrt war? Ich hatte versucht, Tonga dazu zu überreden, dass wir zur Erde flüchteten, doch er hatte heftig widersprochen. Dort wimmle es nur so von Cheen, die uns sofort finden und zurückbringen würden. Da waren wir hier schon sicherer - meinte er. Ich hatte da andere Ansichten, doch ich unterwarf mich seinem Vorschlag, da mich sein zweites Argument schon nachdenklicher stimmte. Denn, woher ein Raumschiff zur Erde bekommen? Dass die Cheenprinzessin geflohen war, sprach sich herum wie ein Laffeuer weshalb wir im Raumhafen schon gefangen sein würden, bevor wir überhaupt bis zu den Shuttels vorgedrungen gewesen wären.

Jedenfalls kreisten meine Gedanken oft um Josch und damit natürlich auch um Seth, der ja die Ursache dafür gewesen war, dass Josch und ich uns verkracht hatten. Naja, verkracht war wohl noch etwas milde ausgedrückt.
 

Die Gegend wurde immer trostloser, nur hier und da war noch ein grüner Grashalm zu entdecken, der einsam und verlassen in der Sonne schwitzte.

Langsam tauchte vor uns ein mächtiges Steingebilde auf, das wie eine Festung aus der Erde ragte.

Schwarz, drohend und scheinbar unneinnehmbar, versperrte es uns den Weg.

Tonga bedeutete mir, auf die schwarzen Felsen zuzuhalten, was ich etwas widerwillig tat.

Kurz vor ihnen hielten wir an und tauschten auf seine Anweisung hin die Plätze.

Der Gleiter setzte sich wieder in Bewegung, direkt auf die massive Steinwand zu. Auf einmal sah ich in der scheinbar undurchdringbaren Mauer ein dunkles Loch, etwa so groß wie zwei mal zwei Gleiter, sodass wir gut hineinfliegen konnten.

"Du willst doch nicht etwa da rein?!", fragte ich erschrocken.

Statt einer Antwort hielt Tonga nur weiter darauf zu, ich konnte nicht anders, als ihm zu vertrauen. Er wusste schon, was er da tat.

Schon waren wir in das dichte Dunkel eingetaucht; es umgab uns völlig, man konnte nicht einen Zentimeter weit sehen.

Mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Wie konnte er wissen, wo er lang musste? Ich konnte es mir nicht erklären.

Plötzlich wurde es so strahlend hell, dass ich die Augen schließen musste, um nicht zu erblinden. So fühlte es sich jedenfalls an.

Noch während ich die Lider geschlossen hatte, spürte ich, wie der Gleiter sich verlangsamte und schließlich ganz zum Stillstand kam.

Vorsichtig hob ich sie wieder einen Spalt und fand mich am Anfang eines hell erleuchteten Tales wieder, das mindestens zehn Hektar umfasste. Beeindruckt blickte ich mich in der Oase der Sandwüste um; saftige grüne Wiesen, auf denen hier und da Yents grasten, massig dicht belaubte Bäume, die kühlen Schatten spendeten und abgebrannte Feuerstellen, die die Gegend sprenkelten. Die Begrenzung des Tals bestand aus bemosten Felswänden, die steil in die Höhe aufragten und den Blick auf den wolkenlosen Himmel über uns freigaben. Aus einer dieser Steinwände brach ein kleiner Fluss hervor, der ein paar Hundert Meter weiter wieder im Fels verschwand- idyllisch.

Tonga verließ den Gleiter und stieß einen Laut aus, den ich nicht definieren konnte, so sehr ich mich auch anstrengte.

Auf einmal kamen von überall her Cheen, aus Winkeln, Ecken, Spalten und Höhlen, die ich vorher nicht bemerkt hatte, weil sie hinter Wänden aus herunterhängenden Rankpflanzen versteckt lagen.

Unbewusst weiteten sich meine Augen in leichtem Entsetzen, denn diese Cheen, die sich uns da näherten, sahen wild und ungezähmt aus. Immer näher kamen sie, raubtierhafte Schritte, wilder Blick, Feuer in den Augen, unsagbar geschmeidig, was das ungepflegte und beinahe köterhafte Aussehen lügen strafte.

Einer von ihnen, er sah von allen am unbändigsten aus, trat auf Tonga zu und baute sich drohend vor ihm auf.

"Was willst du hier, Fremder?!", knurrte er.

Tonga senkte demütig das Haupt und antwortete:

"Meine Begleiterin und ich benötigen dringenst Unterschlupf. Ich bitte Euch Rash, gewährt ihn uns."

Erstaunt hob sein Gegenüber die buschigen Augenbrauen.

"Du kennst meinen Namen. Woher?"

"Ein Freund hat ihn mir verraten. Er lebte einmal hier, nachdem er verstoßen wurde - zu Unrecht."

"Wie lautete sein Name, Fremder?"

"Er nannte sich Anubis. Sagt Euch dieser Name etwas?"

Ein trauriger Ausdruck trat in die Augen des Cheen, dessen Name Rash war. Neugierig wartete ich ab, was nun geschehen würde.

Bedächtig nickte er.

"Ja, ich kenne ihn nur zu gut. Er war unser Führer, bevor ich seinen Platz einnehmen musste."

"Musste?"

"Er hat sich für uns geopfert. Wahren Heldenmut hat er besessen, ich hätte an seiner Stelle nicht anders gehandelt. Nun... da du ein Freund von ihm warst... seid willkommen in Quesk, dem Tal der Verstoßenen."
 

Wir wurden freundlich aufgenommen, wenn ich mich auch erst daran gewöhnen musste, dass mich überall wo ich hinging interessierte Blicke streiften. Hier musste man beweisen, dass man stark war und Durchsetzungsvermögen besaß, das war mir gleich am Anfang klargeworden. Und ich besaß Durchsetzunsvermögen!

Hier konnte ich meine Instinkte und Fähigkeiten, die ich in letzter Zeit fast völlig vernachlässigt hatte, neu schulen. Rash nam sich öfter eigens für mich Zeit, um mir beizubringen, wie ich die besten Überlebenschancen in der Wildniss hatte. Denn wir blieben ja nicht immer in diesem Tal, das Schutz und Sicherheit bot. Wir mussten auf die Jagd gehen, um neue Yents ins Tal zu treiben, die wir dort weiden ließen. Außerdem brauchten wir Vorräte an Kleidern, die wir uns von denen stahlen, die sich ungünstigerweise in diese verruchte Gegend wagten. Allerdings lag es uns fern, andere Cheen zu töten, außer, es handelte sich um Notwehr.

Mit der Zeit gewöhnte ich mich an dieses Leben, verwilderte zusehends und hatte nach hartem Training soger fast noch schärfere Sinne als Rash, unser Anführer. Manchmal meinte er scherzhaft zu mir, ich würde einen viel besseren Anführer abgeben, als er. Er wusste ja nicht, dass ich eigentlich eigens dafür bestimmt gewesen war - zu führen und zu regieren. Doch darüber hatten weder Tonga noch ich je ein Wort verloren und niemand fragte uns nach dem Grund, weshalb wir hier Schutz gesucht hatten. Das war eine unserer Regeln, frage nie nach, warte, bis du es von selbst zu hören bekommst. Daran hielten sich alle. Überhaupt wurden alle Gebote strengstens befolgt, denn das war für das gemeinsame Überleben unendlich wichtig. Während meiner gesamten Zeit in Quesk, dem Tal der Verschollenen, erlebte ich nicht einmal den Ungehorsam eines Untergebenen.
 

-14-
 

Mein Herz pochte aufgeregt. Nun war es endlich soweit, meine Prüfung stand bevor. Die Prüfung, die mich zu einem vollwertigen Mitglied der Gemeinschaft machen würde, wenn ich sie bestand. Tonga hatte sie schon vor einem Jahr bestanden, doch ich war noch zu jung und zu unerfahren gewesen. Jetzt war ich siebzehn, also alt genug, um es endlich zu versuchen.

Meine Haare waren ein beträchtliches Stück länger geworden, denn hier schnitt man sie niemals ab, lange Haare galten als ein Zeichen der Stärke. Also hatte ich sie zu einem festen Zopf geflochten, damit sie mir nicht störend ins Gesicht hingen. Ich trug eine ausgefranste Lonnhose, die gerade noch so lang war wie eine megakurze Hotpants und ein ziemlich knappes Lonntop mit Spaghettiträgern, das auch schon einges mitgemacht hatte. Doch in diesem Gebiet war das nur von Vorteil, man musste wendig und geschmeidig sein, um zu überleben.

Hier draußen hatten wir es nicht nur mit primitiven Raubtieren und Yents, deren Hörner nur zu leicht tödliche Stöße versetzen konnten zu tun, sondern auch mit anderen Cheen, die sich im Gegensatz zu uns nicht an das Gebot hielten, nicht sinnlos zu töten. Sie brachten jeden um, den sie in ihre dreckigen Krallen bekamen und waren unsere größten und erbittertsten Feinde.

Meine Prüfung bestand darin, ein ausgewachsenes Yent ganz auf mich allein gestellt von seiner Herde zu trennen und zur Strecke zu bringen - ohne Waffen. Rash und die Gruppe würden es sich aus sicherer Entfernung ansehen und entscheiden, ob ich reif genug war, ein vollwertiges Mitglied zu werden.

Die einzige, die auch noch die Prüfung machen musste, war Reen, das andere Mädchen außer mir im Tal. Sie war erst fünfzehn und musste noch hart trainieren, bis sie es schaffen würde.

Mein Herz schlug schneller, als ich mich auf die offene Ebene begab. Niemand würde mir hier zur Hilfe kommen, selbst wenn ich das Yent schon erlegt haben und auf dem Rückweg sein würde und mich jemand angriff.

Ich spürte, wie die Angst langsam in mir hochzukriechen begann, doch ich unterdrückte dieses Gefühl erfolgreich.

Ca. zehn Kilometer entfernt graste eine Yentherde, ich witterte sie schon auf diese Entfernung.

Im leichten Trab näherte ich mich ihnen in entgegengesetzter Windrichtung, um sie nicht schon vorher wissen zu lassen, dass ich auf dem Weg war. Da sie sehr schlecht sahen, würden sie mich erst bemerken, wenn ich den Angriff startete.

Einige hundert Meter entfernt von der Herde kauerte ich mich auf den Boden und suchte mir mein Opfer aus. Sogleich fiel mir ein relativ junges Tier ins Auge, das etwas abseits von den anderen graste. Offensichtlich machte es sich keine Sorgen über einen Angriff. Umso besser, denn dieser Bulle war genau der Richtige für meine Prüfung.

Mir war bewusst, dass Rash mich im Auge behielt und alle meine Bewegungen genaustens abschätzte, obwohl ich ihn weder sehen noch wittern konnte.

Meine Muskeln spannten sich in freudiger Erwartung, als ich den besten Augenblick abpasste, um loszusprinten.

Jetzt!

Mit den Hinterbeinen stieß ich mich ab, um genug Schwung zu haben und hetzte, mich flach am Boden haltend, auf mein Opfer zu, das sich vor Schreck noch weiter von seinen Kameraden entfernt hatte. Meine Chance!

Ich hatte Mühe, meine Gedanken klar zu behalten, denn das Jagdfieber hatte mich gepackt. Ich drängte mich zwischen die Herde und den Bullen, um ihm den Weg zu den Anderen zu verwähren.

Mein sehniger Körper glänzte in der Sonne, als sich das Licht auf meinem rabenschwarzen Fell widerspiegelte.

Gierig bleckte ich die Zähne, als ich mich langsam aber zielsicher auf den Bullen zubewegte, der trotzig stehengeblieben war, bereit, selbst zum Angriff überzugehen. Eine gefährliche Situation. Mir wäre es lieber gewesen, wenn er geflüchtet wäre. Aber man musste aus jeder Situation das beste machen.

Also hielt ich mich weiterhin dicht am Boden, sprungbereit, nur auf eine ungeschützte Stelle wartend.

Mein Opfer schnaubte nervös und warf den Kopf hin und her. Wenn er doch nur...

Ja, das war der richtige Augenblick!

Mit einem Fauchen sprang ich ihm an die Kehle, die er ein paar Sekunden lang entblößt hatte. Diese Sekunden waren sein Ende! Tief schlug ich meine Zähne in das Fleisch, hängte mich mit meinem ganzen Körpergewicht daran und versuchte, ihn zu Boden zu ringen.

Mehrmals wurde ich herumgeschleudert, dass ich Mühe hatte, mich festzuhalten, doch im Wahn des Siegeswillens ließ ich nicht locker, selbst, als eines der Hörner mein linkes Bein leicht aufschlitzte.

Das war der letzte Versuch des Bullens, mich abzuschütteln, bevor er entkräftet und halb erstickt auf den Boden sank.

Keuchend ließ ich für den Bruchteil einer Sekunde los, um gleich darauf meinen Biss an die Stelle zu setzten, wo er sein Genick brach. Ein letztes Schnauben, ein letztes Augenverdrehen und der kleine Rest des Lebens, das noch in ihm gewesen war, wich aus ihm.

Ich ließ mich erleichtert zurückfallen und sah mich besorgt nach dem Rest der Herde um, die weiter sorglos grasten. Für sie bestand keine Gefahr mehr, das wussten sie.

Stoßweise atmend wischte ich mir das karmesinrote Blut mit dem Handrücken aus dem Gesicht und von den Lippen, während ich es auf meiner Zunge schmeckte.

Ich hatte es genossen, wieder einmal in meiner Ursprungsform zu jagen und den Geschmack von Blut im Mund zu haben. Es gab einem ein Hochgefühl, wie es nur auf der Jagd erlebt werden konnte.

Den Sieg genießend sah ich auf den Bullen herunter, der leblos im Staub der Steppe lag. Diesen würden wir nicht zum Essen verwenden, wie sonst alle.

Als ich mich wieder erhob, um meinem Opfer die Hörner abzutrennen, die ich als Siegestrophäe mitnehmen durfte, durchzuckte mein linkes Bein ein brennender Schmerz. So ein Mist, er hatte mir das Bein verletzt! Das würde sicherlich Punktabzug geben... Das Brennen ignorierend zückte ich mein Jagdmesser, das mein wertvollstes Stück war. Ohne mein Messer galt ich praktisch gar nichts. Rash hatte es mir geschenkt, mit der Erlaubnis von Tonga, der sozusagen mein Fürsorger gewesen war. Bis jetzt - hoffentlich. Denn wenn ich die Prüfung bestanden hatte...

Mit ein paar geübten Schnitten trennte ich die grauen Hörner, die eine beträchtliche Länge hatten, vom Kopf und steckte sie in meinen Gürtel, wie mein Messer.

Dann machte ich mich auf den Rückweg.

Geschafft, ich hatte es geschafft!, frohlockte ich und machte vor Freude einen kleinen Hüpfer. Nicht alle weiblichen Cheen schafften die Prüfung so früh, einige sogar nie.

Ein bisschen Stolz war ich schon und dieser Stolz ließ mich unachtsam werden. Sonst wäre das Folgende vielleicht etwas anders ausgegangen...

Überschwenglich hob ich meine Arme im Triumph und lachte erleichtert, dass ich es gut überstanden hatte.

Da zischte etwas durch die Luft; ich nahm ein scharfes Sirren wahr, kurz bevor sich die Metallspitze des Pfeils tief zwischen meine Rippen bohrte.

Ich krümmte mich vor Schmerz und versuchte herauszufinden, woher dieser verdammte Pfeil gekommen war. Doch kaum wurde ich mir dessen bewusst, traf mich ein harter Schlag in den Nacken, der mich entgültig zu Boden gehen ließ.

Ich hörte ein hämisches Lachen über mir und wusste sofort, das war einer der Cheen, die wir Keef nannten, was soviel wie Verräter hieß. Unsere ärgsten Feinde. Und diese hattten mich nun in ihrer Gewalt...

Mit einem ziemlich unsanften Stiefeltritt in meine Seite beförderten sie mich auf den Rücken, sodass ich in ihre derben, bärtigen Gesichter sehen konnte, aus deren Augen mir blanker Hass entgegenschlug.

"Sie mal an, haben wir doch nochmal einen von euch erwischt! Und dann auch noch ein junges Mädel! Was für ein Glück wir doch haben!", johlte er seinen drei Freunden zu.

Verdammt, gegen vier von denen hätte ich sogar unverletzt kaum eine Chance gehabt! Warum halfen mir Rash, Tonga und die anderen nicht?! Diese dummen Prüfungsregeln konnten doch nicht auch in diesem Fall gelten?! Aber anscheinend war es genau so.

"Was sollen wir jetzt mit ihr anstellen?"

"Mitnehmen! Wir hatten schon lange keinen richtigen Spaß mehr! Die ist doch genau richtig! Jung und hübsch noch obendrein! Wenn man einen von diesem Gesochs überhaupt so nennen kann!"

Der, der über mir stand schien zu überlegen.

"Ja, was kann es schon schaden, ob ihr euch erst noch etwas mit ihr vergnügt oder wir sie gleich zur Strecke bringen. Sterben wird sie sowieso."

Nachdem sie noch ein paar Mal auf mich eingetreten hatten, fesselten sie mich an Händen und Füßen und trugen mich über die Schulter gehängt davon.

Warum half mir denn keiner?!
 

Scheinbar eine Ewigkeit baumelte ich halb bewusstlos mit dem Kopf nach unten, bis sie ein Rast einlegten, damit mich mal ein anderer dieser Kreaturen tragen konnte. Anscheinend war ich auf die Dauer ziemlich schwer. Ein schwacher Trost, wenn ich daran dachte, was sie noch alles mit mir anstellen würden...

Manchmal wünschte ich mir wirklich, kein Mädchen sondern ein Junge zu sein.

Verzweifelt versuchte ich mich trotz der Fesseln zu wehren, ich wand mich hin und her, wobei mein Bein und meine Seite arg schmerzten und schrie, was das Zeug hielt.

"Verdammt, dieses Gör ist ja nicht zum aushalten!", rief mein Träger genervt und schmiss mich auf den Boden.

"Bist du wohl still!!!!", brüllte er mich an und trat zu. Wieder und wieder. Immer die gleiche Stelle, bis ich endlich Ruhe gab, weil der unbändige Schmerz mir fast die Sinne raubte und den Atem nahm.

"Na bitte, geht doch", brummte er und wollte mich gerade wieder schultern, als sich vor meinen Augen ein langes Messer tief in seine Brust bohrte, direkt ins Herz. Das Messer war praktisch aus dem Nichts gekommen, völlig unvorbereitet.

Aufgeschreckt scharten sich die anderen drei zusammen, ungläubig auf ihren toten Kameraden heruntergaffend.

"Wo kam das denn her?! Verdammt, was soll denn das, ich..."

Weiter kam er nicht, denn ein weiteres Messer schwirrte durch die Luft und traf sicher sein Ziel; das Herz des Keef.

"Verdammt, ein Hinterhalt!"

"Ach nee!"

"Halt doch die Klappe!"

"Halt du doch die Klappe!"

Mit Mühe mein Bewusstsein wahrend, sah ich, wie zwei weitere Messer durch die Luft schossen und ihr Ziel nicht verfehlten.

Wie konnte man nur so dumm sein und sich einfach so mit der gleichen Methode abschlachten lassen, wie seine drei Kameraden vor ihm?, fragte ich mich noch, bevor ich wegdämmerte.
 

-15-
 

Die undruchdringbare Schwärze, die mich umfangen hatte, begann sich aufzulösen, sodass ich langsam wieder einen klaren Blick bekam.

Wo war ich denn hier gelandet? Hatten mich diese Keef womöglich doch noch in ihr verdammtes Lager gebracht, dass wir immer schon gesucht, aber nie gefunden hatten?! Aber was hatte dann dieser Angriff zu bedeuten, der praktisch aus den Nichts gekommen war?

Fragen über Fragen.

Unter großem Kräfteaufwand stemmte ich mich von dem weichen Yentfell hoch, auf das man mich gebettet hatte. Nein, hier konnten unmöglich Keef wohnen! Dafür war es hier viel zu ordentlich und gepflegt! Außerdem hätten sie es mir wohl kaum so gemütlich gemacht...

Aber wer war es dann?

Erstaunt sah ich auf mein Bein herunter, das behandelt und sauber verbunden war, genauso wie meine Seite, in die mich der Pfeil getroffen hatte.

Neben meinem Lager fand ich eine hölzerne Schale mit ordentlich Grünzeug und ein bisschen Frischfleisch. Zuerst wollte ich mich ohne Bedenken darüber hermachen, denn die Jagd und der Höllentrip danach hatten mich völlig ausgelaugt. Doch dann besann ich mich darauf, zur Vorsicht doch lieber erst von dem Wasser meinen Durst zu stillen, das klar und harmlos in einem Tonkrug neben der Schale stand.

Es war eine wahre Wohltat, als das kühle Nass meine Kehle herunterrann.

Danach sah ich mich weiter in der Höhle um, das hieß, soweit es meine Kräfte erlaubten. Vorerst musste ich mich wohl oder übel damit begnügen, von meiner Ruhestätte aus die Umgebung zu erforschen.

Der Raum war nicht sonderlich groß, beinhaltete eine Feuerstelle, das Fell auf dem ich lag und einige beinerne Töpfe, hölzerne Schalen, Tonkrüge, ect.

Doch die Höhle verengte sich vorne zu einem schmalen Gang, der um die Ecke führte, sodass ich den weiteren Verlauf dieser Wohstätte bzw. den Ausgang nicht sehen konnte.

Plötzlich hörte ich ein Geräusch, das an das zurseiteschieben einses Pflanzenvorhangs erinnerte, doch der Blick blieb mir weiterhin verwährt.

Kurz darauf folgten leise Schritte, die wahrscheinlich von Ledersohlen gedämpft wurden.

Dann erschien eine mittelgroße Gestalt in meinem Gesichtsfeld, hielt inne, als sie bemerkte, dass ich wieder bei Buwusstsein war und kam schließlich langsam auf mich zu.

Ich konnte ihr Gesicht im Dämmerlicht nicht besonders gut erkennen, doch auf jeden Fall konnte ich sagen, dass dies ein männlicher Cheen war, in etwa so alt wie ich, ein paar Jahre älter vielleicht.

Ein ungepflegter Bart spross ihm, doch die Augen hatten einen klugen Ausdruck und straften das schon etwas angsteinflößende Erscheinungsbild lügen. Aus ihnen sprach eine Wärme, die man ihnen bei diesem kantigen, von Leid gezeichneten und hart gewordenen Gesicht gar nicht zugetraut hätte.

Auch der Rest seiner Gestalt war - zwar aufrecht und kriegerisch - ärmer noch als bei uns in Quesk. Er musste hier draußen ganz allein gelebt haben. Wahrscheinlich hatte er sich stets mit uns sowie auch mit den Keef rumschlagen müssen, da er ja zu keinem von beiden gehörte.

Ich hatte komischerweise keine Angst vor ihm, obwohl ich es wohl eigentlich haben sollte. Ich kannte ihn ja nicht und wer weiß, er könnte genauso schreckliche Sachen mit mir anstellen, wie die Keef sie vorhatten... Doch ich dachte noch nicht einmal eine Sekunde daran, dass er so etwas tun würde.

Besorgt blickten seine Augen in meine - warme braune Augen, seltsam bekannt und doch so fremd. Ich hatte mich inzwischen wieder hingelegt und ließ mich jetzt eingehend von ihm mustern.

"Wie geht es dir?"

Diese Frage hatte ich schon tausendmal von Tausenden gehört, doch nie hatte sie mich so erstaunt oder erfreut wie jetzt.

"Ganz gut... glaub ich..."

"Du hast nochmal Glück gehabt. Sie hätten dich mit Sicherheit umgebracht."

"Ja, ich weiß..."

Auch ich musterte meinen Gegenüber, die schlanke und sehnige Statur, die Muskeln, die sich deutlich unter der Lederkleidung abzeichneten und wieder und wieder das markante Gesicht mit dem dunkelbraunen Haarschopf. Er erinnerte mich an jemanden...

"Du hast dein Essen nicht angerührt." Es war eher eine Feststellung als eine Frage.

"Ich war... misstrauisch."

"Ja, da hast du ganz recht, Misstrauen ist nie verkehrt, wenn es nicht zu viel wird. Aber ich versichere dir, du kannst es unbesorgt essen."

Ich lächelte. Ihm konnte ich vertrauen, das spürte ich tief in meiner Seele.

Vorsichtig nahm ich ein Stück von dem Fleisch und ließ es mir schmecken. Darauf würgte ich auch noch die Kräuter herunter, die zwar absolut scheußlich schmeckten, aber eine heilende Wirkung haben sollten.

Er drehte sich um und schlenderte aus dem Raum.

"Wo willst du denn hin?", fragte ich nervös, denn ich wollte nicht wieder allein gelassen werden.

"Keine Sorge,Nadine, ich hole nur frisches Wasser. Bin gleich wieder da."

Und schon war er verschwunden. Wie gelähmt blieb ich liegen. Woher... woher kannte er meinen Namen? Bzw. meinen Erdennamen? In den letzten Jahren war ich ausschließlich mit Fihna angesprochen worden, meinem Cheennamen.

Dafür konnte es nur eine Erklärung geben. Diese Person musste auf der Erde gelebt und mich gekannt haben! Da kam für mich eigentlich nur einer in Frage. Und wenn ich ihn so mit dem Erscheinungsbild meines Retters verglich... Kein Zweifel, er musste es einfach sein!

"Sag mal", fing ich an, als er wieder zurück war, "wieso hast du mich eigentlich gerettet? Das muss doch ziemlich gefährlich für dich gewesen sein."

"Nun ja...", begann er zögernd, "Ich konnte dich doch nicht in der Gewalt dieser... Ungeheuer lassen! Sie hätten dich umgebracht!"

"Na und? Kann dir das nicht egal sein? Hier zählt nur das Überleben des Einzelnen, hab ich gehört."

"Das stimmt schon..."

"Kann es sein, das wir uns kennen?", versuchte ich es anders.

"Kann schon sein..."

Ich beschloss, einen Vorstoß zu wagen und fragte ein bisschen unsicher:

"Josch?"

Erstaunt sah er mich an.

"Wie... woher...?"

"Deine Augen haben dich verraten", erwiderte ich ernst, aber dennoch etwas belustigt über sein Erstaunen.

Ein Grinsen trat in sein Gesicht und er meinte:

"Ja, gut erkannt Nadine. Jetzt weißt du hoffentlich, warum ich nicht zulassen konnte, dass sie dich töten. Auch nach alldem, was passiert ist."

Schweigen trat ein, während ich unzählige Fragen im Kopf hatte, mich jedoch nicht traute, sie laut zu stellen.

Schließlich nahm Josch sich ein Herz und brach die Stille:

"Was hat dich eigentlich in diese Gegend verschlagen? Es ist ziemlich ungewöhnlich, dass sich jemand, der im Palast lebt, hierher verirrt. Beinahe undenkbar!"

Ich lachte bitter auf.

"Ich lebe schon lange nicht mehr dort. Am Tag der Hochzeit bin ich zusammen mit Tonga abgehauen. Hierher, wo sie uns nicht finden würden. Ich hätte mich lieber umgebracht, als Seth zu heiraten! Wie ich dir gesagt habe, das was damals passiert ist, hatte absolut keine Bedeutung für mich."

Josch schluckte merklich, einen betretenen Ausdruck auf dem Gesicht:

"Das heißt..." Er stockte, begann dann weiterzusprechen, eher zu sich selbst, als zu mir. "Das heißt, dass ich mich schrecklich in dir geirrt habe und ich... dir großes Unrecht angetan habe, indem ich einfach gegangen bin, ohne dir etwas zu sagen."

Er blickte mir ins Gesicht, seine Augen hatten einen feuchten Schimmer, als er mich um Verzeihung bat:

"Nadine, es tut mir so leid, ich konnte es ja nicht wissen! Ich war so dumm! Bitte, kannst du... kannst du mir vergeben?"

Flehend sah er mich an, während eine Träne seine Wange herunterlief und sich in seinem Bart verfing.

Ich lächlte ihn an und antwortete:

"Natürlich verzeihe ich dir! Du hast mir das Leben gerettet, das sagt doch alles! Ich war dir nie wirklich böse."

Es sah aus, als wenn eine Last, die vorher schwer auf Josch gelastet und ihn zu erdrücken gedroht hatte, von ihm genommen worden war.

Vorsichtig beugte er sich zu mir hinunter und küsste mich zärtlich. Genüsslich kostete ich den Kuss aus. Seine Küsse hatte ich die ganzen Jahre so sehr vermisst, dass ich schon in meinen Träumen davon verfolgt wurde.

Nun war es endlich soweit, das, wovon ich schon gedacht hatte, dass es nie wieder passieren würde.

Josch und ich, uns innig küssend - wieder vereint, alles war vergessen. Seinbar Stunden dauerte es, bis wir uns wieder aus der Umarmung lösten und er begann, so vorsichtig wie nur möglich, meine Verbände zu wechseln.
 

Unter Joschs liebevoller Pflege war ich schon bald wieder vollständig genesen und konnte mich theoretisch auf den Rückweg machen, doch ich ließ mir Zeit. Da ich mich endlich mit Josch vertragen hatte, wollte ich die gemeinsame Zeit mit ihm natürlich auch voll auskosten.

Aber irgendwann war dann der Zeitpunkt gekommen, in dem ich meine Sachen packte und mich auf den Weg machte, weil ich es in der Höhle mitten in der Einöde absolut nicht mehr aushalten konnte. Außerdem hatten Tonga und Rash mich sicherlich schon abgeschrieben und hielten mich für tot. Das würde eine nette Überraschung werden! Ich sehnte mich auch nach der Gesellschaft von Reen, die meine beste Freundin in Quesk gewesen war.

Josch schlug vor, mich zu begleiten. Dem konnte ich nur zustimmen, denn ganz allein durch die Wüste zu wandern war mir doch schon etwas unheimlich.

Also gingen wir beide, mit vier Wasserschläuchen im Gepäck, in Richtung Westen, wo nach Joschs Meinung das Tal der Verstoßenen liegen musste.

Ich hatte während meiner unfreiwilligen Reise durch die Wüste vor ein paar Monaten völlig die Orientierung verloren und hätte ohne ihn wohl nicht mehr so leicht zurückgefunden.

Wir waren von Morgengrauen an gewandert, nun neigte sich der Tag schon dem Ende zu.

"So weit kann das doch nicht sein", stöhnte ich und nahm noch einen großen Zug aus dem Wasserschlauch.

"Sei lieber sparsam mit dem Wasser, wer weiß was uns noch bevorsteht", mahnte Josch.

Ich nickte und verschloss den Schlauch wieder.

Josch schlug vor, noch solange zu wandern, bis es ganz dunkel war und dann eine Pause bis zum nächsten Morgen zu machen, dem ich zustimmte.

Die Nächte hier waren eisig, ich fror so sehr, dass meine Zähne in regelmäßigem Rhythmus anufeinander schlugen.

Josch ging es wohl nicht besser, denn auch er zitterte, als wir nebeneinnander bei einem kleinen Felsen im Windschutz lagen.

Er zog mich an sich und ich kuschelte mich eng an ihn - sofort wurde mir wärmer. Es reichte, um mich in einen unruhigen Schlaf fallen zu lassen, der bis zum nächsten Tag anhielt.

Dann führten wir unseren ermüdenden Marsch durch die mittlerweile schon grüner werdende Steppe fort.

Gegen Mittag brach ich in Freudengeschrei aus, weil die unverwechselbaren Felsen von Quesk vor uns in der Ferne aufragten.

Ich konnte es gar nicht mehr erwarten, meine Freunde wiederzutreffen! Voller Vorfreude beschleunigte ich mein Tempo, sodass Josch Mühe hatte, mit mir Schritt zu halten.

Als das gewaltige Rund direkt vor uns in die Höhe schoss, meinte Josch:

"Ich glaub, es ist beser, wenn ich jetzt wieder zurückgehe. Die sind bestimmt misstrauisch, wenn ich mitkomme."

"Ach Quatsch! Du kommst mit!"

"Lass mich wenigstens hier draußen warten und hol mich hinterher, o.k.?"

Zögernd stimmte ich zu und kletterte an den Felsen hoch, bis ich eine Wand aus Schlingpflanzen erreichte, die sich zur Seite schieben ließ. Kurz darauf verbarg mich der grüne Vorhang und schritt den Gang entlang, der sich dahinter befand.

Es kribbelte am ganzen Körper, als ich am Ausgang stand und auf das Tal herunterblickte, das sich grün und einfach wunderschön unter mir erstreckte.

Wie immer grasten ein paar Yents auf den Wiesen, doch ich sah keine Menschen- bzsw. Cheenseele.

Ein bisschen verunsichert stieg ich hinab und sah mich um. Keiner da.

Dann hörte ich sie. Die Trommeln, die angeschlagen wurden, wenn ein großer Verlust erlitten worden war.

Ich fing an zu laufen, auf den Klang der Trommeln zu.

Sie kamen aus der Höhle, in der Tonga und ich gelebt hatten. Nun setzte auch der melodische Singsang ein, der das Todeslied darstellte.

Panisch stürzte ich auf den Eingang zu, riss die Ranken zur Seite und sah mich der gesamten Cheengesellschaft gegenüber, die trauernd vor Tongas Lagerstätte stand.

Völlig außer mir drängte ich mich nach vorne und erblickte Tonga. Er lag regungslos auf seinem Lager, die Augen geschlossen. Sein Gesicht war eingefallen und weiß, der Körper abgemagert. Er gab kein Lebenszeichen mehr von sich.

Ich sank auf die Knie, konnte es einfach nicht glauben. Wie war das nur passiert?!

Tränen füllten meine Augen und liefen meine Wangen hinunter. Warum nur? Was hatte nur...

Meine Fingerknöchel traten weiß hervor, als ich wütend meine Fäuste ballte. Die Fingernägel bohrten sich in meine Handflächen und warmes Blut tropfte herunter auf den Boden.

Ich bemerkte nicht, wie das Raunen, das durch die Menge gegangen war, als ich mich nach vorne geschoben hatte, lauter wurde. Ich bekam auch nicht mit, dass Rash auf mich zukam, ungläubiges Staunen im Gesicht, mit tiefer Trauer vermischt.

Meine Gefühle schäumten über, ich konnte einfach nicht mehr. Mit einem Schmerzensschrei, der aus tiefster Seele kam, warf ich mich über Tongas leblosen Körper und ließ meinen Tränen freien Lauf, die heiß aus meinen schmerzenden Augen traten.

In kürzester Zeit war Tongas Hemd an einer Stelle völlig durchnässt.

Zwei starke Hände packten mich von hinten und versuchten mich von ihm wegzuzerren, wogegen ich mich wehrte, so gut ich konnte. Ich schlug um mich, kratzte und biss, doch es nutzte alles nichts - immer weiter entfernte ich mich von Tonga, der hinter einem Tränenschleier verschwamm.

Schließlich löste sich der eiserne Griff, der mich fest umklammert hatte und ich sackte in mich zusammen.

Die scheinbar nicht enden wollende Flut aus Tränen bildete kleine Bäche auf dem Boden. Immer wieder hallte das eine Wort in meinem Kopf umher. Sein Echo schallte vervielfältigt zurück.

Warum?!

Immer wieder.

Eine Hand legte sich leicht zitternd auf meine Schulter.

"Fihna?"

Wütend schlug ich sie davon. Wie hatten sie nur zulassen können, dass Tonga starb?

Wieso?!

"Ich kann es gar nicht glauben! Du bist wieder da! Wir dachten alle, du wärs tot!"

"So wie Tonga jetzt?!", erwiderte ich bitter.

Langsam hob ich den Kopf und blickte in das tieftraurige Gesicht von Rash.

"Nun, nicht ganz..."

"Wie dann?! Kannst du mir das erklären?!", schrie ich ihn an, obwohl ich genau wusste, dass er nichts dafür konnte.

"Du... ich dachte, du wärst den Keef zum Opfer gefallen, während er..."

Rash ließ seinen Blick lange auf Tongas Leiche ruhen, bevor er weitersprach.

"..während er starb, weil er es nicht ertragen konnte, dass er dir nicht geholfen hat, als sie dich angriffen. Er hatte es sich nicht verziehen... hat aufgehört zu essen, zu trinken und wollte immer nur allein sein."

Entsetzen durchfuhr mich wie ein Schlag. Ich war Schuld daran? Nein! Das konnte doch nicht sein!

"Wann... wann ist er gestorben?", fragte ich stockend.

"Gesternnacht muss es gewesen sein. Wir fanden ihn heute, kurz nach Sonnenaufgang..."

Was?! Das hieß... meine Kehle war wie zugeschnürt. ...wenn ich früher aufgebrochen wäre, anstatt bei Josch zu bleiben, würde er vielleicht noch am Leben sein!

Durch meinen Egoismus war mein bester Freund gestorben!

Nein, das konnte dich einfach nicht sein! Nein, nein, nein!

Mein Körper wurde von heftigen Schluchzern geschüttelt; Rash beugte sich zu mir herunter und legte seinen Arm um mich.

Ich krallte mich an seinem Hemd fest und ließ meine Tänen freien Lauf...
 

Mit belegter Stimme rief ich Josch zu mir hoch, der meiner Aufforderung dann auch ein bisschen zögerlich nachkam.

"Was hast du?", erkundigte er sich besorgt, als er neben mir stand und ich ihn zum Talausgang führte.

"Tonga ist tot..."

Betroffen schwieg Josch, bis wir den Talboden erreicht hatten, wo schon alle auf uns warteten.

Schüchtern stellte er sich ihnen vor, die seine Begrüßung erwiderten. Zum Schluss nahm Rash sich seiner an und dankte Josch im Namen aller dafür, dass er mich aus den Klauen der Keef befreit hatte.

In die Freude des Wiedersehens mischte sich die Trauer um einen guten Freund, der eine große Bereicherung für die Bewohner Quesks gewesen war.

Alle wohnten der Zeremonie bei, in der Tonga von Rash und mir zu seiner letzten Ruhestätte getragen wurde.

In eine riesige Höhle im Gestein war eine Grabkammer in den Fels gehauen worden, in die man ihn zu Ruhe bettete.

Nachdem wir alle still Abschied genommen hatte, wurde das Loch in der Wand mit Lehmziegeln zugemauert, in die sein Name eingeritzt war.

Viele dieser Gräber lagen in der Höhle, die ich oft mit Reen zusammen besucht hatte, um nach den vorigen Bewohnern zu suchen.

Die Anführer, die ihr Leben gelassen hatten, waren durch ein eingraviertes Auge gekennzeichnet.

Auch Anubis Kammer trug dieses Merkmal. Als letzte Ehre hatte man Tonga neben ihn gelegt, damit er nahe bei seinem alten Freund sein konnte, dessen Tod ihn doch sehr mitgenommen hatte.

Josch und ich standen Arm in Arm davor, als Tonga nach und nach hinter der Lehmmauer verschwand.

Tröstend streichelte er mir über die Haare, als stumme Tränen meine Wangen hinunterliefen.
 

Josch und ich teilten und die Kammer, in der ich vorher zusammen mit Tonga gelebt hatte. Fast alles erinnerte mich dort an meinen verstorbenen Freund, doch ich bestand darauf, meinen Schlafplatz nicht zu wechelsn, da ich Tonga als tapferen Cheen in Erinnerung behalten wollte anstatt seinen Tod zu verdrängen.

Das Leben im Quesk nahm seinen normalen Lauf, es kam vor, dass einer von ihnen das Leben ließ, es war unvermeidbar. Und so lebten die anderen weiter, ohne in tiefen Depressionen zu versinken, denn wer das tat, war ebenfalls so gut wie tot.
 

-16-
 

Josch und ich waren nun schon beinahe ein ganzes Jahr ein Paar und wir hatten beschlossen, den Junissa-Bund einzugehen, der für diejenigen vorbehalten war, die tatsächlich den ganzen restlichen Weg des Lebens gemeinsam verbringen wollten, was allerdings unter den Cheen ziemlich selten vorkam.

Aber wir hatten uns dazu entschlossen, was von den anderen Bewohnern Quesks mit großer Begeisterung aufgenommen wurde.

Am großen Tag standen wir, beide in feierliche Kleidung gehüllt, vor einem provisorischen Altar, den man kurzerhand aus ein paar Steinen und einer Holzplatte errichtet hatte.

Wenn ich an den Altar zurückdenke, den man bei der geplanten Hochzeit von Seth und mir aufgestellt hatte, war dieser wirklich ziemlich armselig, aber ich wollte um nichts in der Welt tauschen. Es war einfach zu schön, um wahr zu sein.

Aufgeregt und Händchen haltend standen wir nun inmitten des grünen Tals und warteten darauf, dass der Älteste des Quesks die entscheidenden Worte sprach.

Ginty, unser Greis mit dem langen zerzausten Bart, den er sich weigerte abzuschneiden, weil ihm das seine Würde rauben würde wie er immer behauptete, stand hinter der Holzplatte, trommelte leicht nervös darauf und bereitete sich auf seine kleine Ansprache vor, die er sich nicht hatte nehmen lassen wollen.

"Nun sind wir alle hier versammelt, um den heiligen Junissa-Bund zwischen diesen beiden Cheen zu schließen, die beide in der Blüte ihres Lebens stehen. Viele Gefahren haben sie zusammen gemeistert! Ja, und was für Gefahren!"

Nun begann eine sehr ausfürliche, brutale, blutige Nacherzählung meiner Rettung aus den dreckigen Klauen der Keef durch Josch, von der weit über die Hälfte einfach der wilden Phantasie unseres geliebten Ginty entsprungen war, aber alle sofort in ihren Bann schlug, während Josch und ich eng aneinander geschmiegt darauf warteten, dass er endlich mit der eigentlichen Zeremonie begann.

Nach ca. einer dreiviertel Stunde war seine Erzählung beendet und alle atmeten hörbar auf, dass diese Geschichte, die sie eigentlich alle bestens kannte, doch noch ein gutes Ende genommen hatte.

Ginty wandte sein Gesicht uns zu. Nun war es endlich soweit! Mein Herz tat einen übermütigen Sprung.

"Nun, jetzt wollen wir euch nicht mehr warten lassen", meinte er augenzwinkernd, "und endlich anfangen. Um nicht noch mehr lange Reden zu schwingen, machen wir es kurz:

Josch, seit einem knappen Jahr Bewohner des Quesks, bist du bereit, den heiligen Junissa-Bund einzugehen und den Rest deines Lebens..."

Peng!

Ein lauter Knall ertönte und den Bruchteil einer Sekunde später sackte Ginty leblos in sich zusammen, ein rotes Loch prangte in seiner Brust.

Völlig geschockt starrten wir auf unseren Ältesten, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. Dann ging alles bllitzschnell:

Weitere Schüsse fielen kurz hintereinander, bei jedem ging ein weiterer meiner Freunde nieder.

In die restlichen schien auf einmal wieder Leben gekommen zu sein, denn sie hasteten schreiend und völlig überumpelt durcheinander. Josch war der erste, der von uns einen klaren Gedanken fassen konnte.

Geistesgegenwärtig zog er mich in den Schutz einer Höhle, wo ich unsanft auf dem Boden aufschlug.

Von dort konnten wir beobachten, wie die meisten andreren unserem Beispiel folgten und sich in Verstecken verkrochen.

Neue Schüsse krachten, erneut gingen Cheen zu Boden.

Verdammt, was war geschehen?!

Ungläubig starrte ich auf die Szene, die sich mir bot und überlegte fieberhaft, was ich jetzt tun konnte.

In Joschs Kopf arbeitete es auch, man sah es ihm förmlich an. Aber keinem von uns fiel etwas ein.

Nach weniger als einer Minute war es vollständig still geworden im Quesk, nichts regte sich mehr. Alle waren entweder in einem Schlupfwinkel untergetaucht oder hatten es nicht mehr geschafft und lagen im Gras, das sich blutrot färbte.

Josch und ich hielten den Atem an und warteten darauf, dass etwas passierte, doch es blieb still.

Plötzlich sah ich gegenüber von unserem Versteck jemanden, der es wohl nicht mehr für nötig hielt, in Deckung zu bleiben. Es war Reen, die sich jetzt langsam an einen bewegunslos im Gras liegenden Cheen heranpirschte, den ich nicht genau erkennen konnte.

Ich wollte ihr zurufen, dass sie sich gefälligst wieder verstecken sollte, doch Josch, der erkannt hatte, dass ich sie warnen wollte, presste seine Hand fest auf meinen Mund, sodass ich keinen Ton herausbekommen konnte.

"Du verrätst uns noch!", zischte er mir zu.

Tränen schossen mir in die Augen, ich wollte mich wehren aber Josch ließ nicht locker.

"Bitte!", flehte ich innerlich und blickte ihn verzweifelt an.

Reen hockte inzwischen im Gras und strich dem Cheen über das Gesicht, auch ihr flossen Tränen über die Wangen. Nun begriff ich langsam, dass es sich um ihrem Vater, ihren einzigen noch lebenden Verwandten handeln musste. Er war immer so nett und freundlich gewesen. Und jetzt war er tot. Wie Tonga. Und all die anderen.

Wut überkam mich, ich wollte hinausstürzen und schreien, aber ich hatte nicht mehr die Kraft dazu. Also blieb ich neben Josch hocken, starrte auf Reen und wartete ab, was geschehen würde.

Zuerst blieb alles ruhig, nichts deutete mehr auf die explosionsartigen Geräusche hin, die vor kurzem noch durch das Tal gehallt hatten.

Ich hoffte, es würde so bleiben, betete inständig, dass es jetzt vorbei wäre.

Da! Plötzlich sah ich eine Gestalt geräuschlos hinter Reen auf dem Rasen landen, sie konnte nur von den Felsen darüber gesprungen sein.

Josch war nicht mehr schnell genug, ich brüllte, panisch vor Angst um meine Freundin:

"Reen, hinter dir! Pass AUF!!!!!"

Sie schreckte herum, sah gerade noch den hünenhaften Cheen hinter sich, den Arm hoch erhoben. Dann sauste der muskelbepackte Arm schon auf sie herunter, traf die mit der Faust auf den Schädel. Sie sackte zusammen, blieb liegen.

Josch und ich zogen uns weiter in die Höhle zurück, sahen noch, wie das Quesk auf einmal vor diesen unheimlichen Cheen wimmelte, die nicht das geringste Geräusch verursacht hatten. Völlig verängstigt kauerte ich mich in Joschs Arme und erwartete, jeden Augenblick die Gestalt eines dieser Cheen vor uns zu sehen.

Doch nichts dergleichen passierte. Dafür hörten wir von draußen verzweilfelte Schreie, dumpfe Geräusche, die vom Aufschlagen eines Cheen auf den Boden oder von den harten Schlägen der Angreifer kommen mussten.

Lange dauerte das Gewirr aus Kampflärm, dem Geruch von frischem Blut und den Schreien meiner Freunde an. Dann erstarben alle Geräusche nach und nach, bis nur noch der ekelerregende Blutgeruch in der Luft haftete und eine erdrückende Stille auf Josch und mir lastete.
 

Das Tageslicht begann langsam schwächer zu werden, doch wir kauerten immer noch unentdeckt auf dem harten Steinboden unseres Versteckes. Es hätte mich stutzig machen sollen, doch ich war zu erschöpft, um noch klar nachdenken zu können. Ich hoffte nur, dass sie wieder gehen würden. Dahin, woher sie gekommen waren. Und ich hoffte, dass auch andere so überlebt hatten wie wir, dass sie sich hatten retten können.

Leise Stimmen drangen von draußen herein, zu dumpf, als dass wir sie verstanden hätten. Doch wir bleiben weiterhin allein.

Später flackerte der unstete Schein von Fackeln herein, wir wussten nicht genau, wie spät es war, schätzten aber, dass es ungefähr Mitternacht sein musste.

"Hey, Nadine", flüsterte Josch mir leise zu.

Ich hob meinen Kopf und sah ihn fragend an.

"Ich gehe mal zum Eingang, ich will wissen, was los ist. Die Lage einschätzten."

Ich wollte Protest einlegen. Das konnte er doch nicht machen! Wenn er erwischt wurde! Dann wären wir beide verloren!

"Bitte Nadine. Ich muss es wissen. Ich bin auch ganz vorsichtig, versprochen!"

Schweren Herzens willigte ich ein. Was hätte ich auch groß machen können? Er hätte sich sowieso nicht davon abhalten lassen...

Darauf bedacht nicht das geringste Geräusch zu verursachen, schlich Josch zum Höhleneingang, während ich völlig verängstigt zurück blieb.

Die Minuten zogen sich in die Länge. Mir war es, als ob die Zeit sich in eine zähe Masse verwandelt hatte, die sich einfach nicht weiterbewegen wollte.

Ich wartete und wartete. Endlich hörte ich ein leises Schaben im Gang. Erwartungsvoll richtete ich mich halb auf.

"Josch?"

Keine Antwort.

Verdammt. Es war so dunkel! Wie sollte ich denn etwas erkennen?! Ich sah schemenhaft den Umriss eines Cheen, der sich leise auf mich zu bewegte. Mein Puls raste, ich hatte Angst, mein Herz würde jeden Moment explodieren. Das konnte doch nicht Josch sein?!

Panisch drückte ich mich gegen die Wand. Ich war in die Enge getrieben! Saß in der Falle! Und dann auch noch diese furchtbare Stille!

"Josch!"

Mein Schrei hallte durch die Höhle in die Nacht hinaus. Für einen kleinen Augenblick schien alles wie erstarrt. Der Schatten vor mir verharrte mitten in der Bewegung. Ich blieb regungslos sitzen, die Hände zu Fäusten geballt, aufs Äußerste gespannt. Selbst von draußen schien nicht das geringste Geräusch zu kommen.

Dann plötzlich schnellte der Schemen vor, auf mich zu. Ich schrie, versuchte mich wegzuducken aber es war zu spät.

Starke Hände hielten mich in einem eisernen Griff. Zu stark, um mich wehren zu können. Meine verzweifelten Versuche mich loszureißen schlugen fehl, nichts half. Dann presste sich ein streng riechender Lappen auf meinen Mund und meine Nase. Der Geruch erinnert an Chloroform. Alles um mich herum verschwamm, wurde noch unschärfer als es durch die Finsternis sowieso schon war. Dann wurde es völlig dunkel...
 

Ich war nur ein paar Minuten bewusstlos gewesen. Als ich wieder zu mir kam, lag ich gefesselt im Gras etwas abseits von ein paar Cheen, die sich an einem Feuer wärmten. Durch den flackernden Schein des Feuers schienen sie so unwirklich. Benommen sah ich mich um. Viele Cheen und viele Feuer. Ich konnte keine anderen Gefangenen entdecken. Auch nicht Josch. Wo war er nur? Er konnte doch nicht tot sein?! Tränen schossen mir in Augen. Ich wollte sie abwischen, aber meine Hände waren fest auf meinen Rücken geschnürt.

Eine der Gestalten am Feuer löste sich aus der Gruppe und kam auf mich zugeschlendert. Sie hockte sich zu mir und blickte mir direkt in die Augen. Dieser Blick...

"Hallo, meine Prinzessin", flüsterte sie höhnisch. "Jetzt habe ich dich endlich gefunden. War ganz schön schwer, dieses verdammte Nest zu finden. Wie nennt ihr es doch gleich noch? Ach ja, Quesk. Nanu? Es hat dir die Sprache verschlagen, wie es mir scheint. Bist du denn nicht froh, mich wieder zusehen?"

Gehässig waren diese Worte. Sie taten weh. Sehr sogar. Ich starrte ihn nur an. Unfähig ein vernünftiges Wort herauszubringen. Warum konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen?!

"Schau mich nicht so an. Ich weiß, dass du mich hasst. Das hast du mir ja recht gut zu verstehen gegeben. Aber das werden wir schon noch ändern...

Du willst doch sicherlich wissen, wie wir es angestellt haben, auch so schön zu überraschen?"

Selbstgefällig grinsend fuhr er fort, während ich die Zähne zusammen biss um einen heftigen Schluchzer zu unterdrücken. Sollte er nur nicht die Genugtuung bekommen mich weinen zu sehen!

"Wir haben euch beobachtet. Tagelang. Wochenlang. Die Wachablösungen haben wir uns gemerkt, einfach alles. Und dann haben wir sie alle einzeln ausgeschaltet. Schön nacheinander. Ganz langsam. Dann haben wir uns auf Position gebracht. Und dann haben wir zugeschlagen..."

Jetzt konnte ich mich nicht länger zurückhalten und brach in lautes Schluchzen aus.

"Du Mistkerl! Du vedammter Mistkerl! Du hast sie umgebracht!", heulte ich, während dieses Schwein auch noch die Frecheit besaß zu lachen!

"Nein, nicht alle! Ein paar sind noch am Leben. Aber wer weiß wie lange noch? Es kommt ganz auf dein Verhalten an. Vielleicht kannst du einige von ihnen retten. Wer weiß..."

Zärtlich strich er über meine Wange. Vor Ekel und Abscheu musste ich mich fast übergeben. Wie konnte er nur?!

"Warum?", presste ich heraus.

Er beugte sich ganz nah zu mir herunter und flüsterte in mein Ohr:

"Du hast mich zum Narren gemacht. Vor all den Leuten! Das konnte ich nicht ungestraft lassen. Also habe ich alle zusammengetrommelt, die mir noch etwas schuldig waren oder einfach Lust auf ein Abenteuer hatten. Sie werden ihre Belohnung bekommen. Wir haben die ganze gegend abgesucht und nichts gefunden. Irgendwann ist dann einer auf die glorreiche Idee gekommen, hier nach dir zu suchen. Und siehe da! Du bist hier!"

Ich rollte auf die Seite und verbiss mich ins Gras. Nein, nein, nein!

Aber er hatte noch nicht genug, er wollte mich leiden sehen. Also drehte er mich wieder um und zwang mich, im in die Augen zu blicken.

"Weißt du, was mit dir geschehen wird? Du kannst jetzt natürlich nicht mehr regieren, nach dem was du angerichtet hast. Aber du wirst bei mir leben können. Mich verwöhnen..."

"Niemals! Das werde ich nie tun! Ich habe noch nie etwas für dich empfunden und ich werde es auch nie du Irrer! Vergiss deine kranken Phantasien! Und was hast du mit Josch gemacht?!", schrie ich.

"Ach ja, Josch..." Er kratzte sich am Kinn und blickte in den scharzen Himmel hinauf. "Der ist zusammen mit den anderen, die bis jetzt noch nicht krepiert sind in Gewahrsam genommen. Der wird's nicht mehr lange machen, glaube ich..."

Außer mir vor Wut und Angst um Josch fauchte ich ihn an. Ich war nahe dran ihn anzufallen. Die Stricke waren mir egal, die würden einer Verwandlung sowieso nicht allzu lang standhalten.

"Na, na na! Wenn du mir so kommst stirbt er gleich! Und das willst du doch nicht, oder?"

Siegessicher sah er auf mich herab. Ich gab mich geschlagen, mein Körper verlor seine Spannung und sackte kraftlos in sich zusammen. Was konnte ich schon tun? Was um alles in der Welt konnte ich verdammt nochmal gegen Seth tun?!
 

Als die Sonne am nächsten Tag über dem Tal aufging, beschien sie eine bizarre Horroszene, die geradewegs aus einem Steven King-Film hätte stammen können. Nur leider war es Realität. Die Leichen, egal von welcher Art, waren achtlos auf einen Haufen geworfen, kostbare Grasflächen einfach für Lagerplätze weggebrannt worden, überall konnte man getrocknetes Blut erkennen und die überlebenden Cheen des Quesk... Ja, wo waren sie? Seth hatte etwas von einer Höhle gesagt. Mein armer Josch! Hoffentlich war er überhaupt noch am Leben. Seth konnte ich nicht trauen...

Langsam rappelte ich mich auf. Mein Rücken schmerzte ungeheuer, ich hatte die ganze restliche Nacht zusammengekrümmt auf dem harten Boden verbracht und wenn die Müdigkeit mich doch einmal übermannte, wurde ich von schrecklichen Alpträumen geplagt, die mich sofort wieder hochschrecken ließen. Im wärmenden Licht der Sonnestrahlen ging es mir langsam besser. Ich zermartete mir den Kopf, wie es jetzt wohl weitergehen würde.

Einige Zeit lang rührte sich um mich herum nichts, doch dann kam immer mehr Leben in das Lager. Skeptisch sah ich mich um, kein bekanntes Gesicht, kein Hoffnungsschimmer. Alle, die an mir vorbeigingen, warfen mir hämische Blicke zu. Ich achtete gar nicht darauf. Mein Blick wanderte rastlos im Tal umher, auf der Suche nach der Höhle, in der sich vielleicht meine Kameraden befanden. In Frage kamen dafür eigentlich nur zwei. Und die lagen hoch über dem Erdboden, sodass man sie nicht ohne Hilfe eines Aufzuges oder Ähnlichem erreichen konnte. Als Gefängnis waren sie ideal.

"Hallo meine Prinzessin", begrüßte mich eine kalte Stimme, doch ich ignorierte sie. "Du hast ganz Recht meine Kleine, in einer dieser Höhlen sitzten deine geliebten Abtrünnigen", meinte Seth, nachdem er meinem Blick gefolgt war. "Du wirst sie ja bald wiedersehen. Nur etwas Geduld."

Damit entfernte er sich wieder und gab seinen Leuten Anweisungen, die ich nicht verstehen konnte. Wenig später wurde ein großer Holzblock in meiner Nähe aufgestellt, neben den sie etwas Axtähnliches legten. Ich wusste nicht, was es war, aber es hatte eine scharfe Schneide, das war Erklärung genug. Geschockt starrte ich erst auf den Block, dann hoch zu den Höhlen. Ein Gleiter stieg gerade zu der etwas höher gelegenen herauf. Kurze Zeit später landete er wieder unten, mit drei Cheen an Bord, die unter harten Stößen in den Rücken zum Block bugsiert wurden. Mit Schrecken erkannte ich Rash und Reen. Sie hatten also überlebt. Bis jetzt. Sie konnten aber doch kein wehrloses Mädchen töten! Das konnten sie einfach icht!

"Seid ihr so feige, dass ihr sogar dieses Mädchen tötet?! Tolle Krieger seid ihr, dass ihr euch an unschuldigen Kindern vergreift!", schrie ich verzweifelt.

Seth, der sich wieder in meiner Nähe befand, antwortete mit einem Lächeln, das mir das Blut in den Adern gefrieren ließ:

"Aber nicht doch, Prinzessin. Sie soll nur zusehen. Das wird der Kleinen wahrscheinlich schon den Rest geben."

Die Cheen neben ihm gaben ein Glucksen von sich. Reen jedoch schien das alles kalt zu lassen. Sie stand da mit hoch erhobenen Kopf und presste die Lippen fest aufeinander. Jetzt wandte sie sich mir zu und lächelte mich warm an, als wollte sie sagen "keine Sorge, es wird alls gut". Es war das letzte Lächeln, das ich von ihr gesehen habe.

Auch Rash gab keinen Ton von sich, als er vor den Holzblock gestoßen wurde und nach einem groben Tritt in den Bauch davor zusammensackte. Einer der bulligen Cheen zog Rash an den Haaren wieder hoch und knallte seinen Kopf auf die raue Holzfläche, wo er regungslos liegen blieb, die Augen geöffnet.

"Worauf wartest du noch, Clash?", erkundigte Seth sich bei dem Riesen, der sofort die Axt zur Hand nahm. Wie in Zeitlupe hob sie sich. Verzweifelt schloss ich die Augen, als sie unter einem scharfen Sirren auf den Block niedersauste. Das dumpfe Aufschlagen verriet, dass es nun noch ein Queskbewohner weniger war.

Noch einmal wiederholte sich diese grauenvolle Geräuschabfolge, dann trat kurz Stille ein.

"Du kannst die Augen wieder aufmachen", meinte Seths spöttische Stimme, "sie sind weggeschafft worden."

Ja, er hatte Recht. Neben dem blutverschmiertem Block stand nur noch Reen, noch blasser als vorher.

"Fihna", sprach sie tonlos, "es tut mir Leid, aber... Es gibt keinen Grund, warum ich noch weiterleben sollte. Ich hoffe, du schaffst es."

Mit diesen Worten ging auch sie in die Knie und legte ihren Kopf auf den Block. Diesmal schloss ich nicht die Augen. Reen war tapfer, also wollte ich es auch sein. Trotzdem konnte ich ein Würgen nicht unterdrücken, als die Axt ein weiteres Mal heruntersauste.

Schließlich wandte ich mich ab und zwang mich, Seth anzusehen.

"Was ist mit den anderen? Es gibt doch noch mehr Überlebende, oder?!"

Er hob die Augenbrauen. "Nein, das waren alle. Obwohl... da wäre noch Josch. Den hab ich wohl vergessen. Aber das wird etwas ganz besonderes werden, das verspreche ich dir."

Voller Abscheu spuckte ich ihm ins Gesicht. Er wischte sich den Speichel von der Wange und sah mich mitleidig an.

"Das wird dir auch nicht helfen..."

Erneut wurde der Gleiter in Bewegung gesetzt, diesmal hielt er vor der etwas näher am Boden gelegenen Höhle. Mit vor Panik geweiteten Augen beobachtete ich die Szene. Ja, das war Josch! Mein gott, was hatten sie mit ihm angestellt?!

Eine braune Kruste getrockneten Blutes bedeckte große Flächen seines Gesichtes, sein freier Oberkörper war mit Kratzern und Wunden übersät. Als unsere Blicke uns trafen war es, als ob seine Augen Funken sprühten. Sie sagten: "Ich werde kämpfen!" Ich nickte kaum merklich, doch er hatte verstanden. Schon war die fast spürbare Verbindgun zerstört, als Josch in den Gleiter gestoßen wurde.

Mit bangem Blick verfolgte ich das Geschehen. Wie die anderen wurde er zum Holzklotz geführt. Seth kam auf ihn zu und blickte ihn höhnisch an.

"Und du sollst Konkurrenz für mich sein?!", zischte er boshaft. "Lachhaft!"

"Auch wenn du es nicht glaubst Kif, du würdest nichts davon haben, mich umzubringen. Nadine und ich lieben uns bis zum Tod und darüber hinaus. Deshalb wirst du sie niemals für dich haben!"

Josch hatte ganz ruhig geantwortet und erwartete nun genauso ruhig Seths Reaktion.

Innerlich bebte dieser vor Wut, ich konnte es ihm deutlich ansehen. Doch er zügelte seinen Zorn und bemühte sich um ein Grinsen, das allerdings in einer Grimasse endete.

"Wir werden sehen..."

"Fihna", wandte er sich auf einmal an mich, "ich gebe dir eine letzte Chance, das armselige Leben dieses Hundesohns zu retten!"

"Und die wäre?", fragte ich gezwungen lässig.

Er rückte ganz nah an mein Gesicht heran, sodass ich seinen wie immer nach Minz duftenden Atem riechen konnte.

"Wenn du in Zunkunft mit mir zusammenlebst, mir treu ergeben bist und nie wieder auch nur einen abtrünnigen Gedanken hast... dann werde ich ihn leben lassen."

"Ich..."

"Nadine!", rief Josch, "hör nicht auf ihn! Er wird mich nie am Leben lassen! Selbst wenn könnte ich es nicht ertragen zu wissen, dass du die Skalvin dieses Schweins bist!"

"Ich glaube", erwiderte Seth schroff, "das sollten wir ihre Entscheidung sein lassen. Habe ich nicht Recht?"

Josch sah mich flehentlich an. Allein die Vorstellung mein ganzes restliches Leben mit Seth verbringen zu müssen jagte mir Entsetzen ein. Andereseits würde ich Josch retten können. Aber... konnte ich Seth trauen?

"Und?", fragte er.

"Du würdest ihn wirklich freilassen?"

"Das habe ich nicht gesagt. Ich meinte, ich lassen ihn am leben."

Ich schluckte.

"Dann würdest du ihn also gefangen halten?"

"Ich könnte mich dazu durchringen, ihn hierzulassen. Vielleicht mit einem schönen starken Schlafmittel, damit er uns nicht gleich angreift, weil er glaubt dich dadurch wiederzubekommen..."

"Nadine, vergiss es!", flehte Josch.

"Schwörst du, dass du es genauso machen wirst, wie du mir eben gesagt hast und dass du ihn nicht mit einer zu starken Dosis Schlafmittel umbringst?", hakte ich nach.

"Wenn du mir das schwörst, was ich dir als Bedingung gegeben habe..."

"Ich..." Mit einem nach Verzeihung suchendem Blick sah ich den völlig erstarrten Josch an.

"Ich schwöre es dir."

Ein siegerisches Grisnen breitete sich auf Seths wie früher immer noch so täuschend sanftt scheinenden Gesicht aus.

"Dann schwöre ich dir also, dass ich ihn hier lassen aber nicht töten werde. Ein Deal."

Und damit küsste er mich. Es war immer noch ekelerregend, doch ich zwang mich, mich nicht abzuwenden.

Ich öffnete die Augen und sah Josch, der ohne jede Spannung einfach dastand und mich ansah. Seine Wangen lief eine Träne herunter. Dann noch eine. Er weinte stumm um das Schicksal, das ich mir ausgesucht hatte, um ihn zu retten.

"Darf ich mich von ihm verabschieden?", fragte ich Seth und deutete auf Josch.

Er verzog das Gesicht.

"Bitte..." Ich küsste zärtlich seine Wange und sah ihn mit meinem gekonntesten "ich bin auch lieb" Blick an.

"Nagut. Aber mach schnell", grummelte er widerwillig.

Seth löste mir die Fesseln, damit ich zu Josch gehen konnte.

"Warum hast du es ihm geschworen?", fragte er traurig, als ich vor ihm stand.

"Ich konnte nicht anders. Und lass es bitte nicht umsonst sein. Machs gut Josch."

Ich umarmte ihn noch ein letztes Mal. Sein Herz pochte genauso schnell wie meins, als ich meine Wange gegen seine drückte und in sein Ohr flüsterte:

"Ich liebe nur dich!"

Wir lösten uns wieder aus der Umarmung und entfernten uns langsam voneinander. Josch wurde gefesselt und zurück zum Gleiter gebracht. Ich ging zu Seth, der mich zu einem Felsen brachte, wo ich warten sollte. Auch mir legte er zur Vorsicht wieder Fesseln an.

Nun wurde das Lager aufgelöst. Hier hatten sie nichts mehr zu verloren...
 

Das Quesk sah aus wie leergefegt. Der Halbmond schien hier und da noch auf Essensreste, Stofffetzen von zerrissenen Zelten oder auf die Asche der verbrannten Leichen. Und, weit entfernt von den Gleitern, die mich meinem selbst gewählten Schicksal entgegentragen sollten, lag eine reglose Person auf mehreren Stoffballen. Die Arme hingen schlaff zur Seite herunter, das Gesicht konnte man nicht erkennen, doch ich wusste es war entspannt von dem Schlafmittel, das er bekommen hatte. Josch würde andie sechs Stunden schlafen, Zeit genug für uns also, um uns aus dem Staub zu machen. Seufzend wandte ich den Blick ab und stieg in den Gleiter.

Langsam hoben sich die Flugmaschinen, um Richtung Sadt zu fliegen. Neben mir auf der Rückbank saß Seth, der nun wieder ganz der Alte war. Genauso selbstsicher, genauso unberrechenbar. Er verhielt sich mir gegenüber genauso wie zu dem Zeitpunkt, als ich noch im Palast gelebt hatte. Als wäre nichts gewesen redete er mit mir, streichelte meine Wange und küsste mich. Doch es war gar nichts wie vorher. Ich war nicht mehr als eine Sklavin. Nichts konnte ich nun gegen ihn tun. Der einzige Gedanke, der mich nicht verrückt werden ließ, als wir der am Horizont aufgehenden Sonne entgegenflogen war, dass Josch leben würde...

Ende



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Carolina87
2003-01-31T17:36:59+00:00 31.01.2003 18:36
Ja, genau, ein Happy Ennddddd!!!!!!! Das will ich auch!!!!!!!!!!! Lass doch nicht immer alle sterben...*schluchz*

baba
deine dämonische böse Freundin
Maron ^^"

PS: Danke schön für deinen Kommi zu meiner Fan-Art!!!
Von: abgemeldet
2003-01-09T14:55:33+00:00 09.01.2003 15:55
ist das dein ernst?
du willst wirklich aufhören?
bitte nicht, die Geschichte ist so gut und will auch zu gerne ein Happy End sehen.
BITTE schreib eins, wenigstens für mich
BBBBBIIIIIIIIIIIIIIITTTTTTTTTEEEEEEEEE *gantliebschau*


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