Erziehung??
Unsere Geschichte beginnt im Sommer 2006.
Edward – groß, braun gebrannt mit Sonnenbrille und unheimlich figurbetonten Klamotten – „darf“ den Familieneinkauf erledigen. Mit dabei ist natürlich sein allerliebster Mini-Drache. Iwo ist, wie es sich für ein richtiges eddiesches Haustier gehört, super knuddelig, verschmust und verwöhnt. Man könnte es auch als „alternative“ Erziehung beschreiben, aber dazu später.
Jedenfalls schippert Eddie mit dem noch leeren Einkaufswagen und dem kleinen Iwo in den Famila (Weiße Straße, Würfeltal, Brandenburg, Deutschland, Europa, Welt). Abgesehen von der brütenden Hitze, die sein Shirt an seiner makellosen, durchtrainierten Körper klebt, wäre dieser Tag wundervoll. Im Markt ist es angenehm kühl und auch die Lebensgeister des Drachen erwachen allmählich. Pech für sein Herrchen: Sie sind noch nicht einmal in der Obst-Abteilung, als sich das Tier im Wagen aufrichtet, mit den Ohren wackelt und wegflattert. Na herrlich! Im Grunde weiß Ed, wo er das Monster finden würde, aber er wollte das Risiko nicht eingehen, dass Iwo doch irgendetwas anstellt. Also lässt Eddie die knackigen Bananen zurück und macht sich schleunigst auf den Weg in die Keks-Abteilung. Immerhin liebt Iwo Cookies!
Tja, mein Lieber, wärst mal bloß schneller gewesen…
Iwo ist natürlich schon längst dort eingetroffen und erblickt etwas, das seine größten Drachenträume wahr werden lässt: Eine riesige Pyramide aus Schoko- Keki!! (Die Größe ist hierbei relativ zu betrachten; normalen Menschen geht sie bis zum Kinn)
Voller Freude wackelt der Kleine darauf zu und schnappt sich die erste Packung in seiner Reichweite (etwa 20 cm über dem Boden). Wie zu erwarten war, beginnt das Bauwerk zu bröckeln und natürlich kommt gerade jemand mit ’nem voll gepackten Einkaufswagen vorbei. Der Wagen schießt davon, als ziemlich viele Kekse auf den armen Menschen prasseln. Begraben und hilflos, ohne Einkaufswagen, wächst die Wut des Verunglückten ins Unermessliche. Diesen Fakt gekonnt ignorierend, klettert Iwo auf ihn rauf, da auf seinem Oberkörper einige Kekse rauskullern. Ein Aufstehen ist unmöglich.
Eddie, panisch, da er das Scheppern gehört hat, läuft auf den Keksberg mit Iwo als Gipfel zu. „Mensch Iwo, dass geht doch nicht! Du sollst keine Kekse klauen!“, versucht Eddie ihn zu tadeln. Ein unheimliches Grollen dringt aus den Tiefen der Schachteln hervor: „, Du sollst nicht’? Wie wär’s, wenn du auf die Knie fällst und ihn bittest von mir runter zu kommen?!“ Erst jetzt bemerkt Eddie das knallrote Gesicht unter dem Drachen. Alles klar, das Lehrerkind aus der Begabtenklasse. Ed ist sich nicht sicher, wie er heißt, ihm ist, als hieße er Jacob.
Eigentlich wäre der Anblick recht spaßig, wenn dieser Schnösel nicht so motzen würde.
„Was willst du damit sagen?“, blafft Ed zurück und hebt den Drachen auf seine Schulter.
„Dass du dein Viech ordentlich erziehen sollst, damit es keine Menschen umbringt, oder nimm es an die Leine. Am besten, du sperrst es irgendwo hin, wo es keinen Schaden anrichten kann!“, blubbert Jake los, während er sich wieder frei kämpft.
„Du willst mir sagen, wie ich meinen Drachen zu erziehen habe? Wie wär’s, wenn du deiner Mama das Gleiche ausrichtest?“
Mit diesen Worten macht Eddie kehrt, stolziert in Richtung Obst und lässt Jake in den Kekspackungen zurück. Genau in diesem Moment hetzt auch schon eine Verkäuferin auf die Unordnung zu, Jacobs Einkaufswagen hinter sich herziehend und beginnt, ihn lautstark in den Boden zu stampfen. Triumphierend vor sich hingrinsend wendet Ed sich seinen Bananen zu.