Zum Inhalt der Seite

Assoziatives Schreiben TSCHAKKA!

passend zum gleichnamigen Zirkel
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Satz 17 - Lächeln am Morgen

Am Morgen, jedes Mal, weckte mich ein sonderbarer Lärm, halb Industrie, halb Musik, ein Geräusch, das ich mir nicht erklären konnte, nicht laut, aber rasend wie Grillen, metallisch monoton, es musste eine Mechanik sein, aber ich erriet sie nicht, und später, wenn wir zum Frühstück ins Dorf gingen, war es verstummt, nichts zu sehen.
 

Schnell war dieses Erlebnis jedoch wieder vergessen, denn Angesichts der üppig mit Ei und Schinken belegten Brötchen, duftend und bekömmlich, sowie der warmen Trinkschokolade, die man mir eingoss, war ich mit Gedanken bald woanders. Lächelnd sahen sie mir zu, wie ich diesen Festschmaus in vollen Zügen genoss. Es war mir, als hätte ich lange Zeit nichts derartiges mehr gegessen. Oder nein. Das letzte Mal hatte ich... ich glaube gestern gab es das Selbe. Ich versuchte darüber nachzudenken doch –
 

„Wie wäre es mit einem kleinen Ausflug? Der Vergnügungspark, den du so magst. Wir fahren sofort nach dem Essen los.“, sagten sie, fast einstimmig.
 

Und das taten wir auch. Und es war wunderbar. Unter blauem Himmel, von den Strahlen der Sonne gekitzelt, fuhren wir auf und ab, mit jeder Bahn, hatten Spaß, gingen zu jeder Attraktion des Parks. Am liebsten mochte ich die Sache mit den Dinosauriern und natürlich die Rennbahn und – was gab es noch alles? Doch weiter geht’s, keine Zeit zum Nachdenken, es gibt noch viel zu sehen. Und als wir schließlich den Park verließen, da schaute ich mich um, wollte noch einmal alles betrachten, mir den Tag einprägen und nie vergessen, an dem ich so glücklich war. Ich suchte mit den Augen nach etwas, an das ich mich erinnern würde, etwas das herausstach, wie den Namen, den Eingang oder das große Riesenrad, mit dem wir gefahren sind, doch lächelnd klopften sie mir auf die Schulter und ich drehte mich wieder ihnen zu, als sie sagten:
 

„Komm, besuchen wir noch das Kino. Da ist ein toller neuer Film angelaufen. Eine Komödie. Das wird dir gefallen.“
 

Kurz darauf standen wir an der Kasse, bezahlten, kauften noch einen Monsterbecher Popkorn und eine Riesentüte Cola und gingen rein. Alles dunkel, kurz, und es fing an. Auf der Leinwand erschien ein großer Block aus Beton, eine Fabrik, und als man näher kam, sah man in den Fenstern, oder nein, man flog durch die Fenster, und dann sah man große Maschinen: Hämmer, Sägen, Funken, Metall, Qualm. Und man kam noch näher und sah viele kleine Menschen. Sie sahen fast aus wie Kinder. Und sie standen an den Maschinen, drehten und griffen und legten und bewegten sich. Doch dann war da noch dieser eine, blonde (alle anderen hatten schwarze Haare und sahen gleich aus), der mit dem verschmitzten Gesicht. Das war die Hauptperson. Während des ganzen Films spielte er lustige Streiche: Er vertauschte Knöpfe und alle Maschinen gingen andersrum, er warf Sachen ins Getriebe und die Maschinen gingen kaputt, er tat Wasser statt Benzin in den Tank, erzeugte einen Stromausfall, dass keiner mehr arbeiten konnte und am Ende warf er den Chef unter den großen Hammer, so dass der ganz platt wieder rauskam. Und die ganze Zeit hörte man einen Lärm, halb Industrie, halb Musik, ein Geräusch, das ich mir nicht erklären konnte, nicht laut, aber rasend wie Grillen, metallisch monoton. Andere Geräusche gab es nicht in dem Film. Ich überlegte, wo ich es schon mal gehört hatte, denn es kam mir seltsam bekannt vor, aber ich kam nicht drauf. Es war ein toller Film.
 

Später waren wir wieder zurück, ich war ganz erschöpft vom all den Sachen, die wir heute gemacht hatten. Ich dachte daran zurück, überlegte, versuchte mich zu erinnern...
 

„Sagt mal, wo waren wir heute noch mal überall? Es will mir einfach nicht einfallen.“
 

Sie lächelten, beide.
 

„Ich hatte heute wirklich Spaß, aber ich kann mich kaum mehr erinnern.“
 

Ihr Lächeln, ihre Gesichter, sie verschmolzen.
 

„Wo waren wir? Und wo sind wir jetzt?“
 

Sie waren eins, und das Lächeln wurde breiter und breiter, wurde immer mehr zu einem höhnischen Grinsen.
 

„Wer seid ihr?“
 

Da öffnete es den breiten Mund und es ertönte ein sonderbarer Lärm, halb Industrie, halb Musik, ein Geräusch, das ich mir nicht erklären konnte, nicht laut, aber rasend wie Grillen, metallisch monoton.
 

Ich träume.
 

Ich bin in einem Gebäude aus Beton, einer Fabrik. Um mich herum lauter kleine Gestalten. Alle sehen sie aus wie ich. Wir gehen in die große Halle. Schichtwechsel. Mein Magen knurrt. Ich höre es nicht, ich fühle es nur. Zum Hören ist es zu laut. Die Maschinen sind zu laut. Ich denke an Essen (Brötchen mit Speck und Ei), denke ans Draußen (Spiel und Spaß), denke an die Arbeit, die vor mir liegt. Und ich sehne mich nach dem engen, stickigen Schlafsaal, der mich, mich und die anderen, am Ende des Tages erwartet. Nicht weil ich müde bin, nein. Ich sehne mich nach der flüchtigen Welt, die, am Morgen, jedes Mal, mich glücklich sein lässt.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück