Zum Inhalt der Seite

Dearly BELOVED

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 9

Der Mensch ist zur Freiheit verurteilt. - Jean-Paul Sartre
 

Langsam öffnete Nisei seine Augen, als jemand sanft seine Wange berührte.

Er lag in seinem Bett, auf dessen Rand ein schlanker, junger Mann saß, dessen blaue Augen auf ihm ruhten.
 

Der Fußboden seines Zimmers war ein einziges Chaos.

Gürtel, Hosen, Jacken, Pullover, Unterwäsche.
 

"System aktiviert."

Die Buchstaben erschienen auf dem Handrücken der beiden jungen Männer.
 

Der Schwarzhaarige langte nach den Kleidungsstücken, die er am häufigsten trug: einer schwarze Hose, einem hochgeschlossenen Oberteil in der gleichen Farbe und seinem dünnen, weißen Mantel.

Er warf sie in seine offene Tasche.
 

"Ich wünschte, du hättest deine Ohren noch. Dann..."

Seimei verstummte. Niseis Augen weiteten sich.

"Dann...?"
 

Sie landeten auf einem roten Trenchcoat und einem Haufen Unterwäsche.

Nisei griff nach dem Kabel seines Laptops und zog es mit einem Ruck aus der Steckdose.
 

"Bring es zu Ende, Nisei. Das hier langweilt mich nur noch."

Angesprochener lächelte, "Okay", und gab dem gegnerischen Fighter den Gnadenstoß.

Das Team brach unter dem kaltem, ungerührten Blick BELOVEDs zusammen.
 

Aufgrund des Platzmangels knurrend verstaute er den Laptop zwischen seinen Lieblingskleidungsstücken und richtete sich anschließend wieder auf. Sein Blick ging langsam durch das wüste Zimmer.
 

Nisei strich zärtlich durch das schwarzblaue Haar des Schlafenden, der mit nacktem Oberkörper neben ihm lag und über den er sich beugte.

Ihn ohne seine Ohren zu sehen, war ungewohnt für Nisei, doch trotzdem musste er lächeln. "Ich liebe dich, Seimei."
 

Sein Blick blieb an einem roten Buch haften und er zog es zwischen den Anderen hervor. "»Das Sein und das Nichts«."
 

Er hielt den Atem an, als Seimei sein Kinn festhielt und sich seinem Gesicht näherte.

"Warum gibst du nicht endlich zu, dass du mich mehr liebst als dein Leben, Nisei?"

Er spürte Seimeis Lippen auf den eigenen.
 

Sarkastisch lächelnd ließ er das Buch zwischen die Kleidungsstücke auf dem Boden fallen.

"Sartre. Hab ich sowieso nie verstanden."
 

Vorsichtig trat er an Seimei heran, der, ihm den Rücken zuwendend, am Fenster stand und hinausblickte. Er schlang die Arme um den zitternden Körper des Älteren und schmiegte sich leicht an ihn, bevor dieser sich zu ihm umdrehte und das Gesicht in Niseis Halsbeuge vergrub.
 

Stattdessen lag nun »Teleny« in seiner Tasche, deren Reißverschluss Nisei zuzog. In irgendeine Traumwelt muss man sich ja flüchten, wenn die Realität einen zu erdrücken scheint.
 

"Nein; es tut nicht weh. Benutz mich wie du willst. Ich bin deine Waffe. Ich gehöre dir allein."

Ein letztes Mal legte Seimei die Ohren an, als er auf Niseis Worte hin sein Becken nach unten drückte und mit einem unterdrückten Stöhnen in dessen Körper stieß.
 

Von seiner Tasche abgewandt griff er nach seinen Kopfhörern.

Mit seinem Lieblingslied auf voller Lautstärke ließ er sich auf sein Bett fallen und lehnte sich rücklings gegen die Wand. Er legte eine Hand über seine Augen.

"Verschwindet endlich", hauchte er leise. "Verschwindet!"

Die Musik dröhnte durch seinen Kopf, bevor er diesen mit voller Wucht gegen die Wand hinter sich schlug. Ein drückender Schmerz breitete sich vom Hinterkopf bis zu seinen Schläfen aus, während Niseis Illusionen langsam verblassten.
 

Seimei hätte nicht mit ihm geschlafen.

Seimei hätte nicht vor ihm geweint.

Seimei hätte ihn nicht geküsst.
 

Wieder spürte er Tränen in seinen Augen. Er ließ sie geschlossen. Konnte Seimei nicht jetzt vor ihm stehen und sagen, dass alles okay wäre? Dass er bei ihm bleiben solle? Dass er ihn brauchte? Als Nisei die Augen öffnete, lösten sich die Tränen aus ihnen und liefen über seine blassen Wangen.

Nein. Seimei war nicht da.
 

Nie hätte er ihm seine Ohren gegeben.

Nie hatten sie wie die anderen Teams gekämpft.

Wenn er Seimei gerufen hatte, war dieser oft einfach nicht erschienen.

Nie hätte Seimei sich gewünscht, dass Nisei wie er...
 

Nach einigen Minuten schaltete er die Musik aus, erhob sich vom Bett und einen Moment ertappte er sich dabei, gedanklich nach seinem Handy zu suchen, ohne das er niemals das Haus verließ. Er griff nach seiner vollgestopften Tasche und warf sie sich über die schmale Schulter.
 

Nie war Seimei ihre Einheit so wichtig gewesen wie ihm.

BELOVED. Geliebter. Eine einzige Lüge. Und dabei hatte er in der Schule der Waffen gelernt, dass Sacrifice und Fighter einander von Natur aus liebten - ob sie wollten oder nicht.

Sein Sacrifice bildete da wohl die große Ausnahme.

Nie hatte er ihn zärtlich berührt.

Nie hätte er ihn zärtlich berührt.

Er hatte ihn wie Soubi weggeworfen.

Sich ihm entzogen; seine Existenz ihres Sinns beraubt und ihn zur Freiheit verurteilt.
 

Nisei hatte für ihn gelebt.

Denn Seimei war alles und das Einzige, das ihn nach seiner Vergewaltigung interessiert hatte.

Und nun stürzte er. Wie Soubi in seinem Traum. Wie der, dem er sich immer so überlegen gefühlt hatte. Jetzt war er weniger Wert als er. Denn nicht einmal ein Kind wie Ritsuka brauchte ihn. Niemand schien ihn mehr zu brauchen. Er war nutzlos geworden. Nutzlos.
 

Unsere Existenz wird durch die Existenz anderer definiert und gleichzeitig gefährdet.
 

Die Hölle, das sind die Anderen. - Jean-Paul Sartre



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Super_Minaco
2010-08-08T19:39:46+00:00 08.08.2010 21:39
Der Wechsel zwischen Traum und Wirklichkeit ist wirklich wunderschön geworden! Absolut traumhaft, auch wenn es weniger traumhaft für Nisei ist. *Nisei paten*
aber ich muss zugeben, dass ich erst bei Seite 2 kapiert hatte, dass es ein Wechsel war xP"
Von:  Kenken
2009-04-14T08:42:33+00:00 14.04.2009 10:42
Wow, da sind ja doch schon so viele Kapitel online.
Nun muss ich ja hier auch mal etwas zu schreiben.
Ich liebe diese FF.
Wirklich sie ist sehr gut geschrieben und mit jedem Kapitel frage ich mich mehr, was denn da jetzt geschehen sein könnte.
Es ist faszinierend so sehen wie du es schaffst diese düstere Spannung aufzubauen und ich bin wirkich gespannt wie es witer geht.
Lg Kenken
Von:  Ainu
2009-04-11T20:56:32+00:00 11.04.2009 22:56
Ich muss gestehen, ich musste das Kapitel gleich mehrmals lesen, weil ich am Anfang arg durcheinander kam mit Niseis Illusionen und Wunschbildern und der eigentlichen Realität. Das musste ich erstmal sortieren für mich im Kopf xD' Allerdings finde ich es schön wie du das gemacht hast, richtig schön abwechselnd x3 Die Zitate am Anfang find ich auch sehr passend zum Inhalt des Kapis für den Anfang und das Ende des Kapis. Vor allem finde ich das auch sehr kreativ. Ich mag es, wie du Niseis Gefühlswelt beschreibst, wie du auf ihn eingehst und zeigst, wie sehr er Seimei liebt, wie sehr er an ihm hängt, wie eng seine persönliche Bindung an Seimei ist und wie groß dementsprechend dessen Schmerz über die Trennung ist. Schön finde ich auch den letzten Satz vor dem Zitat am Ende "Unsere Existenz wird durch die Existenz anderer definiert und gleichzeitig gefährdet." Der Spruch ist sowas von wahr und untermalt alles noch einmal schön und passt hier in dieses Kapitel einfach perfekt. Und was mich am Meisten interessiert ist wo Nisei jetzt hin marschiert. Bin ich mal gespannt :3
Weiter sooo~ x3


Zurück