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Twilight - Die Neuen

von

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Einfach keine Sicherheit

Nicht nur Carlisle war verwundert. Auch Emmett und Jasper blickten verwirrt auf Angel, die völlig reglos da lag. Ihre Arme waren vorgestreckt und ihre Hände griffen ins Leere. Das Gesicht war nicht mehr als eine Maske – eine schmerzverzerrte Maske.

„Sie können Sie ruhig anheben.“, bemerkte Maya, während sie Carlisle triumphierend anblickte.

„Wie …“ „Ein nützliches Talent. Hab ich von meiner Großmutter geerbt.“ „Von deiner Großmutter?“, fragte Emmett.

Maya kniff die Augen zusammen. „Manche Talente überspringen nun mal eine Generation. Intelligenz zum Beispiel. Deine Kinder werden bestimmt mal superschlau sein.“

Emmetts Augen funkelten. „Schlagkraft hab ich schon immer bewundert. Taktlosigkeit dagegen weniger.“

Maya biss sich auf die Lippe. Vampire und Kinder … Tabuthema Nummer 1.

„Du kannst die Zeit anhalten?“, hakte Carlisle noch einmal nach, dem das Erstaunen ins Gesicht geschrieben stand.

„Hey … wenn ihr Vampire in der Lage sein dürft, Bäume mit einer Hand aus der Erde zu reißen, warum dürfen wir Menschen dann nicht auch besondere Gaben haben?“

Carlisle lächelte. „Und jetzt wird nichts passieren? Ihre gesamte Zeit ist eingefroren?“ „Die komplette Zeit von ihr. Nicht einmal der Blutzyklus funktioniert.“

„Das heißt, wir können sie ohne Probleme ins Krankenhaus bringen.“, stellte Emmett fest und blickte erleichtert zum Himmel. „Gott sei Dank! Keine weiteren Flugstunden mehr.“

Carlisle blickte ihn scharf an. „Wichtiger ist ja wohl, dass wir sie lebend hier herausbringen können, Emmett!“ „Klar, aber so ein bisschen Arbeitserleichterung darf man doch mal bejubeln, oder?“

Ohne weiter auf seine Worte einzugehen, eilte Jasper auf Angel zu und half Dr. Cullen dabei, sie auf die Trage zu legen. Erstaunlicherweise war sie federleicht.

Währenddessen nahm Edward Maya wieder auf seine Arme und schoss mit ihr Richtung Krankenhaus davon.

„Emmett, Rosalie, Alice … behaltet die Umgebung im Auge. Es wäre möglich, dass er versucht, uns zu überrumpeln und das möchte ich vermeiden.“

Wie ein Blitz stoben die drei auseinander und waren von einer Sekunde auf die andere verschwunden. Carlisle wusste genau, dass sie in der Nähe waren und Ausschau hielten.

So schnell es ihm und Jasper möglich war, rasten sie durch den Wald. Und wieder bemerkte der junge Arzt, wie energisch Jasper offenbar versuchte, Angel vor Schaden zu schützen. Er nahm sich vor, der Sache bei Gelegenheit auf den Grund zu gehen.

Sie erreichten das Krankenhaus in einer Rekordzeit, die jeden olympischen Sprinter neidisch gemacht hätte.

Ohne viele Worte zu verlieren, brachte er Angel in den OP, gefolgt von Maya, die nach einem kurzen Nicken des Arztes die Starre auflöste und dann von Edward in ein separates Zimmer gebracht wurde, wo er sie vorsichtig auf das Bett legte und sich am Fenster postierte. Obwohl sein Blick in die Ferne gerichtet war, achtete er auf jedes noch so kleine Geräusch. Dass ihnen der Angreifer entkommen war, passte ihm überhaupt nicht. Es machte ihn sogar noch gefährlicher als angenommen.

„Hältst du Ausschau nach ihm?“, fragte Maya zittrig, während ihr Blick über die makellose Statur des Vampirs glitt.

„Ich glaube nicht, dass er so leicht aufgegeben hat.“, antwortete er leise. Seine Arme hatte er vor der Brust verschränkt und er lehnte lässig am Fensterrahmen. Doch langsam glitt sein Blick zu Maya hinüber. Erst jetzt bemerkte er den blumigen Duft, der von ihr ausging, der ihn an etwas erinnerte – etwas, was er geschworen hatte, aus seinem Gedächtnis zu streichen.

Mühsam um Beherrschung ringend schloss er die Augen und wandte sich wieder ab. Mayas errötender Blick wirbelte seine Gedanken auf, machte ihn rasend, machte ihn verrückt.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte sie zaghaft nach. Offenbar war ihr sein Zittern nicht entgangen.

„Versuch zu schlafen. Carlisle wird sich so bald wie möglich um dich kümmern.“ „Aber …“ „Maya … bitte! Tu einmal das, was ich dir sage.“

Mayas Augenbrauen zogen sich abrupt zusammen. „So nicht, Freundchen! Warum habt ihr uns geholfen? Was will dieser Kerl von uns? Was passiert mit Angel? Was …“ „Warum bist du so stur, dass du nicht in erster Linie einfach mal an deine Gesundheit denken kannst, dich hinlegst und einfach mal ausruhst? Wenn wir uns um deinen Arm gekümmert haben und du halbwegs wieder auf dem Damm bist, kannst du immer noch Fragen stellen.“ „Ich bin auch jetzt in der Lage, Fragen zu stellen.“ „Aber nicht in der Lage, die dazugehörigen Antworten zu verstehen.“

Maya wollte widersprechen, doch ihr wurde klar, dass er Recht hatte. Zu viele Sachen schwirrten in ihrem Kopf herum, unter anderem ein schrecklicher, stechender Schmerz, der es schwer machte, sich auf irgendetwas konkret zu konzentrieren.

Wütend wollte sie die Arme vor der Brust verschränken, registrierte zu spät, dass dies mit gebrochenem Arm unmöglich war und schrie kurz darauf auf.

Edwards Kopf ruckte zur Seite. „Alles in Ordnung?“

Maya biss die Zähne zusammen. „Nein! Nichts ist in Ordnung. Mein Arm ist mehrfach gebrochen, mein Kopf macht sich gerade selbstständig, du beantwortest keine meiner Fragen und Angel liegt im OP, wird gerade aufgeschlitzt und niemand kann mir sagen, ob sie es überleben wird!!! Hab ich irgendetwas vergessen?“, schrie sie wütend, lehnte sich zurück und stieß mit dem Kopf hart gegen die Bettkante.

Brummend rieb sie sich den Hinterkopf. „Ach ja … Orientierungsschwierigkeiten hab ich auch.“

Von einer Sekunde auf die andere war Edward neben ihr. Sein Blick war weich – wahrscheinlich ebenso weich wie ihre Knie. „Sonst noch irgendetwas?“, fragte er. Seine Stimme war ebenso samtig wie sein Blick. Mit einer Anmut, wie sie nur Vampire haben konnten, setzte er sich neben sie auf das Bett und strich ihr sanft eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht.

Maya versank in seinen Augen und lehnte sich ungewollt zurück. Ihr Herz klopfte wie verrückt, machte Sprünge, die wahrscheinlich den Mount Everest überwunden hätten.

Edward lächelte. „So aufgeregt?“ „Was?“ „Bist du so aufgeregt?“

Maya runzelte die Stirn. „Wie … kommst du denn darauf?“ „Na ja … deine Gedanken verraten dich. Und dein Herzschlag.“

Augenblicklich schoss Maya die Röte ins Gesicht und verlegen blickte sie zur Seite. Ein Vampir mit Supergehör war schon grausam. Aber ein Vampir, der auch noch in der Lage war, Gedanken zu lesen, war ein Alptraum.

„Aber ein Alptraum, der dir gefällt, nicht wahr?“

Maya sog scharf die Luft ein. „Lass das!“

Abwehrend hob er die Hände. „Tut mir leid! Dring ich gerade in Privatsphäre ein?“ „In Intimsphäre sogar!“, knurrte sie zurück.

„Wie unhöflich.“ „Das kannst du laut sagen.“

Edward lächelte. „Das mach ich lieber nicht. Sonst weiß ja am Ende jeder, dass wir hier ganz allein sind … und eigentlich wollte ich nicht gestört werden.“

Maya blickte Edward mit großen Augen an. „Ähm …. Also ….. wie … geht’s jetzt weiter.“

Ein weiteres Mal strich er ihr zaghaft über die Wange, schloss die Augen und legte sanft seine Stirn auf ihre.

Maya begann vor Aufregung zu zittern, bis ihr eine Träne auf die Wange fiel. Verwirrt öffnete sie die Augen. Eine schmale Tränenspur zeichnete sich auf Edwards Wange ab, die er rasch wieder verwischte. Seufzend nahm er wieder seinen Platz am Fenster ein und schaute hinaus.

Mayas Finger glitten zu der Stelle, an der ihr die Träne auf die Wange gefallen war. Besorgt warf sie ihm einen Blick zu. „Ist alles in Ordnung?“, fragte sie zaghaft, während sie sich auf ihren linken Arm stützte, um sich aufzusetzen.

Edward warf ihr über seine Schulter hinweg einen kurzen Blick zu und wandte sich dann wieder ab. „Ja … alles in Ordnung.“ „Warum … warum weinst du dann?“

Einen kurzen Augenblick dachte er nach. „Weil ich … ach … nicht so wichtig.“, wiegelte er ab und lehnte den Kopf gegen den Fensterrahmen. „Du solltest schlafen, Maya. Überanstrenge dich nicht. Nicht jetzt jedenfalls.“

Maya schüttelte langsam den Kopf. „Ich kann nicht schlafen.“, flüsterte sie, zog die Beine an die Brust und bettete ihren Kopf auf die Knie. Innerhalb dieser Sekunden, die sie brauchte, um die Beine an die Brust zu ziehen, war Edward wieder neben ihr. Vorsichtig hob er ihr Kinn an und blickte sie mit glühenden Augen an. „Bitte, Maya. Schlaf ein wenig.“ Seine Hand glitt zu ihrem Nacken, um sie zu stützen, als sie sich seiner Bitte ergab und sich vorsichtig in die Kissen sinken ließ. Noch bevor er sie aus seinem Griff entließ, war sie eingeschlafen.
 

Die Erinnerung an ihren Traum war ebenso schnell verflogen, wie ihre Angst vor Vampiren. Als sie die Augen öffnete, wurde ihr als erstes bewusst, wie sehr sie sich in Vampiren geirrt hatte. Es gab durchaus welche unter ihnen, die es Wert waren, dass man ihnen vertraute.

Mayas Blick huschte eilig durch den Raum. Es war dasselbe Zimmer, in dem sie auch eingeschlafen war. Offenbar hatte sie gerade mal fünf Minuten geschlafen, denn Edward stand noch immer am Fenster und starrte hinaus.

Als sie sich aufsetzen wollte, bemerkte sie plötzlich, wie unglaublich schwer ihr rechter Arm sich anfühlte. Verwirrt blickte sie zur Seite und schnappte nach Luft. Ihr Arm steckte in einem dicken Gipsverband.

Edward, der ihr Atemholen bemerkt hatte, wandte sich ihr zu und lächelte. „Guten Morgen. Gut geschlafen?“

Mayas Blick huschte verwirrt zwischen Edward und ihrem Gipsarm umher. „Wie … wie lange hab ich denn geschlafen?“ „Na überlegen wir mal … vorgestern bist du hier gelandet.“

Mayas Augen schwollen auf ihre doppelte Größe an. „Ich hab einen ganzen Tag verschlafen?“ „Du warst ziemlich erschöpft?“ „Warum hast du mich nicht geweckt?“ „Weil du so interessant ausgehen hast. Außerdem brauchtest du deine Ruhe.“ „Was ist mit Angel?“

Edward wich ihrem Blick aus – kein gutes Zeichen.

„Edward! Was ist mit Angel?“ „Angel …“

Zu Mayas Pech öffnete sich in diesem Moment die Tür und Dr. Cullen, eingehüllt in seinen weißen Arztkittel, betrat das Zimmer. Als er Maya aufrecht sitzen sah, lächelte er. „Schön, du bist wach. Ich hatte schon Angst, dass … wie fühlst du dich?“ „Bestens! Was ist mit Angel?“, wiederholte sie ihre Frage zum dritten Mal und knirschte mit den Zähnen, als Carlisle nicht antwortete. Stattdessen blickte er auf sein Klemmbrett, machte sich einige Notizen und wandte sich dann wieder mit einem strahlenden Lächeln an Maya. „Du fühlst dich also besser. Das ist gut. Ich denke … dass wir dich auch recht bald entlassen können. Morgen denke ich. Und in Anbetracht der Tatsache, dass …“ „Dr. Cullen!“, unterbrach Maya ihn. Ihre Stimmte bebte vor unterdrückter Wut. „Ich schwöre Ihnen, wenn mir jetzt nicht augenblicklich irgendjemand sagt, was mit Angel ist, dann platze ich vor Wut! Und glauben Sie mir, mich wollen Sie nicht wirklich in Rage erleben! Also: Was ist mit Angel?“

Carlisle senkte kurz den Blick und sah dann kurz zu Edward hinüber, der sich jedoch abwandte und nach draußen sah.

Maya fing an zu zittern. „Sie ist doch nicht …“

Eine schreckliche Sekunde lang, die sich für Maya anfühlte wie Stunden, schwieg er. „Angel liegt im Koma.“

Maya blinzelte. Irgendetwas in ihrem Kopf wehrte sich dagegen, Carlisles Erklärung ernst zu nehmen oder gar zu verstehen. Angel konnte nie und nimmer im Koma liegen. Dazu war sie viel zu aufsässig.

Carlisle bemerkte sofort, dass Maya ihn offenbar nicht verstehen wollte. „Wir … wir mussten sie ins künstliche Koma versetzen. Ihre Funktionen sind momentan stabil … aber … sehr erfolgversprechend sieht ihre Lage momentan nicht aus. Ich weiß nicht, wie stark Angel ist, aber ich hoffe, dass sie stark genug ist, sich dem zu widersetzen, was ihr zusetzt.“

Mayas linke Hand krallte sich in der Bettdecke fest. „Angel ist stark. Und ich schwöre Ihnen, dass sie wieder auf die Beine kommen wird.“

Dr. Cullen nickte und blickte wieder auf sein Klemmbrett. „Ich hab mich, während du geschlafen hast, um deinen Arm gekümmert. Ich dachte, es ist angenehmer, wenn du nicht mitkriegst, was wir damit alles anstellen mussten.“ „So schlimm?“

Ein Lächeln glitt über seine Lippen. „Nein, nicht wirklich. Aber so hast du uns keine Schwierigkeiten gemacht und du musstest es nicht bewusst miterleben.“

Maya senkte den Blick. „Danke.“, murmelte sie und schluckte kaum merklich.

„Edward.“, wandte sich Carlisle an seinen Adoptivsohn. „Ich würde gern …“

„Kann ich zu ihr?“, unterbrach Maya den jungen Arzt und blickte ihn mit verschwommenem Blick an.

Dr. Cullen wollte widersprechen, doch Mayas flehender Blick kochte ihn letztendlich weich. „Na schön. Ich hole nur schnell einen Rollstuhl.“

Damit verschwand er.

Im Zimmer herrschte betretendes Schweigen. Edward wagte es nicht, irgendetwas zu sagen. Es reichte aus, Mayas Gedanken zu entschlüsseln, die momentan nur von Angst und Wut beherrscht wurden. Angst davor, dass Angel nicht überleben würde und Wut über den Vampir, der ihr das angetan hatte.

„Es war nicht deine Schuld.“, flüsterte er schließlich, als ihre Gedanken sich dem nächsten Thema zuwandten. Sie konnte es drehen und wenden, wie sie wollte, Angel hatte sie gebeten, nicht zu kommen, weil sie geahnt hatte, dass es so weit kommen würde. Weil sie wusste, dass sie sich nicht vollkommen auf sich konzentrieren konnte, während ihre Freundin ihr im Weg stand.

„Du bist nicht Schuld!“, wiederholte Edward energisch und sah Maya dabei mit blitzenden Augen an. „Das war geplant, Maya! Selbst wenn du nicht da gewesen wärst … es wäre genau dasselbe passiert. Vielleicht nicht ganz. Vielleicht wäre Angel sogar schon an Ort und Stelle von ihm zerfetzt worden. Das war kein einfacher, spontaner Überfall! Das war eine Falle.“

Maya runzelte die Stirn. „Eine Falle? Für Angel?“ „Einer Jägerin lebend zu entkommen, ist in der Vampirwelt so etwas wie eine Mutprobe. Überlebst du sie, dann bist du aufgenommen. Es gibt aber auch Zirkel, die es gezielt darauf anlegen, die Jägerin zu vernichten. Und ich fürchte, so einem Zirkel ist Angel jetzt in die Quere gekommen. Dein Pech besteht darin, dass du ihre beste Freundin bist. Dadurch rückst du automatisch mit ins Licht der Aufmerksamkeit.“ „Ich?“ „Sie wissen genau, dass sie Angel am besten drankriegen, wenn sie ihre beste Freundin erwischen.“

Maya schluckte, doch der dicke Kloß in ihrer Kehle wollte partout nicht verschwinden. Und bis Carlisle wieder das Zimmer betrat, sagte keiner der beiden ein Wort.

Mit Hilfe der beiden schaffte es Maya, sich in den Rollstuhl zu quälen, denn trotz Schmerzmittel machte ihr der gebrochene Arm ziemlich zu schaffen.

Edward schob sie durch das Krankenhaus, folgte Carlisle auf dem Fuße, der ab und an von einem Patienten herzlich gegrüßt wurde.

Mit jedem Meter, den sie sich Angel näherte, wurde Maya kälter. Wie würde sie ihre Freundin vorfinden? Sah sich bereits jetzt schon wie der bleiche Tod aus?

„Mach dir nicht so viele Gedanken. Ich bin sicher, dass Angel wieder auf die Beine kommt.“, flüsterte Edward ihr ins Ohr – ein zarter Windhauch, der sie kurz erzittern ließ.

Doch trotz seiner beruhigenden Worte verflog die Kälte nicht.

Sie mussten ein Stockwerk tiefer fahren, um zu Angel zu kommen. Sie lag in einem privaten Zimmer auf der Intensivstation.

Doch bevor sie das Zimmer betreten konnte, half Edward ihr dabei, in einen flaschengrünen Kittel zu schlüpfen, der Vorschrift war.

Dann öffnete Carlisle das Zimmer und Edward schob sie hinein.

Maya schnappte nach Luft.

Angel lag tief versunken in einem riesigen Kissen, das zu beiden Seiten ihres Kopfes wahrscheinlich noch jeweils zwanzig Zentimeter Platz hatte. Die Decke war bis an die Brust hochgezogen, doch ihre Arme lagen offen zu beiden Seiten ihres Oberkörpers. Mehrere Kanülen und Schläuche verbanden das Mädchen mit zahlreichen Monitoren und Geräten, die piepsten, surrten und gleichmäßige Linien aufzeichneten.

Angel war blass, blasser als ein Vampir, ihr Gesicht war eingefallen und machte ihr ganzes Erscheinungsbild nur noch düsterer.

Mühsam kämpfte sie mit den Tränen. Das war nicht ihre Angel. Das war nicht ihre beste Freundin, die da lag. Das konnte nur eine missratene Kopie sein.

„Schön wär’s.“, murmelte Edward hinter ihr und erst jetzt wurde ihr bewusst, dass das Wirklichkeit war, dass Angel tatsächlich im Koma lag und mit dem Tod rang.

Maya hatte das Gefühl, den Verstand zu verlieren, doch seltsamerweise erfasste sie plötzlich eine tiefe Ruhe. Ihr war es gar nicht mehr möglich, sich schlecht zu fühlen, sich Sorgen zu machen, sich verrückt zu machen. Es würde alles gut werden. Entspannt lehnte sie sich nach hinten.

„Danke Jasper.“ Carlisles Stimme war leise, doch trotzdem hörte sie es. Verwirrt öffnete sie wieder die Augen und diesmal fiel ihr der blonde Vampir auf, der auf der anderen Seite des Bettes stand, die Arme vor der Brust verschränkt, den Blick auf Angel gerichtet. Seine Miene verriet, dass er auf jedes noch so kleine Geräusch achtete.

„Danke? Wieso danke?“, fragte sie, doch Carlisle schüttelte den Kopf. „Das erklär ich dir später.“

Maya wollte etwas entgegnen, ließ es allerdings bleiben. Stattdessen fragte sie: „Kann sie mich hören?“ „Wenn ich ehrlich bin … ich denke nicht.“

Es war dieser abschließende Ton in seiner Stimme, der sie erschreckte, der ihr klar machte, dass es sogar noch schlechter um Angel stand, als er ihr versuchte, weiszumachen. So wie es sich anhörte, war es schon zu spät.
 

Maya erhaschte einen kurzen Blick auf den leeren Flur und als sie sich endlich sicher sein konnte, dass keine Krankenschwester sie erwischen würde, schlüpfte sie aus ihrem Zimmer und lief geduckt und eilig auf die Treppe zu. Nur ein Stockwerk tiefer und dann zu Angel, mehr wollte sie nicht.

Maya hatte extra lang gegen den drohenden Schlaf angekämpft, um die Möglichkeit zu haben, mit Angel zu sprechen, auch wenn es vielleicht keine Hoffnung gab, dass sie ihr antworten würde. Doch trotzdem würde es sie beruhigen, wenn sie ihr auf irgendeine Weise Mut machen konnte.

Zu ihrer Erleichterung erreichte sie ohne Komplikationen das Zimmer und huschte schnell hinein. Das durchdringende Piepsen eines der Monitore war das einzige Geräusch im Zimmer. Zu ihrem Glück war Jasper nicht da.

So leise wie möglich rückte sie einen Stuhl auf der anderen Seite des Zimmers an Angels Bett, setzte sich und zog die Beine an die Brust. „Hey … wie geht’s dir?“

Beinah sofort verdrehte sie die Augen. Wie geht’s dir? Eine blöde Frage, wenn man bedachte, dass Angel im Koma lag.

„Okay … die Frage musst du nicht beantworten.“, schmunzelte sie und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Aber du wirst sie mir beantworten müssen, klar? Spätestens wenn du wieder auf den Beinen bist, woran ich in keinster Weise zweifle, wirst du mir Rede und Antwort stehen müssen!“

Traurig seufzte sie. Jetzt saß sie tatsächlich hier und redete mit ihrer Freundin, die im Koma lag und wahrscheinlich kein Wort von dem verstand, was sie sagte. Wie deprimierender konnte das noch werden?

„Du fehlst mir.“, flüsterte sie schließlich leise und war überrascht, dass ihre Stimme so tränenerstickt klang.

„Ich schwöre dir, wenn du …“

Eine eiskalte Hand in ihrem Nacken unterbrach sie. Ihr Griff war fest … sehr fest. Mühelos wurde sie aus ihrem Stuhl gehoben und gegen die gegenüberliegende Wand geschleudert.

Ungebremst prallte sie mit dem gebrochenen Arm zuerst auf und sank wimmernd zu Boden. Ihr Blick fiel auf den Angreifer – derselbe Vampir, der sie auch im Wald überfallen hatte.

Mit schmerzverzerrter Miene rappelte sie sich auf und presste sich fest gegen die Wand. Der Ausgang war versperrt und es war auch niemand in der Nähe, der ihr helfen konnte.

Ihr Blick huschte hinüber zu Angel, die noch schutzloser war als sie selbst.

„Keine Sorge! Ich erspare es dir mit anzusehen, was ich mit ihr anstellen werde. Ich werde mir dich zuerst vorknöpfen und dann …“ Ein beinah sehnsüchtiger Blick glitt zu Angel hinüber.

Maya kroch es eiskalt den Rücken hinab. Verzweifelt schnippte sie mehrere Male in der Hoffnung, seine Zeit würde stillstehen, doch wie Angel gesagt hatte … es hatte keinerlei Auswirkung.

Langsam kam er näher, schlenderte zu Maya hinüber und blieb dicht vor ihr stehen. Seine Augen glühten feuerrot, während die Kuppen seiner Finger beinah sanft über ihre Wange strichen. „Dafür, dass du keine Jägerin bist, duftest du ganz schön betörend, das muss ich sagen.“

Sein Gesicht war so nah … viel zu nah.
 

Die Dunkelheit um sie herum war erdrückend und doch schien sie nicht undurchdringlich.

Angel blickte sich um in der Hoffnung, irgendeinen Lichtschimmer zu erkennen, doch nicht einmal die Hand vor Augen war zu sehen.

Dafür konnte sie etwas hören. Ein schwaches Echo.

„… mir.“

Krampfhaft konzentrierte sie sich auf die Stimme.

„… mir.“

Verzweifelt drehte sie sich im Kreis. Wem gehörte die Stimme? Was flüsterte sie?

„…st mir.“

Angel horchte auf. Es war klarer geworden und auch der Klang kam ihr bekannt vor.

„….ehlst mir.“

Die Dunkelheit nahm ab, die Lautstärke des Echos zu. Die Stimme wurde klarer.

„… fehlst mir.“

Angels Blick klärte sich. Die Schwärze der Dunkelheit war jetzt nur noch ein mattes Grau. Nebelschwaden, die sich immer mehr lichteten. Zwei undeutliche Formen schwebten in dieser Nebelsuppe herum.

„Du fehlst mir.“

Angel öffnete die Augen und im selben Moment explodierte der Herzmonitor.
 

Maya schrie auf. Der Vampir duckte sich und blickte über die Schulter zu Angel hinüber. Eine Sekunde zu spät, denn schon sauste der Stuhl auf ihn zu und schleuderte ihn zur Seite.

Maya blickte auf und formte ein lautlose Nein mit den Lippen.

Angel war wach – putzmunter stand sie vor ihr in einem farblosen Krankenhauskittel, die linke Hand gegen die Rippen gepresst und den Blick hasserfüllt auf den Vampir gerichtet, der sich von den Bruchstücken des Stuhls befreite und geschmeidig vor die Tür sprang, um ihnen den Ausgang zu versperren.

Angel taumelte zur Seite und postierte sich genau zwischen ihre Freundin und der Bestie, die gierig die Zähne bleckte.

„Du bist wach.“, hörte sie Maya hinter sich flüstern.

Angel schmunzelte. „Ich hab dich gehört.“, murmelte sie zurück und unterdrückte den Drang, ihr vor Dankbarkeit in die Arme zu fallen. Für so etwas war später noch genug Zeit.

„Du verfolgst mich also, ja?“, fragte sie den Vampir, um Zeit zu gewinnen.

Der Vampir grinste. „Ich begehre euch, das ist der einzige Grund.“ „Das klang neulich aber ganz anders.“ „Dann solltest du deine Auffassungsgabe überprüfen.“ „Ah … witzig sind wir auch noch, ja?“ „Du versuchst Zeit zu schinden, Jägerin! Langweile mich nicht mit solchen Belanglosigkeiten. Retten wird dich das sowieso nicht.“ „Stimmt! Retten wird mich …“

Ein scharfes Klirren hinter ihr unterbrach sie. Überrascht fuhr sie herum, was ein Fehler war.

Ein brennendheißer Schmerz schoss durch ihren Oberkörper und erinnerte sie an ihre gebrochenen Rippen.

Mit einem leisen Aufschrei ging sie in die Knie und das zur richtigen Zeit, denn im selben Moment schoss etwas über sie hinweg und sprang den Vampir an.

In ihrem Inneren brannte es wie Feuer und einzig Mayas kühle Hände um ihre Schultern ließen sie bei klarem Verstand bleiben.

Mit gekrümmten Rücken versuchte sie, einen Blick auf ihren Retter zu erhaschen. Es war Jasper. Er kauerte genau vor ihnen, bereit zur Verteidigung und mit der präzisen Sicherheit eines Raubtieres.

Angel ging wieder in die Knie, presste die Hand noch fester gegen ihre Rippen. Der Schmerz war unbeschreiblich.

„Beweg dich nicht!“, zischte Jasper sie an.

Angel knurrte. Blöde Sprüche konnte sie auch selbst klopfen.

„Aus der Bahn mit euch!“

Nicht nur Maya verdrehte die Augen. Im selben Moment platzte auch Angel der Kragen. „Beweg dich nicht! Aus der Bahn mit euch! Kannst du dich vielleicht mal entscheiden?“, fauchte sie nach hinten und brachte den Vampir damit aus dem Gleichgewicht.

Mit leicht empörten Blick wirbelte er herum, wollte ihr etwas Entsprechendes an den Kopf werfen, und wurde prompt von seinem Gegner überfahren.

Angel biss sich auf die Zunge und suchte rasch nach etwas, mit dem sie sich verteidigen konnte.

Ihr Blick fiel auf ein abgesplittertes Stück Holz des Stuhls, den sie nach dem Vampir geworfen hatte. Mit einem schmerzhaften Keuchen griff sie danach, visierte den Vampir an und schleuderte das Holzstück durch die Luft.

Zu ihrer eigenen Überraschung traf sie ihn direkt über dem Herzen. Vollkommen perplex taumelte er zurück, den Blick fassungslos auf Angel gerichtet.

Jasper nutzte die Gelegenheit, sprang auf die Beine und stürzte sich auf den Feind. Das Geräusch von splitterndem Glas musste im gesamten Krankenhaus zu vernehmen sein, als sie durch die Scheibe flogen.

Angel blickte ihnen noch einen Moment nach und brach dann endgültig zusammen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  LittleAngel
2009-10-12T19:28:03+00:00 12.10.2009 21:28
im letzten kapi hab ich ja geschrieben das es mir nicht so gut gefallen hat als die beiden davor, aber dafur hast du jetzt wieder ein richtig geiles geschrieben /„Beweg dich nicht! Aus der Bahn mit euch! Kannst du dich vielleicht mal entscheiden?“/ wie geil ist das denn? Du bringst sachen^^
allerdings hat mich der vampir wieder auf etwas aufmerksam gemacht das ich beim letzten kommi vergessen habe, warum ist niemand dem vampir hinterher, carlisle war klar den brauchten sie an ort und stelle, jasper und edward konnt ich auch noch verstehen, aber die trage hatte auch eine allein holen konnen also hatten emmet und rosalie los und ihm folgen konnen wharend esme und alice wache halten. sie sind immerhin zu siebt da konnt man die arbeit ruhig etwas mehr aufteilen. aber das zum letzten.

zu diesem, erstens find ichs etwas komisch wenn du sagst das ihre augen anschwellen, einmal sogar auf die doppelte grosse hast du dir das mal vorgestellt? sind das manga figuren oder eher realistiche menschen... vampire... ich hoff du verstehst was ich meine.
und zudem konnen vampire nicht weinen (wobei das eher nebensachlich ist, man soll einem kunstler ja seine freiheiten lassen.

wenn ich das kapi richtig interbretiert habe gab es in edwarts vorgeschichte bella, aber irgendetwas ist da schief gelaufen, nehm ich an. bin froh das ich nicht aufs nachste kapi warten muss freu mich darauf es zu lesen
Von:  VonArrcross
2009-03-01T15:24:58+00:00 01.03.2009 16:24
Es war keineswegs beruhigend zu lesen, dass Angel im Koma lag. Aber wie du das Verhalten von Edward und Dr. Cullen dargestellt hast: Da bekommt man es selbst als Leser mit der Angst zu tun.
Aber ihr erwachen... Krass! Einfach nur krass! *daumen hoch* Wirklich spitze. Der Schauer blieb zwar aus, aber die bildliche Vorstellung... Respekt.
Wofür sich Dr. Cullen bei Jasper bezüglich Maya bedankt ist mir zwar ein Rätsel, aber das werd ich schon noch erfahren, wenn ich weiter lese.

Hab ich dir eigentlich schon gesagt, dass ich Sekten hasse? Ob nun göttlicher oder vampirischer Herkunft. Sekten sind zum ko... *räusper*
Naja, halt nicht nach meinem Geschmack.
Von:  Yatimu
2009-02-20T20:59:25+00:00 20.02.2009 21:59
Du bist soooo fies!!!
An so einer Stelle darf man nicht aufhören!
Das ist ja wie Entzug bei einem Drogensüchtigen!!!
Och menno...
Ich will wissen wie es weitergeht!!!
Ich find es so goldisch mit Jasper, dass Angel ihm was bedeutet...
Der Teil wo Angel aus dem Koma erwacht war auch gut...
ach was sag ich...gut...ph... herzzereissend trifft es schon eher!
Und mit Eduard...
Ich bin so gespannt was wohl mit ihm los is ...
also warum er so traurig ist...
Aber Maya scheint er ja doch irgendwie zu mögen, ne?
Ich könnte halt ma gar nich mit nem Typen zusammen sein, der meine Gedanken lesen kann, aber das ist ja schließlich geschmackssache^^
Dein Schreibstil ist wirklich klasse!!!
Tolles Kapi!!!
ich freu mich schon aufs nächste^^


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