Prolog
>Es tut weh in ihrer Nähe zu sein und zur gleichen Zeit ist es ein so wohliges Gefühl, dass ich es gar nicht mehr missen will<, tippte ich und zögerte kurz, ehe ich auf senden klickte.
Nur wenige Sekunden später piepte mein Laptop und ich erhielt eine Antwort: >Du musst es ihr sagen< Ich biss mir unbewusst auf die Unterlippe und schüttelte sacht mit dem Kopf, als erwarte ich, derjenige am anderen Ende der Verbindung könnte mich sehen. Mein Herz klopfte. Eigentlich war ich kein Mensch, der über seine Gefühle sprach, auch nicht schrieb, aber wenn ich es nicht tat, befürchtete ich dass all diese verschwiegenen Emotionen regelrecht aus mir herausplatzen würden. Eine Träne bahnte sich ihren Weg über meine Wange und rollte langsam auf mein Kinn zu. Ich schenkte dem Kitzeln, welches durch diese Bewegung hervorgerufen wurde, keinerlei Beachtung.
Meine Finger zitterten, >Ich will sie nicht verlieren<
Es piepte, >Wenn ihr Freunde seid, wird sie versuchen dich zu verstehen<
>Es würde nie mehr so sein, wie es war<, ich schluckte, unterdrückte weitere Tränen.
>Das ist es schon jetzt nicht mehr, oder?<
>Ich habe Angst<
Es folgte eine Pause.
Ich fuhr mir mit der Hand übers Gesicht. Sonst weinte ich nie. Meine Finger griffen unbewusst in meine Hosentasche und kramten nach einem Taschentuch. Es half nichts, die Tränen versiegten nicht. Ich schluchzte leise in mich hinein. Ausgesprochene Gefühle, geschriebene Gefühle verstärkten sich stärker, als bloßes Denken.
Ob ich rote Augen hatte? Es musste so sein.
Mein Laptop piepte.
>Das ist natürlich ;) <
Er wollte mich aufmuntern.
Ich lächelte.
>Wie soll ich es anfangen?!<, es war nur das Klackern der Tastatur zu hören.
>Sprich mit ihr darüber...<
„Ha! Als ob das so einfach wäre!“, ich lehnte mich erschöpft zurück.
Kapitel 1
Ich war das erste Mal verliebt. So richtig verliebt, nicht nur ein Crush, bei dem man gar nichts fühlte, außer einem geringfügigen Bedauern, geradeso als habe man einen guten Film im Fernsehen verpasst, wenn er sich als sinnlos herausstellte. Nein, meine erste Liebe war eine, bei der man durchaus sagen konnte: „Ich folge dir bis ans Ende der Welt“ und es auch so meinte.
Wer mochte der Witzbold gewesen sein, der behauptete Liebe sei schön. Es gäbe nichts schöneres als die Liebe. Ich wollte ihn zum Mond schießen und den schlauen Menschen, der die Liebe als schmerzvoll beschrieb, meine Ehre erweisen. Diesem konnte ich nur Recht geben, denn die Liebe tut weh. Sie schnürt dir die Brust zu und von Tag zu Tag wird es schlimmer.
Alles um mich herum wurde grau und meine Fröhlichkeit wurde viel zu offensichtlich aufgesetzt.
Wieso musste gerade ich so ein Pech haben? Wieso konnte mein Leben nicht so rational und berechnend wie bisher weiterverlaufen? Wollte mir Gott damit eine Strafe auferlegen, weil ich viel zu sehr meine Zukunft vorrausgeplant hatte?
Wäre ich mir dieser Gefühle nur nie bewusst geworden, dann hätte ich jetzt vielleicht einen Freund und vielleicht hätten wir inzwischen zusammengewohnt und ich wäre vielleicht glücklich gewesen. Vielleicht...
Aber es war nicht so. Ich hatte diese Gefühle in mir, wollte es bloß nicht zugeben. Sich selbst seine Gefühle einzugestehen ist tausendmal schwerer, als sie demjenigen zu vermitteln. Denn wann liebte man schon jemanden? Wenn man ihn küssen will? Wenn man nicht mehr ohne ihm sein kann? Wenn man pausenlos an ihn denkt? Wer kann schon darauf eine Antwort geben, aber sobald man sich selbst gestanden hat, in diese Person verliebt zu sein, so kommt man nicht mehr davon los und die Gefühle werden nur noch stärker, bis sie drohen dich ganz aufzufressen.
