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Bittersweet Symphony

Ich habe dich gefunden – Mein Glück - -Die letzten zwei Kapitel sind da
von

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Die Rettung!?

Hey, alle zusammen.
 

da jetzt alles wieder so lange gedauert hat, melde ich mich jetzt gleich mit den letzten zwei Kapitel zu Bittersweet Symphony zurück. Der große Showdown sozusagen. ^^
 

Daher bin ich ziemlich aufgeregt und schon wahnsinnig auf eure Meinungen gespannt. Darum plapper ich jetzt nicht weiter und sag nur noch: Vielen lieben Dank für eure Kommis zum letzten Kapitel. Hab mich wie immer riesig darüber gefreut und viel Spaß beim neuen Kapitel.
 

18. Kapitel: Die Rettung!?
 

Dunkelheit.

Allgegenwärtige Dunkelheit.

Ich wusste, dass ich nicht tot war. Mein Herzschlag wurde stetig und leise an mich herangetragen und dennoch spürte ich meinen Körper nicht.

Schwerelosigkeit umgab mich. Ein Gefühl von dahintreiben im tiefen Wasser, während ich immer weiter sank.

Tiefer und tiefer, in die unendliche Schwärze hinein.

Und auch, wenn vollkommene Dunkelheit mich umgab, spürte ich keine Angst.

Ich empfand Leichtigkeit und Frieden.
 

Doch dann, ohne jegliche Vorwarnung, änderte sich plötzlich alles.

Es fühlte sich so an, als würden unzählige Wassermassen auf mich einstürzen. Ich wurde umhergeworfen. Nach unten gedrückt, nach oben geschleudert. Ich öffnete meinen Mund und wollte schreien, doch ich vernahm nur ein leises, raues Ächzen.

Ich schluckte, was ich sofort bereute als ich den stechenden Schmerz in meiner Kehle wahrnahm. Ein übel riechender, chemischer Geruch stach in meine Nase. Ich würgte, wodurch ich bemerkte, dass meine Zunge an meinem Gaumen haftete. Meine Lider wollten sich erst gar nicht heben, wogen schwer. Meine verklebten Wimpern pappten auf der Haut.

Ich war wieder bei Bewusstsein.

Das Dröhnen, das meinen Kopf heimsuchte, überlagerte das Pochen in meiner Wange. Außer dem Schmerz, konnte ich keine klaren Gedanken fassen. Konnte mich an nichts erinnern.

Es herrschte völlige Leere.

Was war passiert?

Ich stöhnte auf. Mein Körper krümmte sich. Es kam mir so vor, als würde sich meine Schädeldecke jeden Moment spalten. Ich kniff meine Augen fester zusammen, spürte etwas Raues an meiner Wange sowie Kälte und Nässe.

Was war das?

Sachte tasteten sich meine Fingerkuppen voran. Sie bewegten sich über eine merkwürdige Oberfläche. Gleichzeitig versuchte ich zu lauschen, dadurch irgendeinen Hinweis zu erhalten. Doch nichts. Kein Laut.

Wo war ich?

Definitiv nicht zu Hause. Zumindest darin war ich mir zu einhundert Prozent sicher.

Lag ich auf dem Boden?

Wenn ja…. Wie war ich dorthin gekommen?

Ich zuckte zusammen, als ich versuchte mich zu bewegen. Jede Stelle meines Körpers tat weh.

Ich schluckte zögerlich, bemerkte dadurch den merkwürdigen Geschmack in meinem Mund. Irgendwie metallisch!?

Wie aufs Stichwort, überfiel mich Übelkeit. Mein Magen krampfte sich zusammen. Meine Hände umschlangen abrupt meinen Bauch. Von neuem überfiel mich ein Würgereiz. Das Brennen in meiner Kehle verschlimmerte sich. Unter zuckenden Bewegungen versuchte ich, meine Lider mehr schlecht als recht anzuheben.

Ich wollte endlich wissen, wo ich war.

Was passiert war.

Diese Unwissenheit machte mich wahnsinnig.

Nach mehrmaligen Versuchen gelang es mir endlich. Meine Augen öffneten sich. Es dauerte nochmals - für mich – eine kleine Unendlichkeit, bis sich diese an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten.

Durch das schwache Licht, das von irgendwo hinter mir, trübe herein fiel, erkannte ich einen tristen Raum. In einigen Metern Entfernung von mir, befand sich eine graue Tür, die bereits von meiner Position aus ziemlich massiv aussah. Der Boden, auf dem ich lag, war mit einer dünnen Schicht Sand bedeckt. Einige dieser Körnchen klebten an meiner Wange. Schwerfällig versuchte ich mich auf den Rücken zu drehen, als ich stockte. Mit einem Schlag klärte sich mein bisher im Dämmerzustand dahin gedriftetes Gedächtnis.

Bilder – in grellen Farben - schossen an mir vorbei. Mein Herzschlag beschleunigte sich.
 

Unser Streit.

Die Verfolgungsjagd.

Sam.

Der Kuss.

Edward.

Die Eisenstange!
 

Mit einer schnellen Bewegung rollte ich wieder in meine Ausgangsposition, stemmte mich auf meine Hände, die umgehend unter der Last nachgeben wollten. Meine Sicht verschwamm. Schwindel überfiel mich. Ich biss die Zähne zusammen, riss meinen Kopf zur Seite und sah, wonach ich suchte.
 

„Edward!“ Ich unterdrückte einen aufkommenden Hustenanfall.

Regungslos lag er auf dem Boden. Den Rücken mir zugewandt.

Auf allen Vieren krabbelte ich, so schnell wie nur möglich, zu ihm. Packte nach seiner Schulter, drehte ihn vorsichtig zu mir herum. Sein Anblick ließ mich kurz erstarren. Ich japste unkontrolliert nach Luft. Das Gefühl, das mich augenblicklich überkam, war beklemmend, nahezu lähmend.

Mit geweiteten Augen betrachtete ich das bereits angetrocknete Blut an seiner Schläfe und Wange. Durch die dunkle Flüssigkeit, die geröteten Stellen, die sich langsam schon bläulich-lila verfärbten, wirkte seine Hautfarbe noch blasser als sonst.

Strähnen hafteten auf seiner verschwitzten Stirn. Seine Gesichtszüge waren angespannt.

Fieberhaft blinzelte ich die Tränen weg, die sich schon wieder in meinen Augen sammeln wollten. Kämpfte zugleich gegen den Schwindel und die Panik an, die drohten mich zu befallen. Weitere Bilder wollten vor mein inneres Auge treten.

Bilder aus der Vergangenheit.

Mit all meiner mir zur Verfügung stehenden Kraft, drängte ich diese zurück. Schüttelte diese konsequent ab. Ich durfte mich jetzt nicht in Schreckensbildern aus der Vergangenheit verlieren.

Edward ging es gut. Ihm würde nichts fehlen.
 

Diese Sätze wiederholte ich wie ein Mantra. Sie waren der Strohhalm, an den ich mich klammerte, um nicht in Panik zu versinken.

Ich hob meine zittrigen Hände an, um Edwards Gesicht zu umfassen. Vorsichtig strich ich über seine Wangen. Sein Atem streifte meine kühle Haut, was mich etwas ruhiger werden ließ. Ich beugte mich weiter über ihn, drehte seinen Kopf leicht, um die Wunde begutachten zu können.

Die Blutung hatte bereits gestoppt. Sein bronzefarbenes Haar war an einigen Stellen verklebt. Die Wunde an sich, schien nicht tief zu sein. Aufgrund dessen atmete ich erleichtert auf. Ohne meine Hände zurückzuziehen, schweiften meine Augen über den Rest seines Körpers. Auf den ersten Blick waren keine weiteren Wunden zu sehen. Was nichts hieß und dennoch spürte ich, wie sich der eisige Griff, der sich um mich gelegt hatte, begann, sich zu lockern, mir wieder mehr Freiraum gab.

Jetzt musste Edward nur noch aufwachen.

„Edward.“, erklang meine leise, weinerliche Stimme.

Keine Reaktion.

Meine Finger krallten sich in sein Hemd, während ich mein Gesicht an seiner Brust vergrub, an ihm rüttelte. Er sollte seine Augen aufschlagen, mir sagen, dass es ihm gut ging.

Seine Stimme.

Der einzige Wunsch, den ich im Moment hatte.

Ich wollte meinen Namen aus seinem Mund hören. Seinen lieblichen Klang in meinen Ohren.

Tränen lösten sich aus meinen Augenwinkeln, rollte über meine Wange. Ich schmeckte salzige Flüssigkeit, die meine Lippen benetzte. Tief atmete ich seinen Geruch ein. Konzentrierte mich auf seinen leisen, ruhigen Herzschlag, gegen den mein eigener sich wie ein wildes Trommelspiel anhörte.

Ein leises Stöhnen ließ mich aufhorchen. Sachte, fast in Zeitlupe, hob ich meinen Kopf an, blickte gebannt auf sein Gesicht.

Edwards Augenlider flatterten.

„Edward?!“, flüsterte ich mit heißer Stimme, beugte mich erneut über ihn.

Mehrmaliges Blinzeln folgte. Gebannt wartete ich ab, wagte es nicht, mich zu rühren.

Und dann – endlich - konnte ich wieder in tiefgrüne Augen blicken.

„Edward!“, rief ich überschwänglich aus. Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen. Dieser Moment, indem er seine Augen aufschlug, mich ansah, war Balsam für meine Seele. Meine Hände umrahmten sein Gesicht. Sanft strich ich ihm mit meinem Daumen über seine Wange, als ich ohne weiter groß darüber nachzudenken, mich zu ihm hinunterbeugte und meinen Mund auf den seinen legte.

Sobald ich seine Lippen spürte, den Druck seiner Arme, die sich um meine Hüfte schlangen, mich noch enger zu ihm zogen, verflog die Angst, die mich vor Sekunden noch im Griff gehalten hatte, vollständig.

„Ich bin so froh.“, murmelte ich.

Sachte löste ich mich etwas von ihm, wich jedoch nicht all zu weit zurück. Sofort begegnete ich seinem liebvollen und zugleich erleichterten Blick. Seine Augen drangen tief in die meinen ein. Das Strahlen darin, schien jeden noch so unerreichbaren und im verborgenem liegenden Teil meiner Seele zu erleuchten. Ich spürte die Hitze in meinen Wangen, spürte, wie das Blut in Rekordgeschwindigkeit durch meine Adern raste. Vorsichtig strich ich einige Strähnen aus seiner Stirn, was Edward ein leises Seufzen entlockte.

Wie sehr ich dieses Geräusch liebte.
 

Weiterhin lösten sich Tränen, kullerten über mein Gesicht. Edward hob seinen Arm an, stieß dann aufgrund dieser Bewegung, zischend die Luft aus, weshalb ich mich aufrichtete. Edward versuchte ebenfalls seinen Oberkörper aufzurichten, zuckte zusammen. Ich griff nach seinem Arm. „Warte. Ich helfe dir.“

Sein Blick huschte zu mir. Ein dankbares Lächeln zierte seine Mundwinkel, was mich beschämt zu Boden blicken ließ. Dieses hatte ich ganz und gar nicht verdient. Schließlich war ich allein der Grund für seinen Zustand. Ich hatte uns in diese Situation manövriert. Ich biss mir auf die Lippen, was Edward jedoch nicht bemerkte.

Nach einigen Minuten saß er aufrecht neben mir, kniff seine Augen zusammen, nahm tiefe Atemzüge.

Für einen Moment, einem Wimpernschlag gleich, hockte ich einfach da, sah ihn an. Bevor ich meine Arme anhob und diese um seinen Nacken schlang. „Es tut mir so leid!“, schniefte ich, was Edward dazu veranlasste seinen Griff – seine Hände hatten sich automatisch um mich gelegt -, noch zu verstärken.

„Es ist alles in Ordnung, Bella.“ Er nahm mein Gesicht in seine Hände, betrachtete mich intensiv. „Was ist mir dir?“ Kaum spürbar glitten seine Fingerspitzen über meine leicht geschwollene Wange, deren Pochen ich jetzt erst wieder wahrnahm. Nachdem ich Edward gesehen hatte, war jeglicher Schmerz vergessen gewesen. Und im Vergleich zu seinen Schmerzen, mussten meine ziemlich gering sein. Selbst die Benommenheit, die mich befiel, war auf ein Minimum gesunken.

„Alles in Ordnung.“ Ich konnte nicht anders, schüttelte meinen Kopf, lächelte dann. Seine Frage war so abwegig. Er war derjenige, der niedergeschlagen wurde, aber er machte sich wieder nur Gedanken um mich. Was hätte ich auch anderes erwarten sollen?

So war er.

„Gut.“ Erleichterung durchdrang seine raue Stimme.

„Aber, was ist mit dir?“

Seine Hand packte an seinen Hinterkopf. Er zuckte erneut zusammen, als seine Finger seine Wunde berührten. „Kopfschmerzen.“ Sein Mund verzog sich.

Mitfühlend blickte ich ihn an. „Aber nichts, was mich umbringen würde. Ich hab schon weitaus schlimmer ausgesehen.“ Er lächelte sein schiefes Lächeln, schwach, aber dennoch ausreichen, um mir den Atem zu rauben.

„Also, hör auf zu weinen.“, fügte er bestimmt hinzu. Zugleich küsste er mir über meine geschlossenen Lider, bevor sein Mund über meine Nasenspitze zu meinen Lippen wanderte.

Ich versuchte seiner Bitte nachzukommen. Konzentrierte mich auf die Süße seines Kusses. Ich versuchte es wirklich. Ich selbst wollte nicht mehr weinen. Doch konnte ich den Tränen, die derzeit immer noch unablässig über meine Wangen flossen, einfach keinen Einhalt gebieten. Genauso wenig, wie dem Zittern, das meinen Körper heimsuchte. Es gelang mir einfach nicht. Es hatte den Anschein, als hätte mein Körper ein Eigenleben entwickelt. Ich schmiegte mich noch enger an Edward, senkte meinen Kopf, vergrub mein Gesicht an seinem Hals. „Ich hatte solche Angst um dich.“, stieß ich hervor. Ich fühlte mich schuldig. Nur meinetwegen war er verletzt worden. Weil ich so stur gewesen war. Weil ich nicht nachgedacht hatte.

„Schhhtttt.“, flüsterte seine sanfte Stimme in mein Ohr. Ich erschauderte. Seine Lippen streiften mein Ohrläppchen, spürte die zärtliche Berührung. „Mein Herz. Es tut mir…..“
 

„Nicht.“ Mein Zeigefinger verhinderte, dass er weitersprechen konnte. Leicht weiteten sich seine Augen vor Verwunderung, als ich zum Nachdruck noch meinen Kopf schüttelte. „Hör auf dich zu entschuldigen. Es ist nicht deine……. Ich ganz alleine bin…… Es……..“ Ich redete völlig wirr. Alles wollte gleichzeitig aus mir hinaus. „Ich……, ich…….. hätte nicht…..mitten in der Nacht….“ Meine Schultern begannen zu beben. „Ich……. Verlass mich nicht.“, schluchzte ich verzweifelt. „Bleib bei mir.“ Meine Hände gruben sich in den Stoff seines Hemdes, als ich mich noch enger an ihn drückte. Ich wusste nicht, was genau mich dazu bewogen hatte, genau jetzt – in diesem Augenblick– diese Worte zu sagen. Ich kannte nicht den Auslöser. War mir dessen nicht bewusst. Der Zusammenhang fehlte, und doch hatte ich nicht anders gekonnt. Mein Entschluss, den ich in der Nacht gefasst hatte, hatte sich in Luft aufgelöst. Ich konnte daran nicht mehr festhalten. Es ging einfach nicht. Ich war mir durchaus bewusst, dass es selbstsüchtig war, dieses Thema genau jetzt anzusprechen.

So dumm.

Absolut unpassend.

Und doch konnte ich mich nicht dagegen verwehren. Ich hatte darüber keine Kontrolle mehr. Mein Herz war inzwischen stärker als mein Verstand.

Edward durfte nicht gehen. Meine Welt durfte nicht noch einmal zerschellen. Mit jedem Schlag wurden diese Worte lauter.

Ich hörte Edward schuldbewusst aufseufzen, bevor er sein Gesicht in meinem Haar vergrub. Ich hätte mich zugleich ohrfeigen können. Warum konnte ich nicht einfach meinen Mund halten?

Während ich mir selbst noch diese Frage stellte, sprudelten die Worte weiter – ohne dass ich sie hätte stoppen können – aus mir heraus. „Verzeih mir…….. Ich……. Ich will nicht selbstsüchtig sein. Ich will es nicht! Aber…ich kann nicht anders. Ich kann einfach nicht……. Bleib bei mir. Bitte bleib.“ Ich klammerte mich förmlich an Edward, als hätte ich Angst, dass er sich jeden Moment in Luft auflösen könnte. „Verlass mich nicht. Bitte.“ Dann brach meine Stimme endgültig. Ich war zu keinem weiteren Wort mehr fähig. Ich spürte wie eine schwere Last von meinen Schultern fiel und zugleich plagte mich das schlechte Gewissen. Beide Seiten zerrten an mir.
 

„Bella.“, murmelte Edward. „Ich habe…. Ich dachte……..“ Schwer amtete er aus. „Ich hätte das niemals sagen dürfen. Nicht einmal in Betracht ziehen dürfen. Ich war so dumm, so dumm.“, murmelte er.

„Nein.“, erwiderte ich prompt. „Du… wolltest mich beschützen. Ich will nicht, dass du dir Vorwürfe machst.“

„Werde ich nicht. Das kannst du mir glauben.“, sprach er bedacht, während er meinen Kopf anhob, sogleich meine Lippen wieder mit kleinen, zarten Küssen bedeckte. Seine Hände wanderten über mein Gesicht, strichen über meinen Hals, umfassten meinen Hüfte. Mit einer sanften Bewegung zog er mich auf seinen Schoß. Sachte bettete ich eine meiner Hände auf sein Herz, sah zu ihm auf.

„Versprich mir, dass du so etwas nie wieder sagen wirst. Nicht einmal denkst. Nie wieder. Hörst du? Nie wieder.“, nuschelte ich zwischen seinen Berührungen, die nicht abrissen.

„Versprochen.“ Leicht berührte seine Stirn die meine. „Ich kann dich gar nicht verlassen. Wenn ich gehe, dann nur mit dir an meiner Seite.“, und das schiefe Lächeln, dass ich so sehr liebte, breitete sich auf seinem Gesicht aus. In Edwards wunderschöne und tiefgrüne Augen konnte ich die reine Wahrheit lesen. Die Wahrheit, die gerade über seine Lippen gedrungen war.

Mein Herz jubilierte. Feierte seinen Sieg. Schlug Purzelbäume.

„Ich liebe dich, Bella.“

Meine Augen weiteten sich. Mein Herzschlag verklang. Ich vergaß augenblicklich wie man atmete. Ungläubig starrte ich ihn wenigen Sekunden lang an, bevor ich die Worte tatsächlich realisierte.

Ein Schluchzen trat über meine Lippen.

Dieses Mal jedoch nicht aus Angst, Verzweiflung oder Schuld, sondern aufgrund der Welle des Glücks, die mich endgültig und ungebremst durchströmte, alles andere davon schwemmte, jeden Winkel meines Körpers einnahm.

„Ich liebe dich.“, erwiderte ich, bevor ich mich wieder zu ihm zog, seine Lippen versiegelte, in diesem Kuss völlig versank.
 

Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, als wir uns voneinander lösten. Schwer hob und senkte sich mein Brustkorb. Meine Wangen glühten. Meine Lungen brannten, was jedoch umgehend von dem klaren Sauerstoff gelindert wurde. Ich lächelte in mich hinein, als ich den gerade erlebten Kuss noch einmal Revue passieren ließ. Sofort wurde die Wärme in meinen Wangen noch einmal um einiges stärker, als ich durch ein leises Kichern aus meinen Gedanken gerissen wurde. Ich schlug meine Augen auf, blickte auf, um einem äußerst amüsiert dreinblickenden Edward zu begegnen.

„Was?“, wollte ich sofort wissen.

Edward lachte kurz auf, bevor er mir Antwort gab. „Allem Anschein nach, müssen wir uns immer in brenzligen Situationen befinden, damit wir uns einen Schritt näher kommen.“

Ich hob eine meiner Augenbrauen an, dachte kurz über den Sinn seiner Worte nach und begann ebenfalls leise zu lachen.

Wenn ich so zurück dachte, musste ich diesem zustimmen. Doch Edwards Worte holten mich auch unweigerlich in die Realität zurück, ließ die rosarote Brille, die ich kurze Zeit getragen hatte, verpuffen.

Wir waren entführt worden.

Wir wussten nicht, wohin sie uns gebracht hatten. Geschweige denn, was sie mir uns vorhatten.

Gefangene.

Mein Blick, der durch den Raum gehuscht war, endete wieder bei Edward. Dessen Gesichtsaudruck war ernst geworden, sein Lachen verstummt. Ihm ging derzeit wahrscheinlich das Gleiche durch den Kopf wie mir.

Sanft löste er seinen Griff von meiner Hüfte, schob mich von seinem Schoß, bevor er sich erhob. Unser inniger Moment war vorbei – endgültig.
 

Mit festem Blick sah er sich aufmerksam in dem kleinen Raum um, in dem wir uns befanden. Ich tat es ihm gleich.

Für was der Raum einst genutzt wurde, konnte man leider nicht ersehen. Die Wände waren hoch. Zwei Meter über uns befanden sich kleine, verschmutzte Fenster, durch die Tageslicht hereinfiel. Zum Entkommen waren sie viel zu eng. Einige alte, verdreckte Decken lagen in einer Ecke. Die Überreste eines Stuhls waren in der anderen zu erkennen. Ansonsten war der Raum leer. Achtsam lief Edward in Richtung Tür. Seine Hand packte nach der Klinke.

Abgeschlossen.

Was hatte ich auch sonst erwartet. Das Sam uns einfach so davon spazieren lassen würde, war wohl eher Wunschdenken.

Edwards Finger glitten prüfend am Rahmen entlang. Fast fachmännisch begutachtete er die Scharniere.

Ich trat hinter ihn. „Und?“

„Die krieg ich so nicht auf.“

„Kein Einbruchwerkzeug in der Hosentasche?“ Es war wirklich skurril, in welchen Situationen man doch scherzen konnte.

„Nein, das liegt leider noch in der Schublade in meinem Nachttischschrank.“, ging Edward darauf ein. Ich lachte kurz auf, was meine angespannten Muskeln, weiter lockerte. Ich blickte mich noch einmal um. Vorsichtshalber, um noch einmal zu überprüfen, ob wir auch nichts übersehen hatten. Doch mein erster Eindruck blieb bestehen. Hier befand sich nichts, was man eventuell gebrauchen konnte. Ich seufzte leise, sah wieder zu Edward, wobei mein Blick auf seiner Wunde am Hinterkopf haften blieb.

Sofort schossen mir wieder die Bilder der vergangenen Nacht in den Kopf.

Ich biss die Zähne zusammen.

Dieser verdammte Quil. In diesem Moment bedauerte ich es, dass Edward nicht noch fester zugeschlagen hatte.

Ich schnaubte, verschränkte meine Arme. Wut flammte in mir auf, als ich an den Kuss und die Ohrfeige dachte. Die ganze Zeit in Edwards Armen hatte ich nicht einmal daran gedacht. Aber jetzt, da wir uns wieder mit unserer derzeitigen Situation befassten und die Sorge um Edward abgeflaut war, war alles wieder da. Meine Hände formten sich zu Fäusten. Voller Ekel rieb ich mir mehrmals mit dem Handrücken über den Mund. „Arschloch!“, murrte ich.

„Bella?“

Das war mein Name. Doch ich konnte gerade nicht darauf reagieren. Ich war inzwischen zu sehr mit meinen eigenen Gedanken beschäftigt.

„Wie kann er nur……?“, knurrte ich vor mich hin, während ich begann auf und ab zu gehen und wild mit meinen Armen durch die Luft zu fuchteln. Das würde mir Sam Uley noch büßen. Was fiel ihm ein, mich zu küssen?

„Bella!“

So leicht würde er mir dafür nicht davon kommen. Ich bin immerhin die Tochter eines Polizeichiefs. Zu irgendetwas muss diese Tatsache doch gut sein.

„Dieser verdammte…..“, setzte ich bereits von neuem an, als ich abrupt unterbrochen wurde, indem mich Edward an den Schultern packte.

„Isa, bitte. Halt die Luft an. Ich kann dich verstehen, aber bitte, gib mir eine ruhige Minute zum Nachdenken.“

Scharf sog ich die Luft ein, während ich meine Augen innerhalb von einer Sekunde so weit aufriss, dass es schmerzte.

Edward bemerkte meinen schockähnlichen Zustand nicht. Er hatte die Augen geschlossen und presse seinen Daumen und Zeigefinger gegen seinen Nasenrücken.

Ich sollte ihn jetzt nicht stören, doch konnte ich nicht anders. Mein Herzschlag dröhnte in meinen Ohren, weshalb ich meine eigene Stimme nur gedämpft wahrnahm, und hoffte, dass das, was ich aussprach, auch einen Sinn ergab.

„Wie ….“ – ich schluckte, mehrmals – „Wie…… hast du mich…… gerade genannt?“ Meine Stimme war zittrig, brach an einigen Stellen.
 

Edward öffnete sofort seine Augen, sah mich mehr als fragwürdig an.

Ich trat einen kleinen Schritt auf ihn zu, sah ihm gebannt entgegen.

„Du……“, - ich schluckte – „Du…… hast mich…… Isa genannt. So……, so hast du mich nicht mehr genannt….seit …….“

„Seit dem Unfall!“, beendete er meinen Satz. Seine Augen weiteten sich ebenfalls, als er die Erkenntnis wahrnahm, die darin lag. Er öffnete seinen Mund, schloss ihn wieder und verharrte in seiner Position.

Eine Gänsehaut überzog meinen Körper. Ausdruckslos stand ich dar, sah einfach nur zu Edward auf, der aussah als hätte er gerade einen Schock erlitten.

Sollte es wirklich so sein?

Sollte ich mit meiner Vermutung richtig liegen?

Kaum, dass ich mir diese Fragen gestellt hatte, intensivierte ich mein Blick. Ich tauchte in Edwards Augen ein.

Tiefgrüne Augen blickten wissend und zugleich sanft auf mich hinab.

„Oh mein Gott!“, formte ich stumm mit meinen Lippen.

Ich hatte gefunden, was sich suchte. Was mir die Bestätigung gab.

Das gewisse Etwas, das ich seit dem Unfall darin vermisst hatte, war wieder da. Es war wieder zu ihm zurückgekehrt.

Ich keuchte wissend auf. „Du erinnerst dich wieder!“, stieß ich wispernd hervor. Ich hatte diesen Satz noch nicht beendet, als sich schon die erste Träne löste. Die Nächste folgte umgehend. Am liebsten hätte ich laut aufgelacht, ihn umarmt, doch ich hatte die Kontrolle über meinen Körper verloren. Ich konnte nur zu ihm aufsehen, ihn nicht aus den Augen lassen.

Jede einzelne Faser in mir reagierte bereits vollkommen und unwiderruflich auf meine eigene Aussage. War fest von dieser überzeugt. Mein Verstand hingegen mahnte mich zur Vorsicht. Konnte es irgendwie nicht glauben.

Sollte ich es mir wirklich auch nicht nur eingebildet haben?

Hatte sich meine Phantasie auch nicht mit der Realität vermischt?

Laut und wild pochte mein Herz gegen meine Brust, während ich meine Augen langsam immer wieder über Edward gleiten lies.

Seit meiner Aussage stand mein Engel regungslos da.

Nur langsam kehrte wieder das Leben in seinem Körper ein. Etwas benommen strich er sich durchs Haar. Er wirkte verwirrt, etwas überfordert. Sein Blick war auf den Boden gerichtet. Sein Atem ging flach.

Minuten vergingen. Minuten, in denen ich ihn weiterhin nur beobachtete. Bemerkte, wie seine Augen fast scheu zu mir aufsahen, um sich dann wieder zu senken. Er schien es selbst nicht glauben zu können.

Wer hätte auch gedacht, dass nach all der Zeit seine Erinnerungen zurückkehren würden.

Niemand!

Niemand hatte damit gerechnet.

Und so wie es aussah, er am allerwenigsten.

„Edward.“, leise sprach ich seinen Namen aus.

Sachte hob er seinen Kopf an. Ich streckte meine Hand nach der seinen aus. Verschlang meine Finger mit den seinen.

„Es….. es ist……………“ Er legte seine Stirn in Falten. Suchte nach dem richtigen Wort.

„Verwirrend?“, kam ich ihm zur Hilfe.

Ein Nicken erfolgte. Ich nickte ebenfalls.

Das konnte ich mir schon denken. Mit einem Schlag waren die Erinnerungen aus 16 Jahren seines Lebens wieder da. Nun besaß er zu all den Erzählungen wieder Empfindungen und Bilder.

Während die Erkenntnis immer weiter in sein Bewusstsein vordrang, nahm ich nicht meinen Blick von ihm. Ich begann zu lächeln. Liebevoll und aufmunternd. Ich wollte ihm zeigen, dass ich da war.

„So hast du mich schon früher immer angesehen.“, erklang seine Stimme flüsternd.

Fragen hob ich meine Augenbrauen an.

„Deine Augen. Das Funkeln darin. Es hat sich nicht geändert. So hast du mich früher angesehen und auch noch heute.“, erklärte er mir leise. „Nur dass ich es damals nicht verstanden haben.“, nuschelte er, mehr zu sich selbst und ich errötete. Verstand, was er mir damit sagen wollte. Was er dadurch sehen konnte. Meine Gefühle für ihn hatten sich nicht geändert. Niemals. Ich hatte es ihm zwar schon gesagt, aber das war was anderes.

Vorsichtig, fast unsicher hob Edward seine Hände. Seine Finger strichen über meine Wange, fast so, als wäre ich aus Glas, als könnte ich jeden Moment bei zu starkem Druck zerbrechen. Seine Augen folgten jeder seiner Bewegung. Ganz langsam fuhr er die Konturen meines Gesichts nach, so als wäre es das erste Mal, dass er mich betrachten würde, mich berührte.

Es war seltsam, vertraut und faszinierend zugleich. Ich seufzte auf, lies mich fallen. Gab mich seinen Berührungen vollkommen hin. Meine Gedanken versiegten.

„Ich liebe dich.“ Seine Stimme voller Leidenschaft und Glückstaumel erhob sich, völlig unerwartet in die Stille. Ich hatte mich so sehr auf den Klang seiner Stimme konzentriert, dass die Bedeutung seiner Worte erst langsam, bruchstückhaft zu mir durchdrang. Doch das allein reichte aus, um mich gefangen zu nehmen. Leuchtende Augen begegneten den meinen, trafen auf einen unbeschreiblichen Glanz und ich war erneut den Tränen nahe.

„Ich liebe dich so sehr.“, sprach Edward leise weiter. Jedes Mal, wenn er diese Worte aussprach umschlang mich von neuem, diese unbeschreibliche Wärme, umschloss mein Herz wie eine schützende Hülle.

„Ich habe es schon immer getan.“

Das war zu viel. Ich schloss meine Augen. Schluchzte auf. Schon wieder. Wieder lösten sich Tränen, benetzten meine Wange. Ich spürte die Kühle auf meiner erhitzen Haut. Würde das heute überhaupt noch einmal ein Ende nehmen?

Wollte ich überhaupt, dass dieser Moment endete?

Ein Ruck erfolgte, und ich lag in seinen Armen. Fest drückte er mich an sich. Ich erwiderte die Umarmung gleichermaßen, bettete meine Wange an seine Brust.

„Es fühlt sich so gut an, es zu wissen. Es nicht nur zu vermuten.“, flüsterte er mir zu.

„Ja.“, gab ich mit schwacher Stimme zurück.

„Ich kann mich wieder erinnern.“ Seine Stimme klang brüchig. Ich bemerkte, wie er anfing zu zittern. Ich wollte das Gesicht anheben, sehen was los war, doch Edwards Griff ließ diese Bewegung nicht zu.

„Endlich wieder an alles erinnern.“, wiederholte er leise.

Und ich spürte, wie etwas Nasses in dem Stoff auf meiner Schulter versank.

Edward weinte?!

Ein kleines Lächeln umspielte meine Lippen. Meine Hände strichen liebvoll über seinen Rücken. Ich reckte meinen Kopf etwas weiter nach oben, berührte mit meinen Lippen seine Halsbeuge, bevor ich mein Gesicht in dieser vergrub. Es bedurfte keinerlei Worte.

Alles um mich herum verschwamm, löste sich auf. Da waren nur noch Edward und ich.

Wir.

Dieses Wort, so klein und doch sagte es für mich das aus, was wir füreinander empfanden.

Liebe.

Es gab nicht mehr nur Bella oder nur Edward.

Es gab nur noch Bella und Edward.

Zusammen.

Das wurde mir in diesem Moment bewusst.
 

Eine Ewigkeit verging. Keiner von uns beiden rührte sich. Jeder genoss die Wärme des Anderen. Vollkommen versunken in der Zweisamkeit, die uns umgab, als ich plötzlich begann leise aufzulachen. Die Erheiterung wuchs an, zog meine Schultern in Mitleidenschaft. Fest presste ich meine Lippen aufeinander, versuchte das Lachen zu unterdrücken. Doch ich konnte nicht. Klar und hell brach es aus mir heraus. Ich spürte, wie Edward mich von sich schob. Der Tränenschleier, der dieser Lachanfall mit sich zog, verklärte mir die Sicht.

Aber ich konnte mir sein Gesicht durchaus vorstellen. Wie er verdattert dreinschauend vor mit stand. Seine eine Augenbraue vor leichter Verärgerung nach oben gezogen. In seinen Augen der Konflikt ob er mit lachen, oder sauer sein sollte.

„Bella?“

„Es tut mir leid.“, brachte ich gepresst hervor.

Ich schnappte nach Luft. Umschlang meinen Bauch. „Aber ich kann einfach nicht anders.“

Ich konzentriere mich darauf mein Lachen unter Kontrolle zu bekommen. Der Erfolg war schwach, aber ich konnte wieder reden. „Aber es schreit gerade zu nach Klischee.“

Ein Glucksen erklang, bevor er ebenfalls in mein Lachen mit einfiel. Er wusste, was ich mit diesen Worten ausdrücken wollte.

Ich hatte das Gefühl, dass dadurch endgültig alles Belastende aus der Vergangenheit, von uns abfiel. Die Zeit war schwer gewesen, aber dieses Lachen war wie eine Befreiung. Ein für allemal.

„Hätte ich das geahnt, hätte ich schon viel früher eine Eisenstange zur Hand genommen.“, witzelte ich.

„Dein Schlag wäre mir lieber gewesen. Die Kopfschmerzen wären erträglicher, als die jetzigen.“, gab Edward amüsiert zurück.

Ich funkelte ihn hierauf sauer an. „Pah.“

Er lachte auf. „Ich bin auf die Gesichter der Anderen gespannt. Jetzt, wo ich wieder alles weiß, muss ich mal ein Wörtchen mit Emmett sprechen. Er schuldet mir eine Menge Geld.“

Ich verstummte. Alice, schoss es mir durch den Kopf. Sie wusste, dass uns etwas passiert war. Sie würde gerade durchdrehen. Wenn sie nicht schon einen Herzinfarkt erlitten hatte. Das war wahrscheinlich auch der Grund, warum die Kavallerie noch nicht angerückt war, um uns zu befreien.

„Ja, aber dazu müssen wir erst einmal hier raus.“ Die Heiterkeit war verflogen. Edward stimmte mir zu.

„Ich werde uns……“, er brach mitten im Satz ab, riss seinen Kopf zur Tür herum.

Da waren Schritte, direkt davor. Kaum wahrgenommen, machte sich auch schon irgendjemand an der Tür zu schaffen.

Edward positionierte sich vor mir. Ich rückte dicht an ihn. Meine rechte Hand umschlang seinen Arm.

Die Geräusche verstummten. Ich hielt die Luft an. Ein leises Klacken durchbrach noch einmal die Stille und die Tür öffnete sich.

„Ihr habt ein Rettungskommando bestellt?“

„Jake!“, kreischte ich, rannte an Edward vorbei und umarmte ihn.

„Hey. Nicht so stürmisch, Bella.“, brummte er, legte seinen Arm um mich. Drückte mich kurz an sich.

Während ich mich von ihm löste, erhob sich Jakes Stimme von neuem. „Uh. Du siehst gar nicht gut aus.“ Ich wusste augenblicklich, dass er damit Edward meinte. Wen sonst.

Edward öffnete den Mund, wollte etwas erwidern, doch eine andere Stimme drang zu uns hindurch. „Nicht gut aussehen ist noch untertrieben. Er sieht grässlich aus.“ Ein Kichern unterlegte die letzten zwei Worte.

„Seth?“ Kam es ungläubig von Edward. Sein Blick huschte kurz über den Jungen, dann zu Jacob.

„Jetzt kennst du den Grund.“, gab dieser hierauf von sich. Ich blickte fragend zu Jake auf. Was meinte er damit?

Doch eine Antwort würde ich hier und jetzt, so wie es aussah, nicht bekommen. Edward kam auf uns zu. Klopfte Jake kurz auf die Schulter, bevor er wieder Seth in Augenschein nahm. „Wir zwei werden später reden.“ Seine Augen blitzen hierbei wütend auf. Seine Gesichtszüge waren angespannt. Ich kannte diesen Unterton und bedauerte Seth insgemein, obwohl ich nicht einmal wusste, um was es hier ging.

Doch dieser schien ganz und gar nicht beeindruckt, streckte ihm die Zunge raus. „Ja, es freut mich auch, dich wieder zu sehen.“

Edward schüttelte seinen Kopf. Jake verdrehte die Augen.

Ok, da ich sowieso keinen blassen Schimmer hatte, um was es hier gerade ging, tat ich das, was ich für das nächst Beste hielt. Ich löste mich von Jake und trat auf Seth zu und zog ihn ebenfalls in eine Umarmung. „Schön dich wieder zu sehen.“, sprach ich leise. „Auch, wenn mir andere Umstände lieber gewesen wären.“

Er lachte leise auf „Es freut mich ebenfalls, Bella.“.

Ich lockerte die Umarmung, betrachtete mir Seth genauer. Er war seit dem letzten Mal, als wir uns gesehen hatten, wieder ein gutes Stück gewachsen. Auch die kindlichen Züge in seinem Gesicht hatten sich bereits etwas zurückgezogen.

Die Zeit vergeht, ging es mir durch den Kopf, während ich im Hintergrund Edward und Jacob gedämpft miteinander reden hörte. Keine Minute später griff Edward nach meiner Hand. „Lass uns hier verschwinden.“

Ich stimmte ihm zuversichtlich zu. Jetzt musste einfach alles gut gehen. Es konnte nicht anders sein.

Edward setzte sich in Bewegung. Ich folgte ihm. Jacob übernahm die Führung. Seth lief auf der anderen Seite neben meinem Freund.

Bei diesen letzten zwei Worten konnte ich nicht verhindern, dass mein Mundwinkel kurz nach oben zuckte. Doch dieser kurze Glücksmoment schwand, als wir in die Dunkelheit vor uns eintauchten.

Nur unsere leisen Schritte erklangen in dem dunklen Flur, in dem wir uns gerade befanden. Meine Augen huschten nach vorne. Doch die herrschende Dunkelheit verhinderte, etwas in all zu weiter Ferne zu erkennen. Meinen leicht erhöhten Herzschlag überhörte ich. Niemand von uns sprach.

Eine fast greifbare Spannung lag in der Luft.

Jacob und Edward verständigten sich mit schnellen Blickkontakten, Kopfbewegungen. Sie wollten verhindern, dass wir entdeckt werden würden. Mein Blick schweifte kurz über Seth und Jacob. Unendliche Dankbarkeit. Das empfand ich ihnen gegenüber. Ich hatte selbst gesehen, zu was Sam und der Rest von Edwards so genannten früheren Freunden fähig waren. Seth und Jacob gehörten selbst dazu. Und doch stellten sie sich gegen ihre eigenen Leute, um uns zu helfen. Denn auch wenn es Unrecht war, was Sam tat, so konnte es doch schwer sein, sich gegen diejenigen zu stellen, die man schon sein ganzes Leben lang kannte. Die man seine Freunde nannte.

Die Dunkelheit zog sich etwas zurück. Jake hielt inne, lehnte sich zur Seite. Sein Körper berührte die Wand zu seiner Linken. Achtsam schaute er sich in dem Raum um, der sich vor uns auftat. Was es genau war, konnte ich von meiner Position aus, nicht erkennen. Ich reckte mein Hals etwas, um besser sehen zu können. Doch Edward, der jetzt zwei Schritte vorgetreten war, versperrte mir umgehend die Sicht.

„Ich würde sagen, die Luft ist rein.“, nuschelte Jacob. Seine Augen zuckten hin und her. Er schien von seiner eigenen Aussage nicht ganz überzeugt zu sein. Seine Haltung war angespannt.

„Wo halten sie sich auf?“ Edward stand direkt neben ihm, wurde jedoch genau wie Jake von dem Schatten, der in den Gang fiel, verdeckt. Ein in der Halle Stehender, würde sie nicht entdecken.

Mit einer Kopfbewegung deutete Jake die Richtung an. Ich sah nach rechts oben. Über eine Treppe gelangte man in die obere Etage, die über mehrere Zimmer verfügte.

„Wer es ist, kann dich dir aber nicht sagen. Ich bin froh, dass ich überhaupt herausgefunden hab, wo sie euch hingebracht haben.“ Jakes Augen verdunkelten sich bei dieser Aussage. Zugleich hörte ich die Anspielung heraus, dass er und Sam nicht mehr die besten Freunde waren. Vielleicht niemals waren.

„Was schlägst du vor?“ Die Frage war an Edward gerichtet.

Dieser überschlug seine Arme. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, als er seine Augen schloss. Anhand dieser Geste wusste ich, dass er mehrere Varianten in Erwägung zog, diese gegeneinander abwog.

Gebannt und zugleich neugierig, machte ich einen kleinen Schritt auf ihn zu, was von Jake sofort registriert wurde. Ein kurzer Blickkontakt und er wusste, dass ich nicht vorhatte, noch einen Schritt näher zu kommen. Ich wollte nicht riskieren, dass wir durch mich entdeckt wurden.

Seth stand hinter mir locker an die Wand gelehnt. Seine Hände lässig in die Hosentaschen vergraben. Ich fragte mich, woher er diese Gelassenheit nahm. Ich kämpfte dagegen an, mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen. Meine Nerven waren fast am zerreisen. Ich musste mich konzentrieren, damit mein dröhnendes Herz nicht alle andere Geräusche übertönte.

Edward gab mir Sicherheit, und dennoch schoss unaufhaltsam Adrenalin durch meine Adern. Höchstwahrscheinlich der Grund, warum ich noch aufrecht laufen konnte, meine Knie noch nicht weich wurden. Denn, auch wenn wir durch Jake und Seth Verstärkung bekommen hatten, war die Gefahr immer noch da. Sie saß uns im Nacken. Ich wusste, dass ich erst wieder beruhigt aufatmen konnte, wenn wir in Sicherheit waren.

„Wir nehmen den direkten Weg.“ Ich konnte keine Gedanken lesen, verstand jedoch, was Edward damit meinte.

Jake brummte zustimmend. Also hatte er sich ebenfalls für diese Variante entschieden, wollte durch seine Fragen wissen, ob Edward sich ihm ebenfalls anschloss. Was er mit seiner Aussage tat.

Seth begann einfach nur wieder zu grinsen.

Bei mir hingegen beschleunigte sich der Puls noch weiter. Auch wenn ich nicht den genauen Fluchtweg kannte, diesen nur erahnte, konnte ich mir denken, dass dieser nicht der ungefährlichste, aber wahrscheinlich der schnellste sein würde. Das Wort Schnell gefiel mir. Es gefiel mir sogar sehr gut. Schnell bedeutete, dass wir bald hier raus waren. Die daraus resultierende Gefahr schob ich gekonnt beiseite. Wir würden jetzt unbemerkt das Weite suchen. Wenn wir in Sicherheit waren, könnten wir in aller Ruhe die Polizei rufen.

Ein guter Plan.

Mein linker Mundwinkel zuckte kurz nach oben.

Die Aufregung, die meine Glieder bewohnte, klang eine Spur ab.

„Bella!“

Ich folgte der Stimme, sah auf. Edward trat auf mich zu, legte seine Hand auf meine Wange. „Wir müssen von hier aus einmal quer durch die Halle, um auf die andere Seite zu gelangen. Von dort aus werden wir uns zu der Tür, die du dort hinten sehen kannst, vorarbeiten.“ Er deutete kurz mit seinem Finger darauf. „Du wirst die ganze Zeit über nicht meine Hand loslassen. Hast du verstanden?“ Ich bestätigte stumm. Betete zugleich, dass meine Tollpatschigkeit mir einmal nicht im Weg stehen würde.

„Dann los.“, kommandierte Jake. Und keine Sekunde später, setzen wir uns alle gemeinsam wieder in Bewegung.

Jake bildete wieder die Vorhut. Dann kamen Edward und ich. Hinter uns Seth. Ich blickte nach oben, konnte von dort jedoch keine Bewegung ausmachen, was mich nicht im Geringsten beruhigte.

Die gegenüberliegende Wand kam immer näher und näher. Es fehlten nur noch wenige Schritte. Jacob musste nur seinen Arm ausstrecken. dann könnte er das Mauerwerk bereits berühren. Für uns war es ebenfalls nicht mehr weit. Und bis jetzt war ich noch nicht über meine eigenen Füße gestolpert. Damit dies auch nicht auf die letzten Meter geschehen würde, konzentrierte ich mich wieder auf meinen Lauf. So sehr, dass mir die beiden Schatten, die auf uns zugestützt kamen, zu spät auffielen.

Edward hielt abrupt inne. Ich kam nicht dazu, stehen zu bleiben, als ich bereits einen starken Ruck an meiner Hand spürte, dann die Verbindung zu Edward verlor.

Ich riss meinen Kopf zur Seite, hörte wie Edward, fast einem Zischen gleich, die Luft ausstieß. Er taumelte einige Schritte nach hinten. Sein Gesicht war nach unten geneigt. Ich ließ meine Blick sinken und atmete zittrig ein.

Sam, schoss es mir durch den Kopf.

Er hatte seinen Oberkörper tief nach vorne geneigt. Seine Schulter grub sich in Edwards Bauch. Mein Freund kämpfte damit, sein Gleichgewicht zu halten. Meine Augen zuckten kurz nach links. Eine andere Bewegung war mir aufgefallen.

Jacob!

Er wich gerade durch einen kleinen Sprung vor einer Faust zurück.

Da war noch jemand!

Keiner der Quileute. Ich kannte dieses Gesicht nicht. Ich war diesem nie in unserer High School oder in Forks begegnet. Er wirkte im Vergleich mit Jake schmächtig. Aber ich bemerkte umgehend, dass er ihm Probleme bereitete.

Die Bewegungen des Unbekannten waren geschmeidig, schnell, fast wie die einer Raubkatze.

Meine Augen zuckten nervös zwischen Jacob und Edward hin und her. Meine hastigen Bewegungen überforderten meine Sehkraft. Ich konnte gar nicht so schnell realisieren, was sich gerade vor mir abspielte.
 

Seth hatte sich in Verteidigungsposition vor mir aufgebaut. Konzentriert sah er sich um, prüfte, ob sonst noch jemand aus dem Nichts auftauchen würde. Aber so wie es aussah, waren sie nur zu zweit. Jacob rang mit James – wie ich durch einen mehr als wütenden Ausruf von Jake erfahren hatte.

Keiner der beiden hatte derzeit die Oberhand. Der Kampf wirkte vollkommen ausgeglichen. Genau das war es, was mich beunruhigte.
 

Mein Blick huschte wieder zu Edward, der gerade seine Faust zurückzog. Der Schlag ließ Sam taumeln. Mit einer groben Bewegung wischte er sich mit dem Handrücken über seine aufgeplatzte Lippe. Sein rechtes Auge war bereits zugeschwollen. Edward hielt sich nicht zurück, was ich durchaus nachvollziehen konnte. Und auch wenn sich ein Teil in mir danach sehnte, dass Edward Sam noch eine verpassen würde, wünschte sich der größere Teil in mir, dass all das hier endlich ein Ende hatte. Ich wollte alle Drei in Sicherheit wissen, endlich nach Hause gehen. All das hier hinter mir lassen.

Ein Aufstöhnen aus Jakes Richtung lies mich meinen Kopf herumreisen.

James stand hinter Jacob. Sein Arm hatte sich fest um Jakes Hals geschlungen. Dieser erhöhte den Druck, riss Jakes Kopf noch weiter nach hinten, was ihm erneut laut aufkeuchen lies. Meine Augen rissen auf, ich öffnete meinen Mund, wollte seinen Namen rufen, doch Seth kam mir zuvor.

Er wollte loslaufen, doch ich packte mit meiner Hand nach seinem Arm und zog ihn mit all meiner Kraft zurück.

„Bella, was….? Lass mich los!“, fuhr er mich barsch an, wollte meine Hand abschütteln.

Ich schnitt ihm das Wort ab. „Misch dich nicht ein.“ Ich war über die Autorität, die ich in meine Stimme legte, selbst überrascht. Seth schien ebenso perplex darüber. Seine Gegenwehr war vollkommen zum Erliegen gekommen. Daher achtete ich nicht weiter auf ihn, hob meine Kopf wieder in Jacobs Richtung an. Für eine Sekunde trafen sich unsere Blicke und ich wusste, dass ich in seinem Sinne gehandelt hatte. Ich verstärkte den Griff um Seths Hand, um sicher zu gehen, dass er auch bei mir blieb.

Jake wandte sich in James Griff, versuchte aus der Umklammerung auszubrechen, als ein ohrenbetäubendes Geräusch die Halle erfüllte und mich zusammenzucken lies.

Die Bedeutung musste ich nicht erraten.

Ich kannte sie.

Das Blut gefror mir in den Adern.

Mein Herz stand still, als ich begann, mich in die Richtung zu drehen, aus der das Geräusch gekommen war.

Bitte, lass meine Befürchtung nicht wahr sein.

Meine Lider senkten sich kurz über meine Augen. Angst, wie ich sie noch nie zuvor erlebt hatte, schoss in all meine Glieder.

Jeder schien den Atem anzuhalten.

Selbst Jacob und James hatten in ihrem Kampf inne gehalten. Alle Augen fixierten sich auf den einen Punkt, den ich bis jetzt noch nicht erreicht hatte.

Ein metallischer Geruch schnitt mir in die Nase.

Panik befiel mich, als ich sah, realisierte, was geschehen war.

„EDWARD!“

Er lag auf dem Boden. Sein Gesicht schmerzverzehrt. Seine linke Hand presste er auf seine rechte Schulter. Rote Flüssigkeit floss zwischen seinen Fingern hervor, verschwand in dem Stoff seines Shirts.

Ich sah nicht Sam, der hämisch grinsend vor ihm stand.

Sah nicht den Gegenstand, den er in seiner Hand hielt und noch immer auf Edward gerichtet war.

Ich sah nur den Menschen, den ich über alles liebte, verletzt auf dem Boden liegen. Das reichte vollkommen aus.

Ich ließ Seths Hand fallen.

Meine Füße setzten sich in Bewegung.

Ich eilte an Seth vorbei, der meinen Namen schrie. Mich noch aufzuhalten versuchte.

Doch ich war schneller.

Mit hastigen Schritten hatte ich mein Ziel erreicht. Ließ mich auf die Knie fallen, atmete sogleich durch den Mund, als der Geruch von Blut noch intensiver wurde.

„Oh mein Gott!“, stammelte ich hysterisch zusammen, während meine zittrige Hand den Weg auf Edwards Hand, die seine Wunde abschirmte, fand.

Blut.

Da war überall Blut.

Ich spürte die warme Flüssigkeit, wie sie unaufhaltsam über meine Haut floss. Ich war nicht dazu im Stande, sie davon abzuhalten. Gebannt und geschockt zugleich fixierte ich seine Wunde.

Meinen anderen Arm legte ich schützend um ihn, bevor ich zu Sam hinauf blickte.

„HAST DU JETZT VÖLLIG DEN VERSTAND VERLOREN!“, schrie ich ihm entgegen. Die Tatsache, dass die Waffe jetzt ebenfalls auf mich gerichtet war, war mir vollkommen gleich. Ich war für die Gefahr völlig blind. Das Einzige, was in mir vorherrschte, war der Drang, Edward zu beschützen, so wie er es sonst immer tat.

Wütend blitzende Augen begegneten den meinen.

„Mistkerl!“, fauchte ich.

Edward sog zischend die Luft ein, was mich dazu veranlasste, wieder nach unten zu sehen. Seine Augen waren geschlossen. Seine freie Hand packte nach meinem Arm, drückte diesen mit all seiner Kraft. „Bella.“, presste er hervor. Ich wusste, was er mir damit sagen wollte. Ich sollte wieder dahin gehen, wo ich gewesen war. Hinter Seth in Deckung. Aber das konnte ich nicht tun. Ich konnte nicht gehen. Das stand nicht zur Debatte. „Nein.“, gab ich leise aber bestimmt von mir.

Er schnaubte, verstärkte noch einmal den Druck auf meinen Arm, hob seine Lider leicht an. Sein Blick war wachsam, vorsichtig, was mich dazu veranlasste, wieder den Kopf anzuheben.

Sam stand vor uns.

Regungslos. Wirkte vollkommen apathisch.

Seine Augen sahen verschleiert auf mich und Edward herab. Es hatte den Anschein, als würde er durch uns hindurchsehen. Doch nahm er jede noch so kleine Bewegung von uns wahr.

Ich spürte die Gänsehaut, die schmerzend über meine Arme raste.

Ich war wie gebannt. Konnte nicht anders, als zu ihm hinaufzustarren. Als sich seine Mundwinkel regten, zuckte ich leicht zusammen. Seine Lippen verzogen sich zu einem irren Grinsen. Seine Augen verformten sich zu schmalen Schlitzen. Ich zog Edward weiter zu mir, beugte mich noch etwas mehr über ihn.
 

Edwards Druck auf meinen Arm verstärkte sich noch weiter. Seine Muskeln spannten sich an. Ich konnte hören, wie er aufstöhnte, etwas sagen wollte, es jedoch nicht schaffte.

„Sieh sie dir noch einmal gut an, Edward.“, erklang Sams völlig überdrehte Stimme. Diese triefte vor Überheblichkeit und Wahnsinn. „Denn das wird die letzte Erinnerung an deine geliebte Bella sein.“

Das leise Klicken, das an unsere Ohren drang, deutete darauf hin, was gleich folgen würde.

Sein Arm mit der Waffe in der Hand, hob sich minimal an. Ich konnte nichts anderes tun, als entsetzt in den dunklen Lauf zu schauen.

In diesem Moment zogen die Bilder jener noch einmal vorbei, die ich liebte und nie wieder sehen würde.

Mein Dad. Ich sah sein lächelndes Gesicht. Seine Grübchen, die sich dabei bildeten.

Meine verrückte Mum.

Alice, Emmett, Rosalie und Jasper.

Esme und Carlisle.

Ihnen alle würde ich nicht mehr sagen können, wie viel sie mir bedeuteten.

Wir würden sterben. Beide.
 

Sams Finger zuckte am Abzug. Ich schloss die Augen, beugte mich noch weiter zu Edward hinunter. Sog noch einmal tief seine Duft ein, in der Hoffnung, dass ich diesen selbst im Tod nicht vergessen würde. „Ich liebe dich!“, trat leise über meine Lippen.
 

Der Schuss löste sich und Sam schrie auf. Meine Augen flogen auf. Sahen, wie Sam durch die Luft glitt. Seth stürmte an uns vorbei, trat gegen die Waffe, die über den Boden schlitterte, bevor er sich auf Sam stürzte.
 

Was war geschehen?
 

Verwirrt betrachtete ich das Bild vor mir. Seth, der auf Sam hockte und wild auf ihn einprügelte. Dann fiel mir Edwards Bein auf, das wenige Millimeter über dem Boden schwebte. Ich verstand. Edward musste mit seinem Fuß mit voller Wucht gegen Sams Bein getreten haben. Dadurch hatte Sam sein Gleichgewicht verloren und der Schuss hatte sein Ziel verfehlt.

Auch Jacob hatte diesen Moment genutzt, sich aus James Griff befreit, schien jetzt mehr und mehr den Vorteil auf seiner Seite zu haben. Ich riss mich los, sah wieder zu Edwards hinab. Sein Atem ging schwer. Die Blutung hatte etwas nachgelassen. Sein Gesicht war kalkweiß. Dicke Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Sein gesamter Körper war hart wie Stein, zitterte. Er brauchte dringend medizinische Versorgung.

Mehr und mehr kam mir all das wie ein böser Traum vor, aus dem ich nicht erwachte. Die Kämpfe um uns herum wurden immer brutaler. Jeder hatte schon schlimme Blessuren und Platzwunden davongetragen. Und ich saß hier inmitten dieses Chaos und versuchte die Blutung von Edward zu stoppen.
 

Ein lautes Scheppern schmerzte in meinen Ohren. Seth war gegen die Stahlfässer zu unserer Linken geschleudert worden. Hart prallte er auf den Boden, schüttelte benommen seinen Kopf.

„Pass auf!“ Doch mein Aufruf kam zu spät.

Seine Augen weiteten sich. Mit einem gepressten Laut entwisch ihm die Luft aus seinen Lungen, als Sam ihm mit voller Wucht in den Magen trat. Vor Schmerzen krümmte er sich, umschlang seinen Bauch mit seinen Händen. Ich hoffte inständig, dass diese Geste Sam dazu veranlassen würde, von Seth abzulassen.

Doch ich irrte mich.

Er trat noch einmal zu, bevor er grob nach Seths Haar packte. Ihn daran in die Höhe zog. Seth schrie auf. Ich bemerkte, wie sich Edward aufrichten wollte. Ich drückte ihn zurück. Er konnte in diesem Zustand nichts tun. Er durfte sich nicht bewegen.

„Sam! Lass ihn in Ruhe!“, brüllte Jake. Aber er würde ebenfalls nicht helfen können. James ließ ihm keinen Raum.

Panisch sah ich mich um und entdeckte, was mir helfen könnte. Ich löste meinen Arm, lehnte mich zur Seite und fühlte das kühle Metall zwischen meinen Fingern. Fest umschloss ich den Schaft und zog meine Hand mit einer schnellen Bewegung wieder zu mir heran, bevor ich diese über meinen Kopf hielt.

Mit meinem Daumen tastete ich nach dem Span, vernahm das leise Klicken, das ich Minuten zuvor schon einmal gehört hatte und drückte ab.

Erneut hallte der Schuss in der Halle wieder.

Der von mir gewünschte Effekt trat ein.

Die Kämpfe waren erneut zum Stillstand gekommen.

Belustigt wurde ich von Sam gemustert, als ich den Lauf der Waffe direkt auf ihn richtete. „Geh weg von ihm.“

„Und was, wenn ich es nicht tue?“

Ich entsicherte die Waffe erneut. Mein Zeigefinger tippte leicht gegen den Auslöser. „Geh weg von ihm. Ich sage es nicht noch einmal.“

Sams Grinsen schwand, als er den bedrohlichen Unterton in meiner Stimme wahrnahm. Und ich meinte es verdammt ernst.

Früher hatte ich nie verstanden, warum mein Dad darauf bestanden hatte, dass ich wusste, wie man eine Waffe bediente. Heute war ich dafür dankbar. Als hätte Charlie geahnt, dass ich irgendwann in solch eine Situation geraten würde.

Schnell sah ich mich nach Jacob um. James lag bewusstlos am Boden. Ein Problem weniger.

Ich fixierte wieder Sam, der einen Schritt auf Edward und mich zumachte. Keine Furcht lag in seinem Blick, dass sich zu eine merkwürdigen Fratze verzehrt hatte. Ich wollte meinen Oberkörper etwas zurückziehen, kämpfte aber dagegen an.

Sam öffnete den Mund, setzte zum Sprechen an, aber kein Laut war zu hören. Stattdessen vernahm ich ein Stöhnen. Er verdrehte seine Augen zur Decke, sackte in sich zusammen und blieb regungslos an Ort und Stelle liegen. Da erkannte ich Jacob. Er war hinter Sam getreten und hatte diesen, genauso wie Quil Edward, mit einer Eisenstande in die Bewusstlosigkeit geschickt.

Er bedachte Sam noch einmal mit einem wütenden und zugleich genugtuerischen Ausdruck, bevor er sich abwandte und auf Seth zulief. Dieser versuchte sich aufzurichten. Seine Linke Hand packte nach dem Rand der Fässer, damit er sich an diesen hochziehen konnte. Doch immer wieder musste er inne halten.

Ein geschickter Griff und Seth wurde von Jake gestützt. So schnell, wie Seth es zuließ, kam Jacob näher heran.

„Wie geht es ihm?“

„Ich weiß es nicht genau.“

„Mir geht es gut.“, kam es mit belegter Stimme von Edward.

Jacob betrachtete ihn skeptisch.

„Wer ist denn derjenige, mit einem Vater als Arzt.“, schnappte mein Freund aufgrund dieser Geste.

„Genau das ist der springende Punkt. Dein Vater ist Arzt, nicht du.“, gab Jake locker zurück.

„Ich habe einen Durchschuss erlitten. Und so wie es sich anfühlt, ist kein Knochen getroffen worden, was bedeutet, dass keine Zersplitterung stattgefunden hat. Die Blutung ist ebenfalls schon weniger geworden.“, schnorrte Edward schwerfällig. Eine Spur Überheblichkeit schwang darin mit.

„Jetzt glaub ich es dir sogar.“ Ein Grinsen erschien auf dem Gesicht von Edwards besten Freund. Selbst Seth konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Ich konnte hierüber nur meinen Kopf schütteln, bevor von außen hereindringender Lärm unser aller Aufmerksamkeit gewann.

Waren das „Sirenen?“.

„Auf deine Schwester ist verlass.“

Ein fragender Ausdruck legte sich auf mein Gesicht.

„Ich habe ihr bescheid gegeben, bevor Seth und ich euch da raus geholt haben. Ich muss für sie eine Offenbarung gewesen sein.“, gluckste er. Wenn Jake wüsste. Alice würde ihm wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit dankbar sein. Nicht nur sie.

„Verschwindet.“, erklang es umgehend von Edward.

Ungläubig hob der Quileute eine Augenbraue. „Vergiss es.“, knurrte er regelrecht.

„Jake!“, und auch wenn Edwards Stimme schwach war, hörte ich deutlich die Eindinglichkeit sowie die Bitte heraus.

„Er hat Recht.“, kam ich ihm zur Hilfe. „Geht.“

Seine dunklen Augen huschten zu mir. „Ihr habt genug für uns getan. Ich will genauso wenig wie Edward, dass ihr deswegen Probleme bekommt.“ Und die würden sie bekommen. Jacob war sicher kein unbeschriebenes Blatt.

Die Sirenen wurden lauter.

„Los, geht.“

Jacobs Blick ruhte noch einmal kurz auf Edward, dann auf mir. Ich konnte die Unsicherheit in seine Augen lesen.

„Verdammt. Jetzt verschwindet endlich.“, zischte ich. Genau dieser Ausruf schien Jake aufzurütteln. Er zog Seth, den er immer noch stützte, näher zu sich heran, nickte, wandte sich dann um.

Die Zwei hatten sich schon ein gutes Stück von uns entfernt, als ich noch einmal meine Stimme erhob.

„Jake?“

Er sah über seine Schulter zurück.

„Ich danke euch.“ Legte ein Lächeln auf meine Lippen, was von ihm erwidert wurde.

„Gern geschehen, Bells.“ Er zwinkerte. „Wir sehen uns.“

„Ich hoffe bald.“, sprach ich, doch die Beiden hörten mich nicht mehr. Sie waren schon durch den Seiteneingang verschwunden. Daher wandte ich meine volle Aufmerksamkeit wieder auf Edward.

Sanft strich ich ihm über die Stirn, schob einige Strähnen zur Seite. Ich beugte meinen Kopf so weit zu ihm hinunter, bis meine Stirn die seine berührte.

„Es wird wieder alles gut.“, murmelte ich träge.

Die Erschöpfung befiel meinen Körper, durchdrang diesen bis auf die Knochen

„Alles gut.“, wisperte ich noch leiser. Behutsam strich ich durch Edwards bronzefarbene Haare, darauf bedacht, dass der Druck auf seine Wunde nicht nach lies, während ich der immer näher kommenden Rettung lauschte.
 

****
 

Ob Bella die Waffe richtig bedient hat, konnte ich jetzt nicht 100% herausfinden. Ich hab zwar im Internet gesucht, hab aber irgendwie nichts Brauchbares gefunden. Und da ich selbst noch nie so ein Ding in der Hand hatte, hab ich nach Gefühl geschrieben und nachdem, was man in Filmen so aufschnappt. Ich hoffe, dass es so in Ordnung war und ihr euch alles vorstellen konntet. ^^
 

So und jetzt seid ihr gefragt.
 

Liebe Grüße

Pei-Pei



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  jennalynn
2011-07-23T13:38:50+00:00 23.07.2011 15:38
Klasse, das war pures Adrenalien für meine Augen.
Und das Edward sich wieder erinnert, ich wusste es *grins*
Wirklich super, zu schade das es gleich zuende ist.


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